Erfahrungsbericht Studium an der Marmara
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Erfahrungsbericht Studium an der Marmara
Erfahrungsbericht Studium an der Marmara-Universität Istanbul im Wintersemester 2010/2011 Unterkunft Nach der Ankunft und der Unterbringung in einem Hostel auf europäischer, als auch auf asiatischer Seite, begab ich mich auf Wohnungssuche. Unser studentischer Erasmuskoordinator war allerdings nicht sehr hilfreich. Mit anderen Studenten wurde daher selbst nach einer Wohnung gesucht, mithilfe eines türkischen Kommilitonen, der übersetzte und vermittelte. Da die Erfahrungen und Wünsche nach einer Woche weit auseinander lagen, viel Zeit verloren ging, trennte man sich. Der Wohnungsmarkt in Istanbul ist heiß umkämpft. Auf den bekannten Internetseiten "sahibinden.com" und "craigslist.com.tr" werden viele überteuerte Wohnungen angeboten und es wird probiert, aufgrund des Wohnungsmangels in der Innenstadt, die Preise hochzutreiben. Mein Tip: Wohnungen vergleichen, Abwarten und nach Beginn der ersten Wochen des Studiums zuschlagen, da die Preise wieder fallen. Ich zog in eine Wohnung auf asiatischer Seite in Kadıköy. Hier sind die Mietpreise geringer als auf der europäischen Seite. Die Wohnung wurde vermittelt durch einen Kommilitonen - den ich bereits im Hostel kennenlernte - der die Wohnung von einem Deutsch-Türken aus Deutschland angeboten bekam. Die Mietkosten waren daher für Istanbuler Verhältnisse äußerst gering. Damit sollte ich dann bereits nach 2 Wochen meine Bleibe gefunden haben. Die Wohnung in guter, ruhiger Lage und die Nachbarn sehr freundlich und hilfsbereit. Kadıköy ist ein sehr schöner, quirliger Stadtteil zum Wohnen (z.B. Hasanpaşa, Moda), mit vielen Studenten, Kultur- und Sportangeboten. Zu dieser Zeit begann sich dort eine Kulturund Musikszene zu integrieren und zu entwickeln. Mein Campus befand sich in Beykoz im Norden auf asiatischer Seite. Mit der Fähre ist der europäische Teil in zwanzig Minuten gut zu erreichen. Daher muss man nicht unbedingt auf europäischer Seite in Beşiktaş, Cihangir, Beyoğlu, Şişli etc., wohnen. Studium an der Gasthochschule Das Studium an der Gasthochschule war organisiert, interessant und sehr informativ, sodass ich viel über die türkische Kultur und den Mittleren Osten erfahren habe. Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Dozentinnen, mit denen man sich auch abseits der Seminare austauschen konnte, über den Unterrichtsstoff, die Türkei, Auslandsreisen etc. Unsere Erasmuskoordinatorin, Dr. Semra Cerit Mazlum, war immer sehr engagiert, hilfsbereit und verlässlich. Allerdings muss man auch feststellen, das die Organisation im Vergleich zu Deutschen Universitäten manchmal etwas chaotisch war. Bei der Erledigung der bürokratischen Angelegenheiten im Erasmus-Büro sollte man den Überblick bewahren und mehrmals seine Wünsche und Unterlagen nachfordern. Dann klappt auch alles, sowie mit fast allen organisatorischen Dingen (Fahrticket, Aufenthaltserlaubnis). Man sollte einfach etwas Geduld haben und die Menschen sind sehr hilfsbereit. Es gibt eine Vielzahl an Veranstaltungen in englischer Sprache, über die man sich vorab informieren sollte, bezüglich der Unterrichtssprache, Veranstaltungsinhalt etc. Im Büro der Erasmuskoordinatorin wird einem sehr gut geholfen, beim Ausfüllen des Learning Agreements. Meine Fakultät zog es leider vor, zu Semesterbeginn vom zentralen und nur 5 Minuten entfernten Göztepe wegen Umbauarbeiten nach Beykoz auf den Sportcampus der Marmara-Universität umzuziehen. Dies war mit einer Stunde Fahrtweg verbunden. Ich hatte mich aber schnell daran gewöhnt und nutzte dort die zur Verfügung stehenden Sportanlagen. Ich besuchte insgesamt vier Veranstaltungen, zwei Bachelor- und zwei Masterkurse. "Current Issues in Turkish Politics", "Urban Sociology in Middle East", "Middle East in World Politics" und "Global Environmental Politics". Nach einer kurzen Einführungszeit finden schon die Zwischenprüfungen statt. Zum Ende des Semesters schreibt man in den Bachelorkursen Essays oder nochmals eine Klausur. In den Masterkursen, eine zwanzigseitige Hausarbeit und eine zusätzliche Klausur über den Semesterstoff. Besonders hervorzuheben an dieser Universität ist eine Exkursion im Seminar "Urban Sociology in Middle East" in die Armenviertel von Istanbul. Sollten Dozenten solche außeruniversitären Veranstaltungen anbieten, kann ich nur empfehlen, dort mitzufahren oder gegebenenfalls mitzuorganisieren. Es lohnt sich und man erfährt über diesen Weg viel über Istanbul und seine Menschen. Den von der Universität einmal die Woche angebotene Sprachkurs habe ich nicht besucht sondern einen achtwöchigen Sprachkurs an der Tömer-Sprachschule der Ankara Universität in Kadikoy. Die Tömer-Sprachschulen sind mit dem Unterrichtsangebot und der Reputation identisch mit den Dilmer-Sprachschulen. Ein Intensivsprachkurs, der auch individuell begonnen werden kann, ist sehr zu empfehlen. Alltag und Freizeit Das Studium an der Universität verlangte durch Zwischenprüfungen, Klausur, Präsentationen und Hausarbeit ein gutes Zeitmanagement. Der große Arbeitsaufwand begrenzte sich allerdings sehr auf die Masterkurse. Kann natürlich jeder für sich entscheiden, welche und wieviele Kurse er besucht. Dazu kam mein Sprachkurs, 9 Wochen, je 9 Stunden. An der Universität nutzte ich gerne die Sportanlagen und die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen zu türkischen Studenten und Dozenten. Man organisierte einen Volleyballkurs. Das Verhältnis zu türkischen Kommilitonen war im Allgemeinen von allen Studenten in den zumeist von Erasmusstudenten besuchten Kursen durchschnittlich, was ich sehr schade fand. Allerdings entwickelte sich mit der Zeit in Kadıköy ein freundschaftliches Verhältnis zu vielen türkischen Künstlern und Musikern dort, das sehr interessant und befruchtend für alle war. Zu Anfang meines Semesters besuchte ich, wenn möglich, Veranstaltungen, die im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres stattgefunden haben. Das Kennenlernen der Stadt, auch der nicht so bekannten Orte, verteilte ich auf die sechs Monate. Den Start meines Istanbuls-Aufenthaltes, dem Tor zum Mittleren Osten, bildete ein eindrucksvoller langer Besuch in der Blauen Moschee, der mich einstimmen sollte auf die nächsten Monate. So besuchte man mit Kommilitonen Ausstellungen, Museen, Konzerte und lernte auch die vielfältige Kneipen- und Clubkultur kennen. Nach dem Besuch der ersten Erasmus-Party, die auf jeden Fall für gute Gespräche sorgte, machte ich danach einen großen Bogen um die Erasmus-Partys und zog es lieber vor, mit meinen Freunden viel zu unternehmen. Dazu gehörten u.a. gemeinsame Abendessen oder Konzerte und Performances in Kadıköy, die zumeist kostenlos und sehr interessant waren. Während der semesterfreien Zeit nutzte man die Möglichkeit zu reisen, z.B. in den Südwesten der Türkei. Zum Ende meines Aufenthaltes in der Türkei war ich im Iran. Diese Reise war zweifelsfrei das erfahrungsreichste Erlebnis meines Auslandssemesters. Ich hatte zu Beginn des Semesters mit Backpackern aus Japan und Portugal auf europäischer Seite zusammengewohnt und ihren Erzählungen zugehört. Daher entwickelte sich der Wunsch, nach einer Zugreise in den Iran. Später sollte ich einen Iraner kennenlernen, der mich dann zu sich nach Teheran einlud.