OASE II - Betriebsprognose und Betriebsdiagnose im Praxistest

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OASE II - Betriebsprognose und Betriebsdiagnose im Praxistest
Abschlussbericht für das Vorhaben
OASE II - Betriebsprognose und
Betriebsdiagnose im Praxistest
Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie unter dem Förderkennzeichen 0327246F gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Autor.
erstellt:
.................................................
Ruth David
unter Mitwirkung von: Oliver Baumann, Ingo Bensch , Matthias Domke, Marios Ioannidis, Prof.
Dr. Werner Jensch, Peter Kadar, Anke Lahr, Markus Messerschmidt, Claudius Reiser, Toni
Schmid, Mahmoud Siala, Herbert Stadler, Matthias Umpfenbach, Armin Weinig
freigegeben:
.................................................
Prof. Dr.-Ing. W. Jensch
gemäß Qualitätsmanagement-System nach DIN-ISO 9001
Projekt-Nr.: M453
02.07.2008
Ebert-Ingenieure GmbH & Co KG
Niederlassung München
Hanauer Straße 85
80993 München
Tel.: 089/14 98 12-0
Fax: 089/12 98 12-10
ist eine eingetragene Marke von Ebert-Ingenieure GmbH & Co. KG
Inhaltsverzeichnis
Abschlussbericht für das Vorhaben
1
Zusammenfassung
5
Abstract
6
1
1.1
1.2
Einleitung
Ausgangssituation
Ziel
7
7
8
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Arbeitsprogramm
Ausrichtung und Umfang des Vorhabens
Teilnahme am IEA Annex 40 und 47
Konkrete Projektinhalte und Vorgehensweise
Veranstaltungen
Veröffentlichungen
9
9
10
10
13
14
3
3.1
3.2
3.3
3.4
Methodik der Betriebsprognose und -diagnose
Begriffsdefinitionen
Commissioning und Funktionale Qualitätssicherung (FQS)
Methodik der Betriebsprognose
Methodik der Betriebsdiagnose
15
15
18
27
30
4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
Elemente der Betriebsprognose
Betriebsmuster
Betriebsmustermatrizen
Betriebsmuster und Typicals
Betriebsmuster und Abhängigkeitsdiagramme
Energiebedarfsberechnungen
Simulation
Abgleich Prognose - Simulation – Diagnose
44
44
46
59
67
68
70
77
5
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
Werkzeuge der Betriebsdiagnose
Allgemeine Vorgehensweise
Datenbanktools
Vorbereitung der Analyse
Datenanalyse
Übertragbarkeit
Software zur Visualisierung von Betriebsdaten
83
83
87
92
96
99
101
6
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
6.7
6.8
Betriebdiagnose in der Praxis - Demonstrationsprojekte
Querauswertung
Bürogebäude 1
Bürogebäude 2 (Energieforum Berlin, EFB)
Bürogebäude 3
Schule (Gebhard-Müller-Schule Biberach, GMS)
Laborgebäude (Forschungszentrum Jülich, FZJ)
Schwimmhalle
Liste der erstellten Betriebsdiagnoseberichte
103
104
110
119
129
133
142
148
153
7
Verwertung der Ergebnisse
8
Ausblick und Entwicklungsbedarf
Literatur
Anhang
44
155
156
Zusammenfassung
Das Forschungsvorhaben OASE II – Betriebsprognose und Betriebsdiagnose im Praxistest – beschäftigt sich mit der energetischen Optimierung des Betriebs gebäudetechnischer Anlagen. Im Fokus stehen dabei Gebäude mit einem hohen Grad an technischer
Ausstattung und Automatisierung. Ansatzpunkte des Vorhabens sind sowohl die Planungs- als auch die Nutzungsphase des Gebäudes. Über den Weg einer Betriebsprognose soll sichergestellt werden, dass die spätere Betriebsführung der technischen Anlagen
bereits in der Planung berücksichtigt wird. Durch eine konsequente Planungsfortschreibung und Dokumentation soll die Realisierung der geplanten Betriebsweisen gewährleistet werden. In der Betriebsdiagnose werden die Datenaufzeichnungen der Gebäudeautomation in der Betriebsphase genutzt, um daraus Optimierungspotentiale abzuleiten. Der
Schwerpunkt liegt dabei auf nichtinvestiven Maßnahmen, die mit der bestehenden Anlagentechnik umsetzbar sind. Die im Rahmen von OASE II durchgeführten Praxistests der
Betriebsdiagnose zeigen Einsparpotentiale im Bereich zwischen 5% und 30% des Endenergiebedarfs.
Gegenstand der Planung ist bisher vorrangig die Dimensionierung der Anlagen für den
Auslegungsfall. Die Energieeffizienz eines Systems wird jedoch wesentlich von den Teillastzuständen geprägt. In der Betriebsprognose wird mittels Simulation sowie mit Hilfe
energetischer Kennwerte der Energiebedarf prognostiziert und eine auf das Zusammenspiel der Einzelkomponenten hin optimierte Betriebsweise vorgegeben. Die für die Realisierung dieser Betriebsweise notwendigen Voraussetzungen der Anlagen und insbesondere der Regeltechnik können daraus abgeleitet werden. Die Regelstrategien werden in
Betriebsmustern visualisiert, die im späteren Betrieb mit den Mitteln der Betriebsdiagnose
darstellbar und überprüfbar sind. Um einem effizienten Anlagenbetrieb im Planungsalltag
zu mehr Gewicht zu verhelfen, wurde die Methodik der Funktionalen Qualitätssicherung
(FQS) entwickelt. Diese Methodik überträgt das international sich entwickelnde Commissioning auf die Planungslandschaft in Deutschland. Zentraler Punkt der FQS ist die Einbindung eines FQS-Managers in den Planungsablauf. Dieser hat die Aufgabe, während
des gesamten Planungsprozesses die Belange des späteren Anlagenbetriebs in das
Blickfeld der Planung zu rücken und die Planung der einzelnen Gewerke im Sinne eines
effizienten Gesamtkonzepts aufeinander abzustimmen. In einem erweiterten Probebetrieb
übernimmt er schließlich die Überprüfung der Umsetzung und die weitere Optimierung der
Betriebsstrategien. Betriebsprognose und Betriebsdiagnose sind Bestandteile der Funktionalen Qualitätssicherung.
Mit der OASE-Betriebsdiagnose wurde eine Methodik entwickelt, Daten aus Gebäudeautomationssystemen im Hinblick auf Optimierungspotenziale effektiv auszuwerten. Die Methodik baut auf einer Daten-Visualisierung mit dem Programm MATLAB auf. In den Praxistests der Betriebsdiagnose wurden sechs sehr unterschiedliche Gebäude einbezogen.
In allen Fällen konnten durch die Betriebsdiagnose Einsparpotentiale identifiziert werden.
Mit Hilfe der Praxistests konnte die Betriebsdiagnose in OASE II zur Anwendungsreife
entwickelt werden.
-5
-
Abstract
"OASE II – Operation Prognostics and Operation Diagnostics in practical tests" is a research project concerned with the energetic optimization of building service operations.
The focus is set to buildings with a high level of technical equipment and building automation. The project applies to the planning phase as well as to occupancy of buildings. Operation Prognostics is a way to ensure that operation management of heating cooling and
air conditioning systems is already taken into account at the building's conception phase.
The realization of planned operation control is advanced by consequent continuation of
operational planning and a graphical documentation. In Operation Diagnostics BAS (building automation system) data are used to obtain optimization potential. The main emphasis
is on measures realizable with the existing equipment, therefore not causing any investment. The OASE demonstration projects show an energy saving potential of 5 to 30% of
delivered energy.
The dimensioning of technical equipment is a matter of priority in building design till now.
However, the energy efficiency of a system is represented by partial-load states, which
are considerably more frequent. Operation Prognostics provide an energy demand
forecast and an operation optimized for the specific building by means of building and
plant simulations and with the help of energetic benchmarks. Thus, requirements of the
optimized operation concept are derived, particularly for the building control. Control
strategies are visualized in operation patterns, which are representable and checkable by
means of Operation Diagnostics later at the operating stage.
To help an efficient plant operation to get more weight in the planning routine, the
methodology of the “functional quality assurance” FQA (German: "Funktionale
Qualitätssicherung", FQS) was developed. This transfers the methodology of
Commissioning, which is advancing in the international market, on the planning landscape
in Germany. A central point of FQA is that a FQA manager is embedded in the planning
process. His task is to move the aspects of later building operations into the field of vision
of the planners during the whole planning process. He adjusts the planning of the single
trades (heating, cooling, ventilation, façade) to each other according to an efficient overall
plan. He finally takes on the check of the putting into action and the further optimization of
the operation strategies during an extended test operation. Operation Prognostics and
Operation Diagnositics are components of the FQS methodology.
By developing the OASE Operation Diagnostics a methodology was created for
processing and analysing data from building automation systems efficiently. The
methodology is based on data visualizations with the program MATLAB. In the practical
test of Operation Diagnosics six very different buildings could be included. Energy
reduction potentials could be identified in all buildings by Operation Diagnostics. By
means of the practical testing in OASE II Operation Diagnosis was brought to application
maturity.
-6
-
1
Einleitung
1.1
Ausgangssituation
Im Bereich des Gebäude- und Anlagenbestandes existiert ein Energieeinsparpotenzial,
ohne dessen Aktivierung das Ziel der Bundesregierung, den CO2-Ausstoß und damit verbunden den Verbrauch fossiler Energiereserven drastisch zu reduzieren, nicht erreichbar
sein wird. Die Reduzierung des Endenergieverbrauchs im Sektor Gebäude wird in der
Regel mit der Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes, Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz oder einer Sanierung der Anlagentechnik gleichgesetzt. Hierzu sind
jedoch mehr oder weniger hohe Investitionen notwendig, die die Gebäudeeigentümer
bzw. Betreiber vor einer Umsetzung der Maßnahmen zurückschrecken lassen, die Durchführung aber auf jeden Fall verzögern.
Ein nicht zu vernachlässigendes und ohne Investitionen schnell zu realisierendes Energieeinsparpotenzial existiert im Bereich der Gebäude- und Anlagenregelung. Häufig werden die Regelgrößen einmalig bei der Inbetriebnahme von Anlagen nach den Erfahrungswerten der jeweiligen Installateure eingestellt. Eine kontinuierliche Optimierung über
den Betrieb findet nur selten statt. Anpassungen aufgrund veränderter Anlagentechnik
oder Gebäudenutzung werden meist nicht durchgeführt. Das Einsparpotential beschränkt
sich jedoch nicht nur auf die Optimierung des laufenden Gebäudebetriebs, bereits in der
Planung werden die entscheidenden Weichen für einen energiesparenden Gebäudebetrieb gelegt. Dieses Potential wird jedoch zumeist nicht genutzt. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Gewerke oder parallelbetriebener Anlagen wird oft nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Oder es wird in aufwendigen Simulationen ein Konzept für den Betrieb erstellt, dessen Umsetzung dann an geringen Umplanungen und durch vermeintliche
Kosteneinsparungen in der Ausführung scheitert.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens OASE – Optimierung der Automationsfunktionen
betriebstechnischer Anlagen mit Hilfe der dynamischen Simulation als Energiemanagementsystem (FKZ 0327246D) – wurde eine Methodik sowie verschiedene Werkzeuge zur
Betriebsdiagnose für bestehende Gebäude und Anlagen entwickelt. Auf Basis der in der
GLT vorhandenen Betriebsdaten und Messwerte werden in der Betriebsdiagnose Regelparameter und Sollwerte untersucht und Optimierungspotenziale hinsichtlich des Energieeinsatzes für Heizen, Kühlen und Lüften von Gebäuden ermittelt. Die abgeleiteten Maßnahmen können zumeist auf der Ebene der Gebäude- und Anlagenregelung umgesetzt
und müssen in der Regel nicht über Investitionen abgedeckt werden.
Sowohl die Methodik als auch die Werkzeuge wurden in OASE I exemplarisch erprobt.
Eine eingehende Praxiserprobung und die damit verbundene Optimierung der Methodik
und Werkzeuge stand nach der ersten Projektphase jedoch noch aus.
Die Arbeiten im Projekt OASE haben nicht nur Mängel im Gebäudebetrieb gezeigt sondern auch immer wieder Hinweise gegeben, wo in Planung und Ausführung Verbesserungen möglich sind.
-7
-
1.2
Ziel
Ziel des Forschungsvorhabens OASE II – Betriebsprognose und Betriebsdiagnose im
Praxistest – war es die Betriebsdiagnose zu einem marktfähigen Instrument für die Effektivierung und Optimierung des Betriebs gebäudetechnischer Anlagen auszubauen.
Gleichzeitig war aber klar, dass eine sinnvolle Optimierung einer Anlage nicht erst im laufenden Betrieb einsetzen kann, sondern bereits von Anfang an in der Planung Berücksichtigung finden muss. Ein weiteres Ziel war daher den Anlagenbetrieb als ein Thema in der
Planung zu etablieren. Dabei müssen nicht nur Auslegungsfälle betrachtet werden, sondern vor allem das dynamische Zusammenspiel verschiedener Anlagen und Anlagenkomponenten.
In der Planung innovativer Projekte wie auch in der Einbindung neuartiger Komponenten
in übliche Planungsprojekte ist eine sorgfältige Planung der Betriebsstrategien unerlässlich. Genauso entscheidend ist aber auch die geplanten Betriebskonzepte während des
gesamten Planungs-, Bau- und Inbetriebnahmeprozesses weiterzuverfolgen, fortzuschreiben und zu optimieren, um damit die Umsetzung der Konzepte sicherzustellen. Unter dem Begriff "Betriebsprognose" sollten daher in OASE II Methoden und Hilfsmittel
entwickelt und aufgezeigt werden, die die Integration funktionaler Betriebsstrategien von
der Planung bis in den Betrieb forcieren. Eine Verbindung zwischen integraler Planung
und ganzheitlicher Betriebsführung soll so geschaffen werden.
Vorgaben und Strategien für den Gebäude- und Anlagenbetrieb innerhalb der Ausschreibung und Vergabe müssen dazu vertraglich eindeutig fixiert werden und innerhalb der Inbetriebnahme und Abnahme nachgewiesen und dokumentiert werden. Letztendlich muss
eine dauerhafte und fachlich fundierte Betriebsdiagnose den optimierten Gebäude- und
Anlagenbetrieb sicherstellen. Die Betriebsdiagnose darf dabei nicht als Mängelbeseitigung verstanden werden, sondern als kontinuierlicher Verbesserungsprozess innerhalb
der Betriebsführung.
Die Visualisierung von Vorgängen und Eigenschaften wurde als wichtiges und wesentliches Hilfsmittel bei der Betriebsdiagnose wie auch die bei der Betriebsprognose erkannt
und ist eines der Schwerpunkte der Entwicklungen im Projekt OASE II.
Durch das Forschungsvorhaben OASE II konnten die folgenden Ergebnisse erreicht werden:
• Entwicklung einer Methodik für die Integration funktionaler Betriebsstrategien
von der Planung bis in den Betrieb
• Zusammenstellung von Planungswerkzeugen für die Prognose des Gebäudebetriebs
• Weiterentwicklung und Optimierung der vorhandenen Werkzeuge zur
Betriebsdiagnose
• Validierung der Methodik der Betriebsdiagnose und der Diagnosewerkzeuge
durch Praxistests an realen Objekten
• Datengrundlage zum Optimierungs- und Einsparpotenzial durch Betriebsdiagnose
-8
-
2
Arbeitsprogramm
2.1
Ausrichtung und Umfang des Vorhabens
Das Forschungsvorhaben "OASE II – Betriebsprognose und Betriebsdiagnose im Praxistest" wurde im Rahmen des Förderprogramms "EnSan – Energetische Sanierung von
Gebäuden" mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) gefördert. Das Forschungsvorhaben wurde in Kooperation mit der
• Makon GmbH – Managementkonzepte & Unternehmensberatung, München
durchgeführt.
Weitere Partner in der Durchführung der Demonstrationsvorhaben waren unter anderen:
•
•
•
•
•
Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE), München
Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG (MRV)
Hochschule für Bauwesen und Wirtschaft Biberach
Solarinstitut Jülich (SIJ)
Institut für Gebäude- und Solartechnik (IGS), TU Braunschweig
Das Forschungsvorhaben startete am 01.09.2004, mit einer ursprünglichen Laufzeit bis
30.08.2007. Das Projekt erfuhr eine kostenneutrale Laufzeitverlängerung, wodurch sich
die Laufzeit insgesamt auf 42 Monate bis zum 29.02.2008 erstreckte.
Das Forschungsvorhaben OASE II baut auf den Ergebnissen des ebenfalls im Rahmen
von EnSan geförderten Vorhabens OASE auf:
Optimierung der
Automationsfunktionen betriebstechnischer Anlagen durch Anwendung der
Simulation als dynamisches Werkzeug sowie die Schaffung eines
Energie-Management-Systems zur betrieblichen Umsetzung der Potenziale.
Im Projekt OASE wurden die Methoden und Werkzeuge der Betriebsdiagnose entwickelt,
sowie exemplarisch bereits getestet [1]. In OASE II sind diese Methoden nun auf ihrer
Praxistauglichkeit hin geprüft und weiter verbessert worden.
Grundgedanken und Anforderungen der Betriebsdiagnose sind in OASE II auf die Planung übertragen worden. Hieraus ist eine Methodik entwickelt worden, um innerhalb des
Planungsablaufes funktionale Anforderungen an den Gebäude- und Anlagenbetrieb konsequent zu berücksichtigen.
In einem neuen an OASE II anschließenden Projekt soll diese Methodik nun weiter ausgebaut werden, um die Berücksichtigung des Gebäude- und Anlagenbetriebs von der
Planung bis in den Betrieb zu verankern und die Umsetzung optimaler Betriebsführungen
gewährleisten zu können.
-9
-
2.2
Teilnahme am IEA Annex 40 und 47
Die Internationale Energie Agentur (IEA) beschäftigt sich im Rahmen der Forschungsvorhaben Annex 40 „Commissioning of Buildings and HVAC Systems for Improved Energy
Performance" (www.commissioning-hvac.org) und Annex 47 „Commissioning of Existing
and Low Energy Buildings“ (www.iea-annex47.org) mit der Entwicklung und Weiterentwicklung von Commissioning auf internationaler Ebene. Das Büro Ebert-Ingenieure München war bereits im Rahmen von OASE I seit Oktober 2001 in dem Annex 40 eingebunden und hat regelmäßig an den halbjährlichen Arbeitstreffen aktiv teilgenommen.
Inhalt des Annex 40 war die Erarbeitung und Evaluierung von Methoden und Werkzeugen
für die Inbetriebnahme und Betriebsoptimierung von Gebäuden und von heizungs-, lüftungs- und klimatechnischen Systemen. Die Methoden und Werkzeuge wurden pro teilnehmendem Land an wenigstens einem Demonstrationsvorhaben getestet. Die Ergebnisse sind in [2] veröffentlicht.
Der Annex 40 wurde im Oktober 2004 erfolgreich abgeschlossen und inhaltlich im Annex
47 „Commissioning of Existing and Low Energy Buildings“ fortgesetzt, vorgesehen ist eine
Laufzeit bis Ende 2009. Mit dem Vorhaben OASE II konnte das Büro Ebert-Ingenieure aktiv zum Aufbau des IEA Annex 47 beitragen und wird diesen auch weiterhin mitgestalten.
Die Schwerpunkte des Arbeitsprogramms des Annex 47 liegen auf der Erweiterung der
Methoden für bestehende Gebäude und der Ausweitung auf spezielle Anforderungen von
Niedrigenergiegebäuden. Ziel ist es auch durch eine größere Datenbasis aus realen Projekten die Kosteneffizienz darzustellen.
Zwischen dem internationalen Forschungsvorhaben Annex 40 bzw. 47 und dem Forschungsvorhaben OASE bzw. OASE II besteht ein ständiger, beidseitiger Austausch von
Ideen und Methoden zum Commissioning-Prozess und im Spezielen auch zu den Werkzeugen der Betriebsdiagnose.
2.3
Konkrete Projektinhalte und Vorgehensweise
Im Forschungsvorhaben OASE II sind sowohl theoretische Inhalte erarbeitet worden, als
auch Entwicklungsaufgaben gelöst und in der Anwendung getestet worden. Die Arbeiten
sind in vier Schwerpunkte gegliedert.
2.3.1
Methodik für die Fortschreibung funktionaler Betriebsstrategien von der Planung bis in den Betrieb
Um eine Fortschreibung funktionaler Betriebsstrategien von der Planung bis in den Betrieb zu realisieren, sind verschiedene Aspekte zu untersuchen. Zum einen müssen
Werkzeuge vorhanden sein mit deren Hilfe funktionale Strategien entwickelt werden können. Zum anderen müssen die Voraussetzungen für eine durchgängige Darstellung und
Fortschreibung funktionaler Planungsinhalte über die Ausschreibung (Übergang Planer –
Ausführende Firma) und Inbetriebnahme und Abnahme (Übergang Ausführende Firma –
Nutzer) hinweg aufgezeigt werden. Die folgenden Fragestellungen sind dabei zu klären:
• Welche Arbeitsschritte müssen in den verschiedenen Planungsphasen durchgeführt
werden um funktionale Strategien in den Planungsprozess zu integrieren
- 10
-
• Welche Projektbeteiligten können diese Arbeitsschritte durchführen und wer trägt die
Verantwortung für die Durchführung
• Wie können die Entwicklung und Fortschreibung von Betriebsstrategien vertraglich
eingebunden werden
• Welche Hilfsmittel sind notwendig oder unterstützend einsetzbar
Die Arbeitsinhalte wurden korrespondierend zu den Projektphasen Planung, Vergabe,
Abnahme und Betrieb erarbeitet. Die Ergebnisse wurden in eine umfassende Methodik
der Qualitätssicherung Funktionaler Strategien in der Planung eingebunden. Die entwickelte Methodik (FQS) greift korrespondierend zu den Arbeiten im Annex 40/47 die Aufgaben und Methoden des "Commissionings" auf.
Der Schwerpunkt "Methodik für die Fortschreibung funktionaler Betriebsstrategien" wurde
durch die Makon GmbH &Co KG, München, in Zusammenarbeit mit Ebert-Ingenieure
München bearbeitet und ist in [7] ausführlich dargestellt.
2.3.2
Werkzeuge für die Betriebsdiagnose
Die Methodik der Betriebsdiagnose wurde bereits in der ersten Projektphase von OASE
entwickelt, ebenso waren bereits prototypisch Software-Tools vorhanden. Die Aufgabe in
OASE II war die vorhandenen Tools so weiterzuentwickeln, dass sie allgemein auf neue
Projekte anwendbar sind und auch nach kurzer Einarbeitung für verschiedene Benutzer
anwendbar sind.
Konkret waren die folgenden Arbeiten auszuführen
• Erstellung eines Leitfadens für die Anwendung der Betriebsdiagnose
• Erarbeitung von Beispielen für Betriebsmuster des Sollbetriebs
• Erweiterung der bestehenden Software-Tools in Hinblick auf die Anwendbarkeit auf
unterschiedliche Projekte
• Überarbeitung der bestehenden Software-Tools in Hinblick auf die Anwenderfreundlichkeit
2.3.3
Demonstrationsvorhaben
Das Vorgehen bei der Betriebsdiagnose sowie die verwendeten Hilfsmittel waren an mehreren Objekten in der Praxis zu testen. Dabei wurde Wert darauf gelegt unterschiedliche
Projekte zu finden, um einen großen Bereich des möglichen Anwendungsgebiets abzudecken. Der Bearbeitungszeitraum beträgt dabei pro Gebäude nur wenige Wochen oder
Monate.
Die ausgewählten Projekte unterscheiden sich in
•
•
•
•
Baualter
Nutzung
Anlagentechnik
Auswertezeitraum
Insgesamt konnten sechs Betriebsdiagnose-Projekte in das Vorhaben eingebunden werden. In den Praxistests waren die folgenden Arbeitsschwerpunkte zu erarbeiten:
- 11
-
• Optimierung des Gebäude- und Anlagenbetriebs der Gebäude.
• Optimierung der Methodik und der Werkzeuge für eine effiziente und wirtschaftliche
Projektabwicklung.
• Untersuchung, inwiefern allgemeine Expertensysteme in individuellen Gebäuden
einsetzbar sind und in verschiedene, systemabhängige GLT-Systeme integriert werden können.
• Verallgemeinerung der Ergebnisse, speziell hinsichtlich der Aussage über das zu realisierende Einsparpotenzial.
In Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE), München, wurden anhand des Bürogebäudes der Münchener Rückversicherung, an dem die FfE ausführliche Messungen durchgeführt hat, zusätzliche Ergebnisse abgeleitet:
• Abgleich zusätzlicher Messergebnisse mit den Ergebnissen der Betriebsdiagnose
• Validierung der Methodik und der Werkzeuge der Betriebsdiagnose
• Aufbau eines Systems, mit dessen Hilfe die Ergebnisse aus der Betriebsdiagnose
konkrete Maßnahmen übersetzt werden.
2.3.4
Kommunikation auf internationaler Ebene
Das Büro Ebert-Ingenieure ist seit Oktober 2001 an dem Annex 40 „Commissioning von
Gebäuden und HLK Systemen für bessere Energieeffizienz“ der Internationalen Energie
Agentur (IEA) und dem nachfolgenden Annex 47„Kosteneffizientes Commissioning für existierende und Niedrigenergiegebäude" eingebunden und beteiligt sich seither aktiv an
der (Weiter-)Entwicklung von Prozessen, Methoden und Werkzeugen, die das Commissioning effektiver und kosteneffizienter machen sollen.
Das Büro Ebert-Ingenieure München hat durch zahlreiche Beiträge auf den Arbeitstreffen
des Annex Methodik und Beispiele der Betriebsoptimierung und Betriebsdiagnose dargestellt und die Entwicklungen und Bestrebungen in Deutschland im Bereich Commissioning
im Internationalen Rahmen vorgestellt.
Die internationalen Kontakte konnten genutzt werden, um das eigene Know-how zu erweitern und Synergien zu nutzen. Vom Royal Institute of Technology in Stockholm, Schweden (KTH) wurde das für die Betriebsdiagnose verwendete Visualisierungstool inklusive
intensivem Support zur Verfügung gestellt. Vom ‚Centre Scientific et Technique du Batiment’ (CSTB) in Paris wurde im Rahmen des Annex 40 der Blockset ‚SimBad’ kostenfrei
zur Verfügung gestellt. Die entwickelte Methodik der Funktionalen Qualitätssicherung die
im Rahmen des Annex 40/47 gesammelten Methoden des Commissionings auf bundesdeutsche Strukturen ab.
- 12
-
2.4
Veranstaltungen
Folgende Veranstaltungen wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens OASE II seit
Projektbeginn im September 2004 besucht und durch eigene Beträge mitgestaltet:
Teilnahme am New Annex Workshop
“Cost-Effective Commissioning for Low Energy Buildings”
am 20. Oktober 2004 in Paris, Frankreich
Vortrag Oliver Baumann:
“Ongoing Research Activities in the Field of Commissioning in Germany“
Organisation von und Teilnahme am 2. New Annex Workshop
„Cost-Effective Commissioning for Advanced and Low Energy Buildings“
vom 16.-17. März 2005 in München
ICEBO – International Conference for Enhanced Building Operations
am 11.-13. Oktober 2005 in Pittsburgh, USA
Vortrag Oliver Baumann:
“Enhanced Building Operation using ‚Operation Diagnostics’ – A Case Study“
Teilnahme am 1. Arbeitstreffen des IEA Annex 47
„Cost-Effective Commissioning for Advanced and Low Energy Buildings “
am 24.-26. Oktober 2005 in Prag, Tschechische Republik.
Vortrag Oliver Baumann:
“Information Flow during the Design Process of a Low Energy Building”
International Conference:
Improving Energy Efficiency in Commercial Buildings (IEECB’06)
Congress Center Messe Frankfurt, 26.-27. April 2006
“Operation Diagnostics – A Methodology for enhanced Building Operation”
Deutsch-österreichische Konferenz der International Building Performance Simulation Association (IBPSA):
"Energieeffizienz von Gebäuden und Behaglichkeit in Räumen - BauSim 2006",
Technische Universität München 9. - 11. Oktober 2006
Vortrag Ruth David
„Methodik zur Fortschreibung Funktionaler Betriebsmuster – Ein Bindeglied zwischen integraler Planung und ganzheitlicher Betriebsführung“
- 13
-
2.5
Veröffentlichungen
In folgende Veröffentlichungen wurden Ergebnisse des Forschungsvorhabens OASE II
bereits beschrieben, weitere Veröffentlichungen sind geplant:
Baumann, O.: Operation Diagnostics – Use of Operation Patterns to Verify and Optimize
Building and System Operation. Proceedings of ICEBO 2004 - International Conference
for Enhanced Building Operations, October 18-19, 2004, Paris, Frankreich
Baumann, O.: Enhanced Building Operation Using ‘Operation Diagnostics’ – A Case
Study. Proceedings of ICEBO 2005 - International Conference for Enhanced Building Operations October 11-13, 2005, Pittsburgh, USA
Baumann, O., David, R.: BAUSIM 2006: „Methodik zur Fortschreibung Funktionaler Betriebsmuster – Ein Bindeglied zwischen integraler Planung und ganzheitlicher Betriebsführung“ – Proceedings BauSim 2006 -
Frühere Veröffentlichungen zum Forschungsvorhaben OASE:
Baumann, O.: OASE - Optimierung der Automationsfunktion betriebstechnischer Anlagen
mit Hilfe der dynamischen Simulation als Energie-Management-System. EnSan - Teilkonzept 1 – Planungshilfsmittel Tagungsband, Jülich, 2003
Baumann, O.: Design and Optimization of Control Strategies and Parameters by Building
and System Simulation ICEBO International Conference for Enhanced Building Operations October 13-15, 2003 Berkeley, California, USA
- 14
-
3
Methodik der Betriebsprognose und -diagnose
3.1
Begriffsdefinitionen
3.1.1
Allgemeine Begriffe
In diesem Kapitel wird die generelle Bedeutung einiger allgemeingültiger Begriffe erläutert, die im Kontext der vorliegenden Arbeit in einem spezielleren Zusammenhang und
damit in einem engeren Sinn verwendet werden. (siehe 3.1.2) Die freie InternetEnzyklopädie Wikipedia gibt einen guten Einblick, was im Allgemeinen unter den Begriffen
verstanden wird:
Diagnose
"Diagnose (griechisch: dia = durch, gnosein = kennen) ist der Vorgang der Erkenntnisgewinnung durch die Zuordnung eines Phänomens oder einer Gruppe von Phänomenen zu
einer Kategorie. Auch das Resultat einer solchen Klassifizierung bezeichnet man als Diagnose." [3]
In der Medizin bezeichnet Diagnose die "Feststellung und Benennung einer Krankheit,
engl.: diagnosis; Benennen, Erkennen eines Krankheitsbilds nach medizinisch anerkannten Methoden. Grundlage für eine erfolgreiche Behandlung einer Krankheit."
Prognose
"Mit Prognose bezeichnet man die Vorhersage eines in der Zukunft liegenden Ereignisses
oder Zustands auf Basis von Daten oder begründeten Erfahrungen. Solche Daten sind im
Regelfall Messungen, zeitlich gegliederte Messreihen oder Simulationen; auch die begründbare Anwendung oder Extrapolation von relevanten Erfahrungen zählt zu den Prognosemethoden, bloße Intuition aber nicht" [4]
Analyse
"Eine Analyse (gr. analy- von αναλυειν = auflösen) ist eine systematische Untersuchung,
bei der das untersuchte Objekt oder Subjekt zergliedert und in seine Bestandteile zerlegt
wird und diese anschließend geordnet und ausgewertet werden." [5]
Muster
"Der Begriff Muster (v. spätmittelhochdeutsch mustre; aus lat.: monstrare = zeigen; englisch pattern) bezeichnet allgemein gleichbleibende Merkmale, die einer sich wiederholenden Sache zugrunde liegt, aber auch einen Handlungsablauf oder eine Denk-, Gestaltungs- oder Verhaltensweise, die zur gleichförmigen Wiederholung (Reproduktion) bestimmt ist."
Mit Muster kann zum einen die Vorlage oder das Vorbild für eine sich wiederholende
Struktur im Sinne eines Modells oder Prototypen gemeint sein, zum anderen auch die sich
wiederholende Struktur selbst. Als Muster oder Struktur "bezeichnet man sichtbare Oberflächenzeichnungen oder -strukturen. Im weiteren Sinne kann es sich auch um zeitlich
sequentielle Strukturen in Signalen handeln. ... Alle für Lebewesen bedeutsamen Dinge
weisen Muster auf, deren wahrnehmbare Eigenschaften durch ein Mindestmaß an Wiederholung gekennzeichnet ist, wobei die Wiederholungen exakt oder ungefähr, also stochastische sein können. Da Muster wiederholte Strukturen eigen sind, lassen sie sich gut
erkennen. Die Gehirne der Tiere (und Menschen) sind durch die Evolution perfektionierte
Mustererkennungsmaschinen (Mustererkennung: engl.: pattern recognition)." [6]
- 15
-
3.1.2
Begriffe der OASE-Methodik
Im Folgenden sind wesentliche Begriffe der OASE-Methodik erläutert:
Betriebsmuster
Als Betriebsmuster wird hier die grafische Darstellung von wiederkehrenden zeitlichen
Verläufen von Datenpunkten oder von Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Datenpunkten, bezeichnet. Betriebsmuster geben die Funktionsweise einer gebäudetechnischen Anlage wieder. Im engeren Sinne zeigt das Betriebsmuster den Sollbetrieb der Anlage (Modell). Die für den Sollbetrieb definierten Vorlagen lassen sich in den visualisierten
Messdaten wieder finden. Im weiteren Sinne werden mit "Betriebsmuster" auch die in den
Messdatenvisualisierungen zu erkennenden Strukturen und Muster des Ist-Betriebs bezeichnet.
Messdatenvisualisierung
Die mit Hilfe der Werkzeuge der OASE-Betriebsdiagnose grafisch veranschaulichten Datenpunktaufzeichnungen aus GA-Systemen werden als Messdatenvisualisierung bezeichnet (unabhängig davon ob es sich bei den dargestellten Daten um mit Messinstrumenten
gemessene Werte oder um Ausgabesignale des GA-Systems handelt). Insbesondere
werden hierbei zwei Darstellungsweisen genutzt.
In sog. Carpet-Plots werden die farblich codierten Messwerte tageweise in Balken dargestellt und über die Messperiode aufgereiht Im Tages- und Wochenrhythmus wiederkehrende Betriebszustände werden dabei als Muster erkennbar. Desweiteren werden in sog.
Scatter-Plots Betriebsdaten gegeneinander aufgetragen, um Abhängigkeiten zwischen
verschiedenen Regelparametern darzustellen. Die Visualisierung der Datenpunktaufzeichnungen lassen Strukturen und Muster bzw. Abweichungen hiervon schnell erkennen
und erlauben damit die Rückschlüsse auf den Betrieb der Anlage.
Betriebsdiagnose
Betriebsdiagnose bezeichnet in Bezug auf die Gebäudetechnik die Untersuchung und
Beurteilung der Funktions- und Betriebsweisen einer gebäudetechnischen Anlage. Ziel
der Betriebsdiagnose ist die Optimierung von Steuer- und Regelungsparametern des Anlagensystems und das Erkennen von fehlerhaftem Betrieb. Aufgrund eines "Symptoms"
oder eines Testergebnisses wird in der Betriebsdiagnose auf die mögliche Ursache geschlossen. In der OASE-Betriebsdiagnose dienen Visualisierungstools für Daten aus GASystemen als Hilfsmittel, um in komplexen Anlagensystemen Symptome für Fehlbetrieb
und Optimierungspotential aufzuspüren.
Betriebsprognose
In der Betriebsprognose wird der Gebäudebetrieb Gegenstand der Planung. Betriebsfunktionen und Regelmechanismen werden dabei bereits in frühen Planungsphasen erarbeitet
und auf das Gebäude und die verwendete Technik hin optimiert. Im Laufe der Planung erfolgt dabei immer wieder eine Anpassung und Verfeinerung des Betriebkonzepts. Ziel ist
für das zukünftige Gebäude einen möglichst energiesparenden Betrieb sicherzustellen
und damit die Lebenszykluskosten des Gebäudes zu minimieren. Zur Optimierung können
z.B. Simulationsprogramme eingesetzt werden. Betriebsmuster dienen in der Betriebsprognose als Hilfsmittel zur Veranschaulichung von Betriebsweisen und Abhängigkeiten.
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-
Funktionale Qualitätssicherung
Funktionale Qualitätssicherung (FQS) beschreibt eine Arbeitsmethodik, die die Sicherung
der Qualität der Betriebsfunktionen eines Gebäudes erzielen will. Die Qualität der Betriebsfunktionen bezieht dabei sowohl die Gewährleistung der Nutzungsanforderungen
(Behaglichkeit) als auch die energetische Effizienz des Systems aus Gebäude und technischen Anlagen mit ein. Die Qualitätssicherung soll zum einen die Planung energetisch
optimierter Systeme und Betriebsfunktionen gewährleisten, zum anderen die Umsetzung
der Betriebsfunktionen und ihre kontinuierliche Verbesserung sicherstellen. Die FQS begleitet den Planungsprozess von der Konzeptionsphase bis in die Gebäudenutzung hinein
und nutzt dabei die Betriebsprognose zur Entwicklung und Darstellung funktionaler Betriebsstrategien, sowie die Betriebsdiagnose zu deren Nachweis. Die Methodik der FQS
beschreibt die übergeordneten Vorraussetzungen und alle Arbeitsschritte die zur praktischen Umsetzung erforderlich sind. FQS ist als Adaption und Spezifikation des international als "Commissioning" bezeichneten Prozesses in der bundesdeutschen Planungs- und
Projektstruktur zu sehen.
- 17
-
3.2
Commissioning und Funktionale Qualitätssicherung (FQS)
Commissioning bezeichnet einen Prozess, der sicherstellt, dass ein Gebäude und alle
technischen Systeme entsprechend der Vorgaben und Anforderungen geplant, gebaut
bzw. installiert, getestet und betrieben werden. Der Commissioning-Prozess erstreckt sich
über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes und beginnt idealerweise mit der Entwicklung der Projektziele in oder sogar vor der ersten Planungsphase.
Prinzipielle Aufgaben des Commissioning beinhalten die Koordination und Anwendung
von Methoden und Werkzeugen zur Qualitätssicherung hinsichtlich Leistungsfähigkeit und
Funktionalität von Systemen und Gebäude sowie die Dokumentation von Ergebnissen
einzelner Projektphasen.
Üblicherweise wird "Commissioning" im Deutschen mit "Inbetriebnahme" übersetzt. In den
letzten zwei Jahrzehnten hat sich jedoch der Prozess des Commissioning weiterentwickelt
und geht über eine ordnungsgemäße Inbetriebnahme weit hinaus. Zur Entwicklung des
Commissioning-Prozesses hat in den USA seit 1993 wesentliche die NCBC (National
Conference on Building Commissioning) beigetragen. Auf internationaler Ebene wurden
die Forschungen im Bereich des Commissioning im Annex 40 der Internationalen Energieagentur IEA zusammengeführt. Ziele des Annex 40 und des nachfolgenden Annex 47
sind die Entwicklung und Weiterentwicklung von Prozessen, Methoden und Werkzeugen,
die das Commissioning effektiver und kosteneffizienter machen. Die in OASE entwickelten Methoden und Werkzeuge bilden einen Beitrag hierzu.
In OASE II wurde darüber hinaus untersucht, wie sich die Ziele und Methoden des Commissioning in die deutsche Planungs- und Projektstruktur eingliedern lassen. Hierzu wurde ein umfassendes Konzept erarbeitet, das Strategien aufzeigt, wie funktionale Sichtweisen besser in den Planungsprozess integriert und bei der Gebäudeerrichtung und in der
späteren Nutzung umgesetzt werden können. Hierfür wurde der Begriff der "funktionalen
Qualitätssicherung" (FQS) eingeführt, um eine klare Abgrenzung zur standardmäßigen
Inbetriebnahme (engl. "commissioning") zu schaffen und den eigentlichen Zweck der Methodik herauszustellen. Tatsächlich sind die Ziele von Commissioning im Sinne des Annex
40/47 und FQS identisch. Das Modell der FQS konkretisiert und diskutiert die Möglichkeiten und Erfordernisse einer zielgerichteten Umsetzung eines optimierten Gebäudebetriebs innerhalb der Planungslandschaft in Deutschland. Die Methodik ist in "Funktionale
Qualitätssicherung in der Gebäudetechnik – Methodik für die Erarbeitung, Fortschreibung,
Umsetzung und Überprüfung funktionaler Betriebsstrategien von der Planung bis in den
Betrieb" [7] ausführlich beschrieben.
3.2.1
Ziele von Commissioning und FQS
Anspruch des Commissioning bzw. der FQS ist es Gebäude mit ihren technischen Systemen so zu planen, zu errichten und in Betrieb zu nehmen, dass alle Anforderungen an
Funktionalität und Effizienz des Gebäudebetriebs erfüllt sind. Die folgenden elementaren
Ziele lassen formulieren:
• Sicherstellen, dass die Bedürfnisse des Bauherren/Nutzers als Funktionalitäten formuliert, in die Planung integriert und schließlich korrekt und innerhalb des Zeit- und
Budgetplanes umgesetzt werden
• Verringern des Energieverbrauchs und Erhöhung der Effizienz der technischen Gebäudeausrüstung (TGA)
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• Reduzieren der laufenden Betriebskosten durch Optimierung der Betriebsweise von
Anlagen und Maximierung der Anlagenverfügbarkeit
• Verbessern des Komforts und Raumklimas, das durch die Anlagen und Systeme bereitgestellt wird
• Verbessern der Dokumentation der gebäudetechnischen Anlagen und Systeme
• Verbessern der Fähigkeiten des eingesetzten technischen Personals im Hinblick auf
technisches und funktionales Verständnis, Bedienung, Wartung, Inspektion und Optimierung der gebäudetechnischen Anlagen und Systeme.
3.2.2
Aufgaben und Durchführung von Commissioning und FQS von der Planung
bis zur Gebäudenutzung
Im internationalen Markt (speziell in USA und Ländern die sich am US-amerikanischen
Markt orientieren) wird inzwischen das Commissioning als eine Tätigkeit gesehen, die
von einer vom Planungsteam unabhängigen Instanz durchgeführt wird. Auch im Rahmen
der FQS-Methodik hat sich eine Rolle übergeordnet zur eigentlichen Planung als erfolgversprechendstes Konzept herausgestellt. Die Durchführung des Commissioning durch
Projektbeteiligte, die gleichzeitig mit der Planung beauftragt sind, die Gefahr von Interessenskonflikten, so dass eine objektive Bewertung der Planung oft nicht mehr gewährleistet werden kann.
Idealerweise betreut die für das Commissioning oder die FQS verantwortliche Person
(Commissioning Authority/FQS-Manager) das Projekt von Beginn an durch den gesamten
Planungs- und Ausführungsprozess und prüft schließlich die Umsetzung im Laufe der ersten Betriebsphase. Die Bündelung der Aufgaben auf eine Person kann dem immer wieder
durch wechselnde Projektbeteiligte auftretenden Informationsverlust im Laufe der Planung, Errichtung und Nutzung des Gebäudes wirksam entgegenwirken (Abbildung 3.1).
Generell sollte das Commissioning bzw. die Funktionale Qualitätssicherung als Bestandteil einer integralen Planung gesehen werden. Im Folgenden sind wesentliche Aufgaben
und Tätigkeiten beschrieben, die im Rahmen des Commissioning/FQS in den einzelnen
Leistungsphasen erbracht werden sollten (siehe auch [8], [9],[10],[11]).
Abbildung 3.1 Informationsverlust im Lebenszyklus des Gebäudes
- 19
-
Projektvorbereitung / Vorplanung
In der Projektvorbereitung bzw. Vorplanung legt der Bauherr die Anforderungen für das
Commissioning fest und beauftragt einen Commissioning Experten. Gemeinsam wird ein
erster Umriss für einen Commissioning Plan erstellt, der die weiteren Aktivitäten und Verantwortlichkeiten in den folgenden Projektphasen beschreibt. Diese Beschreibungen sollten z.B. bereits Bestandteil der Verträge für Fachplanerleistungen werden.
Planungsphase
Zu Beginn der Planungsphase besprechen Commissioning Experte und Planungsteam
die Anforderungen für ein erfolgreiches Commissioning; der Commissioning Plan wird auf
dieser Basis fortgeschrieben und detailliert. Der Commissioning Experte prüft die Planung
zu bestimmten, vorher im Commissioning Plan definierten Stufen auf Übereinstimmung
mit den Planungsvorgaben sowie auf Funktionalität, Leistungsfähigkeit, Ausführbarkeit
und Wartungsfähigkeit. Da die Ergebnisse wieder in die Planung einfließen sollen, wird
diese Planprüfung in der Regel auf einem Fertigstellungsgrad zwischen 50 – 80 % der jeweiligen Planungsstufe durchgeführt.
Während der Planung werden außerdem die Betriebsstrategien und Regelsequenzen beschrieben, die ein Bestandteil des Betriebshandbuches werden. Aus den Betriebsstrategien werden ebenfalls die relevanten Tests und Funktionsprüfungen entwickelt und im
Commissioning Plan beschrieben.
Der Commissioning Experte definiert und beschreibt Commissioning Aktivitäten für die
Ausführungsphase als Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen. Der Commissioning
Plan wird für die Ausführungsphase fortgeschrieben wobei speziell Methoden und Prozeduren für die Systemabnahme mit Funktions- und Leistungstests beschrieben werden.
Ausführungsphase
Zu Beginn der Ausführungsphase überprüft der Commissioning Experte die angebotenen
technischen Lösungen auf Übereinstimmung mit den Planungsvorgaben sowie auf Funktionalität, Leistungsfähigkeit, Ausführbarkeit und Wartungsfähigkeit. Zusammen mit den
ausführenden Firmen werden die Anforderungen, Aktivitäten und Verantwortlichkeiten im
Rahmen des Commissioning besprochen und der Commissioning Plan auf dieser Basis
fortgeschrieben.
Die Tests und Funktionsprüfungen für die Abnahme werden detailliert und konkrete Testbedingungen definiert. Das Betriebshandbuch wird mit relevanten Herstellerangaben ergänzt und die Betriebsszenarien und Regelsequenzen detailliert.
Zusammen mit den ausführenden Firmen werden alle relevanten Systeme auf vollständige Installation und Funktionstauglichkeit überprüft, in Betrieb genommen und einreguliert.
Der Commissioning Experte dokumentiert alle Vorgänge.
Abnahmephase
Die Abnahme stellt die eigentliche Hauptaufgabe des Commissioning dar. Entsprechend
der zuvor im Commissioning Plan beschriebenen und in den Ausschreibungs- und Vertragsunterlagen spezifizierten Funktions- und Leistungstests werden die Erfüllung der
Vorgaben bzgl. Funktionalität und Leistungsfähigkeit überprüft und nachgewiesen. Ggf.
erstrecken sich diese Tests über einen längeren Zeitraum, um verschiedene Betriebsverhalten z.B. bei unterschiedlichen klimatischen und/oder nutzungsbedingten Randbedingungen zu überprüfen.
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Zusammen mit den ausführenden Firmen wird im Rahmen des Commissioning das spätere Betriebs- und Wartungspersonal in die technischen Systeme eingewiesen und geschult. Außerdem wird eine umfassende Dokumentation der Systeme und Anlagen zusammengestellt, die neben den Bestandsplänen auch System- und Funktionsbeschreibungen sowie die Beschreibungen und Ergebnisse der Funktions- und Leistungstests beinhaltet.
Nutzungsphase
In der Nutzungsphase werden eventuell vorhandene Mängel behoben und die Systemunterlagen ggf. angepasst. Es werden außerdem die im Commissioning Plan beschriebenen
Tests komplettiert, die z.B. bei unterschiedlichen Wetterbedingungen durchgeführt werden
sollen (z.B. Sommer, Winter, Übergangszeit). Weiterhin kann ein Monitoring (z.B. in Form
einer Betriebsdiagnose) durchgeführt werden, bei dem über einen längeren Zeitraum Energieverbrauch, Komfort und Funktion überwacht und ausgewertet werden.
3.2.3
Vorteile durch Commissioning und FQS
Die Integration von Commissioning bzw. FQS in die Planung stellt zunächst eine Vergrößerung des Leistungsumfangs und damit auch der Projektkosten dar. Zum einen direkt
durch die Arbeiten des FQS- Verantwortlichen bzw. der Commissioning Authority, zum
anderen auch indirekt durch mehr Koordinationsgespräche und Zuarbeiten. Auf der anderen Seite können eine höhere Qualität der Planung als auch eine deutliche Kostensenkung in der Betriebsphase erwartet werden. Durch eine Reihe von Vorteilen sollte der erhöhte Aufwand in der Planung mehr als ausgeglichen werden können:
• eindeutige und transparente Definition der Projektanforderungen in Bezug auf Funktionalität und Leistungsfähigkeit durch Dokumentation
• Reduzierung von Änderungen in Planung und Ausführung durch wiederholte Planprüfung hinsichtlich Funktionalität, Leistungsfähigkeit, Ausführbarkeit und Wartungsfähigkeit
• Vermeidung von Terminüberschreitungen durch Reduzierung von Änderungen und
Mängeln
• Weniger Mängel bei Übergabe an Nutzer durch gezielte Funktions- und Leistungstests
• Schnellere Projektübergabe an Nutzer mit reduzierter Einregulierungszeit und weniger Nutzerbeschwerden durch Überprüfung unterschiedlichen Betriebszuständen
• Geschultes Betriebs- und Wartungspersonal mit Zugriff auf eine umfassende Dokumentation
• Reduzierte Energie- und Wartungskosten aufgrund effektiver Betriebsweise von Anlagen, besser geschultem Personal, usw.
• Höhere Produktivität von Mensch und Maschine im Gebäude aufgrund optimaler Behaglichkeit und Umgebungsbedingungen
• Höherer Werterhalt der Investition Gebäude, durch besser funktionierende und besser erhaltene Gebäude, und höherer Profit für Investoren und Bauherren durch besseren Verkauf, schnelle und dauerhafte Vermietung durch längere Mietverhältnisse
mit zufriedeneren Mietern
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-
3.2.4
FQS – ein Modell zur Integration von Commissioning in Deutschland
Im Planungsprozess, wie er derzeit in Deutschland praktiziert wird, sind zwar Funktionen
und Aufgaben des Commissioning im Leistungsbild der HOAI enthalten (speziell in den
Leistungsphasen 8 Objektüberwachung und 9 Objektbetreuung), es sind aber auch hier
weitere Tätigkeiten zu ergänzen, insbesondere um bereits in der Planung mit der Optimierung des Gebäudebetriebs zu beginnen. Mit der Methodik der Funktionalen Qualitätssicherung wurde ein Szenario entwickelt, wie die Realisierung der geforderten Gebäudequalitäten und Betriebsstrategien gelingen kann. Im Folgenden werden Inhalte der Methodik kurz zusammengefasst. Für eine ausführliche Beschreibung der Aufgaben und
Verantwortlichkeiten im Rahmen der FQS und mögliche Umsetzungsformen wird auf den
Bericht [7] verwiesen.
Die Methodik der funktionalen Qualitätssicherung greift die Aufgaben des Commissioning
auf. Mehr noch als im Commissioning-Prozess ist in der FQS der Schwerpunkt auf die
energetische Optimierung des Betrieb innerhalb der Konzeption und Planung des Gebäudes gesetzt. Insbesondere ist in der FQS die Durchführung einer Betriebsprognose und
deren schrittweise Aktualisierung, Verfeinerung und Optimierung in den Planungsablauf
integriert. Die grafische Aufbereitung der Betriebsstrategien in Betriebsmustern sowie deren Überprüfung mittels einer Betriebsdiagnose in der ersten Nutzungsphase sind Bestandteile in der FQS. Die FQS-Methodik zeigt damit die Einbindung der in OASE entwickelten Werkzeuge in den Planungsprozess auf.
Abbildung 3.2 Commissioning in der Funktionalen Qualitätssicherung (FQS) [7]
- 22
-
Für den in Deutschland üblichen Projektablauf ist die Funktionale Qualitätssicherung eine
neue gewerkeübergreifende und integrative Aufgabe, die durch den sog. FQS-Manager eine neue personelle und fachlich-technische Rolle im Projekt – praktisch umgesetzt werden soll. FQS erstreckt sich dabei auf alle Phasen eines Projektes, von Planungsbeginn
an über die Ausführung bis hin zur Nutzungsphase des Gebäudes. Der FQS-Manager hat
dabei die Aufgabe, die Sicherung und Optimierung der Qualität geforderter Betriebsfunktionen sowie thermischer, energetischer und anderer funktionaler Kriterien während des
gesamten Planungsprozesses und darüber hinaus zu gewährleisten. Dies wird erreicht in
dem der FQS-Manager die Planung von Beginn an in die Planung eingebunden ist und
diese das Gebäude bis in die Nutzungsphase hinein betreut. In der Planung kommt dem
FQS-Manager die Rolle eines übergeordneten Moderators zwischen den verschiedenen
Planern zu. In Zusammenarbeit mit Architekt und TGA-Planer entwickelt und formuliert
der FQS-Manager auf das Gebäude und die Nutzung ausgerichtete Versorgungskonzepte
und Betriebsstrategien. Die Dokumentation der geforderten funktionalen Qualitäten gehört
zu seinen Aufgaben wie auch die Überprüfung der Ausschreibungsunterlagen und der
Angebote in Hinblick auf die FQS-spezifischen Inhalte.
Das komplette Spektrum der im Rahmen des FQS durchzuführenden Aufgaben, die vom
FQS-Manager und anderen Planungsbeteiligten durchzuführen sind, werden in der FQSArbeitsmethodik beschrieben, ebenso werden die Verantwortlichkeiten hierfür benannt
und die Schnittstellen zwischen Projekt- und Planungspartnern in Bezug zu den Aufgaben
der FQS definiert. Abbildung 3.3 zeigt das Aufgabenfeld des FQS-Managers mit den
Schnittstellen zu anderen Projektbeteiligten.
Abbildung 3.3 Hauptaufgaben des FQS-Managers und Schnittstellen im Projekt
Darüber hinaus werden in der Methodik die notwendigen Voraussetzungen an die Projektstruktur und Anforderungen an mögliche Vertragskonstellationen diskutiert. notwendige fachliche Qualifikationen und verwendete Hilfsmittel werden dargestellt. Für die Phase
der Errichtung und Abnahme der gebäudetechnischen Anlagen werden Strategien herausgearbeitet und Umstrukturierungsmaßnahmen im Ablauf vorgeschlagen, wie die eine
- 23
-
Sicherung und Überprüfung der funktionalen Qualität erreicht werden kann. Es wird ein
zusätzlicher sog. FQS-Probebetrieb eingeführt, der von den ausführenden Firmen und
dem FQS-Manager betreut wird und der z.B. über die Dauer eines Jahres unter realen
Betriebsbedingungen, also in der begonnenen Nutzungsphase des Gebäudes, durchgeführt wird. In einer abschließenden Betriebsdiagnose kann der Nachweis und eine weitere
Verbesserung umgesetzten Betriebsstrategien erfolgen. Hierdurch soll nicht nur ein optimaler Betrieb des Gebäudes hergestellt werden sondern auch dem Bauherrn die Möglichkeit gegeben werden, in das Planung gesetzte Ziel des Energieverbrauch tatsächlich
einfordern zu können.
3.2.5
Entwicklungen im IEA Annex 40 und 47
Die Internationale Energie Agentur (IEA) beschäftigt sich im Rahmen der Forschungsvorhaben Annex 40 „Commissioning von Gebäuden und HLK Systemen für bessere Energieeffizienz“ (www.commissioning-hvac.org) und Annex 47 „Kosteneffizientes Commissioning für existierende und Niedrigenergiegebäude“ (www.iea-annex47.org) mit der Entwicklung und Weiterentwicklung von Commissioning auf internationaler Ebene. Ebert Ingenieure ist seit 2001 in diese Arbeiten eingebunden und beteiligt sich seither aktiv an der
(Weiter-) Entwicklung von Prozessen, Methoden und Werkzeugen, die das Commissioning effektiver und kosteneffizienter machen.
Zielgruppen für die von ANNEX 40 entwickelten Methoden und Werkzeuge sind primär:
• Commissioning Anbieter, die den gesamten Prozess überschauen und sicherstellen,
dass alle erforderlichen Aufgaben durchgeführt werden, bzw. diese selbst durchführen.
• Ausführenden Firmen oder speziell für die Inbetriebnahme beauftragte Firmen, welche die Methoden und Werkzeuge benutzen um sicher zu gehen, dass das Gebäude
bei der Übergabe den Anforderungen entspricht.
• Liegenschaftsbesitzer, welche die Methoden und Werkzeuge benutzen um den aktuellen Gebäudebetrieb ihres Gebäudes zu verifizieren oder aber auch als Entscheidungshilfe bei einer Übernahme eines Gebäudes.
• Service-Firmen (Kundendienst), welche die Methoden und Werkzeuge verwenden um
den Betrieb der gebäudetechnischen Anlagen zu verbessern oder eine Zielsetzung
zu überprüfen.
• GLT-Firmen welche die Methoden und Werkzeuge in ihre Produkte integrieren.
Die Arbeiten im Annex 40 waren in fünf Subtasks aufgeteilt (siehe Abbildung 3.4):
- 24
-
A – Der Commissioning Prozess
B – Manuelle
Commissioning
Methoden
C – Einbindung / Verwendung
der GLT
D – Einbindung / Verwendung von
Simulationsmodellen
E - Demonstrationsvorhaben
Abbildung 3.4 Organisationsstruktur des Annex 40
• Subtasks A – Der Commissioning Prozess
Subtask A beschäftigte sich mit dem generellen Prozess und der Einbindung von
Methoden und Werkzeugen. Hierbei wurden die verschiedenen Ansätze und Erfahrungen, aber auch Erwartungen in den einzelnen Ländern diskutiert und zusammengetragen. Resultat ist eine Beschreibung des Commissioning Prozesses, die international verständlich und anwendbar ist sowie eine Prozess-Matrix mit der für
verschiedene Projektkonstellationen der jeweils passende Commissioning Ansatz
ausgewählt werden kann. In dieser Arbeitsgruppe wurden außerdem Begriffe definiert; diese Definitionen stehen in Form eines Glossars in mehreren Sprachen zur
Verfügung.
• Subtask B – Manuelle Commissioning Methoden
In diesem Subtask wurden manuelle Commissioning Methoden und Werkzeuge aus
den einzelnen Ländern zusammengetragen und (weiter-) entwickelt. Hierbei handelt
es sich um einfache Checklisten und Arbeitsblättern bis hin zu Messungen, die mit
mobilem Equipment durchgeführt werden.
• Subtask C – Einbindung der GLT im Commissioning
Der Einsatz von Gebäudeleittechnik in Gebäuden bietet neue Möglichkeiten für die
Automatisierung einiger Aufgaben im Rahmen des Commissioning. In Subtask C
wurden Werkzeuge entwickelt, die auf bereits vorhandene GLT Systeme aufsetzen
und z.B. die aufgezeichneten Betriebsdaten verwenden, bzw. direkt in GLT Systeme
integriert werden können um automatisierte Funktions- und Leistungstests und Fehlerdiagnose durchzuführen. Diese Werkzeuge wurden so weit als Prototypen entwickelt, dass sie im Rahmen von Demonstrationsvorhaben eingesetzt werden konnten.
• Subtask D – Einbindung von Simulationsmodellen im Commissioning
Die Zielsetzung dieser Arbeitsgruppe war die Möglichkeit zur Verwendung von dy- 25
-
namischen Simulationsmodellen im Rahmen des Commissioning zu untersuchen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden zahlreiche Simulationsmodelle sowie die entsprechenden Methoden entwickelt, die für die Leistungsevaluierung von ganzen Gebäuden bzw. einzelnen Systemen eingesetzt werden können.
• Subtask E – Demonstrationsvorhaben
Im Rahmen des Subtask E wurden internationale Demonstrationsvorhaben durchgeführt und dokumentiert, in denen die entwickelten Methoden und Werkzeuge aus
Subtasks B, C und D eingesetzt wurden.
Die Ergebnisse des Annex 40 sind in "Commissioning tools for improved energy performance - Results of IEA ECBCS ANNEX 40" [2] veröffentlicht.
Das derzeit noch laufende Forschungsvorhaben Annex 47 hat sich zur Aufgabe gesetzt
Commissioning für bestehende Gebäude auszubauen und die besonderen Anforderungen
von Niedrigenergiegebäuden abzudecken. Die Aufgaben im Annex 47 sind in 3 Subtasks
gegliedert. [12]
• Subtask A: Initial Commissioning of Advanced and Low Energy Building Systems
Dieser Subtasks befasst sich damit wie im Bereich neuer Gebäude, mit hohem
technischen Standard, kosteneffizientes Commissioning erreicht werden kann. Der
Schwerpunkt liegt in einer weiteren Verbesserung der Integration des Commissioning in die Planung. Auf dem Arbeitplan stehen die Entwicklung von Informationsmodelle und allgemeinen Vorgehensweisen.
• Subtask B: Commissioning and Optimization of Existing Buildings
In diesem Subtask soll den für die Durchführung eines Commissioning ungünstigen
Bedingungen bei existierenden Gebäuden und Systemen Rechnung getragen werden. Vorgehensweisen wie beispielsweise bei fehlender Dokumentation vorzugehen
ist sollen behandelt werden. Die Funktionstests und Datenvisualisierung sollen verbessert werden.
• Subtask C: Commissioning Cost-Benefits and Persistence
Subtask C beschäftigt sich mit der Darstellung des Kosten-Nutzen-Struktur. Durch
den Aufbau einer Datenbank über durchgeführte Projekte sollen belastbare Zahlen
entwickelt werden.
In allen drei Subtasks werden und Demonstrationsprojekte ausgewertet.
- 26
-
3.3
Methodik der Betriebsprognose
Eine Betriebsprognose sollte in jedem Fall elementarer Bestandteil der FQS sein. Je nach
Umfang und Tiefe der FQS-Tätigkeiten werden Betriebsstrategien ausgearbeitet, energetisch bewertet und optimiert. Eine Betriebsprognose kann aber auch unabhängig von einer durchgängigen FQS in der Planung eingesetzt werden. Die Ziele einer Betriebsprognose sind
Optimierung der Betriebsweisen des Gebäudes in Hinblick auf die Bauweise und Nutzung
optimale Abstimmung der Betriebsfunktionen der verschiedenen technischen Systeme im
Gebäude, insbesondere bzgl. Heizen und Kühlen
Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs und der Betriebskosten des Gebäudes
gezielte Vorgaben bezüglich der Ausstattung von technischen Systeme und deren Regelung zur Realisierung des optimierten Betriebs
Dokumentation und Visualisierung der Festlegungen bzgl. des Gebäudebetriebs in Hinblick auf eine Überprüfbarkeit im Betrieb
Die Betriebsprognose beschäftigt sich inhaltlich mit der Optimierung des Gebäudebetriebs
und schafft durch die entsprechende Dokumentation die Grundlagen für die Umsetzung
des Betriebskonzepts. Mit Hilfe der FQS soll die Umsetzung in der geplanten Qualität garantiert werden. Im Folgenden sind die Möglichkeiten der Betriebsprognose in den einzelnen Planungsphasen und verwendete Hilfsmittel dargestellt.
Grundlagenermittlung
Die Betriebsprognose beginnt im Planungsprozess bereits in der Grundlagenermittlung
mit der Definition von Zielen bezüglich des Gebäudeenergiebedarfs und der Festlegung
von Behaglichkeitskriterien und Toleranzbereichen. Die Festlegung der Raumsolltemperatur zum Beispiel ist bereits eine betriebliche Funktionalität deren Einhaltung durch
die eingebaute Anlagentechnik realisiert werden soll. Vordefinierte Nutzungstypicals und
Standard-Betriebsmuster können die Abstimmung der Ziele und der Raumfunktionalitäten
unterstützen .
Konzeption/Vorplanung
In der Vorplanung erfolgt die Abstimmung des Energiekonzepts. Entscheidungen über die
im Gebäude eingesetzten technischen Systeme stehen an. Raum- und Anlagentypicals
können hierbei als Hilfsmittel für die Entscheidungsfindung eingesetzt werden. Mit der
Systementscheidung sollten gleichzeitig auch die grundlegenden Betriebsstrategien festgelegt werden. Die Betriebsprognose ist mit der Entwicklung von Betriebsmustern Teil der
Gebäudekonzeption. Die Betriebsmuster dienen dabei der Veranschaulichung der konzipierten und optimierten Betriebsfunktionen.
Die Betriebsprognose kann in einfachen Fällen über eine qualitative Abschätzung des
Energiebedarfs und die Visualisierung von Betriebsmustern erfolgen. Bei komplexen Anlagen ist eine Anlagensimulationen erforderlich.
- 27
-
Häufig kommt es vor, dass in der Planung Simulationen eingesetzt werden, am Ende aber
nur das Ergebnis festgehalten wird. Obwohl in der Regel auch die Randbedingungen der
Simulation kommuniziert werden, geraten diese im Laufe der weiteren Planung, oft in
Vergessenheit. Später wird dann erstaunt festgestellt, dass die Ergebnisse der Simulation
nicht zutreffen. Dabei wird aber vergessen, dass in der Simulation andere Vorgaben für
Betrieb und Regelung gemacht wurden, als letztendlich umgesetzt wurden. Wie stark sich
Regelstrategien auf die Ergebnisse auswirken können zeigt das Beispiel in Abbildung 3.5.
Um das große Optimierungspotential dynamischer Simulation tatsächlich zu nutzen müssen daher Randbedingungen und Ergebnisse besser aufbereitet werden. Über die Visualisierung in Betriebsmuster wird in der Betriebsprognose versucht, die Zusammenhänge
besser in die Planung zu transportieren und für die spätere Betriebsphase bereitzustellen.
700
600
600
500
500
400
400
300
300
200
200
100
100
0
Pmax in W
700
800
Jahreskühlenergiebedarf
maximal erf. Kühlleistung
Kühlleistung
Jahreskühlenergiebedarf Qkühl in kWh
800
A
2-Punktregelung
22°C +4K
B
Proportionalregelung
22°C +4K
C
2-Punktregelung
22°C +2K / 24°C +2K
D
Proportionalregelung
22°C +2K / 24°C +2K
E
Punktregelung
22°C / 26°C
0
A
C
B
D
E
Monatsbilanz
Abbildung 3.5 Simulation des Raumkühlbedarfs und der maximalen Kühllast bei unterschiedlichen
Regelstrategien. (A-E Simulation mit GEBSIMU; Bilanzierung nach DIN V 18599; nach [13])
Entwurfsplanung
Um die Umsetzung optimierter Betriebstrategien sicherzustellen müssen parallel zu Gebäude- und Technikplanung auch die Betriebsfunktionen verfeinert, verbessert und an
Änderungen angepasst werden. Das Konzept für den Betrieb hat Einfluss auf die Dimensionierung der Anlagen und muss umgekehrt der Dimensionierung der Anlagen angepasst werden.
Auf Grundlage der Betriebsprognose werden die Regel- und Automationsfunktionen festgelegt und in die MSR-Planung übernommen. Die Visualisierung über Betriebsmuster soll
dabei die Betriebsstrategien verdeutlichen.
- 28
-
Ausführungsplanung
Zweck der Ausführungsplanung ist es im Wesentlichen die bauliche Ausführung zu konkretisieren. Die genaue Lage von Bauteilen und technischen Komponenten wird festgelegt. In der TGA-Planung sind Kollisionen in der Leitungsführung zu prüfen, und Durchbrüche festzulegen. In dieser Phase sind die Betriebsfunktionen bereits festgelegt. Für die
spätere Inbetriebnahme können Prüffunktionen vorbereitet werden und spezielle Betriebsmuster, die auf die Funktionsprüfung im Betrieb abgestimmt sind, erstellt werden.
Ausschreibung
In der Ausschreibung ist sicherzustellen dass die notwendigen Spezifikationen, die für die
Realisierung des Betriebskonzepts erforderlich sind, ausreichend beschrieben sind. Die in
der Betriebsprognose erstellten Betriebsmuster können in die Ausschreibung zusätzlich
zu textlichen Beschreibungen mit übernommen werden, um der ausführenden Firma die
Anforderungen unmissverständlich und anschaulich aufzuzeigen.
Ausführung und Inbetriebnahme
Für die Inbetriebnahme kann auf Basis der Betriebsprognose eine gesonderte Abnahme
der Betriebsfunktionen vereinbart werden. Der Nachweis kann über bestimmte Funktionstests oder eine Betriebsdiagnose in der der ersten Betriebsphase erfolgen.
Nutzung
Die prognostizierten Betriebsmuster dienen im Gebäudebetrieb als Muster für den Vergleich mit dem tatsächlichen Betrieb. Über die Werkzeuge der Betriebsdiagnose können
die Muster den visualisierten Betriebsdaten gegenübergestellt werden und Abweichungen
so schnell erkannt werden. Dies kann im Rahmen einer als Dienstleistung durchgeführten
Betriebsdiagnose geschehen oder zukünftig möglicherweise automatisiert, eingebettet in
CAFM-Systeme.
- 29
-
3.4
Methodik der Betriebsdiagnose
Im Laufe des Projekts OASE II wurde die Methodik der Betriebsdiagnose weiterentwickelt
und konkretisiert, so dass die Betriebsdiagnose künftig als eigenständiges Dienstleistungsprodukt angeboten und durchgeführt werden kann. Als Hilfestellung für die Durchführung wurde ein "Leitfaden Betriebsdiagnose" entwickelt. Im Folgenden werden wesentliche Teile daraus zusammengefasst. Darüber hinaus enthält der Leitfaden konkrete Hinweise zu Funktionstests und überschlägige Berechnungen von Energieeinsparpotentialen.
3.4.1
Allgemeine Vorgehensweise
Der eigentlichen Betriebsdiagnose, der Auswertung der Gebäudeautomationsdaten, ist
ein Energie-Check vorgelagert, der unter anderem auch dazu dient, den Umfang der Betriebsdiagnose abgrenzen zu können. In der Betriebsdiagnose werden die Daten aufbereitet und mit Carpet- und Scatter-Plots visualisiert. Mit Hilfe der Plots wird der Anlagenbetrieb überprüft und Maßnahmen daraus abgeleitet. Die empfohlenen Maßnahmen werden
zusammengefasst und bewertet. Aufbauend auf die qualitative Bewertung der Betriebsdiagnose kann eine Auswahl für eine weiterführende Maßnahmeanalyse getroffen werden,
in der die Einsparpotentiale quantifiziert werden. Im Allgemeinen gliedert sich daher das
Vorgehen in die folgenden Schritte:
1. Energie-Check
2. Betriebsdiagnose
- Festlegung des Bearbeitungsumfangs
- Aufbereitung der Daten
- Visualisierung der Daten
- Kommentierung der Visualisierung
- Identifikation und Klassifizierung von Maßnahmen
3. weiterführende Maßnahmenanalyse
- Ermittlung von Einsparpotentialen
- Wirtschaftlichkeitsanalyse
- Anlagensimulation
Die einzelnen Arbeitsschritte der eigentlichen Betriebsdiagnose bauen aufeinander auf.
Als Ergebnis der Betriebsdiagnose sind so mehrere Stufen möglich.
Datenvisualisierung
Kommentierung
Maßnahmen-Katalog
In der Regel sind die Ergebnisse abschließend in einen Diagnosebericht zusammenzufassen.
- 30
-
Untersuchungstiefe/Aufwand
Optimierung durch Anlagensimulation
weiterführende Untersuchungen
Wirtschaftlichkeitsanalyse
Quantifizierung der Energieeinsparung
Maßnahmenkatalog
Kommentierung
Betriebsdiagnose
Datenvisualisierung
Energie-Check
Voruntersuchung
Abbildung 3.6: Bausteine der Betriebsoptimierung
3.4.2
Energie-Check
Vor der Durchführung einer Betriebsdiagnose wird in einer Voruntersuchung der allgemeine Zustand von Gebäude und Anlagen geprüft. Dieser "Energie-Check" soll einen Überblick verschaffen über
• den energetischen Zustand
• offensichtliche Mängel mit hohen Energieverlusten
• die für die Betriebsdiagnose besonders relevanten technischen Anlagen oder Räume
sowie
• ein grundlegendes Verständnis über das Zusammenwirken der technischen Anlagen
im Gebäude.
Im Rahmen des Energie-Checks bietet sich an für Bestandsgebäude, soweit noch nicht
vorhanden, einen verbrauchsorientierter Energieausweis zu erstellen.
Für die Bestandaufnahme ist eine Ortbegehung sinnvoll, die erforderlichen Informationen
können aber auch in einem intensiven Gespräch mit Personen, die mit Gebäude und Anlagen vertrauten sind, gewonnen werden. Als Voruntersuchung für die Betriebsdiagnose
muss die Bestandaufnahme vor allem auch in Hinblick auf das Erfassen der für die Interpretation der Datenaufzeichnungen wichtigen Randbedingung, wie die Nutzung, innere
und äußere Lasten durchgeführt werden.
Durch die Bestandsaufnahme sollen wirtschaftliche Energiesparmaßnahmen, die die zu
erwartenden Einsparungen durch die Betriebsoptimierung möglicherweise übertreffen bereits vor der Durchführung der Betriebsdiagnose dem Kunden aufgezeigt werden.
Auf Grundlage der Verbrauchsdaten des Gebäudes und der erfassten Leistungen von
Wärme- und Kälteerzeugern sowie angesetzten Betriebsstunden kann der Energiefluss im
- 31
-
Gebäude grob abgeschätzt und hieraus Schwerpunkte für die Betriebsdiagnose abgeleitet
werden.
Als Ergebnis des Energie-Checks erhält der Auftraggeber einen verbrauchsbezogenen
Energieausweis entsprechend EnEV [14] inklusive einer Liste kostengünstiger Modernisierungsmaßnahmen bzw. bei Neubauten die Ergebnisse eines energetischen Benchmarkings. Zusätzlich erhält der Auftraggeber eine Empfehlung über Schwerpunkte und
den möglichen Umfang einer Betriebsdiagnose sowie gegebenenfalls weiterführender energetischer Untersuchungen (Detailuntersuchungen, Sanierungskonzepte, etc.).
3.4.3
Festlegungen zum Umfang einer Betriebsdiagnose
Die Betriebsdiagnose umfasst die Schritte Datenaufbereitung, Datenvisualisierung, Kommentierung der erstellten Plots und eine Klassifizierung der empfohlenen Maßnahmen. Im
Allgemeinen wird die Betriebsdiagnose abgeschlossen durch einen Diagnosebericht der
die kommentierten Visualisierungen enthält sowie einen Maßnahmenkatalog, der bereits
allgemeine Hinweise zur Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen enthält.
Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für einige der Maßnahmen wird sich in der Regel an
die Betriebsdiagnose anschließen
Als "abgespeckte" Version kann die Diagnose auch als Kurzbericht mit kommentierten
Plots ohne Maßnahmendefinition ausgeführt werden.
Hinsichtlich des Bearbeitungsumfangs einer durchzuführenden Betriebsdiagnose sind die
folgenden Festlegungen zu treffen:
Bearbeitungsumfang
Auswahl der zu untersuchenden Systeme
Angabe der auszuwertenden Datenpunkte
Auswertungszeitraum
1 Jahr
½ Jahr mit z.B. Sommer-Übergangszeit-Winter
nur Sommer- oder Winterhalbjahr incl. Übergangszeit, falls nur Kühl- bzw. Heizsystem untersucht werden soll
Kurzzeitanalyse
Häufigkeit der Auswertung
einmalig
wiederkehrend (vierteljährlich/halbjährlich)
laufend (mit GLT-Zugriff)
- 32
-
Untersuchungstiefe
Datenvisualisierung
nur Darstellung der ausgelesenen Daten in
Carpet-Plots und/oder Scatter-Plots
(Energie-Check nicht erforderlich)
Interpretation erfolgt durch Auftraggeber selbst
Kommentierung
Hinweise auf Fehlfunktionen Verbesserungsmöglichkeiten, zu den visualisierten Daten
Maßnahmenkatalog
Maßnahmen-Identifikation mit Klassifikation der
Maßnahmen nach Einsparpotential und Kosten
Erforderliche Daten
Zur Durchführung müssen i.A. die folgenden Daten übergeben werden:
Messwerte sämtlicher auf die GLT aufgeschalteten relevanter Datenpunkte in
digitaler Form (z.B. ASCII-Format), zusammen mit den zugehörigen Messwertzeitpunkten; zeitliche Auflösung: 5 – 15 Minute
oder externer Zugriff auf GLT
Datenpunktliste mit Klartext-Bezeichnungen der Datenpunkte
Funktionsbeschreibung und Regelschemata für Heizung, Kühlung und Lüftung
mit Datenpunkt-Zuordnung
Sollwerteinstellungen aus der GLT
Aufzeichnungen über Betriebszeiten, Belegungspläne
Funktionsschemata für Heizung, Kühlung und Lüftung
Gebäudegrundrisspläne (1:200 oder 1:100)
- 33
-
3.4.4
Durchführung der Betriebsdiagnose
Die in einer Betriebsdiagnose durchzuführenden Arbeitsschritte sind im Folgenden mit
Stichpunkten in ihrer zeitlichen Abfolge aufgeführt. Die Arbeiten gliedern sich in die Arbeitsschritte der Datenaufbereitung, der Datenauswertung und der Aufbereitung der Ergebnisse. Die Datenaufbereitung umfasst dabei das Aufbereiten der gelieferten Daten für
den Import in die Datenbank, verschieden Vorarbeiten für die Datenvisualisierung und die
die Erstellung der verschiedenen Plots, also die eigentliche Visualisierung. In Kap.5 sind
die Aufbereitung der Daten und die hierfür verwendeten Werkzeuge ausführlich beschrieben. In der Datenauswertung müssen die erstellten Plots interpretiert und Maßnahmen
definiert werden. In der Regel werden die Ergebnisse schließlich in einem Diagnosebericht aufbereitet. Je nach vereinbarter Untersuchungstiefe kann das Ergebnis aber auch
die reine Datenvisualisierung, eine Kommentierung der Plots mit Hinweisen auf mögliche
Einsparpotentiale oder der Maßnahmekatalog mit Priorisierung von Maßnahmen sein.
Abbildung 3.7 zeigt den Arbeitsablauf bei der Betriebsdiagnose mit möglichen Ergebnissen und Zwischenergebnissen auf.
Rohdatenaufbereitung
Vorbereiten der Visualisierung
Datenvisualisierung
Datenvisualisierung
Interpretation
kommentierte Visualisierung
Maßnahmenklassifikation
Maßnahmenkatalog
Ergebnisaufbereitung
Diagnosebericht
Abbildung 3.7: Arbeitsschritte der Betriebsdiagnose und mögliche Ergebnisaufbereitung
Rohdatenaufbereitung
Sichtung der Rohdaten
String-Werte heraussuchen
Datenbezeichnungen prüfen (Länge, überflüssiger Text,...)
Datenimport
Festlegung der Importoptionen (Analysetool)
Datenimport (Konverter-Tool)
Kontrolle (Log-Files usw.)
- 34
-
Vorbereiten der Visualisierung
Vorbereitungen zur Visualisierung
Umbenennung der Datenpunkte (entsprechend EB-Code)
Festlegung der Darstellungsgrenzen (Limits)
Importieren der Daten in MATLAB
Daten-Export über Excel
MATLAB-Projekt erstellen
Daten einladen
Kontrolle
Sichtung der Daten in Carpet-Plots
Prüfung auf Vollständigkeit und Fehler
ggf. Änderungen der Rohdatenaufbereitung oder der Visualisierungsdaten
Datenvisualisierung
Darstellung in Carpet-Plots
zur Überprüfung von Betriebszeiten und Sollwerten
Darstellung von anlagenbezogenen Scatter-Plot-Matrizen
zur Prüfung von Abhängigkeiten
Vorgehen entlang der Bedarfsentwicklung
Nutzung -> Übergabe -> Verteilung -> Erzeugung
ggf. mehere Plots für unterschiedliche Betriebsarten
Plots für spezielle Systemüberprüfungen
ggf. Liniendiagramme zur genauen zeitlichen Analyse
Interpretation
Jedes System ist zu prüfen nach der Korrektheit des Betriebs und nach Möglichkeiten der
Optimierung. Dementsprechend kann in Maßnahmen zum Wiederherstellen des Sollbetriebs (Fehlerbehebung) und Maßnahmen zur Energieeinsparung (Betriebsoptimierung)
unterschieden werden.
Ansatzpunkte für die Betriebsoptimierung sind:
Betriebszeiten
Sollwerte
Abhängigkeiten
Leistungen/Performance
Alle Überprüfungen sind anhand der Datenvisualisierung zu dokumentieren, d.h jeder Plot
wird kommentiert. Hierbei soll er korrekte Betrieb der Anlage bestätigt werden oder auf
mögliche Maßnahmen hingewiesen werden.
- 35
-
Daraus resultieren beispielsweise folgende Maßnahmen:
Anpassung der Anlagenbetriebszeiten an die Nutzungszeiten
Betriebszeiten auf die Nutzungsanforderungen hin anpassen
(z.B. Nacht-/Wochenendabsenkung Solltemperaturen)
Abgleich der Betriebszeiten von Anlagenkomponenten
Betriebszeiten auf die Anforderung nachgeordneter Prozesse hin anpassen (z.B.
Nachtabsenkung/Abschaltung Wärmerzeuger, Freigabe Pumpen in Heiz-/Kühlkreise
für RLT an Lüftungsbetrieb anpassen)
Betriebsperiode kürzen
Anpassung der Freigabetemperaturen für Heiz- oder Kühlsystem
(Winter-/Sommerbetrieb)
Temperatur-Sollwerte optimieren
z.B. Vorlauftemperatur an den Bedarf anpassen; Zulufttemperatur senken
Massenfluss reduzieren
regelbare Pumpen herunterregeln soweit sinnvoll
Systeme abgleichen,
Heizen Kühlen (Totzonen verbreitern)
statische dynamische Systeme
regenerative konventionelle Systeme
Anlagenspezifische Optimierungen
z.B. Brennwert: Rücklauftemperatur senken
Alle Überprüfungen sind anhand der Datenvisualisierung zu dokumentieren, d.h jeder Plot
wird kommentiert. Hierbei soll er korrekte Betrieb der Anlage bestätigt werden oder auf
mögliche Maßnahmen hingewiesen werden.
Maßnahmenklassifizierung
Die Maßnahmen werden nach der zu erwartenden Energieeinsparung und den zu erwartenden Kosten klassifiziert.
Klassifizierung nach erwarteter Energieeinsparung
hoch
mittel
gering
Kosten für die Umsetzung der Maßnahme
nicht- bis geringinvestive Sofortmaßnahmen auf Basis der vorhandenen Anlagentechnik
investive (mittelfristige) Maßnahmen, die grundlegende Modifikationen der Anlagen
beinhalten
- 36
-
Die zu erwartenden Kosten lassen sich meist aus dem notwendigen Arbeitsaufwand abschätzen. Für Maßnahmen der Betriebsoptimierung sind grundsätzlich drei Möglichkeiten
gegeben:
Parametrierung
Anpassung von Parametern der Regelung, z.B. Sollwerte und Betriebszeiten. Die
Anpassung kann durch das Bedienungspersonal durchgeführt werden. Geringer Arbeitsaufwand.
Programmierung
Änderung von Regelcharakteristiken, Ablaufsequenzen etc.
Diese Maßnahmen erfordern Programmierung in der Gebäudeautomation und müssen i.d.R. von der Regelungsfirma durchgeführt werden.
Geringer bis mittlerer Arbeitsaufwand
Modernisierung
Maßname
Austausch von bestehenden Bauteilen und/oder Einbau von neuen/zusätzlichen Ausrüstungsteilen. Installationsaufwand.
Mittlere Investitionen
Ergebnisaufbereitung
Wie dargestellt kann der Umfang der Ergebnisaufbereitung verringert werden. In der Regel sollte jedoch ein Diagnosebericht erstellt werden, der folgendes enthält:
•
•
•
•
•
•
•
Interpretationshilfen zu den Carpet- und Scatter-Plots
Angaben zum Gebäude und den untersuchten Systemen
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Kommentar zur Datenauswertung
(spezielle Problemstellungen, fehlende Datenpunkte, ...)
Katalog der empfohlenen Maßnahmen
mit Klassifizierung Sofortmaßnahmen (geringinvestiv) – mittelfristig Maßnahmen
Kommentierte Carpet- und Scatter-Plots
jeder Datenpunkt sollte im Carpet-Plot dargestellt sein,
jedes System in (mind.) einem Scatter-Plot
als Anhang evtl. eine Liste der zur Verfügung stehenden Datenpunkte
- 37
-
3.4.5
gezielte Systemprüfungen
Im Rahmen der Betriebsdiagnose bietet es sich an, eine gezielte Überprüfung des Systems hinsichtlich häufiger Fehler und typischer Optimierungsmöglichkeiten durchzuführen.
Hierzu ist es oft hilfreich spezielle Darstellungsformen zu wählen, bestimmte Datenpunkte
zusammenzustellen oder die Skalierung entsprechend zu wählen. Im Folgenden sind einige Beispiele für gezielte Überprüfungen von häufig vorkommenden Fehlern zusammengestellt. Mögliche Ursachen bzw. Maßnahmen sind aufgeführt.
Überprüfung von Nacht- und Wochenendabsenkungen
Darstellung: Regelventile im Carpet-Plot
Hinweise:
Freigabe der Heiz-/Kühlkreisläufe beachten
Maßnahmen:
Nutzung klären
Regelung prüfen/neu einstellen
Regelventil
Regelventil
Regelventil
Regelventil
Abbildung 3.8 Überprüfung von Nacht- und Wochenendabsenkung über die Raumregelventile.
Links: oben: kein Zeitprofil erkennbar, unten: Betriebszeiten in Ordnung. Rechts: oben: Wochenende durchgehend an statt aus, unten: in Ordnung.
Einhaltung der Behaglichkeit im Winter – Auskühlung, Aufheizzeit
Visualisierung: Raumtemperaturen im Carpet-Plot mit Skala [16 21];
Maßnahmen:
Nutzung klären (Fensterlüftung?)
Behaglichkeitsempfinden/Lüftungsverhalten des Nutzers abfragen
Sollwerteinstellung überprüfen
Raumtemperatursensor überprüfen
Regelung prüfen/neu einstellen
Vorlauftemperatur erhöhen
- 38
-
Vorlaufzeit verlängern/kürzen
ggf. Heizkörper entlüften
Kühlbetrieb prüfen
Abbildung 3.9 Überprüfung der Einhaltung der Behaglichkeit im Winter - oben: bis Mitte November Raum vormittags zu kühl; ab Mitte November starke Auskühlung am Wochenende kühlt am
Wochenende erreicht morgens insbesondere montags nicht die gewünschten 21°C. unten: in Ordnung, keine weiteren Prüfungen erforderlich.
Einhaltung der Behaglichkeit im Sommer – Überhitzung
Visualisierung: Raumtemperaturen im Carpet-Plot mit Skala [16 21];
Maßnahmen:
Nutzung klären (innere Lasten)
Sonnenschutzsteuerung überprüfen
Raumtemperatursensor überprüfen
Regelung neu einstellen
Abbildung 3.10 Überprüfung der Überhitzung im Raum - oben: bis Mitte November Raum vormittags zu kühl; ab Mitte November starke Auskühlung unten: in Ordnung,
- 39
-
Raumtemperaturregelung – Überprüfung des Totbereichs zwischen Heiz- und Kühlfunktion
Visualisierung: Heiz-/Kühlventil bzw. Heiz- und Kühlventil (Ordinate) gegen Raumtemperatur und Sollwertversteller besser Temperaturdifferenz zum Sollwert, Zeit
(Abszissen) im Scatter-Plot
Hinweise:
Sollwertverstellung und Betriebszeiten beachten (Einfärben)
Maßnahmen:
Nutzung klären
Totzone des Reglers vergrößern
Heiz-/Kühlventil vs. Raumtemperatur
ohne Markierung
Heizen und Kühlen scheinen
zu überlappen
Heiz-/Kühlventil vs. Raumtemperatur
eine Sollwertstellung markiert
Heizen und Kühlen überlappen
nicht
Heiz-/Kühlventil vs. Differenz
Sollwert-Raumtemperatur
Regelbereich erkennbar
Abbildung 3.11 Überprüfung der Totzone zwischen Heizen und Kühlen im Raum – Dargestellt ist
jeweils derselbe Raumregler – erst in der rechten Darstellung wird die Totzone deutlich. links: Ventilregler über Raumtemperatur; Mitte: Ventilregler über Raumtemperatur, ein Wert des Sollwertversteller markiert; rechts: Ventilregler über Temperaturdifferenz wischen Raumtemperatur und
Sollwert (berechnet).
Abbildung 3.12 Raumtemperaturregelung – Soll-Betriebsmuster.
- 40
-
Prüfung der Betriebszeiten von RLT-Anlagen
Visualisierung: Betriebsmeldung oder Frequenzumformer WRG, Pumpen im Heiz- und
Kühlkreis, Befeuchterventil jeweils im Vergleich zu Zu- und/oder Abluftventilator im Carpet-Plot
Maßnahmen:
Zeitprogramm einstellen oder Freigabe ändern
Abbildung 3.13 Abgleich der Betriebszeiten in einer Lüftungsanlage - oben. Ventilatorbetrieb unten: Pumpe im Heizregisterkreis. Pumpenbetrieb nicht auf Ventilatorbetrieb abgestimmt.
Überprüfung auf Gleichzeitigkeit von Heizen und Kühlen in RLT-Anlagen
Visualisierung: Regelventil Heizung. Regelventil Kühlung im Scatter-Plot
Hinweis:
Nacherhitzung im Entfeuchtungsfall beachten, Pumpenbetrieb beachten
Maßnahmen:
Regelung neu einstellen
Totzone einrichten
Abbildung 3.14 Überprüfung auf Gleichzeitigkeit von Heizen und Kühlen – nach oben: Regelventil
Luftkühler, nach rechts: Regelventil Lufterhitzer – blau: Regelbereich Kühler, rot: Regelbereich Erhitzer. Anlage arbeitet korrekt.
- 41
-
Überprüfung Stellbefehl – Rückmeldung
Visualisierung: Rückmeldung über Stellbefehl im Scatter-Plot
Hinweis:
ggf. genauen Zeitpunkt der Datenaufzeichnung in Rohdaten
kontrollieren
Maßnahmen:
An/Abfahrverhalten prüfen
Regelstrecke prüfen
Abbildung 3.15 Überprüfung der Übereinstimmung von Stellbefehl und Rückmeldung einer Lufterhitzer Pumpe – links: Pumpenbetrieb in Ordnung, rechts: zeitweise keine Übereinstimmung;
grün/schwarz: Übereinstimmung; rot: Fehler.
- 42
-
3.4.6
Maßnahmenanalyse
Auf Basis der Ergebnisse der Betriebsdiagnose können weiterführende Untersuchungen
angeschlossen werden, die auf eine detailliertere Wirtschaftlichkeitsbetrachtung oder eine
weitergehende Optimierung des Betriebs zielen. Da die Betriebsdiagnose in erster Linie
auf nichtinvestive, im Gebäudemanagementsystem leicht umzusetzende Maßnahmen
zielt, ist eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung im üblichen Umfang einer Betriebsdiagnose
nicht enthalten.
Quantifizierung der Energieeinsparungen
Aufbauend auf die Betriebsdiagnose kann für eine Auswahl der identifizierten Maßnahmen eine Berechnung der zu erwarteten Energieeinsparung durchgeführt werden. Der erstellte Maßnahmenkatalog bildet hier die Basis für die Abstimmung mit dem Auftraggeber,
welche Maßnahmen detaillierter untersucht werden sollen. Im allgemeinen dem wird werden und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für eine Die Quantifizierung der Energieeinsparung ist Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.
Wirtschaftlichkeitsanalyse
Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ist sinnvoll, wenn im Rahmen der Betriebsdiagnose
Maßnamen ermittelt wurden für die Investitionen notwendig werden. Das betrifft vor allem
den Austausch und Neueinbau von Komponenten.
Anlagen-Simulation
Besondere Problemstellungen lassen sich in Simulationsrechnungen genauer untersuchen und systemübergreifende Optimierungen verwirklichen.
- 43
-
4
Elemente der Betriebsprognose
4.1
Betriebsmuster
Betriebsmuster spielen in der Betriebsdiagnose und in der Betriebsprognose eine entscheidende Rolle. Durch die Visualisierung der Betriebsstrategien in den Mustern werden
die formulierten Strategien greifbarer und sie erlauben die konkrete Überprüfung anhand
der Messdaten der Gebäudeautomation mit den Mitteln der Betriebsdiagnose. Die Betriebsmuster können zeitliche Vorgaben sein, beispielsweise die wöchentlichen Betriebszeiten, dargestellt entsprechend der Carpet-Plots in farblich codierten Profilen (s.
Abbildung 4.2), oder sie zeigen Abhängigkeiten zwischen Datenpunkten im x,yDiagramm, die den aus den Betriebsdaten erstellten Scatter-Plots und Scatter-PlotMatrizen entsprechen.
0
4
8
12
16
20
24
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Abbildung 4.1 Betriebsmuster eines Zeitprogramms (links) und Messdaten-Visualisierung
im Carpet-Plot (rechts). Übereinstimmung und Abweichung sind sofort zu erkennen.
TVL[°C]
90
80
70
60
50
40
30
-20 -10
0
10 20 30 40
TAU[°C]
Abbildung 4.2 Betriebsmuster zweier voneinander abhängiger Datenpunkte (links) MessdatenVisualisierung im Scatter-Plot(rechts).
Bei der Entwicklung von Betriebsmustern zu einer geplanten Anlage muss sichergestellt
werden, dass alle relevanten Abhängigkeiten richtig und vollständig berücksichtigt werden. Hierzu ist die Darstellung in einer Betriebsmustermatrix hilfreich und sinnvoll. Durch
die Verknüpfung der Betriebsmuster in der Matrix sind zusätzliche Kontrollmöglichkeiten
gegeben. (s. Abbildung 4.3).
- 44
-
Die Betriebsmustermatrizen werden andererseits schnell unübersichtlich, wenn zu viele
Datenpunkte abgebildet sind. Letztendlich muss daher eine sinnvolle Auswahl getroffen
werden. Im folgenden werden drei Ansätze für die Bildung von Betriebsmustermatrizen
dargestellt.
Abbildung 4.3 Ausschnitt einer Betriebsmustermatrix einer Lüftungsanlage
- 45
-
4.2
Betriebsmustermatrizen
4.2.1
Herangehensweise
Um den Betrieb einer Anlage oder eines Anlagensystems zu veranschaulichen ist es nicht
notwendig, eher sogar hinderlich, sämtliche möglichen Messwerte oder Stellglieder gegeneinander aufzutragen. Aus den möglichen Datenpunkten müssen die Größen herausgefiltert werden, die entweder
• für die energetische Bewertung relevant sind,
• direkt über die GA geregelt werden oder
• störend auf die geregelte Größe einwirken.
Zudem ist es sinnvoll, die Betriebsmustermatrizen möglichst einheitlich zu gestalten, um
sich schneller darin zurechtzufinden. Zur Systematisierung des Matrix-Aufbaus sind in
OASE II verschiedene Ansätze geprüft worden:
Erstellen einer Betriebsmuster-Matrix:
3 Herangehensweisen
Experimentell
Wärme / Umwälzung
• Vorlauftemperatur
• Rücklauftemperatur
• Massenstrom
Regelungstechnisch
Analytisch
Bedarfsentwicklung
• Anforderung
• physikalische Größe
• messbare Größe
Sollwerte / Sequenzen
• Regelgröße
• Stellgröße
• Störgrößen
W
är100
m
eb75
ed
arf50
Q/
Q, 25
max
[% 0
/]
Vo
lu100
m
en 75
str
o 50
m
VZ 25
∆
U
[% 0
]
j
nein
auf
zu
0
a
Präsenzmelder
Fensterkontakt
25
50
75 100
Luftqualitätssensor
0
25
50
75 100
Volumenstrom VZU [%]
1
-10
0
20
Außentemperatur
0 TAU [°C]
Abbildung 4.4 Wege für die Erstellung von Betriebsmuster-Matrizen in der Planung
Empirischer Ansatz
Die Herangehensweise kann zum einen den Schwerpunkt auf die spätere Überprüfbarkeit
der Muster in der Betriebsdiagnose setzen. Die Erstellung der Soll-Betriebsmuster ergibt
sich aus der empirischen Beobachtung. In der Betriebsmustermatrix müssen dann vorrangig die Datenpunkte aufgenommen werden, die für die energetische Betriebsoptimierung relevant sind. Dies sind in allen Versorgungskreisen immer die Vor- und Rücklauftemperaturen bzw. die Temperaturdifferenz zwischen beiden und der Massenstrom. Diese
Größen sind über die Messdaten der Gebäudeleittechnik gut erfassbar. Der Massenstrom ist zwar nicht immer als Datenpunkt vorhanden, kann aber durch Pumpen und Ven-
- 46
-
tilstellungen näherungsweise nachvollzogen werden. Die Visualisierung der Messdaten
aus bestehenden Objekten kann hier als Vorlage für die Betriebsmuster herangezogen
werden. Der Vorteil ist hier der direkte Bezug zur Fragestellung des Energieverbrauchs
und die leichte Nachprüfbarkeit der Muster im Betrieb mit den Mittel der Betriebsdiagnose.
Analytischer Ansatz
Eine andere Herangehensweise ergibt sich, durch eine planerische Sichtweise und die
Problemstellung, dass die energetisch effektivste Betriebsweise erst entwickelt werden
muss und nicht von vorne herein feststeht. Die Entwicklung der Betriebsmuster kann und
soll hier einen Beitrag dazu leisten, die optimale Betriebsweise während des Planungsprozesses schrittweise zu erarbeiten. Ein optimiertes Betriebskonzept mit den entsprechenden Betriebsmustern kann durch Simulation der Anlage ermittelt werden oder systematisch, den theoretischen Grundlagen entsprechend aufgebaut werden. Für sehr komplexe und innovative Systemen ist sicherlich eine Anlagensimulation der richtige Weg, in
anderen Fällen können die Betriebsmuster mit ausreichend Sachverstand aus den gesetzten Vorgaben und Randbedingungen für die Betriebsweise prognostiziert werden. Eine systematische Vorgehensweise, um Betriebsmuster aus der angesetzten Betriebsweise zu entwickeln, wird im folgenden Kapitel erläutert. Die systematische Entwicklung der
Betriebsmuster erfolgt schrittweise entlang der Bedarfsentwicklung, also von der Nutzenergie zur Erzeugung. In den Betriebsmustern wird dementsprechend jeweils der Aufwand in Abhängigkeit von dem Nutzen dargestellt. Das System wird bei dieser Vorgehensweise zunächst nach thermodynamischen Gesichtspunkten analysiert, die physikalischen Abhängigkeiten werden beschrieben. Vorteil dieser Methode ist, dass die Abhängigkeiten zwischen den Größen physikalisch definiert und die Auswirkungen daher an jeder Stelle nachvollziehbar werden.
Regelungstechnische Ansatz
Eine dritte Herangehensweise ergibt sich aus einer regelungstechnischen Sichtweise.
Entsprechend in der Regeltechnik üblicherweise verwendeten Abhängigkeitsdiarammen
sind hier Stellgrößen über Regelgrößen aufzutragen sowie die Regelgrößen über Störund Führungsgrößen. Vorteil dieser Darstellung ist der direkte Bezug zur Regeltechnik
und zu den umzusetzenden Automationsfunktionen. Allerdings ist die den Regelungstechniker interessierende Abhängigkeit von Stellgröße und Regelgröße im Betriebsmuster
bzw. über die Messwertauswertung nicht aussagekräftig darstellbar, da im funktionierenden Regelkreis die Regelgröße nur minimal vom Sollwert abweicht. Trotzdem müssen aus
den Betriebsmustern die regeltechnischen Abhängigkeiten hervorgehen. (siehe auch Kap.
4.4)
w
z
x
y
Abbildung 4.5 Regelkreis mit Regelgröße x (z.B. Raumtemperatur), Stellgröße y (z.B. Heizventil),
Führungsgröße w (z.B. Solltemperatur); Störgröße z (z.B. Außentemperatur).
- 47
-
Für die Zusammenstellung der Betriebsmustermatrizen haben alle drei Ansätze ihre Berechtigung. Notwendig ist sowohl der analytische Blick auf die physikalischen Abhängigkeiten im System, als auch die Aufbereitung in einer Weise, die zum einen den Planern,
vornehmlich den MSR-Planern, die umzusetzenden Regelstrategien verständlich darstellt,
und zum anderen die Überprüfung in einer Betriebsdiagnose ermöglicht.
Vorgeschlagen wird daher eine Vorgehensweise bei der die Betriebsmuster systematisch
nach dem analytischen Ansatz für das Gesamtsystem erstellt werden und anschließend
eine Auswahl vorgenommen wird die den regelungstechnischen Aspekten weitgehend
genügt, und schwerpunktmäßig energierelevante Datenpunkte erfasst.
Abbildung 4.6 zeigt das Schema einer systematisch aufgebauten Betriebsmustermatrix für
die Dokumentation einer Anlage. Ausgehend von der Analyse des Gesamtsystems und
der Bedarfsentwicklung werden die Betriebsmuster entsprechend der technisch umzusetzenden Regelkreise zusammengestellt. Dabei werden Regelgrößen und Stellgrößen gegenüber den Führungs- oder Störgrößen aufgetragen. Dies entspricht den in der Diagnose vorrangig ausgewerteten Mustern. D.h. am Beispiel einer RLT-Anlage, im Regelkreis
für die Zulufttemperatur werden die Regelgrößen Zulufttemperatur und Zuluftfeuchte und
die Stellgrößen Nacherhitzer- und Kühlregisterventil nach oben aufgetragen. Nach rechts
dagegen die Außentemperatur und Abluftfeuchte als Führungsgrößen, die Temperaturund Feuchte vor dem Kühler (nach Vorerhitzer) als Störgrößen des Regelkreises und ggf.
Zeitfunktionenen oder Belegungsabhängigkeit als "interne" Störgrößen.
Die dargestellte Systematik für die Betriebsmustermatrix ist künftige Arbeitsgrundlage für
die Erstellung von Betriebsmustermatrizen zur Anlagendokumentation, weitere Verbesserungen der Systematik sind durch die Anwendung zu erarbeiten.
Abbildung 4.6 Schema für eine Betriebsmustermatrix
- 48
-
4.2.2
Systematische Entwicklung von Betriebsmustermatrizen in der Planung (Analytischer Ansatz)
Grundprinzip der Vorgehensweise ist die Erstellung der Betriebsmuster entsprechend der
Bedarfsentwicklung als "Bottom-up"-Modell. Ausgehend vom Endprodukt „Nutzen“ wird
die Kette der Nutzenbereitstellung weiterverfolgt bis hin zur Erzeugung. Ausgangspunkt
ist also der Nutzer und seine Anforderungen an die Behaglichkeit und die Funktionalitäten
des Raumes. Über die Nutzungsanforderungen kann zunächst ein Konzept der Übergabesysteme und deren Betrieb erstellt werden. Der resultierende Bedarf der Übergabesysteme stellt wiederum eine Anforderung dar, die das vorgelagerte Verteil- und schließlich
das Erzeugungssystem, bereitstellen muss. Schritt für Schritt wird so das Gesamtsystem
mit seinen Betriebsmustern entwickelt. Die folgenden Schritte sind dabei zu durchlaufen:
1. Bedarfsentwicklung
Anhand der Nutzungsanforderungen wird ein Betriebskonzept für den Raum entwickelt
und die technischen Anlagen und deren Betriebsweise bestimmt.
2. Energetische/thermodynamische Betriebsabhängigkeiten
Hieraus werden die energetischen bzw. thermodynamischen Abhängigkeiten der einzelnen Komponenten und (Teil-) Systeme beschrieben.
3. Anlagentechnische Betriebsabhängigkeiten
Die Betriebsabhängigkeiten aus Schritt 2 werden weiterentwickelt, bis am Ende der
Kette messbare Anlagengrößen stehen.
4. Erstellung der Betriebsmustermatrix
Die Bedarfsentwicklung wird schrittweise in Form von Betriebsmustern dargestellt, die
zu einer kompletten Betriebsmustermatrix zusammengefasst werden. Am Ende ist die
Betriebsmustermatrix auf messbare Größen zu reduzieren.
Anhand eines einfachen Beispiels einer bedarfsgeregelten Lüftungsanlage soll das Vorgehen veranschaulicht werden.
1. Bedarfsentwicklung
Ausgehend von den Nutzungsanforderungen werden passende Übergabesysteme festgelegt und ein Konzept für die Betriebsweise erstellt.
Im Beispiel werden folgende Nutzungsanforderungen an den Raum gestellt (Nutzungstypical):
•
•
•
•
•
Einhaltung einer Mindest-Raumlufttemperatur (z.B. 21 °C)
Einhaltung hoher Raumluftqualität (geringer CO2-Gehalt)
Fensterlüftung möglich
keine Kühlung erforderlich
keine Anforderungen an die Luftfeuchte
Zur Gewährleistung der Vorgaben der Nutzung wird das folgende Anlagenkonzept für
die Systeme der Nutzenübergabe im Raum gewählt (Raumtypical):
- 49
-
• Zuluftanlage mit bedarfsabhängigen Volumenstrom - Zulufterwärmung
• statisches Heizsystem
Mit der Wahl des Anlagensystems wird gleichzeitig eine Betriebsstrategie festgelegt. Im
Beispiel wird nur der Betrieb der Lüftungsanlage weiterverfolgt. Folgendes Betriebskonzept wird für die Lüftung angesetzt:
•
•
•
•
•
Zulufterwärmung auf konstante Zulufttemperatur
Regelung des Volumenstroms nach der Raumluftqualität ( Luftqualitätssensor)
Einhaltung eines Mindestvolumenstrom
Betrieb nur während der Nutzungszeit ( Präsenzmelder)
Kein Betrieb bei geöffnetem Fenster ( Fensterkontakt)
Das Betriebskonzept beinhaltet also die Regelung des Luftvolumenstroms der Lüftungsanlage in Abhängigkeit der Präsenz, der Fensteröffnung und der Raumluftqualität. Der
Luftvolumenstrom stellt zwei physikalische Anforderungen an die Lüftungsanlage: den Volumenstrom zur Aufrechterhaltung der Luftqualität und den Wärmebedarf zur Erwärmung
des zugeführten Luftvolumens.
.
VZU
RLT-Anlage
.
QZU
.
QH
Lq
Pr
Fe
statisches
Heizsystem
T
.
.
.
Abbildung 4.7 Anforderungen des Raums (Luftvolumenstrom VZU und Wärme QZU,QH ) an die nachgeschalteten Systeme (Lüftungsanlage und statisches Heizsystem). Und die Sensoren im Raum
(Luftqualitätssensor Lq, Präsenzmelder Pr, Fensterkontakt Fe, Temperatursensor T)
2. Energetische/thermodynamische Betriebsabhängigkeiten
Der Volumenstrom bildet eine Schnittstelle zwischen dem Raum und der nachgeschalteten Anlagenkomponente „Ventilator“. Abhängig von der vorgegebenen Zulufttemperatur,
der Außenlufttemperatur und dem Luftvolumenstrom ergibt sich die Wärmeanforderung
an die Zuluft. Die Wärmeanforderung bildet wiederum die Schnittstelle zur Anlagenkomponente „Heizregister“.
Abbildung 4.8 stellt die thermodynamischen Abhängigkeiten dar.
- 50
-
Außentemperatur
TAU
Zulufttemperatur
TZU (konst.)
Belegung
ja/nein
Wärmeleistung
QZU
Luftqualität
gut/schlecht
Fenster
auf/zu
Volumenstrom
VZU
Abbildung 4.8 Physikalische Anforderungen an die Lüftungsanlage in Abhängigkeit des
Raums
3. Anlagentechnische Betriebsabhängigkeiten
Mit Schritt zwei wurden die Abhängigkeiten des von der Lüftungsanlage zu deckenden
Bedarfs definiert. Nun ist die Funktionsweise der einzelnen Anlagenkomponenten in Abhängigkeit des Bedarfs zu bestimmen. Zur Steuerung der Anlage sind verschiedene Varianten denkbar. Zielstellung der OASE-Betriebsprognose ist es für unterschiedliche Anlagen- und Betriebsvarianten möglichst standardisierte Betriebsmuster (Typicals) vorzuhalten, die dann der jeweiligen Raumanforderung angepasst werden. Im Beispiel wird eine
Variante mit frequenzgeregelten Ventilator betrachtet. Das Heizregister wird über eine
Beimischschaltung geregelt (s. Abbildung 4.9).
Raum
TAU
TZU
Lq
Pr
Fe
PU
M
T
FU
Abbildung 4.9 Anlagenschema der Lüftungsanlage
Abbildung 4.10 zeigt die Abhängigkeiten für den Betrieb der Lüftungsanlage. Die Endpunkte im
Flussdiagramm sind die Stellglieder der Anlagenregelung.
- 51
-
Außentemperatur
TAU
Zulufttemperatur
TZU (konst.)
Belegung
ja/nein
Wärmeleistung
QZU
Massenstrom Heizwasser
mVL (konst.)
Pumpe
an/aus
Luftqualität
gut/schlecht
Fenster
auf/zu
Volumenstrom
VZU
Temperatur Heizwasser
TVL
Mischverhältnis
mVL : mRL
Drehzahl Ventilator
nVent.
Frequenzumrichter
FUVent
Ventilhub
H [%]
Abbildung 4.10 Darstellung der Abhängigkeiten des Lüftungsanlagenbetriebs im Flussdiagramm
4. Erstellung der Betriebsmustermatrix
Die Betriebsmuster der Anlage werden nun dem Flussdiagramm (Abbildung 4.10) entsprechend schrittweise entwickelt. In der ersten Stufe wird die Abhängigkeit des Volumenstroms von den Raumparametern dargestellt. Vereinbarungsgemäß werden in den
Betriebsmustern jeweils die Bedarfsgrößen nach rechts aufgetragen (Abszisse), der daraus resultierende Aufwand nach oben (Ordinate).
Im zweiten Schritt werden die Betriebsmuster erweitert. Für die Volumenstromregelung ist
zunächst die Drehzahl in Abhängigkeit des Volumenstroms, anschließend das Frequenzwandlersignals in Abhängigkeit der Drehzahl zu ergänzen (nicht dargestellt). In Abbildung
4.12 wird die Kette der Wärmeübergabe weiterverfolgt. Der Volumenstrom wird dabei als
Bedarfsgröße in die Abszisse übernommen und zunächst der Wärmebedarf in Abhängigkeit von Volumenstrom und Außentemperatur dargestellt. In Abbildung 4.12 sind zusätzlich Hilfslinien zum besseren Verständnis eingezeichnet. Die Hilfsgrößen, beispielsweise
die minimale Zulufttemperatur, sind auch wichtig, um einen Überblick über die Auswirkungen veränderter Ausgangswerte zu erhalten.
- 52
-
Abbildung 4.11 Betriebsmuster der Volumenstromregelung (Raumbedarf); an den Achsen ist zusätzlich jeweils der Wertebereich aufgetragen
Der Wärmebedarf ist nun wiederum Ausgangsgröße für den Massenstrom und die Vorlauftemperatur des Heizregisters (Abbildung 4.13). Im nächsten Schritt ist dann ausgehend von der Vorlauftemperatur das notwendige Beimischverhältnis und anschließend der
Ventilhub des Mischventils zu ergänzen (nicht dargestellt).
Auf diese Weise entstehen schnell sehr große Matrizen. Die für Planung und Betrieb relevanten Betriebsmuster müssen daraus noch extrahiert werden. Hilfsgrößen die später
nicht als Mess- oder Regelsignal zur Verfügung stehen, beispielsweise der Massenstrom
(sofern kein Messgerät vorgesehen ist) oder das Vorlauf-Rücklauf-Mischverhältnis sind zu
entfernen.
Mindestvolumenstrom
minimale
Zulufttemperatur
-15°C
75
Heizwärme Q/ Q
100% VZU
75%
,max
[%]
100
0°C
50
50%
25%
25
15°C
0
Volumenstrom VZU [%]
100
75
50
25
0
nein
j
a
Präsenzmelder
auf
zu
Fensterkontakt
0
25
50
75
100
Luftqualitätssensor
0
Zuluft
25
50
75
100
-Volumenstrom VZU [%]
-10
0
10
20
Außenlufttemperatur TAU [°C]
Abbildung 4.12 Betriebsmustermatrix – Wärmebedarf der Lüftungsanlage
- 53
-
Weitere wichtige Informationen zur Anlagenbeschreibung, die zur Matrix ergänzt werden
sollten sind der Zeitplan sowie die Häufigkeiten der Betriebszustände für jede Größe. Die
Häufigkeitsverteilungen sind wichtig für die Beurteilung der energetischen Relevanz der
dargestellten Betriebszustände. Da jeder Häufigkeitsklasse ein Energiebedarf zugeordnet
werden kann, kann hieraus eine Methode zur Abschätzung von Energieeinsparpotentialen
abgeleitet werden.
Abbildung 4.13: Betriebsmustermatrix – Regelung der Wärmeübergabe in der Lüftungsanlage
- 54
-
4.2.3 Praktische Umsetzung im Bestandsgebäude
Im Rahmen des Demonstrationsprojekts "Bürogebäude 1", das über längere Zeit begleitet
wurde, sind Betriebsmustermatrizen für das gesamte untersuchte Anlagensystem erstellt
worden. Die Muster sind im Anhang zusammengestellt. Die Vorgehensweise war hierbei
prinzipiell wie oben beschreiben, entlang der Bedarfsentwicklung, also ausgehend von der
Nutzenanforderung.
Anders als bei der Neuplanung sind jedoch im Bestand durch die vorhandene Anlagenund Regeltechnik bereits viele Einschränkungen der möglichen Betriebsführung gegeben.
Bei jedem Schritt muss daher der vorhandene Sollbetrieb berücksichtigt werden bzw.
muss die Umsetzbarkeit im vorhandenen System hinterfragt werden. Um mit den Betriebsmustern passende Mustervorlagen für die Betriebsdiagnose bereit zu stellen, wurde
bei der Erstellung der Betriebsmustermatrizen besonderer Augenmerk auf die folgenden
Gesichtspunkte gelegt:
•
•
•
•
•
bestehende Regelkreise
bestehende Sollwertvorgaben
akzeptable Toleranzbereiche
Leistungsgrenzen der Komponenten
Häufigkeiten und Wertebereiche von Außentemperaturen und -feuchten
Die Betriebsmustermatrizen sind entsprechend der bestehenden Regelkreise zusammengestellt und jeweils Regelgrößen, Stellglieder und Störgrößen aufgetragen. Bei der Betriebsmusterentwicklung wurden z.T. zusätzliche Größen mitbetrachtet, für die jedoch kein
Messsignal vorliegt, die daher größtenteils nicht in die im Anhang gezeigte Fassung der
Muster enthalten sind. Die folgenden Systeme sind dargstellt:
•
•
•
•
•
•
•
Raumregelung
Luftaufbereitung (exemplarisch eine RLT-Anlage)
Heizungsverteilung (vier Verteilkreise)
Wärmebereitstellung (Fernwärmeübergabe)
Kühlkreise (Kühldecken, RLT-Kühlregister, Umluftkühlung)
Kältebereitstellung
Rückkühlung
Ausgangspunkt für die Entwicklung der Betriebsmustermatrizen sind Grundannahmen
über bestimmte Randbedingungen, wie beispielsweise mögliche Außenluftzustände und
mögliche Raumzustände. Für die richtige Wiedergabe der Luftaufbereitung ist auch der
Zusammenhang zwischen Luftfeuchte und Temperatur entscheidend. In Abbildung 4.14
sind die zugrunde gelegten Wertebereiche für Temperatur und Luftfeuchte dargestellt.
Abbildung 4.16 zeigt als Beispiel die Betriebsmustermatrix für die erste Stufe der Luftbehandlung in der betrachteten RLT-Anlage, einen Rotationswärmetauscher (Enthalphierotor). In der Bestandsanlage ist die folgende Regelstrategie umgesetzt:
- 55
-
Abbildung 4.14: Zugrundegelegter Bereich der Außenluft- und der Abluftzustände
Die Drehzahl des Rotors wird in Sequenz mit dem (nachgeschalteten) Vorerhitzer geregelt. Regelgröße ist hierbei die Temperatur nach dem Vorerhitzer. Der Sollwert beträgt
18°C. Überschreitet die Außentemperatur 14°C stoppt der Rotor und Bypassklappen öffnen sich, so dass die Luft den Rotor umgehen kann. Hierdurch wird verhindert, dass der
Rotor in einem ineffizienten Leistungsbereich noch betrieben wird (mit dem Nachteil, dass
der Vorerhitzer dann die Temperaturerhöhung bis zum Sollwert übernimmt.) Unterschreitet die Außentemperatur 12°C schließen sich die Klappen und der Rotor startet wieder.
Oberhalb einer Außentemperatur von 20°C wird der Rotor zur Kälterückgewinnung betrieben, falls die Ablufttemperatur geringer als die Außenlufttemperatur ist.
Einflussgrößen auf die Wirkung der Wärmerückgewinnung sind sowohl die Außenluft mit
Temperatur und Feuchte als auch die Ablufttemperatur und –feuchte. Zusätzliche zu deren Abhängigkeiten (Abbildung 4.14) muss zur Erstellung der Betriebsmustermatrix auch
die Charakteristik des Rotationswärmetausches bekannt sein, beispielsweise die Abhängigkeit der Rückwärme- und Rückfeuchtezahl von der Rotordrehzahl (Abbildung 4.15).
Die in Abbildung 4.16 dargestellte Matrix gibt die physikalische Wirkung der Komponente
Wärmerückgewinnung wieder. Die dargestellten Größen Temperatur und Feuchte nach
der Wärmerückgewinnung sind in der bestehenden Anlage nicht über die GA erfasst, für
die Beschreibung des Anlagenverhaltens und die Überprüfbarkeit mit den Mitteln der Betriebsdiagnose sind sie daher zweitrangig. Aus den komponentenweise erstellten Betriebsmustermatrizen werden daher anschließend die Muster so zusammengestellt, dass
sie den realisierten Regelkreisen entsprechen. Im Falle des Regelkreises dieses Lüftungsanlage heißt dies, die Regelgröße Zulufttemperatur und Stellgrößen Bypassklappen,
Rotordrehzahl und Ventilstellung des Vorerhitzers werden in die Betriebsmustermatrix
übernommen und jeweils in Abhängigkeit von Temperatur und -feuchte der Abluft und der
Außenluft dargestellt (siehe Betriebsmustermatrizen im Anhang).
Abbildung 4.15: Regelcharakteristik eines Rotationswärmetauschers (nach Herstellerangaben)
- 56
-
Abbildung 4.16 Betriebsmustermatrix der Wärmerückgewinnung einer RLT-Anlage (Bestand)
- 57
-
Zusätzlich wurde in die Betriebsmustermatrizen zur Überprüfung der Betriebszeiten auch
die Zeitabhängigkeit dargestellt und diese ergänzt durch Wochenpläne in der Carpet-PlotDarstellung und ein prinzipielles Regelschema. Zukünftig könnten derartige Betriebsmustermatrizen die bisherige Anlagendokumentation mit Anlagenbeschreibung und/oder Anlagenschema ausgestalten (z.B. entsprechend Abbildung 4.23).
Im bestehenden Projekt kann mit Hilfe der erstellten Betriebsmustermatrizen eine schnelle
Betriebsüberprüfung durchgeführt werden. Weitere Optimierungsmaßnahmen können auf
Basis der bestehenden Betriebsmuster dargstellt und die Auswirkung verdeutlicht werden.
Für neue Projekte müssen die Muster entsprechend angepasst werden.
- 58
-
4.3
Betriebsmuster und Typicals
Typicals werden heute immer mehr in vielen Bereichen der Planung eingesetzt. Ein Typical ist dabei immer als eine Zusammenstellung bestimmter typischer Merkmalen zu verstehen. In Bezug auf Gebäude und Gebäudetechnik können dies die technischen Ausstattungsmerkmale eines Raumes oder die Funktionen einer technischen Anlage sein. Diese
Merkmale können tabellarisch zusammengefasst sein. Den entscheidenden Vorteil in der
Planung entwickeln sie aber durch die grafische Darstellung. Durch die Visualisierung der
Typicals als Grafik werden sie zu einer anschauliche Grundlage für Entscheidungen, die
zwischen Bauherrn und Planer getroffen werden müssen. Die Typicals führen dabei durch
den Entscheidungsprozess, indem sie vorgeben welche Eigenschaften festgelegt werden
müssen. Durch vordefinierte Typicals wird dabei eine Diskussionsgrundlage geschaffen.
Auf der Basis der Darstellung verschiedener typischer System-Varianten können Wünsche und Ziele des Bauherrn konkretisiert und mit den technischen Möglichkeiten abgeglichen werden.
Vordefinierten Typicals dienen auch unabhängig von der konkreten Planung als Basis für
Berechnungen und Simulationen angestellt werden, die beispielsweise Energiekenndaten
liefern. Typische Energiekennwerte für verschiedene Systemzusammenstellungen können
so definiert werden und wiederum, den Entscheidungsprozess in der Planung maßgeblich
unterstützen.
Die in den Typicals erfassten Merkmale bilden die statischen Eigenschaften eines Systems ab. Die Betriebsmuster berücksichtigen zusätzliche die zeitliche Änderung der Gebäude- oder Systemeigenschaften. Durch die Verknüpfung von Typicals und Betriebsmustern kann somit eine mehr oder weniger vollständige, typisierte Beschreibung des
Systems "Gebäude" erfolgen. Die Einbindung der Betriebsmuster in die Planung mit Typicals ist ein entscheidender Schritt zur Sicherung der funktionalen Qualitäten des Gebäudes.
Die Typicals bilden jeweils ein Teilsystem ab so können Nutzungstypicals, Fassadentypicals, Raumtypicals, Anlagentypicals usw. definiert werden. Wesentlich dabei sind definierte Schnittstellen zwischen den Typicals. Durch die Angabe möglicher Verknüpfungen
zwischen den Teilsystemen (Nutzung Raum Anlage) kann bereits eine Vorauswahl
sinnvoll zusammengestellter "Gesamtsysteme" entstehen.
Nutzungstypicals
Der erste Schritt in der Planung beginnt mit der Festlegung der Nutzungsanforderungen.
Hierzu bilden Nutzungstypicals eine Entscheidungsgrundlage. In den Nutzungstypicals
werden die wesentlichen Merkmale der Nutzung, die Anforderungen an die Behaglichkeit,
an die Akustik und an Licht, zusammengefasst, aber auch die Lasten die durch die Nutzung an den Raum abgegeben werden. Die für die energetische Betrachtung relevanten
Nutzungsmerkmale sind:
•
•
•
•
•
Art der Nutzung
Raumtemperatur
Luftqualität
Raumfeuchte
Beleuchtungsstärke
- 59
-
• Personenbelegung
• Ausstattung mit technischen Geräten (interne Lasten)
• Nutzungszeiten
Nutzungstypicals oder standardisierte Nutzungsprofile finden immer mehr Anwendung
auch in normierten Verfahren zur Berechnung des Energiebedarfs, wie beispielsweise in
der DIN V 18599-10. Der Bedarf an typisierten Nutzungsanforderungen spiegelt sich auch
in verschiedenen neueren Normen, die eine Klassifizierung der Behaglichkeitsanforderungen vornehmen, wie die EN 15251, EN 13779 und EN ISO 7730.
Aufenthalt Nichtraucher
[°C]
ζR
[%]
spez. LM
[m³/h*Pers]
Pers.-Dichte
[Pers/m²]
spez. LM
[m³/h*m²]
tR
Winter / Sommer
20 / max. 26
ungeregelt / 30-60
29
0.69
20
Qualität RAL
[-]
3
Qualität ZUL
[-]
2
Qualität ABL
Lp,Raum
[-]
1
[dB(A)]
45
Aufenthalt Raucher
[°C]
ζR
[%]
spez. LM
[m³/h*Pers]
tR
Winter / Sommer
20 / max. 26
ungeregelt / 30-60
58
Pers.-Dichte
[Pers/m²]
0.69
spez. LM
[m³/h*m²]
40
Qualität RAL
[-]
3
Qualität ZUL
[-]
1
Qualität ABL
Lp,Raum
[-]
2
[dB(A)]
45
Abbildung 4.17 Beispiele für projektspezifische Nutzungstypicals in tabellarischer Form
Abbildung 4.18 Darstellung der Nutzungsanforderung im Betriebsmuster am Beispiel einer nach
der Außentemperatur gleitenden Raumtemperatur.
In der Regel werden diese Merkmale mit statischen Eigenschaften belegt. Ein erster
Schritt den Betrieb zu berücksichtigen ist beispielsweise die Raumtemperatur in Abhängigkeit der Außentemperatur vorzugeben. Ein Betriebsmuster dient dabei wiederum der
Visualisierung.
- 60
-
Raumtypicals
Im hier verwendeten Zusammenhang wird ein Raumtypical definiert als die Gesamtheit
der betriebstechnisch relevanten Anlagen des Raumes:
• Heizung
• Kühlung
• Lüftung
• Beleuchtung
• Sonnenschutz
•
Für ein Raumtypical muss nicht nur die Art der verwendeten Raumsysteme definiert werden sondern auch die Anforderungen an die Systeme, also die Lasten, die die Systeme
decken sollen: Die folgenden Merkmale sind festzulegen:
•
•
•
•
•
•
•
Art der Nutzung (Nutzungstypical)
Fassadenausführung (Fassadentypical)
Bauausführung
Wärmeübergabe an den Raum
Kälteübergabe an den Raum
Belüftungsart
Beleuchtung
Das Raumtypical beinhaltet damit z.B. die Nutzungstypicals bzw. verknüpft sie mit dem
Raum. Der Raum bildet daher die Schnittstelle zwischen Nutzung, Bau und Anlagensystem. Das Raumtypical nimmt damit eine zentrale Stellung in der Anlagenkonzeption ein.
Das Ziel der Betriebsprognose ist es nun für jedes System nicht nur die Art des Systems
sondern auch die Betriebsweise zu definieren. Jedes Raumtypical ist dann durch eine typische Ausstattung an betriebstechnischen Anlagen (statische Eigenschaft) und deren
Betriebsweise (dynamische Eigenschaft) gekennzeichnet.
Raumtypicals eignen sich ausgezeichnet als Hilfsmittel der Planung. Die "typischen Räume" können grafisch sehr anschaulich dargestellt werden und dienen so als Mustervorlage und erleichtern die Kommunikation zwischen Planer und Nutzern (resp. Bauherrn).
Sinnvollerweise sollten die Typical-Grafiken durch eine textliche Beschreibung mit Vorund Nachteilen der jeweiligen Konfiguration ergänzt sein. Insbesondere in Verbindung mit
Betriebsmustern ist die Integration funktionaler Sichtweisen in den Planungsprozess gegeben. Die Betriebsführung der Raumsysteme ist letztendlich ausschlaggebend für die
Einhaltung der Nutzungsanforderungen im Raum.
- 61
-
Abbildung 4.19 Zuordnung von Raumtypicals zu Nutzungszonen im Gebäude
Die dem Raumtypicals zugeordneten Betriebsfunktionen bedingen wiederum Vorgaben
für die weitere Konzeption der Wärme- und Kälteerzeugung Anlage. Die definierten Betriebsfunktionen dienen, veranschaulicht als Betriebsmuster, in der späteren Nutzungsphase auch dem Vergleich mit den tatsächlichen Betriebsdaten in der Betriebsdiagnose.
Die mit den Raumtypicals getroffenen Spezifikationen bilden gleichzeitig die Basis für ein
Raumbuch und stehen damit im Betrieb für das FM oder für spätere Umplanungen zur
Verfügung.
Im Rahmen von OASE II wurden einzelne Raumtypicals mit unterschiedlichen Automationsfunktionen definiert und deren Betriebsmuster ermittelt. Durch dynamische Simulationen (TRNSYS) wurden im Beispiel die Sollwerte der Regelcharakteristiken optimiert.
Abbildung 4.20 zeigt als Beispiel einen stark automatisierten Raum mit Heiz und Kühlsystem sowie bedarfgeregelter Lüftung und Beleuchtung (siehe auch 4.6.1).
- 62
-
Abbildung 4.20 Raumtypical eines stark automatisierten Raums mit Heiz-, Kühl- und Lüftungsfunktion sowie automatischer Beleuchtungssteuerung; ausgewählte Betriebsmuster (Kaltwasserstrom
gegenüber Präsenzmelder, Fensterstellung, Raumtemperatur). [15]
In den Betriebsmustern können zum einen zeitliche Vorgaben dargestellt werden, die später in Carpet-Plots überprüft werden, zum anderen die Abhängigkeiten verschiedener Datenpunkte voneinander, die sich anschließend in Scatter-Plots aufzeigen lassen. Die –
zumindest qualitative – Festlegung der späteren Betriebsweise und daraus die Ableitung
der Abhängigkeiten der später im Betrieb überprüfbaren Stell- und Messgrößen wird damit
zum expliziten Planungsinhalt.
- 63
-
Anlagentypicals
Anlagentypicals untergliedern sich in typische Konfigurationen der Verteilkreise (Beimischschaltung; Drosselschaltung; geregelte/ungeregelte Pumpen), der zentralen Luftaufbereitung (entsprechend der Komponenten) und der Wärme und Kälteerzeugung.
Auch hier gelten die genannten Vorteile der Typicals:
•
•
•
•
Vereinfachung der Entscheidungsfindung durch Visualisierung,
Vereinfachung der Planung durch vorkonfigurierte Teilsysteme,
Vereinfachung durch sinnvoll vorgegebene Kombinationen,
mögliche Verknüpfung mit effizientem Betriebskonzept.
Typicals der Luftaufbereitung lassen sich beispielsweise in Anlehnung an die Klassifikationen der EN 13779 erstellen. Abbildung 4.21 zeigt als Beispiel das Typical einer Vollklimaanlage in Verbindung mit einem passenden Raumtypical.
PKV
ZU
ZU
AB
Statische Heizung für
Transmissionswärmeverluste
Fortluft
M
M
Abluft
M
Außenluft
M
AF
4
Zuluft
Abbildung 4.21 Anlagentypical einer Lüftungsanlage in Verbindung mit dem passenden
Raumtypical.
Typicals finden in der Planung zwar immer mehr Verwendung, die Einbeziehung von Betriebsoptionen ist allerdings bisher nicht üblich. Weitere Entwicklungs- und Forschungsarbeit ist hier notwendig, um hier die Verknüpfungen zwischen Systemen, Betriebsweisen
und Energieeffizienz zu schaffen. Wie zukünftig eine Anlagendokumentation aussehen
könnte in die die Betriebsprognose und die Visualisierung über Typicals Eingang gefunden haben zeigt Abbildung 4.23.
- 64
-
Abbildung 4.22 Zwei Anlagentypicals für die Versorgung mit Grundwassernutzung.
- 65
-
Funktionale Beschreibung
3
RLT-Anlage - Vollklima mit Rotationswärmetauscher
Funktionale Beschreibung
2
RLT-Anlage - Vollklima mit Rotationswärmetauscher
Funktionale Beschreibung
Raumfunktionalität – Büro Standard A+
1
0
4
8
12
16
20
24
Mo Di Mi Do Fr Sa So
TAAUU [°C]
TAU
A U [°C]
40
1
10
0
0
-10
-20
-10
-20
0
50
100 mVL, RReg.1
eg.1 [%]
-20
60 65 70 75 80 85 90 TV L, Reg.2
Reg.2 [°C]
TZU [°C]
TZU [°C]
24
24
23
23
22
22
21
21
20
20
0
50
100 mVL, R
[%]
Reg.2
eg.2
T ZU [°C]
24
23
22
21
20
19
19
19
18
18
VZU [%]
VZU [%]
V ZU [%]
[% ]
100
20
0
0
14 18 22 26 30 34 38 TVL, R eg.1 [°C]
40
20
20
0
60
40
40
20
80
60
60
40
0
50
[
%
0
60 65 70 75 80 85 90 TVL, R eg.2 [°C]
100 m
mVL, R eg.1 [%]
]
10 20 30 40 TAU [°C]
100
80
80
60
-20 -10 0
V ZU [%]
100
100
80
18
60 65 70 75 80 85 90 TVL , Reg.2 [°C]
14 18 22 26 30 34 38 TVL , Reg.1 [°C]
3
20
10
0
-10
14 18 22 26 30 34 38 TV L, Reg.1
Reg.1 [°C]
30
20
10
0
40
30
20
10
TAU
A U [°C]
40
30
20
-20
2
TAAUU [°C]
40
30
-10
0
50
100 mVL, R eg.2 [%]
HMischventil, R eg.2 [%]
E
100
80
60
40
20
0
60 65 70 75 80 85 90 TVL, R eg.2 [°C]
[
°
C
]
mVL, RReg.1
eg.1 [%]
100
0
B
50
0
0
4
8
A
B
50
C
100 m VL, Reg
Reg 2
. [%]
D
1
12
16
20
24
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Abbildung 4.23 Dokumentation der Betriebsprognose als funktionale Beschreibung auf Basis von
Raum- und Anlagen-Typicals
- 66
-
Betriebsmuster und Abhängigkeitsdiagramme
Abhängigkeitsdiagramme in der Regeltechnik stellen in der Regel die Stellgröße, die der
Regler ausgibt, in Abhängigkeit der Abweichung der Regelgröße vom Sollwert dar. Ziel
der Regelung ist es den Sollwert einzustellen, in einem richtig ausgelegten Regelkreis ist
daher die Abweichung vom Sollwert minimal. In der Betriebsdiagnose ist die Einhaltung
des Sollwerts gut nachweisbar, in dem die Messwerte nur eine geringe Streuung um den
Sollwert aufweisen. Die tatsächliche regeltechnische Abhängigkeit ist meist in der Betriebsdiagnose nicht sichtbar, da hierzu die Abweichung vom Sollwert zu gering ist bzw.
die Streuung der Messwerte zu groß ist. Die Betriebsdiagnose bzw. die Prognose zielt
auch mehr auf die Optimierung der Sollwerte als auf die Optimierung des Regelkreises.
Zur Umsetzung der in der Betriebsprognose entwickelten Betriebsstrategien ist es aber
notwendig die Betriebsmuster in übliche regeltechnische Abbildungen zu übersetzten.
Am Beispiel einer Regelsequenz einer Lüftungsanlage ist in Abbildung 4.24 der Zusammenhang des Abhängigkeitsdiagramms aus der Regelungstechnik mit den beobachtbaren
Abhängigkeitsdiagrammen (Betriebsmustern) der Betriebsprognose dargestellt. Die Betriebsprognose, die in der Planung die Betriebsmuster vorgibt muss immer auch eine derartige Umsetzung der Darstellungsform beinhalten.
HLH HWRG
HWRG
HLK
Lufterhitzer - Regelventil [%]
Sollwert
Totzone
∆T
WRG -Drehzahl [%]
WRG -Drehzahl [%]
Zulufttemperatur T ZU[°C]
Zulufttemperatur T ZU[°C]
RegelSequenz
Lufterhitzer - Regelventil [%]
Zulufttemperatur T ZU[°C]
Luftkühler - Regelventil [%]
Luftkühler - Regelventil [%]
Luftkühler - Regelventil [%]
4.4
Lufterhitzer - Regelventil [%]
WRG -Drehzahl [%]
Abbildung 4.24 Darstellung einer Regelsequenz in der Regeltechnik (oben) und in der Betriebsmustermatrix. Dargestellt ist die Regelsequenz von Lufterhitzer, Kühler und Rotationswärmetauscher einer Lüftungsanlage.
- 67
-
4.5
Energiebedarfsberechnungen
Um die Betriebsweise geplanter Anlagen energetisch zu optimieren ist die Quantifizierung
des Energiebedarfs notwendig. Zur Berechnung des Energiebedarfs für Heizen, Kühlen
oder Lüftung stehen verschiedene Berechnungsalgorithmen aus Richtlinien und Normen
zur Verfügung, zu nennen sind hier die VDI 2067 [16],[17], DIN 4107-10 [18] zur Berechnung des Heizenergiebedarfs und die DIN V 18599 [19]. Allen diesen Berechnungsvorschriften ist gemein, dass sie viele Vereinfachungen enthalten und oft Betriebsparameter
bereits vorausgesetzt sind oder die Auswahl durch Kennwerte und vorgegebene Faktoren
stark eingeschränkt sind. Eine Optimierung ist auf Basis der vereinfachten Berechnungen
nur eingeschränkt möglich, hier muss in aller Regel auf Simulationsprogramme zurückgegriffen werden.
Die vereinfachten Berechnungsverfahren spielen in der Betriebsprognose dennoch eine
Rolle: einmal zur groben Abschätzung der Einsparungen in bestehenden Gebäuden zum
anderen durch die in der Planung erforderlichen genehmigungsrechtlichen Nachweise.
Insbesondere spielt hier die in der DIN V 18599 eine Rolle, die seit Oktober 2007 für
Nichtwohngebäude Grundlage des nach EnEV geforderten Nachweises des Gesamtprimärenergiebedarfs ist [14]. Da die Berechnung nach DIN V 18599 für zu errichtende Gebäude in jedem Fall durchgeführt werden muss, bietet sich an verbesserte Varianten der
Betriebsführung ebenso nach diesem Bewertungsverfahren darzustellen. Im Rahmen einer Diplomarbeit in OASE II wurde untersucht inwieweit Betriebsführung und Regelstrategien mit der Norm bewertet werden können [20].
Während das Nachweisverfahren nach EnEV prinzipiell darauf ausgelegt ist Bau und Anlagentechnik, sozusagen die "Hardware" eines Gebäudes, zu bewerten, und die "weichen
Faktoren" wie die Nutzung und die leicht veränderbaren Parameter des Anlagenbetriebs
größtenteils fest vorgibt, bietet das Rechenverfahren der Norm darüber hinaus diverse
Möglichkeiten die Nutzungs- und Anlagenparameter zu variieren und damit in die energetische Bewertung mit einzubeziehen. In fast jeder Gleichung der Norm steckt auch ein Parameter der die Anlagenregelung oder den Betrieb betrifft. In erster Linie sind dies:
•
•
•
•
Temperaturen
Betriebszeiten
Betriebsperioden (z.B. ganzjährig/saisonale Abschaltung/ bedarfsgesteuert)
Arten der Teillastregelung
Feinheiten der Temperaturregelung wie beispielsweise genaue Einstellung einer Außentemperatur-geführten Regelung können mit dem Normrechenverfahren nicht abgebildet
werden.
In Tabelle 4.1 sind einige Beispiele für die nach dem Verfahren der DIN V 18599 berechneten Energieeinsparungen herausgegriffen. Die Berechnungen wurden mit dem am
Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) im Auftrag des BBR entwickelten EXCELBerechnungstool [21] durchgeführt. Das zu Grunde gelegte Beispielgebäude ist auch
Grundlage der Berechnungsbeispiele im geplanten Beiblatt zur Norm ist. Dabei handelt es
sich um ein beheiztes, teilgekühltes Bürogebäude mit 8 Nutzungszonen, darunter auch
Kantine und Küche. Der Endenergiebedarf bei einer Fläche von rund 7000 m² beträgt im
Ausgangsfall ca. 500 MWh (Erdgas) für die Heizung und ca. 100 MWh (Strom) für Kühlung, Lüftung und Hilfsenergien. Eine ausführliche Beschreibung des Gebäudes findet
sich in [22].
- 68
-
Einsparung Endenergie
- Gas -
Einsparung Endenergie
- Strom -
Reduzierung der Anlagenbetriebszeit
RLT und Kühlung um 1 h
5 MWh
6 MWh
Reduzierung der Anlagenbetriebszeit
Heizung um 1 h
2 MWh (0,4%)
0,1 MWh (0,1%)
Nacht- und Wochenendabschaltung
statt Absenkbetrieb
38 MWh
(7%)
0,5 MWh (0,5%)
Senken der Zulufttemperatur in den
gekühlten Zonen von 20°C auf 18°C
19 MWh
(4%)
2 MWh
(2%)
Sollwert für die Zuluftfeuchte bei Befeuchtung von 8g/kg auf 6g/kg senken
----
----
8 MWh
(8%)
Verwendung geregelter Pumpen im
Kaltwasserkreislauf (gegenüber ungeregelten Pumpen)
----
----
3,5 MWh
Regelung Kältemaschine (Kolben/Scrollverdichter) vierstufig gegenüber einstufig
----
----
5 MWh
(1%)
(6%)
(Sprühbefeuchter)
(4%)
(1%)
Tabelle 4.1 Einsparpotentiale für verschiedene Maßnahmen nach DIN V 18599. Berechnungen
gelten für Beispielgebäude. Einsparungen bezogen auf 508 MWh Erdgas bzw. 97 MWh Strom.
[20]
Weitere Berechnungen wurden mit der Software IBP:18599 [23] durchgeführt. Die Ergebnisse sind jedoch noch mit Unsicherheiten belastet, da die Software zum Zeitpunkt der
Berechnungen noch nicht ausreichend validiert war.
Die in Tabelle 4.1 genannten Einsparpotentiale gelten für das spezielle Gebäude mit den
dort vorgesehenen Nutzungen und Konditionierungen. Die Ergebnisse dieses bisher noch
wenig erprobten Rechenverfahrens müssen noch durch weitere Berechnungen, Simulationen und Erfahrungen aus der Praxis gestützt werden. Auch fehlen noch entsprechende
Softwarelösungen, die eine freie Parameterwahl zulassen. Derzeit sind die Variationsmöglichkeiten durch die Software an vielen Stellen beschränkt. Beispielsweise kann bisher (in den getesteten Softwarepaketen) für Lüftung und Kühlung nur eine gemeinsame
Betriebszeit eingestellt werden, was Systemen mit Kühldecken nicht gerecht wird.
Zielvorstellung der weiteren Entwicklung der Betriebsprognose ist ein typicalbasierter
Maßnahmenkatalog der energetische Kennwerte sowohl aus Simulationen als auch nach
dem normierten Verfahren enthält.
- 69
-
4.6
Simulation
Bereits in der ersten Phase von OASE wurden verschiedene Anlagen-Modelle entwickelt.
Als sinnvolle Simulationsumgebungen haben sich MATLAB/SIMULINK und TRNSYS herausgestellt. Da beide Simulationsprogramme gekoppelt werden können, können so die
Stärken beider Programme genutzt werden. Die Erstellung der Modelle und Verwendung
der Simulationstools in OASE ist ausführlich in [1] beschrieben. Im folgenden ist die Weiterentwicklung der Simulationsmodelle in OASE II dargestellt.
4.6.1
Raumsimulation
Das folgende Beispiel zeigt eine Raumsimulation mit TRNSYS. Im Rahmen einer Diplomarbeit wurden Raumtypicals entwickelt und in TRNSYS programmiert [15]. Anschließend wurde die Temperaturregelung und die Sonnenschutzsteuerung bezüglich Energiebedarf und Behaglichkeit optimiert. Drei Raumtypicals mit unterschiedlicher technischer
Ausstattung wurden dabei entwickelt und untersucht:
Abbildung 4.25 Umsetzung der Raumtypicals in TRNSYS [15]
- 70
-
Raumtyp 1: geringe technische Ausstattung; beheizt
Heizung:
Radiatorheizung,
Zonenregelung (Referenzraum);
konstante Vorlauftemperatur;
variabler Massenstrom
Kühlung: keine Kühlung
Lüftung:
Fensterlüftung; manuell
Sonnenschutz: Außenjalousien, manuell
Beleuchtung: manuell
Abbildung 4.26 Raumtypical 1 [15]
Raumtyp 2: mittlere technische Ausstattung; beheizt und gekühlt
Heizung:
Fußbodenheizung,
Einzelraumregelung;
geregelte Vorlauftemperatur;
konstanter Massenstrom
Kühlung: über Lüftung;
Einzelraumregelung über
Zulufttemperatur
Lüftung:
Mechanische Lüftung;
Volumenstrom variabel;
Luftqualitäts-geregelt;
Präsenz-gesteuert
Sonnenschutz: Außenjalousien, manuell
Beleuchtung: Präsenzabhängig gesteuert
Abbildung 4.27 Raumtypical 2 [15]
Raumtyp 3: hohe technische Ausstattung; beheizt und gekühlt
Heizung:
Fußbodenheizung,
Einzelraumregelung;
konstante Vorlauftemperatur;
variabler Massenstrom
Kühlung: über Lüftung;
Einzelraumregelung;
Zulufttemperatur konstant
Lüftung:
Mechanische Lüftung;
Volumenstrom variabel;
temperaturabhängig;
luftqualitätsgeregelt;
präsenzgesteuert
Sonnenschutz: Außenjalousien,
automatisch gesteuert; temperaturabhängig;
präsenz- und helligkeitsgesteuert
Beleuchtung: präsenzund helligkeitsgesteuert
Abbildung 4.28 Raumtypical 3 [15]
- 71
-
In Abbildung 4.25 ist die Umsetzung des Raumtypicals im Simulationsprogramm TRNSYS
gezeigt. Die Regelung wurde zum Teil mit vorhandenen Types zum Teil über zusätzliche
Berechnungsformeln (Equations) realisiert. In Tabelle 4.2 sind die Ergebnisse der Variantenrechnung bezüglich der Raumtemperaturregelung für Raumtypical 3 aufgeführt. Variiert wurden die Ein- und Ausschaltkriterien für die Heizungs- und Kühlregler. Die Betriebsmuster in Abbildung 4.29 verdeutlichen die Regelcharakteristik und die variierten Parameter t-Soll und t-Grenz.
Abbildung 4.29 Betriebsmuster der Regelung Heizwassermassenstrom und Luftvolumenstrom
(Kühlung) in Abhängigkeit der Raumtemperatur mit Variationsparameter t-Grenz und t-Soll für Heizen und Kühlen
Tabelle 4.2 Heiz- und Kühlenergiebedarf der verschiedenen Varianten der Raumtemperaturregelung in Raumtypical 3. (Solltemperatur: Sollwert Abgesenkter Betrieb/ Sollwert Nutzungszeit (t-Soll
Heizen)/ Maximum Kühlfall(t-Grenz Kühlen))
Die Ergebnisse zeigen dass die energetische günstigste Regelung die 1-Punktregelung ist
(Variante 2), bei der t-Soll und t-Grenz zusammenfallen. Für den Kühlfall heißt dies hier
erst ab erreichen der Grenztemperatur von 24°C wird die Kühlung aktiviert. Dies erfordert
allerdings eine extrem hohe Kühlleistung um dann die Raumtemperatur auf dem Sollwert
- 72
-
zu halten. Im Beispiel bei begrenztet Kühlleistung heißt dies die Raumtemperatursollwert
und –grenzwert kann in der Regel nicht eingehalten werden. die Behaglichkeitskriterien
werden also nicht eingehalten. Die detaillierte Auswertung von Variante 2 und 5
(Abbildung 4.30 und Abbildung 4.31) zeigt, dass die Maximaltemperatur bei Variante 2 zu
häufig überschritten wird. Variante 5 bei der bereits ab 22,5°C Raumtemperatur die Kühlung einsetzt zeigt ein deutlich besseres Regelverhalten. Wie so oft gilt es hier zwischen
Behaglichkeit und Energiebedarf abzuwägen.
Abbildung 4.30 Simulation von Raumtypicals - Auswertung des dynamischen Betriebsverhaltens
Variante 2
Abbildung 4.31 Simulation von Raumtypicals - Auswertung des dynamischen Betriebsverhaltens
Variante 5
- 73
-
4.6.2
Anlagensimulation
Im Rahmen von OASE II wurde in Zusammenarbeit mit FH München ein weitertes Simulationsmodell für RLT-Anlagen erstellt. Das Simulationsmodell wurde parallel zu einer
Versuchsanlage im Labor für Klimatechnik der FH-München entwickelt. Die Multifunktionsanlage in der FH besteht aus einer Luftvorbehandlungsstufe, die dazu dient beliebige
Außenluftzustände zu simulieren, der eigentlichen Experimentierstrecke, bei dem durch
Umstellung von Klappen unterschiedliche Komponenten variabel miteinander verschaltet
werden können, sowie einer Raumluftstrecke, mit der verschiedene Raumlasten dargestellt werden können. Nahezu alle üblichen RLT-Systeme sind damit abbildbar [24],[25].
Die Anlage soll nach der Fertigstellung an der FH München zur experimentellen Optimierung der Luftbehandlung in der Forschung und zur Durchführung von Praktika und für
Fortbildungen genutzt werden.
Im variablen Anlagenteil können die folgenden Komponenten miteinander kombiniert werden.
• Wärmerückgewinnung:
- Rotationswärmetauscher
- Kreislauf-Verbundsystem
- Wärmerohr
- Plattenwärmetauscher
• Lufterhitzung:
- Warmwasser-Lufterhitzer
- Dampf-Lufterhitzer
- Elektrischer Lufterhitzer
• Kühlung:
- Kaltwasser-Kühler
- Direktverdampfer
- Sole-Kühler
• Befeuchtung
- Sprühbefeuchter
- Dampfbefeuchtung
- Oberflächenbefeuchter
- Ultraschallbefeuchter
- 74
-
Abbildung 4.32 Anlagenschema der Multifunktionsanlage im Labor für Klimatechnik, FH München;
rot und orange markieren die simulierte Konfiguration. [25]
Im Simulationsmodell wurde in einem ersten Schritt eine der möglichen Konfiguration der
Versuchsanlage abgebildet. Die Konfiguration entspricht einer üblichen RLT-Anlage mit
Vollklimatisierung für Büronutzungen. Der Schwerpunkt der Modellentwicklung lag bei der
Implementierung einer Raumtemperatur-Zulufttemperatur-Kaskadenregelung sowie einer
Feuchtebandregelung. Als ein kleiner jedoch wesentlicher Schritt in Richtung funktionaler
und typicalbasierter Planung wurde bei der Modellerstellung die Maskierung von Subsysteme mit den üblichen Symbolen der Lüftungsplanung nach DIN 1946 [26] umgesetzt.
Abbildung 4.33 zeigt das in MATLAB/SIMULINK umgesetzte Modell.
Das Modell ist zudem angelegt auf eine einfache Anpassung der Simulations- und Anlagenparameter. Alle Ein- und Ausgaben werden daher jeweils in einem Block zusammengefasst. Die Ein- und Ausgabeparameter, und nur diese, sind mit dem eigentlichen Anlagenmodell über GoTo-Blöcke verlinkt. Das Modell gewinnt damit an Übersichtlichkeit, da
keine zusätzlichen Linien im Modell dargestellt werden. Die verbleibenden Linien stellen
nur technisch reale Verbindungen dar (Luftkanäle, Verteilleitungen, Signalleitungen).
Vergleichende Test und Optimierungsläufe im Simulationsmodell und der Versuchsanlage
sind geplant.
- 75
-
Abbildung 4.33 Anlagenschema der Lüftungsanlage im Simulationsmodell (MATLAB/SIMULINK)
mit Rotationswärmetauscher, Vorerhitzer, Kühler, Befeuchter, Nacherhitzer; oben: Ein- und Ausgabeblöcke, Mitte: Anlagenschema, unten: Regelschema (Kaskadenregelung) [27] (vgl. früheres Modell Abbildung 4.35)
- 76
-
4.7
Abgleich Prognose - Simulation – Diagnose
Für die beiden Demonstrationsvorhaben Bürogebäude Münchner Rück und GebhardtMüller-Schule (siehe 6.2 und 6.3) wurden bereits in der ersten OASE-Projektphase Simulationsmodelle der RLT-Anlagen bzw. der Betonkernaktivierung entwickelt. Im Falle des
Neubaus Gebhardt-Müller-Schule wurden in der Planungsphase bereits umfangreiche
Optimierungsrechnungen für eine Betriebsprognose der BKT-Regelung durchgeführt (siehe [28]).
Für das Demonstrationsvorhaben "Bürogebäude Münchner Rück" wurde ein Katalog an
theoretischen Betriebsmustern erstellt, die den Sollbetrieb des Gesamtsystems darstellen
(siehe Anhang) . Für die RLT-Anlage konnten die erstellten Betriebsmuster sowohl mit der
Messdatenvisualisierung als auch mit den Ergebnissen der Simulation abgeglichen werden. Abbildung 4.34 zeigt das Schema der Anlage, das Simulationsmodell ist in Abbildung
4.35 dargestellt.
Abbildung 4.34 Anlagenschema der RLT-Anlage (die Komponenten auf Zuluftseite in der Reihenfolge der Luftbehandlung: Filter, Rotationswärmetauscher bzw. Bypass, Vorerhitzer, Kühler, Nacherhitzer, Ventilator, Dampfbefeuchter)
Obwohl die raumlufttechnische Anlage ein begrenztes System mit geringen dynamischen
Einflüssen ist, ist durch die gleichzeitige Behandlung der Luft hinsichtlich Temperatur und
Feuchte die Modellierung durchaus komplex. Schwierigkeiten ergaben sich insbesondere
bei der Modellierung der Feuchteübertragung im Rotationswärmetauscher, da diese bisher allgemein wenig dokumentiert ist. Messungen zeigen, dass die häufig getroffene Annahme, die Rückfeuchtzahl sei gleich der Rückwärmezahl, wenn überhaupt nur für den
Auslegungsfall zu trifft ([29],[30]). Sowohl Sorptions- als auch Kondensationsprozesse im
Rotor müssen berücksichtigt werden. Ausreichend validierte Modelle, die die Abhängigkeiten der Feuchteübertragung von Temperatur und Feuchte der Abluft und der Außenluft
einschließen waren nicht verfügbar. Das erstellte Teilmodell "Rotationswärmetauscher"
weist daher in diesem Punkt noch Unsicherheiten auf, die sich auf das Gesamt-Modell
übertragen, da der Rotationswärmetauscher am Anfang der Luftbehandlungskette steht.
Die vorhandenen Messdaten aus der Betriebsdiagnose bieten hier jedoch die Möglichkeit,
das Modell weiterzuentwickeln und letztendlich zu verifizieren.
Wie dieses Beispiel zeigt, dient nicht nur die Simulation der Prognose und Optimierung
des Betriebs, sondern umgekehrt werden die Simulationsmodelle anhand der Messer- 77
-
gebnisse verfeinert und bestätigt und stehen dann in verbesserter Version der Betriebsprognose zur Verfügung.
Die für die Simulation erforderlichen Daten sind bei bestehenden Anlagen meist nicht lückenlos verfügbar. Eine Simulation für die Betriebsprognose einer bestehenden Anlage
muss daher allgemein in den folgenden Schritten erfolgen:
1. Aufbau des Modells mit den bekannten Regelparametern
2. Abgleich mit den Messdaten und Simulation des Istzustandes
3. Simulation von verbesserten Varianten.
Zur energetischen Bewertung von Varianten der Betriebsführung muss die Simulation auf
Basis eines repräsentativen Klimadatensatz erfolgen. Das können aufgezeichnete Daten
der Wetterstation sein oder die Testreferenzjahre. Mit den aufgezeichneten Wetterdaten
können die Simulationsergebnisse besser mit dem Betrieb abgeglichen werden und erlauben eine Aufschlüsselung des tatsächlichen Verbrauchs auf die verschiedenen Komponenten. Mit einer Simulation auf Basis von Testreferenzjahren erhält man dagegen eine
vergleichbare, witterungsunabhängige Beurteilung des Betriebs.
Der Energiebedarf des Ist-Betriebs kann grundsätzlich aus den Messdaten ermittelt werden, sofern alle erforderlichen Datenpunkte aufgezeichnet wurden (i.d.R.: Vor- und Rücklauftemperaturen, Massenstrom). Meist ist jedoch die Datenqualität aufgrund von Datenlücken, Schwankungen und zeitversetzte Datenaufzeichnung nicht ausreichend, um die
Energieflüsse ohne zusätzliche Aufbereitung auswerten zu können. In der Simulation gehören die verschiedenen Wärmeströme jedoch zu den Standardausgaben. Zudem liefert
die Simulation des Istzustandes durch die Verwendung gleicher Randbedingungen vergleichbare Werte für Variantenrechnungen.
Datei:
2005
TRY13_Jahr
Jahr
Jahr
Start Datum: ? ? ?
In
Zeit
Vektor Zeit
Daten
Air
Wetterdaten
Clock
on/of f
Zeit
out
Daten
Ventilatore
Daten
WRG
Ansteuerung FU
Saturation
[1 0.8]
OperationData_mrv
Daten VE
To Workspace
on signal
T_AU
Air ab
Air_in Air_out
signal
Abluft
dp
Daten
Regler T emp 1
FU
P
Daten
Kühler
Abluftventilator
dp Abluft
Daten
NE
Daten
Bef
Daten
Regl er 2
Tem p
Daten
Regler 2
Daten
Regler 2
Feuchte
signal
[T p x]
f low
AB
Air zu
AU
Vektor
Zuluft
f low
Speed
FO
ZU
eta_T
eta_H
Rotationswärmetauscher
Air AB
Air zu
0 = off,
1 = on
T emperaturverlauf
on/of f
signal W_out
WRG bypass
on /of f
signal in
Tair
signal
control WRG
on
10
dp
Air ZU Air
T_AU
on/of f
W_in
T_VL
W_out
W_out
m in
signal
T_VL
Vorerhitzer
Rampe
Kühler
Kühlwasser
Kühler
signal
T_VL
Nacherhitzer
dp Zuluft
Antrieb WRG
Regler 2
T emperatur
0
on
max
setpoint
signal
actual
Regler
Feuchte
Rampe
Befeuchter
0 = off, 1 = on3
0 = off, 1 = on1
on
T
Tair
Tmr
T emperaturfühler
B10 / T03
Rücklauf-MinBegrenzung
0 = off, 1 = on2
0
on
T
0
on
xair
Rampe
Nacherhitzer
Tair
Tmr
T emperaturfühler
B3 / T 15
Rampe
Vorerhitzer
U(E)
U
Tair
Tmr
T emperaturfühler
B5 / T 04
T _WRG
T _KUE
Scope
T emperaturen
Abbildung 4.35 Simulationsmodell (MATLAB/SIMULINK) RLT-Anlage MRV (siehe auch [1])
- 78
-
Air out
steam
Feuchtefühler
B11 / M 03
setpoint
signal
actual
0 = off,
1 = on 4
Regler 1
T emperatur
steam
x
Tmr
T emperaturfühler
T _AU
T
Sollwert
Zuluft
Air in
Dampfbefeuchter
signal
Dampf
Sollwert
Zuluftfeuchte
signal speed
T
setpoint
signal
actual
Air_out
FU
P
f low
Q
Zul uftventilator
Warm wasser NE
Warmwasser VE
T AU
0
T _AU
Air_in
Air AU
0
emu
Für die betrachtete RLT-Anlage des Demonstrationsvorhabens werden in den folgenden
Abbildungen die Simulationsergebnisse, die Messdaten und die idealisierten Verläufe einander gegenübergestellt. Dargestellt sind in Abbildung 4.36 die Lufttemperaturen nach
den verschiedenen Luftbehandlungsstufen jeweils über der Außentemperatur. Abbildung
4.37 zeigt entsprechend die Stellung der Regelventile sowie die Drehzahl des Rotationswärmetauschers und die Stellung der Bypassklappen.
Die folgenden Regelungen wurden dabei angesetzt bzw. unterstellt.
Simulation: Die simulierte Anlagenregelung entspricht der Regelung der Anlagenbeschreibung in den Bestandsunterlagen. Laut Anlagendokumentation ist ein Absenken der
Zulufttemperatur bis auf 16°C bei hohen Außentemperaturen vorgesehen (, Rampe zwischen 15-25°C Außentemperatur). In der Simulation wird die Zulufttemperatur allerdings
nur bis auf 18°C abgesenkt, da sonst Zugerscheinungen durch das Einblasen der kalten
Luft im Raum nicht auszuschließen sind.
Simulation
Messung
Muster
Zulufttemperatur
nach Nacherhitzer
(Zulufttemperatur)
Zulufttemperatur
nach Kühlregister
Zulufttemperatur
nach Vorerhitzer
(kein Messwert vorhanden)
Zulufttemperatur
nach Rotationswärmetauscher
Abbildung 4.36 Simulation einer RLT-Anlage im Vergleich zu den realen Messwerten und zu idealen Betriebsmustern– Zulufttemperaturen gegen die Außentemperatur; rot: Betrieb Vorerhitzer (+
WRG); grün; Betrieb Wärmerückgewinnung; blau; Kühl-/Entfeuchtungsbetrieb); schwarz: außerhalb der Betriebszeit oder keine Luftbehandlung; Erläuterungen siehe Text
- 79
-
Simulation
Messung
Muster
Stellsignal Regelventil
Befeuchter
Stellsignal Regelventil
Nacherhitzer
Stellsignal Regelventil
Kühlregister
(Pumpenbetrieb erst
>15°C Außentemp.)
Stellsignal Regelventil
Vorerhitzer
Drehzahl Rotationswärmetauscher
(Messwerte: Stellsignal)
Stellbefehl
Bypassklappen
Abbildung 4.37 Simulation einer RLT-Anlage im Vergleich zu den realen Messwerten und zu idealen Betriebsmustern – von unten nach oben: Stellung Bypassklappen, Drehzahl Rotationswärmetauscher, Regelventil des Vorerhitzers, Regelventil des Kühlers, Regelventil des Nacherhitzers jeweils gegen die Außentemperatur
- 80
-
Messung: Im laufenden Betrieb wurde von der ursprünglich vorgesehenen Regelung abgewichen. Die Messdaten zeigen bis 25°C Außentemperatur eine konstante Zulufttemperatur danach einen Anstieg (). (Anm.: Die tieferen Zulufttemperaturen im Bereich Kühlen
in den Messdaten () lassen im Zusammenhang mit anderen Daten auf ein Abschalten
des versorgenden Heizkreises schließen, nicht auf eine Änderung der Regelung.)
Musterbetrieb: Der Musterbetrieb orientiert sich an den Komfortansprüchen und gibt hierfür eine möglichst energiesparende Betriebsweise vor. Vorgeschlagen wird, wie im Betriebsmuster dargestellt, die Zuluft im Entfeuchtungsbetrieb bis auf 4 K unterhalb der
Raumsolltemperatur nachzuheizen. Ausgegangen wird dabei von einer Raumtemperatur
von 21°C mit einem zulässigen Anstieg oberhalb einer Außentemperatur von 26°C ().
Ohne Entfeuchtung soll die Zuluft auf 20°C abgekühlt werden. Diese Regelung ist mit wenigen Eingriffen im bestehenden Reglersystem zu realisieren.
Variantenvergleich
In einem zweiten Schritt wurden im Simulationsmodell auch die oben dargestellten Varianten der Zulufttemperatur-Regelung der Messung sowie des Musterbetriebs umgesetzt.
Für die drei Regelungsvarianten wurde in der Simulation jeweils der Energiebedarf der
Heiz- und Kühlregister ermittelt. Die Simulation wurde auf Basis des Testreferenzjahr 13
(mittlerer Wetterdatensatz für München, [31]) durchgeführt. In Tabelle 4.3 sind die Ergebnisse für den Heiz- und Kühlbedarf aufgeführt und die simulierte Zulufttemperatur für die
drei Varianten dargestellt.
Planung
(entspricht Simulation
oben)
Istzustand
(entspricht Messung)
Vorschlag
(entspricht Musterbetrieb
oben)
Qh = 52 MWh/a
Qh = 67 MWh/a
Qh = 52 MWh/a
Qc = 30 MWh/a
Qc = 32 MWh/a
Qc = 32 MWh/a
Tabelle 4.3 Energiebedarf dreier simulierter Betriebsvarianten. (Erläuterung siehe Text); Zulufttemperatur über der Außentemperatur sowie Jahresheizwärme- und -kühlbedarf an den Heiz- bzw.
Kühlregister (rot: Heizbetrieb; grün: nur WRG in Betrieb; blau Kühl- und Entfeuchtungsbetrieb)
- 81
-
Die Auswertung zeigt, dass gegenüber der Betriebsweise im Istzustand durch die Reduktion der Zulufttemperatur bei höheren Außentemperaturen rund 20% der Wärme eingespart werden kann. Die Varianten "Planung" und "Vorschlag" sind dabei unter energetischen Gesichtspunkten etwa gleichwertig. Unter dem Gesichtspunkt des Komforts im
Raum ist der vorgeschlagene "Musterbetrieb vorzuziehen.
Da die Anlage bei den höheren Außentemperaturen zu meist im Entfeuchtungsbetrieb
fährt, die Luft daher bis unter den Taupunkt gekühlt werden muss, bedeutet jede Reduzierung der Zulufttemperatur eine Einsparungen bei der Nacherhitzung. Hier muss aber, wie
so oft, sorgfältig zwischen Energieeinsparung und Komfort abgewägt werden.
Durch die Reduktion der Zulufttemperatur kann zudem von hier nicht quantifizierten Einsparungen beim Kühlbedarf im Raum ausgegangen werden, der durch Kühldecken abgedeckt wird.
- 82
-
5
Werkzeuge der Betriebsdiagnose
5.1
Allgemeine Vorgehensweise
Die Auswertung der Betriebsdaten aus den GA-Systemen ist in erster Linie eine Ingenieursleistung, die das Verständnis der im Gebäude ablaufenden Prozesse voraussetzt.
Jedoch kann auch der beste Experte aus Millionen einzelner Zahlwerte kein Optimierungspotential herauslesen. Um die Daten der Gebäudeautomation daher nutzbar zu machen zu machen, müssen diese in eine Form gebracht werden die für den Menschen überschaubar und handhabbar ist. Die benötigten Informationen müssen schnell extrahiert
werden können. Die notwendige Aufbereitung der Daten soll letztendlich nur einen geringen Teil der erbrachten Leistung der Betriebsdiagnose ausmachen und die Interpretation
als eigentliche Arbeitsleitung im Vordergrund stehen.
Ziel der in OASE II entwickelten Werkzeuge ist es also, die Daten weitgehend automatisch umzuwandeln und dem Bearbeiter in einer Form zu präsentieren, die es ihm erlaubt
schnell zu entscheiden. Die Mustererkennung spielt dabei eine zentrale Rolle. Allerdings
obliegt der Schritt der Mustererkennung in der OASE-Methodik immernoch dem Menschen. Die in OASE II erarbeiteten Werkzeuge und Methoden übernehmen die Aufgabe
die Daten jeweils in der Weise darzustellen, die ein Muster am leichtesten erkennbar machen. Die Darstellungsweise ist daher am visuellen Sinn des Menschen ausgerichtet.
Farbige Darstellungen sind ein wesentlicher Bestandteil.
Die Klassifizierung der Ergebnisse aus realen Betriebsdiagnoseprojekten sowie die Systematisierung der Vorgehensweise bilden aber auch die Basis für weitergehende Entwicklungen in Richtung Expertensysteme, die zukünftig automatisiert die Aufgaben der Mustererkennung und der Fehlerdiagnose übernehmen könnten.
Die Visualisierungen der Messdaten zeigen, wie sich die Messwerte verhalten, müssen
aber auch die Informationen bereithalten was und wann gemessen wurde. Um die aus einem Gebäudeautomationssystem exportierten Daten als Bild darstellen zu können, dessen Informationsgehalt noch rückverfolgbar bleibt, ist sind Reihe von Arbeitsschritten erforderlich:
• Datenpunktname, Messwerte und Messzeitpunkt müssen erkannt und aus den Rohdaten herausgefiltert werden.
• Die Zeitreihen sind zu synchronisieren.
• Datenlücken sind aufzufüllen.
• Textwerte (z.B. an/aus) müssen durch Zahlenwerte ersetzt werden.
• Datenpunktbezeichnungen müssen in verständlichen Text übersetzt werden.
• Eine günstige Skalierung der Darstellung ist vorzusehen.
• Anpassung an das Datenbankformat und an das zur Visualisierung verwendete
MATLAB müssen vorgenommen werden.
Im Groben lassen sich die Aufgaben wie folgt untergliedern:
I. Aufbereiten der Rohdaten
II. Vorbereiten der Visualisierung
III. Visualisieren der Daten
- 83
-
Das Aufbereiten der Rohdaten umfasst alle Schritte, die die Daten des Gebäudeautomationssystems so verändern, dass sie in einer Datenbank gespeichert werden können und
später mit dem Visualisierungs-Tool darstellbar sind. Dazu gehören die Zeitsynchronisation, das Auffüllen von Datenlücken und das Anpassen von Zeit- und Textformaten. Das
Vorbereiten der Datenanalyse fasst weitere Schritte zusammen, die erforderlich sind um
die Visualisierung verständlich und übersichtlich zu gestalten, beispielsweise die Umbenennung der Datenpunkte und die Wahl einer günstigen Skalierung der Diagramme. Bei
der anschließenden Visualisierung werden zusammengehörige Datenpunkte in den Diagrammen zusammengestellt, sowie Punktgruppen eingefärbt.
Im Arbeitsablauf der Betriebsdiagnose folgen dann die eigentlich entscheidenden Arbeitsschritte:
IV. Interpretation der Daten
V. Maßnahmenklassifikation
VI. Aufbereitung der Ergebnisse.
Die einzelnen Schritte einer OASE-Betriebsdiagnose, die angefangen von der Aufbereitung der Rohdaten bis zum fertigen Bericht, durchgeführt werden, sind in Tabelle 5.1 aufgelistet. Dabei sind für jeden Schritt die Software-Tools und Programme aufgeführt, die
dafür eingesetzt werden. Abbildung 5.1 zeigt schematisch den Ablauf.
- 84
-
I. Rohdaten aufbereiten
1. Sichten der Rohdaten: Suche nach Textwerten, Datenpunktnamen auf Länge und überflüssigen Text
hin prüfen
2. Herausfiltern der Informationen aus den Rohdaten
3. Umwandeln von Textwerten (z.B. an/aus) in Zahlenwerte
4. Formatierung der Rohdaten in datenbanklesbares
Format
5. Erstellen einer einheitlichen Zeitachse und Auffüllen
von Datenlücken.
6. Import der GA-Daten in eine Datenbank
II. Vorbereitung der Datenanalyse
7. Erstellen einer Datenpunktliste
(evtl. Umbenennen der Datenpunkte in intuitiv verständlichen Code)
8. Analysieren der Minima und Maxima der einzelnen
Datenpunkte und Festlegen der Skalengrenzen für die
Darstellung in MATLAB
9. Exportieren der Datenpunktnamen und der festgelegten Skalengrenzen in MATLAB-File
III. Visualisierung
10. Anlegen des Projekts in MATLAB
(Verknüpfungen zwischen Datendatei und Optionen)
11. Import der Daten in MATLAB
12. Visualisierung und Analyse von Zeitreihen
(Carpet-Plots)
13. Visualisierung und Analyse der Zusammenhänge und
Abhängigkeiten der Betriebsdaten verschiedener Anlagen oder Anlagenkomponenten (Scatter-PlotMatrizen)
IV. Interpretation
14. Identifikation von Optimierungspotential und Fehlern
15. Erarbeitung von Optimierungsvorschlägen
V. Maßnahmenklassifikation
16. Priorisierung der Maßnahmen nach Einsparungen und
Kosten
IV. Zusammenstellung der Ergebnisse
17. Zusammenstellen von Diagrammen und Kommentaren
Einfügen in Diagnosebericht1
Texteditor
Analysetool
Konverter
Konverter
Konverter
Import-Service
Excel-Tool
Excel-Tool
Excel -Tool
MATLAB
MATLAB
MATLAB-PIA-Tool
DataBrowser
MATLAB-PIA-Tool
PMBrush
Bild- und
Textverarbeitung
Tabelle 5.1 Die einzelnen Schritte einer Betriebsdiagnose und die dabei verwendete Software
- 85
-
Rohdaten
ImportService
Analysetool
Konverter
Zeitsynchronisation
Textersetzungen
Analyse
Informationen
Datenbank
aufbereitete Daten
SQL
EXCEL- Tool
txt
MATLAB
Datenpunktliste
l
MATLAB- Daten- File
Ü bersicht
Umbenennen
Auswahl ü
f r Export
Skalen festlegen
Grenzwerte
Virtuelle Daten
PIA
Databrowser
pm- Brush
Diagnosebericht
Interpretation
Abbildung 5.1 Arbeitsschritte der Betriebsdiagnose
- 86
-
5.2
Datenbanktools
Das Aufbereiten der Rohdaten in ein einheitliches von der Datenbank akzeptiertes und für
die weitere Aufbereitung verwendbares Format nahm in der Anfangsphase des Projekts
einen erheblichen Teil des Arbeitsaufwandes einer Betriebsdiagnose in Anspruch. Im
Rahmen einer Diplomarbeit, die bei Ebert-Ingenieure München durchgeführt und von. Hr.
Prof. Rumpe, Institut für Software Engineering, Technischen Universität Braunschweig,
betreut wurde, wurde eine Software entwickelt, die ein weitgehend automatisiertes Einlesen unterschiedlichster Datenformate ermöglicht. [32]
Durch die Automatisierung dieses Arbeitsschrittes verkürzt sich die Bearbeitungszeit für
ein Projekt erheblich, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsdiagnose und der daraus abgeleiteten Optimierungsmaßnahmen verbessert sich damit sprunghaft.
5.2.1
Problemstellung
Die aus GA-Systemen ausgelesen Daten liegen je nach System in sehr unterschiedlichen
Formaten vor. Zu Beginn des Projekts wurden die Rohdaten-Dateien manuell, d.h. über
Text- oder Tabellenkalkulationsprogramme, verarbeitet, um ein Standardformat zu erzeugen. In diesem Format können die Daten in die Datenbank importiert werden und stehen
dann für den Export in die Visualisierungstools zur Verfügung. Die manuelle Verarbeitung
ist allerdings sehr zeitintensiv und die Bearbeitungsprogramme stoßen mitunter aufgrund
der Dateigröße auf ihre Grenzen.
Die primäre Aufgabe der Datenaufbereitung ist es, aus den unterschiedlichen RohdatenDateien jeweils die drei für die Datenauswertung entscheidenden Informationen herauszufiltern und in ein bestimmtes Format zu bringen. Die benötigten Informationen sind:
• der Datenpunktname
• der Zeitpunkt der Messung
• der Messwert
Die Problematik beim automatisierten Lesen der Rohdaten ergibt sich nicht nur durch unterschiedliche Dateiformate (binär, ASCII), sondern auch durch vollkommen unterschiedliche Organisation der Dateiinhalte.
Abbildung 5.1 zeigt hierzu Beispiele von Rohdateien aus verschiedenen Projekten.
- 87
-
Abbildung 5.2 Unterschiedliche Rohdatenformate mit jeweils unterschiedlicher Platzierung der drei
wesentlichen Informationen Datenpunktname, Zeitpunkt und Messwert
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Rohdaten in einer definierten
tabellenartigen Struktur vorliegen. Die Position von Datenpunktname, Zeitpunkt, Messwert
in den von dem GA-System gelieferten Dateien ist jedoch sehr unterschiedlich. Die Informationen können angeordnet sein als
•
•
•
•
Dateiname
Dateikopf
Spaltenkopf
Spaltenwert
Für den korrekten Import der Daten in die Datenbank müssen diese den speziellen Formatanforderungen der Datenbank entsprechen. Für die anschließende Auswertung müssen die Daten zudem noch weiteren Kriterien genügen. Folgende Bedingungen müssen
erfüllt werden:
•
•
•
•
Die Datenpunktpunktnamen müssen eindeutig sein.
Die Datenpunktnamen dürfen keine Sonderzeichen enthalten.
Überflüssige Informationen müssen ausgeschlossen sein.
Datums- und Zeitformat muss mit dem Datenbankformat übereinstimmen.
- 88
-
• Die Daten müssen zeitlich sortiert sein.
• Der Zeitstempel muss für alle aufgezeichneten Datenpunkte vorhanden und gleich
sein.
• Die Messdaten müssen in äquidistanten Zeitschritten erscheinen.
• Die Messwerte müssen als reale Zahlen vorliegen, es dürfen keine Buchstaben oder
Sonderzeichen enthalten sein.
• Für Zeiträume ohne Messwert muss zwischen einem Ausfall der GA (keine Messwerte) und dem Aussetzen der Aufzeichnung eines gleich bleibenden Messwerts (Auffüllen mit dem letzten Messwert) unterschieden werden.
•
Das Konvertierungswerkzeug muss daher möglichst flexibel die Dateien analysieren, um
sie anschließend in ein einheitliches Format zu konvertieren. Die Konvertierung muss dabei bereits eine erste Prüfung der Konsistenz der Daten enthalten, um einen fehlerfreien
Import in die Datenbank zu ermöglichen.
Den Datenbank-Tools kommen somit die folgenden Aufgaben zu:
•
•
•
•
•
Analysieren der Rohdaten-Dateien
Überprüfung der Zuverlässigkeit und Korrektheit der Daten
Synchronisation der Zeitreihen
Konvertierung der Daten in ein Standardformat
Import der Daten in die Datenbank.
Abbildung 5.3 zeigt Dateien im Standard-Format in das alle GA- Daten für die Weiterverarbeitung mit den OASE-Betriebsdiagnose-Tools konvertiert werden.
HK4__VORLAUF_IST.txt
HK4__VORL_IST_STAT.txt
HK3__VORLAUF_IST.txt
Abbildung 5.3 Standardformat für den Datenimport (Zeitformat: yyyyMMddHHmmss)
- 89
-
5.2.2 Realisierung
Für das automatisierte Einlesen der GA-Daten in die vorhandene Datenbank wurden drei
eigenständige, aufeinander abgestimmte Programme realisiert.
• das „Analysetool“ zur Analyse der Rohdatendateien
• der „Konverter“, der die Prüfung, Synchronisation und Formatierung der Daten übernimmt,
• das „Importtool“, ein Dienstprogramm des Datenbankservers, das im Hintergrund das
Ankommen neuer Daten prüft und den Konverter und hiermit den Datenbankimport
startet.
•
Abbildung 5.4 zeigt den Ablauf des Datenimports mit Hilfe der drei entwickelten Programme. Erster Schritt ist die Analyse der Rohdaten. Die eigentliche Analyse der Dateien
übernimmt dabei der Bearbeiter selbst, dem Analysetool kommt die Aufgabe zu den Nutzer über eine graphische Benutzeroberfläche durch die Analyse zu führen und die Ergebnisse projektbezogen zu speichern. Die Analyse der Rohdaten muss für jedes Projekt nur
ein einziges Mal anhand einer Musterdatei durchgeführt werden. Nach der Datenanalyse
werden automatisch eine Projektdatenbank sowie die erforderlichen Projektverzeichnisse
angelegt. Das Importtool überwacht jeweils die Input-Verzeichnisse der einzelnen Projekte. Legt der Bearbeiter neue Rohdaten-Dateien im Input-Verzeichnis eines Projekts ab,
startet das Importtool automatisch das Konverterprogramm und übergibt ihm eine Liste
der zu bearbeitenden Dateien. Der Konverter liest die Daten mit Hilfe der bei der Analyse
getroffenen Festlegungen (Optionen), synchronisiert die Zeitreihen und legt neue Dateien
im Datenbankformat ab.
Abbildung 5.4 Gesamtkonzept des automatisierten Datenimports
- 90
-
Analyse
Bei der Analyse der Musterdatei legt der Benutzer fest an welcher Stelle in der Datei Informationen auszulesen sind. Abschnitte können dabei über die Spalten- oder Zeilennummer oder die Zeichenposition bestimmt werden. Über ein Ansichtsfenster kann der
Benutzer die Musterdatei ansehen und über ein weiteres Fenster die Interpretation der
Datei entsprechend seiner Eingaben überprüfen. Die Positionen sind dann den drei vordefinierten Feldtypen "Datenpunktname", "Zeitpunkt", "Messwert" zuzuordnen. Ferner können im Analysetool Textersetzungen für die verschiedenen Felder definiert werden.
Konvertierung
Der Konverter übernimmt sowohl die Umformatierung in Datenbankformat als auch die für
die Visualisierung notwendigen Konvertierungen. In der Datenbank liegt daher nach der
Konvertierung ein Satz fertig für die Visualisierung vorbereiteter Daten vor. Dies bietet den
Vorteil, dass keine weiteren Bearbeitungsschritte notwendig werden. Verschiedene Datensets, beispielsweise mit unterschiedlichen Auswertungszeiträumen für getrennte
Sommer- und Winterauswertungen können so ohne zusätzliche Aufbereitung exportiert
werden.
Entgegen den ersten Ansätzen in OASE wird nicht vor dem Datenimport über eine Datenpunktliste festgelegt welche Daten importiert werden, sondern der GA-Export wird komplett in die Datenbank übernommen und Datenpunktliste aus der Datenbank nachträglich
extrahiert. Dies stellt eine weitere Vereinfachung der Vorgehensweise dar, da die Datenpunktliste nicht mehr per Hand erzeugt werden muss.
- 91
-
5.3
Vorbereitung der Analyse
Die in der Datenbank vorliegenden Daten sind grundsätzlich ohne weitere Aufbereitung
mit den Visualisierungstools darstellbar. Die zusätzlichen Festlegungen die hier vorbereitend zu treffen sind, dienen der Erleichterung der Auswertung und einer besseren Verständlichkeit, mit anderen Worten der Nutzerfreundlichkeit. Die verbesserte Verständlichkeit nutzt einerseits dem Bearbeiter, der dadurch schneller die Betriebsdiagnose durchführen kann, andererseits auch für den Kunden, also den Gebäudenutzer- oder Betreiber,
der schließlich von der Auswertung profitieren will und die Ergebnisse nachvollziehen
möchte.
5.3.1 Problemstellung
Für die Verständlichkeit der Datenvisualisierungen sind zwei Elemente ausschlaggebend
• Datenpunktbezeichnungen
• Skalierung der Diagramme
•
Je nach GA-System unterscheiden sich die Datenpunktbezeichnungen, in der Regel erfolgt die Benennung nach einem bestimmten System, nicht immer kann aus der Datenpunktbezeichnung erkannt werden welcher Messpunkt sich dahinter verbirgt. Der Bearbeiter muss jedoch wissen welche Datenpunkte er in Beziehung zueinander setzt. Je selbsterklärender die Datenpunktbezeichnungen sind, desto schneller kann sich der Bearbeiter
in das Projekt einarbeiten und die die Diagnose durchführen.
Das PIA-Visualisierungs-Tool beinhaltet eine automatische Skalierung der Plots. Benutzerdefiniert kann ein gewisses Quantil an Messpunkten aus der Darstellung ausgeschlossen werden. Damit wird verhindert dass Fehlerwerte die Darstellung verzerren. Unter Umständen werden dabei aber Daten abgeschnitten und sind im Plot nicht mehr sichtbar. Da
die automatische Skalierung für jeden einzelnen Datenpunkt durchgeführt wird und ergibt
sich zudem für jeden Datenpunkt eine andere Skalierung. Das Vergleichen von gleichartigen Datenpunkten z.B. von Raumtemperaturen in verschiedenen Räumen wird damit erschwert, da jedesmal eine andere Skala berücksichtigt werden muss.
Abbildung 5.5 Beispiele für Datenpunktbezeichnungen und Langtext aus GLT-Systemen
- 92
-
5.3.2
Realisierung
Alle Vorarbeiten zur Visualisierung, die nicht direkt die Bearbeitung der Rohdaten betreffen, werden über eine Excel-Tabelle gehandhabt. Die Excel-Tabelle bildet sowohl die
Schnittstelle zur Datenbank für den Datenexport als auch eine Plattform für die Verarbeitung der Datenpunktnamen und der Darstellungsoptionen. Um den Programmieraufwand
insbesondere für die notwendigen Textumwandlungen zu minimieren wurde weitgehend
auf die Textfunktionen in MS-Excel zurückgegriffen.
Die Aufgaben umfassen:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
das automatisches Erstellen einer Datenpunktliste
das Anzeigen des Zeitraums der Aufzeichnung eines Datenpunkts
das Anzeigen von Minima und Maxima der Messwerten
die Auswahl der zu exportierenden Daten
den Export der Daten aus der Datenbank
das Umbenennen von Datenpunkten
die Bearbeitung der Skalierung für die Plots in MATLAB
Export der Datenpunktbezeichnungen
Export der Skalierungen
In Abbildung 5.6 ist das Zusammenwirken des OASE-Excel-Tools mit der Datenbank und
MATLAB dargestellt.
Abbildung 5.6 Schnittstellen der Excel-Datenpunktliste zur Datenbank und zu MATLAB
- 93
-
Datenbankzugriff
Der Datenbankzugriff ist über vorhandene Excel-Add-Ins und VB-Programmierung realisiert. Für jedes Projekt wird eine eigene Datei angelegt. Nach der Auswahl der Projektdatenbank wird bei jedem Neustart automatisch der Zeitraum der in der Datenbank vorhandenen Datenaufzeichnungen aktualisiert und die Datenbank auf neue Datenpunktnamen
hin geprüft. Neue Datenpunkte können so in die Datenpunktliste übernommen werden.
Das Tool enthält zudem eine Funktion zur Auswertung der Messwerte in der Datenbank
hinsichtlich der Minima und Maxima und des Mittelwerts. Die statistischen Daten werden
in die Excel-Tabelle übernommen und können auf Plausibilität hin geprüft werden. Zusätzlich können sie als Grundlage für die Skalierung verwendet werden.
Für den Export der Daten aus der Datenbank kann in der Tabelle der Zeitraum festgelegt
werden und Datenpunkte ausgewählt werden. Der Export wird per Knopfdruck gestartet,
dabei wird eine ASCII-Datei erzeugt die dann in MATLAB eingelesen wird.
Abbildung 5.7 Screen-Shot Excel-Tool mit Datenbankabfragen und Skalenbearbeitung (Textbearbeitungsteil nicht sichtbar)
Skalierung
Für die Skalierung der Datenpunkte stehen verschieden Optionen zur Verfügung, die für
jeden Datenpunkt unterschiedlich gewählt werden können. Die Skalengrenzen können
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-
manuell eingetragen werden oder es werden aus den vorhandenen Minima bzw. Maxima
gerundete Werte verwendet. Besonders nützlich für die Auswertung ist die Möglichkeit die
Skalen für Gruppen von Datenpunkten festzulegen. Beispielsweise kann so für alle Raumtemperaturen oder alle Vor- und Rücklauftemperaturen von Heizkreisen eine gemeinsame
Skalierung festgelegt werden.
Die Skalierung wird aus Excel in eine MATLAB-Funktion (m-File) übernommen. Ausgeführt in MATLAB erzeugt diese Funktion eine Variable, die die Skalengrenzen sowie alternative Datenpunktbezeichnungen enthält.
Datenpunktbezeichnungen
Die in der Datenbank verwendeten Datenpunktnamen werden automatisch aus der Datenbank extrahiert. Für den Import wurden diese aber ggf. schon verändert. In der ExcelTafel werden daher zusätzlich der Originalname und falls vorhanden Langtextbezeichnungen aus der GLT aufgeführt. Aus den Datenpunktnamen und den Langtextbezeichnungen können Textbestandteile extrahiert, ausgetauscht und schließlich zu einer neuen
Bezeichnung zusammengefügt werden. Der Export der Datenpunkte erfolgt dann unter
dem alternativen Datenpunktnamen. Der Alternativname muss eindeutig sein und wird in
Anlehnung an einen vorgegebenen Code festgelegt. Die Umbenennung ist trotz vieler
Textfunktionen arbeitsaufwendig, hat aber den Vorteil, dass die neuen Bezeichnungen intuitiv verstanden werden können und somit die Auswertung von verschiedenen Bearbeiter
übernommen werden kann ohne zusätzlich erhebliche Einarbeitungszeiten zu verursachen.
Zu den codierten Kurzbezeichnungen kann auch ein Langtext festgelegt werden. In den
Carpet-Plots können anschließend die Langtexte eingeblendet werden, was wiederum die
Verständlichkeit für außenstehende Personen wesentlich verbessert. Die Langtexte können allerdings nicht in den Scatter-Plot-Matrizen dargestellt werden.
Der Export der Langtextbezeichnungen erfolgt zusammen mit den Skalierungswerten als
MATLAB-Funktion.
- 95
-
5.4
Datenanalyse
Zur Darstellung der Messwerte findet in OASE, das an der Technischen Hochschule in
Stockholm (KTH) entwickelte MATLAB-Tool PIA Verwendung [33],[34]. Im folgenden sollen die Funktionen von PIA und innerhalb OASE entwickelter Zusatzfunktionen kurz dargestellt werden.
5.4.1
PIA-Funktionen
Databrowser
Der Daten-Browser erlaubt sowohl einen schnellen Überblick über den vorhandenen Datenbestand als auch die eine genaue zeitliche Analyse der Datenpunkte. Im Databrowser
werden bis zu sechs Diagramme übereinander mit derselben Zeitachse dargestellt. Hierbei kann zwischen der Darstellung mit Linien und Status-Plots und der Darstellung in den
sog. Carpet-Plots gewählt werden. Für die Status-Plots können einfache Prüf- und Fehlerfunktionen hinterlegt werden. Der dargestellte Zeitbereich kann beliebig gewählt werden,
so kann der gesamte Messzeitraum überblickt werden oder kürzerer Zeitabschnitt genauer untersucht werden.
Mit der Funktion "Rush Through" kann man sich schnell durch alle Datenpunkte "durchklicken". Auf Mausklick wird die jeweils nächste Gruppe von Datenpunkten in die Diagramme geladen. Genauso können die Datenpunkte aber auch einzeln in jedes Diagramm geladen werden und individuell zusammengestellt werden.
Abbildung 5.8 Databrowser mit Linien- und Status-Plots [35]
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-
Die Skalierung, bei Carpet-Plots die Farbskala, wird automatisch erzeugt, wenn sie nicht
durch eine Variable für die einzelnen Datenpunkte vorgegeben ist.
Zur Darstellung von Carpet- oder HxD-Plots (Hour vs. Day) müssen die Datenreihen die
folgenden Anforderungen erfüllen:
• Sie müssen in 5-Minuten-Schritten vorliegen.
• Die Messreihe muss um 0:00 Uhr beginnen.
•
Die Daten werden über eine Funktion angepasst und in einer speziellen Variable für die
Carpet-Plots gespeichert.
Pm-Brush
Mit dem Pm-Brush-Modul werden Scatter-Plot-Matrizen erstellt. Hierbei wird eine Matrix
aus x,y-Diagrammen gebildet die jeweils in den Spalten eine einheitliche x-Achse, in den
Zeilen einheitliche y-Achse verwenden. Mit einer Schnellauswahl können die darzustellenden Datenpunkte beliebig zusammengestellt werden. Aus den gewählten Datenpunkten wird in der Diagramm-Matrix jeder Datenpunkt gegen jeden aufgetragen. An den Stellen der Matrix an den ein Datenpunkt gegen sich selbst aufgetragen wird, wird die Darstellung automatisch durch ein Histogramm dieses Datenpunkts ersetzt. Alternativ kann die
Auswahl der Datenpunkt auch getrennt für die x- und die y-Achsen erfolgen. In dieser
Darstellung werden keine Histogramme erzeugt.
Durch zusätzliche x-Achsen können die Datenpunkte optional über die Stunden des Tages, über den Wocheverlauf und über den gesamten ausgewählten Zeitbereich aufgetragen werden. Das Zeitintervall kann aus dem Messzeitraum frei gewählt werden. Die Achsen werden automatisch skaliert.
Die entscheidende Funktion in Pm-Brush ist das Anfärben von Punktgruppen: In einem
beliebigen Scatter-Plot der Matrix können ein Punkt-Bereich oder einzelne Punkte mit Hilfe eines "Pinsels" farbig markiert werden. Die Markierung wird automatisch auf die entsprechenden (zeitgleichen) Punkte in allen anderen Plots der Matrix übertragen. Hiermit
kann eine zusätzliche Beziehung zwischen den Plots geschaffen werden. Für Punkte, die
in einem Plot außerhalb des erwarteten Bereichs liegen, kann so die Abhängigkeit von
anderen Datenpunkten dargestellt und untersucht werden. Gegebenenfalls kann so ein
Fehler erkannt werden, oder das Abweichen erklärt werden. Oder bestimmte Betriebszustände werden markiert (z.B. Betrieb einer Pumpe) um die nicht relevanten Punkte herauszufiltern (stehendes Betriebsmittel; außerhalb der Betriebszeit).
Zur Anfärbung stehen in drei Farben zur Verfügung.
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-
Abbildung 5.9 Scatter-Plot-Matrix
5.4.2
OASE-Erweiterungen zu PIA:
Im Rahmen von OASE wurden verschiedene Erweiterungen zur PIA-Toolbox vorgenommen, die die Handhabung erleichtern und Zusatzfunktionen bieten:
• Für die PIA-Tools (DataBrowser, PmBrush) und die Zusatzfunktionen wurde ein
gemeinsames Startmenü erstellt, so dass die Funktionen nicht mehr über die Befehlszeile aufgerufen werden müssen.
• Das Einlesen der Daten in MatLab wurde automatisiert. Die "Datei laden"-Funktion
erkennt das Datenformat und erzeugt die notwendigen Strukturvariablen für die
Scatter-Plot- und die Carpet-Plot-Darstellungen.
• Über eine zusätzliche Variable können sowohl alternative Datenpunktbezeichnungen (Klartextbezeichnungen) in den Carpet-Plots angezeigt werden, als auch die
Skalengrenzen vorgegeben werden. Die Variable wird über ein Ecxel-Tool erzeugt
und kann in dort bearbeitet werden (s. Kap. 5.3)
• Zu jedem Diagnoseprojekt können virtuelle (berechnete) Datenpunkte erzeugt werden, die in MatLab-Code in einer projektspezifischen Datei gespeichert werden.
• Achsenbeschriftungen, Punkt- und Schriftgrößen wurden den größeren Datenmengen angepasst.
- 98
-
5.5
Übertragbarkeit
Die eingesetzten Werkzeuge sind aufeinander abgestimmt, so dass eine Betriebsdiagnose schnell und zielführend durchgeführt werden kann. Die einzelnen Programme sind
grundsätzlich auf andere Rechnersysteme übertragbar an einigen Stellen sind dann jedoch Anpassungen notwendig.
Unter bestimmten Vorraussetzungen lässt sich die Vorgehensweise bei der Betriebsdiagnose vereinfachen und kann so für einzelne Projekte mit vertretbarem Aufwand auch mit
anderen Mitteln durchgeführt werden, beispielsweise ohne den entwickelten Datenkonverter. Es wurde daher untersucht inwieweit eine Datenvisualisierung nach der OASEMethodik für andere Anwender verwendbar ist.
Da die Visualisierung auf Basis von MATLAB erfolgt, sind das Vorhandensein des Programms und Grundkenntnisse in MATLAB vorausgesetzt.
Minimalversion
Für „kleine“ Projekte mit einer relativ geringen Anzahl an Datenpunkten oder einer Auswertung über einen kurzen Zeitraum kann auf das Anlegen einer Datenbank verzichtet
werden. Die Daten können dann per Hand über einen Texteditor oder ein Tabellenkalkulationsprogramm direkt in das von MATLAB lesbare Format gebracht werden. Die Größe
der Rohdatendateien ist dabei ein begrenzender Faktor. Die Skalen-Grenzwerte für die
Darstellung der Datenpunkte werden von dem PIA-Data-Browser bzw. von PM-Brush für
jeden Datenpunkt individuell erzeugt. die Festsetzung von Gruppengrenzwerten (s. 5.3.2)
für gleichartige Datenpunkte, um beispielsweise alle Raumtemperaturen mit der gleichen
Farbskala anzuzeigen, ist aufwendiger, kann aber beispielsweise mit Excel oder MATLAB
realisiert werden. In Tabelle 5.2 sind die minimal durchzuführenden Schritte aufgeführt die
für die Datenvisualisierung notwendig sind. Die Verfahrensweise ist allerdings nur bei einer überschaubaren Datenmenge wirtschaftlich durchführbar.
Mitunter sind die aufgezeichneten Daten bereits in einer Datenbank vorhanden, das
1. Herausfiltern der Informationen aus den Rohdaten
2.
3.
4.
5.
Texteditor/
Tabellenkalkulation
Umwandeln von Textwerten (z.B. an/aus) in Zahlenwerte Texteditor/
Tabellenkalkulation
Erstellen einer einheitlichen Zeitachse und Auffüllen von Texteditor/
Datenlücken
Tabellenkalkulation
Umformatieren der Daten in MATLAB-lesbares Format
Texteditor/
Tabellenkalkulation
Import der Daten in MATLAB
MATLAB
6. Visualisierung und Analyse von Zeitreihen (Carpet-Plots) MATLAB-PIA
bzw. von Abhängigkeiten (Scatter-Plot-Matrizen)
(DataBrowser,
PMBrush)
Tabelle 5.2 Minimalversion zur Durchführung einer Betriebsdiagnose (für "kleine" Projekte)
- 99
-
Vorgehensweise mit externer Datenbank
Sind die Daten bereits in einer Datenbank vorhanden, ist das Exportieren im MATLABFormat prinzipiell möglich. Die OASE-Datenvisualisierung kann unabhängig von der
OASE Datenbank genutzt werden, wenn die Funktionen der Datenbanktools durch andere, projektspezifische Tools übernommen werden.
Die Schwierigkeit liegt insbesondere darin eine einheitliche Zeitachse für alle Datenpunkte
zu erstellen. Der Aufwand für die Erstellung der Zeitachse ist sehr stark von der Datenstruktur abhängig.
1.
Exportieren der Rohdaten in MATLAB-lesbaren Format
z.B.: SQL
2.
Umwandeln von Textwerten (z.B. an/aus) in Zahlenwerte
Texteditor / Tabellenkalkulation
3.
Erstellen einer einheitlichen Zeitachse und Auffüllen von
Datenlücken
Texteditor / Tabellenkalkulation
4.
Import der Daten in MATLAB
MATLAB
5.
Erstellen einer Datenpunktliste
(evtl. Umbenennen der Datenpunkte in lesbaren Code)
Excel-Tool
6.
Analysieren der Minima und Maxima der einzelnen Datenpunkte und Festlegen der Grenzen für die Darstellung in
MATLAB
Excel-Tool
7.
Exportieren der Datenpunktnamen und der festgelegten
Skalengrenzen in MATLAB-File
Excel -Tool
8.
Exportieren der festgelegten Skalengrenzen
in MATLAB-File
Excel bzw. Datenbank-Export-Tool
9.
Anlegen des Projekts in MATLAB
(z.B. Verknüpfungen zu der Datei mit den Skalengrenzen)
MATLAB
10. Visualisierung und Analyse von Zeitreihen (Carpet-Plots)
bzw. von Abhängigkeiten (Scatter-Plot-Matrizen)
MATLAB-PIA (DataBrowser,
PMBrush)
Tabelle 5.3 Vorgehensweise mit externer Datenbank ohne Zwischenspeicherung
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-
5.6
Software zur Visualisierung von Betriebsdaten
Software-Tools mit ähnlichen Visualisierungs-Funktionen wie PIA sind bisher kaum auf
dem Markt. Über die IEA-Aktivitäten im Rahmen von OASE II sind Kontakte mit dem Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) entstanden, das mit der Entwicklung von erfolgreichen Gebäudesimulationsprogrammen (EnergyPlus, Doe-2 u.a.) bereits Erfahrung
hat. Im Auftrag des LBNL entwickelte die Deringer Group Inc., finanziert über das US Department of Energy und die California Energy Comission, ein Visualisierungsprogramm für
Gebäudebetriebsdaten. Das so entstandene plattformunabhängige "VizTool" ist in erster
Version frei erhältlich [36]. Die Grundlage und Vorlage für das Programm waren die Visualisierungen und Funktionen mit MATLAB-PIA und OASE. Das Programm verfügt über:
• Datenbankanbindung
• Darstellung von Carpet- und Scatter-Plots
• Anfärbung von Punktgruppen
•
Nicht eingeschlossen sind bisher
• Vorbearbeitung der Daten
• Scatter-Plot-Matrizen
•
Abbildung 5.10 Screen-Shots: Carpet- und Scatter-Plot in dem nach PIA-Vorlage entwickelten VIZTOOL(aus [37])
Software zum Energiecontrolling und Energiemanagement ist verschiedentlich am Markt
erhältlich. Die Zielrichtung dieser Programme ist stets die zeitnahe Beobachtung der Betriebsdaten und die Möglichkeit von Controlling-Berichten zur Verbrauchsdatenerfassung.
Zur Visualisierung der Datenpunkte werden in aller Regel Trenddarstellungen (Linienprogramme über der Zeit) verwendet. Für die Auswertung kurzer Zeiträume ist dies meist
ausreichend. Die Datenpunkte müssen in der Regel einzeln im Managementsystem angelegt werden, was zeitaufwendig ist aber auch die Möglichkeit bietet den Daten zusätzliche
Spezifikationen wie Maßeinheiten zuzuordnen
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-
Im Gegensatz zu diesen Energiemanagementsystemen liegt der Schwerpunkt der OASEBetriebsdiagnose auf einer externen Datenauswertung bei Projekten bei denen zwar Datenaufzeichnungen vorhanden sind, ein kontinuierliches Controlling aber nicht durchgeführt wurde oder das Controlling Probleme aufgezeigt hat, die einer genaueren Analyse
bedürfen. Für die Werkzeuge der Betriebsdiagnose ist daher wichtig schnell unterschiedliche Datenaufzeichnungen erfassen zu können und lange Zeiträume darzustellen.
- 102
-
6
Betriebdiagnose in der Praxis - Demonstrationsprojekte
Im Rahmen von OASE II konnte an sechs realen Projekten die Betriebsdiagnose getestet werden. Dabei wurde versucht ein möglichst breites Anwendungsfeld abzudecken und sowohl neue
Gebäude als auch Bestandsgebäude einzubeziehen. Durch die Praxiserprobung wurde das
Feld möglicher Maßnahmen der Betriebsoptimierung konkretisiert, die Diagnosewerkzeuge
konnten weiter verbessert und anwenderfreundlicher gestaltet werden. Wichtig waren auch die
Erfahrungen mit den Nutzern der Betriebsdiagnose, den Gebäudebetreibern und Gebäudenutzern. In allen Fällen konnten durch die Betriebsdiagnose Energieeinsparungen erzielt oder zumindest prognostiziert werden.
Im folgenden Kapitel erfolgt eine Querauswertung über alle Projekte. Details zu den einzelnen
Projekten finden sich in den daran anschließenden Kapiteln und in den verschiedenen erstellten
Diagnoseberichten (s. Kap. 6.8).
- 103
-
6.1
Querauswertung
6.1.1
Übersicht über die Demonstrationsprojekte
Die Aufgabenstellung war in den verschiedenen Demonstrationsprojekten sehr unterschiedlich
und reichte von der ausschließlichen Visualisierung der GA-Daten bis zur langjährigen Begleitung des Objekts von der Planung bis in die erste Betriebsphase hinein. Die Betriebsdiagnose
wurde für ein Projekt komplett aus den für OASE bereitgestellten Fördermitteln finanziert. In drei
Projekten war die Betriebsdiagnose eingebettet in die messtechnische Evaluierung von EnOBgeförderten Demonstrationsgebäuden. Zwei Projekte wurden vom Betreiber bzw. Nutzer der
Gebäude frei finanziert. Bei den Gebäuden handelt es sich sowohl um neu errichtete Gebäude
als auch um ältere Bestandsgebäude, bei letzteren auch um umfassend sanierte Gebäude. Die
Technische Ausrüstung der Gebäude war zumeist neu, in einem Fall handelt es sich um eine
Bestandsanlage, in einem um eine Teilsanierung. Die Projekte zeichnen sich auch durch sehr
unterschiedliche Nutzungstypen aus (Büronutzung, Labor, Schwimmhalle, Schule). Ein breites
Spektrum möglicher Anwendungen konnte so abgedeckt werden.
Projekt
Zustand
Techn. Ausstattung
Bearbeitungsumfang
Zeitraum der
Auswertung
Bürogebäude 1
Bestand
Betriebsdiagnose
2 ½ Jahre
Bürogebäude 2
Neubau
Bürogebäude 3
Bestand
Stat. Heizung und Kühlung,
Lüftung
Betonkernaktivierung, Energiepfähle, freie Kühlung
Lüftung, Eisspeicher
Schule
Neubau
Laborgebäude
Schwimmbad
Visualisierung des durchge- 3 Jahre
führten Monitoring
Betriebsdiagnose Teilsystem 1 Monat
als Bestandteil einer Betriebsoptimierung
Betriebsdiagnose als Teil der 2 ½ Jahre
Evaluierung
Betonkerntemperierung, Wärmepumpe, Grundwassernutzung, Holzpelletkessel
Komplett- Einzelraumregelung von Tempe Visualisierung als Teil der
2 Jahre
sanierung ratur und Volumenstrom, Labor- Evaluierung
einrichtungen Freie Kühlung,
Flusswasserkühlung, Fernkälte;
Fernwärme
Technik- Fernwärme, Lüftung
Betriebsdiagnose Teilsystem 2 Monate
sanierung
spezielle Problemstellung
Tabelle 6.1 Übersicht über die durchgeführten Betriebsdiagnoseprojekte
Bei den drei im Rahmen von EnSan bzw. SolarBau (EnOB) geförderten Demonstrationsvorhaben (Berufsschulzentrum Biberach, Laborgebäude Jülich und Energiefprum Berlin) wurden sehr
ehrgeizige Energiekonzepte umgesetzt. Die simulationsgestützte Optimierung des Betriebs war
zum Teil bereits Gegenstand der Planung. Als Bestandteil des Förderkonzepts der Demonstrationsvorhaben wurden diese in den ersten Betriebsjahren begleitet und messtechnisch untersucht um schließlich auch den erwarteten Energieverbrauch zu verifizieren. Durch die messtechnische Untersuchung wurde eine Vielzahl zusätzlicher Messpunkte installiert, die im Regelfall nicht zur Verfügung stehen. Einerseits erleichtern die zusätzlichen Messpunkte die Interpretation des Anlagenverhaltens, andererseits ist die Vielzahl der Datenpunkte umso schwieriger
zu überschauen und auszuwerten. Die in OASE entwickelten Visualisierungsmethoden haben
sich hier bei der Auswertung der Daten als sehr hilfreich erwiesen.
- 104
-
Wichtig für den Praxistest der Betriebsdiagnose war besonders die Anwendung bei bestehenden Anlagen. Die Gebäudeautomation ist hier nicht auf energierelevante Fragestellungen ausgelegt, beispielsweise sind Volumenstrommessgeräte nur selten installiert. Trotzdem kann aus
den vorhandenen Datenpunkten bereits eine Vielzahl von Optimierungsmaßnahmen abgeleitet
werden.
Tabelle 6.1 gibt einen Überblick über die durchgeführten Projekte. Eine kurze Beschreibung zu
den einzelnen Projekten findet sich in den nachfolgenden Kapiteln. Die Erfahrungen aus dem
Praxistest sind im Folgenden zusammengefasst.
6.1.2
Maßnahmen der Betriebsoptimierung
Aus den verschiedenen Projekten wurden die aus der Betriebsdiagnose abgeleiteten Optimierungsmaßnahmen zusammengestellt. Die am häufigsten vorgeschlagenen Maßnahmen lassen
sich wie folgt kategorisieren:
• Überprüfung der Nutzung
z.B. Absenkung der Raumsolltemperaturen oder Erhöhung der sommerlichen Maximaltemperaturen; Überprüfung des Einsatzes von Sonnenschutzvorrichtungen
• Anpassung der Betriebszeiten an die Nutzungszeit
z.B. Herstellung oder Wiederherstellung der Nacht- oder Wochenendabsenkung
• Anpassung der Betriebszeiten von Systemkomponenten untereinander
z.B. Anpassung der Pumpenlaufzeit an die Betriebszeit im Heizkreis;
Anpassung der Laufzeit der Wärmerückgewinnung an die Ventilatorlaufzeit im RLT-Gerät
• Einschränkung der witterungsbedingten Freigabe
z.B. Änderung und Entzerrung der Freigabetemperaturen für Heiz- und Kühlsysteme
• Verminderung des Volumenstroms (Reduktion der Pumpenleistung)
z.B. durch verbesserte Regelung der Pumpen
• gezielte Optimierung spezieller Anlagen
z.B. Verbesserung der Speicherbewirtschaftung; Verminderung der Taktfrequenzen von
Wärme-/ Kälteerzeugern
• Fehlbetrieb beheben, Wiederherstellen von Betriebsfunktionen
z.B. Austausch oder Reparatur von Komponenten
6.1.3
Einsparpotential
Die Betriebdiagnose beschränkte sich bei den Demonstrationsprojekten in der Regel auf die Visualisierung der Daten und die Formulierung von Maßnahmen, eine Quantifizierung der Energie- oder Kosteneinsparung war in den meisten Fällen nicht Bestandteil. In den EnSan- bzw.
SolarBau-Demonstrationsprojekten kann die Gesamteinsparung durch Vergleich des Energieverbrauchs in den ersten Betriebsjahren abgeschätzt werden.
Zu den OASE-Betriebsdiagnoseprojekten konnten bisher die folgenden Einsparungen quantitativ ausgewiesen:
- 105
-
• Als herausragendes Beispiel ist das Projekt Energieforum Berlin (Bürogebäude 2) zu
nennen, das im ersten Betriebsjahr mit einem nur rudimentär umgesetzten Regelkonzept
betrieben wurde. Durch die Betriebsoptimierung im Rahmen des Monitorings konnte der
Heizwärmebedarf in der Heizperiode um 27% gesenkt werden [38]. Rund 200 MWh/a an
Fernwärme konnten damit eingespart werden. Signifikant war dabei der Rückgang des
Heizenergieverbrauches der Lüftungsanlagen, der um etwa 60% reduziert werden konnte,
was auf die Anpassung der Betriebszeit an den tatsächlichen Bedarf und auf die Reparatur der Wärmerückgewinnungsrotoren zurückzuführen ist. Der Strombedarf wurde durch
die Anpassung der Betriebszeit der Lüftungsanlagen und der Pumpen an den Bedarf um
16% (ca. 20 MWh/a) vermindert [38].
• Im Rahmen des von der FfE durchgeführten Messprogramms im Bürogebäude 1 wurden
für die Nacht- und Wochenendabschaltung der Pumpe im Heizkreis Lüftung eine Einsparung von ca. 10 MWh/a Wärme und 0,5 MWh/a Strom berechnet. Für die Reduzierung der
Pumpenlaufzeit im Kühldeckenkreis durch eine veränderte Freigabe der Kühldecken wurde eine Stromeinsparung an 3 MWh/a berechnet. [39]
• Im Schul-Projekt (GMS) wurden aufgrund der Betriebsdiagnose zwei Maßnahmen zur
Verbesserung der Grundwasserförderung erarbeitet, die jeweils eine Einsparung von rund
15 MWh/a Strom erwarten lassen. Dies bedeutet eine Verringerung des Strombedarfs
der Grundwasserförderung um rund ein Drittel und eine Einsparung von immerhin gut 3%
des Gesamtstromverbrauchs des Gebäudes. Für diese Maßnahme sind allerdings geringe Investitionen für eine veränderte Leitungsführung bzw. zusätzliche Ventile erforderlich.
Die Amortisation dieser Maßnahmen beträgt ca. 4-5 Jahre [40].
• Das Energieeinsparpotential durch die gesamte Optimierung des Gebäudebetriebs im Bürogebäude 3 bewegt sich zwischen 1259 MWh/a und 2204 MWh/a an Fernwärme und
Strom 366 MWh/a und 527 MWh/a.
Insgesamt sind bisher in den realen Projekten erst wenige Einsparungen durch Maßnahmen
der Betriebsoptimierung quantitativ erfasst worden. Folgende Gründe sind hierfür anzuführen:
• Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind in den Projekten erst gefragt, wenn Investitionen erforderlich sind. Da in den meisten Fällen keine Investitionen anfallen wird meist auch auf
die Berechnung der Kosteneinsparung verzichtet. Von einer positiven Rentabilität der
Maßnahmen kann ausgegangen werden, daher werden in den frei finanzierten Projekten
auch die Ausgaben für die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingespart.
• Einfache Berechnungsalgorithmen sind nicht immer vorhanden und der Aufwand für Simulationsrechnungen ist vergleichsweise hoch.
Um die Betriebsoptimierung als Energieeinsparmaßnahme stärker ins Bewusstsein zu rücken
müssen vermehrt Energie- und Kosteneinsparungen ausgewiesen werden. Berechnungsformeln stehen zum Teil aus VDI-Regeln und DIN-Normen zur Verfügung, sind aber meist nur bedingt anwendbar. Hier besteht noch Bedarf beispielsweise mit Hilfe von Simulationsberechnungen Vergleichswerte zu schaffen und überschlägige Berechnungsformeln daran zu prüfen.
Berechnungen zu einzelnen Maßnahmen der Betriebsoptimierung, die im Rahmen von OASE II
nach dem Verfahren der DIN V 18599 durchgeführt wurden, zeigen Einsparpotentiale von 1 bis
10% der Endenergie, im Einzelfall auch bis zu 30%. [20]
- 106
-
Dies und die Erfahrungen aus den Praxistests lassen Einsparungen von ca. 5% im Normalfall
bis zu 30% bei schlecht eingestellter Regelung durch die Betriebsoptimierung erwarten.
6.1.4
Umsetzung der Maßnahmen
Umgesetzt wurden in vielen Fällen Maßnahmen, die die Parametrierung der Gebäudeautomation betreffen, d.h. Maßnahmen die vom Betriebspersonal durch Umstellen von Sollwerten unschwer vorgenommen werden können. Am häufigsten hat dies die Zeitprogrammierung betroffen, zum einen als Anpassung der Betriebszeiten an die Nutzungszeiten zum anderen als Abstimmung zwischen verschiedenen Anlagenkomponenten. Abbildung 6.19 und Abbildung 6.20
zeigen Beispiele hierfür (s. 6.5.2). Ebenso wurde in mehreren Fällen die jährliche Betriebszeit
reduziert, indem Freigabetemperaturen vorsichtig herauf- bzw. herabgesetzt wurden.
Manche Vorschläge, beispielsweise die Einführung der Freigabe-Steuerung über Tagesmittelwerte der Temperaturen konnten in der vorhandenen Gebäudeleittechnik nicht verwirklicht werden, da diese bereits voll ausgelastet war.
Teilweise wurden durch die Betriebsdiagnose defekte Anlagenkomponenten entdeckt und
schließlich ersetzt. Betriebsfunktionen die außer Kraft gesetzt waren wurden wiederhergestellt.
Verschiedene Auffälligkeiten, die mit Hilfe der Betriebsdiagnose diagnostiziert werden, können
durch die Visualisierung der GLT-Daten allein nicht abschließend hinsichtlich ihrer Ursache geklärt werden. In diesen Fällen ist eine weitergehende Überprüfung erforderlich, um die Ursachen zu klären. Beispielsweise muss in Fällen von Einzelraumregelungen oft raumweise geprüft
werden, ob die Bobachtungen aus der Diagnose auf fehlerhaften Betrieb oder auf eine spezielle
Nutzung zurückzuführen sind. Die Betriebsdiagnose kann hier wertvolle Hinweise geben wo eine Überprüfung erforderlich ist.
6.1.5
Zusammenarbeit mit Auftraggeber, Betreibern und/oder Gebäudenutzern
In allen Projekten gab es eine gute Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten. Der Nutzen der Betriebsdiagnose wurde von allen schnell erkannt. Die leicht zu interpretierenden Carpet-Plots waren auch für das Betriebspersonal eine deutliche Hilfe. Die ebenso verwendeten
Scatter-Plot-Matrizen waren ohne zusätzliche Darstellung der Soll-Betriebsmuster deutlich erklärungsbedürftiger. Das Potential der Matrix-Darstellung als Expertenwerkzeug wurde aber
durchaus gesehen.
Besonders bei den EnSan- und SolarBau-Demonstrationsprojekten war die Zusammenarbeit
sehr produktiv, da das gemeinsame Ziel, eine weitere Reduktion des Energieverbrauchs, von
allen Beteiligten angestrebt wurde.
Konflikte traten bei den Projekten mit professionellen Gebäudedienstleistern auf, bei denen der
Eigentümer bzw. Nutzer Initiator der Betriebsdiagnose war. Vom Betreiber, als Dienstleister eines kostengünstigen Gebäudebetriebs, wurde die Betriebsdiagnose als Kontrollmittel wahrgenommen. Damit sind Befürchtungen verbunden, die Betriebsdiagnose könne Fehler in der eigenen Arbeit aufzeigen und sich nachteilig für sie auswirken. Bei dieser Projektkonstellation muss
daher deutlich darauf hingewiesen werden, dass mit der Betriebsdiagnose Werkzeuge zur Verfügung stehen, die der Gebäudebetreiber im Regelfall nicht nutzen kann. Die Betriebsdiagnose
sollte auch vom Gebäudebetreiber als zusätzliches Werkzeug und Chance gesehen werden.
- 107
-
6.1.6
Probleme bei der praktischen Durchführung
Durch die praktische Anwendung der Betriebsdiagnose in den Demonstrationsvorhaben konnte
die Vorgehensweise weiterentwickelt und systematisiert werden. Die erforderlichen EDVWerkzeuge wurden durch die Anwendungstests deutlich verbessert. Die Methodik der Betriebsdiagnose ist daher inzwischen weitgehend ausgereift, so dass sie im Allgemeinen ohne größere
Schwierigkeiten angewendet werden kann. Nichtsdestotrotz bleiben verschiedene Widrigkeiten
bestehen, mit denen man auch zukünftig bei der Durchführung der Betriebsdiagnose rechnen
muss:
Datenpunktbezeichnungen sind oft sehr kryptisch, das Zuordnen und Verarbeiten der Bezeichnungen zum Teil aufwendig. Manchmal sind Zuordnungen aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht möglich. Oft ist unklar ob es sich bei einem Datenpunkt um eine Betriebsmeldungen
oder ein Freigabesignale handelt.
Die vorhandenen Pläne stimmen oft nicht mit der Ausführung überein, Messpunkte werden verlegt, Datenpunkte entfallen oder kommen neu hinzu und können dann auf Grundlage der Pläne
nicht zugeordnet werden.
Die Durchführung einer Betriebsdiagnose erfordert stets eine projektspezifische Einarbeitung in
das jeweilige Energiekonzept und seine Realisierung. Ein Wechsel des Bearbeiters innerhalb
eines Projekts bedeutet doppelte Einarbeitungszeit und damit erheblich mehr Aufwand.
6.1.7
Entwicklungspotential für Methodik und Werkzeuge
Die Methodik und die Werkzeuge der Betriebsdiagnose wurden in OASE II weiter ausgebaut.
Durch die Erfahrungen in der Praxis konnten die Anforderungen an die aufzuzeichnenden Datenpunkte und deren Bezeichnungen genauer spezifiziert werden. Häufige vorkommende Fehlerquellen und mögliche Maßnahmen wurden erfasst. Hierdurch konnte das Vorgehen systematischer gestaltet werden. Spezielle Prüfungen für häufig auftretende Probleme und SollBetriebsmuster konnten so formuliert werden. Hier besteht noch ein großes Potential die Betriebsdiagnose voranzubringen, indem beispielsweise Checklisten und weitere Systemprüfungen, mit den entsprechenden Betriebsmustervorgaben entwickelt werden.
Durch Erweiterung der Betriebsdiagnose-Tools können diese komfortabler gestaltet werden und
damit die Durchführung der Diagnose weiter vereinfacht somit auch schneller werden. Als
Punkte die vordringlich in einer Erweiterung angegangen werden sollten, sind zu nennen:
• Integration von weiteren Funktionen für die Auswertung in MATLAB, wie z.B. Umrechnung
von relativer in absolute Luftfeuchte, Wärmemengen, Rückwärmezahlen
• Verbesserung der Zusammenarbeit von Excel- und Matlab in Bezug auf Änderungen der
verwendeten Skalengrenzen
• Vereinfachung des Zugriff auf Benutzeroptionen, wie z.B. Punktgrößen, Farbskalierung
6.1.8
Fazit
Der Praxistest der Betriebsdiagnose hat gezeigt, dass in keinem Fall der verschiedenen Projekte die Anlagen optimal betrieben werden. Besonders komplexe Anlagensysteme die auf die Automation angewiesen sind, wie z.B. die Projekte FZJ oder EFB, zeigen, dass die geplanten Regelstrategien nur selten von Anfang an richtig umgesetzt werden. Eine längere Betreuungsphase für die Einregulierung der Anlagen ist daher dringend erforderlich.
- 108
-
Auch die Auswertungen bestehender Anlagensysteme zeigen, dass das Energiemanagement
durch den Gebäudebetreiber in der Regel nicht ausreicht einen effizienten Anlagenbetrieb zu
gewährleisten. Für einen energetisch optimalen Gebäudebetrieb fehlen den Betreibern oft das
notwendige Wissen und die notwendigen Werkzeuge.
- 109
-
6.2
Bürogebäude 1
Mit der Untersuchung des Objekts wurde bereits in der ersten Projektphase von OASE begonnen. Die Werkzeuge und die Methodik der Betriebsdiagnose wurden zu einem wesentlichen
Teil im Rahmen dieses Teilprojektes getestet und weiterentwickelt. Schwerpunkt der Betriebsdiagnose in OASE I war die Analyse des Heizsystems, in der zweiten Projektphase wurde nun
auch Optimierungen für das Kühlsystem formuliert. Das Demonstrationsvorhaben wurde in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) durchgeführt, die zusätzliche
Messtechnische Untersuchungen durchgeführt hat.
6.2.1
Projektbeschreibung
Aufgabenstellung:
Energieeinsparung durch Optimierung der Betriebsfunktionen, umfangreiche Betriebsanalyse
erste Testanwendung der OASE-Betriebsdiagnose;
durchgeführt im Verbund mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft, FfE (Vorhaben: Energieanalyse Altbau - OASE Durchführung
eines Messprogramms)
Zielgruppe:
Gebäudeeigentümer/Nutzer
Gebäude:
Bestandsgebäude, Baujahr 1965, 4-stöckiges Bürogebäude; NGF
9.260 m²
Anlagen:
Erneuerung der gesamten Anlagentechnik im Jahr 1996;
Statische Heizkörper und Kühldecken in den Räumen, vier zentrale
Lüftungsanlagen, Umluftkühlung in den EDV-Räumen, Fernwärmeversorgung, Kompressionskälteanlage sowie Freie Kühlung.
Datenpunkte:
ausgewertet wurden ca. 180 Datenpunkte: Raumtemperaturen, Stellbefehle von Heiz- und Kühlventilen, Vor- und Rücklauftemperaturen,
Lufttemperaturen (RLT), z.T. Volumenströme über zusätzliches
Messprogramm.
Zeitraum:
Juni 04 – Oktober 06; 2 ½ Jahre
Tabelle 6.2 Steckbrief des Projekts "Bürogebäude 1"
Gebäude
Bei dem 1965 errichteten Gebäude handelt es sich um ein viergeschossiges Bürogebäude mit
Vorhangfassade. In den drei Obergeschossen befinden sich im wesentlichen Büros, daneben
Besprechungsräume, EDV-Räume und Archiv-Räume. Im Erdgeschoss befinden sich die Eingangshalle sowie das EDV-Zentrum und weitere Archive. Die Technikräume sind im Kellergeschoss untergebracht. An das Gebäude angegliedert ist ein Garagenanbau (Untergeschoss) mit
Autowerkstatt und Aufenthaltsräumen.
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-
Anlage
Das Gebäude ist an das städtische Fernwärme-Dampfnetz angeschlossen. Die Wärmeversorgung erfolgt über zwei Gegenströmer mit jeweils 320 kW Nennwärmeleistung. Weitere Abnehmer sind ein Warmwasserbereiter (1500 l), sowie ein Niederdruckdampferzeuger (100 kW) für
die Befeuchtung in den Zuluftanlagen.
Das Kondensat aus dem Niederdruckdampferzeuger wird zur besseren Ausnutzung seiner
Wärme sowie zur Verhinderung der Nachverdampfung durch einen im Rücklauf des Lüftungsheizkreises installierten Röhrenwärmetauscher gekühlt. Weiter wird der GesamtKondensatrücklauf zur Brauchwarmwassererwärmung genutzt.
Die Wärmeverteilung erfolgt durch vier Heizkreise. Über die Heizkreise Nord-Ost und Süd-West
werden die statischen Heizflächen im Erdgeschoss und den Obergeschossen versorgt. Ein
weiterer Heizkreis versorgt den Garagenbau. (Vorlauf-/Rücklauftemperatur jeweils 90/70). Der
vierte Heizkreis (50/30) versorgt Vor- und Nacherhitzer der raumlufttechnischen Anlagen.
Die Kälteerzeugung erfolgt durch eine Kompressionskältemaschine. Alternativ durch Freie Kühlung über die Rückkühlwerke. Zur Rückkühlung sind zwei Rückkühlwerke vorgesehen, diese
können über ein Umschaltventil entweder die Kältemaschine rückkühlen oder über einen Plattenwärmetauscher die Kältekreise der Kühldecken und Umluftkühlgeräte versorgen.
An die Kältemaschine sind drei Kältekreise angeschlossen, diese versorgen die Kühldecken in
den Büro- und Besprechungsräumen (15/18°C bzw. 16/19°C bei Freier Kühlung), die Umluftgeräte in den EDV Räumen Besprechungsräumen (6/22°C bzw. 16/22°C bei freier Kühlung) und
die Kühlregister in den Lüftungsanlagen (6/12°C)
Das Gebäude verfügt über vier zentrale Lüftungsanlagen, sowie zusätzlich über verschiedene
Abluftanlagen. Die Büros werden mit klimatisierter Luft versorgt (Vollklimaanlage mit Heizen,
Kühlen, Entfeuchten und Befeuchten). Die Lüftungsanlagen der Besprechungsräume und der
Eingangshalle verfügen über die Funktionen (Heizen, Kühlen, Entfeuchten). Die Lüftungsanlage
für die Archive hat keine Kühlung (nur Heizen und Befeuchten).
Die Büroräume sind sowohl beheizt als auch gekühlt, sowie über mechanische Lüftung belüftet.
Sie sind hierfür mit statischen Heizflächen und Kühldecken ausgestattet. Die Lüftungsanlage ist
auf 2-fachen Luftwechsel ausgelegt. Die Zulufttemperatur beträgt konstant 20°C, die Luftfeuchte
ist auf 8 g/kg geregelt. Die Lüftungsanlage ist nicht für Heizen bzw. Kühlen der Räume konzipiert.
Die zum Innenhof liegenden Besprechungsräume sind ebenfalls beheizt, gekühlt und belüftet.
Die Lüftungsanlage der Besprechungsräume wird mit 8-fachem Luftwechsel betrieben. In den
Büro- und Besprechungsräumen erfolgt die Luftverteilung über Schlitzauslässe.
Die Eingangshalle wird über Bodenkonvektoren beheizt und ebenso belüftet, besitzt jedoch keine Kühlflächen.
Die weiteren Bereiche (EDV, Teeküchen, WC, Flure) sind über statische Heizflächen beheizt.
(Die WC's besitzen eine Abluftanlage, die über Fensterkontakte abgeschaltet wird.)
Aufgezeichnete Datenpunkte
Insgesamt sind über den Zeitraum Juni 2004 bis Oktober 2006 ca.180 Datenpunkte aufgezeichnete worden. Im März 2005 wurden im Rahmen des Messprogramms der FfE zusätzliche
- 111
-
Datenpunkte in die Aufzeichnung aufgenommen im wesentlichen waren dies die Volumenströme in den Heiz- und Kühlkreisen, sowie zusätzliche Temperaturen (Vorlauf/Rücklauf in Heizund Kühlregistern RLT01).
Der Datenumfang im Bereich der Raumzustände umfasst für 25 exemplarische Räume jeweils
-
Raumtemperatur,
-
Position des Einzelraumreglers für Heizen und Kühlen
Position des Sollwertverstellers am Raumthermostat.
Nicht enthalten sind Informationen über Raumbelegung, Zu-/Ablufttemperatur, Stellung Sonnenschutz und Meldung Lichtsteuerung.
-
Bei der Fernwärmeversorgung stehen folgende Daten zur Verfügung:
-
Position des Regelventils an beiden Wärmetauschern,
-
sekundärseitige Vor- und Rücklauftemperaturen an den beiden Wärmetauschern, sowie
die Gesamtvor- und -rücklauftemperatur und
Absperrklappen an den Wärmetauschern.
Bei der Kälteerzeugung stehen folgende Daten zur Verfügung:
-
-
Vor- und Rücklauftemperaturen für Kalt- und Kühlwasser jeweils für die Wärmepumpen
und den Plattenwärmetauscher zur Freien Kühlung,
-
Regelventil, Rücklauftemperatur und Ventilatorsteuerung der Rückkühlung
Freigabesignale für die Kühlkreise sowie die Freie Kühlregelung.
Bei der Wärme und Kälteverteilung stehen jeweils folgende Daten zur Verfügung:
-
-
Vor- und Rücklauftemperaturen
-
Position der Mischventile oder Frequenzumformer der Pumpen
Massenstrom im Heizkreis und Kühlkreis (seit Mitte März 2005).
Bei den zentralen Lüftungsanlagen werden umfangreiche Daten aufgezeichnet. Für RLTAnlage 01 (Büros):
-
-
Zu- und Ablufttemperatur, sowie die Lufttemperatur nach Erhitzern und Kühlern.
-
Zu- und Abluftfeuchte (relative Feuchte),
-
Position der Regelventile an Vor-, Nachheizregister, Kühlregister und Befeuchter
-
Rücklauftemperaturen für Vor-, Nachheizregister, Kühlregister
Ausgänge der zentralen Regler
Bzgl. der Wärmerückgewinnung waren leider keine Daten verfügbar. Auch wurden keine Daten
zu den Abluftanlagen ausgewertet.
-
Folgende Klimadaten sind an der Wetterstation am Nachbargebäude aufgezeichnet worden:
-
Außenlufttemperatur und -feuchte,
-
Windgeschwindigkeit und -richtung,
- 112
-
-
Globalstrahlung in verschiedenen Orientierungen.
Seit Mitte Januar 2005 wird zusätzlich die Außentemperatur am Gebäude selbst aufgezeichnet.
Die beiden aufgezeichneten Temperaturen unterscheiden sich um im Mittel 1,6 K. Fehlende Daten der Außentemperatur am Gebäude, die maßgeblich für die Anlagensteuerung ist, wurden
aus den Daten der Wetterstation 1 rekonstruiert.
Aus den vorhandenen Zu- und Abluft-, bzw. Vor- und Rücklauftemperaturen wurden zur Erleichterung der Auswertung teilweise die Temperaturdifferenzen berechnet. zur Auswertung der Luftfeuchteregulierung wurde aus den Messdaten zusätzlich die absolute Feuchte berechnet.
Es stehen keine Messdaten bzgl. des Stromverbrauchs der RLT-Geräte oder Pumpen zur Verfügung.
6.2.2
Exemplarische Auswertungen
Für das Projekt wurden mehrere Diagnoseberichte angefertigt. Ausführlich wurden dabei die
Raumtemperaturregelung, die Heiz- und Kühlkreise, die Lüftungszentrale für der Anlage Büro
und die Fernwärmeübertragung sowie die Kälteerzeugung geprüft. Alle Datenpunkte wurden
sowohl im Carpet-Plot als auch in systembezogenen Scatter-Plot-Matrizen dargestellt. Zur detaillierten Analyse, die unter anderem zum Abgleich mit den theoretischen Betriebsmustermatrizen (siehe Kap ) durchgeführt wurde, sind in diesem Projekt zahlreiche zusätzliche Scatter-PlotMatrizen erstellt worden. Auszüge der Analyse werden im folgenden dargestellt.
Behaglichkeit in den Räumen
Abbildung 6.1 zeigt einen Ausschnitt der Auswertung der Raumtemperaturen im Winter. Die
Skalierung ist so gewählt, dass zu geringe Raumtemperaturen farbig erscheinen, Raumtemperaturen über dem Sollwert von 21°C erscheinen weiß. Unterschreitungen der Sollwerte sind so
deutlich zu erkennen. Die Auswertung zeigt, dass während der Betriebszeiten die Solltemperaturen eingehalten werden. Ein Raum bildet die Ausnahme (R1010, Zeile 4), hier wird erst am
späten Vormittag die Solltemperatur erreicht. Die Auswertung des Sollwertverstellers zeigt,
dass der Nutzer den Sollwert täglich umstellt. (Abbildung 6.2). Ein weiterer Raum (R1036, Zeile
5) zeigt eine starke Auskühlung über das Wochenende. Der Raum hat keine exponierte Lage;
auch hier sind die Nutzung und die Nutzergewohnheiten zu hinterfragen. Möglicherweise sind
die Fenster über das Wochenende geöffnet.
- 113
-
Abbildung 6.1 Auswertung der Raumtemperaturen (Winterfall). Farbige Stellen kennzeichnen Temperaturen unter 21°C.
Abbildung 6.2 Sollwertversteller für den Raum 1010; Nutzereingriff.
- 114
-
Abbildung 6.3 Auswertung der sommerlichen Überhitzungsstunden. Dargestellt sind von oben nach unten Raumtemperaturen über 26°C für drei Räume, die Außentemperatur, Heiz-/Kühlventil zur Darstellung
der Betriebszeiten. In den Raumtemperaturplots erscheinen Temperaturen unter 26°C blau, rötliche Stellen kennzeichnen Übertemperaturen.
In Abbildung 6.3 sind exemplarisch Übertemperaturen dargestellt. Ausgewertet sind hier eineinhalb Jahre, d.h. zwei Sommerperioden. In den ersten drei Zeilen sind die Raumtemperaturen
aus drei Räumen dargestellt. Die Skalierung ist so gewählt, dass nur Temperaturen oberhalb
26° von der blauen Färbung abweichen und so mit einem Blick ersichtlich werden. Zur besseren
Interpretation ist zusätzlich die Außentemperatur dargestellt, sowie, zur Darstellung der Betriebszeiten, das Regelventil eines Raumes. Im vorliegenden Fall wird deutlich, dass während
der Nutzungszeiten die Grenztemperatur nicht überschritten wird. Übertemperaturen treten jedoch während des Wochenendes auf (R2010, Zeile 2), die Sonnenschutzsteuerung sollte daher
überprüft werden. Ansonsten können diese Übertemperaturen während des Wochenendes zugelassen werden. Die Auswertung kann Abstimmung mit den Komfortansprüchen des Nutzers
mit anderen Grenztemperaturen durchgeführt werden.
Einhaltung der Betriebszeiten
Die Überprüfung der Betriebszeiten erfolgt ebenso über Carpet-Plots. Für das Büroräume des
Gebäudes ist eine Raumsolltemperatur von mindestens 21°C und maximal 23°C während der
Betriebszeiten (Mo-Fr 4.30 Uhr bis 20 Uhr) vorgesehen, außerhalb der Betriebszeiten wird ein
Absinken auf 18°C bzw. ein Anstieg auf 25°C zugelassen. Über den Sollwertversteller kann der
Nutzer den Sollwert um bis zu 2 K verschieben. Abbildung 6.4 zeigt für drei Räume jeweils untereinander den Stellbefehl für das Heiz- und Kühlventil und die Raumtemperatur des Raumes.
Für fast alle Räume konnte eine korrekte Einstellung der Betriebszeiten nachgewiesen werden.
Die Abbildung zeigt zwei Fälle in denen die Betriebszeiten nicht in Ordnung waren. Zum Ver- 115
-
gleich ist mit Raum R2100 (Abbildung 6.4 oben) das richtige Betriebsverhalten dargestellt. Lediglich im Sommer (rechts) ist das Kühlventil auch außerhalb der eigentlichen Betriebszeiten
geöffnet. Dies ist auf hohe Außentemperaturen und hohen Solarstrahlungseintrag zurückzuführen. Zu überprüfen wäre ob durch eine Änderung der Sonnenschutzsteuerung die Kühlung am
Wochenende vermieden werden kann. In Raum R2120 (Abbildung 6.4 Mitte) sind keinerlei Betriebszeiten erkennbar. Diese sollten neu eingestellt werden. Handlungsbedarf zeigt auch Raum
R2132 (Abbildung 6.4 unten). bei dem offensichtlich die Wochenendabsenkung deaktiviert ist.
Abbildung 6.4 Auswertung der Betriebszeiten für drei Räume. Dargestellt sind jeweils Regelventil (RV)
und Temperatur (T). Oben: Betriebszeiten in Ordnung; Mitte: Betriebszeiten nicht eingestellt; Unten:
Wochenendschaltung ein statt aus. (weitere Erläuterungen im Text)
Detailauswertung Raumtemperaturregelung
In den Bildern Abbildung 6.5 und Abbildung 6.6 ist eine komplette Detailauswertung im Carpetund Scatter-Plot für einen Raum dargestellt. Die für den Raum verfügbaren Daten sind die gemessene Raumtemperatur, die Temperatur-Sollwertverstellung, die der Raumnutzer manuell
einstellen kann, und der Stellwert für das Heiz- und das Kühlventil (-100 bis 0 kühlen; 0 bis 100
heizen). Zusätzlich wurde die Temperaturdifferenz zwischen dem Raumtemperatur-Istwert und
dem aktuellen Sollwert (21°C + Sollwertverstellung) errechnet.
Aus dem Carpet-Plot lassen sich die folgenden Informationen ziehen:
• Der Sollwertverstellung (Zeile 1) wird selten benutzt, das lässt darauf schließen, dass der
Nutzer mit dem Raumklima zufrieden ist.
• Die Raumtemperatur (Zeile 2) bleibt während der Nutzungszeit im behaglichen Bereich.
• Die Regelung (Zeile 4) zeigt wenig Variabilität, das Heiz- und Kühlventil sind zumeist zu
100% geöffnet.
- 116
-
• Die Heizung übersteuert im Winter. Regelmäßig schaltet der Regler von Heizbetrieb direkt
auf Kühlanforderung (Zeile 4, Umschalten von weiß auf blau). D.h. vormittags wird geheizt
bis die Temperatur den Sollwert für die Kühlung überschreitet. Da die Kühlung erst über
10°C Außentemperatur freigegeben wird, wird hier zumeist nicht gekühlt. Das zeigt auch
die Auswertung des Kaltwasserstroms in den Kühldecken (Zeile 6). Trotzdem sollte der
Regler neu eingestellt werden.
In den Scatter-Plots (Abbildung 6.6) sind diese Punkte ebenfalls zu erkennen. Besonders deutlich wird hier der fehlende Totbereich zwischen Heizen und Kühlen. Die wesentlichen Plots sind
in der Matrix mit roten Rahmen gekennzeichnet. Aber auch die anderen Diagramme der Matrix
sind wichtig um den fehlerhaften Betrieb genauer eingrenzen zu können. Markiert ist das Stellsignal für das Heiz- und Kühlsignal in Abhängigkeit von der Temperaturdifferenz zum Sollwert,
sowie in Abhängigkeit von der Außentemperatur und der Zeitverlauf. In diesen Teilbildern ist die
Überlappung von Heizen und Kühlen sehr gut zu erkennen. Zum Vergleich ist in Abbildung 6.7
das Regelsignal eines gut eingestellten Reglers gegenübergestellt.
Abbildung 6.5 Detailauswertung für einen Raum; von oben nach unten Sollwertversteller, Rumtemperatur, Temperaturdifferenz gegenüber Solltemperatur; Heiz-/Kühlstellsignal, Außentemperatur, Volumenstrom im Kühldeckenkreis. (Erläuterung siehe Text)
- 117
-
Abbildung 6.6 Detailauswertung für einen Raum in der Scatter-Plot-Matrix; y-Achse von oben
nach unten Temperaturdifferenz gegenüber Solltemperatur; Heiz-/Kühlstellsignal, Sollwertversteller, Rumtemperatur, Außentemperatur, x-Achsen wie y-Achsen zusätzlich Tagesverlauf, Woche, Messzeitraum. (Erläuterung siehe Text)
Abbildung 6.7 Regelventil über Temperaturdifferenz gegenüber Solltemperatur Im Raum R1050
(links) ist überlappen Heiz- (0 bis 100) und Kühlbereich (0 bis -100) (Erläuterung siehe Text).
Raum R1036 rechts zeigt das korrekte Regelverhalten.
- 118
-
6.3
Bürogebäude 2 (Energieforum Berlin, EFB)
Aufgabenstellung:
nachträgliche Visualisierung der durchgeführten Optimierungsmaßnahmen; Monitoring und Betriebsoptimierung wurden im Rahmen von SolarBau an der TU Braunschweig
durchgeführt
Zielgruppe:
Forschungsinstitut
Gebäude:
Neubau/Erweiterung (SolarBau gefördert), Fertigstellung
2003; 4-6 geschossiges Bürogebäude mit großflächigem,
überdachtem Atrium; NGF: 21.241m²
Anlagen:
Energiepfahlanlage mit Betonkerntemperierung zur Grundversorgung, im Winter über Wärmepumpe, im Sommer direkt, statische Heizung und mechanische Lüftung (nur Erwärmung), Fußbodenheizung im Atrium, über Fernwärme,
Abluftwärmepumpe
Datenpunkte:
ausgewertet wurden 200 von 375 Datenpunkten: Raumlufttemperaturen, Deckentemperaturen (BKT), Vor- und Rücklauftemperaturen, Schaltzuständen von Pumpen und Ventilatoren, Ventil- und Klappenstellungen, Strom- und Wärmezählerdaten aufgezeichnet. Weiterhin werden zeitlich gemittelte
Messwerte der Wetterstation mitgeschrieben, weil diese als
Störgröße auf die GLT aufgeschaltet sind. Die größte Anzahl
der Messdatenpunkte sind Temperaturmessstellen, vor allem Raumtemperaturen.
Zeitraum:
September 2003 – Juni 2006; 3 Jahre
Tabelle 6.3 Steckbrief des Projekts "Bürogebäude 2"
Planung und Errichtung des Gebäudes wurde im Rahmen des Programms „Solar optimiertes
Bauen“ (SolarBau/ENOB) gefördert. Die messtechnische Evaluierung wurde vom Institut für
Gebäude- und Solartechnik der TU Braunschweig durchgeführt, das das Projekt über drei Jahre
begleitet hat und zahlreiche Optimierungen im Gebäudebetrieb durchgeführt hat.
Aufgrund von Umplanungen entstand zum Bauende ein großer Termindruck, was zu einigen
Baumängeln geführt hat. Insbesondere hatte die Einrichtung des Anlagenbetriebs darunter zu
leiden. In diesem Punkt ist das Projekt sicherlich kein Einzelfall. Das Betriebskonzept war zu
Bezugsbeginn im Ende 2002 nur unvollständig umgesetzt. Erst im Laufe des Monitorings von
September 2003 an wurde nach und nach das Betriebskonzept verwirklicht. Schwierigkeiten bei
der Umsetzung gab es zudem durch häufige Ausfälle der GLT und durch Softwareupdates, die
zur Realisierung des Konzepts erforderlich waren, wodurch zuvor eingestellte Parameter wieder
überschrieben wurden.
Die Betriebsdiagnose und Visualisierung mit den OASE-Werkzeugen wurde hier nachträglich
durchgeführt. Die Optimierungsmaßnahmen wurden damit nochmals dokumentiert und das
Spektrum der OASE-Projekte konnte erweitert werden. Die Vorteile der OASE-Visualisierung
für das Energie-Monitoring wurden auch in der nachträglichen Bearbeitung deutlich. Die Überprüfung des Betriebs und das Auffinden von Fehlern und Schwachstellen wäre durch eine frühe
- 119
-
Einbindung des OASE-Betirebdiagnose-Tools deutlich erleichtert worden und das Betriebskonzept hätte schneller realisiert werden können.
Umso erstaunlicher ist es, dass der angestrebte Zielwert von 100 kWh/m²a Primärenergiebedarf
bereits im ersten vollen Betriebsjahr (2004) eingehalten und sogar unterschritten werden konnte. Durch die Optimierung des Betriebs konnte der Energiebedarf nochmal deutlich reduziert
werden. Der Heizenergiebedarf konnte um 27% gesenkt werden, damit wurden rund 200
MWh/a an Fernwärme eingespart. Der Strombedarf konnte um 16% (ca. 20 MWh/a) vermindert
werden [38].
6.3.1
Projektbeschreibung
Gebäude
An das bestehende, denkmalgeschützte Gebäude wurden zwei Neubauflügel, mit einem eingelagerten Atrium errichtet. Dadurch entsteht ein sehr kleines A/V Verhältnis mit geringen Wärmeverlusten. Die Altbauten wurden denkmalgerecht instand gesetzt. Es bestand der Anspruch, ein
ganzheitliches Energiekonzept für den Altbau und den Neubau zu entwickeln und umzusetzen,
das unter energetischen Gesichtspunkten sowie unter Gesichtspunkten des Nutzerkomforts
dem neuesten Stand der Technik entspricht. Als Zielwert für den Primärenergiebedarf sind maximal 100 kWh/m²a für Wärme und Strom vorgegeben. Besondere Beachtung wurde in diesem
Zusammenhang der Nutzung von regenerativen Energien und innovativen Energiewandlungstechniken geschenkt.
Der Energieverbrauch und der Nutzerkomfort wurden nach der Inbetriebnahme durch ein Monitoring messtechnisch untersucht und bewertet. Diese Analyse hatte zur Folge, dass sowohl an
den versorgungstechnischen Anlagen als auch an der GLT umfangreiche Optimierungsmaßnahmen erforderlich waren, um die niedrigen in Simulationen prognostizierten Energieverbräuche auch tatsächlich zu erreichen. [38]
Anlage
Die Heizungsanlage besteht aus einer Kombination von konventionellen und innovativen Wärmeerzeugungsanlagen, wobei 75 % des Heizwärmebedarfes über den Fernwärmeanschluss
gedeckt werden. Die Wärmeübergabe an den Raum erfolgt durch Niedertemperatur-Heizkörper
(60/40) und Fußbodenheizungen, die Büros werden über eine Betonkerntemperierung (BKT)
und statische Heizflächen mit gleitender Vorlauftemperatur beheizt und im Sommer über die
BKT gekühlt. Zur Beheizung ist die BKT an eine Wärmepumpe angeschlossen. Die technologische Innovation des geothermischen Heiz- und Kühlsystems besteht hierbei in der Nutzung der
Gründungspfähle des Gebäudes als Erdreichwärmetauscher und saisonale Energiespeicher. In
die Gründungspfähle sind Rohre einbetoniert, die die Sole zur Wärmepumpe weiterleiten. Im
Kühlfall wird die BKT über einen zwischenengeschalteten Wärmetauscher direkt mit Kühlwasser versorgt. Das Erdreich speichert durch diese Betriebsweise den sommerlichen Wärmeüberschuss des Gebäudes, welcher im Winter 20% des Heizwärmebedarfes liefert. Die restlichen 5
% des Heizenergiebedarfs werden von einer Abluftwärmpumpe erzeugt, die die Wärme der Abluftanlagen des Altbaugebäudes nutzt.
- 120
-
Der Bürotrakt des Gebäudes wird während der Belegungszeit von zwei Lüftungsanlagen mit
Rotationswärmetauschern mit dem hygienisch erforderlichen Mindestaußenluftanteil belüftet. In
der Übergangszeit werden ab einer mittleren Außenlufttemperatur von 12 °C die Lüftungsanlagen deaktiviert und es muss über die Fenster gelüftet werden. Die Fensterlüftung erfolgt hierbei
bei einem Teil der Büros über das Atrium. Wird die Temperatur im Atrium zu hoch, wird die Lüftungsanlage wieder aktiviert und soweit möglich Kälterückgewinnung über den Rotationswärmetauscher genutzt. In der Übergangszeit erfolgt die Kühlung in den Büros über eine automatisch gesteuerte Nachtlüftung über die Fenster, im Atrium ganzjährig.
Die Umschaltung von Sommer- auf Winterbetrieb erfolgt für alle Anlagen über das 3-TagesMittel (72 h) der Außentemperatur. Allerdings wurde diese Regelstrategie erst im November
2004 in die Gebäudeautomation integriert.
Um dem Anspruch innovativer, ökologischer Energiewandlungstechniken gerecht zu werden
wird zudem auf dem Dach des Gebäudes eine Photovoltaik Anlage und im Keller ein Brennstoffzellen-BHKW betrieben. Der erzeugte Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist und die
Wärme in die Fußbodenheizung des Atriums.
Ausgewertete Datenpunkte
Mit der Messdatenerfassung wurde im September 2003 begonnen. Insgesamt standen für die
Auswertung 375 Datenpunkte zur Verfügung. Davon wurden etwa 200 Stück für die Auswertung
verwendet. Die Messwerte wurden in 10 Minutenintervallen dokumentiert.
Von der GLT werden neben Anlagenschaltzuständen von Pumpen und Ventilatoren auch Ventilstellungen und die Klappenstellungen für die Nachtlüftung aufgezeichnet. Ebenso sind die
zahlreichen installierten Strom- und Wärmezählerdaten aufgezeichnet. Weiterhin werden zeitlich gemittelte Messwerte der Wetterstation mitgeschrieben, weil diese als Führungsgröße auf
die GLT aufgeschaltet sind. Die größte Anzahl der Messdatenpunkte sind Temperaturmessstellen und hierbei insbesondere Raumlufttemperaturen und Deckentemperaturen. Die Deckentemperaturen wurden zur Dokumentation der Wirkung der Betonkerntemperierung aufgenommen. Zur Messung der Deckentemperaturen wurden in ausgewählten Räumen Temperaturmesspunkte, jeweils auf der Oberseite, der Unterseite und in der Mitte der Decke, installiert.
6.3.2
Exemplarische Auswertungen
Wärme- und Kälterückgewinnung in der Lüftungszentrale
In Abbildung 6.8 sind mehrere Datenpunkte der Lüftungszentrale B über den gesamten Messzeitraum dargestellt. An der Außentemperatur (Zeile 1) ist der Wechsel der Jahreszeiten ersichtlich. Aus der Abbildung werden drei wesentliche Verbesserungsmaßnahmen des Betriebs
der Lüftungsanlage ersichtlich:
• Zu Beginn der Messaufzeichnungen ist der durchgehende Betrieb der Lüftungsanlage zu
erkennen (), d.h. die Anlage wurde in der gesamten Sommerperiode davor 24 h am Tag
betrieben. Nach einer Phase der Neuprogrammierung beginnt erst im Jahr 2004 ein geregelter Betrieb.
- 121
-
• In der ersten Winterperiode fällt der Rotationswärmetauscher häufiger aus (): Die Drehzahl des Wärmetauschers (Zeile 2) ist null, obwohl das Stellsignal (Zeile 3) auf "ein" steht,
gleichzeitig ist die Zulufttemperatur (Zeile 5) deutlich zu kalt. In der zweiten Winterperiode
sind nur noch wenige Ausfälle erkennbar, erst im dritten Winter läuft der Betrieb der Wärmerückgewinnung störungsfrei.
• Während der ersten (hier dargestellten) Sommer- bzw. Übergangsperiode erkennt man,
dass die Sommerabschaltung der Lüftungsanlage nicht realisiert worden ist (). Vorgesehen ist die Umschaltung auf Fensterlüftung ab einer über 72 h gemittelten Außentemperatur von 12°C. Zum Ende des Sommers wurde die Lüftungsanlage abgeschaltet. Das
Wiedereinsetzen der mechanischen Lüftung bei hohen Außentemperaturen unter Nutzung
der Kälterückgewinnung ist erst in der zweiten Sommerperiode umgesetzt ().
Abbildung 6.8: Wärme- und Kälterückgewinnung in der Lüftungszentrale B; von oben: Außenlufttemperatur; Drehzahl Rotationswärmetauscher; Stellbefehl Rotationswärmetauscher; Betriebsmeldung Ventilator;
Messwert Zulufttemperatur. Dargestellt sind 2 ¾ Jahre beginnend im Herbst 2003 bis Frühling 2006 (3
Winterperioden.) Erläuterungen im Text.
Betrieb Energiepfahlanlage und Betonkernaktivierung
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Die Betonkernaktivierung wird im Sollbetrieb unter 10 °C und über 20°C mittlerer Außentemperatur aktiviert. Dabei wird sie im Sommerfall ausschließlich mit Kühlwasser aus der Energiepfahlanlage versorgt. Im Winterfall werden die Wärmepumpe und die Energiepfahlanlage unter
10°C mittlerer Außentemperatur zugeschaltet. Die zusätzlich erforderliche Wärme wird über
Fernwärme bereitgestellt. Der Betrieb von BKT und Energiepfählen wurde während der Konzeptionsphase über Simulationsrechnungen optimiert.
Im ersten Winter sind die Komponenten der Anlage noch nicht eingestellt. Die Wärmepumpe
taktet nicht, sondern läuft durchgängig. Wie sich herausgestellt hat, war noch der Baustellenmodus aktiv. Die Vorlauftemperatur der BKT war ebenso anfangs noch nicht angepasst und zu
hoch eingestellt (). Besonders in der Übergangszeit ist ein häufiger Wechsel zwischen Betrieb
und Nicht-Betrieb der Wärmepumpe zu erkennen (). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die
Freigabe über das 3-Tages-Mittel der Außentemperatur noch nicht umgesetzt war und erst im
November 2004 realisiert wurde. In den folgenden Winterperioden bzw. der Übergangszeit ist
ein verbessertes Betriebsverhalten erkennbar.
Im Sommer 2004 laufen die Umwälzpumpen der BKT und der Energiepfahlanlage teilweise
nicht synchron (). Die Energiepfahlanlage wird unnötig betrieben, da keine Abnahme der Kälte durch die BKT erfolgt. Auch hier wurde die Regelung verbessert, so dass im Sommer 2005
der Betrieb synchron erfolgt.
Abbildung 6.9: Betrieb der Energiepfahlanlage und der Wärmepumpe - von oben: Betriebsmeldung Umwälzpumpe der Betonkernaktivierung, Betriebsmeldung Wärmepumpe, Betriebsmeldung Umwälzpumpe
Energiepfähle, Vorlauftemperatur Energiepfähle (Rücklauf aus WP), Vorlauftemperatur BKT.
- 123
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Anfang 2006 wurde die Regelung der Wärmepumpe nochmals umgestellt (), mit dem Ziel das
Takten der Wärmpumpe zu verringern und das Erdreich stärker auskühlen, um im Sommer
mehr Kälte zur Verfügung zu haben. Die Vorlauftemperatur der BKT steigt dadurch insgesamt
an und beginnt zu schwanken (siehe auch Abbildung 6.11).
In Abbildung 6.10 ist der Sollverlauf der Vorlauftemperatur der BKT über der 72 h-gemittelten
Außentemperatur dargestellt. Abbildung 6.11 zeigt die entsprechenden Messwerte ab dem
Zeitpunkt der Umsetzung der Regelung über den Temperaturmittelwert.
Es zeigt sich ein sehr gut umgesetztes Regelkonzept sowohl im Heizfall unter 10°C Außentemperatur als auch im Kühlfall über 20°C. Ab Anfang 2006 (Abbildung 6.11 rechts zwischen -10°C
und 0°C) zeigt sich durch den geänderten Betrieb der Wärmepumpe, wie schon im Carpet-Plot
(Abbildung 6.9) ersichtlich, die erhöhte und deutlich schwankende Vorlauftemperatur.
Vorlauftemperatur der Betonkerntemperierung
Abbildung 6.10: Sollvorgabe der Vorlauftemperatur der BKT (aus [38])
Abbildung 6.11: Messwerte der BKT-Vorlauftemperatur über dem 72h-Mittel der Außentemperatur (links)
sowie Zeitverlauf (rechts) von November 04 bis Juni 06. Rot markiert sind die Zustände bei laufender
BKT-Umwälzpumpe.
- 124
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Natürliche Lüftung im Atrium
Die Temperierung des Atriums erfolgt über die Fußbodenheizung sowie über die Steuerung der
Lüftungsklappen, die eine natürliche Belüftung des Atriums bewirken. Der hygienisch erforderliche Mindestluftwechsel ist im Atrium wegen des großen Volumens und der geringen Personenanzahl über die Infiltration ausreichend gedeckt. Die Fußbodenheizung wird über die Außentemperatur geregelt, die Lüftungsklappen, abgesehen von einer übergeordneten witterungsabhängigen Steuerung, über die gemittelte Atriumtemperatur. Dadurch kommt es immer wieder zu
Überschneidungen und es wird bei offenen Lüftungsklappen geheizt. Die Lüftungsklappen öffnen bei einer Außentemperatur über 16°C ab 18°C Innentemperatur, bei tieferen Außentemperaturen ab 22°C Raumtemperatur. Abbildung 6.12 zeigt einen Zeitabschnitt im Sommer 2005.
Besonders an Tagen mit kühlen Außentemperaturen wird teilweise am Vormittag geheizt und
am Nachmittag über die Lüftung wieder gekühlt (). Die Heizung setzt ein, während die Lüftungsklappen noch geöffnet sind und die Lüftungsklappen öffnen, obwohl die Heizung noch in
Betrieb ist (). Durch das Entzerren der Bereiche Heizen und Lüften oder eine abhängige Regelung kann hier der Betrieb noch optimiert werden.
Die Durchlüftung des Atriums bei geöffneten Klappen scheint gut zu funktionieren, was an einem schnellen Absinken der Raumtemperatur nach dem Öffnen der Klappen erkennbar ist ().
Abbildung 6.12 Natürliche Lüftung im Atrium – von oben: Temperatur im Atrium, über 72 h gemittelte Außentemperatur, Klappenstellung, Umwälzpumpe der Fußbodenheizung. Juni 2005 August 2005
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Abbildung 6.13 Natürliche Lüftung im Atrium - von oben: Raumtemperatur im Atrium, Klappenstellung,
Vorlauftemperatur der Fußbodenheizung
Die Abbildung 6.13 zeigt das unabgestimmte Verhalten der Lüftungsklappen im Atrium. Obwohl
die Atriumtemperatur sehr hoch ist, sind die Klappen geschlossen (). Andererseits erkennt
man auch, dass tagsüber die Klappen bei geringer Atriumtemperatur offen sind und nachts geheizt werden muss ().
Betrieb der Abluftwärmepumpe
Die Abluftwärmepumpe dient zur Wärmerückgewinnung aus der Abluft, insbesondere der
WC´s, da diese separat abgeführt wird. Die erzeugte Wärmeenergie wird in das zentrale
Heizungsnetz (60/40) eingespeist. Die Wärmepumpe und die dazugehörigen Umwälzpumpen
werden ab einer über 72h gemittelten Außenlufttemperatur kleiner 16°C freigegeben und größer
18°C wieder abgeschaltet.
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Abbildung 6.14 Betrieb der Abluftwärmepumpe – Zeitraum: Herbst 2003 bis Frühjahr 2006; von oben:
Betriebsmeldung Abluftwärmepumpe, Betriebsmeldung Umwälzpumpe, Vorlauftemperatur aus Pufferspeicher, Vorlauftemperatur der statischen Heizung
Die Abluftwärmepumpe kam am Anfang kaum zum Einsatz. Schrittweise wurden Betriebsparameter angepasst, so dass schließlich eine optimale Nutzung der Abluftwärme erreicht wurde.
• Die Umwälzpumpe der Abluftwärmepumpe läuft anfangs durch. Der Betrieb der Pumpe ist
nicht auf die Wärmepumpe abgestimmt. Die Betriebszeit wurde dementsprechend an den
Betrieb der Wärmepumpe angepasst ().
• Die Abluftwärmepumpe läuft 2004 sehr wenig, weil die Vorlauftemperatur der Heizung größer als die Vorlauftemperatur der Wärmepumpe ist (). Die Vorlauftemperatur der Wärmepumpe wurde erhöht und die Wärmepumpe läuft häufiger, weil sie nun ein höheres Temperaturniveau hat als die statische Heizung (). Bei sehr tiefen Außenlufttemperaturen ist die
Wärmepumpe weniger in Betrieb, weil sie die erforderliche Vorlauftemperatur nicht erreichen kann und weil es primärenergetisch nicht sinnvoll ist.
Fernwärme
Das Gebäude wird hauptsächlich mit Fernwärmeenergie versorgt. Angeschlossen sind die
statischen Heizflächen der Büros sowie das Pförtnergebäude, die Lüftungsanlagen und die
Fußbodenheizung im Atrium. Die Heizungsanlagen (60/40), die Fußbodenheizung und die
Heizung für die RLT- Anlagen wird aktiviert, wenn die gemittelte Außenlufttemperatur über 72h
kleiner 16°C ist und oberhalb von 18°C deaktiviert.
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Abbildung 6.15 Betrieb der Fernheizung – Zeitraum: Herbst 2003 bis Frühjahr 2006; von oben Betriebsmeldungen: Außenlufttemperatur, Umwälzpumpe auf der Sekundärseite, Fernwärmetemperaturen sekundärseitig, Fernwärmetemperaturen primärseitig, Vorlauftemperatur Fußbodenheizung Atrium, Betriebsmeldung Umwälzpumpe Fußbodenheizung
Aus der Abbildung 6.15 kann folgender Zusammenhang abgeleitet werden:
• Die Anlage wird im Sommer durchströmt, weil die Umwälzpumpe durchläuft, da sie
ohne Regelprogramm betrieben wird (). Der Vergleich der sekundärseitigen Vorlauftemperatur mit der Rücklauftemperatur zeigt, dass keine Wärme abgenommen wird.
Besonders auffällig ist auch, dass die Vorlauftemperatur der Fußbodenheizung von
der Hauptpumpe der Fernwärmeübergabestation beeinflusst wird. Die Vorlauftemperatur von 30°C kann sich somit durch ein undichtes Ventil einstellen.
• Im Jahr 2005 () wird die Umwälzpumpe im Sommer abgeschaltet. Dadurch werden
unnötige Wärmeverluste vermieden, Pumpenenergie eingespart und somit CO2- Emissionen reduziert.
- 128
-
6.4
Bürogebäude 3
Aufgabenstellung:
Visualisierung der Betriebsdaten im Rahmen einer Betriebsoptimierung, Kurzzeitanalyse
Zielgruppe:
Ingenieurbüro
Gebäude:
Bestand, Fertigstellung 2000; Büroturm mit 35 Stockwerken und
Blockrandbebauung (7 Stw.); BGF 109.000 m²
Anlagen:
Raumlufttechnische Anlagen, Kälteanlage mit Eisspeichern
Datenpunkte
125 Datenpunkte
ausgewertet: Klappenstellung, Ventile, Pumpen, Ventilatoren,
jeweils mit Stellbefehl und Rückmeldung. Lufttemperaturen (RLT),
Vorlauf-, Rücklauf-, Speichertemperaturen.
Zeitraum:
April 2007; 1 Monat
Tabelle 6.4 Steckbrief des Projekts "Bürogebäude 3"
Im Rahmen einer Neukonzeption des Gebäudemanagements wurden für dieses Projekt Maßnahmen zur Optimierung des Gebäudebetriebs aufgezeigt und mögliche Einsparungen dargestellt. Dabei war der Zugriff auf die GLT möglich, Datenaufzeichnungen über einen längeren
Zeitraum waren jedoch nicht verfügbar. Zur Auswertung der vorhanden GA-Aufzeichnungen einiger Teilsysteme über 4 Wochen wurde hier versuchsweise auf die OASE-Betriebsdiagnose
zurückgegriffen. Im Rahmen des Gesamtkonzepts konnte dem Auftraggeber so neben einzelnen Verbesserungsmaßnahmen eine Demonstration der Möglichkeiten einer Betriebsdiagnose
aufgezeigt werden.
Die Ergebnisse in diesem Projekt haben gezeigt, dass die Betriebsdiagnose auch bei diesen
kurzen Zeiträumen bereits ein erhebliches Optimierungspotential aufdecken kann.
6.4.1
Projektbeschreibung
Gebäude
Der Gebäudekomplex wurde im Jahr 2000 fertig gestellt. Die Liegenschaft besteht aus einer
mehrgeschossigen Blockrandbebauung und einem Hochhaus mit 35 Geschossen. Die Bruttogeschossfläche beträgt ca. 109.000 m².
Anlage
Die Räume im Hochhaus und der Blockbebebauung sind vollklimatisiert und verfügen über präsenzgesteuerte Einzelraumregler. Die Belüftung erfolgt über vier zentrale Lüftanlagen mit Rotationswärmetauschern zur Wärme- und Kälterückgewinnung. Die Wärme wird als Fernwärme bereitgestellt. Die Kälte wird über fünf Kompressionskälteanlagen erzeugt. Zwei Eisspeicher dienen der Speicherung der Kälte und versorgen.
- 129
-
Ausgewertete Datenpunkte
Ausgewertet wurden ca. 125 Datenpunkte:
Für drei RLT-Anlagen standen zur Verfügung
- Klappenstellung,
- Drehzahl der Ventilatoren,
- Lufttemperaturen (Zuluft, Abluft, Fortluft)
- Vor- und Rücklauftemperaturen der Heiz- und Kühlregister
- Regelventile,
- Betriebsmeldungen der Pumpen
Zur Auswertung der Kälteversorgung standen zur Verfügung:
- Betriebsart der Kältespeicherung
- Füllstand der Eisspeicher
- Temperaturen im Eisspeicher
- Vor- und Rücklauftemperaturen der versch. Kältemaschinen und Wärmetauscher
- Klappen- und Ventilstellungen
- Betriebsmeldungen der Pumpen
Für die zwei Fernwärmeübergabestationen waren die Leistungszähler verfügbar.
Außergewöhnlich war in diesem Projekt, dass für alle Stellglieder sowohl der Stellbefehl als
auch die Rückmeldung als Datenpunkt vorhanden waren. Die Fehlerdiagnose kann dadurch
noch einen Schritt verfeinert werden und die Fehler genauer eingegrenzt werden.
6.4.2
Exemplarische Auswertungen
Heizfunktion der Lüftungsanlage
Abbildung 6.16 zeigt die Analyse der Heizfunktion der RLT-Anlage im Scatter-Plot. Auffällig ist
hier zunächst dass die Lufterhitzerpumpe häufig in Betrieb ist, obwohl der Ventilator ausgeschaltet ist (). Die Pumpe läuft über die Feiertage (Osterwochenende), während der Ventilator
korrekt abgeschaltet ist.
Die Überprüfung des Zusammenspiels zwischen Wärmerückgewinnung und Lufterhitzer ergibt,
dass der Lufterhitzer zum Teil aktiv ist, während die WRG nicht läuft (, rote und grüne Punkte). Die Analyse ergibt, dass das Regelventil des Lufterhitzers regelmäßig öffnet bevor der Ventilator startet (, grün). Die (stehende) Luft wird dabei vor Betriebsbeginn auf bis zu 34 °C erwärmt. Eine weitere Häufung des Betriebszustandes "Lufterhitzer an – Wärmerückgewinnung
aus" gibt es offensichtlich bei einer Außentemperatur von 10°C (, rot).
- 130
-
Abbildung 6.16 Heizfunktion RLT-Anlage Nord – von oben nach unten : Drehzahl Zuluftventilator, Pumpe
des Lufterhitzer, Regelventil Lufterhitzer, Zulufttemperatur; von links nach rechts: Stellbefehl Wärmerückgewinnung, Außentemperatur, Tagesgang, Wochenverlauf, Messzeitraum. grüne Markierung: Betrieb
des Heizregisters ohne WRG beim Anfahren; rote Markierung: Betrieb des Heizregisters ohne WRG.
Abbildung 6.17 zeigt den unsynchronisierten Betrieb von Ventilator und Erhitzerpumpe nochmals in der Carpet-Plot-Darstellung. Der Fehler hätte bereits bei der Überprüfung der Kontrollfunktionen des Gebäudemanagementsystems auffallen können. Abbildung 6.18. Die Laufzeit
der Pumpe übersteigt den Ventilatorbetrieb um 600 Stunden.
Abbildung 6.17: Betriebsmeldung Ventilator und Pumpe des Erhitzers
- 131
-
Abbildung 6.18: Betriebsstunden der Komponenten der RLT-Anlage - Auswertung aus dem Gebäudemanagementsystem
- 132
-
6.5
Schule (Gebhard-Müller-Schule Biberach, GMS)
6.5.1
Projektbeschreibung
Aufgabenstellung:
Laufende Unterstützung der messtechnischen Evaluierung
im Rahmen von SolarBau TK3; Betriebsoptimierung
Zielgruppe:
Forschungsinstitut, Betreiber
Gebäude:
Neubau (SolarBau gefördert), Fertigstellung 2004; Berufsschule; NGF: 10.650 m²
Anlagen:
Betonkerntemperierung und mechanische, luftqualitätsgeregelte Lüftung in den Räumen, Umluftkühlung in den EDVRäumen, Fußbodenheizung im Atrium, zwei Wärmepumpen
angeschlossen an Grundwasser, Holzpelletkessel zur Spitzenlastabdeckung, Kühlung direkt mit Grundwasser
Datenpunkte:
insgesamt 1200 Datenpunkte. Seit Mitte 2006 externer
Zugriff auf die GLT möglich; Raumtemperaturen, VorlaufRücklauf-, Speichertemperaturen, Stellung von Ventilen und
Volumenstromregler, Freigabesignale bzw. Betriebsmeldungen von Anlagen, Frequenzumformer der Ventilatoren
Zeitraum:
Oktober 2004 – Januar 2007; 2 ½ Jahre
Tabelle 6.5 Steckbrief des Projekts "Schule"
Für den Neubau der Berufsschule wurde das ehrgeizige Ziel verfolgt ein öffentliches Gebäude
als sog. 3-Liter-Haus (Heizwärmebedarf 30 kWh/m²a) zu verwirklichen. Der gemessene Energieverbrauch von 37 kWh/m² im ersten Betriebsjahr lässt hoffen, dies durch weitere Maßnahmen der Betriebsoptimierung tatsächlich zu erreichen [41].
Bereits in der Konzeptions- und Planungsphase des Gebäudes wurden umfangreiche Simulationen zum Gebäudebetrieb durchgeführt [28]. Da das Projekt zu den im Forschungsprogramm
SolarBau TK3 geförderten Vorhaben gehört war von Beginn an die messtechnische Evaluierung des Konzepts sowie die Optimierung im Betrieb eingeplant. Die OASE-Betriebsdiagnose
wurde hier zur Unterstützung der Evaluierung und Betriebsoptimierung eingesetzt
Gebäude
Das Gebäude beherbergt die Kaufmännische Schule im Kreis-Berufsschulzentrum in Biberach.
Das dreigeschossige Gebäude besteht aus dem im Südwesten liegenden Riegelbau, der in
Massivbauweise mit Lochfassade ausgeführt ist, sowie zwei angegliederte Unterrichtsgebäude
deren Fassade als Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgeführt ist. Die Fensterflächen der Unterrichtsräume sind mit einem automatisch gesteuerten, außenliegenden Sonnenschutz ausgestattet. Das Hauptgebäude umschließt zwei überdachte Atrien. Die insgesamt beheizte Nettogrundfläche beträgt 10.650 m² (Hauptnutzfläche 5.542 m²). Fertigstellung war im September 2004
[41].
- 133
-
Anlage
Die Grundtemperierung des Gebäudes erfolgt über Betonkernaktivierung. Sämtliche Räume
werden außerdem mechanisch belüftet. Über diese Systeme können die Räume geheizt und
gekühlt werden. Für die Bereitstellung der benötigten Wärme sorgen zwei Wärmepumpen, angeschlossen an Grundwasser, und einen Holzpelletkessel zur Spitzenlastabdeckung. Zur Kühlung des Gebäudes wird das Grundwasser direkt verwendet, dabei wird im Sommer das gesamte Gebäude gekühlt, im Winter wird über Umluftkühlgeräte nur der Serverraum gekühlt.
Die Luftaufbereitung erfolgt in drei zentralen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Eine
Befeuchtung findet nicht statt. Der Luftvolumenstrom wird über Luftqualitätssensoren und die
Raumtemperatur raumweise geregelt. Die Zulufttemperatur beträgt 20°C. Fensterkontakte unterbrechen die mechanische Lüftung des betreffenden Raums bei geöffneten Fenstern.
Ausgewertete Datenpunkte
Die Betriebsdiagnose startete Ende 2004 nach Fertigstellung des Gebäudes. Insgesamt sind
1200 Datenpunkte auf die Gebäudeleittechnik aufgeschaltet. Zu Beginn des Gebäudebetriebes
wurden nur ca. 110 Datenpunkte archiviert und für die Auswertung zur Verfügung gestellt. Seit
2006 werden zur Auswertung in der Betriebsdiagnose alle Datenpunkte archiviert. Seit Mitte
2006 ist der externe Zugriff auf die GLT möglich, dadurch können die Daten jederzeit abgerufen
werden, ohne dass das Personal vor Ort tätig werden muss.
Folgende Datenpunkte werden im Rahmen der Betriebsdiagnose ausgewertet:
Für exemplarische Räume:
-
Raumtemperaturen,
-
Raumluftqualität,
-
Meldung Zuluft Freigabe
-
Stellung Volumenstromregler Zuluft
Fensterkontakt
Informationen über Raumbelegung (elektronischer Stundenplan), Ablufttemperatur, Stellung
Sonnenschutz und Meldung Lichtsteuerung waren nicht vorhanden.
-
Zur Auswertung der Betonkerntemperierung standen ausschließlich Vor- und Rücklauftemperaturen zur Verfügung.
-
Systemtemperaturen (Vorlauf- Rücklauf-, Speichertemperaturen)
-
Stellung von Ventilen und Volumenstromreglern
-
Freigabesignale und Betriebsmeldungen von Anlagen (Kompressoren der Wärmepumpen, Umwälzpumpen, Ventilatoren)
Angaben der Frequenzumformer Ventilatoren
Bei der Wärmeerzeugung standen folgende Daten zur Verfügung:
-
-
Betriebsstufe Grundwasserpumpe,
-
Brunnenwassertemperaturen an verschiedenen Positionen im System,
- 134
-
-
Ventilstellung am Vor- und Rücklauf Pellet-Kessel,
-
Betrieb der einzelnen Verdichterstufen der Wärmepumpen,
-
diverse Vor- und Rücklauftemperaturen im System sowie
Pufferspeichertemperaturen.
Pumpen und Ventilstellungen der einzelnen Wärme- und Kältekreise wurden erst seit dem
Frühjahr 2007 mit aufgezeichnet.
-
Bei den drei zentralen Lüftungsgeräten wurden Zu- und Ablufttemperaturen aufgezeichnet. Betriebsdaten der einzelnen Komponenten wie Heiz- und Kühlregister, Wärmerückgewinnung,
Ventilator, Klappen, usw. waren nicht vorhanden
Von der Wetterstation waren folgende Werte verfügbar:
-
Außenlufttemperatur
-
Windgeschwindigkeit und -richtung,
-
Helligkeitswerte, unterschieden nach „Tag“ und „Dämmerung“.
Schwierigkeiten ergaben sich zu Anfang durch lückenhafte Aufzeichnungen und durch sehr
lange und komplizierte Datenpunktbezeichnungen, die schwierig zuzuordnen und zu systematisieren waren. Teilweise wurden die Datenpunktbezeichnungen während der Projektlaufzeit geändert, was die automatische Verarbeitung zusätzlich sehr erschwert.
6.5.2
Exemplarische Auswertungen
In der Gebäudeautomation wurden auf Grundlage der Betriebsdiagnose immer wieder zahlreiche Anpassungen vorgenommen, beispielsweise in Bezug auf die Betriebszeiten. Ein Schwerpunkt war, aufgrund des gemessenen, hohen Stromverbrauchs der Grundwasserbereitstellung
eine Senkung des Grundwasserbedarfs und eine Neukonzipierung der Grundwasserführung.
Hierzu wurden mehrere Maßnahmen ausgearbeitet und eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
durchgeführt. Darunter wurde auch der Betrieb der Umluftkühlung des EDV-Raums verbessert
sowie der Betrieb der Wärmepumpe optimiert.
Optimierung der Betriebszeiten der Lüftungsanlagen
Die Stärke der Darstellung von Datenpunkte im Carpet-Plot liegt vor allem in der schnellen Kontrollierbarkeit der Betriebszeiten. Ein Abgleich der Betriebszeiten ist daher oft die erste Maßnahme der Betriebsoptimierung. Abbildung 6.19 zeigt die Reduzierung der Betriebszeit der Lüftungsanlage. Im Abstimmung mit den Nutzern wurde die Betriebszeit mit der Raumbelegung
abgeglichen und um 4 Stunden täglich verkürzt. Zudem zeigte die Betriebsdiagnose, dass der
Rotationswärmetauscher der Lüftungsanlage durchgehend in Betrieb war, auch wenn der Ventilator ausgeschalten war und somit keine Luft gefördert wurde (s. Abbildung 6.20). Nach der Inbetriebnahme wurde hier schlicht vergessen die Betriebszeiten abzugleichen.
- 135
-
Betrieb Zuluftventilator
Abbildung 6.19: Betrieb Zuluft-Ventilator (RLT B) – Das Betriebsende wurde nach Abstimmung mit den
Nutzern von 22 Uhr auf 18 Uhr vorverlegt.
Betrieb WRG
Abbildung 6.20: Betrieb Rotationswärmetauscher (RLT B) – Typischer Fehler nach Inbetriebnahme: der
Rotationswärmetauscher ist durchgehend in Betrieb, obwohl der Ventilator nachts und am Wochenende
abgeschaltet ist
Betrieb Umluftkühlgeräte
Im Serverraum der Schule sind zwei Umluftkühlgeräte installiert die abweichend zur Planungsidee nicht auf die GLT aufgeschaltet wurden, d.h. als autarke Kühleinheiten ausgeführt wurden.
Das bedeutet, jedes Gerät misst die Raumtemperatur über den geräteinternen Temperaturfühler und beginnt bei Überschreitung des eingestellten Sollwertes mit der Kühlung ohne Rückmeldung an die Gebäudeleittechnik. Hierzu muss stets Kaltwasser am Gerät bereitgestellt werden,
da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Kühlgeräte bei Umschaltung auf Kühlbetrieb in den
Notaus-Zustand springen. Eine Wieder-Freigabe kann dann nur manuell erfolgen. Eine Kühlung
des Serverraums wäre also nicht sichergestellt. Um den Stromverbrauch zur Kaltwasserbereitstellung zu reduzieren sieht die Optimierungsmaßnahme die raumtemperaturabhängige Freigabe der Umluftkühlgeräte über die GLT vor. D.h. Erfassung der Raumtemperatur durch die GLT
und Freigabe der Umluftkühlgeräte durch die GLT. Damit ist es möglich, dass die Kaltwasserversorgungspumpen nur im tatsächlichen Kühlbetrieb eingeschaltet werden. Für die Aufschaltung der Umluftkühlgeräte der drei EDV-Räume auf die GLT und die Einrichtung der Freigabefunktionen wurde mit ca. 2.000 € veranschlagt.
Zusätzlich soll der EDV-Raum während der Heizperiode von der BKT-Versorgung abgekoppelt
werden, um ein gleichzeitiges Heizen und Kühlen zu verhindern. Dies ist allerdings nur durch
manuelles Verschließen der Ventile möglich.
- 136
-
4
Z22_VS_EDV_Kuehlung [m³]
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
05.10.2006
06.10.2006
07.10.2006
08.10.2006
09.10.2006
10.10.2006
11.10.2006
12.10.2006
13.10.2006
14.10.2006
15.10.2006
Abbildung 6.21: Volumenstrom der EDV-Kühlung, nach Aufnahme der Freigabe Funktion in die GLT
Optimierung des Wärmepumpenbetrieb
Ziel der Optimierung des Wärmepumpenbetriebs ist in erster Linie eine Anhebung des COPWerts. Dies kann durch Reduktion des Temperaturhubes zwischen Grundwassertemperatur
und Vorlauftemperatur erreicht werden. Da die Grundwassertemperatur nicht geregelt werden
kann, ist die Vorlauftemperatur des Systems so niedrig wie möglich zu wählen. Hierzu ist es
notwendig die Anforderungen des Gebäudes bezüglich der Vorlauftemperatur näher zu untersuchen. Die vom Gebäude benötigten Vorlauftemperaturen unterscheiden sich klar zwischen
Tag- und Nachtbetrieb, da während des Tages die Lüftungsanlage versorgt wird, während der
Nacht die BKT (Betonkerntemperierung). Abbildung 6.22 zeigt in den Häufigkeitsverteilungen
die für die BKT benötigten Vorlauftemperaturen während des Winters. Diese betragen maximal
28 °C. Für die Lüftungsanlage ist allerdings tagsüber eine Vorlauftemperatur von 40°C vorgesehen.
Da die Vorlauftemperatur nur direkt fest an der Wärmepumpe eingestellt werden kann und kein
Zugriff durch die GLT möglich ist, wurde bisher eine für beide Systeme noch zufrieden stellende
Temperatur von 35°C definiert. Die Vorlauftemperatur von 35°C ist bereits das Ergebnis der Optimierung nach der ersten Betriebsphase. Zu Beginn wurde die Anlage mit einer Vorlauftemperatur von 45°C gefahren. (siehe auch Abbildung 6.23, Zeile 2)
- 137
-
Abbildung 6.22 Vorlauftemperaturen der BKT im Zeitraum 01.11.2005 bis 1.04.2006
Ein weiteres Problem im Betrieb der Wärmepumpe ist das häufige Takten, das ebenso auf eine
zu hohe Vorlauftemperatur zurückzuführen ist.
Es hat sich gezeigt, dass bei einer hohen Vorlauftemperatur durch die Beimischschaltung das
Vorlaufwasser wieder direkt in den Rücklauf der Wärmepumpen geleitet wird und die Kompressoren damit zu Takten beginnen. Dies tritt vor allem in der Übergangszeit Sommer-Winter und
Winter-Sommer auf. Das häufige Takten ist im Carpet-Plot (Abbildung 6.23, Zeile 4) gut zu erkennen. Die Feinanalyse im Liniendiagramm (Abbildung 6.24) zeigt zudem, dass der 4-stufige
Betrieb der Wärmepumpen nicht ausgenutzt wird, tatsächlich sind fast ausschließlich zwei oder
vier der Kompressoren in Betrieb. Dies liegt an der internen Steuerung der Anlage und kann
über die Gebäudeautomation nicht beeinflusst werden.
Eine niedrigere Vorlauftemperatur wirkt sich positiv auf die Energieeffizienz der Wärmepumpe
wie auch auf das Regelverhalten der Anlage aus. Prinzipiell sind die die Trägheit des BKTSystems und niedrige Vorlauftemperaturen ideale Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen
und effizienten Wärmepumpenbetrieb. Dem entgegen steht im hier realisierten Anlagensystem
die Mitversorgung der Lüftungsanlage.
Zur Optimierung der Anlage wurde daher eine systemübergreifende Lösung vorgeschlagen:
künftig soll der Holzpelletkessel, der zur Spitzenlastdeckung installiert ist und bisher nur sehr
selten zum Einsatz kommt, die Lüftungsanlage tagsüber mit Wärme auf höherem Temperaturniveau versorgen. Somit wird zum einen der kostengünstige Betrieb des Holzpelletkessels häufiger zum Einsatz zum anderen kann dadurch der Betrieb der Wärmepumpe optimal auf die
BKT abgestimmt werden.
- 138
-
Abbildung 6.23 Wärmepumpenbetrieb: von oben nach unten: Außentemperatur, Vorlauftemperatur, Vorlauftemperatur BKT (Heizkreis 1), Wärmepumpenbetrieb (Summensignal für die vier Verdichterstufen)
45
14
40
12
35
10
25
8
VL Temperatur WP
20
RL Temperatur WP
Mittl. Speichertemperatur WP
6
Anzahl Kompressoren
Temperatur
30
Verdichter WP
15
4
10
2
5
0
25.01.06 00:00
25.01.06 03:00
25.01.06 06:00
25.01.06 09:00
25.01.06 12:00
25.01.06 15:00
25.01.06 18:00
25.01.06 21:00
0
26.01.06 00:00
Datum
Abbildung 6.24 Feinanalyse des Wärmepumpenbetriebs während eines Tages in der Heizperiode
- 139
-
Reduzierung der Leistung der Brunnenpumpe
Aufgrund der messtechnischen Evaluierung durch die Hochschule Biberach konnte in der Gebhard-Müller Schule ein unerwartet hoher Stromverbrauch der Brunnenwasserpumpe festgestellt
werden. Im Rahmen der Betriebsoptimierung wurden mehrere Maßnahmen erarbeitet, die den
Stromverbrauch deutlich reduzieren. Allerdings sind hierzu Umbauten an den Anlagen erforderlich: Die Maßnahme gehen somit über den normalen Rahmen einer Betriebsoptimierung hinaus.
Die Auswertung auf Basis der Messdaten der Hochschule Biberach zeigt deutlich, dass der
dominierende Faktor im Stromverbrauch der Grundwasserpumpe die zu überwindende Höhendifferenz von 20-25 m ist. Der Druckverlust der Wärmetauscher bzw. Ventile entspricht im Maximum einem Zehntel dieses Wertes. Das bedeutet, dass das größte Einsparpotential in der
Reduktion des Wassermassenstroms an sich liegt.
Temperaturdifferenz Brunnen
Betrieb Brunnenpumpe
Abbildung 6.25: Betrieb Brunnenpumpe – Die Brunnenpumpe läuft durchgängig unabhängig von der
Wärme- oder Kälteabnahme (Temperaturdifferenz 0 K).
Grundwasserverteilung und Grundwasserförderung
Das Grundwasser wird zum Kühlen und mittels Wärmepumpen zum Heizen eingesetzt. Der
Grundwasserkreislauf verteilt sich dazu auf zwei Wärmetauscher, von denen der eine den
Heizkreis d.h. die Wärmepumpen versorgt, der andere den Kühlkreis, an den die Betonkerntemperierung BKT und die Umluftkühlgeräte angeschlossen sind. In der Grundeinstellung verteilt sich der Grundwasserstrom unabhängig vom Bedarf zu je 50% auf die beiden Wärmetauscher. Die Grundwasserpumpe läuft dabei immer mit höherer Leistung als erforderlich und verursacht damit unnötig hohen Stromverbrauch. So sind im Sommer die WP ausgeschaltet,
Grundwasser über den Wärmetauscher der Wärmepumpe gefördert. Dieser Zustand verbessert
sich dadurch, dass die Haumeister durch Abdrosselung in begrenzten Rahmen den Stromverbrauch reduzieren.
Zur Regulierung der Grundwasserverteilung und Einsparung von Pumpenergie wurden drei
Vorschläge ausgearbeitet. Die Reihenschaltung der beiden Wärmetauscher Heizung und Kälte
(siehe Abbildung 6.26), als eine der möglichen hydraulischen Verschaltungen, hat sich als die
wirtschaftlichste Variante herausgestellt. Bei Investitionskosten von rund 8.000 € können hier
jährlich fast 15 MWh/a Strom bzw. rund 1.600 €/a an Betriebskosten eingespart werden.
Tabelle 6.6 zeigt die Einsparungen auch für die anderen Varianten. [40]
- 140
-
Abbildung 6.26: Funktionsschema der Grundwasserverteilung: links: Ausgangszustand: Aufteilung des
Grundwassers auf Wärme- und Kälteseite; rechts: Optimierung (Variante 2) durch Reihenschaltung von
wärme- und kälteseitigen Wärmetauscher (WT). [40]
Variante
0
1
2
3
Bezeichnung
Istzustand
Optimierte Handregelung
Reihenschaltung
Variable Regelung
Grundwassser- Strombedarf Investitionskosten
massenstrom
GWP
Netto
314.415 m³/a 46,0 MWh/a
0,0 €
251.094 m³/a 41,9 MWh/a
1.700,0 €
185.371 m³/a 31,5 MWh/a
7.910,0 €
185.444 m³/a 31,5 MWh/a
14.555,0 €
Einsparung Amortisation
0,0 €/a
455,8 €/a
3,7 a
1.624,0 €/a
4,9 a
1.624,0 €/a
9,0 a
Tabelle 6.6 Kosteneinsparung durch geänderte Grundwasserverteilung
Das Grundwasser wird über einen Förderbrunnen in die Technikzentrale auf dem Dach des
Gebäudes gefördert, über die Wärmetauscher Heizung und Kälte geführt und mittels zweier
Schluckbrunnen wieder der gleichen Grundwasserschicht zugeführt. Das installierte System ist
als hydraulisch offenes System ausgeführt, d.h. es muss Arbeit für die Überwindung der geodätischen Höhe geleistet werden. Bei einem geschlossenen System, beispielsweise einem Heizungssystem, geht in den Energiebedarf für die Umwälzpumpe nur der Druckverlust an Regelorganen, Heizkörpern etc. ein. Die geodätische Höhe ist im geschlossenen System nicht relevant.
Im Zeitraum 23.10.2005 bis 23.10.2006 wurden, nach Aufzeichnungen der FH Biberach, dafür
46 MWh Strom benötigt. Durchschnittlich wurden 35,6 m³/h Grundwasser gefördert.
Um den Stromverbrauch der Grundwasserpumpe zu reduzieren sollten je Schluckbrunnen ein
Druckhalteventil installiert werden und die Luftansaugung in der Dachzentrale geschlossen
werden, um quasi ein geschlossenes System zu realisieren. Damit halbiert sich in etwa der
Druckverlust auf Grund des geodätischen Höhenunterschiedes zwischen Hubbrunnen und der
Technikzentrale auf dem Dach. Ein eventuell entstehender Unterdruck wird durch ein Sicherheitsventil abgesichert.
Für das offene System muss die Grundwasserpumpe eine Wassersäule von 20-25 m aufbauen.
Mit den installierten Druckhalteventilen könnten davon ca. 1,0 bar, d.h. ca. 10 m Wassersäule,
zurück gewonnen werden. Dementsprechend würde sich der Stromverbrauch der Pumpe auf
etwa die Hälfte reduzieren.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ergibt Investitionen von 8.100 €, bei einer Stromeinsparung
von 15 MWh/a verbunden mit einer Kosteneinsparung von ca. 1.700 €/a.
- 141
-
6.6
Laborgebäude (Forschungszentrum Jülich, FZJ)
Aufgabenstellung:
Unterstützung des Monitoring und der Betriebsoptimierung im
Rahmen des Vorhabens LabSan (EnSan gefördert), Visualisierung der Messdaten
Zielgruppe:
Forschungsinstitut
Gebäude:
Sanierung, Baujahr ca. 1965, Komplettsanierung 2002; Laborgebäude, 3-geschossig; HNF: 3.300 m²
Anlagen:
3 Kühlsysteme: Freie Kühlung, Flusswasserkühlung, Fernkälte;
Laboreinrichtungen (Kühltruhen, Digestorien)
Flächenheiz- und -kühlsysteme, zentrale Lüftungsanlage,
Einzelraumregelung von Temperatur und Volumenstrom , Präsenzmelder, Beleuchtungssteuerung
Datenpunkte:
200 Datenpunkte . Raumlufttemperaturen, Volumenströme, Vorlauf- und Rücklauftemperaturen von Heiz- und Kühlsystemen
zentral und z.T. raumweise, Vor- und Rücklauftemperaturen der
Lüftungskomponenten
Zeitraum:
Januar 2005 – Januar 2007; 2 Jahre
Tabelle 6.7 Steckbrief des Projekts "Laborgebäude"
Das Laborgebäude im Forschungszentrum Jülich (FZJ) wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) innerhalb von EnSan geförderten Vorhabens LabSan – Sanierung Laborgebäude Jülich - energetisch saniert. Während der ersten Nutzungszeit
ist das sanierte Gebäude einem wissenschaftlichen Messprogramm unterzogen worden, das
vom Solarinstitut Jülich (SIJ) durchgeführt wurde. Im Rahmen des Projekts LabSan ist für das
SIJ die Datenvisualisierung mit den OASE-Werkzeugen durchgeführt worden.
Bei den für die Auswertung zur Verfügung stehenden Datenpunkten fehlte zu einem großen Teil
die Möglichkeit einer klaren Zuordnung zu den Anlagen und Messstellen. Die Klartextbezeichnungen der Datenpunkte ließen ebenso nicht immer eindeutig auf den Messpunkt schließen.
Mit MSR-Plänen mit korrekt eingetragenen Anlagen- und Datenpunktbezeichnungen hätte das
Potential der Betriebsdiagnose-Tools noch sehr viel stärker genutzt werden können, insbesondere da es sich hier um eine sehr komplexe Regelung mit einer neuartigen Regelung der Volumenströme handelt. Die Betriebsdiagnose beschränkte sich daher in diesem Projekt auf die Visualisierung der einzelnen Datenpunkte in Carpet-Plots und deren Kommentierung. Übergreifende Systembetrachtungen (z.B. über Scatter-Plots) konnten aufgrund der schlechten Zuordenbarkeit der Datenpunkte nicht sinnvoll durchgeführt werden.
Insgesamt konnte im Rahmen des Messprogramms das prognostizierte Einsparpotenzial der
Sanierung validiert werden Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.. Gleichzeitig wurde im Messprogramm und mit Hilfe der Betriebsdiagnose aufgezeigt, dass weitere Einsparpotenziale im Bereich des dynamischen Gebäude- und Anlagenbetriebs vorhanden sind.
6.6.1
Projektbeschreibung
- 142
-
Gebäude
Das 3-geschossige, nicht unterkellerte Laborgebäude aus den 1960er Jahren wurde bis 2002
komplett saniert und wärmegedämmt. Die Hauptfassaden sind nach Süd-West und Nord-Ost
ausgerichtet. Die Fensterbänder sind mit außenliegenden Jalousien mit Lichtlenklamellen ausgestattet. Das Gebäude ist dreibündig ausgeführt, so dass Räume in der Mitte nicht über Tageslicht versorgt werden können. Im Gebäude sind Chemielabore, physikalische Messräume,
Büros, Seminarräume, eine Bibliothek und Lagerräume untergebracht. Durch die sehr unterschiedlichen Nutzungen sind auch sehr unterschiedliche Anforderungen an die Anlagentechnik
gestellt. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
Anlage
Schwerpunkt der Sanierung war eine Neukonzeption der Lüftung und der Kühlung. Zur Abfuhr
der hohen internen Lasten werden die Räume über Kühldecken, Schwerkraftkühler und Gebläsekonvektoren gekühlt. Bevorzugt soll eine Nachtauskühlung der Räume über die Kühldecken/Lüftung erfolgen.
Die Lüftung wird bedarfsabhängig über Präsenzmelder und Nacht- und Wochenendschaltung
geregelt. Die Laborabzüge (Digestorien) und Lösungsmittelschränke besitzen eigene Abluftanlagen. Der Abzug aus den Digestorien ist dabei variabel regelbar. Die Gesamtabluft wird über
ein Kontrollsystem erfasst und automatisch die erforderliche Zuluftmenge zugeführt. Die Zulufttemperatur ist auf 20°C geregelt, mit einer Anhebung der Temperatur ab 24°C Außentemperatur. Der Volumenstrom von Seminarraum und Bibliothek wird über Luftqualitätssensoren geregelt.
Zur Bereitstellung der Kälte stehen drei verschiedene Systeme zur Verfügung, von denen über
die Gebäudeautomation das momentan kostengünstigste aktiviert wird. Angestrebt wird eine
Versorgung auf relativ hohem Temperaturniveau durch Freie Kühlung über die Rückkühlwerke
oder durch Flusswasserkühlung mit Wasser aus der nahe gelegenen Rur. Wenn dies nicht ausreicht, kann auf das Kältenetz des Forschungsgeländes zurückgegriffen werden.
Die Heizung erfolgt über statische Heizsysteme. Die Wärme wird über Fernwärme bereitgestellt.
Ausgewertete Datenpunkte
Von etwa 1500 Datenpunkten wurden 200 Datenpunkte über zwei Jahre ausgewertet. Für exemplarische Räume wurden je nach Raum verschiedene Datenpunkte ausgewertet, wie
- Raumtemperaturen und Sollwerte
- Zu- und Abluftvolumenströme und –temperaturen
- Rücklauftemperaturen der Kühlsysteme
- Präsenzmelder
- Tag/Nachtumschalter
Für die zentrale Lüftungsanlage wurden die Temperaturen vor und nach den einzelnen Komponenten aufgezeichnet.
Von den Kühlsystemen wurden Vor- und Rücklauftemperaturen dokumentiert.
Ausgewertet wurden auch zahlreiche Wärmemengen- und Stromzähler, die im Gebäude installiert sind. Diese sind
- 143
-
- Wärmemenge zum Heizen bzw. zum Kühlen einzelner Räume
- Wärmemenge zum Heizen bzw. zum Kühlen von Klimatruhen
- Bereitgestellte Wärmemengen der verschiedenen Heiz- bzw. Kühlsysteme
- Beleuchtungsstrombedarf in den Räumen
- zusätzlicher elektrischer Energiebedarf
Daten von Pumpen wurden nicht aufgezeichnet.
6.6.2
Exemplarische Auswertungen
Raumtemperaturvorgaben
In Abbildung 6.27 und Abbildung 6.28 sind zwei Beispiele für die aufgezeichneten Raumtemperaturvorgabewerte gezeigt. Im ersten Fall lässt die häufige extreme Sollwertverstellung vor allem in der ersten Nutzungsphase darauf schließen, dass die Nutzer mit den Raumzustand unzufrieden sind, die Raumsysteme nicht die erwartete Leistung bringen oder diese nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Die gemessene Raumtemperatur zeigt allerdings akzeptable Temperaturen.
Abbildung 6.28 zeigt für einen Raum die Sommerkompensation der Temperaturvorgabe. Bei
Außentemperaturen zwischen 24°C und 32°C wird der Sollwert bis zu 26°C angehoben.
Abbildung 6.27: Raumtemperaturvorgabe und –messwert im Seminarraum. Zu Beginn der Nutzungsphase wurde der Sollwert häufig geändert.
- 144
-
Abbildung 6.28: Außentemperatur und Raumtemperatursollwert eines Raums. In den Sommermonaten
ist der Anstieg des Raumtemperatursollwerts bei Außentemperaturen über 24 °C erkennbar.
Volumenstromregelung
Abbildung 6.29 zeigt den Abluftvolumenstrom eines Laborabzugs. Da die Nutzung des Labors
und der Sollbetrieb des Abzugs für den Messzeitraum nicht bekannt sind, können keine sicheren Aussagen getroffen werden. Ab Dezember 2005 () nimmt der Volumenstroms deutlich
und kontinuierlich ab. Dies kann mit dem Zusetzen des Filters begründet werden. In dem Fall
hier mit der komplexen Regelung über die Bilanzierung der Volumenströme des Raums sollte
auch ein Fehler in der Regelung als Ursache in Betracht gezogen werden.
Abbildung 6.29: Abluftvolumenstrom: Die kontinuierliche Abnahme des Volumenstroms bei deutet auf
einen zugesetzten Filter oder ein Abschweifen des Regelwerts hin.
Abbildung 6.30: Abluftvolumenstrom: Hier zeigt sich ein instabiles Regelverhalten
- 145
-
Betrieb der Kühldecken
Die Kühlung ist im ersten Jahr im Winter in Betrieb auch bei Raumtemperaturen um 20°C (s.
Abbildung 6.31). Eine saisonale Einschränkung des Betriebs war ursprünglich vorgesehen. Ab
Juli 2005 (01/07) , möglicherweise nach einem Ausfall der Gebäudeautomation, ist kein geregelter Betrieb mehr erkennbar. Auch in der folgenden Messperiode gehen die Kühldecken nicht
in Betrieb. Die Raumtemperaturen erreichen im Juli 2006 Werte über 30°, zu erkennen an den
weißen Stellen Abbildung 6.31 (Zeile 3). Erst Ende September 2006 werden die Kühldecken
wieder aktiviert.
Abbildung 6.31: Raumtemperatur und Kühldeckentemperatur im Raum 330 im ersten (oben) und zweiten
(unten) Messjahr.
Betrieb der Stillen Kühlung (Schwerkraftkühlung) im Seminarraum
Bei der Auswertung der Datenpunkte zur Schwerkraftkühlung (Raum 406, s. Abbildung 6.32)
fiel im ersten Betriebsjahr auf, dass diese offensichtlich nur kurz im Sommer in Betrieb war
(Monat 07). Ein Nutzungsprofil war nur kurz ansatzweise aktiv. Erst ab Mitte Mai 2006 (Zeile 2,
Monat 05) ist ein geregelter Betrieb im Einklang mit den Nutzungszeiten erkennbar. Im folgenden Winter (Januar, ) ist die Kühlung ebenso in Betrieb. Es ist zu prüfen ob m Winter tatsächlich Kühlbedarf auftritt und ob möglicherweise gleichzeitig geheizt wird.
- 146
-
Abbildung 6.32: Rücklauftemperatur der Stillen Kühlung Raum 406. Im ersten Jahr (oben) ist kein geregelter Betrieb erkennbar. Im zweiten Jahr ist eine regelmäßige Kühlung im Sommer erkennbar.
Flusswasserkühlung
Abbildung 6.33 zeigt den Betrieb der Flusswasserkühlung anhand der Vorlauftemperatur des
Rurwassers an der Gebäudegrenze. Die Pumpe des Kühlkreises wird auch ohne Anforderung
der Kühlung täglich kurze Zeit in Betrieb gesetzt, dies wurde umgesetzt um die aktuelle Temperatur der Flusswasserkühlung erfassen zu können. In den ersten Betriebsmonaten zeigt sich eine schleichende Verschiebung der Startzeit für diesen Pumpvorgang. Mitte des Jahres wurde
dieser Fehler behoben (ab Monat 08), die Startzeit ist dann fest auf ca. 2 Uhr gelegt. Im Sommer zeigt sich beim Umpumpen in beiden Jahren eine sehr hohe Vorlauftemperatur von über
20°C (weiße Stellen). Das Flusswasser ist zu warm oder die hohe Temperatur ist auf die Aufheizung von stehenden Wassers zurückzuführen und die Pumpzeit reicht nicht aus um kühles
Flusswasser anzusaugen. Die Messstelle sollte kontrolliert werden. Die Flusswasserkühlung ist
nur im Winter im Betrieb (). Der Kühlbedarf im Winter muss aber hinterfragt werden. Wie bei
den meisten Messpunkten sind auch hier immer wieder, teilweise auch mehrwöchige Ausfälle
der Datenaufzeichnung zu erkennen.
Abbildung 6.33: Vorlauftemperatur des Flusswasserkühlkreises. erstes (oben) und zweites (unten) Messjahr. Weggleiten der Pumpenstartzeit ().
- 147
-
6.7
Schwimmhalle
Aufgabenstellung:
Optimierung des Fernwärmeversorgungssystems, insbesondere
Reduzierung der primären Fernwärmerücklauftemperaturen
Zielgruppe:
Betreiber
Gebäude:
Schwimmbad, Bestand, Teilsanierung der Anlage (2004)
Anlagen:
Fernwärmeversorgung, Beckenwassererwärmung, Fußbodenheizung, Raumlufttechnik
Datenpunkte:
ca. 70 Datenpunkte
ausgewertet: Temperaturen (Vorlauf, Rücklauf, primärseitig und
sekundärseitig für Wärmetauscher
Zeitraum:
März 2005 - Juni 2005; 3 Monate
Tabelle 6.8 Steckbrief des Projekts "Schwimmhalle"
Nach einer Sanierung der Heizzentrale war in dieser Studie das vorrangige Ziel die Fernwärmeversorgung zu optimieren. Aufgrund einer Vertragsanpassung musste die Einhaltung einer
Rücklauftemperatur von maximal 50°C für die Fernwärmeversorgung sichergestellt werden.
Der Messzeitraum der ausgewerteten GLT-Daten liegt zwischen dem 03.03.2005 und dem
06.06.2005. Die statistische Auswertung der Daten lässt prinzipiell auf einen korrekten Betrieb
der Anlage schließen, da die Fernwärmerücklauftemperatur im Mittel bei 50,7 °C liegt. Nach
genauerer Betrachtung der Betriebsdaten konnten aber Optimierungsmaßnahmen, welche die
Fernwärmerücklauftemperatur weiter senken, abgeleitet werden.
- 148
-
6.7.1
Projektbeschreibung
Gebäude
Das Schwimmbad wurde in den 1970er Jahren errichtet und wird als Trainingsstätte und öffentliches Schwimmbad genutzt, mit jährlich rund 500.000 Besuchern im öffentlichen Bereich. Das
Bad verfügt über fünf Becken mit ca. 2.000 m² Wasserfläche. Zum Versorgungsbereich der
Schwimmhalle gehören Trainingshallen, Umkleiden, Sauna und Solarien.
Anlage
Folgende Sanierungsmaßnahmen wurden 2004 durchgeführt:
• Austausch der Rohrbündelwärmeübertrager bei der Fernwärmeübergabe
• Integration der Heizkreise Beckenwassererwärmung, Trinkwarmwasserbereitung und Tiefpunktheizung in die Sekundärverteilung
• Austausch der zentralen Komponenten der Wärmeverteilung innerhalb der Zentrale (z.B.
Pumpen, Regelventile)
• Erneuerung der MSR-Technik
Zur Fernwärmeübergabe stehen 3 Wärmetauscher zur Verfügung.
Diese liefern z.T. über zusätzliche Wärmetauscher Wärme für die
•
Trinkwarmwasserbereitung,
•
statische Heizflächen
•
Lüftungsanlagen
•
Tiefpunktheizung
•
Beckenwassererwärmung
Ausgewertete Datenpunkte
Für die Betriebdiagnose standen ausschließlich Temperaturen zur Verfügung:
• Für die Wärmetauscher jeweils primär- und sekundärseitige Vor- und Rücklauftemperaturen,
• Vor- und Rücklauftemperaturen der Heizkreise,
• die Außentemperatur
- 149
-
6.7.2
Exemplarische Auswertungen
Auslastung der Rohrbündelwärmetauscher
Die derzeitige Betriebsweise der Fernwärmeübertrager sieht eine übliche außentemperaturabhängige Lastregelung mit Wärmetauscherfolgeschaltung vor. In Abbildung 6.34 ist deutlich der
Temperaturanstieg im primärseitigen Gesamtrücklauf bei Abschaltung des dritten Wärmetauschers zu erkennen (). Um eine niedrige primärseitige Rücklauftemperatur zu erzielen wurde
vorgeschlagen die Wärmetauscher 1 bis 3 gleichmäßig auszulasten. Durch diesen ÜbertragerVerbund wird eine größtmögliche Übertragungsfläche geschaffen. Die Temperaturspreizung
primär zu sekundärseitig wird minimiert und somit eine niedrigere Rücklauftemperatur erreicht.
Abbildung 6.34 Fernwärmeübergabe – von oben: Gesamtvorlauftemperatur, Gesamtrücklauftemperatur,
primärseitige Rücklauftemperaturen der Wärmetauscher 1,2 und 3
- 150
-
Optimierung der Heizkreise Beckenwassererwärmung
Die Analyse der Betriebsdaten zeigt, dass die Rücklauftemperatur der Beckenwasserwärmetauscher starken Einfluss auf die Gesamtrücklauftemperatur hat (Abbildung 6.35). Maßgeblich
trägt Wärmetauscher 2 zum Gesamtrücklauf bei (). Die Temperaturen sind jedoch nicht kritisch. Kritisch zu bewerten ist allerdings das Regelverhalten von Wärmetauscher 5 (Abbildung
6.35, Zeile 4). Die Regelcharakteristik für die Ventilansteuerung sollte so geändert werden, dass
der Heizkreisstrom durch den Wärmetauscher so stark reduziert wird, dass die Leistung eine
stetige Beckenwassererwärmung auf die Solltemperatur bewirkt. Aufgrund des jetzigen Regelverhaltens der Ventile für die Beckenwassererwärmung öffnen diese zu schnell und zu weit,
was zu erhöhten Rücklauftemperaturen führt.
Abbildung 6.35 Beckenwasserwärmetauscher – von oben: Gesamtrücklauftemperatur Fernwärme, primärseitige Rücklauftemperaturen der Beckenwasserwärmetauscher 2, 3 und 5
- 151
-
Verbrauchergruppe RLT-Anlagen
Um Investitionskosten zu sparen wurden die RLT-Anlagen im Rahmen der Sanierung nicht erneuert.
Die RLT-Anlagen Ost und Nord liefern im untersuchten Zeitraum Rücklauftemperaturen von ca.
40°C und sind so nicht als Ursache für hohe Rücklauftemperaturen im Fernwärmenetz verantwortlich. Massive Probleme zeigen sich aber bei dem Verbraucher RLT-West. In Abbildung 6.36
sind Vor- und Rücklauftemperaturen für die beiden RLT-Anlagen West und Ost dargestellt. Bei
der RLT-Anlagen West kommen bis zu 68°C im Rücklauf zustande. Bei hohen Leistungsbedarf
an kühlen Tagen wirkt sich das im Fernwärmerücklauf aus. Die RLT-Anlage West ist so als
problematisch zu bewerten. Vorgeschlagen wurde daher eine genauere Analyse der RLTAnlage, um dort Maßnahmen treffen zu können die Rücklauftemperatur zu senken.
Abbildung 6.36 Heizkreise RLT-Anlagen West und Ost – von oben: Gesamtrücklauftemperatur Fernwärme, Rücklauftemperatur RLT-Anlage West, Vorlauftemperatur RLT-Anlage West, Rücklauftemperatur
RLT-Anlage Ost, Vorlauftemperatur RLT-Anlage Ost
- 152
-
6.8
Liste der erstellten Betriebsdiagnoseberichte
Im folgenden sind die im Rahmen von OASE II erstellten Diagnoseberichte zusammengestellt.
Nicht aufgeführt sind Berichte der frei finanzierten Projekte.
• Neubau der Gebhard-Müller-Schule im Kreisberufschulzentrum Biberach – Betriebsdiagnose Zeitraum Oktober 2004 bis April 2005,
Ebert-Ingenieure München, Oliver Baumann, Mai 2005
• Neubau der Gebhard-Müller-Schule im Kreisberufschulzentrum Biberach - Zwischenbericht
zum Anlagenbetrieb;
Ebert-Ingenieure München, Claudius Reiser, Dezember 2005
• Münchner Rückversicherung Bürogebäude Königinstraße 38
- Betriebsdiagnose Zeitraum Juni 2004 bis Oktober 2005
Ebert-Ingenieure München, Toni Schmidt, Dezember 2005
• Forschungszentrum Jülich Laborgebäude 06.20 – Betriebsdiagnose Zeitraum 01.01.2005
bis 28.02.2006;
Ebert-Ingenieure München, Matthias Umpfenbach, März 2006
• Münchner Rückversicherung Bürogebäude Königinstraße 38 - Vorschlag von Optimierungsmaßnahmen zur Energieeinsparung für die Kühl- und Kälteanlage anhand der GLTDaten- Auswertung;
Ebert-Ingenieure München, Ingo Bensch, Mai 2006
• SolarBau TK3: Unterstützung der messtechnischen Evaluierung; Gebhard-Müller-Schule im
Kreisberufschulzentrum Biberach – Betriebsdiagnose Zeitraum 01.11.2005 bis 01.04.2006;
Ebert-Ingenieure München, Claudius Reiser; Dezember 2006
• SolarBau TK3: Unterstützung der messtechnischen Evaluierung; Gebhard-Müller-Schule im
Kreisberufschulzentrum Biberach – Betriebsdiagnose Zeitraum 01.04.2006 bis 01.09.2006;
Ebert-Ingenieure München, Claudius Reiser, Januar 2007
• Forschungszentrum Jülich Laborgebäude 06.20 – Betriebsdiagnose Zeitraum 01.01.2006
bis 31.01.2007;
Ebert-Ingenieure München, Matthias Umpfenbach, Februar 2007
- 153
-
7
Verwertung der Ergebnisse
Im Verlauf der zweiten Projektphase von OASE ist es gelungen die Betriebsdiagnose soweit
auszubauen, dass sie nicht nur unter energetischen sondern auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gewinnbringend durchgeführt werden kann. Die Demonstrationsprojekte zeigen
ein erhebliches Potential, Energieeinsparungen durch die Betriebsdiagnose zu verwirklichen.
Für die Betriebsdiagnose wird es zukünftig zwei Schwerpunkte der Anwendung geben. Zum einen gibt es eine große Zahl von bestehenden, älteren Gebäuden, die bereits mit einer Gebäudeautomation ausgestattet sind, bei denen aber noch nie der Betrieb auf mögliche Einsparungen hin untersucht wurde. In der Regel laufen die Anlagensysteme zufriedenstellend, was die
Einhaltung behaglicher Raumzustände betrifft. Meist wurde daher kein Grund für Änderungen
an der Betriebsweise gesehen, obwohl möglicherweise durch gleichzeitiges Heizen und Kühlen
erhebliche Mengen an Energie verschwendet werden. Mit der Betriebsdiagnose können nun
Werkzeuge bereitgestellt werden diese Systeme kostengünstig zu optimieren.
Der zweite Anwendungsschwerpunkt betrifft neue, innovative Gebäude mit einer sehr komplexen Anlagentechnik. Die Energiekonzepte sind meist intensiv untersucht und effiziente Strategien entworfen worden. Oft sind zusätzliche Anlagen zur Nutzung und Speicherung regenerativer Energien miteingebunden. Gerade hier ist eine Abstimmung zwischen den einzelnen Systemen entscheidend für den optimalen Betrieb. Solche komplexen Anlagensysteme sollten immer in einer längeren Inbetriebnahmephase über ein bis zwei Jahre betreut werden, damit eine
optimale Einregulierung stattfinden kann.
Dieser zweite Anwendungsbereich ist sicherlich auch Schwerpunkt einer simulationsgestützten
Betriebsprognose oder möglicherweise erster Projekte, in denen versucht wird, FQS in die Planung einzubinden.
Die hier erarbeitete Methodik der Betriebsprognose und die aufgezeigten Werkzeuge bilden die
Basis für einen weiteren Ausbau der Betriebsprognose.
- 154
-
8
Ausblick und Entwicklungsbedarf
Mit der zunehmenden öffentlichen Wahrnehmung des drohenden Klimawandels und der Ressourcenverknappung, sicherlich auch angetrieben durch die Verteuerung der Energieträger,
rückt der spätere Energiebedarf eines Gebäudes auch aus Sicht eines Bauherrn mehr und
mehr in den Mittelpunkt. Den Gebäudebetrieb als wesentlichen Faktor der Energieeffizienz als
Planungsinhalt zu definieren ist daher ein Weg der zukünftig immer beschritten werden wird.
Ein in den Planungsablauf integriertes Commissioning, wie mit der Methodik der funktionalen
Qualitätssicherung vorgeschlagen, und die Betriebsprognose stehen noch am Anfang ihrer
Entwicklung und Anwendung. Der Bedarf an diesen Methoden zeigen unter anderem die im Bericht dargestellten Mängel im Betrieb, die sich gerade auch bei Gebäuden mit innovativen, hoch
effizienten Konzepten einstellen können.
Die Methodik und die erforderlichen Hilfsmittel für die Durchführung einer Betriebsprognose
sind im vorliegenden Bericht dargestellt. Die Methoden stützen sich auf vordefinierte Kennwerte
und Simulationsmodelle, die bisher erst ansatzweise vorhanden sind. Durch die zunehmend
flexible und leichte Bauweise moderner Gebäude wird zudem die Abstimmung des dynamischen Betriebsverhaltens immer wichtiger, so dass die Durchführung von dynamischer Gebäude- und Anlagensimulationen zunehmen wird. Hier fehlen bisher noch Schnittstellen zwischen
den dynamischen Verfahren und vereinfachten Berechnungsmethoden. Zur Einbettung der Simulationen in den Planungsablauf fehlen Kriterien, wann und in welchem Umfang Simulationen
notwendig und sinnvoll einzusetzen sind. Die entwickelte Methodik der Funktionalen Qualitätssicherung zeigt die Ansätze auf, wie die Optimierung des Betriebs in die Planung eingebunden
werden kann. Die weitere Entwicklung muss nun die Arbeitsabläufe konkretisieren. Um die Integration einer Betriebsoptimierung in die Planung zu verwirklichen, wird insbesondere noch in
den folgenden Punkten Entwicklungsbedarf gesehen:
• energetische Kennwerte für verschiedne Betriebsvarianten typischer Anlagenkonfigurationen
• vereinfachte Bewertungsmethoden für den Gebäudebetrieb
• Kriterien und Schnittstellen für die Durchführung von dynamischen Simulationen und für
vereinfachte Bewertungsmethoden in den Planung
• Entwicklung von Standard-Betriebsmustern zur Prüfung des Betriebs in der Diagnose
Der letztgenannte Punkt wird auch die Durchführung von Betriebdiagnosen noch vereinfachen.
Die Zielvorstellung ist einen Katalog an Standard-Betriebsmustern vorzulegen, der gleichzeitig
die Einsparpotentiale visualisiert. Eine Betriebsdiagnose und -optimierung prinzipiell wird dann
auch für das geschulte Betriebspersonal durchführbar. Dazu ist es auch notwendig die Funktionen der Diagnose-Werkzeuge in eine eigenständige Software umzusetzen. Hoffnungen werden
hierbei auf die professionelle Programmierung des Diagnosetools VIZTOOL in Zusammenarbeit
mit dem LBNL (Lawrence Berkeley National Laboratory) gesetzt.
In weiterer Zukunft ist die Integration der Diagnosefunktionen in Gebäudemanagementsysteme
vorstellbar. Implementierte Prüffunktionen können dann automatisch Fehlbetrieb erkennen und
melden. Das Betriebspersonal vor Ort könnte damit nicht nur eine Betriebsdiagnose durchführen, sondern könnte vom Managementsystem durch die Diagnose geleitet werden und vom Diagnosesystem Hinweise zu Optimierungspotentialen erhalten.
- 155
-
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- 158
-
Anhang
Betriebsmustermatrizen Demoprojekt "Bürogebäude 1"
Aufbau der Betriebsmustermatrizen
Bezeichnung
und Auflistung
der dargestellte
Größen
Wochenplan in
Carpet-PlotDarstellung;
grundsätzliches
Regelschema;
Legende
Regelgrößen,
und
Stellgrößen
verschiedene Führungsgrößen
und/oder Störgrößen
Außentemperatur
(bei RLT-Anlage
Außenfeuchte und
Außentemperatur)
Zeitverlauf
(Woche)
Raum - Raumtemperaturregelung
Regler Heiz/Kühlventil
Regelgröße: Raumlufttemperatur Sollwert: min: 21 °C max 23°C (+/- 1,5 K)
Stellgrößen: Heizventil, Kühlventil (ein Regler)
Führungsgröße: Sollwertversteller, Außenlufttemperatur
Störgrößen: Außenlufttemperatur
RLT-Anlage 01 - Regelkreis 1:
Vorheizregister (VE) und Wärmerückgewinnung (WRG,
Rotationswärmetauscher), sowie Steurung Bypassklappen
Regelgröße: Zulufttemperatur nach VE (T_04) Sollwert: 18 °C.
Stellgrößen: Regler Rotationswärmetauscher (Drehzahl); Regelventil Vorheizregister
Störgrößen: Abluft-, Außenlufttemperatur, (Abluft-, Außenlufttfeuchte für Feuchteübertragung)
RLT-Anlage 01 - Regelkreis 2 a:
Kühlregister und Nachheizregister (NE)
hier: Temperaturregulierung
Regelgröße: Zulufttemperatur (T_ZU) Sollwert: 21 °C bzw. 18 °C
Stellgrößen: Hub Regelventil Kühlregister; Hub Regelventil Nachheizregister
Störgrößen: Außenlufttemperatur, Zuluft nach VE bzw. Ablufttemperatur
RLT-Anlage 01 - Regelkreis 2 b:
Kühlregister und Nachheizregister (NE)
hier: Feuchteregulierung
Regelgröße: Zuluftfeuchte (x_ZU) 8 g/kg ( +/- 3 g/kg)
Stellgrößen: Hub Regelventil Kühlregister; Hub Regelventil Vorheizregister
Führungsgröße: Abluftfeuchte
Störgrößen: Außenlufttfeuchte, Zuluft nach VE bzw. Abluftfeuchte
Heizkreis - RLT-Anlagen:
Mischventil und Volumenstrom
Regelgrößen Vorlauftemperatur 50 °C, Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen: Hub Mischventil; (Pumpendrehzahl)
Störgrößen: Außenlufttemperatur, Volumenstrom, Rücklauftemperatur, Gesamt-Vorlauftemperatur
Heizkreis - Garagen:
Mischventil und Volumenstrom
Regelgrößen Vorlauftemperatur (70°C bis 45°C), Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen: Hub Mischventil, (Pumpendrehzahl)
Führungsgröße: Außenlufttemperatur
Störgrößen: Volumenstrom, Rücklauftemperatur, Gesamt-Vorlauftemperatur
Heizkreis - Süd:
Mischventil und Volumenstrom
Regelgrößen Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen: Hub Mischventil, (Pumpendrehzahl)
Führungsgröße: Außenlufttemperatur
Störgrößen: Volumenstrom, Rücklauftemperatur, Gesamt-Vorlauftemperatur
Heizkreis - Nord:
Volumenstrom (Vorlauftemperatur aus Erzeugerkreis )
Regelgrößen Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen: (Pumpendrehzahl)
Führungsgröße: Außenlufttemperatur
Störgrößen: Volumenstrom, Rücklauftemperatur, Gesamt-Vorlauftemperatur
Heizkreis - Fernwärmeübergabe:
Regelventile
Regelgrößen : Vorlauftemperatur (90°C - 50°C),Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen:
Hub Regelventile Übergabestation 1 und 2, (Pumpendrehzahl)
Führungsgröße: Außenlufttemperatur
Störgrößen: Volumenstrom, Rücklauftemperatur, Gesamt-Vorlauftemperatur
Kältekreis RLT :
Drosselventil (Vorlauftemperatur aus Erzeugerkreis )
Regelgrößen: Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen: (Pumpendrehzahl)
Störgrößen: Außenlufttemperatur
Kältekreis Kühldecken (KD):
Mischventil und Volumenstrom
Regelgrößen : Vorlauftemperatur, Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen: Hub Mischventil, (Pumpendrehzahl)
Führungsgröße: Außenfeuchte
Störgrößen: Außenlufttemperatur, Rücklauftemperatur, Gesamt-Vorlauftemperatur
Kältekreis Umluftkühlgeräte (UK): Mischventil und Volumenstrom
(EDV-Kühlung)
Regelgrößen : Vorlauftemperatur, Volumenstrom (Differenzdruck-geregelt)
Stellgrößen: Hub Mischventil, (Pumpendrehzahl)
Störgrößen: Außenlufttemperatur, Rücklauftemperatur, Gesamt-Vorlauftemperatur
Wärmetauscher freie Kühlung (WT): Kalt- und Kühlwassertemperatuen, Volumenstrom
Regelgrößen:(Regelung über Kühlwasserrücklauf aus Rückkühlung (hier: Kühlwassereintritt))
Stellgrößen: (siehe Rückkühlung)
Störgrößen: Außenlufttemperatur, Kaltwasseraustritt
Kältemaschine (KM): Kalt- und Kühlwassertemperatuen, Volumenstrom
Regelgrößen : Kaltwasser-Rücklauftemperatur
Stellgrößen: Betriebsstufen Kältemaschine
Störgrößen: Kühlwassereintritt
Rückkühlung (RKW):
Umschaltventil Freie Kühlung (FK) / Kältemaschine (KM),
Regelventil, FU Rückkühlwerk
Regelgrößen : Kühlwasseraustrittstemperatur
Stellgrößen: Hub Mischventil, Ventilatordrehzahl (über Frequenzumformer)
Störgrößen: Außenlufttemperatur, Kühlwassereintrittstemperatur