Entzinkung von Stahlschrotten
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Entzinkung von Stahlschrotten
Entzinkung von Stahlschrotten Entzinkung von Stahlschrotten Eberhard Gock, Volker Vogt, Ingo Schönfelder, Otto Carlowitz, Torsten Zeller und Andreas Sauter 1.Problem............................................................................................................... 393 2. Entsorgungsstrategien für verzinkte Stahlschrotte........................................ 394 2.1. Produktionsintegrierte Entzinkung................................................................. 394 2.2.Vorentzinkung.................................................................................................... 395 Pyrometallurgische Routen.............................................................................. 396 2.2.1. 2.2.2. Hydrometallurgische Routen........................................................................... 397 3. Saure Bypass-Vorentzinkung............................................................................ 401 3.1. Theoretischer Hintergrund............................................................................... 401 3.2.Verfahrenstechnik.............................................................................................. 403 3.3.Pilotanlage........................................................................................................... 405 3.4. Ökonomische und ökologische Bewertung.................................................... 406 4.Perspektiven........................................................................................................ 407 5.Literatur............................................................................................................... 408 Der Beitrag wurde bereits im Buch Recycling und Rohstoffe, Band 3 veröffentlicht. Die Verfahrensentwicklung wird im Rahmen der R2-Initiative des BMBF gefördert und als Leuchtturmprojekt eingestuft. Da sich gegenwärtig verschiedenste Gruppen in der Automobilindustrie mit der zeitnahen Einführung der neuen Prozesstechnik befassen, wird die Verfahrenstechnik der Vorentzinkung nochmals einem breiten Leserkreis zugänglich gemacht. 1. Problem Der Weltverbrauch an Zink liegt derzeit bei etwa 11 Millionen Tonnen pro Jahr. Davon werden etwa 50 % für den Korrosionsschutz von Stahl eingesetzt. Da die sicheren Primärrohstoffreserven gegenwärtig auf nur 220 Millionen Tonnen geschätzt werden, sind zur Rohstoffsicherung hoch effiziente Recyclingtechnologien Voraussetzung. Bezogen auf die deutschen Verhältnisse fallen allein bei der Feinblechverarbeitung der Automobilindustrie jährlich drei Millionen Tonnen verzinkte Neuschrotte an, die direkt in das Stahlrecycling überführt werden müssen. In den Stahlwerken erfolgt die Zinkabtrennung über die Staubabscheidung, was mit erheblichem verfahrenstechnischen Aufwand verbunden ist. Hinzu kommt, dass bei der nachfolgenden metallurgischen Aufarbeitung der Stäube auf Zink über den Wälzprozess große Metallverluste und zusätzlich Verunreinigungen durch Fluor und Chlor entstehen, die bei der Zinkelektrolyse erhebliche Störungen verursachen. 393 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter Der günstigste Weg für die Rückgewinnung des Zinks wäre eine vorlaufende Entzinkung der Schrotte. Entzinkte und legierungsfreie Schrotte sind eine wesentliche Voraussetzung für die nachhaltige Versorgung der deutschen Gießereiindustrie mit Rohstoffen. Für diesen Schrotttyp sind Zusatzerlöse von 40 bis 50 Euro üblich. Legt man die in Deutschland anfallenden verzinkten Neuschrotte mit drei Millionen Tonnen pro Jahr zu Grunde, handelt es sich um ein Zinkmetallpotenzial von 60.000 Tonnen mit einem derzeitigen Marktwert von etwa 100 Millionen Euro. 2. Entsorgungsstrategien für verzinkte Stahlschrotte Die heute üblichen Entzinkungsstrategien sind unmittelbar mit der Stahlherstellung verbunden. Mit dem zunehmenden Aufkommen an verzinkten Stählen ergibt sich insbesondere für die Gießereiindustrie ein Mangel an zinkfreien Stahlschrotten für hochwertige Anforderungen. Neben der bisher üblichen produktionsintegrierten Entzinkung in den Elektroschmelzwerken mit nachfolgendem Wälzprozess werden in Zukunft Vorentzinkungsverfahren eine zunehmende Bedeutung erlangen. Im Hinblick auf geeignete Stahlschrottqualitäten für die Gießereien und im Hinblick auf die Recyclingquote für Zink hat die Vorentzinkung eine konkrete Chance für die Bildung einer eigenständigen Recyclingbranche. Die bisher auf diesem Gebiet realisierten technischen Umsetzungen sind aber nur bedingt erfolgreich. 2.1. Produktionsintegrierte Entzinkung Aus systematischen Gründen wird nachfolgend ein Überblick über die heute üblichen produktionsintegrierten Entzinkungsverfahren gegeben. Bild 1 zeigt das Prinzip der produktionsintegrierten Entzinkung durch Kopplung von Elektrostahl-, Konverter- und Wälzprozess. Grundsätzlich ist bei dem Wälzprozess mit zwei unterschiedlichen Problemen zu rechnen. Zum Einen schwanken die Zinkgehalte der Flugstäube zwischen 20 % und 40 % und zum Anderen befinden sich Chloride und Fluoride in den oxidischen Stäuben, die über die Verbrennung von Kunststoffverbunden im Stahlschrott anfallen [1]. Die schädliche Wirkung von Chlor und Fluor tritt bei der hydrometallurgischen Gewinnung von Zink aus Wälzoxiden, die bis zu 90 % ZnO enthalten, in Erscheinung. Chlor führt in der Zinkelektrolyse zu einer verstärkten Korrosion der Aluminiumkathoden und der Blei-Silber-Anoden. Die maximal zulässige Chlorkonzentration wird in der Literatur [1] mit 30 bis 200 mg/l angegeben. Bei Fluor besteht die schädliche Wirkung ebenfalls in einer massiven Kathodenkorrosion und in dem starken Anhaften des abgeschiedenen Zinks an der Aluminiumkathode, so dass Probleme beim Strippen auftreten. Als Ursachen werden die Bildung von ZnF+-Komplexen angegeben, die durch ihre positive Ladung zur Kathode wandern und sich unter Bildung von HF zersetzen. HF als sehr starke Säure greift die schützende Al2O3-Schicht der Aluminiumkathoden an, so dass eine direkte und festhaftende Verbindung zwischen Zink und Aluminium entsteht. Eine weitere Folge ist, dass auch Aluminium einer massiven Korrosion unterliegt. Die Grenzwerte für Fluor werden mit 10 bis 50 mg/l genannt [1]. Höhere Grenzwerte sind nur dann zulässig, wenn in der Zinkelektrolyse eine Kathodenwaschvorrichtung vorhanden ist. Da Fluor und Chlor aus dem Elektrolyten nicht entfernbar sind, ergeben sich für den Einsatz von Wälzoxiden in der Zinkhütte strenge Anforderungen, die nur durch ein dem Wälzprozess nachgeschaltetes Laugeverfahren mit NaCO3 bzw. durch Verschneiden mit den Primärrohstoffen in der Zinkhütte zu umgehen sind. 394 Entzinkung von Stahlschrotten verzinkter Stahlschrott Elektrostahlprozess Konverterprozess Stahl Flugstäube Zn 20-40 % Cl–, F– Wälzprozess ZnO 90 % Cl– , F– Waschen Cl–, F– Zinkhütte Zink Bild 1: Prinzip des produktionsintegrierten Entzinkens durch Kopplung von Elektrostahl-, Konverter- und Wälzprozess In der Wälztechnologie ist aus Umweltschutzgründen die saure Fahrweise mit Quarz als Zuschlagsstoff durch die basische Fahrweise mit CaCO3 abgelöst worden. Ein Nebeneffekt ist die Senkung des Kohlenstoffbedarfs. Die Verwertung der Schlacken erfolgt im Straßenbau; nur in Ausnahmefällen erfolgt eine Deponierung. Anlass dafür sind nicht zulässige Bleielutionen [1]. Der Wälzprozess, der eine große Bedeutung auch für andere zinkhaltige Abfälle wie Phosphatierschlämme, Galvanikschlämme usw. hat, wird auch in Zukunft durch die hier vorgestellten Vorentzinkungsmaßnahmen nicht vollständig substituierbar sein. 2.2. Vorentzinkung Die Vorentzinkung unterscheidet sich von der produktionsintegrierten Entzinkung dadurch, dass ein zinkfreier Stahlschrott entsteht und eine direkte Gewinnung von metallischem Zink erfolgt, ohne dass der Umweg über die Gewinnung von Zink aus ZnO-Stäuben beschritten werden muss. Als Rohstoffe sind besonders geeignet verzinkte Neuschrotte, die noch keinen Lebenszyklus durchlaufen haben. 395 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter Für die Vorentzinkung kommen zwei verfahrenstechnische Routen in Betracht: • die pyrometallurgische Route und • die hydrometallurgische Route. In Bild 2 ist das allgemeine Schema der zurzeit bekannten Verfahrensvorschläge und Verfahren zur Vorentzinkung dargestellt. Beide Routen zeichnen sich durch spezifische Maßnahmen aus, die sich im Wesentlichen mit der selektiven Gewinnung von Zink befassen und die Oxidation des Eisens bzw. die Auflösung des Eisens verhindern sollen. verzinkter Stahlschrott Zn, ZnO pyrometallurgische Entzinkung Zinkhütte hydrometallurgische Entzinkung Zinkelektrolyse Zink Fe-Abgänge entzinkter Stahlschrott zur Stahlgießerei Bild 2: Allgemeines Schema der zurzeit bekannten Verfahrensvorschläge und Verfahren zur Vorentzinkung Die Schwierigkeiten der Vorentzinkung kommen zum Ausdruck durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen und langwierige Entwicklungsarbeiten zu den Verfahrensstrategien im Labor- und Pilotmaßstab. Neben der Auseinandersetzung mit den thermodynamischen Vorgängen der Prozesse haben unterschiedlichste Reaktorbauweisen einen hohen Anteil bei den patentrechtlich beanspruchten Ideen. 2.2.1. Pyrometallurgische Routen Die überwiegende Zahl der Entwicklungen zur pyrometallurgischen Vorentzinkung kommt aus Japan, gefolgt von englischen Vorschlägen. Die übrigen Patentierungen lassen keine signifikante Zuordnung zu. Im Mittelpunkt steht die Erzeugung von reinen Stahlschrotten mit hoher Qualität. Die Zinkgewinnung ist ein Nebenschauplatz. Vergleiche dazu auch: [2 bis 16]. 396 Entzinkung von Stahlschrotten Die Vielfalt der Verfahrensvorschläge zur pyrometallurgischen Entzinkung hat bis heute keine kommerzielle Umsetzung erfahren. Die einzige heute bekannte pyrometallurgische Entzinkungsanlage, die nach dem Prinzip der Vakuumverdampfung arbeitet, wird von zwei Recyclern der Mitsubishi-Gruppe in Japan betrieben. Das Verfahren scheint unwirtschaftlich zu sein [17]. 2.2.2. Hydrometallurgische Routen Die hydrometallurgische Entzinkung ist gekennzeichnet durch das pH-Milieu: • die basische Entzinkung und • die saure Entzinkung. Im Mittelpunkt der hydrometallurgischen Verfahren steht die selektive Auflösung von Zink, da mit der Auflösung von Eisen ein Abfallproblem verbunden ist. Während bei der basischen Entzinkung durch Komplexbildung das Eisenproblem weitgehend umgangen wird, lässt sich bei der sauren Route eine partielle Eisenauflösung nicht vermeiden. Die sauren Verfahrensvorschläge sind daher grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, die Eisenfracht so gering wie möglich zu halten. Aus reaktionskinetischen Gründen wäre jedoch ein saurer Weg vorteilhaft, da er durch die Kürze der Reaktionsdauer erlaubt, große Massenströme durchzusetzen. Gemeinsam ist den hydrometallurgischen Prozessen, dass hochwertiger Stahl sowie reines Zinkmetall und reine Zinkverbindungen entstehen. Nachfolgend wird der technische Entwicklungsstand an Hand von Patenten und wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Kurzform dargestellt. Basische Entzinkung Umfangreicher als die Bibliographie zur sauren Entzinkung sind die Veröffentlichungen und Patente sowie die Bemühungen zur technischen Einführung der basischen Entzinkung [18 bis 34]. 1993 wird von F. J. Dudek, E. J. Daniels und W. A. Morgan [34] über eine bereits 1992 angekündigte Pilotanlage mit 50.000 Tonnen pro Jahr in East-Chicago berichtet, die Anfang 1993 in Betrieb ging. In der US-Patentanmeldung 1996-680344 vom 17.07.1996 durch Metal Recovery Industries Inc. mit den Erfindern A. William, F. J. Dudek, E. J. Daniels wird das seit 1990 mehrfach vorgestellte basische Entzinkungsverfahren mit elektrolytischer Unterstützung modifiziert, in dem sich die Auflösung von Zink auf die natürlichen elektrochemischen Korrosionsvorgänge beschränkt. Diese Modifizierung ist das Ergebnis eines Erkenntnisprozesses aus den seit 1990 betriebenen basischen Entzinkungsstudien [32 bis 36]. Das Patent wurde 1998 unter der Nr. US5779878 [37] mit folgender Prozessbeschreibung erteilt: Der galvanisierte Stahl wird in 15-prozentiger Natrium- oder Kaliumhydroxidlauge bei Temperaturen von mindestens 75 °C behandelt. Dabei wird Zink durch galvanische Korrosion von der Oberfläche des galvanisierten Stahls abgelöst. Das Material, das die Kathode bildet, sollte prinzipiell ein Standardelektrodenpotenzial zwischen dem von Zink und Cadmium haben. Die korrosive Zinkauflösung kann durch folgende Maßnahmen beschleunigt werden: 397 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter • Erhöhung der Anzahl der Korrosionspunkte pro Fläche durch mechanische Aufrauhung oder Deformation des galvanisierten Stahls. • Aufheizung des galvanisierten Stahls, um Zinklegierungen an der Oberfläche zu bilden. • Mischung des galvanisierten Stahls mit einem Material, dessen Standardpotenzial zwischen Zink und Cadmium liegt. • Relativbewegung der Stahlteile gegeneinander und im Elektrolyten. Diese Erkenntnisse werden auch im Weltpatent von 1999 unter der Nr. WO9955939 beansprucht [38]. Ergänzt wurde dann die Patentierung durch das US-Patent US5855765 vom 05.01.1999, in dem zusätzlich die Transporteinrichtung, die den Stahl durch das Elektrolysebad bewegt, mit aufgenommen wird [39]. Die Transporteinrichtung ist elektrisch vom Erdpotenzial isoliert und besteht aus einem kathodischen Material, dessen Standardelektrodenpotenzial zwischen dem von Zink und Cadmium liegt. Dieses US-Patent wird zu dem Weltpatent mit der Nr. WO9955938 vom 14.11.1999 erweitert [40]. Das Gesamtfließbild des Verfahrens zeigt Bild 3, das gleichzeitig die Grundlage für das Meretec-Verfahren bildet. Das Verfahrensfließbild in Bild 3 zeigt die einzelnen Prozessstufen des Verfahrens. Der Entzinkungsteil umfasst den Laugereaktor und zwei nachfolgende Spültanks. Der Transport des zu entzinkenden Materials erfolgt über hintereinander geschaltete Bänder. Der Laugereaktor enthält eine wässrige NaOH-Lösung mit 150 bis 500 g NaOH/l, die auf Temperaturen zwischen 50 °C und 100 °C aufgeheizt wird. Die Reaktionszeiten werden mit etwa zehn Minuten für eine Temperatur von 75 °C angegeben, wobei der Transport mit Hilfe eines Bandes erfolgt. Die Reaktion läuft selbständig ab, so dass auf eine externe Spannung verzichtet werden kann. Die aus dem Laugereaktor kommende zinkhaltige Lösung weist eine Zinkkonzentration zwischen 25 und 40 g/l auf; der freie Laugeanteil liegt zwischen 150 und 300 g/l NaOH. Im Fällungstank, der sich vor der Elektrolyse befindet, werden Aluminium, Blei, Kupfer, Bismut und Eisen chemisch gefällt und abfiltriert. Die gereinigte Lösung wird der Elektrolyse zugeführt. Der Elektrolyse-Vorgang erfolgt zwischen 30 °C und 45 °C. Zink wird z.B. an einer Magnesiumkathode als Pulver oder in dendritischer Form abgeschieden und kontinuierlich von der Kathode entfernt. Die Metallpulversuspension wird in einem Filter oder in einer Zentrifuge entwässert. Der Filterkuchen wird brikettiert. Die regenerierte Laugelösung (< 20 g Zn/l) wird in den Laugereaktor zurückgeführt. Erfahrungen bestehen für verschiedene Schrotte mit Zinkbeschichtungsanteilen zwischen 0,5 % und 7 % Zink, die abgesenkt werden können auf minimal 0,002 %, im Durchschnitt auf 0,02 % Zink. Von der AMEC, einem britisch/amerikanischen Engineering-Unternehmen, wurde eine Entzinkungsanlage nach dem Meretec-Prinzip entworfen und 2003 in East Chicago in Betrieb genommen. Im Jahr 2007 wurde von der CMA Corp. Ltd., Australien, eine weitere Anlage in Melbourne übernommen [41]. Der Meretec-Prozess besteht aus einem sechsstufigen Verfahrensgang: • Shreddern, • Basisches Entzinken, • Waschen, • Laugenreinigung, • Reduktionselektrolyse, • Gewinnung von Zinkpulver. 398 Entzinkung von Stahlschrotten zu entzinkender Stahlschrott Wäscher – Entzinkung Laugereaktor Spültank zinkhaltige Lösung Spültank entzinkter Stahl Fällungstank Elektrolyse Laugenreinigung Brikettierung Filtration Filterkuchen brikettiertes Zink Bild 3: Meretec Prozess aus Patentschrift WO9955939 Quelle: Morgan, W. A. (Metal Recovery Ind. Inc., USA): Process for dezincing galvanized steel using an electrically isolated conveyor. Patent No. WO9955938, 1999-11-04 Die Kapazität beider Anlagen liegt bei etwa 120.000 Tonnen verzinktem Stahl pro Jahr aus denen 2.000 Tonnen Zink gewonnen werden [42]. Bei dem Meretec-Prozess handelt es sich um ein autarkes Verfahren, bei dem eine industrielle Vernetzung mit vorhandenen Zinkgewinnungsbetrieben, die alle saure Technologien haben, nicht realisierbar ist. Eine Abhängigkeit besteht nur von der Zulieferung des zu entzinkenden Schrotts. Die Unabhängigkeit wird erkauft durch sehr hohe Betriebskosten, die sich aus den hohen Reaktionstemperaturen, der langen Behandlungszeit und der geringen Zinkkonzentration der basischen Lösungen ergeben. Weiterhin besteht keine Möglichkeit der direkten Verwendung der Zinkatlösungen, so dass eine eigene Laugenreinigung und eine Gewinnungselektrolyse unumgänglich sind. Wirtschaftlichkeitsberechnungen haben gezeigt, dass diese Anlagentechnik am Standort Deutschland auf Grund der hohen Energiekosten nicht wirtschaftlich betreibbar ist. Saure Entzinkung Im Hinblick auf eine elektrolytische Abscheidung von Zink aus sauren Lösungen kommen vorzugsweise sulfatische Lösungen in Betracht. Andere Säuren haben wegen des höheren verfahrenstechnischen Aufwandes eine untergeordnete Bedeutung [43 bis 48]. Von der Societe de Prayon [49] wird 1972 ein Patent beansprucht, das mit H2SO4 ein unabhängiges Recycling von Zink und Eisen aus galvanisiertem Schrott zum Ziel hat. Eingesetzt wird wässrige H2SO4, der als Inhibitor zur Verzögerung der Eisenauflösung ein kolloidales Flockungshilfsmittel wie z.B. Gelatine, Knochenmark, Stärke, Dextrin, Guar Gummi oder Polyacrylamid zugesetzt wird. Die Konzentration des zugesetzten Kolloides kann 20 bis 200 g/m3 betragen. Mit 20 bis 200 g freier Schwefelsäure pro Liter wird das Laugeverfahren im Temperaturbereich zwischen 5 °C und 40 °C vorzugsweise bei 20 °C durchgeführt. Die Zinkgewinnung erfolgt durch Elektrolyse. Ebenfalls von der Societe de Prayon [50] wurden im darauffolgenden Jahr 1973 Einrichtungen zur technischen Umsetzung des oben genannten Verfahrens geschützt. 399 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter Ab den neunziger Jahren werden die vorgeschlagenen sauren Entzinkungsverfahren aufwändiger und praxisnäher. Von Nippon Steel Corp [51] wird eine Anlage zur sauren Entzinkung 1992 kreiert, bei der zunächst der zinkhaltige Stahl so vorzerkleinert wird, dass gebogene und verformte Oberflächen entstehen. Bei dieser Vorbehandlung wird bereits ein Teil des Zinks mechanisch abgetrennt. Es folgt eine magnetische Entfernung des teilentzinkten Stahls. Dieser wird einem Extraktionsbehälter aufgegeben, in dem die Blechabschnitte mit H2SO4 in Kontakt gebracht werden. Durch die verformten Oberflächen wird ein direktes Aufeinanderliegen der Blechabschnitte verhindert, so dass eine vollständige Auflösung des Zinks erfolgen kann. Zur Unterbrechung der sauren Laugung wird der entzinkte Schrott in einem Zwischentank neutralisiert. Anschließend wird mit heißem Wasser gewaschen und unter natürlichen Bedingungen getrocknet. Der Schrott ist zinkfrei und von hohem Wert. Die zinkhaltige schwefelsaure Lösung wird in einem Stapeltank mit Zinkstaub versetzt und ein spezifischer pH-Wert eingestellt, um das Eisen als Hydroxid auszufällen. Die Gewinnung von Zink erfolgt elektrolytisch. Im Nachgang zum vorgenannten Patent ergänzt Nippon Steel Corp. [52] sein Verfahren um einen Apparat mit mechanischen Vorrichtungen zur verbesserten Fest-Flüssig-Trennung. Es wird damit dem Problem der Abtrennung der restlichen zinkhaltigen Lösung begegnet. Ebenfalls anlagentechnische Verbesserungen werden 1993 von Nippon Steel Corp. [53] zu dem vorhergehenden Patent ergänzt. Es wird eine Anlage vorgestellt, die aus einem Laugereaktor gefüllt mit Säure, einem Neutralisationsbehälter mit Wasser und einem Reinigungsbehälter besteht. Alle Behälter sind mit Aufnahmevorrichtungen für Stahlschrott ausgerüstet. Der Stahlschrott wird von Stufe zu Stufe zur wiederholten Behandlung bewegt. Eine Unterstützung der sauren Laugung durch Elektrolyse wird 1998 von C. Lupi et al. [54] von der Universita di Roma postuliert. Der entwickelte Prozess beinhaltet eine Vorzerkleinerung des galvanisierten Schrottes, eine elektrochemische Auflösung des Zinks mit Hilfe einer Stahlanode und die Gewinnung von Zink oder Zinksulfat aus der anfallenden Lösung. Es wurden Tests zur Optimierung der chemischen und elektrochemischen Betriebsbedingungen durchgeführt. Eine Labortechnikumsanlage wurde zur Verifizierung der Voruntersuchungen betrieben. Der Prozess ermöglicht einen sehr geringen Energieverbrauch, sehr hohe Metallausbeuten und eine gute Qualität der Produkte. Aus dem Rahmen fällt die von Paques Bio Syst, BV [55] 2001 entwickelte Entzinkungsmethode für Stahlbleche mit Schwefelsäure in Gegenwart von Bakterien und Elementarschwefel. Zink wird als Zinksulfid durch biologische Reduktion von Schwefel oder Schwefelverbindungen ausgefällt. Der Prozess wird unter anaeroben Bedingungen in einem Bioreaktor durchgeführt. S. Aktas et al. [56] von der Istanbul Technical University 2002 beschäftigten sich mit der Abtrennung von Zink nach der schwefelsauren Laugung von galvanisiertem Stahlschrott. Gelaugt wird bei pH-Werten < 0,2. Die erhaltene Lösung mit 80 bis 85 g Zn/l und 0,02 g Fe/l wird durch mehrstufige Laugung hergestellt. Durch Zusatz von Ethanol wird Zink in Form von ZnSO4 • 2 H2O gefällt. Diese Verbindung enthält 36,4 % Zn und nur 0,02 % Fe und wird als hochwertiges Rohmaterial für den kommerziellen Einsatz bezeichnet. Das Ethanol kann durch Destillation bei 78 °C in weniger als 20 Minuten mit 90-prozentiger Ausbeute zurückgewonnen werden. Trotz des verhältnismäßig großen wissenschaftlichen und technischen Aufwandes zur sauren Entzinkung, gibt es wegen der unbefriedigend gelösten Trennung von Eisen und Zink und den damit verbundenen Abfallproblemen keine kommerzielle Umsetzung. Zur Kopplung mit der klassischen Zinkroute gibt es keine Hinweise. 400 Entzinkung von Stahlschrotten 3. Saure Bypass-Vorentzinkung Aus der Gegenüberstellung der basischen und sauren Prozessroute zur Stahlentzinkung lässt sich unschwer aus reaktionskinetischer Sicht erkennen, dass die saure Route die Forderung nach großen Massendurchsätzen am ehesten erfüllt. Die entscheidende Schwierigkeit bei der sauren Entzinkung ist das Abfallproblem, das sich durch die notwendige Abtrennung des mitgelösten Eisens vor der Zinkelektrolyse ergibt. Da das Zink das Nebenprodukt darstellt, ist aufgrund der zu geringen Massen der verfahrenstechnische Aufwand für die Laugenreinigung und für die Zinkelektrolyse wirtschaftlich nicht darstellbar. Gegenwärtig wird ein neues Verfahren zur sauren Vorentzinkung [57], die Bypass-Vorentzinkung, im Rahmen eines BMBF-Verbundprojektes [58] eingeführt. Die Verbundpartner kommen aus der Forschung, der Automobilindustrie, dem Schrotthandel, der Zinkmetallurgie, der Gießereiindustrie und dem Maschinen- und Anlagenbau. Es handelt sich um ein kaltes Entzinkungsverfahren für Stahlschrott, das mit dem Endelektrolyten der Primärzinkmetallurgie für die Zinkablösung arbeitet. Das Problem der Eisenabtrennung wird gelöst, in dem die erzeugten hoch zinkhaltigen Lösungen in den Primärzinkgewinnungsprozess zurückgeführt werden. Mit diesem Bypass-Prinzip gelingt ein abfallfreies Zinkrecycling. Den Verfahrensverbund bei der Bypass-Vorentzinkung zwischen saurer Schrottentzinkung, Zinkhütte und Gießereiindustrie zeigt Bild 4. H2SO4 Automobilindustrie Stahlschrott Gießereiindustrie verzinkte Bleche Bild 4: ZnSO4-Lösung saure Vorentzinkung Zinkhütte entzinkte Stahlbleche Stahlindustrie Zink Verfahrensverbund zur Bypass-Vorentzinkung durch Kopplung von saurer Stahlschrottentzinkung, Zinkhütte und Gießereiindustrie 3.1. Theoretischer Hintergrund Bei dem Reaktionsmechanismus des Verfahrens handelt es sich um eine Redoxreaktion, wobei die Auflösung von Zink die Oxidation (1) und die Umsetzung von Hydroniumionen zu Wasserstoff die Reduktion (2) darstellen. 401 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter Zn gZn2+ + 2 e-(1) 2 H+ + 2 e- gH2(2) Zn + 2 H gZn2+ + H2(3) + Die Gesamtreaktion (3) zeigt, dass die Wasserstofferzeugung thermodynamisch unumgänglich ist. Bei einem Massenverhältnis von Stahl zu Zink von 1.000 zu 14 stellt der entstehende Wasserstoff jedoch kein Gefährdungspotenzial beim Anlagenbetrieb dar. Er kann mit einem Luftüberschuss an die Atmosphäre abgegeben werden. Der verwendete Endelektrolyt hat einen Restzinkgehalt von 20 bis 50 g/l und einen Anteil an freier H2SO4 von etwa 180 g/l. Die Prozesstemperatur entspricht der der Umgebungsbedingungen. Die vorlaufenden Zinkionen bewirken eine beschleunigte Startreaktion im Vergleich zu unbeladener Schwefelsäure, so dass die Reaktionsdauer zur vollständigen Entzinkung maximal etwa zehn Minuten beträgt. Die Kinetik der Startreaktion zeigt Bild 5. Leitfähigkeit S/cm 0,5078 Leitfähigkeit S/cm 0,362 0,360 0,5058 0,358 0,5038 0,356 0,5018 0,354 0,4998 0,352 0 6 12 19 25 Reaktionsverlauf s Schwefelsäure mit Zink 50 g/l Bild 5: 31 37 Schwefelsäure Kinetik der Startreaktion in Abhängigkeit von der vorlaufenden Zinkkonzentration bei der sauren Entzinkung von Stahlschrotten Es wird die Zinkauflösung indirekt über die Leitfähigkeitsänderung verfolgt. Das Maß für die Geschwindigkeit der Reaktion ist die Steigung der linearen Funktion der Leitfähigkeit. Während reine Schwefelsäure zu einer verzögerten Zinkauflösung führt, was durch die Steigung der Leitfähigkeitsfunktion belegt wird, ist die Auflösegeschwindigkeit in Gegenwart von 50 g/l Zink zehnfach höher. Für die Prozessbedingungen ist diese Phase der Reaktion von entscheidender Bedeutung. Zur Veranschaulichung wird der Auflösevorgang bei der Startreaktion mit vorlaufendem Zink in Bild 6 gezeigt. Es ist zu erkennen, dass die Entzinkung an der Schnittkante der Blechabschnitte beginnt und zur Mitte hin fortschreitet. Der dunkelgraue Flächenanteil ist Restzink. Die höchste Umsatzgeschwindigkeit ergibt sich an den Schnittkanten der Bleche aufgrund der geringen Überspannung der Wasserstoffbildung an der unverzinkten Stahloberfläche. 402 Entzinkung von Stahlschrotten Beim Einsatz von Neuschrott wird die Reaktion zusätzlich günstig beeinflusst durch die im Karosseriebau verwendeten Zieh- und Waschöle. In Gegenwart von Ölen ergibt sich eine Inhibitorwirkung für die Auflösung von Eisen [59]. Aufgrund dieses Effektes vermindert sich die Auflösegeschwindigkeit von Eisen um einen Faktor 10, so dass die gewonnene hochzinkhaltige Lösung Eisengehalte von weniger als drei Prozent hat. Bild 6: Detailansicht der Zinkauflösung an der Blechoberfläche Wirtschaftlich wichtig für das Verfahren ist die maximal erreichbare Zinkkonzentration der Prozesssäure. Sie liegt bei > 110 g/l Zink. Bild 7 zeigt den Verlauf der Beladung von Zellsäure mit Zink und Eisen. Nach zwölf Minuten liegt der Zinkgehalt bei > 110 g/l, während der Eisengehalt in der Größenordnung von 0,15 g/l Eisen verbleibt. Zink g/l Eisen g/l 120 0,25 115 0,20 110 0,15 105 0,10 100 0,05 95 0 Bild 7: 2 4 6 8 10 12 Reaktionsdauer min Eisen Zink 14 16 0,00 18 Beladungsgrad von Zellsäure mit Zink- und Eisenionen in Abhängigkeit von der Reaktionsdauer bei der sauren Entzinkung von Stahlschrotten 3.2. Verfahrenstechnik Auf der Grundlage von Laborbasisdaten wurde eine Pilotanlage zum Entzinken von verzinkten Neuschrotten aus der Automobilindustrie geplant, konstruiert und gebaut. Diese Anlage ging im April 2010 in Betrieb. Der maximale Durchsatz beträgt etwa 1.000 kg pro 403 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter Stunde. Diese Anlage besteht aus fünf Modulen, wobei die Ablösung von Zink in den ersten beiden Modulen erfolgt und die restlichen drei Module als Waschstufen ausgelegt sind. Die Kopplung der Module wird durch Anflanschen vorgenommen, so dass die Gestaltung der Prozessschritte variabel ist. Die verfahrenstechnische Kopplung zwischen dem Primärzink-Prozess und der BypassVorentzinkung ist Bild 8 zu entnehmen. Die sich an die Eisenfällung anschließende Zinkelektrolyse wird aus energetischen Gründen so betrieben, dass der Endelektrolyt minimal 20 g/l Zink enthält. Der Endelektrolyt wird üblicherweise in die Laugestufe zurückgeführt. Für die Bypass-Vorentzinkung wird die benötigte Säuremenge als Teilstrom dem Endelektrolyten entnommen. Dieser Teilstrom wird nach der Entzinkung des Schrottes hochbeladen dem Primärzinkprozess in der Stufe der Eisenfällung wieder aufgegeben. Die Bypass-Führung verlagert die Zink-Eisen-Trennung vollständig in den Primärzinkkreislauf, so dass die Bypass-Vorentzinkung abfallfrei ist. BypassVorentzinkung PrimärzinkProzess verzinkter Stahlschrott Zinkerz ggf. mechanische Vorbehandlung Röstung Laugung H2SO4 +110 g Zn/l Entzinkung zinkfreier Stahlschrott Bild 8: 404 H2SO4 +20 g Zn/l Eisenfällung H2SO4 Monodeponie (Jarosit) Zinkelektrolyse Zink Verfahrenstechnische Kopplung zwischen dem Primärzink-Prozess und der BypassVorentzinkung Entzinkung von Stahlschrotten 3.3. Pilotanlage Die Pilotanlage wurde von der Andritz AG, Wien in einer Versuchshalle der CUTEC-Institut GmbH, Clausthal errichtet und befindet sich gegenwärtig in der Einfahrphase. Bild 9 zeigt ein Übersichtsfoto der Gesamtanlage. Bild 9: Pilotanlage zur Bypass-Vorentzinkung von verzinkten Neuschrotten (Gesamtübersicht) Im Vordergrund ist die Aufgabe mittels Vibrationsförderer zu sehen, von dem der Blechschrott der ersten Laugestufe zugeführt wird. Es schließen sich eine weitere Laugestufe und drei Waschstufen an. Die Anlage ist vollständig gekapselt und an eine Absauganlage angeschlossen, die eine Gas-Wäsche enthält. Die Peripherie bilden zwei Säuretanks mit Ölabscheidern mit einem Volumen von insgesamt 20 m3. Die Versorgung mit Endelektrolyt und der Abtransport der beladenen Säure wird durch Tankwagen sichergestellt. Zur Peripherie gehört auch eine Abwasserbehandlungsanlage zur Ausfällung von Restmetallionen durch Neutralisation. In der letzten Stufe werden die entzinkten Schwarzbleche im Luftstrom getrocknet. Der noch verbleibende Ölfilm bildet zudem einen willkommenen Korrosionsschutz, so dass die zinkfreien Bleche einen optimalen Vorstoff für den Einsatz in der Gießereiindustrie darstellen. Die Bilder 10a bis 10d geben Details des Prozessablaufs wieder. In Bild 10a ist die Vibratoraufgabe in die erste Laugestufe zu sehen. Die Blechabschnitte haben eine Größe von etwa 15 x 15 cm2. Diese Begrenzung der Blechgröße ist anlagenspezifisch. Angestrebt wird eine Entzinkung von Blechabschnitten bis zu einem Meter. Die im Kreislaufbertrieb geführte Säure wird zusätzlich über Düsensysteme mit den Blechen in Kontakt gebracht. Der Transport der Blechabschnitte im Säurebad erfolgt mit Hilfe verstellbarer Leisten auf einem Endlosband (Bild 10b). Die Übergabe in die jeweils nachfolgende Stufe wird mit Hilfe einer Steilstrecke des flüssigkeitsdurchlässigen Transportbandes erreicht (siehe dazu Bild 10c). Der Austrag der entzinkten Blechabschnitte und die Luftdüsen zur Trocknung sind in Bild 10d zu sehen. Gegenwärtig läuft der Versuchsbetrieb zur Ermittlung weiterer Basisdaten für eine Industrieanlage. 405 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter a) Aufgabe von verzinktem Neuschrott b)Transport im Entzinkungsbad mit Säurebebrausung c) Modulübergabe d) Austrag von entzinktem Schrott Bilder 10a bis d: Pilotanlage zur Bypass-Vorentzinkung von verzinkten Neuschrotten aus der Automobilindustrie (Detailansichten) 3.4. Ökonomische und ökologische Bewertung Für eine Industrieanlage zur Bypass-Vorentzinkung wird von einem Schrottdurchsatz von 1.000 t/d ausgegangen. Es handelt sich um das Schrottaufkommen eines einzigen großen Automobilherstellers pro Tag. Der jährliche Durchsatz ergibt dann 250.000 Tonnen. Eine Abschätzung ergibt, dass bei Schrottmengen zwischen 500 bis 1.500 t/d und einem Zinkgehalt von 1,5 % die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens bei 700 t/d erreicht wird, wenn der Blechzusatzerlös 30 EUR/t beträgt und der Zinkerlös gleich Null gesetzt wird. Die Gesamterlöse der Bypass-Vorentzinkung für Tagesblechdurchsätze zwischen 500 und 1.500 t/d in Abhängigkeit von den Blechzusatzerlösen zeigt Bild 11. Je nach Rahmenbedingungen des zugrunde gelegten Kosten- und Erlösmodells wird sich die Bypass-Vorentzinkung bereits nach wenigen Jahren amortisieren können. Zur Ermittlung der ökologischen Auswirkungen der Bypass-Vorentzinkung wurde die neue Technologie mit der aktuellen Wälztechnik verglichen. Bei der Wälztechnik handelt es sich um ein pyrometallurgisches Anreicherungsverfahren für Zinkoxid, das den Vorstoff für die hydrometallurgische Route der Zinkelektrolyse darstellt und gekennzeichnet ist durch ein hohes Schlackeaufkommen und Probleme mit der Metallmobilisierung beim Deponieren. 406 Entzinkung von Stahlschrotten Gesamterlöse Mio. EUR/a 6 5 4 3 2 1 0 -1 -2 -3 500 700 900 1.100 1.300 1.500 Durchsatz t/d Blechzusatzerlöse: Bild 11: 40,00 EUR/t 30,00 EUR/t 20,00 EUR/t Bypass-Vorentzinkung: Gesamterlöse in Abhängigkeit vom Tagesblechdurchsatz und vom Blechzusatzerlös (Annahme: Zinkerlöse gleich 0) Es wurden die Massenbilanz, die Transportbilanz und die Energiebilanz verglichen. Da die ermittelten Daten stark standortspezifisch sind, beschränken wir uns hier auf den Vergleich der Energiebilanzen von Stahlwerk und Wälzanlage und der Energiebilanz der Bypass-Vorentzinkung. Tabelle 1 zeigt den ermittelten Energiebedarf für das Verdampfen des Zinks im Stahlwerk und den Energiebedarf des Wälzprozesses zur Herstellung eines Zinkoxidkonzentrates aus den Flugstäuben der Stahlwerke im Verhältnis zur BypassVorentzinkung für eine Zinkgewinnung von 3.750 Tonnen Zink pro Jahr. Tabelle 1: Aktuelle Energiebilanz versus Energiebilanz unter Anwendung der Bypass-Vorentzinkung benötigte Energie CO2-Emissionen kWh/at/a Stahlwerk (Zinkverdampfung 3.750 t/a) 18.125.000 5.029 Wälzprozessanlage (Wälzoxidherstellung) 29.554.264 17.733 Summe: pyrometallurgische Entzinkung 47.679.264 22.761 Bypass-Vorentzinkungsanlage 1.000.000600 Bei der Gegenüberstellung der Energiebilanzen wird ersichtlich, dass sich der energetische Aufwand der Bypass-Vorentzinkung gegenüber der herkömmlichen Verfahrenstechnik um den Faktor 50 vermindert. Gleichzeitig vermindern sich auch die CO2-Emissionen um den Faktor 40. 4. Perspektiven Aus verfahrenstechnischer und energetischer Sicht ist die Vorentzinkung von Stahlblechen der logischste Weg zur Zinkabtrennung. Da sich die Einführung der Verzinkung als 407 E. Gock, V. Vogt, I. Schönfelder, O. Carlowitz, T. Zeller, A. Sauter Korrosionsschutzmaßnahme in der Automobilindustrie über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren vollzog, wurde die Notwendigkeit, neue Entzinkungstechnologien zu entwickeln, zunächst verdrängt. Es wurden vielmehr die konventionellen Wege der Zinkabtrennung mit dem Filterstaub der Stahlwerke und die Nachkonzentrierung von Zinkoxid durch den Wälzprozess bzw. die Verbringung der Stäube in Untertagedeponien favorisiert. Nachdem vor zehn Jahren in den Versatzbergwerken die Zinkgehalte der Stahlwerksstäube auf maximal 10 % begrenzt wurden, verblieb als einzige Variante die Verwertung durch den Wälzprozess. Mit den steigenden zinkhaltigen Flugstaubmassen wurden die Anforderungen der Zinkelektrolyse an die Wälzoxide in Bezug auf die Reinigung von Chlor und Fluor strenger. Die Abtrennung von Chlor und Fluor erfordert eine zusätzliche Waschstufe für das Wälzoxid, so dass diese Verfahrensroute heute ernsthafte wirtschaftliche Probleme aufwirft. Auch als Folge der Wirtschaftskrise wurde in diesem Zusammenhang in Deutschland die einzige Zinkhütte in Datteln, die vorwiegend Wälzoxide verarbeitete, zu Beginn des Jahres 2009 geschlossen. Heute werden deutsche Wälzoxide als Vorstoff für die Zinkgewinnung zur Verarbeitung bis nach Kanada exportiert. Vor diesem Hintergrund sind die Bedingungen für hydrometallurgische Vorentzinkungsprozesse außerordentlich günstig. Die Volkswagen AG in Wolfsburg trifft gegenwärtig Vorbereitungen zur Einführung der sauren Vorentzinkung im Jahr 2013. Vorgesehen ist eine Demonstrationsanlage für einen Durchsatz von 40.000 t/a Neuschrott aus dem Presswerk 1 in Wolfsburg. Abnehmer für die entzinkten Stahlschrotte wird die Gießerei Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG in Stadtallendorf sein. Der Grundgedanke dabei ist, spezifische Strahlqualitäten der jeweiligen Automobilhersteller im Kreislauf zu führen, um Vermischungen mit Fremdlegierungen zu vermeiden. 5. 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