Université de Lorraine, 2014-15
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Université de Lorraine, 2014-15
Erfahrungsbericht Name: S i m o n v o n P o c k Austauschjahr: 2014/15 Gastuniversität: Université de Lorraine - Nancy Stadt: Nancy Land: Frankreich Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden. Vorbereitung: Alles, was vor einem Auslandssemester passieren muss, ist meist das Anstrengendste und Nervigste, was die Zeit im Ausland mit sich bringen wird. Der Vorteil davon ist, dass man nach Bewerbung um einen Platz an einer Gastuniversität sowie der Wohnungssuche den oftmals frustrierenden Teil bereits hinter sich hat. Man darf sich einfach nicht entmutigen lassen, wenn man nicht sofort eine Wohnung, einen Wohnheimsplatz oder ein Zimmer findet. Wenn die Bewerbung auf einen Wohnheimsplatz nicht von Erfolg gekrönt war, was durchaus der Fall sein kann, da Studenten aus weiter entfernten Ländern meist bevorzugt einen dieser begehrten Plätze zugesprochen bekommen, was irgendwie ja auch verständlich ist, dann helfen vor allem zwei Mittel weiter: (1) Durchforsten der örtlichen Facebookgruppen, die in Nancy sehr aktiv sind. Dort wird vor dem Semester fleißig nach neuen Mitbewohnern gesucht, vielleicht hat man dort Glück. (2) Die Internetseite www.leboncoin.fr ist das französische Pendant zu Seiten wie beispielsweise www.immobilienscout24.de. In vielen Erfahrungsberichten zu Frankreich wird meist noch www.vivastreet.fr als Argument angebracht, dort kann man auch gerne mal schauen, man wird aber nicht viele Angebote finden. In Frankreich hat sich der hier zuerst genannte Anbieter eindeutig durchgesetzt. Wenn man die Verantwortlichen für dort inserierte, interessante Angebote anschreibt, erhält man eigentlich auch meist eine Antwort. Wenn ihr für ein Jahr bleibt, sollte dort sicherlich etwas zu finden sein. Bei einem halben Jahr Aufenthalt wird das ganze Unterfangen schon etwas komplizierter, da die meisten Vermieter lediglich für ein komplettes Studienjahr vermieten möchten. Entweder man hat viel Geduld und wartet, bis man jemanden gefunden hat, der versteht, dass man nun mal nur für ein halbes Jahr bleibt. Oder man gibt an, man bleibe für ein ganzes Jahr und kündigt nach einem halben Jahr. Ehrenhaft ist anders, aber ich habe schon von einigen gehört, denen nur diese letzte Möglichkeit blieb, da sie auf anderem Wege keine Bleibe finden konnten. Zum Finanziellen ist noch zu sagen, dass die Mieten in Nancy wie allgemein in der nördlichen Hälfte von Frankreich relativ hoch ist, man hat jedoch die Chance von der Caisse d’affaires familiales (CAF) nicht ganz, aber doch fast die Hälfte der Miete wieder erstattet zu bekommen. Bei der Antragstellung sollte man sich allerdings nicht zu viel Zeit lassen, denn oftmals dauert es ein paar Wochen, bis eine Reaktion seitens der Behörde erfolgt. Und ganz am Schluss noch eine Warnung: Es sind in Frankreich zahlreiche Betrüger auf Plattformen wie zum Beispiel leboncoin aktiv. Diese Masche funktioniert meist wie folgt. Man zeigt Interesse an einer Anzeige, worauf eine positive Antwort erfolgt. Man solle doch bitte dann vor der Anreise bereits ca. zwei Monatsmieten per Western Union oder ähnlichen zwielichtigen Unternehmen zur Geldsendung ins entfernte Ausland auf irgendeine Insel der DOM-TOM oder vergleichbare Länder „überweisen.“ Auch vor Telefonaten, in denen diese Lüge außerordentlich geschickt fortgeführt wird, schrecken diese Leute nicht zurück. Während des Aufenthalts: Möglichst schnell sollte man sich nach der Ankunft um einige Dinge kümmern. Allen voran ist es sinnvoll, direkt mal im Bureau International an der jeweils zuständigen Fakultät vorbeizuschauen, um wertvolle Informationen zu bekommen, die vor allem Stundenplan, Kursanmeldung und Ähnliches betreffen. Ganz wichtig gleich am Anfang: Bankkonto eröffnen, da dies für die CAF benötigt wird. Abgesehen davon bestehen die meisten französischen Vermieter auf ein französisches Konto, von dem die Miete überwiesen wird. Dinge wie beispielsweise Strom/Gas, eventuelle Internet- oder Handyverträge werden auch nur über ein französisches Konto funktionieren. Es gibt von der LCL Bank ein Angebot für Studenten, in dessen Rahmen man angeblich 50 Euro zurück bekommt nach ein paar Monaten Kontoführung. Die meisten Banken verlangen aber Gebühren pro Monat. In Kombination mit einer Kreditkarte meistens etwa 10 Euro. Ich habe bisher Erfahrungen mit der Crédit Mutuelle und der Crédit Agricole gemacht. Bei beiden Banken hätte ich keinerlei Kritik anzubringen. Ganz wichtig bei diesen beiden Banken ist, dass man jede Menge Geldautomaten hat, an denen man Geld abheben kann. Noch ein Tipp von mir, was das Finanzielle angeht, ist, sich eine Kreditkarte beispielsweise bei der deutschen DKB zu besorgen. Damit kann man kostenlos im Ausland Geld abheben und zwar quasi an jedem Geldautomat, unabhängig davon, zu welcher Bank dieser gehört. Die Auswahl der Kurse am Campus Lettres et Sciences Humaines erfolgt wie folgt: Es gibt einen Katalog mit Bachelorkursen, die man belegen kann. Dieser Katalog enthält Kurse breit gefächert durch alle möglichen Bachelorstudiengänge. Leider muss man sich eigentlich komplett an diese Kursliste halten. Theoretisch ist es auch möglich, Masterkurse zu besuchen. Das bedarf allerdings einer großen Überzeugungsleistung deinerseits, denn das Bureau International ist nicht gerade scharf auf zusätzliche bürokratische bzw. organisatorische Hürden, die es nehmen muss, um es mal ganz deutlich zu sagen. Von Seiten der Dozenten ist dies nämlich in den meisten Fällen kein Problem. Ganz wichtig ist noch die Information, dass man an der Uni in Nancy als Erasmus-Student(in) prinzipiell dazu verpflichtet ist, die gleichen Prüfungsleistungen abzulegen wie die französischen Studenten/innen. Das klingt auf den ersten Moment ziemlich harsch, ist es auch, ein Versuch zu unternehmen, mit dem Prof über eine Alternative zu verhandeln würde ich aber trotzdem empfehlen. Die Chancen auf Erfolg sind nicht aussichtslos niedrig. Am Campus gibt es eine große Bibliothek, die komplett modernisiert wurde bzw. zu diesem Zeitpunkt immer noch modernisiert wird. Kleine Fachbibliotheken innerhalb des jeweiligen Fakultätsbereichs existieren ebenfalls, dort findet man meistens ein ruhiges Plätzchen. Das Resto U, was unserer Mensa entspricht, ist zu Fuß in etwa 10 Minuten erreichbar. Aber auch direkt am Campus gibt es zwei kleine Cafeterien, in denen man neben Getränken auch die französischen Snack-Klassiker, wie beispielsweise belegte Baguettes, für 2-3 Euro bekommt. Nancy als Stadt: Wenn man Nancy das erste Mal im Internet sucht, findet man schnell eine Einwohnerzahl von etwa 110.000. Im Vergleich zu Augsburg ist diese Zahl relativ klein. Wer dann noch kurz überlegt, wie groß bzw. klein die Augsburger Innenstadt ist, der befürchtet Schlimmes. Die Befürchtung, dass Nancy ein kleines Provinznest ist, kann aber schnell ausgeräumt werden. Nancy ist eine wunderschöne Stadt, in der immer etwas los ist. Andauernd gibt es irgendwelche Aktivitäten, Feste, Festivals und Aktionen. Langweilig wird einem in Nancy nie. Allen voran ist Nancy natürlich für seinen Place Stanislas bekannt. Manche belächeln die Stadtbewohner für ihre Behauptung, dies sei der schönste Platz Europas. Meiner Meinung nach haben sie durchaus gute Gründe dafür, das zu behaupten, denn zumindest in Deutschland habe ich Vergleichbares noch nicht entdeckt. In einer Umfrage irgendwann im letzten Sommer kam der Place Stanislas auf den 3. Platz. Es ging um die schönsten und beliebtesten Orte der Franzosen/ösinnen in ihrem Land. Die bekannten Sehenswürdigkeiten aus Paris sind da nur unter ferner liefen aufgeführt. Nicht auf einen festen Punkt oder Ort in der Stadt fixiert ist die Kunstrichtung der Art Nouveau. Um die Jahrhundertwende 1900 begründeten einige Architekten unter anderem auch aus Nancy diese Kunstrichtung, die eng mit der Kunstrichtung Ecole de Nancy verbunden ist. Überall in der Stadt findet man Häuser in diesem Stil. Vor allem die Türen und Tore sind spektakulär. Mich haben sie immer an verwunschene Märchenhäuser erinnert. Ein besonders interessantes Exemplar ist die Villa Majorelle, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Die Museen um das Musée de l’École de Nancy, das Musée des Beaux Arts oder das Musée lorrain sind landesweit bekannt und unbedingt einen Besuch wert. An jedem ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt übrigens frei. Des Weiteren immer einen Ausflug wert ist der Parc de la Pépinière. Ein riesiger Park mitten in der Stadt, in dem man spazieren gehen, joggen, Fußball spielen kann. Mittendrin ist ein schönes Café. Und einen kleinen Mini-Tierpark mit Ziegen, Affen, Eseln und Vögeln gibt es auch zu bestaunen. Die Altstadt glänzt durch alte Fassaden, originalgetreue Bodenbeläge und durch die Basilique Saint-Epvre, die vor allem vom Place Stanislas aus ein eindrucksvolles Bild bei Dunkelheit abgibt, da sie hell beleuchtet ist. Zahlreiche Cafés und Bistros säumen den direkt angrenzenden Vorplatz. Trotz der relativ geringen Einwohnerzahl gibt es zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten. Neben ein paar zentralen Einkaufsstraßen gibt es noch ein riesiges Einkaufszentrum ähnlich der City-Galerie. Direkt an der Innenstadt vorbei fließt der Fluss Meurthe. Er ist beidseitig gesäumt von breiten Fahrradwegen, die man für schöne Fahrradtouren nutzen sollte. Übrigens: Für das Leihen eines Fahrrads zahlt man für drei Monate sagenhafte 20 Euro. Nicht für die grünen, sondern für die roten (Wenn man zwei Tage in Nancy ist, versteht man diesen Satz). Und dann eignet sich Nancy noch hervorragend als Basis für Reisen ins nähere Umland. Metz ist gerade mal eine dreiviertel Stunde mit dem Auto entfernt, Straßbourg eineinhalb. Aber auch ein Trip in die Vogesen eignet sich hervorragend, um sich mal eine Auszeit vom Stadtleben zu gönnen. Ich wünsche dir viel Spaß bei deinem Abenteuer Nancy! Falls du dich für diesen Ort entscheiden solltest, wirst du es nicht bereuen.