Unbenannte Anlage 00023 - Velomobil

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Unbenannte Anlage 00023 - Velomobil
Umfrage zu Erfahrungen mit der Nutzung von
Dreirädern und Fahrradanhängern
– Ergebnisse –
Die Studie wurde an der Professur Diagnostik und Intervention am Fachbereich Psychologie
der TU Dresden durchgeführt. Im vorliegenden Dokument werden die wichtigsten
Ergebnisse zusammengefasst.
Der Studien-Teil Dreiräder wurde von Herrn Gregor Gaffga im Rahmen seiner Studienarbeit
bearbeitet, welche unter folgendem Link zum Download verfügbar ist: http://bit.ly/1wUHlpi.
Darin finden Sie umfassende Erläuterungen zu methodischen und fachlichen Grundlagen der
Studie sowie eine detaillierte Auswertung1 der Fragen an Dreiradnutzer2. Bei Fragen zur
Studie oder Interesse an detaillierteren Auswertungen schicken Sie eine Mail an Prof.
Carmen Hagemeister:
[email protected]
Umfragezeitraum, Stichprobe
Der Fragebogen war vom 7.12.2013 bis zum 20.09.2014 online. In diesem Zeitraum
beantworteten 410 Personen den Dreirad-Fragebogen und 479 Personen den AnhängerFragebogen bis zum Ende, wobei die Mehrheit der Umfrageteilnehmer männlich war. Das
mittlere Alter der Dreiradfahrer betrug 48 Jahre, das mittlere Alter der Anhängernutzer lag
bei 44 Jahren. Das Bildungsniveau der Umfrageteilnehmer war überdurchschnittlich hoch:
53 % der Dreiradnutzer und 71 % der Anhängernutzer hatten einen Hochschulabschluss.
Nutzer von Anhängern wohnten mehrheitlich in größeren Städten; 74 % der Anhängernutzer
kamen aus Städten über 50.000 Einwohner. Die Wohnorte von Dreiradfahrern waren
demgegenüber gleichmäßiger auf die Gemeinde- und Stadtgrößen verteilt.
Genutzte Fahrzeugmodelle
Dreiradmodelle
Mit 63% nutzte der überwiegende Teil der teilnehmenden Dreiradfahrer ein Liegedreirad
(vgl. Tabelle 1) und 29 % aller Dreiräder waren mit einem Elektromotor ausgestattet.
Etwa 2/3 der Dreiradmodelle hatten zwei Räder vorne und ein Rad hinten und 1/3 hatte ein
Rad vorne und zwei Räder hinten. Die Frage nach Lastenrädern war offensichtlich
missverständlich gestellt, da unter anderem Velomobile von einigen Teilnehmern auch als
Lastenrädern eingestuft wurden. Die angegebene Zahl der Lastenräder ist vermutlich
deutlich zu hoch.
1
In der Studienarbeit von Gregor Gaffga wurde ein geringerer Stichprobenumfang ausgewertet, da
die Studienarbeit vor Ende des Umfragezeitraums abgegeben werden musste.
2
Hier und im Folgenden werden männliche Bezeichnungen für Frauen und Männer genutzt. Gemeint
sind jeweils Menschen jeden Geschlechts, sofern nicht ausdrücklich auf eine andere Verwendung
hingewiesen wird.
Tabelle 1: Merkmale der von den Umfrageteilnehmern genutzten Dreiräder
Radkonfiguration
davon mit
Elektromotor 2 Räder vorne 1 Rad vorne
254
58
205
48
37
24
16
21
Gesamt
Liegedreirad
Sesseldreirad
Dreirad mit üblichem
Fahrradsattel
114
34
56
57
Gesamt
405
117
279
129
Lastenrad (nicht nur
Gepäckträger für Gepäck)
121
36
70
50
Anhängermodelle
95% der von den Umfrageteilnehmern genutzten Anhänger hatte zwei Räder, der Rest
waren einrädrige Anhänger. In der gewonnenen Stichprobe sind 51% Kinderanhänger, 47%
Lastenanhänger und 2% Hundeanhänger.
Die mittlere angegebene Anhängerbreite betrug 78 cm, wobei 12,3% der Anhänger breiter
als 90 cm und 2,3 % der Anhänger breiter als 100 cm waren. Das Maximum lag bei 120 cm.
Vor- und Nachteile sowie Einsatzzwecke von Dreirädern und
Anhängern
Dreiräder
Von den 410 befragten Dreiradnutzern fahren 275 sowohl Zwei- als auch Dreirad, während
135 ausschließliche Dreiradnutzer sind. Davon sind 74 aufgrund einer Behinderung und 8
aus anderen Gründen nicht in der Lage, Zweirad zu fahren und folglich auf eine
Dreiradnutzung angewiesen.
Im Vergleich von Zwei- und Dreirad ergaben sich folgende Vorteile von Dreirädern bzw.
Gründe für deren Nutzung:
- Vorteile bei Schnee und Eisglätte: Das Sturzrisiko durch Wegrutschen ist bei
Dreirädern deutlich geringer als bei Zweirädern.
- Bequemes und entspanntes Fahren insbesondere bei Liegedreirädern.
- Möglichkeit, Kinder mitzunehmen oder Güter und Lasten zu transportieren
(insbesondere bei Lastendreirädern und Velomobilen).
Große Defizite bestehen bei der Mitnahmemöglichkeit von Dreirädern in öffentlichen
Verkehrsmitteln.
Anhänger
Anhänger werden dann genutzt, wenn sie gebraucht werden zum Transport von Kindern,
Hunden oder Gütern. Mit Anhänger ist also ein höherer Kraftaufwand zum Radfahren nötig
als ohne Anhänger. Folglich werden bei großen Entfernungen, steigungsreichen Strecken
oder dem Wunsch, schnell ans Ziel zu kommen, Anhänger seltener mitgenommen. Ebenso
bleibt der Anhänger eher zu Hause, wenn mit Schnee oder Eisglätte zu rechnen ist und
wenn eine Teilstrecke mit der Bahn zurückgelegt werden soll. Als weiteres Entscheidungskriterium, mit oder ohne Anhänger unterwegs zu sein, wurden die Qualität und Passierbarkeit der geplanten Strecke genannt.
Infrastruktur zum Fahren
Probleme für Dreiräder und Anhänger
Die drei störendsten Infrastrukturmerkmale für Dreiräder und Anhänger sind Umlaufsperren,
Poller und schmale Radwege.
Doch auch viele andere Stellen mit zeitweise oder dauerhaft reduzierter Durchfahrbreite
stellen ein Problem für Nutzer von Dreirädern und Fahrradanhängern dar. Als nicht dauerhafte Probleme wurden unter anderem Mülltonnen, parkende Autos und Fahrzeuge von
Paket- und Lieferdiensten, Werbeaufsteller von Geschäften sowie Baustellen genannt.
Dauerhafte Engstellen entstehen zum Beispiel durch Straßenbeleuchtung, Verkehrsschilder,
Werbevitrinen, Bäume oder Blumenkübel, die auf dem Radweg oder zu dicht an diesem
aufgestellt wurden.
Probleme mit Baustellen: örtliche Verengung bestehender Radverkehrsinfrastruktur durch
Absperrungen und Baustelleneinrichtung. Selbst wenn Umleitungsstrecken für Radfahrer
eingerichtet werden, sind diese nicht für Dreiräder und Fahrräder mit Anhänger geeignet,
wenn sie mangelnde Bordsteinabsenkungen oder –auffahrten, Engstellen oder zu scharfe
Kurven enthalten.
Sowohl Nutzer von Anhängern als auch Dreiradfahrer berichteten über Probleme bei der
Nutzung von Zweirichtungsradwegen, wenn diese zu schmal sind. Bei einer Begegnung
mit entgegenkommenden Radfahrern muss in vielen Fällen auf Flächen neben einem
Radweg ausgewichen werden. Am meisten Platz benötigt die Begegnung zweier
mehrspuriger Fahrzeuge.
Es hat sich deutlich gezeigt, dass durch die Fahrzeugbreite verursachte Probleme deutlich
störender sind als eine schlechte Oberfläche von Straße oder Weg. Nichtsdestotrotz sind
Schlaglöcher, Wurzelschäden und (Kopfstein-)Pflaster für Nutzer von Dreirädern und
Fahrradanhängern ein größeres Ärgernis als für Zweiradfahrer. Mehrspurige Fahrzeuge
können Schäden und Unebenheiten in der Wegeoberfläche nicht so leicht ausweichen wie
einspurige Fahrzeuge.
Nutzer von Dreirädern und Fahrradanhängern berichten über Schwierigkeiten mit
Straßenbahnschienen. Während es für einen Zweiradfahrer kein Problem ist, zwischen
beiden Schienen zu fahren oder mit ausreichendem Abstand links oder rechts des
Gleisbereiches, ist dies für mehrspurige, breitere Fahrzeuge deutlich schwieriger. Es besteht
eine deutlich höhere Gefahr, mit einem der Räder in die Schiene zu kommen.
Stufen und Treppen auf Radrouten und anderen Wegen können mit einem Dreirad oder
Fahrradanhänger deutlich schlechter überwunden werden. Es ist einfacher ein einzelnes
Zweirad zu tragen als ein Dreirad oder Fahrrad-Anhänger-Gespann. Außerdem sind
„Schieberillen“, die hin und wieder an der Seite von Treppen angebracht sind, für
mehrspurige Fahrzeuge völlig ungeeignet.
In manchen Fällen entstehen weiterhin Probleme mit zu kleinen Radien von
Verschwenkungen und Kurven der Radverkehrsinfrastruktur.
Probleme hauptsächlich für Anhänger-Nutzer
Anhänger-Nutzer schilderten Probleme mit unzureichend abgesenkten Bordsteinen. Wird
ein nicht auf 0 cm abgesenkter Bordstein zu schnell überfahren, kann der Anhänger springen
und in Ausnahmesituationen sogar umkippen. In jedem Fall wird der Fahrkomfort beförderter
Kinder beeinträchtigt oder die Ladung eines Lastenanhängers ggf. beschädigt.
Aufstell- und Wartebereiche (z.B. an Ampeln) sind oft nicht auf die Länge von FahrradAnhänger-Gespannen ausgelegt. So kommt der Anhänger außerhalb des dafür
vorgesehenen Bereichs zu stehen. Auf Verkehrsinseln hat ein Anhänger-Nutzer die Wahl,
ob das Vorderrad des Fahrrades oder der Anhänger auf die Fahrbahn ragt und damit durch
unaufmerksame Autofahrer gefährdet ist.
Probleme hauptsächlich für Dreirad-Nutzer
Dreiradfahrer berichteten über eine Beeinträchtigung des Fahrkomforts durch quer geneigte
Radwege, wie sie oft an Grundstücksein- und –ausfahrten vorkommen. Während
Zweiradfahrer die Querneigung durch das normale Halten der Balance ausgleichen, können
Dreiradfahrer dies nicht tun, da immer alle drei Räder mit dem Untergrund in Berührung sind
und das Dreirad damit genauso geneigt ist wie der Weg, auf dem es fährt.
Für Liegeradfahrer sind Anforderungstaster an Ampeln standardmäßig zu hoch
angebracht, sodass sie nicht bequem vom Fahrrad aus zu erreichen sind.
Benutzungspflicht und genutzte Infrastruktur
Bei der Regelkenntnis zur Benutzungspflicht von Radwegen zeigten sich sowohl bei
Dreiradfahrern als auch bei Nutzern von Anhängern Defizite. 30 % der Dreiradfahrer und
21 % der Anhänger-Nutzer waren der Ansicht, das Fahren auf dem Gehweg sei in
Ausnahmen oder gar immer erlaubt, wenn daneben benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen vorhanden sind. [Personen ab 10 Jahren dürfen Gehwege aber nur nutzen, wenn
ein Schild es ausdrücklich erlaubt.] Dazu passt, dass 19,6 % der Dreiradfahrer und 14,8 %
der Anhänger-Nutzer mindestens „gelegentlich“ mit dem Dreirad bzw. Anhänger auf dem
Gehweg unterwegs sind. Ist kein Radweg vorhanden, fahren 13 % der Dreiradfahrer und
8,4 % der Umfrageteilnehmer mit dem Dreirad bzw. Anhänger lieber auf dem Gehweg als
auf der Fahrbahn. Wenn die Personen mit dem Zweirad ohne Anhänger unterwegs sind, ist
dies deutlich seltener der Fall.
Die Verteilung der Antworten in Bezug auf die Regelkenntnis zum Fahren auf der Fahrbahn
ist in Tabelle 2 dargestellt. Der Passus in der VwV-StVO, demzufolge das Fahren auf der
Fahrbahn für „andere Fahrräder […] wie mehrspurige Lastenfahrräder und Fahrräder mit
Anhänger“ „in der Regel dann, wenn die Benutzung des Radweges nach den Umständen
des Einzelfalles unzumutbar ist, nicht beanstandet werden“3 soll, war offenbar mehr
Dreiradfahrern als Anhänger-Nutzern bekannt.
3
VwV-StVO: Zu § 2, Abs. 4, Satz 2 der StVO: Punkt II.2.a (Randziffer 23)
Tabelle 2: Antworten auf die Frage zur Benutzungspflicht für Dreirad- und
Anhängerfahrer
Sind benutzungspflichtige Radwege vorhanden, so ist das
Fahren auf der Fahrbahn …
… immer verboten
… verboten, außer wenn Hindernisse wie Mülltonnen
oder Autos auf dem Radweg sind.
… in der Regel von der Polizei nicht zu beanstanden.
… immer erlaubt.
Dreiräder
Anhänger
N = 383
N = 445
10,4 %
45,4 %
14,6 %
56,6 %
33,7 %
10,4 %
20,1 %
8,1 %
Das berichtete Verhalten in Bezug auf die Nutzung von benutzungspflichtigen und nicht
benutzungspflichtigen Radwegen veranschaulicht Abbildung 1. Es ist erkennbar, dass der
Anteil der Dreiradfahrer, die nie auf dem Radweg fährt, höher ist als in der Gruppe der
Anhängernutzer. Letztere machen ihr Verhalten öfter davon abhängig, ob ein Radweg
benutzungspflichtig ist oder nicht.
… fahre ich auf Radwegen, die nicht benutzungspflichtig sind.
nie oder fast
nie
immer oder fast
immer
gelegentlich
oft
immer oder fast
immer
nie auf dem Radweg
D: 18 %
A: 10 %
nie oder fast nie
selten
… fahre ich auf
dem Radweg,
wenn dieser gelegentlich
benutzungspflichtig ist.
oft
selten
eher nicht auf dem Radweg
D: 11 %
A: 8 %
unentschieden
D: 4 %
A: 4 %
nur bei Benutzungspflicht
auf dem Radweg
D: 15 %
A: 29 %
eher auf dem
Radweg
D: 11 %
A: 12 %
immer auf dem Radweg
D: 39 %
A: 35 %
Abbildung 1: Wo fahren Dreiradfahrer (D) und Radfahrer mit Anhänger (A) wie oft?
N (Dreirad) = 399, N (Anhänger) = 469
Infrastruktur zum Parken
Die Mehrheit der Dreiradfahrer und Anhänger-Nutzer kann die entsprechenden Fahrzeuge
über Nacht (i. d. R. an der Wohnung) bequem, trocken und diebstahlsicher abstellen. Es
wird vermutet, dass die Entscheidung sich ein Dreirad zu kaufen auch von der Verfügbarkeit
eines geeigneten Stellplatzes am Wohnort abhängt. Während nur 14 % der
dreiradfahrenden Umfrageteilnehmer ihr Dreirad zum Abstellort tragen müssen, sind es
unter den Nutzern von Anhängern immerhin 30 %. Offenbar sind Anhänger leichter als
Dreiräder zu tragen. So unterscheiden sich auch die konkreten Abstellorte, wie Tabelle 3
zeigt. Während Dreiräder am häufigsten in Auto-Garagen parken, werden Anhänger am
häufigsten im Keller abgestellt.
Tabelle 3: Abstellorte von Dreirädern und Anhängern über Nacht
Ort
Dreiräder
Garage
160
Auto-Garage
Tiefgarage
Anhänger
116
112
4
152
8
Fahrrad-Garage, (Fahrrad-, Garten-) Schuppen,
Scheune,…
Fahrrad-Garage
Scheune/ (Garten-, Fahrrad-) Schuppen
in anderem Gebäude
im Freien (egal ob überdacht oder nicht)
Hof
vorm Haus
Fahrradunterstand, Carport
Gehweg/Straße
unter einem Balkon
Garten
Vordach/Dach am Haus
sonstige Orte draußen
Keller
eigener Keller
gemeinschaftlicher Fahrradkeller
sonstige Kellerbereiche
im eigenen Haus (außer Keller)
Hausflur
eigene Wohnung
Werkstatt
Tordurchfahrt
anderer Ort im Haus
in anderen Fahrzeugen (Van, Anhänger, …)
Sonstiges
Gesamt
80
85
36
44
5
45
30
5
66
78
22
16
18
2
7
6
7
21
13
8
7
3
14
43
132
88
35
9
22
18
3
41
61
35
17
6
3
20
14
4
3
8
10
4
408
476
Die Parkmöglichkeiten unterwegs oder am Ziel einer Fahrt werden von Dreirad- und
Anhänger-Nutzern gleich bewertet, wie Abbildung 2 verdeutlicht. Das Finden einer
Parkmöglichkeit scheint kein großes Problem zu sein und auch der Zugang zu den
Abstellplätzen und eine Möglichkeit der Diebstahlsicherung sind in den meisten Fällen
gegeben. Dennoch könnten mehr Stellplätze vorhanden sein, die sich gut für Dreiräder und
Anhänger eignen und ausreichend groß dimensioniert sind. Nutzer von Anhängern
schilderten, dass die Abstellflächen oftmals zu klein bemessen sind und der Anhänger in
andere Flächen wir Geh- und Radwege hinein ragt und andere Verkehrsteilnehmer
behindert, wenn er beim Parken nicht abgekuppelt wird. Außerdem können an den üblichen
Anlehnbügeln oft nur entweder der Anhänger oder das Fahrrad angeschlossen werden, da
sie zu kurz für das gesamte Gespann sind.
Abbildung 2: Bewertung der Parkmöglichkeiten unterwegs bzw. am Ziel eines Weges
Dargestellt sind Mediane, N (Dreirad) ≥ 388, N (Anhänger) ≥ 466
Miteinander im Verkehr
Im Vergleich zwischen Zwei- und Dreirad sowie zwischen Fahrrad mit und ohne Anhänger
ergaben sich nur leichte Unterschiede beim Verhältnis zu anderen Verkehrsteilnehmern.
Deutliche Unterschiede konnten lediglich beim empfundenen Überholabstand und bei der
Überholfrequenz durch andere Radfahrer festgestellt werden. In der Tendenz wurden alle
Abstände, die andere Verkehrsteilnehmer (insbesondere Kraftfahrzeugführer) zu Dreirädern
und Fahrrädern mit Anhänger halten, als größer empfunden. Am deutlichsten war dies der
Fall beim seitlichen Überholabstand und Dreiradfahrer schätzten die Abstände noch ein
kleines bisschen größer ein als Anhänger-Fahrer. Während Nutzer von Dreirädern mit dem
Dreirad genauso oft von anderen Radfahrern überholt werden wie mit dem Zweirad,
berichteten Anhänger-Nutzer über deutlich häufigeres Überholt-werden, wenn sie mit
Anhänger unterwegs sind, was auf eine niedrigere Geschwindigkeit hindeutet.
Abbildung 3 zeigt die Bewertung allgemeiner Aussagen zum Miteinander im Verkehr.
Dreiradfahrer bewerteten das Verkehrsklima dabei besser als Anhänger-Nutzer.
Abbildung 3: Bewertung der Aussagen zum Miteinander im Verkehr
Mittelwerte, N (Dreiräder) ≥ 399 , N (Anhänger) ≥ 470
Skalenbeschriftung: 1 = trifft gar nicht zu, 2 = trifft wenig zu, 3 = teils-teils,
4 = trifft ziemlich zu, 5 = trifft völlig zu
Abbildung 4: Wieviel Aufmerksamkeit erregen Anhänger und Dreiräder?
Mittelwerte, N (Dreiräder) ≥ 403; N (Anhänger) ≥ 472
Skalenbeschriftung: 1 = nie oder fast nie, 2 = selten, 3 = gelegentlich, 4 =oft,
5 = immer oder fast immer
Erregte Aufmerksamkeit
Dreiradfahrer erfahren eine deutlich höhere Aufmerksamkeit in Form von Blicken und
Kommentaren als Radfahrer mit Anhänger, wie Abbildung 4 zeigt. Während Fahrradanhänger
mittlerweile gewohnter Bestandteil des Verkehrsgeschehens geworden sind, sind Dreiräder
immer noch relativ selten und fallen auf.
Dreiradnutzer erleben dabei überwiegend „freundliche“, „neugierige“ oder „staunende“
Reaktionen von Fremden. Nur in sehr seltenen Fällen reagieren Passanten „neidisch“,
„spöttisch“ oder „aggressiv“.
In den meisten Fällen freuen sich die befragten Dreirad-Nutzer über die Aufmerksamkeit, die
ihnen zu Teil wird, wie Abbildung 5 zeigt. In einigen Fällen reagieren Dreiradfahrer gleichgültig und nur selten werden Blicke und Kommentare als störend empfunden. Die Gleichgültigkeit gegenüber Blicken ist dabei leicht höher als gegenüber Kommentaren. Im
Vergleich zwischen dem Befragungszeitpunkt und dem Beginn der Dreiradnutzung lässt sich
ein Gewöhnungseffekt erkennen, indem nach einigen Jahren des Dreiradfahrens die
Gleichgültigkeit gegenüber der erhöhten Aufmerksamkeit zunimmt. Dies gilt insbesondere
für Blicke von Passanten.
Abbildung 5: Reaktionen von Dreiradfahrern auf Blicke und Kommentare
Mittelwerte, N ≥ 387
Skalenbeschriftung: 1 = nie oder fast nie, 2 = selten, 3 = gelegentlich, 4 =oft,
5 = immer oder fast immer
Unfälle
In den Fragebogen wurden Fragen zu Unfällen mit den verschiedenen Fahrradtypen in den
letzten 5 Jahren aufgenommen, da vermutet wurde, es könnte einen Sicherheitsvorteil für
Dreiräder gegenüber Zweirädern geben. Die Hypothese einer geringeren Sturzrisikos bei
Dreirädern und damit eines geringeren Anteils an Alleinunfällen konnte allerdings nicht
bestätigt werden. Unter den Nutzern von Dreirädern lag der Anteil der Alleinunfälle mit dem
Dreirad bei 69 % und mit dem Zweirad bei 70 %. Die Anhänger-Nutzer berichteten über
67 % Alleinunfälle mit dem Fahrrad, unabhängig davon ob sie mit oder ohne Anhänger
unterwegs waren.
Fazit, Empfehlungen
Die Untersuchung hat gezeigt, dass Dreiräder Vorteile bei Schnee und Eisglätte bieten,
einfacher bei langsamen Geschwindigkeiten zu fahren sind und je nach Modell bequemes
Fahren ermöglichen. Fahrradanhänger und bestimmte Dreiradmodelle wie Lastenräder oder
Velomobile erhöhen den Einsatzbereich des Fahrrades um den Transport von Gütern und die
Mitnahme von Kindern.
Als ein deutlicher Nachteil von Dreirädern und Anhängern wurde von den Umfrageteilnehmern die Mitnahmemöglichkeit in öffentlichen Verkehrsmitteln benannt. Probleme
bereiten der Zugang zu den Fahrzeugen (Bahnsteige, Stufen am Fahrzeug), das Platzangebot
in den Fahrzeugen sowie die Beförderungsbedingungen in einigen öffentlichen
Verkehrsmitteln.
Bei der Infrastruktur zum Fahren zeigten sich Umlaufsperren, Poller und andere Engstellen
als größte Störfaktoren und Hindernisse für die Nutzung von Dreirädern und Fahrradanhängern. Außerdem wurde bemängelt, dass Radwege oft zu schmal sind für breitere
Fahrrad- oder Anhängermodelle. Besonders kritisch sind Begegnungs- und Überholvorgänge,
z.B. auf Zweirichtungsradwegen.
Die in den geltenden Richtlinien vorgesehenen Mindestbreiten für Radverkehrsinfrastruktur
sind für eine sichere und komfortable Nutzung durch Dreiräder und Fahrradanhänger zu
schmal. In Anlehnung an die RASt 06 (Richtlinie zur Anlage von Stadtstraßen) und die ERA
(Empfehlungen für Radverkehrsanlagen) schlagen wir die in Abbildung 6 dargestellte
Neudefinition von Verkehrsräumen und lichten Räumen für den Radverkehr vor. Darauf
aufbauend schlagen wir die in Tabelle 4 dargestellten Mindest- und Regelbreiten für dreiradund anhängerfreundliche Radverkehrsanlagen vor.
Abbildung 6: Verkehrsraum und Lichtraum für Dreiräder und Fahrradanhänger
Tabelle 4: Mindest- und Regelbreiten von dreirad- und anhängerfreundlichen
Radverkehrsanlagen
Zur Gewährleistung der Passierbarkeit von Umlaufsperren für möglichst alle Fahrradtypen
sollte der in der ERA genannte Abstand zwischen den beiden Bügeln der Umlaufsperre von
1,50 m auf 2,50 m erweitert werden4. Der Abstand zwischen Pollern sollte 1,40 m betragen.
Darüber hinaus wird eine Überarbeitung und Anpassung der RSA 95 (Richtlinie zur Sicherung
von Arbeitsstellen) vor allem hinsichtlich der notwendigen Breiten für Radverkehrsführungen
dringend empfohlen. In der Praxis können dazu Empfehlungen der AGFS (Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Städte) aus NRW eine Hilfe sein: http://www.agfs-nrw.de/fach
themen/baustellen.html.
Neben den genannten generellen Breitenanforderungen liegt die Nutzbarkeit von
Radverkehrsinfrastruktur für Dreiradfahrer und Anhänger-Nutzer oft im Detail:
-
-
Besonders Anhängernutzer wünschen sich eine ausreichende Zahl und Qualität von
Bordsteinabsenkungen.
Sicherheitsrelevant für Anhänger-Nutzer sind die Abmessungen von Warte- und
Aufstellbereichen für Radfahrer, insbesondere auf Verkehrsinseln. Aber auch
Aufstellbereiche an LSA und anderen Knotenpunkten sollten ausreichend
dimensioniert sein.
Stufen und Treppen sind auch dann ein Hindernis für Radfahrer mit Dreirädern und
Anhängern, wenn dort „Schieberillen“ oder ähnliche Hilfen für Zweiradnutzer
angebracht sind.
In Bezug auf das Parken von Dreirädern und Anhängern über Nacht zeigte sich, dass die
meisten Fahrzeuge trocken, sicher und bequem geparkt werden können. Es wird vermutet,
dass das Vorhandensein von geeigneten Abstellmöglichkeiten am Wohnort ein wichtiger
Faktor bei der Kaufentscheidung für ein Dreirad oder einen Anhänger darstellt.
Parkmöglichkeiten im öffentlichen Raum könnten verbessert werden, aber wurden nicht als
besonders großes Problem bewertet. Anlehnbügel sind grundsätzlich am besten als
„Fahrradständer“ geeignet, da sie für viele Fahrzeugformen nutzbar sind. Für Dreiräder ist
4
Empfehlung angelehnt an die österreichische RVS 03.02.13 Radverkehr
ein ausreichender Abstand zwischen den einzelnen Bügeln notwendig, während für FahrradAnhänger-Gespanne eine ausreichende Länge der Abstellfläche wichtiger ist. Sonst besteht
die Gefahr, dass Teile des Gespanns in andere Flächen hineinragen und andere
Verkehrsteilnehmer z.B. auf Rad- und Gehwegen behindern.
Das Klima auf deutschen Straßen kann insgesamt als dreirad- und anhängerfreundlich
beschrieben werden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Nutzer von Dreirädern und
Anhängern von anderen Verkehrsteilnehmern schlechter behandelt werden als
Zweiradfahrer. Dreiradfahrer fühlten sich respektierter und besser behandelt als Radfahrer
mit Anhänger.
Im Gegensatz zu Fahrradanhängern, die mittlerweile zum gewohnten Teil des Straßenbildes
geworden sind, fallen Dreiräder noch stärker auf und Dreiradfahrer erleben eine hohe
Aufmerksamkeit durch Passanten in Form von Blicken und Kommentaren. Diese sind
allerdings überwiegen freundlich oder neugierig, sodass sich die befragten Dreiradnutzer
eher selten davon gestört fühlen.
Dresden, im Dezember 2014
Gregor Gaffga, Verkehrsplanung und Verkehrstechnik, TU Dresden
Prof. Dr. Carmen Hagemeister, Fachbereich Psychologie, TU Dresden