II. 1. Betriebsrat als Zentralorgan
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II. 1. Betriebsrat als Zentralorgan
II. 1. Betriebsrat als Zentralorgan I. Arbeitsplatzerhalt: Sonderkündigungsschutz 1.Materiell: § 15 KSchG a. Geltungsbereich gem. § 23 I 1 KSchG: alle Betriebe und Verwaltungen. Größenbeschränkung nach S. 2 gilt nicht (zweiter Abschnitt), ebensowenig § 1 I KSchG. § 15 KSchG gilt in jedem Betrieb mit Betriebsrat. b. Ausnahme: Betriebsstillegung und Abteilungsstillegung, aber ggf Freikündigungspflicht [BAG 28.10.1999 – 2 AZR 437/98 – NZA 2000, 825] c. § 15 KSchG schützt auch vor Änderungskündigungen und stellt Betriebsratsmitglieder systemwidrig besser. d. Kein Schutz vor Befristungen (nur § 78a BetrVG für Azubis) 2.Formell: § 103 BetrVG (dazu später) II. Angelehnter Versetzungsschutz nach § 103 III BetrVG Geheimhaltungspflichten Betriebs- und Geschäftsgeheimnis des Arbeitgebers §§ 79, 120 BetrVG WpHG Persönliche Angelegenheiten der Arbeitnehmer § 75 II 1 BetrVG? §§ 82 II 3, 83 I 3 BetrVG § 99 I 3 BetrVG § 102 II 5 BetrVG § 5 BDSG § 17 UWG II. 1. Betriebsrat als Zentralorgan I. Haftung des Betriebsrats 1. Keine Rechtsfähigkeit, also keine Haftungsfähigkeit des Gremiums: Betriebsrat ist nicht vermögensfähig, kann als solcher nicht selbst haften. Denkbar Haftungsansprüche auf ein Tun (Widerruf unwahrer Behauptung), doch fehlt die Vollstreckbarkeit [BAG 17.3.2010 – 7 ABR 95/08 – NZA 2010, 1133] 2. Persönliche Haftung der Betriebsratsmitglieder? a. Amtspflichtverletzung ggü Arbeitgeber oder Arbeitnehmer? b. Deliktische Jedermannshaftung, §§ 823 ff BGB c. Aber nach hM weitreichende Haftungsprivilegierung aus dem Ehrenamtsprinzip Gesamtbetriebsrat AG GBR Betrieb BR BR BR Betrieb Betrieb Betrieb II.2. Gesamtbetriebsrat I. Errichtung 1. Voraussetzung: mehrere Betriebsräte (nicht: Betriebe!) in einem Unternehmen 2. Kein unternehmensübersteigender Gesamtbetriebsrat! [BAG 13.2.2007 – 1 AZR 184/06 – NZA 2007, 825] 3. Keine Wahl, sondern Entsendung nach § 47 Abs. 2 BetrVG 4. Durch Einzelbetriebsräte – oder „Entsendungskörper“, § 47 IV BetrVG 5. (Theoretischer) Zwang: „ist zu errichten“, § 47 I BetrVG im Unterschied zum Konzernbetriebsrat („kann errichtet werden“, § 54 I 1 BetrVG), doch wer wollte das wie durchsetzen? II. Sonderfall: Gemeinschaftsbetrieb und Entsendung in mehrere Gesamt‐ betriebsräte, arg. § 47 IX BetrVG III.Erlöschen: sobald im Unternehmen nurmehr ein Betriebsrat existiert II.2. Gesamtbetriebsrat I. Zuständigkeit 1. Originäre Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 BetrVG bei notwendig unternehmenseinheitlich wahrzu‐ nehmenden Mitbestimmungsrechten, die in einem Betrieb nicht sinnvoll geregelt werden können a. Auch für betriebsratslose Betriebe, § 50 I 1 HS 2 BetrVG – aber dort kein Ersatz‐BR b. Tariffest; auch im Fall des Strukturtarifs nach § 3 BetrVG, dort V! 2. Delegation nach § 50 Abs. 2 BetrVG a. Auch zur bloßen Rechtswahrnehmung b. Praxis: Delegation bei unklarer Zuständigkeit 3. Sonderfall: Zuständigkeitsabgrenzung im Gemeinschaftsbetrieb 4. Zuständigkeitsbeispiele: a. Arbeitszeit bei betriebsübergreifenden Arbeitsabläufen b. Vergütungsfragen, wenn und soweit der Arbeitgeber ein unternehmenseinheitliches System will c. Arbeitssicherheit d. Nie bei Einzelmaßnahmen (Versetzung) e. Interessenausgleich bei betriebsübersteigender Reorganisation Gemeinschaftsbetrieb und GBR AG1 AG2 BetrVG-AG GBR1 BR Betrieb GBR2 BR Gemeinschaftsbetrieb Zuständigkeit GBR1 BR BR Betrieb Betrieb Zuständigkeit GBR2 Konzernbetriebsrat Muttergesellschaft KBR Beherrschung, §§ 18 I AktG GBR Unternehmen I GBR Unternehmen II Betrieb 1 BR Betrieb 1 BR Betrieb 2 BR Betrieb 2 BR Betrieb 3 BR Betrieb 3 BR Unternehmen III Betrieb BR II.3. Konzernbetriebsrat I. Betriebsrat „für“ den Konzern 1. „Kann“; muß aber – anders als der Gesamtbetriebsrat – nicht errichtet werden 2. Quorum erforderlich: 50% der von den (Gesamt‐)Betriebsräten vertretenen Konzernbelegschaft II. Konzernbegriff: Unterordnungskonzern i.S. des § 18 Abs. 1 AktG 1. Abhängigkeit + Leitungsmacht 2. Gestaltbar durch: Entherrschungsvertrag und Anteilsveräußerung 3. Aktienrechtliche Beherrschungsvermutung bei Mehrheitsbesitz 4. Problem: Paritätische Muttergesellschaften III. Nur, wenn Konzernspitze im Inland [BAG 14.2.2007 – 7 ABR 26/06 – NZA 2007, 999] IV. „Konzern im Konzern“ als arbeitsrechtliche Besonderheit V. Zuständigkeit: Auch für betriebsratslose Betriebe – aber nur konzerndimensional (Konzernbetriebsrat ist kein Ersatzbetriebsrat für örtliche Angelegenheiten) VI. Sonderproblem: Wirkungsweise von Konzernbetriebsvereinbarungen 1. Vertragspartner des KBR: Konzernmutter oder ein – nur betriebsverfassungsrechtlich – „teilrechtsfähiges“ Konzerngebilde? 2. Normative Regelungsmacht der Konzernspitze für alle Konzernunternehmen? II.4. Europäischer Betriebsrat I. Rechtsgrundlage 1. Europäisches Betriebsräte‐Gesetz (EBRG), Umsetzung der Richtlinie 94/95/EG über die „Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen“. Neufassung der Richtlinie 2009/38/EG 2. Der Europäische Betriebsrat ist eigenständige Institution des kollektiven Arbeitsrechts auf Gemeinschaftsebene. 3. Sonderform: SE‐Betriebsrat in der Europäischen Aktiengesellschaft, §§ 21 Abs. 1 und 2, 22 ff SEBG 4. Ansprechpartner: zentrale Leitung ● kann fingiert werden [BAG 29.6.2004 – 1 ABR 32/99 – NZA 2005, 118 nach EuGH vom 13.1.2004 – Rs. C‐440/00 [Kühne & Nagel] – NZA 2004, 160] II. Vorrang des vereinbarten EBR, § 21 EBRG 1. Hierzu: „besonderes Verhandlungsgremium“, §§ 8 ff EBRG [wie bei SE] 2. Gem. § 17 EBRG umfassende Gestaltungsfreiheit über Organisation sowie Unterrichtungs‐ und Anhörungsrechte 3. Keine Mitbestimmungsrechte, keine normativen Betriebsvereinbarungen III. Subsidiär: EBR kraft Gesetzes, §§ 21 ff EBRG 1. Organisation kraft Gesetzes 2. Gesetzliches Unterrichtungs‐ und Anhörungsrecht, §§ 31 ff EBRG 3. Übergang zum vereinbarten EBR, § 37 EBRG II.5. Sonstige Organe I. Betriebsräteversammlung, § 53 BetrVG II. Zusätzliche Gremien nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BetrVG III.Jugend‐ und Auszubildendenvertretung, §§ 60 ff BetrVG 1. Auch auf Unternehmens‐ und Konzernebene, § 73a BetrVG 2. Interessenvertretung der außerbetrieblichen Auszubildenden (§ 51 BBiG) IV.Wirtschaftsausschuß 1. Besonderer Ausschuß des (Gesamt)Betriebsrats auf Unternehmensebene II.6. Sprecherausschuß I. Organisation 1. Freiwilligkeit a. Urabstimmung nach § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 SprAuG, ob Sprecherausschuß gewählt werden soll b. Systementscheidung: Betriebs‐ oder Unternehmenssprecherausschuß, §§ 1, 20 SprAuG c. Gesamt‐ und Konzernsprecherausschuß, §§ 16, 21 SprAuG 2. Wahl a. Zuordnungsverfahren, § 18a BetrVG b. Bildung von Wahlvorständen und Entscheidung zwischen Betriebssprecherausschuß und Unternehmenssprecherausschuß c. Wahlverfahren – ähnlich Betriebsrat 3. Versammlung der leitenden Angestellten, § 15 SprAuG II. Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat (§ 2 II SprAuG) II.6. Sprecherausschuß I. Rechtsstellung des Sprecherausschusses 1. Beginn und Ende des Sprecherausschußamts nach § 5 IV SprAuG 2. Sprecherausschußarbeit a. Vertretung des Sprecherausschusses nach außen durch den Vorsitzenden und seinen Vertreter, § 11 II SprAuG b. Übertragung von laufenden Geschäften auf den Vorsitzenden oder ein anderes Mitglied, § 11 III SprAuG 3. Rechtsstellung der Mitglieder a. Unentgeltliches Ehrenamt (allgemeines Prinzip, wie § 37 I BetrVG) b. Sprecherausschußarbeit erfolgt grundsätzlich innerhalb der Arbeitszeit c. Befreiung von der beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts nach § 14 I SprAuG d. Außerhalb der Arbeitszeit: anders als Betriebsratsmitglieder nach § 37 III BetrVG besteht kein Ausgleichsanspruch e. Keine Pauschalfreistellung wie in § 38 BetrVG 4. Kein Schulungsanspruch 5. Kostenpflicht des Arbeitgebers nach § 14 II SprAuG 6. Behinderungs‐ und Benachteiligungsverbot nach § 2 III SprAuG, kein Sonderkündigungsschutz II. Keine Mitbestimmungs‐, sondern nur Mitwirkungsrechte 1. Informations‐, Anhörungs‐ und Beratungsrechte, die die Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers unberührt lassen 2. § 31 III 3 SprAuG: Anhörung des Sprecherausschusses Wirksamkeitsvoraussetzung für Kündigung III. Richtlinien zwischen Arbeitgeber und Sprecherausschuß über Inhalt, Abschluß oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen der Leitenden nach § 28 I SprAuG (Normative Geltung nur, wenn eigens vereinbart, § 28 II SprAuG) II.7. Schwerbehindertenvertretung I. Rechtgrundlage §§ 94 ff. SGB IX 1. Zuständig für schwerbehinderte „Menschen“, § 2 Abs. 2 SGB IX (und gleichgestellte Behinderte, §§ 2 Abs. 3, 68 Abs. 1 und 2 SGB IX) – nicht nur für Arbeitnehmer 2. In Betrieben (und Dienststellen) mit wenigstens fünf Schwerbehinderten, werden eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt 3. Gesamtschwerbehindertenvertretung parallel zum Gesamtbetriebsrat, § 97 Abs. 1 SGB IX II. Aufgaben nach Generalklausel des § 95 Abs. 1 SGB IX: 1. Förderung der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb 2. Interessenvertretung der schwerbehinderten Menschen 3. Beratung und Hilfe III. Mitwirkungsrecht: § 95 Abs. 2 SGB IX: Unterrichtung + Anhörung 1. keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die jeweilige Maßnahme des Arbeitgebers, Schwerbehindertenvertretung hat aber eigenen Anspruch auf Aussetzung der Durchführung oder des Vollzugs der Maßnahme, wenn die Beteiligung unterblieben ist 2. Beteiligungsrecht bei Vorstellungsgesprächen schwerbehinderter Menschen und Einsichtnahmerecht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen, § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX 3. Beteiligungsrecht bei Einsichtnahme in die Personalakte nach § 95 Abs. 3 SGB IX gegenüber Arbeitgeber 4. Teilnahmerecht an allen Betriebsratssitzungen und Initiativrecht nach § 95 Abs. 4 SGB 5. Abschluß von Integrationsvereinbarungen mit Arbeitgeber, Schwerbehindertenbeauftragtemn (§ 98 SGB IX) und Betriebsrat IV. Rechtsstellung der Vertrauensperson, § 96 SGB IX II.8. Gewerkschaften im Betrieb Rechte unmittelbar aus Art. 9 III GG Im BetrVG vorausgesetzt, aber nicht geregelt, § 2 I, III BetrVG Anforderung: Koalitionseigenschaft, keine Tariffähigkeit! Organisationsbereich? Mitgliederbetreuung, Bestellung von Vertrauensleuten Werbung (für Ziele und neue Mitglieder) Zugangsrecht, soweit unerläßlich (str.) „Verliehene Rechte“ aus BetrVG Voraussetzung nach BAG: Tariffähigkeit, nicht Tarifzuständigkeit Vertretensein im Betrieb (§ 2 BetrVG): mindestens ein Mitglied [Geheimverfahren] Betriebsratswahl Initiative (§§ 16 II, 17 II, 18 II, 19 II, 23 I BetrVG) Wahlvorschlagsrecht Teilnahme an Sitzungen (§§ 31, 46, 53 III, 71 BetrVG) Kontrollrechte (§§ 23 I u III, 119 II BetrVG) Hierzu Zugangsrecht (§ 2 II BetrVG) Vorlesungsgliederung I. Grundlagen der Mitbestimmung II. Organe der Betriebsverfassung III. Mitwirkung und Mitbestimmung IV. Soziale Angelegenheiten V. Personelle Angelegenheiten VI. Wirtschaftliche Angelegenheiten VII. Unternehmensmitbestimmung III.1. Grundsätze I. Vertrauensvolle Zusammenarbeit 1. § 2 I BetrVG verpflichtet die Betriebsparteien zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes. Programmsatz („soft law“). 2. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten, Kooperationsgebot – „Wohl des Betriebes“ meint Unternehmensinteressen. 3. konkretisiert in: a. Besprechungs‐ und Verhandlungspflicht (§ 74 I BetrVG) b. Arbeitskampfverbot (§ 74 II 1 BetrVG), dafür Zwangsschlichtung durch Einigungsstelle. • Systementscheidung für die Kooperation und die Zwangsschlichtung als Konfliktlösungsmittel • Schutz des Arbeitgebers vor dem Betriebskampf • Schutz der Gewerkschaft vor der Kampfkonkurrenz durch Betriebsräte – nur die Gewerkschaft darf – und nur zu Tarifzielen – zum Arbeitskampf greifen („Streikmonopol“) • Nicht betroffen ist der einzelne Arbeitnehmer – auch als Betriebsratsmitglied, § 74 III BetrVG – im Rahmen eines Arbeitskampfes um einen Tarifvertrag. c. Verpflichtung auf den Betriebsfrieden (§ 74 II 2 BetrVG) • parallel arbeitsvertragliche Verpflichtung auf den Betriebs‐frieden, die mit Abmahnung + Kündigung sanktioniert werden kann d. Verbot parteipolitischer Betätigung (§ 74 II 3 BetrVG) 4. Schweigepflicht (§ 79 BetrVG) III.2. Allgemeine Aufgaben § 80 BetrVG I. Aufgabenkreis des § 80 I BetrVG 1. Überwachungsaufgabe ohne Sanktion („anregen“) 2. Seit BetrVG‐Reform überbetriebliche Aufgaben (Umweltschutz, Frauenförderung, Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit) II. Informationsrecht nach § 80 II und III BetrVG 1. Hilfe durch Sachverständige a. Vorherige Einigung mit Arbeitgeber erforderlich b. Erforderlichkeit: Sachverständiger ist subsidiär, vorrangige Nutzung anderer Erkenntnisquellen c. Abgrenzung zum Interessenausgleichsberater nach § 111 Satz 2 BetrVG 2. Rechtsanwalt 3. Arbeitnehmer als Auskunftsperson a. Direktionsrecht bleibt beim Arbeitgeber b. Betriebspraktisches Problem: Begleitung der Auskunftsperson 4. Parallelregelung für den Sprecherausschuß in § 25 SprAuG III.3. Betreuung des Arbeitnehmers I. Individualbetreuung von Arbeitnehmern nach §§ 81 ff. BetrVG – durch einzelne Mitglieder des Betriebsrats II. Keine Rechtsberatung, arg § 85 II BetrVG 1. Schutz der Gewerkschaft vor Rechtsberatungskonkurrenz 2. Schutz des Arbeitnehmers vor unprofessionellem Rat ohne Haftung 3. Schutz des Arbeitgebers, der nicht Interessenverfolgung gegen sich selbst finanzieren muß III.4. Durchsetzung und Sanktionen I. Verfahren: Erfordernis vorheriger Beteiligung 1. Mitbestimmungs‐ und Mitwirkungsrechte verlangen die vorherige Zustimmung oder Beteiligung des Betriebsrats 2. keine nachträgliche Zustimmung II. Gegenüber dem Arbeitgeber 1. Sanktion nach § 23 III BetrVG 2. Besonderer Unterlassungsanspruch a. Kann von Gewerkschaft + Betriebsrat geltend gemacht werden b. Auch zur Unterbindung von (öffentlicher) Kritik? [BAG 12.11.1997 – 7 ABR 14/97 – NZA 1998, 559] c. Ordnungs‐ und Zwangsgeld 3. Strafe und Bußgeld nach §§ 119, 121 BetrVG 4. Positiv: allgemeiner Erfüllungsanspruch a. Nur des Betriebsrats (nie: Gewerkschaft) b. Negativ: Allgemeiner betriebsverfassungsrechtlicher Unterlassungsanspruch 5. Abwehr mitbestimmungswidrigen Tuns III. Gegenüber dem Betriebsrat 1. 2. 3. 4. 5. Auflösung des Betriebsrats/Ausschluß eines Mitglieds nach § 23 I BetrVG Außerordentliche Kündigung als Arbeitnehmer Strafe bei Geheimnisverrat nach § 120 BetrVG, § 17 UWG Allgemeiner Unterlassungsanspruch? Nicht für (tarifschließende) Gewerkschaft, da sie keine allgemeine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung hat (str.) Systematik der Mitwirkung des Betriebsrats Soziale Angelegenheiten §§ 87-89 allgemeine §§ 92 -95 Berufsbildung §§ 96-98 Personelle Angelegenheiten §§ 92 ff Einzelmaßnahmen §§ 99-105 Wirtschaftliche Angelegenheiten §§ 106 ff WirtA §§ 106-109 ? „Politische“ Angelegenheiten Betriebsänderung, §§ 111-113 Umweltschutz, §§ 88, 89 Beschäftigungssicherung + -förderung § 92a Xenophilie, §§ 88, 99 II Nr. 6, 104 III.5. Reichweite der Mitbestimmung I. Numerus clausus des BetrVG 1. Systematik: Soziale, personelle und wirtschaftliche Angelegenheiten 2. Teilweise Abhängigkeit von der Unternehmens‐/Betriebsgröße • Vor allem §§ 99, 111 ff. BetrVG: mehr als 20 Arbeitnehmer II. Beteiligungsrechte außerhalb des BetrVG 1. §§ 98 II, 104, 250 AktG 2. §§ 3 S. 2, 17, 20 III KSchG 3. §§ 120 I 1, 121, 124 I, 126 II InsO 4. §§ 5 III, 17 I, 325 II UmwG 5. § 2 II SprAuG; §§ 21 II 1 Nr. 2, 22 II MitbestG 6. § 10 II ArbSchG; §§ 21a, 33 II JArbSchG; §§ 9, 12 II Nr. 1 ArbSichG III.5. Reichweite der Mitbestimmung I. Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers 1. Als Mitbestimmungsvoraussetzung 2. Begrenzt durch Gesetz und Tarifvertrag (vgl. § 87 Abs. 1 ES BetrVG), aber auch durch „mitbestimmungsverbrauchende“ Betriebsvereinbarung II. „Kollektiver Tatbestand“ (bei sozialen Angelegenheiten) 1. Abgrenzung zu mitbestimmungsfreien Individualmaßnahmen 2. Hauptaufgabe des Betriebsrates ist die Vertretung der kollektiven Interessen der Arbeitnehmer; Ausgleich der divergierenden Einzelinteressen 3. Vertretung von Individualinteressen nur als Hilfsaufgabe, §§ 81 ff. BetrVG – anders aber personelle Einzelmaßnahmen Kollektiver Tatbestand fehlt, wenn ausschließlich Besonderheiten des konkreten Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf gerade den einzelnen Arbeitnehmer Maßnahmen erfordern und bei einander ähnlichen Maßnahmen gegenüber mehreren Arbeitnehmern kein innerer Zusammenhang besteht. III. 6 Intensität der Mitbestimmungsrechte keine Exekutivrechte des Betriebsrats [Betriebsführung beim Arbeitgeber] Alleinentscheidung des Arbeitgebers Information + Anregung Beratung + Erörterung §§ 80 II, 85 III, 89 IV + V, 96 II, 100 II, 102 I, 105 BetrVG §§ 89 I, 90 II, 92, 92a, 96 I, 97, 111 S. 2, 112 I BetrVG gebundenes Veto [Widerspruch oder Zustimmungsverweigerung] echte Mitbestimmung – Einigungsstelle – [ohne/mit Initiativrecht des BR] §§ 99 II, 102 III, 103 BetrVG §§ 87 I, 94 I, 95 I, 97 II, 98 I, 112 IV BetrVG gleichberechtigte Entscheidung von AG und BR III.7. Mitbestimmungserweiterung und ‐einschränkung I. Mitbestimmungserweiterung 1. BetrVG konstituiert Mindestmitbestimmungsrechte 2. Grundsätzlich erweiterbar: § 325 Abs. 2 UmwG und § 102 Abs. 6 BetrVG lesen sowie BAG 10.2.1988 – 1 ABR 70/86 – NZA 1988, 699 3. Grenzen? a. Maximal: paritätische Mitbestimmung des Betriebsrats mit Konfliktlösung durch Einigungsstelle (kein Veto‐Recht) – Ausnahme: Namensliste im Interessenausgleich b. Keine erzwingbare Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten (arg. § 113 BetrVG) c. Tendenzschutz 4. Regelungsgrundlage: Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, „schuldrechtlich“ durch Regelungsabrede? (str: BAG 14.8.2001 – 1 AZR 744/00 – NZA 2002, 342) II. Mitbestimmungseinschränkung 1. Kein Abbedingen der gesetzlichen und zwingenden Mitbestimmungsrechte durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung 2. Aber Selbstregelung einer Angelegenheit mit mitbestimmungsfreiem „Konkretisierungsspielraum“ des Arbeitgebers III.7. Gesetzliche Mitbestimmungseinschränkung I. II. Arbeitskampf 1. Mitbestimmungsbeschränkung aus Art. 9 Abs. 3 GG: 2. Im Arbeitskampf sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates – obgleich dieser dem Neutralitätsgebot unterfällt – eingeschränkt: Die Tarifautonomie, die auch den Arbeitskampf als Mittel zur Durchsetzung der Tarifpositionen umfaßt, hat Vorrang gegenüber den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Dort, wo die Arbeitskampffähigkeit des Arbeitgebers beeinflußt werden kann, besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (Überstunden, Versetzungen, Einstellungen von „Streikbrechern“). 3. Bloße Unterrichtungsansprüche bleiben nach BAG trotz Mißbrauchsrisiko unberührt: BAG 10.12.2002 – 1 ABR 7/02 – NZA 2004, 223. Tendenzschutz, § 118 BetrVG 1. Bis auf Caritas verfassungsrechtlich geboten • 2. 3. 4. Mitbestimmung soll nicht Autonomieräume von Presse, Theatern etc usurpieren: Freiheit von Fremdbestimmung Tendenzeigenschaft a. Von Betrieb und/oder Unternehmen; nicht: Konzern b. Der von den Mitwirkungsrechten betroffenen Arbeitnehmer („Tendenzträger“) Totalausschluß bei Religionsgemeinschaften, § 118 Abs. 2 BetrVG (Öffentlich‐rechtliche Körperschaften schon nach § 130 BetrVG ausgenommen) Tendenzsichernde Einschränkung der Mitbestimmung nach § 118 Abs. 1 BetrVG: a. Soziale Angelegenheiten (§ 87 BetrVG): Tendenzcharakter schränkt Mitbestimmungsrechte des Betriebsrat nur punktuell ein: Tendenzrücksichtnahmegebot ggü mitbestimmten Inhalten (Arbeitszeit von Redakteuren). b. Personelle Angelegenheiten: Volle Unterrichtungspflicht, aber keine Zustimmungsverweigerung bei Einstellung oder Versetzung von Tendenzträgern, kein Widerspruch gem. § 102 Abs. 3 BetrVG. c. Kündigung eines Tendenzträger‐Betriebsratsmitgliedes unterliegt nicht der Zustimmung nach § 103 BetrVG – nur Anhörung nach § 102 d. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, § 118 Abs. 2 S. 2 BetrVG: Kein Wirtschaftsausschuß, kein Interessenausgleich, nur Sozialplan III.9. Sicherung der Mitbestimmung I. Mitbestimmung als individualrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung 1. Ausdrücklich normiert in §§ 102 Abs. 1 S. 3, 95 Abs. 1 S. 1 BetrVG: „bedürfen“; Grundgedanke § 315 Abs. 3 BGB 2. Gilt grundsätzlich im Rahmen von § 87 BetrVG: a. (Paritätische) Mitbestimmung heißt, daß eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit vom Arbeitgeber nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats geregelt werden kann: Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Einzelvertragliche Abreden oder einseitige Leistungsbestimmungen, die der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrates getroffen hat, z.B. Widerruf einer Zulage, sind unwirksam. b. Allein aus der Verletzung des Mitbestimmungsrechts entsteht aber kein individualrechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers. Ein Arbeitnehmer, den der Arbeitgeber nicht in eine Erhöhung der außertariflichen Zulagen einbezogen hat, kann die Zulage nicht schon deshalb verlangen, weil Nr. 10 verletzt worden ist (str: aA BAG 15.4.2008 – 1 AZR 65/07 – NZA 2008, 888). c. Auch in Eilfällen; Arbeitgebers muß Mitbestimmung rechtzeitig initiieren. Anders in plötzlichen und unvorhersehbaren Notfällen (str). 3. Problem: Unwirksamkeit günstiger Maßnahmen 4. Sonderproblem: Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und Beweisverwertungsverbot II. Sanktionierender Unterlassungsanspruch des § 23 Abs. 3 BetrVG III. Allgemeiner Unterlassungsanspruch? 1. In sozialen Angelegenheiten des § 87 BetrVG (nicht geregelt) 2. In personellen Angelegenheiten des § 99 BetrVG (geregelt in § 101 BetrVG); für § 95 BetrVG BAG 26.7.2005 – 1 ABR 29/04 – NZA 2005, 1372 3. In wirtschaftlichen Angelegenheiten (sehr streitig, dazu später) IV. (Vertraglicher) Durchführungsanspruch • Kein Anspruch auf Vollzug gegenüber Arbeitnehmern III.10. Betriebsvereinbarung I. Lesen: § 77 BetrVG II. Abschluß der Betriebsvereinbarung 1. Parteien: Arbeitgeber und Betriebsrat 2. Zuständigkeit auf Betriebsratsseite erforderlich; andernfalls ist die Betriebsvereinbarung unwirksam („ultra vires“). 3. Einigung durch Vertragsschluß, §§ 145 ff. BGB. 4. Erzielen die Betriebsparteien keine Einigung, so tritt der Spruch der Einigungsstelle mit der Wirkung einer Betriebsvereinbarung an deren Stellen, wenn a. sich beide Parteien dem Spruch der Einigungsstelle im voraus unterwerfen oder b. den Spruch der Einigungsstelle annehmen oder c. ein Fall der erzwingbaren Mitbestimmung vorliegt, und die Einigungsstelle auf Antrag und kraft Gesetzes entscheidet, § 76 Abs. 5, Abs. 6 BetrVG. 5. Schriftform (§ 77 Abs. 2 BetrVG) III. Veröffentlichung der Betriebsvereinbarung durch den Arbeitgeber durch Auslegen im Betrieb, § 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern bloße Ordnungsvorschrift III.10. Betriebsvereinbarung I. Beendigung der Betriebsvereinbarung 1. Vertragsrechtliche Gründe a. Aufhebungsvertrag, als actus contrarius in der Form des § 77 Abs. 2 BetrVG b. Befristung c. Kündigung • • • • Dispositive gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten, § 77 Abs. 5 BetrVG. In der Insolvenz § 120 Abs. 1 S. 2 InsO Außerordentlich fristlos: § 314 BGB. Kein Kündigungsschutz, aber Sonderrechtsprechung in der betrieblichen Altersversorgung. 2. Ablösung durch neue Betriebsvereinbarung über denselben Regelungstatbestand : BAG GS 16.9.1986 – GS 1/82 – NZA 1987, 168. III.10. Betriebsvereinbarung I. Beendigung der Betriebsvereinbarung 3. Organisatorische Gründe a. Endgültiger Entfall des Betriebsrats (str.) b. Entfall des Betriebes durch Umstrukturierung (str.) c. Betriebsübergang: • Beim Übergang eines intakten Betriebes gelten die Betriebsvereinbarungen normativ weiter – werden also anders als der HausTV nicht gem. § 613a Abs. 1 S. 2 BGB transformiert. • Transformation erfaßt nur übergegangene Betriebsteile, die nicht mit dem bisherigen Betrieb identisch sind • Gesamtbetriebsvereinbarungen sollen nach BAG bei Herauslösung einzelner Betriebe aus dem Unternehmen auf die Ebene der Betriebsvereinbarung „herabsinken“ und weitergelten (BAG 18.9.2002 – 1 ABR 54/01 – NZA 2003, 670). 4. Tarifrechtliche Gründe a. Nachträglicher Tarifvorbehalt, § 77 Abs. 3 BetrVG b. Nachträglicher Tarifvorrang III.10. Betriebsvereinbarung I. Regelungsgegenstand 1. Gesetzeswortlaut: Soziale Angelegenheiten, § 88 BetrVG 2. BAG: Umkehrschluß aus § 77 III BetrVG: Alle Arbeitsbedingungen [BAG GS 7.11.1989 – GS 3/85 –NZA 1990, 816] II. Normenarten (wie bei TV Individual‐ und Betriebsnormen) III.Unmittelbare und zwingende Wirkung (§ 77 IV 1 BetrVG) 1. Normativwirkung wie TV – aber ohne Tarifgebundenheit 2. Legitimation? IV.Verzicht, Verwirkung, Ausschlußfristen (§ 77 IV 2‐4 BetrVG) V. Beschränkte Nachwirkung (§ 77 VI BetrVG) VI.Betriebsvereinbarung und Regelungsabrede Geltung der Betriebsvereinbarung Arbeits‐ vertrag Betriebsrat Legitimation Wahlen? Staat? Arbeitgeber Normative Wirkung Betriebs‐ vereinbarung Arbeitnehmer Grenzen der Betriebsvereinbarung BV III.10. Betriebsvereinbarung I. Individualschutz und Günstigkeitsprinzip 1. Individualschutz durch Vertragsvorbehalt a. Notwendig kollektivfrei: Entscheidung über das Eingehen eines Arbeitsverhältnisses und die Art der Tätigkeit b. Zugriff auf den Kern des Arbeitsverhältnisses – Arbeitszeit und Entgelt? Kurzarbeitsermächtigung und Mehrarbeitsermächtigung [BAG 14.2.1991 – 2 AZR 415/90 – NZA 1991, 607; 3.6.2003 – 1 AZR 349/02 – NZA 2003, 303] c. Keine Lohnverwendung (wie Tarifvertrag) 2. Günstigkeitsprinzip (im BetrVG nicht geregelt) a. Grundsatz: BetrVG soll Arbeitnehmer schützen – also Höchstarbeitsbedingungen nur ausnahmsweise zum Schutz anderer Arbeitnehmer (in Betriebsnormen) [BAG GS 7.11.1989 – GS 3/85 –NZA 1990, 816: Altersgrenze] b. Sonderproblem: Eingriff in Einheitsregelungen nach Maßgabe „kollektiver Günstigkeit“ – Umverteilungsvorbehalt [BAG GS 16.9.1986 – GS 1/82 – NZA 1987, 168] III.10. Betriebsvereinbarung I. Grenzen der Betriebsvereinbarung 1. Grundrechte a. Mittelbare Geltung über Generalklauseln, §§ 75, 2 BetrVG 2. Tarifvertrag: Tarifvorrang und Tarifsperre/Tarifvorbehalt a. Tarifvorrang: Betriebsvereinbarungen dürfen nicht gegen einen konkret geltenden Tarifvertrag verstoßen. Nicht allgemein geregelt, folgt aus § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG und der von Art. 9 III GG geschützten Tarifautonomie b. Tarifvorbehalt, § 77 III BetrVG schützt Tarifautonomie vor Regelungskonkurrenz durch Betriebsvereinbarung. Der Betriebsrat darf nicht zur „beitragsfreien Ersatzgewerkschaft“ werden. Erforderlich ist also nicht, daß ein Tarifvertrag im Betrieb gilt, sondern daß er gelten könnte; insbesondere greift § 77 III BetrVG auch gegenüber dem nichtorganisierten Arbeitgeber und im Nachwirkungszeitraum. Gesetzliche Ausnahme: § 112 Abs. 1 S. 4 BetrVG c. Verhältnis beider? Vorrangtheorie (BAG): Tarifvorbehalt entfällt dort, wo zwingende Mitbestimmungsrechte greifen; Zwei‐Stufen‐Theorie (hL): Mitbestimmung setze nicht notwendig das Regelungsinstrument der Betriebsvereinbarung voraus. System der Tariföffnungen Günstigkeits‐ prinzip, Öffnung nach § 77 III 2 BetrVG § 4 III Var 2 TVG MBR Öffnung nach Öffnung § 77 III 2 BetrVG und § 4 III Var 1 TVG nach § 4 III Var 1 TVG Tarifniveau Arbeitsvertrag Betriebsvereinbarung III.10. Betriebsvereinbarung I. „Billigkeitskontrolle“ und §§ 305 ff. BGB 1. Schutzprinzip der Betriebsverfassung: Die Betriebsvereinbarung unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des BAG einer Inhaltskontrolle („Billigkeitskontrolle“ genannt). 2. Dabei überprüft Gericht sowohl die Vereinbarkeit der Betriebsvereinbarung mit den gesetzlichen Schranken als auch, ob die Betriebsvereinbarung den einzelnen Arbeitnehmer im Verhältnis zu anderen Arbeitnehmern unbillig behandelt. Die Verpflichtung der Betriebspartner zur billigen Behandlung der Betroffenen folgt aus §§ 2 I, 75 I BetrVG 3. Keine AGB‐Kontrolle von Betriebsvereinbarungen, § 310 IV 1 BGB sperrt aber betriebsverfassungsrechtliche Billigkeitskontrolle nicht. 4. Beschränkung der Rückwirkung – Vertrauensschutz 5. Sonderfall: dynamische Verweisungen – stets unzulässig [BAG 23.6.1992 – 1 ABR 9/92 – NZA 1993, 229] Einigungsstelle AG Mitbestimmungskonflikt BR Errichtung der Einigungsstelle freiwillig durch Einigung auf Vorsitz + Beisitzerzahl oder Entscheidung des ArbG § 98 ArbGG Bestellung Bestellung Verhandlung + Beratung Einigungstellenspruch III.11. Einigungsstelle I. Verfahren 1. Zuständigkeit: Enumerationsprinzip a. b. c. d. Regelungs‐ und Rechtsstreit Erzwingbares und freiwilliges Verfahren (§ 76 V, VI BetrVG) Abgrenzung zur (unzulässigen) Schiedsabrede Freiwilliges Güteverfahren 2. Tarifliche Schlichtungsstelle (§ 76 VIII BetrVG) 3. Rudimentäre Verfahrensregeln: § 76 III und V 1 – 3; Verweis auf ergänzende Betriebsvereinbarung, § 76 IV BetrVG. 4. Ansonsten wählt ES ihr Verfahrens selbst – gebunden an allgemeine rechtsstaatliche Prinzipien : a. b. c. d. Rechtliches Gehör Befangenheitsablehnung (nur des Vorsitzenden), Parteiöffentliche Verhandlung Spruchberatung in Abwesenheit der Parteien 5. Kosten (§ 76a BetrVG) III.11. Einigungsstelle I. Spruch und Kontrolle 1. Spruchverbindlichkeit a. erzwingbare Mitbestimmung oder vorherige Unterwerfung b. Nachträgliche Annahme im freiwilligen Verfahren 2. Spruchkontrolle a. Trennen: Unbefristete Rechtskontrolle und befristete Ermessenskontrolle, § 76 V 4 BetrVG • ArbG kontrolliert Verfahren im Rahmen der Rechtskontrolle. • Bei Regelungsstreitigkeiten hat die Einigungsstelle nach § 76 V 5 BetrVG Ermessenspielraum. Deshalb überprüft das ArbG nur, ob die Ermessensgrenzen eingehalten wurden. b. Das ArbG stellt Unwirksamkeit eines Spruches der Einigungsstelle fest – es kann keine eigene Regelung treffen. Vielmehr muß dann das Einigungsstellenverfahren – unter Berücksichtigung des Gerichtsbeschlusses – erneut durchgeführt werden. 3. Der Arbeitgeber hat drei Möglichkeiten, die Zuständigkeit der Einigungsstelle vor Gericht zu bestreiten: a. Offensichtliche Unzuständigkeit im Errichtungsverfahren b. Eigenständiges Beschlußverfahren zur Feststellung des fehlenden Mitbestimmungsrechts – parallel zum Einigungsstellenverfahren c. Nicht aber: Überprüfung von Zuständigkeitsbeschlüssen der Einigungsstelle selbst (bejahend oder verneinend), weil diese kein feststellbares Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat schaffen d. Angriff des ergangenen Spruches wegen fehlender Zuständigkeit Vorlesungsgliederung I. Grundlagen der Mitbestimmung II. Organe der Betriebsverfassung III. Mitwirkung und Mitbestimmung IV. Soziale Angelegenheiten V. Personelle Angelegenheiten VI. Wirtschaftliche Angelegenheiten VII. Unternehmensmitbestimmung IV.1. Arbeitszeit (Nr. 2 und 3) + Urlaub (Nr. 5) I. Grundsatz: Dauer der Arbeitszeit (als Kern des Synallagma) ist mitbestimmungsfrei – wird von Tarifvertrag und Arbeitsvertrag geregelt, mitbestimmungsfrei ist auch die Urlaubsdauer 1. BAG hält es für möglich, durch Tarifvertrag ein Mitbestimmungsrecht über die Dauer der Arbeitszeit zu schaffen und dabei auch einen Durchschnittswert vorzugeben (sehr streitig). II. Lage der Arbeitszeit nach Nr. 2 1. Betriebsrat hat mitzubestimmen über: Beginn + Ende der täglichen Arbeitszeit | Pausen (Lage + Länge!) | Gleitzeit + Schichtmodelle | Arbeitszeitkonten 2. Zuordnung der Arbeitnehmer zu den Schichten! (Abgrenzung zur Versetzung nach § 99 BetrVG) 3. Voraussetzung: „Arbeitszeit“ [BAG 14.11.2006 – 1 ABR 5/06 – NZA 2007, 458: nicht Dienstreise!] 4. Konkretisierendes Einzelentscheidungsrecht des Arbeitgebers? III. Ausnahme: Vorübergehende Änderung der Dauer der Arbeitszeit 1. Vorübergehender Verlängerung (Mehrarbeit, „Überstunden“) oder Verkürzung (Kurzarbeit) 2. Bezug: „betriebsübliche Arbeitszeit, nicht individuelle Arbeitszeit, auch bei Teilzeitbeschäftigten! 3. Bereitschaftsdienst außerhalb regulärer Arbeitszeit 4. Doppelfunktion: a. Einerseits ist die Mitbestimmung Wirksamkeitsvoraussetzung, Arbeitgeber kann Kurzarbeit oder Überstunden nur mit Zustimmung des Betriebsrats einführen. b. Andererseits Ermächtigung, durch gem. § 77 IV BetrVG unmittelbar und zwingend wirkende Betriebsvereinbarung Kurzarbeit oder Mehrarbeit einzuführen (str.) IV. Urlaub (Nr. 5): abstrakte Grundsätze, konkreter Urlaubsplan + individuelle Kollisionsstreitigkeiten IV.2. Arbeitsentgelt (Nr. 10, 11 und 4) I. Grundsatz: Entgelthöhe ist wie die Dauer der Arbeitszeit (Synallagma!) nicht mitbestimmungspflichtig, wird vielmehr durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag festgelegt (Nr. 11 ist enge Ausnahme!). II. Arbeitsentgelt sind alle Vergünstigungen und sonstigen Vorteile, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf die Arbeitsleistung gewährt werden, etwa Gratifikationen, Urlaubsgelder, Arbeitgeberdarlehen, betriebliche Sozialleistungen (insbesondere: betriebliche Altersversorgung), Mietzuschüsse, verbilligter Bezug von Produkten und Dienstleistungen, nicht bloße Aufwandsentschädigungen. III. Kerntatbestand Nr. 10: „innerbetriebliche Lohngerechtigkeit“ 1. Soweit der Arbeitgeber einseitig‐freiwillig Leistungen – insbesondere übertariflichen Lohn, Zulagen, aber auch Sozialleistungen – erbringt, besteht die Gefahr, daß er Arbeitnehmer diskriminiert. Das will Nr. 10 verhindern und „innerbetriebliche Lohngerechtigkeit“ sichern. 2. Nr. 10 setzt „kollektiven Tatbestand“ voraus: individuelle Entgeltverhandlung ist nicht mitbestimmungspflichtig 3. Freie Lohnhöhe und mitbestimmte Lohngerechtigkeit werden im Wege der „Topftheorie“ voneinander abgegrenzt: a. Der Arbeitgeber bestimmt frei, wie groß der Topf ist (Gesamtvolumen, finanzielle Grundausstattung) und was er darin kocht (für welchen Zweck er ihn widmet, etwa: Leistungszulage). b. Die Verteilung des Topfinhalts (vorgegebenes Volumen mit vorgegebenem Zweck) an die Arbeitnehmer ist mitbestimmungspflichtig. IV.2. Arbeitsentgelt (Nr. 10, 11 und 4) 1. Mitbestimmungsfrei ist deshalb die (völlige) Abschaffung freiwilliger Leistungen. Insofern kommt es aber darauf an, auf welcher Rechtsgrundlage der Arbeitgeber diese Leistung erbringt: Bei individualarbeitsrechtlicher Grundlage ist maßgeblich, ob eine vertragliche Bindung besteht (nicht bei echtem „Freiwilligkeits‐ vorbehalt“), ob die Leistung unter wirksamem Widerrufsvorbehalt steht (§ 315 BGB) oder ob eine Änderungskündigung erforderlich ist. Daß in der Praxis die Anrechung übertariflicher Leistungen auf Tariflohnerhöhungen im Vordergrund steht, hat (auch) einen individualarbeitsrechtlichen Grund: Das BAG nimmt bei Leistungen aufgrund von Gesamtzusagen und betrieblicher Übung einen konkludent vereinbarten Widerrufsvorbehalt an; das „Aufsaugen der Tariflohnerhöhung“ ist zudem stets billig iSv § 315 BGB, da der Arbeitnehmer keine Entgelteinbuße erfährt Wenn der Arbeitgeber die freiwillige Leistung ausschließlich auf der Basis einer Betriebsvereinbarung erbringt, ist er völlig frei, weil die Betriebsvereinbarung keinen Bestandsschutz kennt und – wegen der Mitbestimmungsfreiheit – auch nicht nachwirkt, § 77 Abs. 6 BetrVG. Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, ist das Entgelt „insgesamt freiwillig“. Streichungen von Zulagen etc sind dann aus Sicht des BAG nur mitbestimmungspflichtige Kürzungen 2. Mitbestimmungsfrei ist die Kürzung solcher Leistungen – also die Verkleinerung des „Topfes“. Doch ist die Umsetzung der Gesamtkürzung auf die einzelnen Arbeitnehmer eine Entscheidung über die Neuverteilung – und daher mitbestimmungspflichtig. Das Verhältnis von teilweiser Mitbestimmungspflicht zu teilweiser Mitbestimmungsfreiheit bei einem einheitlichen Vorgang ist das eigentliche Problem – sog. teilmitbestimmte Kürzung freiwilliger Leistungen [BAG GS 3.12.1991 – GS 2/90 – NZA 1992, 749]. IV.2. Arbeitsentgelt (Nr. 10, 11 und 4) I. Ausnahmsweise Mitbestimmung über die Höhe des leistungsbezogenen Entgelts (Nr. 11) 1. Beim Leistungslohn, bei dem die Entgelthöhe von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abhängt (insbesondere dem Akkord‐ und Prämienlohn) durchbricht das BetrVG den Grundsatz, daß Entgelthöhe mitbestimmungsfrei ist: Arbeitnehmer soll vor Gesundheitsschäden durch Selbstausbeutung bewahrt werden. 2. Dabei geht es um solche Leistungslohnsysteme, die wie Akkord und Prämie die Leistung des Arbeitnehmers an einer „Normalleistung“ (100%) messen. Diese Bezugsgröße und insofern auch die Entgelthöhe wird mitbestimmt, damit der Arbeitgeber den Normalfall nicht an einem „Super‐Arbeitnehmer“ festmachen kann. 3. Wegen des Ausnahmecharakters enge Handhabung: a. Nicht unter Nr. 11 fällt die Gewinn‐/Umsatzbeteiligung von Arbeitnehmern, weil sie nicht an individuelle Arbeitsleistung anknüpft. b. Nicht unter Nr. 11 fallen Abschlußprovisionen, weil sie nicht an „Normalleistung“ anknüpfen. c. Stücklohn fällt dann nicht unter Nr. 11, wenn der Arbeitnehmer nicht an eine Vorgabezeit gebunden ist (etwa: Zeitungszusteller) d. Nicht unter Nr. 11 fallen auch Zulagen, die von einer Leistungsbeurteilung abhängen, weil der erforderliche unmittelbare Bezug zwischen Leistung und Entgelt durch die zwischengeschaltete Beurteilung entfällt. II. Auszahlung der Arbeitsentgelte (Nr. 4) 1. Zeit: Zeitabschnitt (Monats‐, Wochen‐ oder Stundenentgelt; zugleich Entlohnungsgrundsatz iSv Nr. 10): idR tariflich geregelt; zudem zwingende gesetzliche Vorgaben, § 64 HGB 2. Zeitpunkt der Auszahlung (keine erzwingbare Abweichung von der Vorleistungspflicht nach § 614 S. 1 BGB) 3. Art der Auszahlung (bar oder giral), Beteiligung an Kontoführungsgebühren IV.3. Ordnung und Verhalten (Nr. 1) I. Begriff: Mitbestimmungspflichtig ist die innere soziale Ordnung, die das Zusammenwirken und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb regelt. Insbesondere: 1. Verbindliche Verhaltensvorschriften für Arbeitnehmer, Kleiderordnung, Regelungen über private Telefongespräche, Rauchverbote. 2. Kontrollregelungen, etwa über die Benutzung von Werksausweisen, über die An‐ und Abmeldung der Arbeitnehmer am und vom Arbeitsplatz (bei technischen Kontrolleinrichtungen: Nr. 6) 3. Betriebsbußen 4. Nach BAG auch „Ethikregeln“, auch wenn diese das Privatverhalten der Arbeitnehmer betreffen, aber betrieblich veranlaßt sind [BAG 28.5.2002 – 1 ABR 32/01 „Handelsblatt“ – NZA 2003, 166] II. Nicht mitzubestimmen hat der Betriebsrat über Maßnahmen des Arbeitgebers, die sich ausschließlich auf die arbeitsvertragliche Leistungsverpflichtung der Arbeitnehmer beziehen. Auch arbeitsnotwendige Verhaltensanweisungen, wie das Gebot, in den Stations‐ und Funktionsräumen eines Krankenhauses nicht zu rauchen, sind mitbestimmungsfrei. Leistungsverhalten ist kein Ordnungsverhalten [BAG 8.6.1999 – 1 ABR 67/98 – NZA 1999, 1288: Vornamensangabe auf Geschäftsbriefen]. III. Kein Mitbestimmungsrecht, wenn bestimmte Ordnung oder ein bestimmtes Verhalten durch Gesetz (Rauchverbot an einer Tankstelle, Alkoholverbot für Kraftfahrer) oder behördliche Anordnungen (Polizeikontrolle nach einem Diebstahl, Werkssicherheit im KKW) vorgeschrieben ist (Spielraumtheorie). IV.4. Technische Überwachung (Nr. 6) I. Grund für die Mitbestimmung ist der „technische Überwachungsdruck“ als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Große Bedeutung für Personalinformationssysteme. II. Überwachungseinrichtung muß den Überwachungseffekt selbst erzielen, d.h. entweder (technisch) ermitteln/erheben oder eingegebene Daten (technisch) zu „Aussagen“ über Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer verarbeiten (technische Datengewinnung oder ‐auswertung). III. Nr. 6 setzt wegen des Individualschutzes voraus, daß die gewonnenen Daten die Arbeitnehmer identifizieren und damit individualisieren. Beispiele: Stechuhren, Fahrtenschreiber, Filmkameras, Telephonabhöranlagen, Datenverarbeitungsanlagen. IV. Sind Überwachungseinrichtungen gesetzlich vorgeschrieben, besteht kein Mitbestimmungsrecht nach Nr. 6 (Spielraumtheorie). Dies ist bei Fahrtenschreibern in Lastkraftwagen und Omnibussen gem. § 57a StVZO der Fall. V. Ein Mitbestimmungsrecht besteht nach BAG sogar dann, wenn Arbeitnehmer eines Betriebes in einen Kundenbetrieb entsandt werden sollen und sich dort einem biometrischen Kontrollsystem unterziehen sollen [BAG 27.1.2004 – 1 ABR 7/03 – NZA 2004, 556]. IV.5. Arbeitsschutz (Nr. 7 + §§ 89 ff) I. Grundsatz: Der Betriebsrat kann Arbeitsschutzmaßnahmen nach § 87 I Nr. 7 nicht erzwingen (arg §§ 88 Nr. 1, 91 BetrVG). Die Mitbestimmung betrifft nicht das Ob, sondern das Wie einer Schutzmaßnahme: der Arbeitgeber muß also 1. zu einer Schutzmaßnahme verpflichtet sein und 2. einen der Mitbestimmung zugänglichen Entscheidungsspielraum haben. II. Wegen der öffentlich‐rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften ist das Mitbestimmungsrecht bislang umfangsarm: Das Arbeitsschutzgesetz wird durch eine Vielzahl staatlicher Arbeitsschutzvorschriften ausgefüllt, vor allem durch die ArbStättVO und die zu ihr ergangenen Arbeitsstättenrichtlinien; dem entsprechen für den Unfallschutz die von den Berufsgenossenschaften aufgrund von § 15 SGB VII erlassenen Unfallverhütungsvorschriften. 1. Problem: arbeitsschutzrechtliche Generalklauseln : § 5 ArbSchG | § 3 I ArbSchG: allgemeine Maßnahmenpflicht | § 3 II Nr. 1 ArbSchG: Arbeitsschutzorganisation + Mittelbereitstellung | § 9 ArbSchG: Maßnahmen gegen besondere Gefahren 2. Nr. 7 erstreckt sich auch auf die nähere Ausgestaltung der betrieblichen Sicherheitsorganisation. Darüber hinaus ist der Betriebsrat bei der Bestellung der Sicherheitsbeauftragten nach § 22 I 1 SGB VII zu beteiligen und hat nach § 9 III ASiG der Bestellung und Abberufung der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zuzustimmen. 3. Ausgleich für Nachtarbeit nach § 6 V ArbZG III. § 89 BetrVG erlaubt dem Betriebsrat den Behördenkontakt – aber nicht die Denunziation. IV. Konnex: Arbeitsplatz, Arbeitsablauf, Arbeitsumgebung (§§ 90, 91) IV.6. Sozialeinrichtungen (Nr. 8) I. Zielt auf die Mitverwaltung von Einrichtungen als Organisationsform durch den Betriebsrat. Deshalb genügt nicht jede Leistung des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer (dann Nr. 10), sondern nur eine Leistung durch eine eigenständige Organisation, die der Mitverwaltung durch den Betriebsrat zugänglich ist. II. Mitbestimmungsrecht nur für Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich sich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern (Unterordnungskonzern im Sinne des § 54 I BetrVG) beschränkt, etwa nicht bei überbetrieblichen Kindergärten. 1. Beispiele: vom Arbeitgeber mit eigenem Wagen und Personal selbst betriebene Werkbuslinien; Kantinen; Betriebskindergärten; Lehrlingsheime; Einrichtungen zum verbilligten Warenbezug (Verkaufsmagazine), nicht aber die bloße Möglichkeit zum verbilligten Personaleinkauf. III. Die Mitverwaltung kann auf zwei Wegen erfolgen: 1. Zweistufige Lösung: über mitbestimmungspflichtige Fragen muß zunächst zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Einigung erzielt – so als ob die Einrichtung nicht selbständig wäre (1. Stufe); der Arbeitgeber muß dann dafür sorgen, daß die getroffenen Regelungen von der Einrichtung auch vollzogen werden (2. Stufe) 2. Organschaftliche Lösung: der Betriebsrat entsendet in die satzungsmäßigen Organe der rechtlich selbständigen Einrichtung Vertreter, die dafür sorgen sollen, daß keine mitbestimmungspflichtigen Beschlüsse gegen seinen Willen gefaßt werden IV. Wie bei der „Topftheorie“ ist der Arbeitgeber in Errichtung (und Abschaffung) der Sozialeinrichtung frei (arg. § 88 Nr. 2 BetrVG) 1. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Nr. 8 und Nr. 10 für die betriebliche Altersversorgung: 2. Ruhegeld an sich ist nur nach Nr. 10 mitbestimmungspflichtig. 3. Erst wenn der Arbeitgeber die Altersversorgung durch eine eigene, „mitverwaltungsfähige“ Einrichtung (Unterstützungskasse, Pensionskasse) erbringt, greift zusätzlich Nr. 8. IV.7. Werkmietwohnungen (Nr. 9) I. Anders als Nr. 8 stellt Nr. 9 nicht darauf ab, daß eine besondere Einrichtung vorhanden ist, sondern schafft bei Werkmietwohnungen eine umfassende Mitverwaltung des Betriebsrats: Der Betriebsrat darf über die Zuweisung, die Kündigung und die allgemeinen Nutzungsbedingungen von Werkmietwohnungen mitbestimmen. II. Begriff : Jede dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zu privaten Wohnzwecken (Schlafen, Essen, Kochen) mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis (Kausalität) überlassener Wohnraum (auch Baracke, Container), gleich ob die Miete ggü. dem Marktpreis verbilligt ist oder nicht. Wegen der Freiwilligkeit zusätzlicher Arbeitgeberleistungen („Topftheorie“) kann der Betriebsrat den Arbeitgeber mit Hilfe seines Mitbestimmungs‐ rechts über die Nutzungsbedingungen nicht zur Mietsenkung zwingen. Nicht: Werkdienstwohnung (Kajüte, Hausmeisterwohnung), § 576b BGB III. BGB‐Vorschriften über die Kündigung (§§ 568 ff allgemein und §§ 576 f speziell für die Werkmietwohnung) gehen der Mitbestimmung vor. IV.8. Betriebliches Vorschlagswesen (Nr. 12) I. Definition: Zum betrieblichen Vorschlagswesen gehören alle Systeme und Methoden, durch die Vorschläge der Arbeitnehmer zur Vereinfachung oder Verbesserung der betrieblichen Arbeit angeregt, gesammelt und bewertet werden. II. Vorrangiges ArbeitnehmererfindungsG beachten! III. Mitbestimmungspflichtig ist nur das Vorschlagswesen selbst, also dessen Organisation und das Verfahren, nicht aber Ob und Höhe einer etwaigen Vergütung (wie bei Nr. 10) IV. Der Mitbestimmung unterliegt: 1. Einordnung in den Betrieb: etwa Einreichungsform und Einreichungsweg der Vorschläge 2. Festlegung des Personenkreises, der an dem Vorschlagswesen teilnehmen soll 3. Prämierungsgrundsätze und deren Ausformung. IV.9. Durchführung von Gruppenarbeit (Nr. 13) I. Definition: Gruppenarbeit liegt vor, wenn eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt. 1. Dabei hat die Gruppe: mindestens drei Mitglieder | autonome Rechte bei der Aufgabenerledigung 2. Der Schwerpunkt der Verantwortung muß bei der Arbeitsgruppe selbst liegen, ihr müssen „Vorgesetztenkompetenzen“ übertragen worden sein (BT‐DRs. 14/5741, S. 62). 3. Keine Identität mit der Arbeitsgruppe nach § 28a BetrVG: Bei der Gruppenarbeit verzichtet der Arbeitgeber teilweise auf sein Direktionsrecht und überläßt insofern die Entscheidung der Gruppe. Bei der Arbeitsgruppe bleibt es beim Direktionsrecht des Arbeitgebers, dafür überträgt der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht der Gruppe. II. Grund für das Mitbestimmungsrecht ist die Gefahr einer Selbstausbeutung und Ausgrenzung der Gruppe auch und gerade infolge des möglichen Gruppendruckes. III. Einführung und Beendigung von Gruppenarbeit durch den Arbeitgeber ist mitbestimmungsfrei. IV. Grundsätze sind (BT‐Drs 14/5741, S. 47) 1. Wahl des Gruppensprechers 2. Aufgaben des Gruppensprechers 3. Konfliktlösung innerhalb der Gruppe 4. Zusammenarbeit mit anderen Gruppen Vorlesungsgliederung I. Grundlagen der Mitbestimmung II. Organe der Betriebsverfassung III. Mitwirkung und Mitbestimmung IV. Soziale Angelegenheiten V. Personelle Angelegenheiten VI. Wirtschaftliche Angelegenheiten VII. Unternehmensmitbestimmung V.1. Personelle Angelegenheiten – Allgemeine I. Allgemeine Personelle Angelegenheiten (Abschnittsüberschrift vor § 92) II. Personalplanung (§ 92) 1. Personalbedarfsermittlung durch Prognose des Soll‐Bedarfs (quantitativ und qualitativ) – in Abhängigkeit von anderen Unternehmensplanungen 2. Prognose des Ist‐Zustandes (Abgänge etc) 3. Planungsfolgen: a. Personaldeckungsplanung b. Personalabbauplanung c. Personalentwicklungsplanung 4. Keine Pflicht zur Planung! (anders § 96 für die Bildungsbedarfsplanung) 5. Keine Entsprechung in BPersVG und SprAuG V.1. Personelle Angelegenheiten – Allgemeine I. § 92a BetrVG: Beschäftigungssicherung + Beschäftigungsförderung 1. Keine Entsprechung in BPersVG und SprAuG 2. Beliebiger Maßnahmenvorschlag des Betriebsrats – gleich welchen Inhalts a. Auch Umwelt‐, Investitions‐ und sonstiges Verhalten des Arbeitgebers) b. Mit personellen Angelegenheiten hat das nichts zu tun; das Motiv qualifiziert nicht das Mitbestimmungsrecht. 3. Beratungspflicht 4. Begründungspflicht des Arbeitgebers a. Nur bei Ablehnung wegen fehlender Eignung b. Schriftlichkeit der Begründung ab 100 Arbeitnehmern 5. Kein Unterlassungsanspruch § 92a BetrVG ist nicht auf geplante Handlungen ausgerichtet und kann keinen Unterlassungsanspruch auslösen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber eine konkrete Maßnahme plant, die mit den Vorschlägen des Betriebsrats in Widerspruch steht. Keinesfalls muß der Arbeitgeber konkrete Unternehmensplanungen zurückstellen, bis der Betriebsrat alles ausdiskutiert hat. 6. Wechselwirkungen a. Umweltschutz b. Interessenausgleich c. Kündigungsschutz V.1. Personelle Angelegenheiten – Allgemeine I. Ausschreibung von Arbeitsplätzen (§ 93 BetrVG) 1. Entsprechung: § 75 III Nr. 14 BPersVG 2. Keine Vollzugspflicht, Sanktion über Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 II Nr. 5 BetrVG. II. Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätze (§ 94 BetrVG) 1. Entsprechungen: §§ 75 III Nr. 8, 9; 76 II Nr. 2, 5 BPersVG; § 30 I Nr. 2 SprAuG 2. Personalfragebögen, Formulararbeitsverträge und Beurteilungsgrundsätze, denen der Betriebsrat nicht zugestimmt hat, darf der Arbeitgeber nicht verwenden; Erkenntnisse, die er durch deren Verwendung erlangt hat, darf er gegenüber den Arbeitnehmern nicht benutzen. 3. Betriebsrat kann (nur) zulässige Fragen verhindern, nicht aber unzulässige erlauben 4. Verstoß gegen Mitbestimmungsrecht schafft kein individuelles „Notwehrlügerecht“ (str) III. Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG) 1. Entsprechung: § 76 Abs. 2 Nr. 8 BPersVG 2. „Richtlinie“ muß Arbeitgeber Entscheidungsspielraum belassen | Notwendige Kriterienfolge: fachliche – persönliche – soziale Gesichtspunkte 3. Initiativrecht nach II 4. Betriebliche Frauenquote? 5. Rechtsfolgen der Richtlinie: a. § 1 IV KSchG für Sozialauswahlrichtlinien! b. Zustimmungsverweigerungsrecht für Einstellungen und Versetzungen, § 99 II Nr. 2 BetrVG c. Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gegenüber Arbeitgeber, der nicht mitbestimmte Richtlinien verwendet Planungsfragen Gesamtwissensbedarf Individueller Bildungsbedarf Betrieblicher Wissensbedarf Arbeits‐ anreicherung Tätigkeits‐ änderung Dequali‐ fikation Personalentwicklung Einkauf von Wissen Einstellung von Wissensträgern Externe Wissensträger (Dienstleister) V.2. Berufsbildung (§§ 96 ff BetrVG) I. Begriff 1. „Berufsbildung“ meint nicht nur die Berufsausbildung, sondern die gesamte berufliche Bildung – innerhalb und außerhalb des BBiG. 2. Immer muß es sich um berufliche Bildung handeln, also diejenige Bildung, die auf die Verbesserung der allgemeinen beruflichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers zielt. 3. Keine Berufsbildung ist die Arbeitsunterweisung in den konkreten Arbeitsplatz (vgl. § 81 I und II BetrVG) II. Bildungsbedarfsplanung nach § 96 BetrVG Planungspflicht des Arbeitgebers: sieht Arbeitgeber keinen Anlaß für Bildungsmaßnahmen, lautet seine Planung: „Bildungsbedarf Null“. III. Mitbestimmung über „Ob“ einer betrieblichen Bildungsmaßnahme, § 97 II BetrVG 1. Ausgangslage: Qualifizierungsverantwortung des Arbeitnehmers | Bildungsrisiko als Teil der subjektiven Beschäftigungsfähigkeit (Humankapital) | Spiegelbild zum Betriebsrisiko 2. Nur: Präventiver Kündigungsschutz mit Blick auf § 102 III Nr. 4 BetrVG („zumutbare Umschulungs‐ und Fortbildungs‐ maßnahme“) 3. Tatbestand: a. Betriebsbezogene tätigkeitsverändernde „Maßnahme“ des Arbeitgebers – nicht: Einzelmaßnahme (Versetzung) b. dadurch erzeugter betrieblicher Bildungsbedarf („nicht mehr ausreichen“) c. der Kündigungsgefahr auslöst (str.) V.2. Berufsbildung (§§ 96 ff BetrVG) 4. Rechtsfolge a. Paritätische Mitbestimmung über das Ob der betrieblichen Bildungsmaßnahme b. Nur: betriebsinterne Kurse, Schulungen etc | nicht: Organisatorische Maßnahmen wie die Schaffung von (betrieblichen oder überbetrieblichen) Bildungseinrichtungen im Unternehmen oder Konzern (Schulungszentrum), nicht: Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung c. Keine Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Teilnahme 5. Kosten (Veranstaltungskosten ; Bildungszeit ??) 6. Kein Unterlassungsanspruch gegen bildungsbedarfsauslösende Maßnahmen I. Mitbestimmung bei der Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen: 1. Widerspruchsrecht gegenüber der „Lehrerbestellung“, § 98 II und V BetrVG 2. Mitbestimmung über die teilnehmenden Arbeitnehmer, § 98 III und IV BetrVG 3. Qualifizierungsauswahl und Sozialauswahl Tatbestand § 97 Abs. 2 Arbeitgeber‐ maßnahme geplant oder durchgeführt parallel: §§ 80 IV, 90 II bewirkt Tätigkeits‐ veränderung unter Qualifikations‐ verlust kollektiv bei mehreren Arbeitnehmern „nicht mehr ausreichen“? verursacht Präventiv‐Kündigungsschutz Kündigungsgefahr § 102 III Nr. 4 BetrVG iVm § 1 II 3 KSchG Qualifizierungsmitbestimmung Ermittlung des Bildungsbedarfs Entscheidung über Q‐Maßnahme Grundsatz: Beratung, § 97 I Externe Maßnahme Ausnahme: Mitbestimmung, § 97 II Betriebliche Einrichtung Durchführung, § 98 Interne Maßnahme V.3. Pers. Einzelmaßnahmen (§§ 99 ff BetrVG) § 99, Versetzung Eingruppierung § 102 Kündigung § 103 Amtsträgerschutz Einstellung Schutz der Belegschaft Anhörung Ao Kündigung Widerspruch Versetzung, III Versetzung Schutz von Arbeitnehmer + Belegschaft Eingruppierung Bloße Mitbeurteilung V.3. Personelle Einzelmaßnahmen: Einstellung I. Hinreichende Unternehmensgröße für § 99 BetrVG 1. In der Regel mehr als 20 beschäftigte wahlberechtigte (also betriebszugehörige) Arbeitnehmer. 2. Wahlberechtigte Leiharbeitnehmer zählen 3. Im Gemeinschaftsbetrieb mit mehr als 20 Arbeitnehmern soll nach BAG 29.9.2004 – 1 ABR 39/03 – NZA 2005, 420 § 99 analog anwendbar sein. II. Tatbestand Einstellung 1. Schutzzweck: Nicht Bewerber (für den ist Betriebsrat nicht zuständig), sondern: aufnehmende Belegschaft 2. Tatbestand: Vor Arbeitgeber gewollte Eingliederung eines Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation: wenn Personen vom Arbeitgeber in den Betrieb eingegliedert werden, um mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs durch weisungsgebundenen Tätigkeit zu verwirklichen, ohne daß es dabei auf das Rechtsverhältnis ankommt, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen. 3. Nicht: Arbeitsvertragsschluß a. Aber: Beschäftigungsverlängerung bei befristeten Arbeitnehmern und Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze, b. Auch: Aufstockung Teilzeitkraft c. Problem: Arbeitseinsatz durch Drittunternehmen 4. Arbeitgeber kann die Einstellung jederzeit aufgeben! V.3. Personelle Einzelmaßnahmen: Einstellung III. Unterrichtung Nach § 99 I 1 und 2 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung umfassend zu unterrichten, d.h. die erforderlichen Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorzulegen und Auskunft über alle Bewerber und über die Auswirkungen der geplanten Einstellung zu geben. Bewerbungsunterlagen sind 1. die von den Bewerbern eingereichten Unterlagen (Arbeitszeugnisse, Angaben über den Gesundheitszustand), 2. Unterlagen, die der Arbeitgeber anläßlich der Bewerbung erstellt hat (ausgefüllte Personalfragebogen, Auf‐ zeichnungen über Einstellungsgespräche). 3. Nicht zu den Bewerbungsunterlagen gehören die Arbeitsverträge. Nach § 99 I 2 BetrVG hat der Arbeitgeber die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. 4. Soweit die Bewerbungsunterlagen nicht ausreichen, muß der Arbeitgeber weitere Auskünfte über die Person der Bewerber geben. 5. Kein Anspruch auf Teilnahme am Bewerbungsgespräch IV. Zustimmungsverweigerung 1. Keine Vertragskontrolle 2. Enumerative Zustimmungsverweigerungsgründe nach II. Gem. III muß der Betriebsrat die Zustimmung unter Angabe der Gründe vor Ablauf einer Woche verweigern. Eine formelhafte Begründung, etwa die bloße Bezugnahme auf eine der Nrn. des Abs. 2 reicht als Zustimmungsverweigerung nicht aus. a. Abs. 2 Nr. 3 zielt in erster Linie auf eine Verstärkung des Kündigungsschutzes: Einstellungen sollen verhindert werden, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß sie zu Kündigungen anderer Arbeitnehmer führen. b. Kein Schutz der Beförderungschance c. Fragwürdig: Vorrang für Befristete (II Nr. 3) V.3. Personelle Einzelmaßnahmen: Einstellung V. Rechtsfolge der fehlenden Zustimmung: 1. Keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Arbeitsvertrages 2. Beschäftigungsverbot (Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nach § 101 BetrVG) 3. Es sei denn: vorläufige Beschäftigung nach § 100 BetrVG VI.Gegenrechte des Arbeitgebers: 1. Nach § 99 IV BetrVG kann er beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen – richterlicher Gestaltungsakt – wirksam erst mit Rechtskraft. 2. Vorläufige Beschäftigung nach § 100 BetrVG: Bestreitet der Betriebsrat unverzüglich ein sachlich dringendes Erfordernis für die vorläufige Einstellung, kann der Arbeitgeber nach § 100 III 2 BetrVG die Feststellung beantragen, daß die vorläufige Durchführung dringend erforderlich war; den Feststellungsantrag muß er mit dem Antrag auf Zustimmungsersetzung nach § 99 IV BetrVG verbinden. V.3. Personelle Einzelmaßnahmen: Versetzung I. Hinreichende Unternehmensgröße für § 99 BetrVG … II. Tatbestand Versetzung 1. Schutzzweck: a. Schutz des Bewerbers vor nachteiligen und Strafversetzungen b. Schutz der aufnehmenden Belegschaft c. Nicht: Schutz der abgebenden Belegschaft; diese hat kein Recht am Arbeitnehmer 2. Tatbestand: Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, Legaldefinition in § 95 Abs. 3 BetrVG a. Arbeitsbereich ist der konkrete Arbeitsplatz einschließlich seiner Beziehungen zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht. b. Ein anderer Arbeitsbereich wird zugewiesen, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich übertragen wird, so daß der Gegenstand der nunmehr geforderten Arbeitsleistung, also der Inhalt der Arbeitsaufgabe, ein anderer wird und sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert. c. Auch der Entzug von Arbeitsaufgaben kann Versetzung sein! d. Nicht: die Stellenbeschreibung, die abstrakt die potentiellen Einsatzbereiche vorgibt e. Nicht: Arbeitszeitänderungen: Vorrang von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG f. Vorrang von § 103 Abs. 3 BetrVG bei der Versetzung von Betriebsratsmitgliedern g. Versetzung und Änderungskündigung (§ 102 BetrVG) V.3. Personelle Einzelmaßnahmen: Versetzung I. Unterrichtung II. Zustimmungsverweigerung 1. Abs. 2 Nr. 3 dient vor allem dem präventiven Kündigungsschutz 2. Abs. 2 Nr. 3 sichert keine Beförderungschancen (allenfalls eine verfestigte Anwartschaft qua Zusage) 3. Sonderfall: Versetzung in einen anderen Betrieb 4. Trennung der Mitbestimmung: Der abgebende Betriebsrat bestimmt über den Weggang des Arbeitnehmers = Versetzung mit (zu dessen Schutz); der aufnehmende Betriebsrat über dessen Eingliederung = Einstellung (zum Schutz der dortigen Belegschaft) 5. Nur beschränktes Zustimmungsverweigerungsrecht (Schutz nur der aufnehmenden Belegschaft, nicht aber des Arbeitnehmers) bei Versetzung auf Wunsch des Arbeitnehmers (keine Bevormundung), arg § 103 Abs. 3 BetrVG: Einverstandensein Schema Einstellung/Versetzung I. Zustimmungsbedürfnis 1. Hinreichende Unternehmensgröße 2. Tatbestand von Einstellung oder Versetzung (§ 95 III) Arbeitgeber kann Einstellungs‐ oder Versetzungsersuchen jederzeit zurücknehmen II. (Fehlende) Zustimmung 1. Zustimmung vom Betriebsrat ordnungsgemäß erteilt (unwiderruflich ab Zugang) 2. Zustimmung nach § 99 III 2 fingiert a. Fristbeginn: ordnungsgemäße (!) Unterrichtung durch Arbeitgeber b. Keine wirksame Zustimmungsverweigerung binnen Wochenfrist (Zugang!) Formell: Beschlußfassung des Betriebsrats, Mitteilung, Schriftform. Hinreichende Begründung (unbegründete, evident haltlos begründete Verweigerung genügt nicht) 3. Zustimmung vom Arbeitsgericht nach § 99 IV ersetzt Wirksam ab Rechtskraft des Beschlusses (arg § 100 III) III. Rechtsfolge der fehlenden Zustimmung 1. Individualrechtliche Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts? a. Nie bei Einstellung, Arbeitsvertrag bleibt wirksam b. Streitig bei Versetzung, dabei wiederum trennen zwischen Versetzung kraft Direktionsrecht und Versetzung durch Änderungsvertrag 2. Sondern: tatsächliches Beschäftigungshindernis (§ 615 BGB als Folge prüfen!) V.3. Personelle Einzelmaßnahmen: Eingruppierung I. Tatbestand Eingruppierung (nebst Umgruppierung, Rückgruppierung) 1. Festsetzung der für die Entlohnung des Arbeitnehmers maßgebenden Entgeltgruppe durch Einordnung des Arbeitnehmers in ein kollektives Entgeltschema 2. Bei jeder Ersteinstellung und jeder Tätigkeitsveränderung 3. Aber auch zur Korrektur einer falschen Zuordnung 4. keine konstitutive Maßnahmen, sondern Akt der Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber. II. Zentral: Anwendung einer kollektiven Vergütungsregelung im Betrieb mit zuordnungsfähigen abstrakten Merkmalen (auch Unterstufen innerhalb einer Gruppe) 1. Nicht Leistungsbestimmung nach § 315 BGB (dann § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) 2. Nach BAG wirkt TV ggü tariffreien Arbeitnehmern als betriebliche Vergütungsordnung: [BAG 18.10.2011 – 1 ABR 25/10 – NZA 2012, 392] III. Kein Mitbestimmungsrecht, sondern nur „Mitbeurteilungsrecht“, um sicherzustellen, daß der Arbeitnehmer die ihm ohnehin zustehende „richtige“ Vergütung erhält. IV. Zustimmungsverweigerung sichert 1. daß Beurteilungsspielräume gleichmäßig wahrgenommen werden 2. daß geltende Tarifverträge nicht falsch angewendet werden 3. auch bei Streit über die Geltung des Tarifvertrags V. Zustimmungsersetzungsverfahren • Besondere „halbseitige“ präjudizielle Bindungswirkung zugunsten des Arbeitnehmers V.4. Kündigung: Beteiligung des Betriebsrats AN AG individualrechtlicher Kündigungsgrund freie Entscheidung des AG über Zweckmäßigkeit der Kd Anhörung | Zustimmung Wirksamkeits‐ voraussetzung Kündigungs‐ erklärung des AG löst vorläufigen Weiterbeschäftigungs‐ anspruch aus, § 102 V Kündigungsschutzprozeß BR Mitbestimmung nur nach § 104 und § 102 VI Anhörung § 102 I: argumentative Einwirkung vorherige Zustimmung § 103 sichert Rechtmäßigkeit Widerspruch nach § 102 II V.4. Anhörung nach § 102 I BetrVG [§ 31 II SprAuG] I. Tatbestand: jede Kündigung, also 1. „normale Beendigungskündigung“, gleich ob das KSchG greift oder nicht 2. außerordentliche Kündigung 3. Änderungskündigung II. Hinreichende Anhörung: 1. Ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber, insbesondere zu seinen Kündigungsmotiven („subjektive Determination“) 2. So, daß der Betriebsrat zur Kündigung Stellung nehmen kann (bei betriebsbedingten Kündigungen auch Sozialauswahl!) 3. Kenntnisnahme der (rechtzeitigen) Stellungnahme des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung 4. „Dialog‐Pflicht“ des Arbeitgebers: Hat der Betriebsrat Zusatzinformationen verlangt, müssen ihm diese gegeben werden – aber keine Beratungspflicht V.4. Kündigung: Anhörung nach § 102 I BetrVG I. Zeitpunkt der Unterrichtung: 1. Arbeitgeber hat Betriebsrat so zeitig zu unterrichten, daß er die ordentliche Kündigungsfrist bzw. die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB einhalten kann. 2. Bedarf die Kündigung der Zustimmung des Integrationsamtes nach § 85 SGB IX oder der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde nach § 9 Abs. 3 MuSchG oder § 18 BErzGG, kann das Anhörungsverfahren sowohl vor Einholung der Zustimmung als auch danach durchgeführt werden. II. Wartepflicht des Arbeitgebers, der die Kündigung erst aussprechen darf, wenn 1. der Betriebsrat eine abschließende Stellungnahme (Zustimmung oder Widerspruch) zur Kündigung abgegeben hat oder aber erklärt, keine Stellungnahme abgeben zu wollen 2. oder die Anhörungsfrist (Woche/drei Tage) verstrichen ist III. Anhörungspflicht verhindert das individualarbeitsrechtlich zulässige Nachschieben von Kündigungsgründen IV. Rechtsfolge: bei unterlassener oder nicht hinreichender Anhörung ist die Kündigung unwirksam, § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG V. Unwirksamkeitsgrund, der aber von der Klagfrist des § 4 KSchG erfaßt wird! VI. Sonderproblem: „Zweite Kündigung“ V.4. Kündigung: Widerspruch des Betriebsrats I. Voraussetzung 1. ordentliche Kündigungen (§ 102 II u. III BetrVG), auch Änderungskündigung 2. nicht: außerordentliche Kündigung (anders als bei Anhörung) II. Widerspruchsgrund 1. Abschließende Aufzählung der Widerspruchsgründe in § 102 III BetrVG. 2. Keine Berufung auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf bisherigem Arbeitsplatz: Ob ein Kündigungsgrund besteht, soll ausschließlich im Kündigungsschutzprozeß erörtert werden 3. Widerspricht der Betriebsrat einer Kündigung nach § 102 III Nr. 3 BetrVG, hat der Betriebsrat der Versetzung auf den anderen Arbeitsplatz bereits zugestimmt, so daß der Arbeitgeber kein Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG durchführen muß. III. Rechtsfolge: Vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers, § 102 V BetrVG. 1. Ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats 2. Fristgemäße Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers im Sinne der §§ 1, 4 KSchG 3. Weiterbeschäftigungsverlangen des Arbeitnehmers 4. Nach § 102 V 2 BetrVG kann das Arbeitsgericht den Arbeitgeber im Urteilsverfahren durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbinden. IV. Hiervon unabhängig individualrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch nach BAG GS 27.2.1985 – GS 1/84 – NZA 1985, 702 V.4. Kündigung von Amtsträgern (§ 103 BetrVG) I. Funktion: Schutz des Betriebsrats als Gremium – nicht des Individuums 1. Deshalb endet Verfahren, wenn das Betriebsratsmitglied sein Amt anderweit verloren hat 2. Begrenzt durch Tendenzschutz II. Nur bei außerordentlicher Kündigung (§ 626 BGB), nicht bei der ausnahmsweisen ordentlichen Kündigung (§ 15 KSchG) 1. § 103 BetrVG schützt nicht vor der Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse. Hier nur: § 78a BetrVG bei Ausbildungsverhältnissen. 2. Das Zustimmungserfordernis besteht nur gegenüber den in § 103 I BetrVG genannten Amtsträgern und gem. § 96 III SGB IX zusätzlich für die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung. III. § 103 BetrVG räumt dem Betriebsrat ein verfahrenssicherndes Mitbeurteilungsrecht ein, ob ein wichtiger Grund vorliegt; Betriebsrat kann Arbeitgeber nicht von der begründeten außerordentlichen Kündigung abhalten. 1. Die Zustimmung des Betriebsrats setzt einen entsprechenden Beschluß voraus. Das zu kündigende Betriebsratsmitglied ist von der Beratung und Beschlußfassung ausgeschlossen; es gilt als zeitweilig verhindert im Sinne des § 25 I 2 BetrVG und wird durch ein Ersatzmitglied vertreten. 2. Vor der außerordentlichen Kündigung des einzigen Betriebsratsmitglieds (Betriebsobmann) muß der Arbeitgeber, wenn ein gewähltes Ersatzmitglied fehlt, analog § 103 II BetrVG im Beschlußverfahren die Zustimmung des Arbeitsgerichts einholen. IV. Ergänzend: § 103 III BetrVG Versetzungsschutz („Lex Siemens“) 1. Betriebsräte oder Wahlbewerber 2. Mitbestimmung entfällt, wenn zu Versetzender „einverstanden“ 3. Sonst „materielle“ Prüfung im Zustimmungsersetzungsverfahren 4. Folgeprobleme bei (Teil)Betriebsübergang V.5. § 104 und § 105 BetrVG I. Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer (§ 104 BetrVG) 1. Betriebsrat kann stets nur eine individualarbeitsrechtlich zulässige Kündigung oder Versetzung verlangen – und nicht in Vertragsrechte des Betroffenen eingreifen 2. Mit der Entfernung aus dem Betrieb erlischt das Störungsabwehrrecht II. Mitteilung bei Einstellungen und Veränderungen von leitenden Angestellten (§ 105 BetrVG) 1. Zweck: Befriedigung des Informationsbedürfnisses des Betriebsrats über die Person und Aufgaben kommender oder gehender Vorgesetzter. 2. Die Verletzung der Mitteilungspflicht wird nicht sanktioniert. 3. Daneben: Unterrichtungsrecht des SprA nach § 31 Abs. 1 SprAuG und Anhörungspflicht nach § 31 Abs. 2 SprAuG 4. Risiko falscher Statuseinschätzung (leitender Angestellter i.S. der § 105 BetrVG, § 31 SprAuG oder Arbeitnehmer iSd § 102 BetrVG) liegt beim Arbeitgeber. Deshalb fürsorgliche Doppelanhörung!