Indien 2014 - KulturStadtLev

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Indien 2014 - KulturStadtLev
Dokumentation
Konzert- und Begegnungsreise
der Gruppe 4nations nach Indien
2. – 18. Februar 2014
Die Fahrt wurde gefördert durch
“
Indien
Mumbai (ehem. Bombay)
Kolkata (ehem. Kalkutta)
4nations
ist das Gitarrenquartett der Musikschule der Stadt Leverkusen mit den Musikern Adam Wasiak, Babak Salam,
David Stroh und Steven Truong. Leitung: Matthias Fromageot
Das Gitarrenquartett 4nations fand sich 2010 anlässlich des Wettbewerbes Jugend musiziert zusammen. Ursprünglich als reines Quartett gegründet. Inzwischen gliedert sich die gemeinsame Arbeit in Quartettspiel
(4nations), Gitarrenduo (2nations), Gitarre und klassischer Gesang sowie Gitarre solo. Der Wechsel der Besetzungen gibt dem Programm eine besondere Dramaturgie, da Literatur gleicher Epochen so mit unterschiedlichen Klangfarben hörbar wird. Im Repertoire ist Literatur aus verschiedenen Epochen, von Renaissance über
klassische Moderne bis hin zu zeitgenössischen und populären Titeln zu hören.
Wettbewerbe:
2010 Jugend musiziert,
2. Preis Landeswettbewerb
2011 Internationaler Jugendgitarrenwettbewerb Gevelsberg,
1. Preis
2013 Jugend musiziert, Wertung Gitarrenquartett
2. Preis Bundeswettbewerb2013 Jugend musiziert, Wertung Gitarrenduo
3. Preis Bundeswettbewerbsowie Einzelteilnahmen in den Solowertungen im Fach
Gitarre bzw. klassischer Gesang auf Landesebene
Die Indienreise
Die Idee zur Reise entstand aus der Frage, nach dem Erfolg beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert
eine weiterführende Aufgabe für die Schüler zu finden. Eine Konzertreise mit 7 Konzerten in 14 Tagen
ist an sich Aufgabe genug. Warum nun gerade Indien? Die Frage an den Organisator einer Fahrt ist immer, wer möchte unsere Musik hören, wer kennt diese Art Musik vielleicht gar nicht? Damit entfiel europäisches Ausland als Ziel, da klassische Gitarrenmusik bestens bekannt ist und deshalb auch keine Fördermöglichkeiten bestehen. Durch einen guten Kontakt nach Kolkata bot sich Indien als Reiseziel an.
Die Organisation HELGO organisiert in Howrah, der Zwillingsstadt von Kolkata, Schulausbildung für Kinderarbeiter und betreibt ein Teilinternat für ca. 20 Jungen im Alter von 6 bis 18. Jahren, das sog. Hostel.
Über HELGO erfolgte die Einladung nach Kolkata und im Zusammenhang mit der Organisation fanden
Konzerte und viele Begegnungen statt. Der zweite Teil der Konzertreise bestand aus Workshop und Konzert bei der Mehli-Mehta-Music-Foundation in Mumbai.
Die Reise von 4nations begann im April 2013 mit dem Startschuss zu den Vorbereitungen. 250 emails
und viele Konzerte später war es dann so weit: am 2. Februar 2014 startete der Flug nach Kolkata.
Nach zwei Tagen Eingewöhnung und Proben, u.a. mit der indischen Sängerin Amrita Howlader fanden
in direkter Folge fünf Konzerte statt. Mit Amrita haben wir das bengalisches Lied „EkTuku“ von Tagore
einstudiert, das Arrangement hatte ich für die Gruppen bereits angefertigt und einstudiert. Ein Risiko, da
wir nicht wussten, ob es gemeinsam klingen wird. Die indische Musik ist so komplett verschieden von
unserer. Letztlich war es gut und für unsere Konzerte ein sympathischer Beginn.
In den „freien“ Zeiten wurden im Zusammenhang mit der Organisation HELGO deren Einrichtungen besucht, die Jugendlichen haben an mehreren Abenden dort mit den Kindern gemeinsam gesungen und
Carrom „gezockt“. Ein Mitspieler hat seine Facharbeit über Kinderarbeit in der Zeit geschrieben, ein
Thema an dem wir alle natürlich hautnah „dran“ waren. Mit ansässigen Sozialarbeitern wurden Hausbesuche in den Slumgebieten um den Müllberg durchgeführt, sowie ein Besuch bei den „German Doctors“.
Insgesamt spielten wir in Howrah und Kolkata 5 Konzerte und hatten danach eine verdiente zweitägige
Pause in den Mangrovenurwäldern der Sunderbans.
Am Donnerstag 13. wurde auf Einladung der
Mehli-Mehta-Music-Foundation nach Mumbai
geflogen. Nach einem Probentag am Freitag gab
es am Samstag einen interessanten Workshop mit
Kindern, jugendlichen und erwachsenen Gitarristen auf verschieden Levels.
Insbesondere war interessant, dass die indischen
Gitarristen bestimmte „Probleme“ hatten, die
westliche Musik zu erfassen. Bei mehrstimmiger
Literatur waren das Heraushören sowie das Extrahieren der Stimmen aus dem Notentext nicht immer leicht. Umgekehrt hatten wir die Gelegenheit
klassische indische Musik zu hören, die im Bereich
des Rhythmischen für uns zunächst vollständig
„unverständlich“ ist.
Nach dem Konzert im Goethe-Institut von Mumbai erfolgte die Rückreise am Dienstag, 18. Februar.
Aus meiner Sicht als Lehrkraft und verantwortlicher Leiter ist die Fahrt für die Gruppe nicht nur
musikalisch ein voller Erfolg gewesen. Sie haben
das Publikum weit über das zu erwartende Maß
hinaus begeistert, das abwechslungsreiche Programm hat dem indischen Publikum dabei den
Zugang zur unserer „westlichen“ Musik leicht
gemacht.
Die vier Jugendlichen haben den Kontakt zu einer vollständig anderen Lebenswirklichkeit hervorragend
gestaltet und sind nicht nur musikalisch über sich hinausgewachsen.
Matthias Fromageot
Programm
Domenico Scarlatti:
1685–1757
Sonatas K 175 & K421
P.I. Tschaikowski:
1840-1983
Nutcracker-Suite
I Miniature Overture
II. Danses caractéristiques
a. Marche
b. Dance of the Sugar Plum Fairy
Carlo Domeniconi
*1947
Koyunbaba
guitar solo: Babak Salam
Leo Brouwer:
*1939
Cuban landscape with Rain
Maroon5
Andy McKee
John Mayer
Payphone
Drifting, Eboncoast
Slow Dancing In A Burning Room
steel-guitar: Adam Wasiak
Garcia Lorca
1898-1936
trad. Spanish Songs
Anda Jaleo,
El Cafe de Chinitas,
Zorongo,
La Tarara
voice: David Stroh and
guitar: Steven Truong
Manuel de Falla:
1876-1946
La vida breve
(guitar-duo: Adam Wasiak, Babak Salam)
Roland Dyens
*1955
Tango en Skai
(guitar-solo: Adam Wasiak)
Patrick Roux
*1962
Ponticello Tango
L.A.G.Q.
Pachelbels Loose Canon
Im etwas zu kleinen Taxi...
Als wir am 02. Februar um ca. 14 Uhr in den
Flieger nach Dubai stiegen, wurde mir zum
ersten Mal bewusst, dass die seit einem ca.
einem Jahr geplante, verrückte Idee der Konzertreise nach Indien heute tatsächlich zur Realität wird. Im Flugzeug haben wir zwischen
einer und vier Stunden geschlafen und kamen
um 8.00 Uhr lokaler Zeit in Kolkata an. Nach
einer chaotischen Autofahrt mit sieben Personen, fünf Gitarren und einem dutzend Gepäckstücken sind wir in unserer „Residenz“ bei
HELGO.
Nach einer kurzen Besichtigung unserer Wohnung ging's ab ins Hostel, wo die Kinder betreut werden, und sog. Coachings bekommen.
Vor der Howrah-Bridge
Besuch bei den musikalischen Schutzheiligen
Mit der Fähre, die alle 10 Minuten kommt, sind
wir danach über den Fluss Hoogli nach Kumartuli gekommen, wo wir Hunderte Wachsfiguren einer Göttin sahen. Als letztes ließen wir es
uns in dem Restaurant "Bar B Q" mit großartigem Essen gutgehen, und fielen von Müdigkeit
und neuen Eindrücken erschöpft in unsere Betten.
Blick aus dem Taxi
Einspielen in Kolkata, Don Bosco-Liluah –
gleich sitzen 1.000 Menschen im Publikum
Der Tag fing um 7:30 Uhr an. Es war ein
Mittwoch. Der dritte Tag unserer IndienReise.
Steven, nicht nur an der Gitarre aktiv
Es geht relativ früh los, es steht vor unserem
Don-Bosco-Konzert noch der Besuch bei den
„German Doctors“ an. Ärzte aus Deutschland, mittlerweile auch aus anderen Ländern, kommen in ihren 6-Wochen Urlaub
nach Kolkata, um dort fünf Tage in der Woche ab 9.00 Uhr morgens um die 200 Patienten zu versorgen. Als wir gegen kurz vor
neun ankommen, stehen schon hunderte
von Menschen dort und warten auf einen
ersehnten Stempel, der Ihnen eine Untersuchung und medizinische Versorgung zusichert. Als erstes kriegen die Kinder eine Behandlung, dann die Erwachsenen. Sie stehen
in Schlangen und hoffen. Alt und Jung. Wir
hatten kurz die Gelegenheit eine solche Behandlung mit anzusehen. Es war sehr interessant wie unter einfachsten Bedingungen
doch zumindest einigen Menschen geholfen
wird.
Dann geht es los mit einem Samaritan-HelpMission-Auto durch die Straßen von Tikiapara. Wir fahren zur Don Bosco Schule, einer
privaten Anstalt, wo wesentlich leibeskräftigere Kinder lernen. Es war ein gutes Konzert
vor ca. 100 Kindern der Stufen 6-11. Sie
„überfielen“ uns nachdem Konzert, wollten
Autogramme unsere „facebook-ID“.
Men at work
Autogrammstunde
Mit dem Sozialarbeiter unterwegs in Liluah
Am großen Müllberg in Liluah
Der vierte Tag der Konzertreise in Indien begann um 11:30 Uhr an.
Ungefähr eine halbe Stunde dauerte es bis wir in Liluah angekommen waren, ein Dorf mit riesigen Müllbergen. Ein unangenehmer Geruch lag in der Luft.
Wir stiegen aus dem Bus aus und Sylvester, Sozialarbeiter bei H.E.L.G.O. zeigte uns den Weg zum
H.E.L.G.O. Coaching Center. Auf dem Weg dorthin sah man kleine Müllfelder, auf denen Kinder spielten,
die unter anderem keine Kleidung trugen. Wir stellten unsere Sachen im Quartier ab und „spazierten“
dann in Richtung Müllberg. Eine große Anzahl von Wildschweinen lief uns über dem Weg. Diese Schweine dienen als Nahrungsquelle der Leute im Dorf, weshalb auch jedes Schwein Löcher im Ohr hat, die zur
Identifikation des Besitzers dienen. Auch Erwachsene und Kinder sahen wir, die den Müll nach Wertvollem
durchwühlten.
Konzert in der HELGO-Coaching-School, Liluah
… unser Publikum dort
Nachdem wir wieder im H.E.L.G.O. Coaching Center angekommen waren, kam ein Tablaspieler dazu,
der uns bei unserem bengalischen Song begleitete. Die Tabla ist eine indische Trommel und er spielt
dieses Instrument schon seit 30 Jahren und war sogar in Deutschland für mehrere Jahre als Lehrer tätig.
Nach dem Konzert fuhren wir wieder nach Hause. 18.00 Uhr war es mittlerweile. Wir nahmen uns ungefähr zwei Stunden um uns auszuruhen und zu Essen. Danach ging es zu den Kindern im Hostel.
Wir wurden herzlichst empfangen, Adam spielte was auf seiner Gitarre. Nach 3 Stücken entschieden wir
uns mit den Kindern zu singen. Die Kinder zeigten uns danach, wie man Carrom spielt und uns gefiel
das Spiel sehr. Vor dem Schließen des Hostels versammelten wir uns nochmal mit den Kindern zum
„Evening Circle“. Man bildet einen großen Kreis, singt gemeinsam und manche erzählen von ihrem Tag.
Im Hostel von HELGO: Zeig mir was…
Noch nie gehört
Indisches Tischbillard „Carrom“, unsere Jungs sind schwer am Verlieren
Heute steht das Konzert im Goethe-Institut an. Also Aufbruch um 9:30 Uhr. Beim Soundcheck fiel uns die
gute Akustik in dem Konzertsaal auf, der ca. 180 Leute fasst. Nach dem Soundcheck ließen wir es uns in
einem bengalischen Restaurant gut gehen. So gut, dass einige von uns Schärfetränen vergossen.
Das mit ca. 90 Menschen gut besuchte Konzert am Abend hat uns viel Spaß gemacht.
… nächstes Stück
Adam auf der Steel
Applaus mit Amrita „our voice of Kolkata“
Zugabe
HELGO’s neus Hostel – Einzug im September
Der 5. Tag in Indien war unser bis dahin faulster. Wir schliefen jeweils bis rund elf Uhr aus
und frühstückten erst einmal. Hiernach besuchten wir das neue Hostel von HELGO, welches sich vom vorherigen sehr stark unterscheidet und im Vergleich eine wahre Idylle
ist: Ruhe, ein Garten…
Anschließend faulenzten wir wieder bis zur
Abfahrt zu unserem Konzert im TollygungeGolf-Club. Hier fand unser erstes Open-AirKonzert der ganzen Reise statt. Der Veranstalter hatte eine wirklich große Anlage aufgebaut.
Unter sternenklarem Himmel spielten wir dann
vor gut 150 Leuten. Das Konzert kam sehr gut
an.
Konzert im Tollygunge-Club – Aufbau
Ein Tag im Mangrovenurwald „Sunderbans“
Heute geht's auf zu den Sunderbans, einem Inselgebiet im Südosten
Kalkuttas. In dem Zug, den wir um
7:30 Uhr nahmen, hat es trotz der
Müdigkeit vom frühen Aufstehen
niemand geschafft zu schlafen.
Auch im Bus waren wir dazu nicht
fähig, da wir stehen mussten. Weiter
ging es mit einer langen Bootsfahrt
durch das Gangesdelta.
Auf dem Boot hat es uns besonders
wegen der frischen Luft gefallen,
von der wir seit rund einer Woche
auf Entzug waren. Das Resort in
dem wir die Nacht verbrachten entsprach jedermanns Vorstellung von
einer tropischen Insel und war schöner als ich es je beschreiben könnte.
Des Weiteren besuchten wir ein paar
Inseln. Man konnte Tiere hinter Zäunen beobachten, die wir aber alle
uninteressant fanden. Viel lieber
saßen wir auf dem Boot, genossen
die frische Luft, die Aussicht, das
Wetter und den Tee und nutzten
diese Gelegenheit um nach einer
anstrengenden Woche mit 5 Konzerten wieder Kraft zu schöpfen,
und ein wenig zur Ruhe zu kommen.
Am nächsten Tag war auch schon
die Rückreise. Über den Fluss ging's
mit einem kleinen Kahn, allein 2
Stunden verbrachten wir in einer
Motorradriksha mit Anhänger, wo
die steinigen Straßen uns heftig
durchschüttelten.
Danach ging es im unglaublich vollen Vorortzug nach Kolkata.
Workshop in Mumbai
Der dreizehnte Tag in Indien begann
gegen 7:45 Uhr. Es ist nun mehr der
dritte Tag in Mumbai.
Um 8 Uhr treffen wir uns zum Frühstücken, denn um 9 Uhr müssen wir
los, zum Max-Mueller-Bhavan-Institut.
Dort haben wir einen Workshop mit
Schülern der Mehli-Metha-Foundation.
Wir beginnen mit Pachelbels „Loose“
Canon, anschließend spielen wir mit
Schülern verschiedenen Alters vorbereitete Stücke. Langsam, wenig dynamisch aber sehr notentextsicher. Mit
zunehmendem Alter der Schüler,
steigt auch das Niveau.
Nach einem gelungenen Workshop
Zwei Schüler spielen solo und bekommen danach öffentlichen Unterricht von Matthias. Eine Etüde versucht auch Adam zu vermitteln. Der
Workshop endet mit einem großen
gemeinsamen Einstudieren von
„Ain’t No Sunshine“ unter der Leitung
von Adam und Beihilfe von Babak,
Steven und David.
Danach Mittagessen mit dem Team
vom Goethe Institut und Mittagspause. Wir treffen einen indischen Freund
von Adams Familie, der uns etwas die
Stadt zeigt.
Danach Schlemmen!
Abends gehen wir in ein von vielen
Seiten empfohlenes Seafoodrestaurant. Es ist das beste Seafood, das ich
je gegessen habe. Perfekt zubereitet,
perfekt gewürzt, perfekt serviert.
Es geht gemütlich zurück zum Club.
Unterwegs wird noch etwas vom Straßenrand geshoppt.
Im Club gibt es wieder Wifi. Jeder
starrt nur noch auf sein Handy und
informiert sich über Neues, schreibt
mit Eltern und Freunden oder ist einfach nur online. Ein paar Nachrichten
später, ein paar Diskussionen mit dem
Personal später und ein paar Aufregungen über die Kleiderordnung später, begibt sich jeder aufs Zimmer.
Es wird Gitarre geübt, Wäsche gewaschen und geduscht. Morgen steht
das letzte Konzert in Indien an.
Konzert im Goethe-Institut, Mumbai
Babak mit „Koyunbaba
Good bye India
David und Steven mit Liedern von Garcia Lorca
Applaus