das feministische monatsmagazin. juli august 2011
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das feministische monatsmagazin. juli august 2011
€ 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 l l an.schläge das feministische monatsmagazin. juli august 2011 kampfbereit! Jetzt Boxen Fight for your Right! abonnieren. Schnupperabo (3 Hefte): 10 / 12* Euro Jahresabo (10 Hefte): 35 (ermäßigt 29) / 45* Euro Unterstützungsabo (10 Hefte): 43 * gültig für Europa, weitere Ausla / 53* Euro ndspreise auf Anfrage Infos und Bestellungen unter [email protected] oder auf www.anschlaege.at Indignades feministes Wie feministisch ist die spanische Protestbewegung? Elektronische Zärtlichkeit Ada umarmt uns mit ihren neuen Songs zwischen Techno und Pop Plus: Neues Prostitutionsgesetz >> Partisaninnen>> Kicken für Kim>> I love Vagina >> Fett & Zucker >> Feministische Kunst in Lateinamerika >> und vieles mehr an.schläge Nr. 07-08/11, 25. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M WER SORGT FÜR GERECHTIGKEIT? Mein e AK Näh rw ertam pel Banke nrech ner Brutt o-N Rech ettoner JETZT ALS APP. Die AK App mit Bankenrechner, Brutto-Netto-Rechner und Metis, Ihre Beraterin für Arbeitsrecht. Jetzt erhältlich im App Store und Android Market. apps.arbeiterkammer.at GERECHTIGKEIT MUSS SEIN www.jungewelt.de www.jungewelt. kein Thema kulturprojekte einreichen Jetzt am Kiosk j u n g e We l t Die Tageszeitun Geg ründ et 1947 · Don ners tag, Parteitag 3 Staatsdoktrin Israel gilt manc hem als Schutzm acht und Heimstätt e schlechthin aller Juden. Doch wie ist es tatsächlich um das Verhältnis zu Antisemitismus und Shoah-Üb erlebenden beste llt? Von Moshe Zucke rmann Seiten 10/1 1 7. Okt obe r 2010 · Nr. 234 · 1,30 Euro · PVS t A110 02 · Entg elt beza hlt Aufschlag 13 Euro für nix: Der Bund-Län der-Kompromiß zur BAfö G-Erhöhung deck t gerade den Preis anstieg 5 Gegenwehr Zehntausende gegen Rasmusse ns Regierung: In Dänema rk nehmen die Proteste gegen Sozialabbau zu 6 N ein zur Mappu s-Show Bestseller A Von Daniel Beh ruzi www.jungew elt.de Stieg Larsson hat den Erfolg seine r Bücher nicht meh r erlebt. Jetzt liegt die erste Biographie vor 13 Baden-Württemb ergs Ministerprä sident ernennt Hei Demonstranten ner Geißler zum fordern Baustop Vermittler in Sac p und Aufklärun hen »Stuttgart 21« g der Polizeiübe . ngesichts rgriffe. anhaltender Mass enproteste gegen »Stuttgart 21« wird Baden-Wü rttembergs Ministerpräsident Stefan Ma TKI op e n g »Ich will die DKP wieder zusamme nführen.« Inter view mit der designierten Vorsitzenden Bettina Jürgensen einreichfrist 19.10.2011 infos unter www.tki.at 166 Millionen Menschen hung ern Rom. 166 Millionen Menschen weltweit leiden laut einer UN-Studie an Hunger. In 22 Ländern seien die Bewohner chron isch unterernäh rt oder hätten Prob leme, genug zu essen zu bekomme n, heißt es in 12 Politik 06 >>> an.riss politik 08 >>> Indignadas feministas Wie feministisch ist die Protestbewegung in Spanien? 10 >>> Einzelne „Erlaubniszonen“ Wiens neues Prostitutionsgesetz ist kaum im Interesse der Sexarbeiterinnen 12 >>> an.riss international Thema: Boxen 15 >>> „A Knock Out“ Seit Frauen boxen, kämpfen sie nicht nur gegeneinander, sondern auch für ihr Recht in den Ring zu steigen 16 >>> Gelungene Haken Das Probeboxen in der Wiener „Boxfabrik“ für Frauen war schweißtreibend, aber sehr befriedigend 18 >>> 20 >>> Hast du ein Kämpferinnenherz? Interview: Heather Cameron vom Verein Boxgirls macht Mädchen Mut zu kämpfen 22 >>> Don’t touch me! Interview: Die Filmemacherin Florence Jaugey hat mit „La Yuma“ keinen Boxfilm Spektakel & Selbstermächtigung Frauen, die in Filmen boxen, haben sich zu emanzipierten Kämpferinnen entwickelt Gesellschaft 24 >>> an.riss arbeit wissenschaft 26 >>> Global entsichert? Was die Begriffe Prekarisierung und Informalisierung verbindet 28 >>> Ebenbürtige Kämpferinnen Interview: Katja Sturm-Schnabl ist die erste Obfrau des Verbands der Kärntner Partisanen 30 >>> I ❤ Vagina Die Kultivierung weiblicher Erotik als Auftrag 31 >>> „Ohne Fett und Zucker kommt kein Kuchen aus“ Am 1. Juli erhält Wien seinen ersten Kuchenladen nach Berliner Vorbild: das „Fett+Zucker“ 32 >>> an.riss kultur 34 >>> Elektronische Zärtlichkeit Ada umarmt uns mit ihren neuen Songs zwischen Techno und Pop Kultur 11 „Diese Frauen sind unglaublich“ 28 Interview: Kekena Corvalán dokumentiert zeitgenössische lateinamerikanische Frauenkunst 33 37 41 neuland 05 09 an.sage: „Was für ein Arsch!“ 44 zeitausgleich 06 24 sprechblase: Sager des Monats 47 heimspiel 06 29 plusminus: Sammelfreuden & Gehaltsvergleich 50 lebenslauf 07 33 an.frage: Rosa Freiräume medienmix: : lip magazine, kultur & geschlecht, Alternativer Medienpreis 2011 an.sprüche: Zuhause ist’s am schönsten an.lesen: Heinz-Jürgen Voß, Frauke Geyken, Karen Jaehrling & Clarissa Rudolph, Andrea Röpke & Andreas Speit, amantine, Ella Theiss, Ulrike Schmitze an.klang: Lady Gaga, Barbara Panther, Austra, EMA an.sehen: Kicken für Kim an.künden: Termine & Tipps 15 23 38 41 42 43 Kolumnen Rubriken Rubriken 36 >>> lesbennest bonustrack: vera kropf katzenpost zappho des monats 37 40 43 46 Juli August 2011 an.schläge l 03 editorial Unsere große Freude darüber, dass es nun auch zur Frauenfußball-WM ein Panini-Sticker-Album gibt (siehe S. 6), wurde durch den „Playboy“ schlagartig getrübt. Der zeigt in seiner Juli-Ausgabe „die schönsten Nationalspielerinnen in heißen Bildern“. Dass Sportlerinnen ganz offensichtlich generell lieber im Bikini betrachtet werden als in ihrer Arbeitskleidung, machte auch die Bildrecherche für den Box-Schwerpunkt dieser Ausgabe überdeutlich. Während die Millionen Ergebnisse einer Google-Bildersuche nach Muhammad Ali den Boxer wenig überraschend großteils im Ring zeigen, findet sich von seiner Tochter Laila Ali kaum ein Foto, auf dem sie tatsächlich kämpfend zu sehen ist. So wie alle anderen berühmten Boxerinnen wird sie stattdessen fast ausschließlich in Unterwäsche, im Abendkleid oder mit Baby(-bauch) präsentiert. Trotz Frauen-WM-Euphorie und Panini-Album – von einer Gleichberechtigung im Sport sind wir noch weit entfernt. Selbst beim Slack-Lining im Park stehlen uns die Jungs gerade wieder die Show. Und das, nachdem sich Generationen von Mädchen auf dem Schwebebalken gequält und beim Geräteturnen das Schambein geprellt haben. Also: Steigt in den Ring, Ladys! Und Lucky Punch! Die Redaktion an.schläge werden gefördert von: Feminist Superheroines Die französische Schriftstellerin und Philosophin Monique Wittig (1935-2003) gilt als eine der Vorreiterinnen des lesbischen Feminismus. Sie bezeichnete sich selbst als „radikale Lesbe“ und sagte nicht nur in ihren Büchern dem heterosexuellen Regime den Kampf an. Auch als politische Aktivistin war sie zeit ihres Lebens engagiert. So nahm sie im August 1970 an einer Kranzniederlegung für die Frau des unbekannten Soldaten (Denkmal beim Pariser Triumphbogen) teil, um auf die gesellschaftliche Unsichtbarkeit von Frauen hinzuweisen – dieses Ereignis wurde später als der Beginn der zweiten französischen Frauenbewegung interpretiert. Wittig engagierte sich zudem für diverse radikale feministische und lesbische Organisationen, und arbeitete bis zur ihrem Tod als Universitätsprofessorin in den USA. isaga Illustration: Lina Walde impressum Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, E-Mail: [email protected], [email protected], www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, [email protected], T.01/920 16 76, Lea Susemichel, [email protected], T. 01/920 16 78 l Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, [email protected], [email protected] l Termine, Tipps: Anita Weidhofer, [email protected] l Inserate: Michèle Thoma, [email protected] l Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Andrea Heinz/han, Leonie Kapfer/leka, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/viyu l Praktikum: Isabelle Garde l Texte: Mirjam Bromundt, Birgit Coufal/bicou, Sonja Eismann, Denice Fredriksson, Ina Freudenschuß, Tina Füchslbauer, Isabelle Garde/isaga, Judith Goetz, Svenja Häfner, Beate Hammond, Christine Hartmann, Gabi Horak/gah, Kathrin Ivancsits/kaiv, Mia Kager/miak, Nadine Kegele/nad, Vera Kropf, Christina Mohr, Maria Poell, Helene Sie- bermair, Elisabeth Streit, Hülya Tektas/huetek, Teresa Wintersteller, Liz Weidinger, Birgit Wolf l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: Filmstill aus „Die Boxerin” © Stardust Filmverleih GmbH l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Nadine Kappacher, Lisa Max, Bianca Tschaikner, Lina Walde l Fotos: an.schläge-Archiv, After Image Productions, AK gegen den Kärntner Konsens, Lotte Berger-Marlinger, boxfabrik.at, Bettina Enzenhofer, Christina Goestl, Junge Musliminnen Österreich, Jens Kastner, Yvette Mattern, Lia Michael/boxgirls.org, Alejandra Portela/de leedor, Katja Ruge, Koryo Tours, Christina Schlegel, Senator Film, Nana Swiczinsky, trigon-film, Eva Trimmel/IiF, Warner Bros., Birgit Wolf l Homepage: Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei © an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten. l ISSN 1993-3002 04 l an.schläge Juli August 2011 an.sage „Was für ein Arsch!“ Ein Kommentar von Lea Susemichel Die Berichterstattung war schauderhaft. In den ersten Tagen nach der Verhaftung von Dominique Strauss-Kahn war nur selten explizit vom Vorwurf der Vergewaltigung die Rede. Mit einem „Sex-Skandal“ oder einer „Sex-Affäre“ des ehemaligen IWF-Chefs wurde stattdessen getitelt. „Lebemann“, „kein Kind von Traurigkeit“ oder ein „Verführer französischer Schule“ wurde er dabei entschuldigend bis ehrfurchtsvoll genannt und augenzwinkernd fraternisierend von einem seiner letzten Bonmots in Freiheit berichtet: „Was für ein schöner Arsch!“, soll er auf der Reise nach New York über den Hintern einer Flugbegleiterin gesagt haben. Der Journalist Jean-François Kahn versuchte die Vorwürfe gar allen Ernstes damit zu bagatellisieren, dass es alles andere als unüblich sei und eine lange Tradition habe, „Domestiken“ an die Wäsche zu gehen. Zahllose Kommentatoren sahen die sexuelle Libertinage überhaupt durch amerikanische Prüderie bedroht, und auch sozialistische Parteifreunde sprangen reflexartig für Strauss-Kahn in die Bresche. Es sei „schließlich niemand gestorben“, urteilte etwa der frühere Kultur- und Bildungsminister Jack Lang. Das Opfer des mutmaßlichen Übergriffs hingegen, die 32-jährige, aus Guinea stammende Hotelangestellte Nafissatou D., Mutter einer 15-jährigen Tochter, firmierte nicht nur im Boulevard stets als das „afrikanische Zimmermädchen“. Dass sich der mediale Tonfall inzwischen merklich verändert hat, verdankt sich vor allem den feministischen Protesten, die diesen Entgleisungen folgten. „Wir wissen nicht, was am 14. Mai in New York geschehen ist“, schrieben mehrere Organisationen in einer gemeinsamen Petition, die in kürzester Zeit von zehntausenden Frauen unterzeichnet wurde, „aber wir wissen, was in der letzten Woche in Frankreich los war“. Tausende Feministinnen gingen in Paris mit aufgeklebten Bärten und Slogans wie „Wir sind alle Zimmerfrauen“ auf die Straße, um den unverhohlenen Sexismus und die Verharmlosung sexualisierter Gewalt im öffentlichen Diskurs anzuprangern. Französische Politikerinnen demonstrierten mit umgebundenen Krawatten gegen Frauenfeindlichkeit im Parlament und sprachen erstmals darüber, dass weibliche Abgeordnete aus Angst vor Belästigungen kaum mehr im Rock in der Nationalversammlung erscheinen. Was vor allem auch damit zu tun habe, dass sie dort weiterhin in der Minderheit und nur mit etwa 18 Prozent vertreten sind. Nicht nur frühere Vergehen Strauss-Kahns werden nun erstmals öffentlich diskutiert, auch dass sich andere Politiker gegenüber Journalistinnen und Mitarbeiterinnen durchaus ähnliche Dinge erlauben, wird publik. Verteidiger des Ex-IWF-Chefs, die ihn als Opfer eines politischen Komplotts oder aufgrund seines Jüdischseins als „neuen Dreyfus“ inszenieren wollen, werden wieder leiser. Lauter jedoch diejenigen, die eine kritische, offene Debatte über Machismus und männliche Macht fordern. Und so leidenschaftlich und breit wie derzeit wurde diese Debatte tatsächlich lange nicht geführt. Nicht nur in Frankreichs Zeitungen liefern feministische Autorinnen Analysen über den gefährlichen Zusammenhang zwischen politischer und sexueller Omnipotenz, in denen plötzlich Begriffe wie „Phallokratie“ vorkommen dürfen. Sogar in ganz konkreten Zahlen zeigen sich die Auswirkungen des Stimmungsumschwungs. Wurden bislang nur etwa zehn Prozent von geschätzten 75.000 Vergewaltigungen jährlich in Frankreich angezeigt, verzeichnen Frauenorganisationen zuletzt einen deutlichen Anstieg bei den Meldungen von sexualisierter Gewalt. Die feministische Aktivistin Magali de Haas prognostiziert angesichts dieser erfreulichen Entwicklungen gegenüber dem „Guardian“ sogar: „Ich bin zuversichtlich, dass wir ein neues Erwachen des Feminismus erleben werden.“ Auch andere kleine Erfolge geben Anlass zum Optimismus. In New York wird nun die Einführung eines Alarm-Knopfs für Hotelangestellte gefordert. Und die Hotelkette Sofitel, bei der Strauss-Kahn seine Suite gemietet hatte, hat bereits ihren Dresscode für Mitarbeiterinnen geändert. Durfte der weibliche Zimmerservice bislang ausschließlich kurze Röcke tragen, sind mittlerweile auch Hosen gestattet. l Juli August 2011 an.schläge l 05 an.riss politik sozialstudie Alleinerziehen erhöht das Armutsrisiko Foto: Junge Musliminnen Österreich berufsqualifikation Fünf Jahre Fatima Ende Mai feierte das Projekt Fatima des Vereins „Junge Musliminnen Österreich“ sein fünfjähriges Jubiläum. Die „Qualifikationsoffensive junger Musliminnen“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, junge Frauen aus- und weiterzubilden. Muslimische Frauen sollen so befähigt werden, am gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben gleichberechtigt teilzuhaben. Partizipation gegen Diskriminierung, ist das Motto. Die Ausbildung bei Fatima stellt für viele junge Migrantinnen außerdem eine wichtige Zusatzqualifikation auf dem Arbeitsmarkt dar. Erklärtes Ziel ist es außerdem, dass die Teilnehmerinnen mehr Selbstvertrauen entwickeln und als Vorbilder für andere wirken. Wir gratulieren und wünschen viele weitere Kurse! trude www.projektfatima.at, www.jmoe.at „ Einige Die Studie zum Download: www.bmsk.gv.at/cms/site/attachments/0/1/1/CH0025/ CMS1306931083602/band7_alleinerziehende_web%5B1%5D.pdf finde ich auch sehr hübsch.“ Autsch. Lothar Matthäus, deutscher Rekordnationalspieler im Männerfußball, äußerte sich zum Thema Frauenfußball. Die Frauen seien den Männern zwar klar körperlich unterlegen, denn Männer haben „mehr Muskeln, viel mehr Kraft“, aber einige Spielerinnen findet Herr Matthäus „sehr hübsch“. Schönheit ist im Fußball ja auch enorm wichtig, wen interessiert es da noch, dass, laut Matthäus, selbst die Amateurmannschaft des FC Bayern München gegen das Frauennationalteam „klar gewinnen“ würde. leka 06 l an.schläge Juli August 2011 Beinahe ein Drittel, nämlich 29 Prozent der Alleinerzieherinnen in Österreich sind armutsgefährdet. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt eine Studie des Sozialministeriums zur Situation alleinerziehender Frauen mit Kindern unter 15 Jahren. Jede achte Frau mit Kindern unter 15 Jahren ist alleinerziehend, und Frauen stellen mit 92 Prozent noch immer die überwiegende Mehrheit der AlleinerzieherInnen. Neben der akuten Armutsgefährdung ist es auch die sogenannte „Deprivation“ – das bedeutet, dass man aus finanziellen Gründen weniger am sozialen Geschehen teilnehmen kann –, die Alleinerzieherinnen mit 23 Prozent wesentlich häufiger trifft als ZweiEltern-Familien (sieben Prozent). Wege aus der Armutsgefährdung bieten laut Studie einerseits eine ausreichende und angemessen entlohnte Erwerbstätigkeit und andererseits staatliche Transferleistungen wie das Kindergeld oder der Unterhaltsvorschuss. Auch die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung habe die Situation von Alleinerziehenden wesentlich verbessert, so die StudienautorInnen. Ohne staatliche Leistungen wären knapp 80 Prozent aller nicht erwerbstätigen Alleinerzieherinnen armutsgefährdet, so sind es derzeit 49 Prozent. Vollzeit beschäftigt sind 40 Prozent aller Alleinerzieherinnen und insgesamt sind sie häufiger erwerbstätig als Mütter in Zwei-Eltern-Familien. Bei den migrantischen Alleinerzieherinnen ist die Erwerbsquote niedriger, sie sind auch stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Nicht-Migrantinnen. Doch auch die Erwerbstätigkeit schützt nicht unbedingt vor Armut: Ein Drittel der arbeitenden Alleinerzieherinnen wäre ohne Transferleistungen ebenfalls armutsgefährdet. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) bekräftigt angesichts dieser Ergebnisse ihre politischen Forderungen etwa nach dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Sie interpretiert sie außerdem auch als Auftrag, das Familienrecht zu reformieren und darin neue gesellschaftliche Realitäten wie Patchworkfamilien zu berücksichtigen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hingegen sieht die Ursache des Problems v. a. in der hohen Teilzeitarbeitsrate, insbesondere im Hinblick auf die Pensionen. Heinisch-Hosek will 50 Prozent der AMS-Gelder für Frauen reservieren und appelliert an die SozialpartnerInnen, für alle Branchen einen Mindestlohn von 1.300 Euro festzulegen. trude plus Sammelfreuden (+) Gehaltsvergleich (-) Endlich. In diesem Jahr wird es erstmals ein „Panini-Sammelalbum“ für die Fußball-WM der Frauen geben. Seit 31. Mai kann das 40-seitige Album mit Platz für 336 Sticker käuflich erworben werden. Leider ist es bislang nur in Deutschland, dem GastgeberInnenland der WM, erhältlich. Für die Männerteams gibt es die berühmten Alben schon seit den frühen 1970er Jahren. Damals war es Frauen vom Deutschen Fußballbund noch ausdrücklich verboten, Fußball zu spielen. But the times they are a-changing! leka Die Lohnschere macht auch vor dem Fußball nicht Halt. Denn bei gleicher Leistung, also dem Titelgewinn, würde das deutsche Frauenfußballnationalteam nicht einmal annähernd an die Spitzensumme der Männer von 300.000 Euro pro Kopf herankommen. 90.000 Euro pro Spielerin wurden dem Frauenteam als Prämie in Aussicht gestellt. Auch in den nationalen Profi-Ligen wird Lohngleichheit klein geschrieben, dort können einige Spielerinnen von ihrem Gehalt nicht einmal leben. leka an.frage deutschland Antifeministische „Gleichbehandlung“ Anlässlich der Kinderschutzwoche wollte eine Gewaltschutzeinrichtung in Goslar in Niedersachsen eine Brötchentüte mit der Aufschrift: „Gewalt gegen Kinder und Frauen kommt nicht in die Tüte“ bedrucken. Dagegen sprach sich die Gleichbehandlungsbeauftragte der Stadt, Monika Ebeling, aus: Das sei diskriminierend und mache Frauen zu Opfern und Männern zu Tätern. Die Gleichbehandlungsbeauftragte wehrte sich gegen „einäugige“, soll heißen feministische Agenden, und ergriff stattdessen leidenschaftlich für die von der Gesellschaft längst unterjochten Männer Partei. Dabei präsentierte sie so krude Themen wie „Verhütungsbetrug“, „Zwangsvaterschaft“, die „Zwangsarbeit für die aufgezwungene Frau/Familie“ und warb in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung für „mehr Mut zur Hausfrau“. Die Linken forderten daraufhin Ebelings Rücktritt, die Forderung wurden schließlich von den Grünen und der SPD, der Partei Ebelings, unterstützt. Ende Mai 2011 wurde die Politikerin in Goslar mit 25 zu zehn Stimmen abgesetzt. Seither wird sie durch die Medien gereicht, wo sie sich als Opfer der „Alt-Feministinnen“ inszeniert, mit Unterstützung der einschlägigen Männer- und Väterrechts-Foren. Ebeling kündigte an, sie wolle weiter Politik machen und am Gleichstellungsgebot (für benachteiligte Männer) arbeiten. trude http://diestandard.at/1304552603642/Deutschland-Kampf-gegen-Bitterfotzen www.sueddeutsche.de/karriere/gleichstellungsbeauftragte-verliert-job-goslar-kein-herz-fuermaenner-1.1099113 abschiebung Noch kein Asyl für türkische Transfrau Sie wurde in ihrer Heimat wiederholt misshandelt und bei Rückkehr droht ihr der Tod – trotzdem wurde der Asylantrag der türkischen Transsexuellen Yasar in Österreich zunächst abgelehnt. Sie sollte am 15. Juni in die Türkei abgeschoben werden. Dagegen machten Organisationen wie Asyl in Not, TransX oder der Türkis Rosa Tipp mit Kundgebung, Demonstration und einer Petition mobil. Die Abschiebung konnte so im letzten Moment vorerst verhindert werden. Yasar ist ihren Dokumenten nach immer noch männlich. In der Türkei wurde sie von der Polizei und von transphoben Schlägern mehrmals massiv misshandelt, davon zeugen zahlreiche Narben auf ihrem Körper. Außerdem gelten Transgender-Personen in der Türkei als „Schande“ für die Familie, weswegen Yasars Familie vermutlich einen Auftragsmörder auf sie angesetzt hat. Grund genug, um Asyl gewährt zu bekommen, aber dem ist scheinbar nicht so: Yasar flüchtete im September 2009 nach Österreich. Ihr Asylantrag wurde in erster Instanz abgelehnt. Ihre rechtliche Vertretung, der Verein Menschenrechte Österreich, hatte es verabsäumt, dagegen Beschwerde einzulegen, und auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde verpatzt. Jetzt setzen sich die Vereine Asyl in Not und TransX für die Freilassung Yasars ein, ein Folgeantrag wurde eingebracht und wird nun geprüft. Nach einer vom Frauenhandel betroffenen Nigerianerin, die ihre Schlepper anzeigte und daraufhin selbst in Schubhaft genommen wurde, ein weiterer Fall, der die österreichische Asyl- und Abschiebepraxis mehr als zweifelhaft erscheinen lässt. trude laufend aktualisierte Infos zum Fall Yasar und die Petition gibt es hier: http://transx.at/Yasar.htm Rosa Freiräume Noch rechtzeitig vor den Wahlen der Österreichischen Hochschüler_innenschaft eröffnete Anfang Mai das Studibeisl Café Rosa. Das Kollektiv sprach mit Isabelle Garde über feministische Politik, Finanzierungsdebatten und die Zielsetzungen des schon seit mehreren Jahren geplanten Projekts. Der Name des Cafés bezieht sich auf drei prominente politische Frauen: Rosa Luxemburg, Rosa Mayreder und Rosa Manus. Inwiefern verfolgt das Café Rosa eine explizit feministische Politik? Der Name bezieht sich nicht nur auf diese drei Frauen*. Es gibt noch einige Rosas mehr: z.B. Rosa Parks, eine amerikanische Bürgerrechtlerin. Wir planen auch eine Ausstellung, in der wir auf all diese Frauen aufmerksam machen wollen. Rosa steht aber stellvertretend für ALLE politischen Frauen*. Unser Anspruch ist es, Frauen* Möglichkeiten und Räume zu bieten, ihre Arbeit und ihr Handeln sichtbar zu machen und sie zu fördern. Feminismus ist für uns aber nicht nur Frauen*förderung. Der Grundsatz bezieht sich sowohl auf antisexistische Praxis wie auch auf eine theoretische feministische Auseinandersetzung, die wir im „Rosa“ durch Infrastruktur fördern wollen. Dass es dafür extra Räume braucht, ist leider nach wie vor so in den männlich dominierten, kapitalistischen Verhältnissen, in denen wir leben. Dass das Café Rosa über ÖH-Gelder finanziert wurde, hat für scharfe Kritik aus den Reihen der konservativen Fraktionen an der Uni Wien geführt. Wie geht ihr mit dieser Kritik um? Die Kritik der konservativen, rechten und rechtsextremen ÖH-Fraktionen war heftig – aber bestätigt auch, dass wir mit unserer inhaltlichen Ausrichtung einen Nerv getroffen haben. Außerdem hat deren Kritik dazu geführt, dass Grundsätze wie „antiheteronormativ“ und „antiklerikal“ plötzlich und endlich ihre Diskussion in den Medien gefunden haben. Weniger gut war allerdings, dass durch die großteils falschen kolportierten Informationen Missverständnisse entstanden sind. Deswegen versuchen wir nach wie vor, klar zu kommunizieren, dass der Großteil der Kosten Kaution und Ablöse waren – also Gelder, die wir bei Verkauf wieder bekommen – bzw. dem notwendigen barrierefreien Umbau geschuldet waren. Welchen Anspruch hat das Café Rosa und was sind eure Ziele? Das Café Rosa soll ein Raum mit emanzipatorischem Anspruch sein, der die Möglichkeit der basisdemokratischen Mitgestaltung bietet. Wie die Grundsätze des betreibenden Vereins schon verraten, hat sexistisches, rassistisches, homo- oder transphobes Verhalten keinen Platz im Café. Unser Wunsch ist es, dass viele Menschen Lust bekommen und die Möglichkeit nutzen, im „Rosa“ aktiv mitzumachen. Daher möchten wir noch auf das wöchentliche, offene Plenum im „Rosa“ hinweisen. www.cafe-rosa.at Juli August 2011 an.schläge l 07 spanien Indignades feministes* Seit Mitte Mai sind auch in Spaniens Städten viele Plätze besetzt. Die Protestierenden sind ausdauernd und gut organisiert. Sind sie auch feministisch? Birgit Wolf berichtet aus Barcelona. * empörte Feministinnen 1 Eurostat April 2011 2 Mit dem Hashtag-Symbol (#) werden Kurznachrichten (Tweets) auf Twitter per Schlagwort kategorisiert: #spanishrevolution, #acampadasbcn (Protestcamp Barcelona), #acampadassol (Protestcamp Madrid), #15M (15. Mai, Beginn der Massenproteste), #22M (22. Mai – Wahltag). 3 Das X steht für die geschlechterneutrale Endung. 4 Bezeichnungen, die sich auf Gender-Identitäten beziehen, sind jeweils direkt den Manifesten und Kommissionen der empörten Feministinnen in Madrid und Barcelona entnommen. Links: Blog Feministische Kommission – Protestcamp Barcelona: http://feministesindignades.blogspot.com La Independent: www.laindependent.cat Blog Protestcamp Barcelona: http://acampadabcn. wordpress.com/ Webportal Protestcamp Barcelona: www.acampadabcn.cat Livestreaming Protestcamp Puerta de Sol Madrid: www.soltv.tv/soltv2/index.html 08 l an.schläge Juli August 2011 Seit dem 15. Mai (#15M) versammeln sich Tausende Frauen und Männer aus allen Bevölkerungsgruppen auf den Plätzen vieler spanischer Städte, um ihrem Unmut laut Ausdruck zu verleihen. Täglich um 21 Uhr wird mit Töpfen und Deckeln gelärmt. Die Protestierenden rufen auf, sich zu empören: ¡indignaos! „Mit ihren Protesten kritisieren die Menschen, dass die Krise nur die ArbeiterInnen und Angestellten zahlen, die Banken und die großen Unternehmen hingegen Unterstützung bekommen und weiterhin ihre Gewinne erzielen“, so Montserrat Vila, Koordinatorin der Plattform gegen Gendergewalt in Barcelona. „Sie empören sich, weil die Führenden mehr wie Lakaien agieren, die den korrupten Abgeordneten und korrupten Institutionen dienen, und sie zeigen, dass es um die Demokratie sehr schlecht steht.“ #15M. Bereits im Frühjahr kam es zu Massenprotesten im Internet gegen korrupte Abgeordnete auf den Wahllisten. Am 15. Mai, dem Wochenende vor den Regionalwahlen, manifestierte sich dieser Unmut in der Besetzung der öffentlichen Plätze durch „die Empörten“ (die indignadas/os, wie sie sich selbst bezeichnen). In den acampadas, den Protestlagern, wird unaufhörlich über Politik, Systeme, globale Zusammenhänge, regionale Bedürfnisse und vor allem über Veränderung diskutiert. Ein wichtiger Grundkonsens dabei ist Gewaltlosigkeit und Pazifismus. „Die Gesellschaft muss sich verändern, damit die Dinge wieder besser funktionieren und nicht ein paar wenige in Wirtschaft und Politik nur auf ihr Eigeninteresse achten statt auf die Bedürfnisse der Mehrheit. Das hat zur heutigen Treffpunkt der empörten Feministinnen am besetzten Plaça Catalunya, Barcelona Foto: Birgit Wolf Situation geführt: Fünf Millionen Arbeitslose, ein prekärer Arbeitsmarkt, Pensionskürzungen, die Anhebung des Rentenalters, Arbeitsreformen zugunsten der Unternehmen und vieles mehr“, erklärt Vila. Während im EU-Schnitt 20 Prozent der unter 25-Jährigen keinen Arbeitsplatz haben, sind es in Spanien 43,5 Prozent der Jugendlichen (zum Vergleich: in Österreich sind es 10,1 Prozent, in Deutschland 7,9 Prozent)1. Verständlich, dass die Protestbewegung hauptsächlich von jungen Leuten getragen wird, die jedoch breite Unterstützung auch in der übrigen Bevölkerung finden. In den Protestcamps heißt es: „Wir wollen nicht mehr die Handelsware der Banken und Politik sein.“ Sie wollen Veränderung, echte Demokratie und Teilhabe – jetzt. #strukturierter Protest. Informationen über Versammlungen, Aktionen und die Organisation der Protestcamps werden getwittert2, ein wesentlicher Erfolgsfaktor der acampadas. Auch der Hilfeschrei beim gewalttätigen Polizeieinsatz am Plaza Catalunya in Barcelona am 27. Mai verbreitete sich via Twitter, sodass Tausende zu Hilfe eilten. Dazu gibt es Blogs, Livestreamings, Internetportale inklusive TV und Radio. Nach den Regional- und Kommunalwahlen am 22. Mai (#22M), die den SozialistInnen deutliche Niederlagen und damit einen konservativen Backlash mit sich brachten, setzen die indignadxs3 ihre Proteste umso entschlossener fort. Neben der Organisation der Basis, wie kostenlose Verpflegung, Ausstattung mit Computern, Internet etc., werden thematische Kommissionen (z.B. zu Migration, Diversität, Wirtschaft, Gesundheit, Internationales, Kultur und Kunst) eingerichtet, um konkrete Forderungen auszuarbeiten und Maßnahmen zu setzen. Durch die Camps sind die Plätze ständig besetzt, darüber hinaus nehmen viele weitere Protestierende abends und am Wochenende teil. Die acampadas verbreiten sich auch auf die anderen Stadtviertel und in kleinere Städte und sind untereinander koordiniert. Seit Pfingsten sind die Demonstrationsstrategien in Veränderung, die Nachtcamps werden diskutiert und die Arbeitsstrukturen konsolidiert. „Es ist eine lebendige Bewegung, in der viele Frauengruppen und -gruppierungen von Anfang an aktiv waren und Gleichstellung einfordern“, betont Montserrat Vila. Die Agenda ist offen und partizipativ, alle können mit Kommentaren und Ideen intervenieren. Es ist Parität bei den RednerInnen vorgesehen, die Redezeit ist auf zwei Minuten beschränkt. Es gab Diskussionen und Polemiken im Internet und auf den Plätzen selbst wegen sexistischen Sprachgebrauchs, was teilweise auch Männer sehr betroffen gemacht hat, sodass sie nun aus Überzeugung nur mehr im Femininum sprechen. Doch von anderen wurde die Formulierung „La Revolución será feminista o no será“ (Die Revolution wird feministisch sein oder sie wird nicht sein) in den Manifesten heftig kritisiert und Feminismus wie alle „Ismen“ und Institutionen abgelehnt. Man wolle durch die gemeinsame Auseinandersetzung lernen, anstatt belehrt zu werden. Die Einigkeit in der Absage an Faschismus und Rassismus bedeutet also nicht, dass auch Feminismus und das Eintreten für Gleichstellung zum Basiskonsens gehören. #feministischeKommission4. Die Kommission der indignades feministes (empörte Feministinnen) hat am 3. und 4. Juni in Barcelona öffentlich Workshops zu Feminismus und nicht-sexistischem Sprachgebrauch durchgeführt. Die Workshops wurden sehr positiv bewertet, die feministische Kommission ist da- Personen, Abschaffung des Fremdengesetzes, Ablehnung jeglicher polizeilicher oder gesetzlicher Verfolgung. • Sprachgebrauch, der frei ist von lesbo/homo/transphoben und xenophoben Haltungen, frei von Klassendenken, Rassismus und Abwertungen. • Ablehnung von Heteronormativität und obligatorischer Weiblichkeit, Überwinden des aktuellen androzentristischen Wissens. • Einheitliches Modell der Einbeziehung von Geschlechtererziehung in den Lehrplänen zur Förderung von egalitären, freien und nicht-heteronormativen Beziehungen. • Überwindung von Stereotypien, emotionalen Abhängigkeiten und jeglicher Gewalt. Aus Sicherheitsgründen und wegen verschiedenster Formen sexistischer Gewalt auch auf den Plätzen wurden Stellungnahmen der feministischen Die Revolution wird feministisch sein, oder sie wird nicht sein. durch ins Blickfeld vieler AktivistInnen gerückt, es gab eine rege Teilnahme von Mitgliedern der anderen Kommissionen und vom Publikum. Die Forderungen in den Manifesten der indignades feministes von Madrid und Barcelona, die sich auf Frauen, Lesben, Schwule, Transgender- und Intersex-Personen beziehen, schließen alle öffentlichen Bereiche mit ein und verstehen sich als integrale Forderungen aus Genderperspektive an die verschiedenen Kommissionen wie Gesundheit, Arbeit und Wirtschaft, Zuwanderung, Bildung, Kunst, Kultur u.v.m.: • Einbeziehung der Belange von Frauen in die politische, wirtschaftliche und soziale Agenda im Prozess der Veränderung. • Würdige Arbeitsbedingungen und gerechte Verteilung von Wohlstand und auch der reproduktiven Arbeit. • Freiheit, über den eigenen Körper zu entscheiden, und Recht auf kostenfreie Abtreibung. • Anerkennung der Rechte der MigrantInnen ohne Barrieren jeglicher Art, der Rechte von SexarbeiterInnen sowie ihrer Formen der Organisation und Verwaltung, Anerkennung der StaatsbürgerInnenschaft von undokumentierten Kommission in Madrid und Barcelona verlesen und veröffentlicht. „Der große Erklärungs- und Rechtfertigungsbedarf feministischer Forderungen in den acampadas selbst kostet uns viel Energie, die wir lieber für Workshops und konkrete Maßnahmen einsetzen würden, aber diese Arbeit ist wichtig und notwendig!“, so Vertreterinnen der feministes indignades in Barcelona. Nächste wichtige Schritte sind Aufklärung über feministische Inhalte und Gleichstellung, geplant ist auch eine Website mit Infos sowie Aktionen, um den Kampagnen der e-cristians, einer ultra-katholischen Gruppe von AbtreibungsgegnerInnen, etwas entgegenzusetzen. Die dafür notwendige Vernetzung der Feministinnen aus den unterschiedlichsten Gruppen und Netzwerken funktioniert gut. „La Independent“, die unabhängige Nachrichtenagentur mit Gendervision, hat also völlig Recht, wenn sie schreibt: „Der Feminismus findet auf den Plätzen statt!“ l Birgit Wolf ist PhD Researcher, UniLektorin und Gender-Aktivistin, derzeit an der Autonomen Universität Barcelona, Spanien. http://genderview.wordpress.com neuland entdeckungen im alltag Beate Hammond Verschwörung des Schweigens Mächtige Menschen leben oft in einer riesigen Seifenblase. In ihrer Umgebung wird ihnen vor allen Dingen eines vermittelt: nämlich dass sie jung, schön und intelligent und überhaupt unsagbar fantastisch seien. Und die meisten dieser Menschen glauben diese Schmeicheleien bedingungslos. Grenzen sind in dieser Seifenblasenwelt allenfalls dazu da, selbstbewusst überschritten zu werden. Strafbare Handlungen gibt es dort nicht. Ich wollte die Sachen nicht stehlen, sie wurden mir geschenkt, sagen sie erhobenen Hauptes, wenn sie auf frischer Tat ertappt werden. Oft kommen sie damit durch, auch bei sexueller Gewalt. Wer kann die schon beweisen? Selbst wenn es Spuren gibt, kann man immer noch behaupten, es sei einvernehmlich gewesen oder es gäbe eben eine Vorliebe für gewisse Praktiken, die Verletzungen nach sich ziehen können. Der Anklägerin kann man wahlweise Verfolgungswahn, Hysterie, Rachsucht oder gar, wie im Fall Dominique Strauss-Kahn geschehen, ein wenig ansprechendes Äußeres unterstellen: Warum sollte ein mächtiger Mann sich an einem Zimmermädchen von durchschnittlicher Attraktivität vergreifen? Die Seifenblase um DSK ist vorerst geplatzt, durch eine gewerkschaftlich organisierte afrikanische Hotelangestellte. Aber hinter jedem wegen sexueller Gewalt angeklagten Mann steht mindestens eine Frau, die loyal und gegen alle Widerstände zu ihm hält, und eine zweite, die von ähnlichen Taten des Angeklagten zu berichten weiß, aber geschwiegen hat. Schweigen wäre die bessere Alternative für Matthew Weiner gewesen, einem aufstrebenden, nicht mehr ganz jungen Politiker aus New York. Stattdessen schickte er zahlreichen fremden Frauen schlüpfrige Texte und Fotos, ungeachtet seiner Ehe mit Huma Abedin, Beraterin Hillary Clintons und nebenbei noch von der US-Vogue gefeierte Stil-Ikone. Wie sagte Hillarys Ehemann doch einst über seine legendäre Zigarrenaffäre? I did it because I could. Dem ist nichts hinzuzufügen. Beate Hammond macht ihre Entdeckungen in Wien. Juli August 2011 an.schläge l 09 sexarbeit Einzelne „Erlaubniszonen“ Ende Juni wurde in Wien ein neues Prostitutionsgesetz beschlossen, das den Straßenstrich im Wohngebiet praktisch verbietet. NGOs kritisieren diese Regelung, die mehr den Interessen der AnrainerInnen diene als jenen der Sexarbeiterinnen. Von Gabi Horak Ende Jänner urteilte die Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger noch, dass ein Verbot der Straßenprostitution nicht zielführend wäre. Denn wo Verbote sind, fänden Menschen Wege, sie zu umgehen. Viele Gespräche mit Sexarbeiterinnen, ExpertInnen aus NGOs und vor allem mit AnrainerInnen später haben sich dann aber doch andere Interes- 1 Wir schreiben „Integration“ in Anführungszeichen, um zu verdeutlichen, dass dieser Begriff in Österreich dermaßen politisch aufgeladen ist, dass er nicht mehr neutral verwendet werden kann: Es sind damit immer nur MigrantInnen gemeint, es sind mit ihm stets Forderungen, Drohungen und Sanktionen verbunden, und er wird vielerorts als rein rassistisches Schlagwort verwendet. Links: www.peregrina.at www.maiz.at 10 l an.schläge Juli August 2011 gebiet am Stadtrand oder eine einsame Straße bieten weder Infrastruktur noch Schutz für Sexarbeiterinnen. Gescheiterter Feldversuch. Anfang 2010 präsentierte die Stadt Wien ein Sieben-Punkte-Programm zur Prostitution, um endlich Lösungen für die Konflikte in einigen Wohngegenden mit „Sexarbeiterinnen werden wohl an Orten arbeiten müssen, die sie großen Gefahren aussetzen.“ (LEFÖ) sen durchgesetzt: Am 1. November wird das neue Wiener Prostitutionsgesetz in Kraft treten, das Straßenprostitution zwar nicht völlig verbietet, aber de facto in allen Wohngebieten untersagt. Erlaubte Zonen sollen Gewerbegebiete, Ausfallstraßen und der Prater sein. NGOs und Sexarbeiterinnen halten das Gesetz einerseits für nicht exekutierbar, andererseits fürchten sie einen weiteren Anstieg gewaltsamer Übergriffe gegen Frauen auf dem Strich: Ein Gewerbe- Straßenstrich zu finden (vgl. an.schläge 10/2010). Das Programm startete dann im Mai 2010 mit einem halbjährigen Feldversuch im 15. Bezirk, wo AnrainerInnen sich bereits zu BürgerInneninitiativen zusammengeschlossen hatten, um gegen die ihrer Meinung nach unhaltbaren Zustände mobil zu machen. Keine einfache Situation für alle Beteiligten. Im Rahmen dieses Versuchs wurde der Straßenstrich auf der Felberstraße komplett verboten und stattdessen zwei andere Straßenzüge angeboten. Sexarbeiterinnen waren in diesen abgelegenen und dunklen Straßen jedoch selten zu finden – die Arbeit verlagerte sich wohl in Privatwohnungen und andere ähnlich unsichere Orte. Eine Maßnahme, die gut angenommen und deshalb nun auch bis Ende September 2011 verlängert wurde, war das Projekt „SOPHIE mobil“. Mitarbeiterinnen des SOPHIE BildungsRaums für Prostituierte betreiben professionelles Beschwerde- und Konfliktmanagement vor Ort sowie eine Hotline. Die persönlichen Gespräche mit AnrainerInnen haben einen wichtigen Beitrag zur Deeskalation geleistet. Gewaltprävention. Ein anderes Projekt im Rahmen des Programms war jenes des Vereins LEFÖ, der Beratung für Migrantinnen in der Sexarbeit anbietet. Dabei wurden migrantischen Sexarbeiterinnen Expertisen zur Gewaltprävention und zum Schutz gegen Frauenhandel vermittelt. Auch dieses Projekt wird bis Dezember 2011 weitergeführt. Gewaltprävention ist ein wichtiges sexarbeit Thema für Sexarbeiterinnen. LEFÖ berichtet von einem „erschreckenden Anstieg“ der Gewalttaten seit Beginn des Versuchs in der Felberstraße. Die ohnehin harten Arbeitsbedingungen wurden durch die Ausweitung der Verbotszonen, Aggressionen durch AnrainerInnen und repressive Polizeikontrollen weiter erschwert. „Die Polizei wurde bedingt durch ihre starke Präsenz weniger als Schutzeinrichtung vor Gewalt und Frauenhandel erlebt, sondern als Kontroll- und Bestrafungsinstanz“, sagt eine Mitarbeiterin von LEFÖ. Deshalb beurteilt sie auch die faktische Abschaffung des Straßenstrichs im gesamten Wohngebiet als sehr problematisch. „Diese Maßnahme widerspricht der Heterogenität von Sexarbeiterinnen und bringt gleichzeitig ein erhöhtes Potenzial an Gefahren: Sexarbeiterinnen werden wohl an Orten arbeiten müssen, wo es keine ausreichende Infrastruktur gibt, keine Hygieneeinrichtungen und unsichere Arbeitsbedingungen, die sie großen Gefahren aussetzen.“ Schutzobjekt des neuen Gesetzes seien die Öffentlichkeit, AnrainerInnen und unbeteiligte Dritte, jedoch nicht die Sexarbeiterinnen, urteilen die LEFÖ-Mitarbeiterinnen. Auch Eva van Rahden, Leiterin von SOPHIE, hält sichere und mit Infrastruktur ausgestattete Arbeitsorte für unumgänglich. „In einer Millionenstadt wird es immer eine Anbahnung auf der Straße geben“, ist sie überzeugt. Das Gesetz sieht die Möglichkeit vereinzelter „Erlaubniszonen“ in Wohngebieten vor. Wo genau die sein könnten und wie praktikabel sie dann in der Praxis sind, muss sich erst weisen. Eva van Rahden ist es ein großes Anliegen, dass diese Fragen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes im November geklärt werden. Sie wird, genauso wie Vertreterinnen von LEFÖ, in einer geplanten Steuerungsgruppe sitzen, die sich die Auswirkungen des neuen Gesetzes genau ansehen soll und die Einrichtung etwaiger Erlaubniszonen diskutieren wird. Positive Neuregelungen. Das neue Gesetz hat aber auch seine Vorteile: So müssen minderjährige Sexarbeiterinnen, die zum ersten Mal erwischt werden, künftig keine Strafe zahlen, sondern werden stattdessen zu einer Beratung der Jugendwohlfahrt geschickt. Für bestehende Verwaltungs- strafen wegen der alten Schutzzonenregelung gilt eine Generalamnestie, und bei der Erstregistrierung von Sexarbeiterinnen wird eine Vertreterin einer NGO dabei sein, um bessere Beratung zu ermöglichen. All das, wie auch die strengeren Auflagen für BordellbetreiberInnen, werden von NGO-Vertreterin- Wiener Gemeinderat wird einen Forderungskatalog an die Bundesregierung formulieren, in dem u.a. die Abschaffung der Sittenwidrigkeit eingefordert wird. Dass Sexarbeit in Österreich zwar geduldet ist, aber nach einem Spruch des Obersten Gerichtshofs von 1989 immer noch als „sittenwidrig“ gilt, Die Sittenwidrigkeit steht einer Gleichstellung von Sexarbeiterinnen mit anderen Erwerbstätigen wesentlich im Weg. nen durchaus positiv bewertet. Die neu eingeführte Bestrafung von Freiern, die außerhalb der erlaubten Zonen anbahnen, wird hingegen als weiterer Schritt in Richtung Kriminalisierung gesehen. Diese Vorgehensweise entspricht dem schwedischen Modell, wo das Kaufen von Sex seit 1999 verboten ist und die Strafen gerade erst verdoppelt wurden – Freiern drohen in Schweden bis zu sechs Monate Haft. Dieses Modell ist sehr umstritten, zumal es illegale Sexarbeit fördert. kritisieren NGOs seit langem. Die Sittenwidrigkeit steht einer Gleichstellung von Sexarbeiterinnen mit anderen Erwerbstätigen wesentlich im Weg. Immer noch haben Sexarbeiterinnen viele Pflichten, müssen etwa wie andere Selbstständige auch Steuern abführen, die gleichen Rechte haben sie deshalb aber nicht. Für die Abschaffung der Sittenwidrigkeit ist die Bundesregierung zuständig – und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek könnte ein Erfolgserlebnis gut brauchen. l Hauptproblem ungelöst. Neben einer Kampagne gegen Belästigung von Frauen durch Freier und mehrsprachiges Infomaterial für Sexarbeiterinnen präsentierte Frauenstadträtin Frauenberger eine weitere Begleitmaßnahme zum neuen Prostitutionsgesetz: Der OÖ Sexualdienstleistungsgesetz in Oberösterreich Auch in Oberösterreich ist ein neues Gesetz zur Sexarbeit in Arbeit. Erstaunlich daran ist, dass in der Regierungsvorlage der Begriff „Sexualdienstleistung“ statt „Prostitution“ verwendet wird. Trotzdem sei die Vorlage mit Vorsicht zu genießen, warnt eine Mitarbeiterin von maiz, dem Autonomen Zentrum von und für Migrantinnen in Linz. „Das vorgebliche Ziel des Gesetzes, die Arbeitssituation von Sexarbeiterinnen zu verbessern, bleibt ein Lippenbekenntnis. Zentraler scheint eine erleichterte Kontrolltätigkeit der Behörden.“ Es entstehe der Eindruck, dass Sexarbeit eher mit Kriminalität verbunden wird als mit „der Problematik der fehlenden Rechte von Sexarbeiterinnen“. Auch das Verbot der Wohnungsprostitution sei problematisch, ebenso wie nicht näher präzisierte Auflagen für BordellbetreiberInnen. „Ihnen werden Kontrollfunktionen zugeschrieben, die die Scheinselbstständigkeit der Frauen noch mehr verschärfen.“ Positive Neuerungen des geplanten Gesetzes: Das Berufsverbot für „offenkundig“ schwangere Sexarbeiterinnen soll fallen, der bisher verbotene Straßenstrich soll durch Verordnungen der Gemeinden in bestimmten Zonen erlaubt werden. gah Juli August 2011 an.schläge l 11 an.riss international Nun heißt es, es werde frühestens 2015 so weit sein. Die Aktivistinnen von „Baladi“ („Mein Land“), die für das Wahlrecht kämpfen, brauchen also noch einen langen Atem. sylk http://saudiwriter.blogspot.com, http://diestandard.at, www.frauensicht.ch südafrika Erfolgreicher Kampf saudi-arabien „I did it!“ Die für den 17. Juni angesetzte landesweite Demonstration von saudiarabischen Frauen gegen das Autofahrverbot schlug schon im Vorfeld hohe Wellen. Eine eigene Facebook-Kampagne forderte gar zu Gewalt auf: Mit jener schweren Kordel, die an der Kopfbedeckung der saudiarabischen Männer befestigt ist, sollten die Auto fahrenden Frauen geschlagen werden. Doch die Demo fand statt. Da es sich bei dem Verbot aber um kein staatliches Gesetz, sondern um Anweisungen der Geistlichkeit handelt, wurden die Frauen nicht zum großen Protest, sondern zur „kleinen“ Widerstandshandlung aufgerufen und sogar Guidelines für richtiges Verhalten veröffentlicht. Neben „islamischem Dresscode“, einer Beflaggung des Autos mit der Nationalfahne und dem Hinweis, sich an die Tempolimits zu halten, wurde empfohlen, die Autofahrten tatsächlich für bestimmte Zwecke zu tätigen, wie etwa einem Spitalsbesuch oder um die Kinder zur Schule zu bringen. Außerdem sollten die Fahrten fotografiert oder gefilmt und auf Youtube veröffentlicht werden. Unter dem Schlagwort „I did it!“ tauchten am Abend tatsächlich die ersten Dokumente auf. Die Organisatorinnen waren dennoch enttäuscht, da sich nur wenige Frauen in einigen Städten hinters Lenkrad gesetzt hatten. Aber wer weiß: Der Protest beschränkte sich nicht auf den 17. Juni. Er soll fortgesetzt werden, bis der saudiarabische König den Frauen das Autofahren per Dekret erlaubt. Die Politologin Elham Manea von der Universität Zürich kann sich vorstellen, dass die Kampagne auf Dauer Erfolg hat. Der „Basler Zeitung“ sagte sie, auch Männer würden die Sache durchaus unterstützen: „Viele von ihnen haben es nämlich auch satt, immer den Chauffeur für die Frauen spielen zu müssen. Und viele Männer wünschen sich auch eine humanere und offenere Gesellschaft in Saudi-Arabien.“ Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, zeigt auch die jüngst schon wieder verschobene Einführung des Frauenwahlrechts. Auch wenn Saudi-Arabien eine Monarchie ist, gibt es seit 1953 einen beratenden Ministerrat, der seit 2005 nur noch zur Hälfte für vier Jahre durch den König bestimmt, zur anderen Hälfte aber von der männlichen Bevölkerung gewählt wird. Schon 2009 wurde die Einführung des Frauenwahlrechts mit dem Hinweis darauf, die Gesellschaft sei noch nicht reif dafür, vertagt. 12 l an.schläge Juli August 2011 Sogenannte „korrigierende“ Vergewaltigungen von Lesben in Südafrika werden schon seit längerem national und international scharf kritisiert. Dennoch bleibt es bislang an der Tagesordnung, dass Männer lesbische Frauen vergewaltigen, um sie einerseits dafür zu bestrafen, dass sie sich nicht den herrschenden Gendernormen anpassen, und sie andererseits von ihrer Homosexualität zu „heilen“. Vor allem arme Frauen sind davon betroffen, und nicht selten endet der Angriff mit dem Tod der Frau. Eine Strafverfolgung der Täter findet so gut wie nicht statt. Nun sind endlich erste Erfolge im Kampf gegen diese Praxis zu verzeichnen. Anfang 2011 lancierte die südafrikanische feministisch-lesbische Initiative „Luleki Sizwe“ auf www.change.org eine Online-Petition, die in kurzer Zeit über 170.000 Unterschriften aus 163 Ländern erhielt. Mitte März wurde die Petition an RegierungsbeamtInnen übergeben, um die öffentliche Thematisierung der „korrigierenden“ Vergewaltigung zu erreichen. Eine weitere Petition wurde kurz darauf von der internationalen Kampagnen-Webinitiative www.avaaz.org gestartet. Bis Ende April unterzeichneten fast eine Million Menschen. Anfang Mai kam es zu einem Treffen zwischen Parlamentsabgeordneten, Polizeichefs und LGBT-Aktivist_innen – nachdem kurz zuvor eine junge Lesbe in Johannesburg offenbar von mehreren Männern vergewaltigt und ermordet worden war. Bei diesem Treffen wurde nun ein Task Team eingerichtet, das seine Arbeit am 15. Juli aufnehmen soll. Das Team setzt sich aus sechs Repräsentant_innen von Justizministerium und Polizei sowie aus sechs Vertreter_innen der LGBT-Community zusammen. Es sollen Pläne für ein Gesetz und eine Sensibilisierungskampagne erarbeitet werden sowie für LGBT-sensible Schutzeinrichtungen. sylk www.lulekisizwe.com ai-report Traurige Bilanz Amnesty International (ai), die weltweit größte Menschenrechtsorganisation, wird heuer 50 Jahre alt. Der aktuelle Jahresbericht 2010 beweist: Es wird noch lange nötig bleiben, die Menschenrechte zu verteidigen – insbesondere für Frauen. Frauen sind weltweit von Armut, Gewalt und Diskriminierungen am meisten betroffen. Gerade Armut verhindert auch den Zugang zu lebenswichtiger Versorgung, wie etwa zu Gesundheitseinrichtungen. So sterben jährlich eine halbe Million Frauen an Komplikationen bei der Geburt. Soziale Ungleichheiten führen sogar in Kanada und den USA dazu, dass Schwarze Frauen und Native-American-Frauen das weitaus höhere Risiko tragen, bei der Geburt eines Kindes zu sterben, als andere Gruppen. Vorhandene Ungleichheiten und v.a. Diskriminierungen werden von ai wiederum als Hauptursachen für Armut benannt. Spezifische Gewalttaten gegen Frauen sind weltweit ein massives Problem. Besonders unsicher leben Frauen in Staaten, in denen Kriege geführt wurden oder werden. Vergewaltigungen sind Teil der kriegerischen Konflikte, gleichzeitig steigt immer auch die häusliche Gewalt stark an. Zudem verhindert der niedrige soziale Status von Frauen in vielen Ländern einen adäquaten Zugang zum Rechtssystem. Auch in ganz Europa sei die häus- an.riss international liche Gewalt gegen Frauen aller Schichten ein „alltägliches Phänomen“, so der ai-Report. Während in einigen Staaten jedoch etwas dagegen getan wird, sind von Gewalt betroffene Frauen in anderen Ländern praktisch sich selbst überlassen. In der Zehnmillionenstadt Moskau gab es 2010 ein einziges Frauenhaus mit nur zehn Plätzen. Aber auch in Westeuropa kommt es noch immer darauf an, wer die betroffenen Frauen sind: Migrantinnen sind vielfach von Informationen und Zugang zu den relevanten Einrichtungen abgeschnitten. In Bosnien und Herzegowina leiden Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt während des Krieges geworden waren, bis heute darunter, dass sie nie angemessen entschädigt wurden und daher Schwierigkeiten haben, sich eine neue Existenz aufzubauen, v.a. auch deswegen, weil viele von ihnen aufgrund der psychischen und physischen Folgen seither keine Arbeit mehr gefunden haben. ai stellt zwar fest, es sei inzwischen relativ selbstverständlich, dass massive Kriegsverbrechen und staatliche Menschenrechtsverletzungen nicht sanktionslos bleiben können. Um aber die soziale Lage weltweit zu verbessern, müssten „die Einschätzungen und Erfahrungen des in Armut lebenden Teils der Weltbevölkerung in dem Prozess Berücksichtigung finden“. sylk http://report2010.amnesty.org ungarn Der Fötus im Verfassungsrang Ungarn hat Mitte April eine neue Verfassung verabschiedet, die den „Schutz des Lebens eines Fötus von der Empfängnis an“ festschreibt. Sie wird am 1. Jänner 2012 in Kraft treten. An der Abtreibungsgesetzgebung wolle man aber nicht rütteln, erklärte die rechtskonservative Regierung. Frauenrechtlerinnen rätseln nun, wie das zusammenpassen soll. Ungarn besitzt ein für Europa vorbildliches Abtreibungsrecht – der Abbruch bis zur 12. Woche ist hier nicht nur straffrei, wie etwa in Österreich, sondern legal. Es gibt auch keine Abtreibungskliniken, sondern die Frauen können den Eingriff in jedem Spital durchführen lassen, wodurch sie nicht persönlich – wie eben auch in Österreich – von AbtreibungsgegnerInnen angegriffen werden können. Die ungarische Aktivistin Júlia Spronz von der „Patent Association“, einer Lobbygruppe für Frauen- und Homosexuellenrechte, erklärte dazu in einem „diestandard“-Interview, es werde ab 2012 jedem Bürger und jeder Bürgerin möglich sein, vor dem Obersten Gerichtshof eine Verfassungsklage einzubringen, um klären zu lassen, ob die Abtreibungsgesetzgebung dann noch verfassungskonform sei. Spronz verweist außerdem auf weitere besorgniserregende Passagen der neuen Verfassung: „Die neue Verfassung bestimmt das Ideal der Familie als Vater, Mutter und Kind. Sie schreibt die Ehe als Union von Mann und Frau fest, was homosexuelle Paare grundsätzlich davon ausschließen wird.“ Ursprünglich sollte sogar ein „Mehrfach-Wahlrecht“ für Mütter eingeführt werden – nach offizieller Diktion, um die nachfolgenden Generationen besser zu repräsentieren –, was aber in Umfragen von der Mehrheit der UngarInnen abgelehnt wurde. Ein positiver Effekt der Debatte um die neue Verfassung war jedoch, wie Júlia Spronz betont, dass die ansonsten eher isolierte und zersplitterte Frauenbewegung im Mainstream wahrgenommen wurde, da sie als gut repräsentierter Teil der großen Bewegung, die die Verfassung kritisiert, auftreten konnte. sylk http://diestandard.at, http://derstandard.at/Ungarn medienmix Erkannt Das australische, feministische und werbefreie lip magazine richtet sich an junge Frauen zwischen 14 und 25 Jahren. Statt Maßstäbe für Schönheit und Coolness zu setzen, geht es den Macherinnen um „Mädchen, die denken, fühlen, gestalten, den Mund aufmachen und leben“ – und zu fabelhaften Frauen werden. Deswegen gestalten Leserinnen das Magazin mit ihren Beiträgen selbst. Auch Experimente wie „Print on Demand“ haben hier Platz. Musik, Kurzgeschichten, Kunst und Mode gibt es auch auf lipmag.com. fis Erforscht Nachwuchswissenschaftler_innen der RuhrUni Bochum erhalten mit dem Online-Journal kultur & geschlecht halbjährlich ein Forum für ihre Arbeiten zu Geschlechterfragen. Hintergrund der achten Ausgabe ist die Tagung „Letting the Vampire in“: Untersucht werden in den Aufsätzen Vampirerzählungen in der Populärkultur und ihre kulturellen und historischen Bezüge. Auf der schicken Webpage ruhr-uni-bochum.de/ genderstudies/kulturundgeschlecht/aktuell.html findet sich außerdem ein umfangreiches PDFArchiv. fis Erfragt Für den Radiobeitrag „Autonomie oder Prostitution. Die Zeitehe im Iran. Ein Interview mit Sudabeh Mortezai“ hat Aleksandra Kolodziejczyk den Alternativen Medienpreis 2011 erhalten. Die Sendung lief in der entwicklungspolitischen Reihe „Globale Dialoge“ auf Orange 94.0. Vergrößert die Ehe auf Zeit die Autonomie von Frauen oder ist sie eine Form der Prostitution? Dokumentarfilmerin Mortezai („Im Bazar der Geschlechter“) berichtet von ihren Erfahrungen. Nachzuhören im Best of 2010 auf http://globaledialoge.o94.at. fis Juli August 2011 an.schläge l 13 Boxen Laila Ali (Tochter der Boxlegende Muhammad Ali) hat seit ihrem Boxdebüt im 14 l1999 an.schläge Juli einzigen August 2011 Kampf verloren, Oktober keinen 2002 holte sie den Weltmeisterinnen-Titel. thema: boxen „A Knock Out“ Seit Frauen boxen, kämpfen sie nicht nur gegeneinander, sondern immer auch für ihr Recht, diese Kämpfe überhaupt öffentlich austragen zu dürfen. Maria Poell über Geschichte und Gegenwart des Frauenboxens. Wann genau die erste Boxerin in den Ring stieg, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Wie vieles andere, was als Männerdomäne gilt, ist das Frauenboxen und seine Geschichte wenig und unzuverlässig dokumentiert, Namen und Jahreszahlen variieren, Fakten und Fiktion lassen sich nicht immer unterscheiden. Aber es gab sie, die ersten Pionierinnen des Faustkampfs. Jahrmarktboxen. Eine von ihnen war Elizabeth Wilkinson, die in den 1720er Jahren ihre Gegnerinnen mit Zeitungsannoncen in der Londoner Daily Post zum „Bare-Knuckle Prizefight“ herausforderte. Schon damals kämpften die Frauen nicht nur gegeneinander, sondern auch für ihr Recht, diese Kämpfe überhaupt öffentlich austragen zu dürfen. Mehr als zwei Jahrhunderte später reisen Boxerinnen wie Barbara Buttrick weiter von Jahrmarkt zu Jahrmarkt und Land zu Land, auf der Suche nach Frauen, die bereit sind, gegen sie anzutreten. Während die Männer seit 1904 bei den olympischen Spielen boxen und Titelkämpfe mit hohen Preisgeldern und großem medialen Interesse bestreiten, bleibt den Frauen das Wettkampfboxen bis Ende des 20. Jahrhunderts weitgehend verboten. Ein Verbot, das auf vielfältige Weise diskriminierend wirkt. In erster Linie natürlich, weil es Frauen vorschreibt, was sie zu tun und zu lassen haben. Gleichzeitig werden sie mit vorgeblicher Sorge um ihre Gesundheit bevormundet oder gar mit Hinweis auf ihre Regelblutung als „mental instabil“ diskreditiert. Mit diesem Argument versuchte der britische Boxverband 1998, der Boxerin Jane Couch eine Lizenz zu verweigern. Weibliche Beweislast. Vor allem aber geht es den Gegnern des Frauenboxens darum, das vorherrschende Bild vom schönen, aber schwachen Geschlecht zu wahren. Eine starke, selbstständige, aggressive, blutverschmierte Kämpferin rüttelt so sehr an diesem Ideal, dass es den Herren der Schöpfung sichtlich weh tut. Mitte der 1990er Jahre, als immer mehr Frauen erfolgreich ihr Recht durchsetzen, in den Ring steigen zu dürfen, ist der Tenor demnach: „Boxende Frauen sind widernatürlich. Sie ekeln mich an. Eine Frau muss für den Mann gemacht sein, nicht für den Männersport.“1 Erfolgreiche Weltmeisterinnen wie Lucia Rijker, Laila Ali, Regina Halmich oder Susianna Kentikian haben dazu wohl eine andere Meinung. Und bei den olympischen Spielen 2012 werden erstmals auch die Frauen in drei Gewichtsklassen antreten. Trotz all widmeten Doku „Königin im Ring“. Das ist einerseits bemerkenswert realistisch und scharfsinnig, andererseits aber auch fatal unkritisch. Gerade jemand wie Regina Halmich hätte die Chance, an den Regeln des Spiels zu rütteln. Eine, die es versucht hat, ist Michele Aboro. Die ungeschlagene Weltmeisterin wollte weder ihr Lesbischsein verheimlichen noch sich für den Playboy ausziehen. Dass sie darauf beharrte, eine Athletin und kein „Page-Three Girl“ zu sein, kostete sie schließlich ihre Karriere. Sie wurde von ihrem Promoter Universum als „unvermarktbar“ gekündigt und verlor den Rechtsstreit, Eine starke, selbstständige, aggressive, blutverschmierte Kämpferin rüttelt sehr am weiblichen Ideal. dieser Erfolge bleibt die Lage schief. Profiboxerinnen stehen irgendwie unter Beweislast ihrer eigenen Weiblichkeit. Je mehr Schlagkraft und Erfolg eine im Ring hat, umso mehr scheint sie außerhalb des Rings ihre weiblichen Attribute zur Schau stellen zu müssen. Fast so als gelte es, die männliche, testosteronschwangere Aura des Sports, all den dreckigen Schweiß und die Härte, durch umso mehr Make-up, weibliche Kurven und genderstereotype Sanftheit auszugleichen. Um nur ja nicht den Verdacht zu erwecken, man wäre keine „richtige Frau“. Eine, die das System sprengt. Eine, die nach ihren eigenen Regeln spielt. Frauen kämpfen sehen. Professionalität wird hier nicht auf sportlicher Ebene definiert. Professionell ist eine Weltklasseboxerin dann, wenn sie sich selbst als Ware begreift und den Regeln der Vermarktung unterwirft, d.h. ihre Person und ihren Körper gewinnbringend verkauft. Das sagt natürlich keiner der großen Box-Promoter so, aber das sagt z.B. Regina Halmich in der ihr ge- mit dem sie versuchte, die Kündigung anzufechten. Die großartige Doku „A Knock Out“ erzählt ihre Geschichte.2 Eine, die es geschafft hat und erfolgreich ihren eigenen Weg gegangen ist, ist Lucia Rijker, ebenfalls ungeschlagene Weltmeisterin. Die einzige BikiniBilderserie, die von ihr zu finden ist, entspricht in keinster Weise dem, was die Männer im Boxbusiness sehen wollen. Weder Pose noch Blick versprechen Verfügbarkeit, sondern scheinen zu sagen: „Ist mir doch egal, was du von mir willst. Ich mach’ mein eigenes Ding.“ Damit versteht sie sich ganz bewusst als Vorbild für andere Frauen: „Women can find strength in seeing other women fight and be strong. They can find something there that they have as well, even though they’re not boxing.”3 Recht hat sie. l Maria Poell ist Filmvermittlerin & Filmvorführerin und selbst Wettkampfboxerin. 1 Zitiert in „Königin im Ring“ (2008, Simone Jung) 2 „A Knock Out“ (2004, Tessa Boerman & Samuel Reiziger) 3 Lucia Rijker in „Shadow Boxers“ (1999, Katya Bankowsky) Zum Nachlesen: Katherine Dunn: Just as Fierce, in: Mother Jones Magazine (Dezember 1994): http://theinferior4. livejournal.com/66635.html Profiboxerinnen – Frauen, die hauen: www.freitag. de/1999/31/99311801.htm Old-time female combatants: www.fscclub.com/ history/zhened-old2-e.shtml Juli August 2011 an.schläge l 15 thema: boxen Gelungene Haken Die Wiener „Boxfabrik“ für Frauen hat die harten Zeiten hinter sich und inzwischen regen Zulauf. Svenja Häfner hat ein schweißtreibendes Probetraining absolviert und dabei die Vereinsgründerinnen kennengelernt. Foto: boxfabrik.at www.boxfabrik.at 16 l an.schläge Juli August 2011 Mit dem Binden der Boxbandagen wurde es tatsächlich ernst. Mein erstes Boxtraining konnte beginnen, und bereits nach fünf Minuten rannen mir Schweißtropfen übers Gesicht. Dabei befand ich mich bei lockerem Laufen durch den Raum vorwärts und rückwärts, Hüpfen auf dem einen, dem anderen und auf beiden Beinen, Kreisen der Arme, der Ellenbogen und der Handgelenke erst in der Aufwärmphase. Im Technikteil wurden mir gemeinsam mit sieben anderen Frauen unterschiedlichsten Alters dann kurz einzelne Übungen erklärt, die wie beim Zirkeltraining abwechselnd absolviert werden mussten. Oskar, Schlagbirne und Schlagübungen unter dem Seil – die anderen Frauen wussten, was zu tun war. Ich als Neuling bekam erst mal die Grundlagen des Boxens vermittelt: Grundstellung, dabei immer die Schultern hochgezogen, das Kinn unten, die Hände schützend davor. Und das Ausführen der wichtigsten Schläge: die Gerade, der Haken und der Aufwärtshaken. Ich musste mich sehr konzentrieren, um den Bewegungsablauf genau zu koordinieren. Im Zusammenspiel mit einer Partnerin steigerte sich die Koordinationsherausforderung mit Abtauchen, richtiger Schrittfolge und korrektem Schlag noch einmal. Auch die einzelnen Übungsteile wurden im Laufe des Unterrichts komplexer, das Tempo höher. Die Schweißtropfen entwickelten sich zu Bächen, die Anstrengung und Konzentration war allen Frauen ins Gesicht geschrieben. Aufeinanderliegende Männer. Dennoch war es eher Genuss als Qual, eher Freude über gelungene Schlag- und Bewegungsabfolgen als Frustration. Ein wesentlicher Verdienst von Barbara Tutschka. Die österreichische Staatsmeisterin und Wiener Landesmeisterin im Thaiboxen, die nach der WMTeilnahme im Herbst 2009 ihre aktive Wettkampfkarriere beendet hat, schafft es, ihren Kursteilnehmerinnen kräftemäßig einiges abzuverlangen und sie dennoch bis zum Schluss zu motivieren. Unterrichtet hat sie seit ihren sportlichen Anfängen mit positivem Feedback. Es ist ihr ein Anliegen, qualitativ hochwertiges Boxen anzubieten und sich entsprechend weiterzubilden. Sie selbst hat noch in einem traditionellen Boxstudio trainiert. „Eh o.k.“, meint sie. „Aber man muss es halt aushalten. Man muss sich die Sprüche anhören. Nicht gegen Frauen, aber schon homophob. Das sind halt schwitzende Männer, die sich am Boden wälzen und aufeinander liegen. Die müssen sich danach ganz deutlich sagen, dass sie auf alle Fälle nicht schwul sind und irgendwie auf geile Weiber stehen. Und lassen halt den Macker raushän- gen.“ Dafür musste sie sich, schon an den harten Drill gewöhnt, bei ihrem eigenen Unterricht doch ziemlich umstellen und akzeptieren, dass die Frauen beim Training mal lachen, plaudern und auch einfach Spaß haben wollen. Der Großteil ist zum Trainieren und wegen der körperlichen Fitness da und nicht, um irgendwann bei Wettkämpfen anzutreten. Dass sie nach der WM 2009 mit den Wettkämpfen aufhören würde, war Barbara klar. Doch was danach tun mit all dem boxerischen Fachwissen und Können und dem Wunsch, auch weiterhin im Boxsport tätig zu sein? Zudem gab es bereis Anfragen von Frauen, die sich speziell ein Boxtraining für Frauen wünschten oder die nicht die „Box-Light-Variante“ eines Fitnessstudios gemeinsam mit 90 Kilo schweren schwitzenden Männern wollten. Vereinsaufbautraining. Es fehlte noch ein gemeinsames Bier mit Angela Mazzora, mittlerweile Kassierin und zuständig für die Organisation des Vereins, damit im März 2009 die ersten Schnuppertrainings im 9. Bezirk in einem Tanzstudio stattfinden konnten. Noch eine sehr mühsame Angelegenheit, da das gesamte Boxmaterial zu jedem Training dorthin gebracht werden musste. Im Juni 2009 wurde dann offiziell der Verein „Boxfabrik“ gegründet, und thema: boxen nach intensiver Suche fanden die Frauen in der Spengergasse 52 im 5. Bezirk ein geeignetes und bezahlbares Studio. Ein ziemlich heruntergekommenes Atelier und ehemaliges Travestietheater, aus dem sie „irgendwie das beste gemacht haben“. Oberhalb wohnt noch heute die Hausbesitzerin. Eine nette, alte Dame, die es glücklicherweise mag, wenn etwas los ist und es nicht leiden kann, wenn es ruhig ist. Denn vor allem die Schläge auf den Sandsack ziehen sich durch die Wände und haben den beiden Frauen schon einige Beschwerden eingehandelt. Offizielle Eröffnung des Studios war am 1. Dezember 2009. Zu diesem Zeitpunkt zählte der Verein „Boxfabrik“ 28 Mit- Mitgliederzahl auf 78 zum Jahresende. Eine positive Bilanz für die beiden Vereinsgründerinnen, vor allem weil sich der Verein dadurch nun selbst erhalten kann. Unberücksichtigt bleibt dabei jedoch die viele unbezahlte Arbeit. Denn dass sie von den Vereinseinnahmen nicht leben können, dieses Schicksal teilen Barbara und Angela mit den traditionellen Boxvereinen. Auch hier läuft die Vereinsarbeit neben der täglichen Berufstätigkeit. Vorteile ziehen die anderen Boxvereine allerdings aus ihrer stärkeren Vernetzung. Sie haben mehr Freunde, die sie unterstützen und mehr Trainer, die gegebenenfalls einspringen. In der Boxfabrik hängen die drei Trainingsabende alleine von Barba- Die wichtigsten Schläge: die Gerade, der Haken und der Aufwärtshaken glieder – für das finanzielle Überleben definitiv zu wenig. Die beiden Vereinsgründerinnen steckten viel Privatgeld in ihr Projekt. Bis März, bis zur Bildreportage auf diestandard.at, zog sich die Durststrecke hin. „Ab da ist es dann richtig losgegangen. Das war lustig. diestandard.at habe ich selbst angeschrieben und sie gefragt, ob sie nicht einen Bericht über uns bringen könnten“, erzählt Angela. „Die anderen Sachen, wie der Bericht auf FM4-Online, der Beitrag im FM4-Radio oder in der Sonntagsausgabe der Kronenzeitung vom 9. Mai 2010 sind dann von alleine gekommen.“ Weniger schön war allerdings, dass sie im Onlineforum von diestandard.at von einigen durchgeknallten Typen sehr persönlich mit Sprüchen wie „Die Frauen haben keine Titten“ beschimpft wurden, worauf das Forum gesperrt wurde. Es folgte eine Nominierung zum Wiener Sportsaward in der Kategorie „Verein mit dem besten Genderprojekt“ und die Teilnahme an der Mariahilfer Frauenwoche mit einem Workshopangebot, bei dem neue Mitglieder gewonnen werden konnten. Und auch den Vereinsfrauen wurden mit einem Trainingswochenende am Mondsee, einer Sommerparty und einer Weihnachtsfeier einiges geboten. Kein versifftes Studio. Die erhöhte Medienpräsenz und Öffentlichkeit zeigte ihre Wirkung in der steigenden ra ab. Krank darf sie nicht werden. Auch die gesamte Organisations- und Büroarbeit wird alleine von den beiden Frauen geleistet. Zuzüglich Schrubben und Putzen. Eine nicht zu unterschätzende Notwendigkeit, denn Sauberkeit ist für Barbara wichtig für die Atmosphäre. „Ich bin eh ziemlich abgehärtet. Aber es war immer mein Wunsch, dass es bei uns sauber ist. Ich halte es nicht aus in diesen versifften Studios.“ Findet dann am Wochenende noch ein Workshop statt, kommt es für die beiden berufstätigen Frauen schnell zu einer 50-Stunden-Woche. Einfach zu viel. „Das sind wohl auch so Momente, wo man sich fragt, warum man sich das überhaupt antut. Aber wenn ich dann einen Abend lang das Training mache und alle gut gelaunt sind und nach dem Training noch dableiben und ein bisschen plaudern, das ist dann schon nett. Das macht dann auch Spaß – abgesehen vom Training“, beschreibt Barbara ihre Motivation. „Oder wenn man dann Weihnachtsgeschenke bekommt oder der Verein selbst ein Geschenk. Da freut man sich schon sehr.“ Mehr Unterstützung. Und wenn sie sich was wünschen dürften? Für das Frauenboxen selber: einfach mehr Unterstützung. Zum einen auf der finanziellen Ebene. Zum anderen mehr Akzeptanz und einen leichteren Zugang zu den Boxverbänden. Das ist vor allem dann notwendig, wenn man eine Wettkämpferin in den eigenen Reihen hat. Hier braucht es einen Boxverband, unter dessen Namen sie boxen kann. Hilfreich wäre sicherlich auch eine Frauenbeauftragte für den Boxsport, die Präsenz zeigt und sich für die Belange der boxenden Frauen einsetzt. Und für den Verein wünschen sich Barbara und Angela einen Zuwachs auf mindestens 100 Mitglieder. Bei 150 bis 200 Mitgliedern würden sie dann sogar Gewinne einfahren. Vor fünfundzwanzig Jahren hätte ich nach diesem Training sicher von einer Karriere als Boxerin geträumt. Heute freue ich mich über neue Bewegungserfahrungen – und darüber, dass sich mein Muskelkater in Grenzen hält. l Svenja Häfner gastiert seit zehn Jahren in Wien und boxt sich durchs Leben. nhe c d n Mä oxe b beautiful boxerin nennt sich das Projekt, das junge Mädchen stärken will und dafür dringend Unterstützung braucht. Die Zielgruppe sind Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, denen das Projekt auch bei fehlenden finanziellen Möglichkeiten die Chance eröffnen soll, die Kampfsportart Muay Thai (Thaiboxen) zu erlernen. Im geschützten Rahmen der Boxfabrik können sie sich in einer stark männerdominierten Sportart ausprobieren und so ihren Handlungsspielraum erweitern. Über ein halbes Jahr sollen zehn Mädchen einmal wöchentlich unter der Anleitung von drei Trainerinnen Boxunterricht erhalten und nebenbei ihr Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen stärken. Das Projekt kann noch bis zum 30. September 2011 durch eine Spende ab 10 Euro unterstützt werden – bis jetzt sind erst 3,6 % der Finanzierung gesichert. isaga www.respekt.net Juli August 2011 an.schläge l 17 thema: boxen Hast du ein Kämpferinnenherz? Ein Kämpferinnenherz können Mädchen auch schon mit zehn haben, sagt Heather Cameron. Damit sie diesen Mut nicht verlieren, hat sie den Verein Boxgirls gegründet. Ein Interview von Helene Siebermair. Heather Cameron (rechts im Bild) © Lia Michael boxgirls.org an.schläge: Der Verein Boxgirls zählt www.boxgirls.org 18 l an.schläge Juli August 2011 heute mehr als tausend Mitglieder auf unterschiedlichen Kontinenten. Für interessierte Mädchen und Frauen ist es ein Leichtes, auf ihren Verein zu stoßen. Wie sind Sie selbst vor 20 Jahren zum Boxen gekommen? Heather Cameron: Durch eine Freundin, die ein bisschen verrückt war und die eine Boxhalle ganz in unserer Nähe in Toronto gefunden hatte. Wir waren gemeinsam Laufen, als sie eines Tages mit dieser Idee gekommen ist. Ich war entsetzt: „Bist du bekloppt! Auf keinen Fall gehe ich mit dir boxen! Ich schreibe meine Doktorarbeit und brauche ein intaktes Gehirn!“ Sie hat es aber schließlich geschafft, dass ich mich in meiner Ehre angegriffen gefühlt habe – so bin ich hingegangen, zweifelnd, aber nicht kneifend. Und kaum war ich dort, fand ich die Atmosphäre und das Ambiente toll. Der große Ring, die stoischen Männer, die so hart trainiert haben. Es ging nicht ums Quatschen und Witze erzählen, sondern um die Sache an sich. Je mehr ich übers Boxen erfahren habe, über die Traditionen, über den wunderschönen sozialpolitischen Anteil mit Muhammad Ali und vielen anderen großen afroamerikanischen und afrikanischen Boxern – die ganze politische Geschichte, die damit verbunden ist –, umso mehr hat es mich gefesselt. Aus Ihrer persönlichen Leidenschaft wurde mit den Jahren ein riesiges sozialpolitisches Projekt. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Ich habe „Boxgirls“ gestartet, weil mir klar wurde, was Boxen bei einem jungen Mädchen bewirken kann. Ich habe gesehen, was es für mich getan hat. Es gibt nicht genug starke Frauen. Zwar gibt es sehr starke junge Mädchen, aber irgendetwas passiert in der Pubertät, das sie einen Teil ihrer Kraft verlieren lässt. Das Projekt „Boxgirls“ bietet die Chance, dass Mädchen ihre eigene Stärke fühlen und entfalten können. Mit diesem starken Gefühl lernen sie auch ein bisschen mehr, Verantwortung für Probleme und Fragen im Kiez zu übernehmen. Deshalb kooperieren wir auch mit Schulen oder machen verschiedene Projekte. Ich liebe das Boxen als Sport, aber das große Projekt dahinter ist ein demokratisches: Wie schaffen wir eine partizipatorische Gesellschaft, an der mehr Leute teilhaben können. Sowohl im Kiez als auch im Ausland wurde unsere Arbeit 2005 bekannt, als der deutsche Bundessportausschuss unser klitzekleines Projekt für das „UNO-Jahr des Sports und der körperlichen Erziehung“ ausgewählt hat. Und so wurde thema: boxen aus einem kleinen Projekt ein größeres, das wächst und wächst und mittlerweile ein Schwesterprojekt in Nairobi und mehrere hundert Mitglieder in Kapstadt hat. Von der Handwerkerin über die Rechtsanwältin und Künstlerin bis zur Managerin. Wie schaffen es die Boxgirls, so unterschiedliche Frauen anzusprechen? Eines der Dinge, die mir am Boxen und am Training so gut gefallen, ist, dass es nicht wichtig ist, wer du bist, was für einen Job du hast, wie alt oder wie schlau du bist. Es geht um deine Trainingsethik: Bist du pünktlich? Arbeitest du wirklich hart? Nimmst du dein Training ernst? Hilfst du anderen Leuten und bist du diszipliniert? Das bedeutet, dass auch ein eigenes Transgender-Training anbietet. Wir haben also unser Mädchenprogramm und eines für Frauen und eines für Menschen, die sich in irgendeiner Form als Frau fühlen oder gefühlt haben, um allen ein Programm anzubieten, bei dem sie sich wohlfühlen. Selbst hier in Berlin sind wir einer der ganz wenigen Vereine, der sagt: „Okay, wenn du dich mit unseren Zielen identifizierst, dich als sozial engagierte Person verstehst, dann bist du willkommen!“ Das schafft eine starke Gemeinschaft. Viele BoxerInnen sprechen davon, dass ihre Stärke durch den Boxsport zugenommen hat, physisch und psychisch. Können Sie Ihre eigene Erfahrung beschreiben? „Von Frauen wird eher nicht erwartet, Mut zu zeigen. Eher Verletzbarkeit oder Opferbereitschaft. Aber Mut, Heldentum und Kampfgeist sind ganz besondere und wichtige Aspekte im Leben einer Frau.“ (Heather Cameron) viele der Spielchen, die es ansonsten in einem Sportverein gibt, einfach wegfallen und dass die Leute tatsächlich miteinander arbeiten. Wenn ich zum Beispiel eine Zehnjährige sehe, die zu uns kommt und versucht, diszipliniert etwas zu lernen, dann behandle ich sie auch wie jede andere Person hier bei uns. Wir beurteilen die Leute danach: „Bist du jemand, der sich auf einen Kampf vorbereitet? Bist du eine Kämpferin und hast du ein Kämpferinnenherz?“ Dieses Kämpferinnenherz kann man auch schon mit zehn Jahren haben. Gibt es auch formale Unterschiede zu anderen Boxclubs? Wir grenzen niemanden aus. Der Mitgliedsbeitrag liegt zwischen null und 35 Euro. Mit einem guten Job bezahlst du 35 Euro, wenn du gerade kein Geld hast, bezahlst du nichts. Und die Leute, die nichts bezahlen, sind oft hier und schenken Zeit, da sie wissen, dass wir jede Hilfe brauchen können. Wir grenzen auch niemanden aufgrund seiner sexuellen Orientierung aus, sondern verstehen uns als Queer-Projekt, das Ich glaube, es geht um die Konzentration: Dass man sich tatsächlich auf ein bestimmtes Ziel konzentriert und alle anderen Lebensfragen wegfallen. Man muss sich sehr streng auf den Trainingsablauf konzentrieren, man muss auf den Schlaf achten, man muss auf das Essen aufpassen, man darf sich nicht durch sein Umfeld ablenken lassen. Das bedeutet, ein bisschen wie ein Mönch zu leben: So wie sich die Mönche aus der Gesellschaft zurückziehen, um Ruhe zu finden und um sich auf das Wesentliche – in ihrem Fall auf Gott – zu konzentrieren, so ähnlich machen BoxerInnen das auch. BoxerInnen konzentrieren sich auf das Wesentliche – in ihrem Fall ist es der Kampf. Den haben sie im Kopf und im Körper. Deshalb ist für mich als Akademikerin, die auch einer bestimmten Gruppe angehört und sich manchmal ein bisschen aus der Gesellschaft zurückzieht, um sich zum Beispiel aufs Schreiben eines Buches zu konzentrieren, diese Art von Lebensstil sehr anziehend: Man hat ein klares Ziel und man opfert alles andere dafür, weil man weiß, dass man durch diese Opferung die Energie erhält, die man braucht, um Siege zu feiern. Was passiert im Moment des Kampfes? Im Kampf gibt es einen performativen Aspekt: Wie auf einer Bühne trifft man im erhöhten, beleuchteten Ring aufeinander – mit einer Intensität, die man ansonsten kaum im Leben findet. Dabei erleben KämpferInnen die Chance, die eigenen Grenzen zu verschieben und das eigene Selbst neu zu konstruieren. Dafür braucht es Mut. Von Frauen wird in unserer Gesellschaft eher nicht erwartet, Mut zu zeigen. Eher Verletzbarkeit oder Opferbereitschaft. Aber Mut, Heldentum und Kampfgeist sind ganz besondere und wichtige Aspekte im Leben einer Frau. Ich glaube, es ist eine große Chance, diese Aspekte jeder Persönlichkeit, auch von Weiblichkeit zu zeigen und auszudrücken. Und genau das habe ich mir zur Aufgabe gemacht. Ich habe damals so viele Kämpfe absolviert wie nur möglich. Jedes Mal habe ich wieder diese Konzentration auf den einen Moment und diese Intensität des Gefühls im Kampf gespürt, die bewirken, dass man danach süchtig wird. Heute genieße ich es, mit meinen Kämpferinnen in diesem Moment im Ring zu stehen, sie zu unterstützen und mit ihnen ein so wichtiges und konsequentes Ereignis zu durchleben. l Heather Cameron ist Professorin für Erziehungswissenschaften an der Freien Universität Berlin und Gründerin der „Boxgirls“ – einem bereits von Kanzlerin Angela Merkel ausgezeichneten Boxcamp in Berlin Kreuzberg. Helene Siebermair arbeitet seit 2009 an einem Dokumentarfilm über Boxerinnen im deutschen Sprachraum. Sie begleitet Amateurboxerinnen und Profis, u.a. Heather Cameron, Nicole Haustein, Raja Amashe und Vorreiterinnen wie die dreifache Weltmeisterin Heidi Hartmann oder die erste Amateurboxerin Deutschlands Ulrike Heitmüller. Filmpremiere ist im Oktober 2011 in Linz. Juli August 2011 an.schläge l 19 thema: boxen Spektakel & Selbstermächtigung Frauen, die in Filmen boxen, waren zuerst voyeuristische Attraktionen, haben sich jedoch inzwischen zu emanzipierten Kämpferinnen entwickelt. Von Elisabeth Streit 1 Vgl. Stephanie Haerdle: Keine Angst haben, das ist unser Beruf. Kunstreiterinnen, Dompteusen und andere Zirkusartistinnen. Aviva, Berlin 2007 2 Claudia Preschl: Lachende Körper. Komikerinnen im Kino der 1910er Jahre. Filmmuseum Synema, Wien 2008, S. 15. 3 Thomas A. Edison Gesellschaft (USA 6. Mai 1901), www.youtube.com/watch? v=KcE6fTO7pqA&feature =related 4 Camilla Fojas: Sports of Spectatorship: Boxing Women of Color in Girlfight and Beyond. In: Cinema Journal, Vol. 49, No. 1, 2009, S. 108. 5 Diese Mütter sind zumeist selbst Opfer von feigen, dafür umso brutaleren Männern/Vätern. 20 l an.schläge Juli August 2011 So untrennbar die Erfindung des damals neuen Mediums Film mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts zusammenfällt, so eng ist das Kino mit Frauen auf, vor und hinter der Leinwand verbunden. Bereits ab 1895 eröffnete der Film dem voyeuristischen Begehren sämtliche Möglichkeiten und kam der Schaulust auf allen Ebenen entgegen. Nacktmodelle, Dompteusen, Tänzerinnen oder Artistinnen waren im Kino um 1900 keine Seltenheit. Rasch erkannte man, dass solche Spektakel auf Film gebannt die Massen ins Kino lockten.1 Dieses „Cinema of Attraction“, ein von Tom Gunning und André Gaudreault eingeführter Begriff für das Kino vor 1906, verbindet den Begriff „showing“, das Zeigen und Herzeigen, mit dem voyeuristischen Charakter der Schaulust. „Der heute viel zitierte Begriff [showing, Anm.d.A.] bezieht sich auf das Kino bis 1906, auf frühe Filmaufnahmen kurzer Tanzszenen, komischer Szenen, von Boxkämpfen etc., die zumeist auf einer Bühne in der Tradition des Boulevardtheaters respektive des Varietées inszeniert waren und das Ausstellen oder ‚Zeigen‘ zum Gegenstand hatten.“ 2 Wippende Röcke, schnelle Schläge. Das erste filmische Dokument eines Frauenboxkampfes ist der Kurzfilm „The Gordon Sisters boxing“3, in dem sich die Schwestern Minnie Gordon im weißen und Bessy Gordon im schwarzen Kleid mit Fäusten duellieren. Vor der Kulisse eines französischen Gartens umtänzeln sie sich mit schneller Beinarbeit und liefern sich einen rasanten Schlagabtausch voller Rechts-links-Kombinationen. In diesem kurzen filmischen Dokument offenbart sich der enorme Reiz des auf Zelluloid gebannten Faustkampfes, der allen Filmen, dem Fiktionalen wie auch dem Dokumentarischen, innewohnt: eine Dynamisierung des Blicks. „Girlfight“, © Senator Film Wird bei Verfilmungen von körperlich sportlichen Höchstleistungen gern auf filmische Tricks und Beschleunigungsmöglichkeiten zurückgegriffen, so wird bei Boxszenen meistens mit Verlangsamung und Zeitlupe gearbeitet; Martin Scorsese treibt dies in seinem „Raging Bull“ (USA 1980) auf die Spitze. Im Augenblick einer optischen Ablenkung verschmelzen hier Köperdynamik und die Schnelligkeit des Zuschlagens zu einem elaborierten Agglomerat von Blick, Lust und Schlägen. Kämpfende Töchter. Ab den 1990er Jahren taucht das Motiv der Boxerin im Film verstärkt wieder auf. Doch nun dient es nicht mehr nur dem voyeuristischen Vergnügen am Spektakel. Portraitiert werden vielmehr Frauen, die konsequent ihre Entscheidung verfolgen, in eine von Männern dominierte Welt einzudringen und dort ihren Platz zu verteidigen. Konfrontiert mit dummen Sprüchen, verständnislosem Kopfschütteln und dem platten Vorwurf unweiblich zu sein, beginnen sie diese Vorurteile schlagkräftig auszuräumen: „‚Girlfight‘“ führt jenes Erbe fort, in dem Boxen in seiner ursprünglichen und unglamourösen Form ein Sport der urbanen Unterschicht ist, überwiegend repräsentiert von italienischen, Schwarzen und lateinamerikanischen AmerikanerInnen. Aber er unterscheidet sich vom üblichen Boxfilm-Genre in seiner Kritik am Komplex von sozialen und visuellen Diskursen, die mit den Körpern und der Handlungsmacht von Frauen verknüpft sind; insbesondere werden Fragen aufgeworfen über die irreduzible ‚weibliche‘ Differenz von Frauen im Amateurund Profisport und in anderen typischen Männerdomänen.“4 Es ist auffallend, dass die Frauen, die in diesen Filmen ihren rollenspezifisch determinierten Rahmen sprengen, zumeist mit einem zusätzlichen familiären Problem im Hintergrund zu kämpfen haben. Die Filmtöchter müssen große Probleme überwinden, die oft im Zusammenhang mit ihren Müttern5 stehen: Sei es die Schwache in „La Yuma“, die zu rächende Tote in „Girlfight“ oder die nur auf ihren Vorteil bedachte Mutter in „Million Dollar Baby“. Diana & La Yuma. Michelle Rodriguez (Diana) besticht in der eindrucksvollen Eröffnungsszene des Films „Girlfight“ (USA 2000) durch ihren alles durchdringenden Blick. Er gehört einer jungen Latina, die eine starke physische Präsenz an den Tag legt und uns vermittelt: Ich bin stark, aggressiv, nicht schwach, nicht passiv, und ich werde meinen Blick nicht abwenden. Damit greift Regisseurin Karyn Kusama ein Element des Kinos der Attraktionen auf und dreht geschlechterspezifische Stereotype um. Dianas jüngerer Bruder thema: boxen Tiny zeichnet lieber, wird aber vom die einfach studieren und ein unabVater zum Boxtraining geschickt, um hängiges Leben führen will. Sie ist ein richtiger Mann zu werden. Als ein wunderbares Beispiel dafür, dass Diana heimlich zu boxen beginnt, wird Boxen nicht allein von der Körperkraft er zum stillschweigenden Verbündeten. abhängt. In einem Interview, das FikriDennoch kommt ihr der Vater auf die ye Selen zwölf Jahre nach dem Film Schliche, stellt sie zur Rede und wird gibt, erklärt sie, warum sie sich gegen von Diana überwältigt: eine späte Raden Profisport und für ein normales che für den von ihm verschuldeten Tod Arbeitsleben entschieden hat: „Ich der Mutter. Zwischen ihr und Adrian, hatte als Sportlerin alles erreicht, was einem ebenfalls boxenden Latino, entich erreichen wollte. Ich war mehrfache wickelt sich eine zarte Liebesbeziehung, türkische Meisterin und 2000 dann die sich aber am Ende als nicht haltbar auch Vize-Europameisterin. Und ich erweist. Als sie im Ring gegen ihn hatte auch eine gewisse Anerkennung in antritt, taucht jenseits der Gefühle ein Deutschland.“6 anderes Muster auf: Nach ihrem Sieg Abschließend verweist sie einmal über Adrian hat dieser als Identifikatimehr auf den sozialpolitischen Kononsfigur ausgedient. text, in dem sie über ihre Rolle als Obwohl in „La Yuma“ (F/Nic 2009) ehemalige Boxerin, Frau und Türkin in eine ganz andere Geschichte erzählt Deutschland klar und deutlich feststellt: wird, lässt sich ein ähnlicher Zugang „Vielleicht will ich mir dazu keine Ge- Portraitiert werden Frauen, die konsequent ihre Entscheidung verfolgen, in eine von Männern dominierte Welt einzudringen und dort ihren Platz zu verteidigen. Lucia Rijker in „Million Dollar Baby“, © Warner Bros. zum Thema erkennen. Die junge Virginia Roa (Alma Blanco), La Yuma genannt, lebt in einem Slum in Managua und wird vom ehemaligen Boxchampion Polvorita dazu überredet, ihre Kraft und Aggression fürs Boxen zu nutzen. La Yuma geht das Ganze äußerst pragmatisch an: Das Ziel ist nicht der große Kampf, viel Geld und Ruhm, nein, sie steigt mit dem Entschluss in den Ring, sich und ihren jüngeren Geschwistern ein besseres Leben zu ermöglichen. Eine romantisch anmutende Liebesgeschichte zu einem jungen, weißen Journalisten aus gutem Haus scheitert letztendlich am Klassenunterschied. Virginia wendet sich unsentimental wieder ihren vielfältigen sozialen Aufgaben zu: Mutterersatz, Freundin, Schwester und Ernährerin ihrer jüngeren Geschwister. Fikriye Selen & Maggie Fitzgerald. Aysun Bademsoy gewährt uns in kurzen 30 Minuten Einblick in das Leben von Fikriye Selen. Selen bereitet sich auf ihr Abitur vor und ist eine vielversprechende Boxerin. In unaufgeregten Bildern sehen wir eine junge, türkische Frau, jenseits des Kopftuch-Klischees, danken machen. Mehr Leistung zeigen zu müssen als andere war für mich nie ein Problem. Ich war in der Sporthalle immer die Erste, die gekommen ist, und die Letzte, die abends das Licht ausgeknipst hat. Ich habe kein Problem damit, besser sein zu müssen als andere. Ob als Frau oder als Türkin. Und ich habe immer daran geglaubt, dass ich, wenn ich gut genug bin, wenn ich Leistung bringe, auch Karriere mache.“ Maggie Fitzgerald (Hillary Swank), die tragische Heldin aus Clint Eastwoods „Million Dollar Baby“ (USA 2003) hat damit weniger Glück. Sie wird von der Gegnerin während ihres wichtigsten Kampfes hinterhältig attackiert und fällt so unglücklich, dass sie vom Hals abwärts gelähmt bleibt. Da ihr Zustand unheilbar ist und nur den Tod auf Raten bedeutet, zwingt sie ihren Trainer Frankie Dunn (Clint Eastwood) dazu, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Eastwoods Fighterinnen-Drama erzählt bis zu jenem Punkt, vor dem sich die Männer am meisten fürchten: die emotionale Bindung zwischen der Boxerin und ihrem Trainer. Dem Überwinden von körperlichen Grenzen steht in diesem Film der Tod gegenüber, der in seiner Unerbittlichkeit die beiden zum Handeln zwingt und den erreichten Siegen die Zerstörung des angestrebten Traumes gegenüberstellt. Obwohl Maggies zerschlagener Körper von einem Endpunkt in ihrem Leben erzählt, bleibt sie, wie die Boxerinnen in den beschriebenen Filmen, ihrem Motto treu: den einsamen, selbst gewählten Weg gehen, koste es, was es wolle. l Elisabeth Streit ist Bibliothekarin und Filmvermittlerin im Österreichischen Filmmuseum sowie Mitarbeiterin bei kinoki/ Verein für audiovisuelle Selbstbestimmung. 6 http://turkish-sports. atspace.org/html/interview_ selen09.html Eine kleine Filmografie: Blonde Fist (Frank Clarkey, GB 1991), Ein Mädchen im Ring (Aysun Bademsoy, D 1996), Shadow Boxers (Katya Bankowski, USA 1999), Girlfight (Karyn Kusama, USA 2000), Knockout (Lorenzo Doumani, USA 2000), Honeybee (Melvin James, USA 2001), Million Dollar Baby (Clint Eastwood, USA 2003) und La Yuma (Florence Jaugey, F/Nic 2009) Juli August 2011 an.schläge l 21 thema: boxen Don’t touch me! Die Schauspielerin und Filmemacherin Florence Jaugey hat mit „La Yuma“ ihren ersten Spielfilm gedreht. La Yuma, die Hauptfigur, ist Boxerin, doch ein Boxfilm ist es trotzdem nicht, erfuhr Mirjam Bromundt. an.schläge: Vor „La Yuma“ hast du viele Dokumentarfilme über nicaraguanische Jugendliche gedreht. Was hat dich an ihren Geschichten interessiert? Florence Jaugey: Ich lasse mich von der Realität inspirieren. In Nicaragua sind rund 70 Prozent der Bevölkerung unter 30 Jahre alt. Und ich gebe gerne das Wort an Menschen, die als unwichtig gelten. Zudem sind Filme in Nicaragua meist von NGOs finanziert und die wollen klarerweise, dass diese Filme soziale Themen behandeln – was sich sehr gut mit meiner Intention verbinden lässt. Hattest du eine konkrete Person vor Augen, als du das Drehbuch zu „La Yuma“ geschrieben hast? La Yuma existiert wirklich. Ich filmte gerade in einem Kommissariat, das auf Delikte an Frauen und Kindern spezialisiert ist, und dort stellte man mir La Yuma vor. Ein Mädchen aus dem Viertel, das boxte. Von dort aus habe ich meine Geschichte weitergesponnen und kam bald auch auf Alma Blanca als Darstellerin, die ich während des Castings zu Ken Loachs „Carlas Song“1 kennen gelernt hatte. 1 „Carlas Song“ (1996), Spielfilm über das sandinistische Nicaragua 22 l an.schläge Juli August 2011 Was ist La Yuma für ein Charakter? Dem Klischee nach sind Boxerinnen hässlich und sehr männlich. Aber es gibt unter ihnen auch sehr elegante und feminine Frauen. La Yuma gibt sich gern ein bisschen männlich, aber das ist ihre Art zu sagen: „Don’t touch me!“ Das ist ihr Panzer, sie ist immer in der Defensive. Denn was verspricht ihr das Leben? In ihrem Alter sollte sie eigentlich schon mit dem zweiten Kind schwanger sein. Der Vater im Gefängnis oder tot, schlägt oder betrügt sie. Das ist die klassische Entwicklung einer Frau ihrer sozialen Schicht. © trigon-film Wie hast du für den Film recherchiert? Polvorita (Anm.: der Boxtrainer im Film) hat mich und auch La Yuma ins Boxen eingeführt. Es ist wirklich schwierig und fordernd für Körper und Geist. In Nicaragua gibt es viele Frauen, die sehr gut boxen, aber im Unterschied zu meinem Film – das ist wirklich Fiktion – sind alle Amateurinnen. Profiboxen ist zu teuer, und es fehlt der Verband dafür. Für Frauen ist es zudem schwierig, dranzubleiben. Plötzlich haben sie ein Kind, für das sie sorgen müssen, und der Vater ist meist nicht da. Für Männer gibt es den Profisport sehr wohl. Welche Bedeutung hat das Boxen für Frauen in Nicaragua? Und welche in deinem Film? Boxen ist ein Sport, für den du kaum etwas brauchst. In Nicaragua findet man immer einen Club, in dem man gratis trainieren kann. Viele Frauen gehen in diesem Sport auf, denn es geht darum, sich selbst verteidigen zu können. Die körperliche Stärke bringt sie quasi auf Augenhöhe mit den Männern. Es ist also mehr als nur ein Sport und hat viel mit Selbstwertgefühl zu tun. Als ich boxen lernte, sah ich viele Mädchen, die mit ihren Müttern kamen. Sie saßen auf der Bank und haben zugesehen, wie die Töchter trainieren. Für La Yuma ist das Boxen ein Mittel, um über sich selbst hinauszuwachsen. „La Yuma“ ist also sicherlich kein Boxfilm, sondern ein Film über das Vorwärtskommen. Was bietet sich für jemanden aus ihren Verhältnissen an? Das Boxen ist für alle zugänglich. La Yuma ist intelligent, aber keine Intellektuelle und weiß, dass die Macht auf der Seite der Männer ist. Die Männer respektieren sie aufgrund ihrer körperlichen Stärke, und lassen sie in Ruhe. Sie benutzt das Boxen, um sich ihre Unabhängigkeit zu sichern und negative Energien loszuwerden. Ich schwöre dir, nach einer Stunde Boxen kannst du keiner Fliege mehr was zu Leide tun. Ist das Happy End in „La Yuma“ eine Ausnahme oder schaffen es Mädchen wirklich, so aus ihrem Viertel raus zu kommen? Um rauszukommen brauchst du viel Kraft und einen starken Willen. Es ist nicht leicht, und die Mehrheit geht nach Costa Rica oder in die USA, um dort ohne Papiere zu arbeiten. Und das nicht, weil sie Lust haben, sondern weil sie müssen. l Die gebürtige Französin Florence Jaugey gewann 1998 mit ihrem selbst gedrehten Kurzfilm „Cinema Alcázar“ den Silbernen Bären des Filmfestivals Berlinale. Sie lebt in Nicaragua. an.sprüche Zuhause ist’s am schönsten Laut einer neuen österreichischen Studie will mehr als die Hälfte aller Mädchen später gerne Hausfrau werden. Für Ina Freudenschuß und Teresa Wintersteller sind nicht diese Ergebnisse, sondern deren Ursachen der eigentliche Skandal. Illustration: Bianca Tschaikner Die neue Jugendmonitor-Studie zeigt es schwarz auf weiß: Österreichs weiblicher Nachwuchs sieht seine Zukunft bei Heim und Herd. Besser hätten es die ÖVP-StrategInnen nicht lancieren können, um ihr Dogma von der „Wahlfreiheit“ für Mütter zu untermauern. Gleich hieß es bei der Pressekonferenz von Familienminister Mitterlehner dann auch, man „müsse Rollenbilder akzeptieren“, die Politik dürfe nichts vorschreiben. Doch lässt sich aus dieser Studie tatsächlich eine einheitliche Aussage über die Familienvorstellungen von Jugendlichen treffen? Immerhin 55 Prozent der befragten Mädchen befürworten die Aussage, Hausfrau sein zu wollen, wenn der/die PartnerIn so viel verdient, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Das liest sich in der Tat wie ein Schlag in die Magengrube von Feministinnen und Frauenpolitikerinnen. In der Studie lassen sich aber auch noch andere Meinungen finden: Dieselbe Ansicht („Hausmann sein“) teilen nämlich auch 34 Prozent der Buben. Auch die großteils zustimmende Reaktion auf die Aussage „Die Männer sind genauso für die Kindererziehung verantwortlich wie die Frauen“, liest sich nicht wie die Bestätigung reaktionärer Geschlechterstereotypen. Es mag angesichts der aktuellen Lebensverhältnisse schockieren, dass das Hausfrauendasein noch immer eine Option für Mädchen ist. Andererseits drückt dieser Wunsch aber nur auf stereotype Weise aus, was der Herzenswunsch ganz vieler ÖsterreicherInnen ist: nicht sinnentleert arbeiten zu müssen und dabei wohlhabend zu sein. Es ist wirklich nicht schwer, aus Studien jene Aspekte herauszuholen, die für die eigene politische Agenda von Nutzen sind. Die Skandalisierung solcher Studien-Ergebnisse hilft aber am wenigsten jenen Frauen, die gern „die Wahl“ auf ein unabhängiges Leben hätten. Mit der Verwirklichung von tatsächlicher Wahlfreiheit für Frauen wäre deshalb schon einmal ein großer Brocken geschafft. Träumende Mädchen vorzuschieben, weil die eigene Umsetzungskraft fehlt, ist im Jahr 2011 hingegen der eigentliche Skandal. Ina Freudenschuß ist Ressortleiterin von diestandard.at Die mediale und politische Debatte über die Ergebnisse des Jugendmonitors 2011 suggeriert einen objektiven Trend zur Re-Traditionalisierung der Lebensentwürfe Jugendlicher und junger Erwachsener. Das negiert jedoch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die von unsicheren Arbeitsverhältnissen, der Vermittlung traditioneller Rollenbilder als gesellschaftliche Norm sowie einem allgegenwärtigen krisenfokussierten Zukunftsdiskurs geprägt sind. Welche biografischen Optionen Jugendliche für sich sehen, ist beeinflusst von Chancen und Möglichkeiten, die ihnen im Hier und Jetzt angeboten werden, und diese sind für weibliche und männliche Jugendliche in unserer Gesellschaft nach wie vor unterschiedlich. Betrachtet man z.B. den Arbeitsmarkt, zeigt sich, dass Frauen eine positive Selbstpositionierung in der Gesellschaft durch Erwerbsarbeit vielfach verwehrt wird, sind es doch meistens Männer, die Entscheidungs- und Karrierepositionen bekleiden. Als Alternative zu einem unterbezahlten Job erscheint v.a. Frauen aus formal niedrigeren Bildungsmilieus die Organisation des Familienhaushalts oftmals als die sinnvollere Option – nicht zuletzt deshalb, weil es nach wie vor an gesellschaftlicher Akzeptanz sowie an angemessenen Angeboten institutionalisierter Kleinkinderbetreuung mangelt. Was darüber hinaus jedoch nicht vergessen werden sollte ist, dass viele Frauen, auch wenn sie sich bei der Geburt eines Kindes dazu entschieden haben, die ersten Jahre zu Hause zu bleiben, über kurz oder lang wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen werden. Wenn es die finanzielle Situation erfordert, werden sie in ein prekäres Arbeitsverhältnis eintreten, um die Familie abzusichern. Am Beispiel des Jugendmonitors zeigt sich jedenfalls wieder einmal deutlich, wohin eine ideologische oder auch nur eine verkürze Interpretation von sozialwissenschaftlichen Daten führt: nämlich zu einer Verschleierung von Realitäten statt dem Aufzeigen von Problemzusammenhängen, die einer politischen Lösung zugeführt werden könnten. Teresa Wintersteller studiert Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien und ist seit 2008 am Institut für Jugendkulturforschung als Forschungsassistentin tätig. www.jugendkultur.at Juli August 2011 an.schläge l 23 zeitausgleich deutschland Anhörung intersexueller Menschen Text: Irmi Wutscher, Illustration: Nadine Kappacher Die Situation und die Herausforderungen von intersexuellen Menschen in Deutschland differenziert herauszuarbeiten, das hat sich der Deutsche Ethikrat im Auftrag der deutschen Bundesregierung zum Ziel gesetzt. Um zu einer Stellungnahme zu gelangen, geht der Ethikrat in mehreren Schritten vor: Im Anschluss an die bereits vor einem Jahr stattgefundene Veranstaltung „Intersexualität – Leben zwischen den Geschlechtern“ konnten intersexuelle Menschen bis Mitte Juni an einer Befragung teilnehmen. Anfang Juni gab es außerdem eine öffentliche Anhörung von Intersexuellen und Expert_innen, nun soll online weiterdiskutiert werden. Die Mitschnitte der bisherigen Veranstaltungen sind auch im Netz verfügbar. Zentrales Thema sind nicht nur Fragen um das Personenstandsrecht, sondern auch die sogenannten geschlechtszuweisenden Operationen: Nach wie vor ist nicht geklärt, ob, wann und warum sie stattfinden sollen. Insbesondere Organisationen, die sich für intersexuelle Menschen einsetzen, sprechen sich gegen frühzeitige Operationen aus. Intersexuelle, die – ohne selbst Zustimmung geben zu können – in den ersten Lebensjahren operativ einem Geschlecht zugewiesen wurden, leiden oft unter schweren physischen und psychischen Folgen. be arbeitsfragen in allen lebenslagen Beige Als ich vor ein paar Jahren kurz in der sogenannten „Privatwirtschaft“ arbeitete, trugen alle KollegInnen beige Hosenanzüge. Wer sich als weiblich erkannt wissen wollte, hatte zusätzlich Perlenstecker in den Ohren. Unisex für Fortgeschrittene gewissermaßen. Als was ich durchging, bin ich mir nicht so sicher, da ich weder mit beigen Klamotten noch mit Perlen aufwarten konnte. Meine Andersartigkeit wurde nie explizit kommentiert, aber durchaus sanktioniert (siehe „zeitausgleich“-Kapitel „Weihnachtsfeier“, an.schläge 12/2010). Ganz anders läuft es da in der Banken- und Versicherungsbranche. Um jeden möglichen Fauxpas schon im Vorfeld zu verhindern, wird an neue MitarbeiterInnen/PraktikantInnen eine Kleiderordnung ausgegeben. Für Frauen gilt da die Vorschrift „nicht zu aufreizend“ und mit „dezentem Tages-Make-up“ zu erscheinen. Seitenanmerkung zum TagesMake-up: Eine meiner Jeans-T-Shirt-Turnschuh-Freundinnen, eine sehr schlaue Biolandbau-Forscherin, geht zu Besprechungen außerhalb ihres Büros nur geschminkt und mit Blazer. Um Respekt zu bekommen und nicht als Praktikantin abgetan zu werden. Für Männer gibt es übrigens auch Vorschriften, die sind viel konkreter: Anzug plus Krawatte ist selbstverständlich Pflicht. Verboten sind „blaue Socken zu schwarzen Hosen“ sowie „kurze Hosen“. Im Journalismus wiederum, wo ich mittlerweile hauptberuflich gelandet bin, herrscht kreative Freiheit, was die Kleidung betrifft. Zwar haben RedakteurInnen das obligatorische Sakko am Arbeitsplatz hängen, das sie schnell überwerfen können, wenn ein Termin mit PolitikerInnen o.Ä. ansteht. Ansonsten hat man stilmäßig aber wenig zu verlieren. Das mag zwar in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise blasphemisch klingen, aber für mich ist das fast Grundbedingung für Arbeitsplatzzufriedenheit. Weil ich mag aussehensmäßig nix müssen: Weder Make-up-Stöckelschuh-Zwang noch T-Shirt-Turnschuh-Lockerheit. Und schon gar nicht beiger Einheitsbrei. Irmi Wutscher trägt derzeit gerne ein modisches Sommerensemble in türkis, grün und pink. Nadine Kappacher verzichtet meist auf Beige und schaut sich hier um: http://whatiworedrawings.blogspot.com/ 24 l an.schläge Juli August 2011 http://diskurs.ethikrat.org, www.ethikrat.org, http://blog.zwischengeschlecht.info jobausschreibungen Gehaltlos Seit 1. März sind Unternehmen in Österreich gesetzlich verpflichtet, in Stellenausschreibungen das vorgesehene Gehalt anzugeben. Diese Vorschrift, die in der jüngsten Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes festgeschrieben wurde, wird von den meisten Firmen jedoch ignoriert. Kritik kommt nun u.a. von der Arbeiterkammer, den Grünen und dem ÖGB, die die Ignoranz der ArbeitgeberInnen v.a. auf die noch fehlenden Sanktionen zurückführen. Denn erst ab 2012 müssen Unternehmen nach einer erstmaligen Verwarnung mit einer Geldstrafe von bis zu 369 Euro rechnen. „Wie bei anderen Gesetzen muss auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz Sanktionen nach sich ziehen. Auf die Freiwilligkeit der Unternehmen zu setzen, ist realitätsfern und produziert bestenfalls mediale Seifenblasen“, so Judith Schwentner, Frauensprecherin der Grünen. Auch ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Brigitte Ruprecht ist ob der derzeitigen Entwicklungen der Ansicht, dass freiwillige Maßnahmen nicht ausreichen. Sie betont dabei die Vorteile der Einkommenstransparenz für die Firmen: „Unternehmen, die bereit sind, ihre MitarbeiterInnen besser zu entlohnen, werden die besser qualifizierten BewerberInnen ansprechen.“ Auch von Seiten der AK-ExpertInnen hagelt es Kritik wegen der fehlenden Strafen. Sie wären entscheidend, „damit sich Unternehmen an wichtige gesellschaftliche Anliegen wie die Einkommenstransparenz oder mehr Frauen in Aufsichtsräten halten“. pix www.arbeiterkammer.at, www.oegb.at/frauen, www.gruene.at/frauen queerkonferenz Vorträge online nachhören und -sehen „Was passiert, wenn wir ‚Queer‘ hierher oder nach Südosteuropa importieren?“, fragte Sushila Mesquita, Mitorganisatorin von „Import – Export – Transport: Queer Theory, Queer Critique and Activism in Motion 2011“. Die zweieinhalb Tage dauernde Konferenz lockte Studierende und WissenschaftlerInnen aus ganz Europa und den USA an die Uni Wien. an.riss arbeit wissenschaft Auch der anglo-amerikanisch verankerte Begriff „Queer“ ist weit gereist, seit er in den 1990er Jahren erstmals auftauchte, so das Programm zur Veranstaltung. Doch passt die Vokabel wirklich für jeden regionalen, politischen, aktivistischen oder populär-kulturellen Kontext? Bei der Konferenz wurden Übersetzungen und Definitionen des Begriffs sowie die Verortung der „Queer Studies“ in der Wissenschaft angeregt debattiert – ohne Anspruch auf eindeutige Klärung. Einblick in die Vorträge geben nun auch Video-Streams und Audio-Files auf der Website des Referats für Gender Forschung. Join the discourse! kaiv www.univie.ac.at/gender/index.php?id=359#c2057 studie Umverteilung jetzt! Eine aktuelle Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) belegt, dass die Einkommensschere in den 34 OECD-Ländern immer mehr wächst. Zu diesen Ländern zählen hauptsächlich europäische Staaten sowie Australien, Kanada, Chile, Israel, Japan, Korea, Mexiko, Neuseeland, die Türkei und die USA. Die Einkommen der ohnehin schon reichsten Haushalte wachsen schneller als die der ärmsten. Durchschnittlich verdienen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung in den OECD-Ländern neunmal so viel wie die ärmsten zehn Prozent, und die Kluft ist in den letzten Jahren insgesamt immer größer geworden. Die OECD sieht die Hauptgründe dafür in Veränderungen der Erwerbstätigkeit, der Familienstrukturen sowie der Steuer- und Sozialstaatssysteme. Zur wachsenden Ungleichheit trägt weiters bei, dass reiche Menschen eher mit reichen eine Bindung eingehen. Ansätze zur Umverteilung wären laut OECD eine Reform der Steuergesetze und der Sozialhilfeleistungen. Außerdem muss der Zugang zu Arbeit für sozial benachteiligte Gruppen verbessert werden. bicou www.oecd.org/dataoecd/32/20/47723414.pdf essstörung Gesund macht krank: Orthorexie jill abramson Erste Chefredakteurin nach 160 Jahren Essen kann zum Problem werden, beispielsweise bei Bulimie und Magersucht – das ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass auch gesundes Essen krank machen kann. Orthorexia nervosa, eine 1997 vom US-amerikanischen Arzt Steven Bratman erstmals beschriebene Essstörung, bezeichnet ein Essverhalten, das Wert auf Qualität legt und sich Gesundheit zum Ziel setzt, jedoch zu einer unverhältnismäßigen Beschäftigung mit Lebensmitteln führt. Was mit Bio anfängt und zunächst als Lifestyle verkannt wird, hört nicht selten bei Zwanghaftigkeit auf. Nicht allein die Organisation der täglichen Ernährung erfordert für die Betroffenen einen erheblichen Zeit- und Planungsaufwand, auch Essenseinladungen, Restaurantbesuche oder Urlaube werden zugunsten eines exakt kontrollierbaren Speiseplans zunehmend vermieden. Wird gegen die selbst auferlegten Ernährungsregeln verstoßen, erleben Orthorektiker_innen starke Schuld- und/oder Schamgefühle. Zu ernsten physischen Schäden kommt es laut Ernährungswissenschaftler_innen nicht, jedoch kann der zwanghafte und sozial beeinträchtigende Charakter der Essstörung Ausmaße bis hin zur (Selbst-)Isolation annehmen. red Jill Abramson, 57, ist die erste Chefredakteurin in der 160-jährigen Geschichte der „New York Times“ (NYT). Die Harvard-Absolventin und Mutter von zwei Kindern wird den Posten an der Spitze der NYT am 6. September antreten. Abramson hatte bereits als Studentin bei der NYT gejobbt, arbeitete nach ihrem Studienabschluss (mit „summa cum laude“) für juristische Magazine sowie als Enthüllungsreporterin beim „Wall Street Journal“. 1997 wechselte sie zur NYT, wo sie schnell WashingtonRedakteurin und stellvertretende Chefredakteurin wurde. Den Posten der Chefredakteurin übernimmt sie in schwierigen Zeiten. Mit 41 Prozent büßte die NYT im ersten Halbjahr 2011 stark an Gewinnen ein. Abramson, die vor einem halben Jahr die Leitung der Online-Ausgabe übernommen und dort die „Paywall“ initiiert hatte (UserInnen können monatlich 20 Artikel gratis lesen, für weitere müssen sie zahlen), scheint vielen geeignet zu sein, um das Ruder für die NYT finanziell herumzureißen. Und auch wenn sie als „investigative Reporterin mit Leib und Seele“ gilt, geht für Abramson mit der Führung der 1.200 Print-JournalistInnen bei der NYT nun ein Traum in Erfüllung: Schon in ihrem Elternhaus sei die „Times“ behandelt worden wie eine Art Bibel. miak www.orthorexia.com http://feministing.com, www.nytimes.com Calls & Veranstaltungen „Rethinking Masculinity & Practices of Violence in Conflict Settings“. Special Issue of International Feminist Journal of Politics Paper bis 15.8., [email protected], www.tandf.co.uk/journals/titles/14616742.asp „Gender, Sexuality, Information: A Reader“, Manuskript bis 1.9., http://is.gseis.ucla.edu/events/fliers/gender_reader.pdf Interdisziplinäre Summer School für NachwuchswissenschaftlerInnen: „Aktueller Stand der Forschung zu geschlechtsbezogener Gewalt“ 4.–5.7., Wien, www.wave-network.org/start.asp?ID=23495&b=151 Tagung: „Transformationen der Lebensweise – Wissen um Alternativen zum neoliberalen Kapitalismus“, 8.–9.7., Wien http://alternativentagung.wordpress.com 5th Annual Brighton and Sussex Sexualities Network Conference: „Hard Science? Sex, Science and Technology“ 15.9., Brighton, Anmeldung bis 31.7., www.it.bton.ac.uk/bssn/conf2011 Juli August 2011 an.schläge l 25 forum wissenschaft Global entsichert? Prekarisierung der Arbeit im globalen Norden, Informalisierung in den Ländern des Südens bzw. Ostens: über die Verbindungen zweier bislang getrennt geführter Diskursstränge. Von Vina Yun In den letzten zehn Jahren hat sich in den Industriestaaten des Nordens ein Diskurs entwickelt, der unter dem Schlagwort der „Prekarisierung“ die zunehmend von sozialer Unsicherheit geprägten Arbeits- und Lebensverhältnisse skandalisiert und zum Ausgangspunkt für politische Kämpfe macht. Um einiges älter als der Begriff der „Prekarisierung“ ist jener der „Informalisierung“, wie er im Kontext der Entwicklungstheorie verwendet wird. Seit seiner Einführung vor 40 Jahren ist das Phänomen der „informellen Wirtschaft“ und seine Bedeutung bei der ökonomischen Entwicklung Gegenstand kontroverser Diskussionen. Einigkeit besteht nur darin, dass informelle Arbeit keine temporäre Erscheinung ist, sondern sich rapide ausdehnt – und zwar nicht nur im globalen Süden bzw. Osten, sondern auch im Norden. Bereits jetzt arbeitet mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Weltbevölkerung unter informellen Bedingungen, der Großteil der neu geschaffenen Arbeitsplätze in den Ländern des Südens ist im informellen Bereich angesiedelt. Rentable Informalisierung. Als „informell“ wird eine Vielzahl teils sehr unterschiedlicher Beschäftigungsformen und Erwerbstätiger bezeichnet, bis heute existiert keine einheitliche Definition. Ursprünglich wurde der Begriff des „informellen Sektors“ Anfang der 1970er Jahre von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Zusammenhang mit Studien zu Kenia und Ghana eingeführt, um Beschäftigungs- und Arbeitsformen zu benennen, die mit den herkömmlichen Kategorien der geregelten, in den offiziellen Statistiken aufscheinenden Erwerbsarbeit nicht oder nur ungenügend zu erfassen waren. Als Ursache der Informalität sah die ILO zunächst die wirtschaftliche „Rückständigkeit“ der sogenannten Dritten Welt, 26 l an.schläge Juli August 2011 Stencil von Lapiztola in Oaxaca, Mexiko, Foto: Jens Kastner das starke Bevölkerungswachstum und die rasche Urbanisierung. Entsprechend verfolgte sie die Annahme, dass mit vermehrter „Entwicklung“ die Defizite der informellen Wirtschaft reduziert, eine Umwandlung in anerkannte, geschützte, legale und somit formelle Aktivität gefördert und angemessene Beschäftigung gesichert werden würden. Erfahrungen aus Afrika, Asien und Lateinamerika seit den 1980ern belegen indes deutlich, dass Handelsliberalisierungen und sinkende staatliche Investitionen in öffentliche Leistungen entlang von Freihandelsabkommen und Strukturanpassungsprogrammen als Katalysatoren für die Informalisierung von Beschäftigungsverhältnissen wirken. Generelle Kennzeichen informeller Arbeit sind ein geringes und/oder unregelmäßiges Einkommen („no work, no pay“), fehlende Arbeitsverträge bzw. verbindliche Lohnvereinbarungen sowie exzessive und/oder unreguläre Arbeitszeiten. Informell Beschäftigte sind gänzlich oder teilweise ausgeschlossen von Leistungen wie Kranken-, Unfallund Pensionsversicherung sowie von Mutterschutz, Kündigungsschutz u.Ä. Die ILO bezeichnet solche Erwerbstätigen und Unternehmen als informell, die unter den bestehenden rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen weder anerkannt noch geschützt sind und daher einen hohen Grad an „Verletzlichkeit“ aufweisen. Sieht man von der Landwirtschaft ab, stellen die größten Bereiche informeller Beschäftigung im globalen Süden der Straßenhandel und Arbeit im öffentlichen Raum (z.B. Markthändler_innen, Müllsammler_innen, Schuhputzer_innen, Bauarbeiter_innen), bezahlte Haushalts- und Pflegearbeit, Heimarbeit für die Bekleidungs-, Spielzeugund Elektronikindustrie sowie Arbeit in der Sexindustrie dar. Verflochtene Verhältnisse. Insbesondere feministische Kritiker_innen haben darauf aufmerksam gemacht, dass formelle und informelle Wirtschaft nicht in Opposition, sondern vielmehr als Kontinuum zu begreifen sind: Nicht selten existiert informelle Arbeit etwa dort, wo die formelle Erwerbstätigkeit keine existenzsichernde Grundlage schafft und daher zusätzliche Einkommensmöglichkeiten gesucht werden. Die Beschäftigungsformen können sich auch vermischen. So hat das „Committee for Asian Women“ festgestellt, dass „immer häufiger ArbeiterInnen im sogenannten informellen Beschäftigungs- forum wissenschaft verhältnis Seite an Seite am selben Ort mit ArbeiterInnen tätig sind, die formell eingestellt worden sind.“ Informalisierte Arbeit von Frauen und Migrant_innen ist eng mit (männlicher) Arbeit im formellen Sektor verflochten, z.B. wenn Migrant_innen in kleinen Imbisslokalen billig jene Mahlzeiten herstellen, von denen sich die vergleichsweise gut bezahlten weißen Angestellten ernähren. Nicht zuletzt macht die gezielte Auslagerung ehemals formeller Beschäftigungsformen (im Norden) in den informellen Bereich (im Süden/Osten) durch das sogenannte Subcontracting, wie es von den transnationalen Konzernen seit den 1990ern insbesondere in der Bekleidungs- und Elektronikindustrie forciert wurde, deutlich, dass die Profite in der formellen Wirtschaft auf den Leistungen informeller Arbeit – in den meisten Fällen Frauenarbeit – basieren. teilung, die Frauen weitgehend aus dem Erwerbsarbeitsmarkt ausschloss, sowie auf dem umfassenden Ressourcentransfer aus den Ländern des Südens. Ähnlich wie „prekäre“ und „atypische“ Arbeit im globalen Norden aus einer gegenderten Perspektive nur bedingt als genuin neue Entwicklung verstanden wird – da für Frauen die Nicht-Standardbeschäftigung schon seit längerem Realität ist –, stellt auch die informelle, ungeschützte Arbeit im Süden nicht die Ausnahme, sondern die gesellschaftliche Normalität dar. Die Debatte über das neue „Prekariat“ in den Ländern des Nordens erlebte genau dann einen Aufschwung, als sich auch weiße, männliche Erwerbstätige zunehmend mit flexibilisierten und deregulierten Arbeitsverhältnissen konfrontiert sahen. Dabei erscheint die Erosion der traditionellen „Ernährermännlichkeit“ als Begleiterscheinung einer „Dynamik globaler „Prekarisierung“ und „Informalisierung“ werden in der Regel getrennt voneinander diskutiert. Versuche, die zwei Diskursstränge miteinander zu verbinden, kommen vorwiegend von feministischen Stimmen. Prekäre Welten. Obwohl beide Begriffe auf scheinbar ähnliche Phänomene rekurrieren, fällt auf, dass „Prekarisierung“ und „Informalisierung“ in der Regel getrennt voneinander diskutiert werden. Versuche, die zwei Diskursstränge miteinander zu verbinden, kommen vorwiegend von feministischen Stimmen. So sieht etwa die deutsche Soziologin Christa Wichterich im sogenannten Normalarbeitsverhältnis, das sowohl in der Prekarisierungs- als auch in der Informalisierungsdebatte als normativer Bezugspunkt wirkt (als „typisches“, „nicht-prekäres“, „formelles“ Arbeitsarrangement), sowohl einen „Klassen-“ und „Geschlechter-“ als auch einen „Entwicklungskompromiss“: Die bisherige „Vollbeschäftigung des weißen Ernährers“, der Wohlstand und die Wohlfahrtsstaatlichkeit in den Ländern des Nordens beruhten demnach nicht bloß auf einer durch gewerkschaftliche Kämpfe erreichten sozialen Übereinkunft, sondern zugleich auf einer geschlechtsspezifischen Arbeits- Transformationsprozesse, welche dafür sorgt, dass strukturelle Ähnlichkeiten sichtbar werden: zwischen den EinPersonen-Unternehmen des informellen Sektors in den Ländern der Südhalbkugel, den Kofferhändlerinnen in den Transformationsländern Mittel- und Osteuropas, den abhängig Beschäftigten in den sweat shops der global vernetzten Hersteller von Konsumgütern und der Entwicklung von prekären Beschäftigungsverhältnissen und neuen Formen von (schein-)selbständiger Arbeit in den westlichen Industrieländern“, analysiert die Politologin Birgit Mahnkopf. Globalisierung der Kämpfe. Wenn die Informalisierung der Arbeitsbeziehungen im Süden und die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse im Norden „graduell abgestufte Ausdrucksformen der Globalisierung von Unsicherheit“ darstellen, wie Mahnkopf postuliert, sollte auch den transnationalen Bündnissen zwischen (Selbst-) Organisationen informell Beschäftigter, Gewerkschaften und NGOs größere Aufmerksamkeit zuteil werden. Lange Zeit interessierten sich die traditionellen Gewerkschaften im globalen Norden nur wenig für die Anliegen informell bzw. prekär Beschäftigter, und im Gegensatz zu vielen Gewerkschaften in den Ländern des Süden und Ostens besitzen sie zudem weder Erfahrung in der Organisierung informell Beschäftigter noch in der Bündnisarbeit mit deren Selbstorganisationen. In Widerspruch stehen auch die männliche Dominanz innerhalb der klassischen Gewerkschaften und die überproportionale Präsenz von Frauen in der informellen Wirtschaft. Es ist bezeichnend, dass die älteste Selbstorganisation informell Beschäftigter von Arbeiterinnen aus der Textilindustrie ausging: Die „Self-Employed Women’s Association“ (SEWA) wurde Anfang der 1970er in Indien gegründet und organisiert heute rund eine Million Frauen. Inspiriert von SEWA wurden in den 1990ern bzw. 2000ern mehrere internationale Allianzen gegründet: HomeNet (mittlerweile ruhend), StreetNet und WIEGO (Women in Informal Employment Globalizing and Organizing). Neben der Sammlung von Datenmaterial zur Situation von Arbeiter_innen in der informellen Wirtschaft erreichten diese Lobby-Plattformen, dass die ILO 1996 die Konvention zur Heimarbeit annahm, die die Gleichbehandlung von Heimarbeiter_innen mit anderen Arbeitnehmer_innen zum Ziel hat – u.a. sind hier das Recht auf Organisierung, der Schutz gegen Diskriminierung, Arbeitsschutz, soziale Absicherung, Zugang zu Ausbildung und Mutterschutz festgelegt. Wie gering die Anerkennung (weiblicher) informell Beschäftigter als Arbeitnehmer_innen und ihres ökonomischen Beitrags auf nationalstaatlicher Ebene ist, zeigt sich indes an der Tatsache, dass die Konvention bislang von nur sieben (von 183) Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde. l Eine längere Version dieses Textes erschien in MALMOE 54/2011 www.malmoe.org/artikel/ regieren/2228 Literaturhinweis: Frauensolidarität (Hg. in): FAQ: Arbeitsrecht für Frauen in der informellen Wirtschaft, Broschüre, Wien 2008. In Kürze erscheint eine Folgepublikation zum Thema „(Selbst-)Organisierung in der informellen Wirtschaft“. Infos und Bestellungen: www.frauensolidaritaet.org Juli August 2011 an.schläge l 27 partisaninnen Ebenbürtige Kämpferinnen Katja Sturm-Schnabl ist vor wenigen Wochen zur ersten Obfrau des Verbands der Kärntner Partisanen1 gewählt worden. 1942 wurde die damals Sechsjährige als Kärntner Slowenin gemeinsam mit ihrer Familie deportiert2 und überlebte mehrere nationalsozialistische KZ. Im Interview mit Judith Goetz spricht die Professorin für Slawistik über die Rolle von Frauen bei den PartisanInnen und ihre Pläne im PartisanInnenverband. Veranstaltung im „Haček“ in Klagenfurt/Celovec im September 2008 mit Katja Sturm-Schnabl (r.) und Judith Goetz im Rahmen der antifaschistischen Aktionstage gegen das Ulrichsbergtreffen. Foto: AK gegen den Kärntner Konsens 1 Vom Verband wird sowohl dem Befreiungskampf gedacht, werden antifaschistische Grabstätten gepflegt als auch ehemalige PartisanInnen betreut. Seit 1984 werden auch jüngere Mitglieder aufgenommen, weshalb der Verbandsname durch den Zusatz „und Freunde des antifaschistischen Widerstands“ ergänzt wurde. 2 Am 14. April 1942 kam es zur Deportation von 1.075 Kärntner SlowenInnen bzw. 221 Familien, angeblich wegen „hochverräterischer und kommunistischer Einstellung“, in Wirklichkeit jedoch zur „Bereinigung des Slowenenproblems in Kärnten“. Sie wurden zu „Reichs- und StaatsfeindInnen“ erklärt, enteignet und ihre Besitzungen an KanaltalerInnen, die für das „Deutsche Reich“ optiert hatten, vergeben. 3 Die Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen ist die Organisation der ehemaligen Häftlinge des FrauenKZ Ravensbrück. Seit 1996 werden auch jüngere Mitglieder aufgenommen. www.ravensbrueck.at 28 l an.schläge Juli August 2011 an.schläge: Du bist die erste Frau an der Spitze des Verbands Kärntner Partisanen. Welche Rollen kamen den Frauen bei den PartisanInnen im Zweiten Weltkrieg zu? Katja Sturm-Schnabl: Die Frauen bei den PartisanInnen waren gleichberechtigte und ebenbürtige Kämpferinnen. Sie trugen die gleichen Lasten und hatten die gleichen Verpflichtungen. Doch ihr Frausein hat ihre Lebenssituation wesentlich erschwert. In den Wäldern, gejagt, ohne Hygiene (man denke nur an die Menstruation) mussten sie ihre Kinder, oft Babys, in Pflege geben. Bei Gewaltmärschen, der Kälte des Winters etc. ist der weibliche Körper anfälliger, um nur einige Bereiche anzudeuten. Welche Schwierigkeiten könnten sich für dich in der Tätigkeit in einem von Männern dominierten Verband ergeben? Ich sehe keine Schwierigkeiten, da ich ja eine ziemliche Lebenserfahrung habe und selbst Naziopfer war. Ich war dreieinhalb Jahre im Lager, wo auch für mich, obwohl ich ein Kind war, der Kampf der PartisanInnen neben dem der Alliierten die Hoffnung auf die Heimkehr bedeutete. Überdies waren die PartisanInnen ja auch noch „unsere“ eigenen KämpferInnen und ich konnte mich mit ihnen identifizieren. Nicht wenige Frauen wurden im Nationalsozialismus wegen Partisa- nInnenunterstützung als „Flintenweiber“ oder „Banditenhuren“ gesellschaftlich degradiert und kamen in Haft oder wurden auf andere Weise politisch verfolgt. Widerständische Handlungen können folglich nicht auf den bewaffneten Kampf reduziert werden, und so kann aus heutiger Perspektive von vielen unterschiedlichen Formen des Widerstands gesprochen werden. Wird der Beitrag von Frauen heute deiner Meinung nach anerkannt oder gilt er immer noch als „weniger wichtig“? nahmen. Hier haben wir Nachholbedarf, denn mit diesen stillen Helden und Heldinnen, die nach dem Sieg zu wenig oder kaum beachtet wurden, können wir erst die Tragweite und die Dimension des Widerstandskampfes ausloten. Um Entschädigungszahlungen zu erhalten, mussten Beweise dafür geliefert werden, dass die betreffende Person PartisanInnen nicht nur unterstützt hatte, weil sich Verwandte oder FreundInnen in ihren Reihen befanden. Dadurch wurden vor allem „Frauen im Hinterland haben beim erfolgreichen Kampf eine tragende Rolle gespielt.“ (Katja Sturm-Schnabl) Die Frauen im Hinterland haben beim erfolgreichen Kampf eine tragende Rolle gespielt. Oft waren sie alleinerziehende Mütter, da ihre Männer, wenn sie nicht zu den PartisanInnen gehen konnten, zur Wehrmacht eingezogen worden waren. Sie organisierten Lebensmittel, pflegten unter Todesgefahr verletzte PartisanInnen. Ich kenne einen solchen drastischen, unglaublichen Fall in einem Nachbardorf. Eine Mutter von fünf Kindern hat dort PartisanInnen auf der Tenne versteckt und verköstigt. Dieser Frauen wird zu wenig gedacht, auch den jungen Mädchen und Buben, die oft als Kuriere gefährliche Missionen auf sich Frauen durch das Opferfürsorgegesetz ausgegrenzt, weil es viele Formen des Widerstands nicht anerkannte. Hat sich daran etwas geändert? Ich glaube, daran hat sich bis heute nichts geändert. Welche Aspekte spielen deiner Meinung nach bei Gedenken/Erinnerung und Geschlecht eine zentrale Rolle? Ich habe den Eindruck, dass außerhalb der Lagergemeinschaft Ravensbrück3 zu wenig hervorgehoben wird, dass Frauen sowohl in den Lagern als auch im Kampf, vor allem aber auch als mutige Helferinnen im Hinterland – wir wissen leben mit kindern von jenen Frauen, die wegen Unterstützung der PartisanInnen zum Tode verurteilt wurden – wesentlich zum erfolgreichen Sieg über den Nationalsozialismus beigetragen haben. Durch die enge Anbindung der kärntnerslowenischen Minderheit an den organisierten PartisanInnenwiderstand sowie die Etablierung eines verfälschenden, geschichtsrelativistischen Diskurses nach 1945 wurde nicht nur das Stereotyp der „heimatverräterischen“ Kärntner SlowenInnen, die während des Nationalsozialismus ohnehin nur für Slowenien gekämpft hätten, fortgesetzt, sondern auch Ursache und Wirkung in der Auseinandersetzung zwischen PartisanInnen und NationalsozialistInnen vertauscht. Das heißt, dass von den „heimattreuen“ Verbänden und Politikern in Kärnten/Koroška die vermeintlichen Gräuel der PartisanInnen zur Rechtfertigung oder Bagatellisierug des nationalsozialistischen Terrors angeführt werden und die zeitliche und kausale Abfolge der Ereignisse einfach umgedreht wird. Werden Angehörige der kärntnerslowenischen Minderheit deiner Meinung nach immer noch als „HeimatverräterInnen“ diffamiert? Der Kampf der PartisanInnen im Rahmen der OF (Osvobodilna Fronta – Befreiungsfont) und des NOB (Narodno osvobodilni boj – Volksbefreiungskampf) war eine vitale Notwendigkeit, um einen Genozid am slowenischen Volk zu vereiteln. Die Nationalsozialisten, die ja allen kulturellen Werten, die das judäochristliche Europa im Verlauf seiner Geschichte errungen hatte, den Kampf angesagt und die seine elementaren Kultur bildenden Gebote in den Kot getreten hatten (du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst Vater und Mutter ehren – sie raubten und mordeten, sie hielten Kinder dazu an, ihre Eltern zu denunzieren), wollten nicht alleine das jüdische Volk, sondern auch andere wie die slowenische Nation eliminieren. Der Kampf der slowenischen PartisanInnen und jeglicher Widerstand war also keine Angelegenheit zwischen Österreich und Slowenien, es war ein Kampf um das Überleben Europas und der europäischen Werte. Leider konnten sich die gut organisierten Nationalsozialisten hinter einem Antikommunismus verstecken, dem der Kalte Krieg noch Vorschub leistete. Hinter diesem Schutzschild versteckt konnten sie ihr Gift gegen die Slowenen weiter versprühen und vor allem in Kärnten die Atmosphäre von Schuldzuweisung schaffen, die bis heute noch spürbar ist. Überall in Europa spricht man vom „Sieg“ über den Nationalsozialismus, nur in diesen Kreisen spricht man vom Zusammenbruch. Was möchtest du in deiner neuen Funktion verwirklichen? Abgesehen von der Frauenfrage, die wir sicherlich mit Symposien wissenschaftlich bearbeiten müssen, ist es mir ein Anliegen, eine engere Zusammenarbeit mit PartisanInnen-Organisationen anderer Länder, zum Beispiel Frankreich, Belgien, Italien, zu etablieren und engere Beziehungen zu knüpfen. Unsere Erinnerungsarbeit sollte vor allem Aufklärungsarbeit sein, wir müssen alles tun, um junge Menschen zum Nachdenken zu bringen und ihnen zu zeigen, wie tödlich und menschenverachtend jeder Faschismus ist. Wissen und Aufklärung sind unablässig. Dazu müssen wir aber auch zusammen mit allen Organisationen, die sich dem Antifaschismus widmen, die Politik dazu bringen, dass die notwendige Aufklärung in den Schulen nicht nur von einzelnen engagierten Lehrern betrieben wird. Sie muss für alle Lehrenden verpflichtend werden. Dies sind nur einige Gedanken in einem unendlichen Feld von Möglichkeiten und Notwendigkeiten. Es genügt also nicht, Vorsitzende zu sein, sondern es gilt, im Teamwork ein Netzwerk zu erarbeiten, das über Kärnten/ Koroška hinausreicht. l Judith Goetz ist Literatur- und Politikwissenschafterin. heim spiel Sonja Eismann Anstrengende Eltern Kinder, kleine zumal, sind wahnsinnig süß. Allerdings auch ziemlich anstrengend. Wer etwas anderes behauptet, lügt entweder, oder hat eines der extrem raren Engelexemplare zu Hause. Noch anstrengender als Kinder sind allerdings die dazugehörigen Eltern. Sie sind engstirnig auf ihre eigenen Sprösslinge konzentriert (purzelt ein fremdes Kind neben ihrem eigenen auf den Boden, achten sie nur darauf, dass ihres nicht in Mitleidenschaft gezogen wird), nicht offen für eine imaginierte Kollektivität (ein an der Ampel abgeschicktes Lächeln von Kinderwagen zu Kinderwagen wird meist mit grimmigem Vorbeiblicken erwidert) und vor allem wahnsinnig verspießert (abseits von traditionellen Rollenmodellen – die Frau bleibt beim Kind, Rosa für die Mädchen, Blau für die Jungs – geht sehr wenig). Wie oft schon hing ich ermüdet und gelangweilt an einem der Spielorte, die man nur des Kindes wegen aufsucht, und hätte mir ein zumindest latentes Gefühl von Solidarität gewünscht. Stattdessen musste ich meist in innere Emigration gehen, weil ich mit keiner der anwesenden Mütter – Väter trifft man nur in ca. fünf Prozent der Fälle, und die sind natürlich auch nicht besser – irgendetwas Inhaltliches hätte teilen können. Oder liegt das nur an der privatistisch nach innen gerichteten Elternhaftigkeit, die uns alle befällt und unwissentlich gluckig macht, sobald wir mit unserer Brut unterwegs sind? Ich weiß es nicht. Allerdings weiß ich genau, dass ich mir mehr Orte wünschen würde, an denen die Kinder und die Eltern Spaß haben können. Nur weil man Eltern wird, möchte man sich ja nicht aus dem öffentlichen Erwachsenenleben zurückziehen. Warum also nicht Orte schaffen, die für Erwachsene und Kinder, Eltern und Nicht-Eltern spannend und entspannend sind? Denn sich qua seiner eigenen Reproduktion in der betreuungsfreien Zeit nur noch in Eltern-Ghettos zu bewegen, macht wirklich keinen Spaß. Cafés mit angrenzendem Kinderspielzimmer sind zwar nicht gerade eine revolutionäre Erfindung, allerdings kenne ich in Wien, im Gegensatz zu anderen Städten, kein einziges davon. Das wäre doch mal ein Anfang. Sonja Eismann lebt noch zwei Monate mit Partner und Tochter in Wien, und ist wohl selbst schuld daran, dass Hannah (fast zwei Jahre alt) süchtig nach Youtube-Videos mit lustigen Tieren ("Fant! Miau!" etc.) ist, weil sie dauernd vor dem Computer klebt. Juli August 2011 an.schläge l 29 lust I ❤ Vagina Margarete Grabner hat sich die Kultivierung weiblicher Erotik zur Aufgabe gemacht. Neben Sextoys-Homepartys bietet sie deshalb nun auch „Seminare der Sinne“ an. Lea Susemichel hat an einem teilgenommen. „I ❤ Vagina“ steht auf dem Flipchart. Auch sonst ist die Ausstattung des Seminarraums in der Gesundheitspraxis Lindengasse ein wenig ungewöhnlich. Zwischen Glitzerdeko werden auf einem Tisch Erdbeeren, Schokolade und Prosecco angeboten. Und auch das Thema des Seminars ist eher ungewohnt: Margarete Grabner infomiert über die „Die Lustgebiete der Frau.“ Christina Goestl, Clitonics Das Kunstprojekt Clitonics versteht sich als Beitrag zur Überwindung der Bild- und Sprachlosigkeit, die den Umgang mit dem Lustorgan Klitoris dominiert und funktionalisiert. Clitonics ist gendermodifizerten, transsexuellen und gendermodifizierenden Personen gewidmet. www.cccggg.net/clitonics/ www.clitoressa.net 30 l an.schläge Juli August 2011 Lustvolle Dinge. Dazu beizutragen, dass Frauen guten Sex und ordentliche Orgasmen haben, ist der „Sexpertin“ Grabner seit langem ein großes Anliegen. 1998 eröffnete sie mit „MarG“ den österreichweit ersten Erotikshop für Frauen in Wien. Dort gab es nicht nur zielgruppengerechtes Sexspielzeug, sondern auch Vorträge, Lesungen, Workshops oder (Play-)Partys. Inzwischen vertreibt MarG „lustvolle Dinge für die Frau“ nur noch per Online-Shop, und „da Frauen immer noch durchschnittlich etwa 30 Prozent weniger als Männer verdienen, ist ein vernünftiges Preis/Leistungsverhältnis“ ein wesentliches Kriterium beim Angebot ihrer Produkte. Einen Raum für die „(Wieder-)Kultivierung weiblicher Erotik“ zu schaffen, ist ihr weiterhin wichtig. Wer zu Dildo oder Duftpuder gerne nähere Gebrauchsinformationen hätte, kann sich Margarete Grabner deshalb auch für eine SextoysHomeparty nach Hause bestellen, bei der die Präsentation des Sortiments von einer ausführlichen Beratung begleitet ist. Oder sie als Liebescoach für Paaroder Einzeltermine buchen. Erst seit kurzem gibt es nun regelmäßig auch die „Seminare der Sinne“. In kleinen Gruppen und intimer Atmosphäre wird darin zum Beispiel über Masturbation oder weibliche Ejakulation gesprochen. Wo ist die Klitoris? Dass sich die weiblichen Lustgebiete, um die es diesmal gehen soll, nicht einfach alphabetisch kartografieren lassen, enthüllt die zweite Seite des Flipcharts. Sie enthält eine Auflistung: A-, C-, G-, U-, V- und X-Punkt. Allesamt hocherogene Stellen des weiblichen Körpers, glaubt man dem State of the Art der Sexualwissenschaft. Doch obwohl Grabner durchaus bereit ist, hilfreiche Tipps für die Suche nach etwa dem G-Punkt zu geben, hält sie solch punktgenaue Herangehensweise insgesamt für wenig sinnvoll. Denn „Frauen sind keine technischen Geräte, die auf Knopfdruck anspringen“. Trotzdem sollten Männer natürlich wissen, wo sich die Klitoris befindet – einer Umfrage in Deutschland zufolge tun das bislang nur sechs Prozent. Doch auch bei Mädchen und Frauen sieht Grabner, die für die AIDS Hilfe Wien auch Workshops für Jugendliche anbietet, deutliche Defizite. „Inzwischen diskutieren 13-jährige Mädchen zwar schon darüber, ob sie mit ihrem Freund Analverkehr haben sollen, über ihren eigenen Körper wissen sie aber immer noch erschreckend wenig.“ Was leider auch für viele erwachsene Frauen gelte, so sei beispielsweise das Thema Selbstbefriedigung nach wie vor stark tabuisiert. Das auf lust- und humorvolle Weise zu ändern, hat Grabner sich zur Aufgabe gemacht. Und es liegt nicht nur an Prosecco und Schokolade, dass ihr das in ihren Seminaren offensichtlich sehr gut gelingt. l Alle Infos zu den Seminaren gibt es auf www.marg.at fett & zucker „Ohne Fett und Zucker kommt kein Kuchen aus“ Am 1. Juli erhält Wien seinen ersten Kuchenladen nach Berliner Vorbild: Das „Fett+Zucker“ wird eröffnet. Sylvia Köchl bekam zwar keine Torte, dafür aber die Entstehungsgeschichte aus erster Hand erzählt. links: Der berüchtigte Cheesecake. Foto: IiF rechts: IiF vor ihrem Lokal. Die Rahmen sind pink gestrichen, drinnen wird gerade der Boden verlegt. Foto: SylK Erst muss sie noch rasch am Handy mit einem ihrer Handwerker ein Detail wegen des Fußbodens klären, aber dann widmet sich Eva Trimmel, genannt IiF, bei einem Kaffee am Wiener Karmelitermarkt ganz entspannt meinen Fragen. Es geht dabei immerhin um die in der ganzen Stadt schon heiß ersehnte Eröffnung ihres Lokals „Fett+Zucker“, die für den 1. Juli festgesetzt ist. „Fett+Zucker“ steht bereits jetzt für leckere Kuchenkreationen, die IiF seit etwa einem halben Jahr bei Special Events, wie aktuell beim Filmfestival „Identities“, anbietet. Und die mehr als 400 Fans auf ihrer Facebook-Seite können es nun kaum noch erwarten, endlich einen fixen Ort für die Schlemmereien zu bekommen. Brownies mit Erdnussbutter. Vor etwa drei Jahren hat die Vorstellung, einen eigenen Kuchenladen zu eröffnen, für IiF langsam Gestalt angenommen. Seit einigen Monaten werden nun Nägel mit Köpfen gemacht: IiF fand ein geeignetes Lokal im 2. Bezirk, stellte die Finanzierung und die notwendigen Bewilligungen auf und begann mit Umbau, Sanierung und Renovierung. Auch die Speisekarte hat sie schon im Kopf: Sie wird zunächst täglich fünf verschiedene Kuchen anbieten – Brownies mit Erdnussbutter, Banana Bread, veganer Apfelstreusel, Mohnkuchen mit Vanillecreme und Cheesecake –, vor allem in Letzterem „ist alles drin, was böse ist“, verrät IiF grinsend. Wer „Fett+Zucker“ googelt landet gleich in einem Forum mit der Frage: „Was ist schlimmer: Fett oder Zucker?“ Beides sei gleich schlimm, lacht IiF, und auch ihr Lokalname sei bewusst provokant gewählt, um diesen beiden wesentlichsten Kuchenzutaten ihr schlechtes Image zu nehmen. Beim „Untertitel“ des Lokals „Kuchen macht glücklich!“ sei ihr aber auch schon vorgeworfen worden, er entschärfe die Kritik an Essver- und geboten, die durch den Namen „Fett+Zucker“ ja implizit ausgesprochen wird. IiF ist es aber durchaus wichtig, dass ihre Kund_innen selbst einen verantwortungsvollen Umgang mit den Kalorienbomben pflegen, während sie sich diese positiv aneignen. Und ihre zukünftigen Kund_innen, die wie sie aus queer-feministischen Szenen kommen, werden außerdem, so ist sie überzeugt, gemeinsam mit ihr das „Fett+Zucker“ zu einem Ort machen, an dem Sexismus und Homophobie keinen Platz haben: „Dafür werden alle sorgen, die sich bei mir wohlfühlen wollen.“ Banana Bread & veganer Apfelstreusel. Für die D.I.Y.-Note, die das Lokal statt dem üblichen In-Styling erhalten soll, sorgen schon jetzt einige Freund_ innen, die beim Renovieren helfen. Und apropos D.I.Y.: IiF ist gelernte Architektin, nicht Bäckerin, und ist auch erst über Umwege zum Backen gekommen. „Ich koche schon lange sehr gern, habe aber das Backen vermieden, weil man sich dabei immer an bestimmte Mengen bei den Zutaten halten muss.“ In der Küche experimentiert sie nämlich lieber. Bei ihren vielen Berlinbesuchen ist ihr aber aufgefallen, dass es dort eine richtig feine Kuchenkultur mit unzähligen kleinen Kuchenläden gibt, die sie in Wien vermisste. So begann sie zunächst für sich und ihre Freund_innen zu backen, verwendete teilweise Rezepte ihrer Mutter, versuchte, Variationen herzustellen, die z.B. vegan oder laktosefrei sind, weil das immer mehr gewünscht ist. „Leicht ist das nicht, denn ohne Fett und Zucker kommt kein Kuchen aus.“ Und das Ziel sei immer ein guter Geschmack. Als Ladeninhaberin und Bäckerin ist IiF also komplette Quereinsteigerin und sie appelliert „an die p.t. Gäst_innen, am Anfang Nachsicht zu üben“. Aus finanziellen Gründen wird sie sich nämlich zunächst ganz allein in den Laden stellen. Manche der Kuchen können zwar am Vortag vorgebacken werden, andere aber wird sie während der Öffnungszeiten herstellen. Zudem will sie „als Abwechslung zu dem ganzen süßen Zeug“ auch Quiche anbieten. Für die Zeit, wenn der Laden dann mal läuft und Routine einkehrt, hat IiF schon Erweiterungspläne: ein veganer Mittagstisch, Frühstück am Wochenende oder auch kleine Events wie Buchpräsentationen oder Ausstellungen. Aus persönlichem Interesse habe ich dann noch eine letzte Frage, nämlich ob „Fett+Zucker“ ein Raucher_innen- oder ein Nichtraucher_innen-Lokal wird. „Es wird nicht geraucht, vor allem weil der Geruch von kaltem Rauch nicht mit Kuchengeruch harmoniert“, stellt IiF kategorisch fest. Aber sie hat bereits um die Genehmigung für einen Schanigarten auf der Gasse vor dem Lokal angesucht. Und damit wäre dann der Sommer auch für die mehrfach Süchtigen – nach Nikotin und nach Zucker – gerettet. l Fett+Zucker Hollandstraße 16 1020 Wien Mi bis So 11.00 bis 19.00 www.fettundzucker.at Juli August 2011 an.schläge l 31 an.riss kultur ausstellung Weltall – wessen Traum? performance Sehnsüchte im Zwischenraum Die weiblichen Positionen in der Kunst steckte das Festival Jacuzzi von WUK Theater und Tanz im letzten Jahr ab, heuer steht die Frage nach der Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen im Mittelpunkt. Ein Highlight wird dabei die Uraufführung von Anne McRaes „Loud Enough“ sein. Die langjährige Tänzerin von Meg Stuart lässt darin die PerformerInnen zu Fans ihres eigenen Publikums werden. Auch Fanni Futterknecht beschäftigt sich mit den Interaktionen zwischen Bühne und Zuschauerraum. In „I almost love you“ überstilisiert sie mit Masken bewaffnet emotionale Sehnsüchte – nicht zuletzt zwischen ZuschauerInnen und DarstellerInnen. Der Hof des WUK wird während des gesamten Festivals zum Public Living Room, in dem bei Kaffee, Kuchen und Popcorn über Performance und Öffentlichkeit verhandelt werden kann. Auch die neueste Produktion der israelischen Formation Public Movement wird dort zur Diskussion gestellt. han Jacuzzi – some days of performance, part & public. 6.–9.7., WUK, Währinger Str. 59, 1090 Wien, www.wuk.at filmgespräch Afghanische Frauenbewegung Der Film „Osama“ spielt im Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban Mitte der 1990er Jahre. Frauen dürfen unter dem neuen extremistischen Regime nicht mehr ohne Begleitung männlicher Verwandter auf die Straße. Tausenden Witwen und alleinstehenden Frauen wird somit die Möglichkeit geraubt, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Um für sich selbst, seine Mutter und Großmutter zu sorgen, bleibt für ein zwölfjähriges Mädchen nur der Ausweg, sich als Junge zu verkleiden. Es lebt unter dem Namen Osama in einer von Männern dominierten Welt, in ständiger Angst, enttarnt zu werden. Von den Taliban in die Koranschule gesteckt, fliegt Osama schließlich auf. Zur Bestrafung muss sie einen alten Mullah heiraten, ihr Leben scheint jetzt erst recht von Terror und Unterdrückung geprägt zu sein. Über dieses filmische Porträt jüngster afghanischer Geschichte kann nun im Rahmen eines Filmgesprächs diskutiert werden. Im Anschluss an die Filmvorführung ist die Publizistin und Germanistin Gauhar Besmil zu Gast, die sich aktiv in der afghanischen Frauenbewegung engagiert. bicou „Osama“ – Filmvorführung und Gespräch, Eintritt frei, 6.7., 19.00, Frauenkreise, Choriner Str. 10, 10119 Berlin, www.osama-derfilm.de 32 l an.schläge Juli August 2011 Mit der Frage „Welche Sehnsüchte, Erwartungen, Bedrohungen und Visionen haben die KünstlerInnen im Zusammenhang mit dem Weltall“ beschäftigt sich die Ausstellung „Weltraum. Die Kunst und ein Traum“. Bedauerlicherweise fehlt dabei die feministische Sichtweise – offenbar gibt es auch im symbolischen Ort Weltall keinen Platz für emanzipierte Frauen. Vielmehr spiegeln die Werke die auf unserem Planeten herrschende Geschlechterordnung wider, wie z.B. „Cosmonaut Nr.1“ von Vladimir Dubossarsky & Eva Alexander Vinogradov aus dem Jahr 2006 und „Genesis“ von Mariko Mori aus 1996: da eine Barbiepuppe im Kosmonautenoutfit, dort eine Fee mit Seifenblasen. Dabei gibt es nicht wenige, die von einer Cyborgisierung im Weltall träumen. Die berühmte amerikanische Naturwissenschaftlerin und Feministin Donna Haraway sieht in Cyborgs Emanzipation verheißende Hybride aus Mensch und Organismus ohne Geschlechterzuordnung. Obwohl sogar viele Hollywoodfilme sich dieser fiktiven Idee bedienten, lässt die Ausstellung in der Kunsthalle diese Sichtweise völlig außer Acht. In der Ausstellung mögen viele Träume präsent sein – aber nicht die Träume der Feministinnen. huetek Weltraum. Die Kunst und ein Traum. Bis 15.8., täglich 10–19.00, Do bis 21.00. Kunsthalle Wien, Halle 1, Museumsplatz 1, 1070 Wien (Teile der Ausstellung werden im Naturhistorischen Museum gezeigt). Kombiticket 15/8 Euro, www.kunsthallewien.at lesung 100 % Autorinnen Im Jahr des 100. Internationalen Frauentages ist das „Linke Wort“ auf dem 65. Volksstimmefest auf der Wiener Jesuitenwiese heuer erstmals eine reine Frauenlesung. Inhaltlich ist ein weites Spektrum geplant: von Texten zu Frauenrechten, Gender und Feminismus bis hin zu Texten über die Lust am Frausein. Auch formal ist alles möglich: Erzählungen, Lyrik oder auch Essays konnten eingereicht werden. Noch sind keine Autorinnen bekannt, in den letzten Jahren lasen etwa Andrea Maria Dusl, Marlene Streeruwitz oder Helga Pankratz. Ende des Jahres wird außerdem eine Anthologie mit den Beiträgen der diesjährigen Teilnehmerinnen erscheinen. han AutorINNENlesung 2011. Linkes Wort am 65. Volksstimmefest auf der Wiener Jesuitenwiese. 3.-4.9.,16-18.00, 7*Stern-Bühne, www.linkes-wort.at/autor10.html animation Rosa-blaue Malerei Müssen Spielzeugsoldaten immer blau sein? Und Kinder-Kochgeschirr immer rosa? Nein, sagt die herzige Animation von Kris Hofmann. Da drehen sich Pistolen und Märchenschlösser, Krönchen und Schoßtierchen, Bügeleisen und Lokomotiven – zuerst wechseln sie zwischen blau und rosa, schließlich zwischen allen erdenklichen Farben, weil das Leben ja schließlich bunt ist. Die Animation bewirbt die 115. Ausgabe des US-amerikanischen Magazins Granta, die den Namen „The F Word“ trägt. „From Ghana to Great Britain, New Delhi to New York, the balance of power remains tipped towards men“, heißt es auf der Homepage zum feministischen Heftschwerpunkt. „The F Word explores the ways in which feminism continues to inform, address and complicate that balance.“ han www.granta.com/, http://vimeo.com/24080101 bühne Männer-Theater „Die Rolle der Muse im Mythos war immer die der Inspiration“, sagt Anaïs Nin. Seit der griechischen Tragödie hat sich die Erde schon etliche Male um die Sonne gedreht, könnte man meinen. Doch selbst im heutigen Theaterbetrieb scheint kein Platz für die Frau als Macherin, das ergibt eine Erhebung von SPÖ-Kultursprecherin Sonja Ablinger. Ein Schelm, wer Harmloses dabei denkt, denn auch hier spucken Direktoren den Frauen auf die gläserne Decke. Die schlechtesten Haltungsnoten aller deutschsprachigen Bühnen kriegt das Wiener Burgtheater unter der Leitung von Matthias Hartmann: 0 Frauen als Regisseurinnen, 0 als Autorinnen bei je 7 Premieren in der vergangenen und aktuellen Saison im Haupthaus, 1 Autorin, 1 Regisseurin im Repertoire (13 Stücke). Dass es auch anders geht beweisen das Schauspielhaus Zürich (Leitung: Barbara Frey) mit 5 Regisseurinnen und 1 Autorin bei 13 Premieren in 2011/12 und das Schauspielhaus Köln (Leitung: Karin Beier) mit 3 Regisseurinnen und 2 Autorinnen. Österreichischer Lichtblick ist das Schauspielhaus Wien mit 7 Regisseurinnen, die 9 von 18 Stücken inszenieren. Dass auch Frauen Theater machen, davon haben das Wiener und das Münchner Volkstheater, das Berliner Maxim Gorki Theater sowie Graz und Klagenfurt schon gehört. Nochmals sagen sollte man es jedenfalls den Landestheatern Linz und Salzburg, Bregenz und St. Pölten. Und das Burgtheater braucht wohl erst eine schriftliche Einladung: Männer, rückt ein Stück, Theater ist nicht allein euer Bier! nad http://klub.spoe.at/ablinger-oesterreichische-theater-fest-in-maennerhand.html Theaterheute #3, März 2011, Mehr Frauen ins Theater Dies & Das 3+: DSCHUNGEL WIEN, Theaterhaus für junges Publikum, sucht Theatertexte für ein ganz junges Publikum ab drei Jahren. Zu gewinnen gibt es ein Preisgeld von 6.000 Euro sowie drei Uraufführungen an drei verschiedenen Theaterhäusern. Einsendeschluss ist der 13. Jänner 2012. www.dschungelwien.at/aktiv/nachwuchs/wettbewerb/ Am 30. Juni erhielt Terézia Mora den diesjährigen Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW für ihre Übersetzung von Péter Esterhazys Frühwerk „Ein Produktionsroman (Zwei Produktionsromane)“ aus dem Ungarischen. Wir gratulieren! Fuck Yeah Queer Shakespeare! Der Blog http://fuckyeahqueershakespeare.tumblr.com/submit lädt zum fröhlichen queeren Shakespearescher Texte ein. Erlaubt ist so ziemlich alles, was gefällt. lebenslauf auch feministinnen altern Christine Hartmann Wie alt bin ich eigentlich? Abgesehen davon, dass Alter ohnehin relativ ist, altern nicht alle Persönlichkeitsanteile gleichermaßen und somit auch nicht synchron. Das kann ich aus Erfahrung nur voll und ganz bestätigen, gehören doch zu meiner Persönlichkeit eine Vielzahl unterschiedlicher Teile. Morgens, um ein Beispiel anzuführen, morgens steht als erstes der Teil von mir auf, der mindestens ein volles Jahrhundert hinter sich gebracht hat, deshalb täglich alle seine Gelenke zu Anwesenheit verpflichten muss und dessen Hör- und Sehfähigkeiten stark eingeschränkt sind. Er wird abgelöst von einem vermutlich 30-jährigen, toughen energischen Persönlichkeitsteil, der sich um die Tagesgeschäfte kümmert und mit kaum zu erschöpfender Energie eine Idee nach der anderen, die ihm übrigens von einer Vierjährigen aus dem Hintergrund heraus zugespielt werden, in die Welt hinein wirft. Also, wenn ich’s genau nehme, springt mein Ich eigentlich ständig und übergangslos in die unterschiedlichsten Alter hinein und wieder heraus, und ich merke es nur in seltenen Momenten. Das sind dann diese Augenblicke, in denen ich meinem sichtbaren Alter offensichtlich nicht entspreche und die mich umgebenden Menschen deshalb zu fremdeln beginnen. Oder auch die faszinierenden Sekunden, in denen ich selbst mir gegenüber fremdeln könnte, wäre ich nicht grundsätzlich neugierig, was übrigens auf ein intrapersonales Alter von maximal neun hinweist. Damit kann ich umgehen. Etwas mehr Reibung bieten hingegen Begegnungen mit Mitmenschen, die ein weit in meiner Zukunft liegendes Alter für mein tagesaktuelles halten, oder auch mit Menschen, die ihrerseits über keinen einzigen zeitgenössischen inneren Teil verfügen. Vor Jahren konnte ich mittels Test herausfinden, dass meine Stärke in Kindanteilen begründet liegt, und zwar, wie könnte es anders sein, in unangepassten Kindanteilen. Schade, dass mein Gesicht altersmäßig nicht mehr so gut dazupasst, für Kunstschaffen scheint das jedoch eine optimale Ausgangsbasis zu sein. Christine Hartmann, Jg. ’53, lebt und arbeitet hauptsächlich in Bregenz und wundert sich je länger umso mehr. www.prozesswissen.at Juli August 2011 an.schläge l 33 ada Elektronische Zärtlichkeit Dieser Sommer wird besser, denn Ada hat ihr zweites Album veröffentlicht. Mit ihren Songs zwischen Techno und Pop lädt sie uns mit offenen Armen zu sich ein. Grund genug für ein Gespräch, dachte sich Liz Weidinger, schließlich ist Ada eine der wenigen etablierten Künstlerinnen der Tanzmusikszene Deutschlands. Foto: Katja Ruge Ada: „Meine zarten Pfoten“ (Pampa Records) 34 l an.schläge Juli August 2011 Das Fenster ist offen, Nachtluft zieht ins Zimmer und der Sound muss noch ein kleines bisschen lauter werden. Erst knistert es leicht im Kopfhörer, rhythmisches Zischen setzt ein und warmes Summen führt zum tragenden Gitarrenhook – die ersten Takte auf „Meine zarten Pfoten“ empfangen mit einem Hoffnungsschimmer im Refrain: „Faith will come humbly down / fear will come tumbling down.“ Dieser Glaube ans Gute ist umgeben von latenter Melancholie und souliger Wärme. „Happy or Sad, Happy you’re Sad, Happy or Sad“ aus den beiden Tracks „Likely“ und „2 Likely“ wird zum Leitmotiv des zweiten Albums von Michaela Dippel a.k.a. Ada. Ada produziert seit rund zehn Jahren elektronische Musik und ist spätestens seit ihrem fulminanten Albumdebüt „Blondie“, das 2004 auf dem Kölner Technolabel Areal erschien, vielen Musikbegeisterten ein Begriff. Seither zählt sie zu den wenigen Musikerinnen, die im Mainstream ihrer Subkultur nicht als gewissenserleichternde Ausnahme, sondern als gleichwertige Akteurin integriert ist – was aber auch heißt, dass sie viel mit Typen abhängt. Bestes Beispiel dafür ist die Kölner ArealTechno-Crew um Metope und Basteroid, die Teil von Adas musikalischer Sozialisation und alte Bekannte aus der hessischen Provinz sind. Als wir uns bei Rhabarbersaftschorle mit Eiswürfeln in der Sommersonne Hamburgs, wo sie inzwischen wohnt, treffen, erzählt Ada von dieser Zusammenarbeit und ihrem eigenen Label IRR. Für dieses Sub-Label von Areal ist sie auch immer auf der Suche nach Musikerinnen, die zu ihrem Labelsound zwischen deepem House und Elektro-Akustik passen. „Jane ist doch albern.“ Fragt man sich, wo die Musikerinnen in der elektronischen Musik sind, ist Sichtbarkeit ein wichtiges Stichwort. Die tatsächliche Anzahl spielt eine weit geringere Rolle. In den Line-Ups großer Veranstaltungen tauchen Frauen fast so selten auf wie in den Führungsetagen von Dax-Unternehmen. Ada gehört neben Ellen Allien oder Monika Kruse zu denen, die dort schon mitspielen. Daraus zu schließen, es würden sich viel zu wenige Musikerinnen für Synthesizer oder die neueste Audiosoftware interessieren, wäre vom falschen Ende gedacht. Und obwohl Ada in der Szene gut vernetzt ist, fühle sie sich als Frau ab und zu allein auf weiter Flur, erzählt sie im Interview. Auch ein Grund für ihr offenes Ohr für Musik von jungen Künstlerinnen und ihre Beteiligung bei female:pressure. Die internationale Datenbank zur Vernetzung und Bündelung weiblicher DJs, Produzentinnen und Künstlerinnen in der elektronischen Musik- und Clubszene wurde 1998 von der österreichischen Musikproduzentin Electric Indigo gegründet. „Oft werde ich gefragt, ob zwischen den wenigen Frauen in der elektronischen Musik viel Neid herrsche. Dabei freue ich mich über jede Frau, die sich für die gleiche Musik begeistert wie ich“, so Ada, die damit auch die Rolle der Medien wie der Booker offenlegt, denn, so erzählt sie weiter: „Promoter buchen einen oft unter anderen Vorstellungen und machen sogenannte Girlparties aus völlig falschen Motivationen heraus.“ So prangt dann häufig ein großes „DJane“ auf dem Flyer, was die Ausnahme des weiblichen DJs zu einem Marketinginstrument werden lässt. Auch Ada möchte nicht als DJane bezeichnet werden: „Jane finde ich irgendwie albern. Das hat auch nichts mehr mit der ursprünglichen Bedeutung ada von DJ, also Discjockey zu tun. Discjockette fände ich ganz cool.“ Die Bezeichnung als Jane ist mit seiner Nähe zur kolonialistischen Tarzanfigur, die im Regenwald unter Affen lebt, biologistischen Argumentationen viel näher als es die Cyborghaftigkeit von Technomusik verdient hat. Darin liegt ja auch der große Vorteil elektronischer Musik im Gegensatz zu anderen männlich dominierten Genres wie Rock’n’Roll, die in ihren Lyrics oder medialen Inszenierungen immer wieder Darstellungen von Geschlecht zitieren – und wenn es nur die Sehnsucht nach der perfekten, natürlich heterosexuellen, Liebe ist. Hier bot Techno durch Körper- und Gesichtslosigkeit und seinen Wurzeln in der Gay gepitcht. Ich wollte einen weicheren, nicht wirklich greifbaren Bass.“ Ihre aufwendige Arbeitsweise wird am Aufnahmeprozess deutlich: „Für das neue Album habe ich ziemlich viel ausprobiert, war in einem großen Studio in Köln und habe viele neue Geräte gekauft. Aber als ich davor saß, konnte ich mich einfach nicht entscheiden und habe dann gemerkt, dass nicht der Sound Inspirationsquelle ist, sondern die gespielten Harmonien. Deswegen bin ich mit einem viel minimaleren Set-Up in mein Heimstudio umgezogen.“ In ihrer alten Wohnung in Köln mit ziemlich guten akustischen Verhältnissen durch die tiefen Decken und den Teppichboden, konnte sie immer dann aufnehmen, „Es geht darum, sein eigenes Ding zu machen und sich nicht an Typen zu orientieren, die meinen zu wissen, wie man elektronische Musik im Club aufzulegen hat.“ (Ada) Community beste Voraussetzungen für eine Überwindung der Geschlechterunterschiede. Das erinnert nicht zufällig an die Hoffnungen, die anfänglich mit dem Internet verknüpft waren – und heute sind feministische Forderungen im Netz wie auch in der elektronischen Musik immer noch aktuell. „Meine zarten Pfoten.“ Michaela Dippel sitzt mir gegenüber, wirft einen prüfenden Blick in ihre Zigarettenschachtel, um sich nach kurzem Zögern doch noch eine Zigarette anzuzünden. Eigentlich habe sie nicht das Gefühl, ihr Album erklären zu müssen, so Ada. Was sie meinen könnte: „Meine zarten Pfoten“ nimmt an der Hand und führt zurückhaltend durch bunt glitzernde und sorgsam arrangierte Songs. Musikalisch sieht „Meine zarten Pfoten“ anders aus als der Vorgänger und hat im Gegensatz zu „Blondie“ ein akustisches Gewand übergestülpt. Nicht nur, dass Ada zusätzlich zu ihrem elektronischen Equipment mit Akustikgitarre, Flöten und perkussiven Instrumenten gearbeitet hat, auch ihre Stimme spielt eine tragendere Rolle. Zum Beispiel bei „At the Gate“: „Die Bassline hab ich selbst eingesungen und dann verfremdet und wenn sie Lust dazu hatte. Abends klinge ihre Stimme sowieso am Besten und die Ideen fließen auch besser. Ehe sie sich versah, hatte sie so einen ganzen Chor für „Faith“ eingesungen, einem Cover der komplett weiblich besetzten Alternative-Rock-Band Loucious Jackson. „Ich liebe das ganze Album ‚Fever in, Fever Out‘. Deren Song hatte ich gerade im Kopf als ich an einem neuen Stück arbeitete und es fügte sich alles so gut zusammen“, erzählt Ada. Auf „Meine zarten Pfoten“ bleibt ihre Begeisterung für Techno-FrikkelSound nicht verborgen, doch eine klare Genrezuweisung fällt schwer. Sogar Ada selbst war auf der Suche nach Subgenre-Bezeichnungen für das neue Album nicht erfolgreich. Wenn, dann würde sie es vielleicht „healing music“ nennen, aber das weise mit seinem EsoterikTouch in eine falsche Richtung. Am Ende stand schließlich statt Klangschalen eindeutig der Computer. Aber genau dieses schwer zu Bezeichnende lässt ihre Musik so faszinierend wirken. Hier macht eine Künstlerin genau die Musik, die sie machen will und öffnet damit ganz nebenbei die strengen Definitionen von „echter“ elektronischer Musik, wie sie noch durch die Szenen spuken. Klas- sische Bewertungsmaßstäbe funktionieren für „Meine zarten Pfoten“ einfach nicht. „Es geht darum, sein eigenes Ding zu machen und sich nicht an Typen zu orientieren, die meinen zu wissen, wie man elektronische Musik im Club aufzulegen hat“, erzählt Ada von ihren Erfahrungen aus Live-Sets. Während wir über ihre Erlebnisse in Clubs reden, zieht die Sonne langsam in unsere Gesichter. Wir beschließen in den Schatten umzuziehen. Überraschung! „Meine zarten Pfoten“ hat auf dem Label Pampa ein wunderbares Zuhause gefunden. Dieses Projekt von DJ Koze und Marcus Fink widmet sich elektronischer Musik abseits von Konventionen und mit Vision. Und hört man die Flöten, die konstant auf „Meine zarten Pfoten“ auftauchen, kann man nicht anders, als an das legendäre erste Release auf Pampa zu denken – den Tuba- und Blockflöten-Techno der „Vögel“. Mit Adas Album wird unter den bisher zwölf Veröffentlichungen des Labels endlich auch eine Frau vertreten sein – Pampa ist in dieser Hinsicht also auch nicht so unkonventionell, wie es gerne tut und war bis vor kurzem ein langweiliger Männerclub. Die Bereitschaft, sich auf Überraschungen einzulassen und offen zu sein für ungewohnte Klänge, ist für Ada ein tragendes Element von Musik. Vielleicht ist das auch der Grund, warum das Album einen so Techno-untypischen Titel trägt. Hier versteckt sich niemand hinter harten, geraden Bassdrums, sondern stellt die Zartheit, Intimität und Andersartigkeit der Platte offen aus. „Beim ersten Album habe ich schon häufig gehört, dass ich doch sehr weibliche Musik machen würde. Gerade deswegen wollte ich das Album nicht hinter einem Titel verstecken“, ist eine der wenigen Informationen die Ada zum Namen der Platte verraten wollte – der Rest kommt beim Hören und auf zarten Pfoten. l Liz Weidinger lebt in Hamburg, geht mit großen Schritten Richtung Studien-Ende und schreibt als freie Autorin am liebsten über Feminismus und Popkultur, z.B. für das Missy Magazine. Juli August 2011 an.schläge l 35 argentinien „Diese Frauen sind unglaublich“ Die Kunsthistorikerin Kekena Corvalán dokumentiert zeitgenössische lateinamerikanische Frauenkunst. Denn die wird längst nicht angemessen gewürdigt. Ein Interview von Tina Füchslbauer an.schläge: Seit wann arbeitest du zum Thema Frauenkunst? Kekena Corvalán: Gabriela Felitto Müller und ich begannen 2007 mit unserer Arbeit. Da wir keinen feste Anstellung hatten, nannten wir uns „Wanderlehrstuhl für zeitgenössische Frauenkunst“. Wir hielten Seminare an verschiedenen Universitäten, auf öffentlichen Plätzen, in Bars und Kulturzentren. Unsere erste Aufgabe war die Zusammenstellung eines Archivs, denn bis dato hatte niemand systematisch Informationen über Künstlerinnen in Argentinien gesammelt. Jetzt hat uns das MALBA, das Museum für lateinamerikanische Kunst in Buenos Aires, gerufen. Das ist für uns ein historisches Ereignis. Wir betreten neue Wege, denn bisher gab es nur die männliche Betrachtungsweise. Die offizielle Geschichtsschreibung ist männlich. Websites der Künstlerinnen Marta Minujín und Ana Gallardo: www.martaminujin.com/portal/ http://anagallardog.blogspot. com/2010/03/material-descartable-2000_8585.html 36 l an.schläge Juli August 2011 Gibt es für dich einen wesentlichen Unterschied zwischen der Kunst von Frauen und jener von Männern? Wir wissen nicht, ob es einen Unterschied gibt, und das interessiert uns auch gar nicht. Was wir wissen ist, dass es Unterschiede bezüglich der Rechte und Möglichkeiten gibt. Uns geht es um den Raum, den die Künstlerinnen einnehmen. Das, was die Guerilla Girls sagen, stimmt nach wie vor: Die Frau erhält in erster Linie als Objekt Einzug ins Museum, meist als nacktes Objekt. Typisch für Frauenkunst ist, dass etwa das Nähen, Töpfern, die Kindererziehung Einzug in sie finden. Das sind jene Fähigkeiten, wegen der sie uns stigmatisiert haben; Fähigkeiten, die niemanden interessieren, die kein Prestige haben. Viele Künstlerinnen stürzen sich nun darauf: „Gut, ihr habt mich dazu verdammt zu nähen, dann mach ich jetzt eben nähend meine Kunst.“ Kekena Corvalán neben einem Bild der brasilianischen Künstlerin Lygia Pape während der Biennale in San Pablo, Foto: Alejandra Portela/de leedor Das MALBA zeigte gerade eine große Retrospektive von Marta Minujín. Haben die Künstlerinnen in Argentinien in den letzten Jahren an Terrain gewonnen? Marta Minujín ist ein Spezialfall. Sie selbst findet nicht, dass ihre Kunst anders ist, weil sie eine Frau ist, sie berücksichtigt den Genderaspekt nicht. Dennoch beginnt ihr Katalog mit dem Satz: „Als ich geboren wurde, wünschte sich mein Vater, dass ich ein Junge wäre.“ Es gibt also durchaus ein Gebiet, auf dem sie sich stark machen musste. Zudem macht sie riesige Installationen, Ingenieursarbeit zum Teil, einen Turm aus Brot oder einen Tempel aus verbotenen Büchern. Damit besetzt sie mit ihrer Kunst Orte, die sonst typischerweise Männern vorbehalten sind. Sie kann sagen, dass sie nichts mit Geschlecht zu tun hat, aber sie hat sich ihren Platz erkämpft. Sie ist aber die einzige, die ich dir nennen kann. Daneben gibt es Hunderte weitere – wir haben in unserem Verzeichnis mehr als sechshundert Künstlerinnen –, und die einzige, die so im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, ist Marta. Ich sage nicht, dass sie das nicht verdient, sie ist genial, aber nicht jede kann wie Marta Minujín sein. Einer eurer Workshops trägt den Titel „Heldinnen“. Wer sind deine Heldinnen? Meine Heldinnen sind die Künstlerinnen, die uns dazu bringen, nachzudenken; die Themen auf den Tisch bringen, die sonst niemand anspricht. Hier in Argentinien zum Beispiel Diana Dowek, die den Arbeitsalltag von Fließbandarbeiterinnen in einer Fabrik darstellt und so auf die Schwierigkeiten hinweist, mit denen diese Frauen von früh bis spät konfrontiert sind. Oder Ana Gallardo: Sie hat ein Kunstwerk, das aus einem Haufen Stricknadeln besteht und das „Einwegmaterial“ (Material descartable) heißt. Und ein anderes, das aus Petersilienbündeln besteht. Petersilie und Stricknadeln werden von Frauen für heimliche Abtreibungen verwendet. Mit so harmlosen Dingen wie einer Stricknadel, die ja eigentlich eher ein Symbol für die strickende Großmutter – und damit zugleich für die Arbeit der Frau ist –, hält sie uns vor Augen, dass in Argentinien nach wie vor Frauen bei heimlichen Abtreibungen sterben, weil es noch immer keine Legalisierung der Abtreibung gibt. Diese Frauen sind unglaublich. Ihr macht auch einen Dokumentarfilm über argentinische Künstlerinnen mit dem Titel: „El pez desnudo“ (Der nackte Fisch). Ja, das ist ein Projekt, das ich gemeinsam mit Florencia González und Gabriela Borelli Azara vorantreibe. Clarice Lispector, eine brasilianische Schriftstellerin, ist eine wichtige Patin des Projekts. Der Ausdruck „der nackte Fisch“ stammt von ihr: „Ich träumte von einem Fisch, der sich die Kleidung auszog und nackt war.“ Der Fisch ihren Platz im Feld kämpft, sie muss Raum einnehmen wollen. Es gibt viele, die ihre Kunst zu Hause machen und sich nicht einmal dafür interessieren, auszustellen. Wir wenden uns an Frauen, die das Bewusstsein haben, Künstlerin zu sein. Wenn sie dazu bereit ist, werden wir sie nicht diskriminieren. Die Qualität existiert für uns nicht, sie ist eine Erfindung des Patriarchats, des Kapitalismus, sie ist eine Selektion. Jede kann Kunst machen. In unserem Archiv haben wir auch Künstlerinnen, die schon verstorben sind, einige sind während der Militärdiktatur ermordet worden, viele sind an AIDS gestorben. Manchen hat die Kunst dabei geholfen, die Schrecken der Militärdiktatur zu „Das, was die Guerilla Girls sagen, stimmt nach wie vor: Die Frau erhält in erster Linie als Objekt Einzug ins Museum, meist als nacktes Objekt.“ (Kekena Corvalán) war natürlich schon nackt, er lebt so. Wir Frauen sind auf eine bestimmte Weise auch nackt, aber um existieren zu können, müssen wir uns ausziehen, im Sinne von „frei machen“. Auf uns lastet noch immer das Gewicht der Vorurteile, in vielen Fällen nehmen wir mehr die fremde Sichtweise an als unsere eigene. Bis auf Frida Kahlos Werk ist in Europa ja nicht gerade viel über lateinamerikanische Frauenkunst bekannt. Ja. leider. Denn die konzeptuelle Kunst in Lateinamerika ist herrlich, ausdrucksstark. Viele Künstlerinnen wenden sich wieder den Gefühlen zu. Abgesehen vom politischen Statement versuchen sie, einen affektiven Bezug herzustellen. Die großen historischen Diskontinuitäten wie die Diktaturperioden, die Unterdrückung, haben es uns unmöglich gemacht, eine Identität zu entwickeln. Immer wenn wir in einem Entwicklungsprozess waren, kam ein Militärputsch oder eine Wirtschaftskrise. Es fehlt an Beständigkeit und das ist verwirrend. Nach welchen Kriterien nehmt ihr Künstlerinnen in euer Archiv auf? Wir interessieren uns dafür, ob sie um überleben. In einem Folterzentrum in Córdoba gab es eine Gruppe von Frauen, die geschrieben und gemalt haben. Vernetzt ihr euch mit Künstlerinnen in anderen Ländern Lateinamerikas? Wir präsentieren unser Projekt demnächst in Peru. Im letzten Jahr waren wir während der Biennale in São Paulo an der Universität. Wir wollen unsere Idee weiter exportieren, ein Archiv über die Künstlerinnen Lateinamerikas machen. Unser Blickwinkel ist gleichermaßen ein künstlerischer und politischer. l Kekena Corvalán ist Universitätsdozentin für lateinamerikanische Kunst und war Kuratorin des ersten MAM-Festivals (Mujer, Arte y Migración), das vom 26.–28. Mai 2011 in Buenos Aires stattgefunden hat. Sie schreibt auch für die Kunstwebsite www.leedor.com. Tina Füchslbauer ist Mitorganisatorin des Festivals MAM und lebt gerade in Buenos Aires, wohin sie sich die an.schläge nachschicken lässt. lesbennest the fabulous life of a queer femme in action denice To Bring You My Love I wanted to choose a theme for this, like in the last issues; dating, romance, sex and bad confidence. Instead I will give you all a Best of Summer-Wise-Ass-Denice. Well, isn’t that a treat?! (not to be confused with „threat“). #1: If you drink too much and still are nice to your friends, don’t worry! I have stopped feeling bad about admitting that I lean on my rosé with mineral water, my bourbon, my red red wine when night time slowly washes over me. It makes me funny, relaxed and not so paranoid. #2: If you are feeling strange about your body being exposed because heat refuses to let you hide behind layers of clothes: It.is.ok.to.not.feel.sexy! On bad days I feel so sick about this whole „fat-positive-you-look-gorgeous-no-matter-what“ when I actually just want to whine and complain about not being Kate Moss. Of course(!!) it is better when we don’t fall for that mainstream bullshit that tells us to be skinny and that skinny equals gorgeous, but it would also be good to have the space to actually not HAVE to feel like a happy fatty. I of course want to feel good about myself all the time, but I don’t want to get pissed on politically for sometimes wanting to cry rivers of Rum & Coke when putting on a bikini. #3 Smartypant’s Advice: Use Facebook for something more productive than stalking your exgirlfriends! We dykes don’t have the privileges of GayRomeo etc. like our fellow fags to hook up for casual, awesome, „no strings attached“-sex and FUN! So what do we do? My new idea is that I will actually send „Would you like to fuck?“-messages to people that I „kind of know“, aka „facebook acquaintances“. Thing is: I’m not FRIENDS friends with them, but I kind of know that they are ok, and if they say NO, I’m at least not standing on the dancefloor looking like a sad penis for being turned down. If they think I am weird for having asked in the first place – well ... then they are the ones looking boring and square, no? So, sweethearts: Have a great summer and drink and eat and fuck a lot! Love you! Denice is a grandchild and child of nasty-ass alcoholics, but doesn’t identify with their behaviour. She drinks like a bastard and fucks like there’s no tomorrow. Juli August 2011 an.schläge l 37 an.lesen Emanzipatorische Biologiekritik Geschlecht ist gesellschaftlich hervorgebracht. Dies gilt insbesondere für das biologische Geschlecht, wie Heinz-Jürgen Voß in seinem neuesten Buch zeigt. Von Bettina Enzenhofer Wer bislang noch nichts von HeinzJürgen Voß gelesen hat, sollte dies nun unbedingt nachholen – uneingeschränkt empfohlen sei sein neuestes Buch „Geschlecht. Wider die Natürlichkeit“. Waren schon seine Dissertation („Making Sex Revisited“, siehe an.schläge 06/2010) und etliche seiner Artikel (z.B. über die Komplexität von Geschlecht, über Intersexualität etc.) wegweisend, so destilliert Voß seine Erkenntnisse nun nochmals: Noch verständlicher geschrieben, noch mehr Einbettung in gesellschaftskritische Ansätze (z.B. von Karl Marx, Simone de Beauvoir) und durch einige „Exkurse“ noch nachvollziehbarer. Das Buch wurde unlängst sogar vom Bildungsserver Hessen als Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe II empfohlen. Auffallend ist, dass Voß vielerorts involviert ist: Er arbeitet nicht nur wissenschaftlich im akademischen Bereich, sondern engagiert sich auch in antifaschistischen und gender-kritischen Queer-Gruppen und Projekten. Auch in Blogs ist Voß umtriebig und diskutiert seine Thesen. Es geht ihm stets um den Dialog, das Auseinandersetzen mit neuen Ideen und Meinungen. Voß tritt dabei für eine gerechte Gesellschaftsordnung ein und positioniert sich insbesondere gegen Diskriminierungen an Homo-, Trans- und Intersexuellen. Er betont immer wieder, dass Wissenschaft eine politische Tätigkeit ist, die nicht abgehoben von den konkreten Lebensbedingungen marginalisierter Menschen agieren solle: „Ob man es queer-feministisch nennen will, Dekonstruktion oder Intersektionalität, wichtig ist es – neben konkretem politischen Handeln –, zumindest zu versuchen, die eigenen wissenschaftlichen Aussagen mit möglichen anderen Perspektiven und tatsächlichen praktischen Lebens38 l an.schläge Juli August 2011 bedingungen in Einklang zu bringen, sich und die eigenen Veröffentlichungen immer wieder neu zu befragen und herauszufordern.“ Die vermeintliche „Natürlichkeit“ von Geschlecht zu dekonstruieren, darum geht es Voß auch in seinem neuesten Buch. Denn der Glaube an eine derartige Natürlichkeit führe dazu, Menschen bestimmte Eigenschaften abzusprechen. Zwar könnten in manchen Bereichen (z.B. im Sport) Differenzen zwischen Männern und Frauen gezeigt werden, doch seien diese immer auch gesellschaftlich bedingt. In Anlehnung an Simone de Beauvoir betont Voß dabei: „Es geht nicht darum, ob aktuelle Differenzen zwischen ‚Frau‘ und ‚Mann‘ feststellbar sind, sondern es geht gegen die Annahme, dass diese Differenzen ‚natürlich‘ seien.“ Auseinandersetzungen um die Geschlechterordnung gäbe es schon lange und es zeige sich, „dass aktives Streiten notwendig ist, um die Gesellschaft zu verändern, um bestehende gesellschaftliche Verhältnisse umzustürzen und durch gerechtere zu ersetzen“. Voß streitet vor allem dafür, dass Geschlecht nicht länger als naturgegebene Tatsache angesehen wird und fordert einen veränderten Blick: Weg von geschlechtlich unterschiedlichen Bezeichnungen, hin zu ergebnisoffenen Entwicklungsprozessen. Dass Theorien von mehr bzw. anderen als zwei binären Geschlechtern keine Erfindung der Gegenwart sind, sondern sich auch für die letzten Jahrhunderte belegen lassen, zeigt Voß in einem weiteren Teil seines Buches. Welche blinden Flecken biologische Forschung im Glauben an die Existenz zweier Geschlechter oft hat, stellt Voß – auch für LaiInnen – überzeugend dar. Klar wird: Der Einfluss von sozialen Faktoren wirkt sich auf allen Ebenen Bild: trouble_x, troublex.blogsport.de aus. Ob dies Geschlechterdefinitionen, wissenschaftliche Studien oder körperliche Fähigkeiten betrifft – sie alle sind nicht ohne gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu denken. Die Biologie liefert Argumente für ein offeneres Geschlechtermodell. Ein emanzipatorischer Schritt wäre es, diesen Argumenten mehr Platz zu geben. Denn es gilt für Voß, „Gesellschaft zu gestalten, und zwar so, dass niemand mehr wegen des Geschlechts, der Schicht- oder Klassenzugehörigkeit oder wegen anderer Merkmale benachteiligt wird oder ihr_ihm gar Gewalt geschieht“. l Heinz-Jürgen Voß: Geschlecht. Wider die Natürlichkeit Schmetterling Verlag 2011, 10,- Euro Homepage von Voß: http://dasendedessex.blogsport.de/ Hier finden sich auch aktuelle Vortragstermine, z.B. wird er am 28. September wieder in Wien sein. an.lesen Freya von Moltke l Im März dieses Jahres wäre sie 100 geworden. Ganz hat sie es nicht geschafft, mit 98 Jahren ist sie Anfang 2010 gestorben. Dennoch: „Ein Jahrhundertleben“ lautet der Untertitel der Biografie Freya von Moltkes, die nun pünktlich zu diesem Jubiläum erschienen ist. Bekannt ist sie vor allem als Witwe des Widerstandskämpfers Helmuth James Graf von Moltke, der 1945 wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Doch auch sie selbst war nicht nur Mitglied, sondern überdies Mitgründerin des Kreisauer Kreises, einer antifaschistischen Widerstandsgruppe, die nach dem Wohnsitz der Moltkes im schlesischen Kreisau benannt ist. Endlich auch ihren Widerstand und ihre politische Arbeit zu würdigen, ist ein großes Verdienst des detaillierten und quellenreichen Buches. Eine seiner kleinen Schwächen ist hingegen, dass die Autorin über der Bewunderung für die Entschlossenheit und Unbeugsamkeit Freya von Moltkes ein wenig vernachlässigt, dass diese ihre Unabhängigkeit gegenüber ihren Ehemännern durchaus etwas konsequenter hätte behaupten können. Auch die Hintergründe zum Kreisauer Kreis hätten ein wenig ausführlicher ausfallen können. Dennoch: Eine beeindruckende Biografie, nicht zuletzt deshalb, weil Freya von Moltke 1945 noch fast zwei Drittel ihres so aufrechten wie aufregenden Lebens vor sich hatte. Lea Susemichel Frauke Geyken: Freya von Moltke. Ein Jahrhundertleben 1911-2010 C.H. Beck 2011, 19,95 Euro Hartz IV revisited l Fünf Jahre nach Einführung von „Hartz IV“ in Deutschland, also der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum sogenannten SGB II, versuchen ExpertInnen eine Bewertung der Auswirkungen aus gleichstellungspolitischer Perspektive. „Grundsicherung und Geschlecht“ ist ein wissenschaftliches Buch, das für Ungeübte nicht so leicht zu lesen ist. Ein Durchkämpfen lohnt sich aber, werden doch – für viele Länder gültige – höchst interessante Aspekte beschrieben. Immer mehr Staaten stellen auf Grundsicherungs- bzw. Mindestsicherungssysteme um. Wesentlich dabei ist, so die Herausgeberinnen in ihrer Einleitung, dass diese Systeme Erwerbsarbeit noch stärker ins Zentrum rücken. Soll heißen: Geld gibt es nur als Gegenleistung für nachgewiesenes Bemühen um einen (Vollzeit-) Job – unter Androhung von Sanktionen. Ein feministischer Gegenentwurf wäre ein Modell der „universellen Betreuungsarbeit“ – denn bei der derzeitigen Aufteilung der Familien- und Hausarbeit ist ein Streben nach Vollzeitbeschäftigung für Alle illusorisch. Die Herausgeberinnen fragen: Welche Rolle spielt Gleichstellungspolitik in diesem neuen Rahmen der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik? Zahlreiche AutorInnen widmen sich dem Thema am Beispiel Hartz IV, auch aus dezidiert feministischer Perspektive. So wird klar, wie die Geschlechterasymmetrie durch SGB II stabilisiert wird, wie schlecht – trotz im Gesetz verankerter „Leistung Kinderbetreuung“ – die Kinderbetreuungsinfrastruktur immer noch ist. Ein Kapitel widmet sich unterschiedlichen Zielgruppen wie Alleinerziehenden, MigrantInnen, Jugendlichen und Arbeitslosen. Frauen werden durch kurzfristige Strategien in die Arbeitswelt integriert, ohne jedoch gleichgestellt zu sein. Ein ernüchternder, wenn auch wenig überraschender Befund. Gabi Horak Karen Jaehrling, Clarissa Rudolph (Hginnen): Grundsicherung und Geschlecht. Gleichstellungspolitische Befunde zu den Wirkungen von „Hartz IV“ Westfälisches Dampfboot 2010, 28,70 Euro innerhalb der Szene geführt hätte, liegt daneben. Feminismus gehört zum Feindbild, stattdessen wird an traditionellen Geschlechterverhältnissen und Rollenbildern festgehalten. Neben den zahlreichen Portraits rechter Frauen kommen auch Aussteigerinnen zu Wort und machen deutlich: Nationalismus ist auch Mädelsache! Isabelle Garde Andrea Röpke, Andreas Speit: Mädelsache! Frauen in der Neonazi-Szene Ch. Links Verlag 2011, 16,90 Euro Feministischer Häuserkampf l Macker gibt es nach wie vor jede Menge. Auch in der linken Szene. Inzwischen werden sie einfach seltener so genannt. In den Anfängen der Zweiten Frauenbewegung hingegen war der Begriff allgegenwärtig, nachdem die sexistische Dominanz und Ignoranz der Genossen immer deutlicher wurde. Auch die Frauen in der deutschen Hausbesetzungsszene sahen sich bald mit „Mackertum“ konfrontiert – selbst im Squat waren die Frauen für den Haushalt und die Männer für die Politik zuständig. Als Reaktion darauf gab es in der BRD ab 1973 die ersten Besetzungen nur von Frauen. Eine Neuerscheinung des Unrast-Verlags erzählt die Geschichte des Frauentum statt Feminismus l Frauen sind in der rechtsextremen Szene in Deutschland schon lange keine Seltenheit mehr. Sie kandidieren für die NPD, gehen auf Demonstrationen, organisieren Veranstaltungen und sind in ihren Ansichten nicht minder radikal als ihre männlichen Kameraden. Von den Medien werden sie jedoch kaum wahrgenommen. Andrea Röpke und Andreas Speit leisten mit ihrer detailgetreuen Studie einen wichtigen Beitrag, damit sich das ändert. An ihrem Erscheinungsbild sind rechtsradikale Frauen inzwischen kaum mehr zu erkennen, Springerstiefel und Bomberjacken bekannter Szenemarken tragen nur noch die wenigsten. Stattdessen geben sich viele bürgerlich und versuchen, ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft zu festigen – kaufen im Ökoladen ein, engagieren sich im Familienzentrum der Gemeinde und sitzen im Elternrat der Schule. Dabei befinden sie sich oft im Spannungsverhältnis zwischen politischer Arbeit und Mutterschaft. Denn wer vermutet, dass das öffentliche Auftreten neonazistischer Frauen zu einer Liberalisierung der Geschlechterverhältnisse Juli August 2011 an.schläge l 39 an.lesen Häuserkampfs nun erstmals aus einer feministischen Perspektive, denn Literatur zum Thema war bislang so gut wie nicht vorhanden. Die fundierte Studie liefert dabei sowohl eine historische Verortung – bereits im 19. Jahrhundert gab es Besetzungen zur Wohnraumbeschaffung – als auch eine Einordnung in feministische Diskurse. Empfehlenswert. Lea Susemichel amantine: Gender und Häuserkampf Unrast Verlag 2011, 14 Euro Kartoffel-Geschichte l Oh, diese verfluchten Preußen! Es gibt Momente, in denen auch die Leserin einen „Preußenhass“ entwickelt – gemeinsam mit Lisbeth und den anderen „Untertanen“, die in den 1750er Jahren am Niederrhein den Schikanen der Obrigkeit ausgesetzt sind. Lisbeth, die jüngst verwitwete Ochsenwirtin im Örtchen Hassum, will sich nun ein eigenständiges Leben aufbauen. Als eine Abordnung des preußischen Militärs in ihrem Wirtshaus Quartier nimmt, könnte das der Beginn des Erfolgs sein, wäre da nicht der Major, der sie um die angemessene Entlohnung betrügt und ihr überdies befiehlt, die Soldaten mit den mitgebrachten „Tartüffeln“ zu verkösti- gen. Die Kartoffel hat allerdings einen denkbar schlechten Ruf: Sie stinkt, und niemand baut sie freiwillig an oder weiß, wie mit ihr kochen. Als Lisbeth es dennoch schafft, eine köstliche Kartoffelsuppe zu kreieren, kehrt sogar eine preußische Prinzessin bei ihr ein. Doch da das Buch keine Märchen erzählt, sondern das gesellschaftliche Gefüge dieser Zeit schildert, erlebt Lisbeth statt einer Aschenputtel-Verwandlung (sexuelle) Gewalt und Willkür – auch wenn sie ganz erstaunliche Mittel und Wege findet, sich zumindest zeitweise zu wehren. Zahlreiche Alltagsdetails mitteleuropäischer (Frauen-) Geschichte sind in diesem Roman zu entdecken, und die sprachliche Souveränität, mit der die schichtspezifischen Perspektiven der handelnden Personen eingenommen werden, macht großen Spaß. Sylvia Köchl Ella Theiss: Die Spucke des Teufels Grafit-Taschenbuch 2011, 9,30 Euro Nach dem Tod „des Onkels“ musste sich Oma vor Gericht wegen schweren Betrugs verantworten. Nach Jahrzehnten wurde bekannt, dass der angebliche Verwandte, den sie nach dem Krieg bei sich aufgenommen hatte, Ulrike Schmitzer: Die falsche Witwe Edition Atelier 2011, 14,90 Euro e i l o f a l e d r u e o c e r c a s Au Vor wenigen Wochen wurden Luise Pop zur Soirée Gals Rock im Pariser Club La Flèche d’Or eingeladen. Kleine Werbeeinschaltung für alle Parisreisenden: Pauline und Clem betreiben eine gleichnamige Oase von Shop in der Rue Henry Monnier, wo es neben Platten und CDs auch Bücher und Kleidung zu kaufen gibt, und wo es sich auf einer komfortablen Couch schön Kaffee trinken und Musik hören lässt. Der Aufenthalt hat Erstaunliches in mir bewegt. Ich habe seit jeher eine eigenartige Beziehung zu Paris und hielt es immer für maßlos überschätzt. Der Kult um diese Stadt und ihre „Lebensart“ macht mich als bekennende Misanthropin sowieso skeptisch: Ich finde überhaupt alle Städte blöd – einmal abgesehen von Hamburg, was ja das Tor zur Welt ist –, nur auf dem Land ist es noch schlimmer. Auf dem Eiffelturm war ich schon mit zwölf, mit 17 habe ich französischen Rotwein genossen und Jim Morrisons bonustrack: Vera Kropf Altbekanntes Unbehagen l der eigene Mann war. Die Strafverfolgung bezog sich auf die Täuschungshandlung gegenüber der Staatskasse, die mit zehn Monaten bedingt und mit der Rückzahlung des Geldes bestraft wurde. Dass es dabei auch um das Verschweigen von NS-Verbrechen gegangen sein könnte, stand für das Gericht nicht zur Debatte. Die Kinder Anna und Eva, in dem Glauben, ohne Vater und mit einem „Onkel“ aufgewachsen zu sein, interessierten sich nicht weiter für die Hintergründe. Wozu auch, hatte doch Oma die Familiengeschichte nach Belieben verändert. Nun hatten sie ihre eigene Familiengeschichte und eigene Familien. Schockiert über dieses Desinteresse rekonstruiert nun die Enkelin Schritt für Schritt mit Hilfe von Tagebüchern und Briefen ihres Großvaters die Ereignisse von damals und folgt dabei den Spuren einer grausamen Vergangenheit. Aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet Ulrike Schmitzer den jeweils sehr unterschiedlichen Umgang mit der eigenen Familiengeschichte. Die Beweggründe der Nachkommen für deren jeweilige Herangehensweisen bleiben allerdings im Dunkeln Unbehagen und Unverständnis stellen sich ein bei all dem Schweigen. Altbekannte Gefühle in der Auseinandersetzung mit der NSZeit. Svenja Häfner Grab besucht, mit 25 ein „romantisches“ Touri-Silvester am Seine-Ufer nahe Pont Neuf erlebt, mit 28 im Louvre die von JapanerInnen fast gänzlich verdeckte Mona Lisa beäugt und mit einer Freundin aus Österreich auf ihrem kleinem Balkon über das aggressive Klima, den Chauvinismus und die Stutenbissigkeit in dieser Stadt hergezogen. Mein Fazit lautete: teuer, arrogant, überfüllt, unnötig. Der einzige Ort, dessen Zauber ich mich zugegebenermaßen nie entziehen konnte, ist der Innenraum der Sacre Coeur-Kirche auf dem sonst von Kitsch-Postkarten und sogenannten „Künstlerbistros“ heillos verseuchten Montmartre. Obwohl ich also schon etliche Male in Paris war, habe ich erst beim letzten Besuch diesen Moloch schätzen gelernt. Die Erkenntnis, die mich mit Paris versöhnt hat: Paris weist eine um das fünffache höhere Bevölkerungsdichte auf als Wien, Berlin oder London. Auf einer Fläche, die ein Viertel des Wiener Stadtgebiets umfasst, drängen sich 2,1 Millionen Menschen in 16 Metro-Linien. Darum vergebe ich dem unfreundlichen Taxifahrer. It’s hell but at least it’s urban. Vera Kropf ist 2006 Gitarristin und Sängerin bei Luise Pop und empfiehlt den Shop von Gals Rock, 17 Rue Henry Monnier, Paris 9ème. Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com 40 l an.schläge Juli August 2011 an.klang Achtziger Achterbahn Experimentelle Soundkaskaden statt Soundfolter, Beats wie Peitschenschläge. Christina Mohr hat ihren Sound für den Sommer gefunden. Barbara Panther Man kann es kurz machen: Lady Gagas zweieinhalbtes Album (die EP „Fame Monster“ mitgezählt) Born This Way (Interscope/Universal) ist die reine Soundfolter. Okay, Soundfolter mit ein paar guten Momenten, wie der von Gagas Berlinaufenthalten inspirierten Verballhornung der deutschen Sprache „Scheiße“, dem zähfließenden DanceGroove auf „Bloody Mary“ und dem Supertext von „Hair“. Der Hit „Born This Way“ erinnert frappierend an Madonnas „Express Yourself“, das sich ebenfalls an Madonna abarbeitende „Judas“ klingt wie ein mittelmäßiger Beitrag für den Eurovision Song Contest. Der Rest ist eine unbarmherzig ballernde Mixtur aus Achtzigerjahre-Rock und trashigem Euro-Techno. Da sich Gaga und ihre Entourage wohl kaum nur zum Rumalbern im Studio einfinden, muss man von Vorsatz und voller Absicht ausgehen. Bleibt die Frage: Warum? Sie wird mit Grace Jones verglichen, mit Björk und Billie Holiday. Dabei ist die in Ruanda geborene und in Berlin lebende Barbara Panther so einzigartig wie nur wenige andere Künstlerinnen. Sie liebt spektakuläre Verkleidungen, ihre Auftritte bleiben allen im Gedächtnis, die sie jemals live erlebt haben. Die vergangenen Herbst veröffentlichte EP machte neugierig auf ihr Album Barbara Panther (CitySlang), das von Matthew Herbert produziert wurde – der aber zu Panthers Tracks außer ein paar Soundideen nicht viel beizusteuern hatte. Barbara Panther hat nicht nur eine unverwechselbare Stimme, sie schreibt auch tolle Songs im Spannungsfeld von Elektro, Soul und Hip-Hop. Die Single „Empire“ ist eine wütende Abrechnung mit kirchlichem Machtmissbrauch, „Rise Up“ ist ein Weckruf an alle, die es sich in ihren Verhältnissen gemütlich eingerichtet haben. Auf „Voodoo“ fahren die Beats Achterbahn und im romantisch angehauchten „Moonlight People“ kann man sich zu sanften Calypso-Rhythmen wiegen. Barbara Panther ist lustig, gefährlich und unerschrocken: Unsere Frau für diesen Sommer – mindestens! Der Sound der 1980er-Jahre geistert so stilecht durch viele neue Platten, dass man zuweilen aufs Produktionsdatum gucken muss, um sich nicht zu blamieren. Hurts aus Manchester sind mit ihrem eklektischen Elektropop irre erfolgreich, Acts wie Zola Jesus orientieren sich eher an der Indie-Variante der Achtziger. Auch Katie Stelmanis, Sängerin der queeren kanadischen Band Austra, schöpft aus dem Erbe von Wave und Gothic: Feel It Break (Good To Go / Domino) zeichnet sich durch hypnotische Synthie-Melodien, brummelnde Bässe, Beats wie Peitschenschläge und verzögertes Tempo aus. Stelmanis engelsgleiche Opernstimme macht das Album zur Séance, Austra gehen mit heiligem Ernst zur Sache. Songs wie „Spellwork“ und „Lose It“ klingen, als sänge Joni Mitchell 1982 im Londoner Club Bat Cave. Die Single „Beat and the Pulse“ bleibt das beste Stück der Platte, die Mischung aus spooky Atmosphäre und verführerischer Coolness gelingt Austra nur hier besonders packend. Wer die amerikanische Musikerin Erika M. Anderson alias EMA von ihren ehemaligen Bands Amps for Christ und Gowns kennt, könnte ihr Solodebüt beinah gefällig finden. Das ist es natürlich nicht, aber durchaus zugänglicher als der Riot-Grrrl-Noise-Folk früherer Tage. Der sieben Minuten lange Opener „The Grey Ship“ ist ein Prüfstein: Entweder man bleibt fasziniert dabei oder verabschiedet sich danach, weil man ahnt, dass Past Martyred Saints (Souterrain Transmissions / Rough Trade) zu viel von einem verlangt. Eventuelle Vergleiche mit Cat Power und PJ Harvey sind nicht falsch, aber EMA ist keine Epigonin. Dass EMA nach Los Angeles zog, weil sie „Welcome to the Jungle“ von Guns’n’Roses wirklich mochte und dass sie unlängst Supportact für Throbbing Gristle war, sind wichtige Puzzleteile im Gesamtbild EMA. Sie verknüpft grungy GitarrenFeedbackorgien mit bittersüßem Girlpop, experimentelle Soundkaskaden mit minimalistischem Folk. „Breakfast“ ist bis aufs Gerippe ausgezogener Gospel, zum psychedelischen „Marked“ kann man – mit den richtigen Drogen – sogar tanzen. EMA ist eine grandiose Songwriterin, die kein Interesse daran hat, dass man ihre Lieder mitsingt. l Links: www.lady-gaga.de www.myspace.com/barbarapanther www.myspace.com/austra www.cameouttanowhere.com (EMA) Juli August 2011 an.schläge l 41 an.sehen Kicken für Kim Frauen, Fußball, Führerstaat: Der DokuFilm „Hana, dul, sed …“ ist alles andere als sensationslüstern. Von Vina Yun „Wenn man das Spielfeld betritt, dann ist es, als ob das Herz weit wird und als ob man in jede Welt eintreten könnte“, beschreibt Hyang-Ok Ri das Hochgefühl, mit dem sie ins Stadion einläuft. Bis 2004 war Ri Mittelfeldspielerin des nordkoreanischen Fußballnationalteams, heute ist sie als eine von vier FIFA-Schiedsrichterinnen Nordkoreas aktiv. Sie und drei weitere Ex-Profi-Kickerinnen sind die Protagonistinnen der Dokumentation „Hana, dul, sed …“ (Koreanisch für „Eins, zwei, drei“), dem Erstlingswerk von Regisseurin Brigitte Weich. Die anderen drei: Mi-Ae Ra, ehemalige Verteidigerin und glühender Maradona-Fan („Er ist kaum größer als ich und wird weltberühmt? Okay, das kann ich auch!“), die frühere Goalkeeperin Jong-Hi Ri, die für ihre Baby-Tochter schon mal das Fußball-Trikot herrichtet („Vielleicht wächst sie da hinein und wird eine Torfrau“), sowie Pyol-Hi Jin, vormals Stürmerin und Top-Torjägerin („Mir war es immer das Wichtigste, dem General Freude zu bereiten“). In Sachen Frauenfußball gehört Nordkorea zur internationalen Spitze. Nach ihren Erfolgen bei den Asienmeisterschaften 2001 und 2003 wurden die nordkoreanischen Fußballerinnen in ihrer Heimat als Superstars gefeiert, die für ausverkaufte Stadien sorgten – anderswo alles andere als eine Selbstverständlichkeit, wie Co-Regisseurin Karin Macher in den Produktionsnotizen anmerkt: „Die deutschen Fußballerinnen, die Weltmeister sind, machen Werbung für Damenbinden.“ Die verpatzte Olympia-Qualifikation 2004 in Athen (mit einer 0:3-Niederlage gegen die einstige Kolonialmacht Japan) beendete die Laufbahn der Fußball-Profis jedoch jäh: Um42 l an.schläge Juli August 2011 Jang Hyang Gi, Ryom Mi Hwa und Brigitte Weich (v.l.n.r.), Foto: Koryo Tours gehend wurden sie gegen jüngere Spielerinnen ausgetauscht. „Chefsache“ Frauenfußball. Gleich in der Eröffnungssequenz verdeutlichen zwei Zitate das von Widersprüchen durchzogene gesellschaftliche Kräftefeld, in dem sich die Sportlerinnen bewegen. Kim Il-Sungs Satz „Große Ideologie erschafft große Zeiten“ wird der berühmte Ausspruch von Simone de Beauvoir gegenübergestellt: „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es.“ Denn im nordkoreanischen Frauenfußball, der in den 1980ern „von oben“ verordnet wurde, manifestiert sich nicht nur absolute Regimetreue, wie sie sich in der Verehrung für den derzeitigen „Geliebten Führer“ Kim JongIl äußert. Ebenso lässt sich an ihm die wandelbare Interpretation der Geschlechterrollen exemplarisch festhalten: Während Nordkoreas Propaganda Frauen als „Blumen“ besingt darf am Spielfeld sehr wohl geschwitzt und gespuckt werden – solange der Körpereinsatz im Namen der Nation erfolgt. Trotzdem: Um ganz sicher zu gehen, lässt der Coach die Spielerinnen nicht nur am Rasen, sondern auch am Herd trainieren – auf dass sie sich nach ihrer Fußball-Karriere zu guten Hausfrauen wandeln mögen. Auch wenn einige Rezensionen behaupten, „Hana, dul, sed …“ sei kein Fußball-Film – er ist es wohl: Schließlich fungiert gerade das Fußballfeld auch als Bühne, auf der Politik mit den Mitteln des Sports gemacht wird, sei es im Namen der Nation oder, wie in diesem Fall, als eine Form der persönlichen Befreiung aus gesellschaftlichen Konventionen. Vertrautes und Fremdes. Die Bilder über Nordkorea, wie sie in den hiesigen Medien kursieren, illustrieren mit den Aufnahmen von Massenchoreografien, sozialistischen Prestigebauten und monumentalen Statuen vor allem den patriarchalen Führerkult im Land. Auch „Hana, dul, sed …“ kommt nicht gänzlich ohne diese visuellen Inszenierungen aus, jedoch überlässt der Film das Kinopublikum nicht, wie sonst üblich, der bloßen Faszination und dem Befremden. Die Kamera (wunderbar geführt von Judith Benedikt) begleitet die Frauen auf dem Weg zur Arbeit, beim Zoo-Besuch, im Kindergarten, beim Friseur. Es ist der mehr oder weniger „normale“ Alltag der vier Genossinnen, über den sich die Regisseurin der Realität in Nordkorea annähert. Armut ist – wenig überraschend – keine zu sehen, und doch lässt sie sich zwischen dem Gezeigten erahnen. Für ihre Dokumentation war Brigitte Weich auf die Kooperation mit Korfilm, der staatlichen Filmagentur Nordkoreas, angewiesen – was ihr auch die Kritik einbrachte, sich von der dortigen Propagandamaschinerie einspannen zu lassen. In ihrem Regie-Statement erklärt Weich: „Für mich waren die Restriktionen bereits ein Teil der Geschichte: Wir wollten nicht zeigen, was wir in Nordkorea sehen, wir wollten sehen, was diese Frauen uns zeigen.“ l „Hana, dul, sed …“ (A 2009) läuft derzeit in den österreichischen und deutschen Kinos. www.hanadulsed.com WM-Tipp: Am 28. Juni spielt Nordkorea bei der Fußball-WM gegen den „Erzfeind“ USA in Dresden. an.künden Redaktionsschluss Termine 07-08/11 07.06.2011 [email protected] fest musik 2.7., 16–21.00, Hamburg Hoffest des Lesbenvereins Intervention, „Interventionade“ – Wettbewerb Lesbenverein Intervention e.V., 20357 Hamburg, Glashüttenstr. 2, T. 0049(0)40 24 50 02, www.intervention-hamburg.at 6.–10.7., Moorbad Harbach 11. Kasumama Afrika Festival – Kreativ-Workshops, Kino, Tanzshows und Live-Konzerte von Princess Elivava, Aisha Kouvaté, u.v.m. Festivalpass im Vorverkauf bis 3. Juli: € 40/32 danach € 48/40 Gasthaus Holzmühle, 3970 Moorbad Harbach, Lauterbach 40 , T. 0676/ 9743469, www.kasumama.at 7.7., Wien Kellies, Riot-Post-Punk aus Argentinien FLUC, 1020 Wien, Praterstern 5, www.fluc.at 8.–10.7., Litschau 5. Schrammel.Klang.Festival Litschau – rund um den Herrensee, T. 0720/ 407 704 www.schrammelklang.at bis 14.7., Wien Jazz Fest Wien, mit Madeleine Peyroux, Liza Minelli, Tia Fuller u.a. Schauplätze, Programm unter www.viennajazz.org, Tickets unter T. 01/ 408 60 30 21.7., 20.30, Wien Katrin Navessi, Eintritt freitag WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, T. 01/ 401 21 0, www.wuk.at 27.7., 20.30, Wien Platzkonzert: Katika – die kroatischitalienische Musikerin präsentiert ihre Debüt-CD „Ricaricare“ , Eintritt frei WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, T. 01/ 401 21 0, www.wuk.at 4.8., 20.30, Wien W.I.T.C.H. – Frauenfolkband, freier Eintritt WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, T. 01/ 401 21 0, www.wuk.at 8.–15.8, Budapest Sziget Festival – mit Amy Winehouse, Flogging Molly, ArfoCubism u.v.m. Anfahrt, Programm, Tickets unter szigetfest.eu/de Óbudai-Insel, Budapest bis 28.8, Wien Weekend Sounds – Soul, Funk, Hip Hop und Elektro, Sa 12–22.00, So u. Feiertag 12–20.00 Museumsquartier Haupthof, 1070 Wien, Museumsplatz 1, T. 01/ 523 5881, www.mqw.at film 1.7–14.8., 21.30, Wien „Kino wie noch nie“ – Open Air-Kino des Filmarchivs Austria in Kooperation mit der Viennale: Filmklassiker, Festival-Highlights und ÖsterreichPremieren; Tickets: € 8/5 Augartenspitz, 1020 Wien, Obere Augartenstraße 1, Programm und Infos unter www.kinowienochnie.at ab 1.7., Österreich Alive! (Albanien 2009) Regie: Artan Minaroli, Drama mit Nik Xhelilaj, Niada Saliasi, Xhevdet Feri u.a. 3., 17., 21.7., 21.30, Wien Shnit Kurzfilmnacht – rund 300 Kurzfilme aus aller Welt, im Rahmen von Volxkino – Open Air Kino Augustinerplatz, 1070 Wien, nähere Infos unter www.volxkino.at diverse Kinos, Österreich Barfuß auf Nacktschnecken (F 2010) Regie: Fabienne Berthaud, Tragikkomödie mit Diane Kruger, Ludivine Sagnier, Denise Menochet u.a. 6.7., 19.00, Berlin „Osama“ – Filmvorführung und Gespräch, Eintritt frei Frauenkreise – soziokulturelles Projekt, 10119 Berlin, Choriner Straße 10, www.frauenkreise-berlin.de 7.7., 19.30, Hamburg I’m not there – Filmreihe Queer Cinema Querbild e.V., 20357 Hamburg, Schanzenstraße 45 ab 8.7., Österreich Sennentuntschi (CH/ A 2011) Regie: Michael Steiner, Tragödie mit Roxane Mesquida, Nicholas Ofczarek u.a. 16.7., 22.00, Dornbirn A Single Man (USA 2009) Regie: Tom Ford, mit Colin Firth, Julianne Moore Spielboden Dornbirn, 6850 Dornbirn, Färbergasse 15, T. 05572/21933, www.spielboden.at 19.8., 20.30, Wien Four Lions (GB 2010) Regie: Christopher Morris, im Rahmen VOLXkino – Open Air Kino Karmeliterplatz, 1020 Wien, nähere Infos unter www.volxkino.at ab 26.8., Österreich Am Ende des Tages ( A 2011) Regie: Peter Payer, Drama mit Simon Schwarz, Anna Unterberger, Nicholas Ofczarek u.a. bühne 1.,2.,8.,9.7.: 19.30, 10.7.: 17.00, Gramatneusiedl Guten Morgen Marienthal – Performance der Gruppe DREIZEHNTERJANUAR in Koop. mit NÖ-Landesausstellung, anschließend Podiumsdiskussion und Publikumsgespräch, Tickets € 19/12 Betriebsgelände der Para-Chemie, 2440 Gramatneusiedl, T. 0699/101 130 82 www.viertelfestivalnoe.at/marienthal 4. u. 5.7., 21.00, Wien Babilonia Taetri: pornobboy. Kooperation der ARGEkultur mit sommerszene salzburg, freier Eintritt Anton-Neumayr-Platz 2, 5020 Salzburg, T. 0662/ 843 448 www.argekultur.at 6.–9.7., Wien Jacuzzi – some days of performance, part & public mit Anne McRae, Meg Stuart, Fanni Futterknecht u.a. WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, T. 01/ 401 210, www.wuk.at 6.–9., 15.–17., 21.–24., 28.–30.7., 19.00, Perchtoldsdorf Lysistrate – Komödie von Aristophanes mit Mercedes Echerer, Christa Schwertsik, Tania Golden , Sommerspiele Perchtoldsdorf Burg Perchtoldsdorf, 2380 Perchtoldsdorf, Marktplatz 10, Info und Kartenvorverkauf unter T. 01/ 866 83 400, www.sommerspiele-perchtoldsdorf.at bis 10.7., Salzburg Annja Krautgasser: Giants and Mosquitoes – dokumentarische Einblicke in das Leben der Roma in Italien Salzburger Kunstverein, Künstlerhaus, 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 3, Di–So 12–19, T. 0662/ 84 22 940 www.salzburger-kunstverein.at bis 14.7., Salzburg UNENDLICH FREI – Internationales Theater- und Tanzfestival sommerszene Salzburg, 21 Produktionen zu freiem Eintritt Programm und Schauplätze unter T. 0662/ 84 3448 oder www.sommerszene.net 15.7–7.8., Gars am Kamp Open Air Gars 2011: Carmen von Georg Bizet Babenberger Burgruine, 3571 Gars am Kamp, Programm und Tickets unter www.openair.at 12.–14.8., Wien ImPuls Tanz – Vienna International Dance Festival mit Trisha Brown Company, Cie. Marie Chouinard, Mathilde Monnier, Anne Teresa de Keersmaeker & Rosas u.v.m. Infos, Programm und Schauplätze unter www.impulstanz.com und T. 01/ 523 55 58 31.8., Wien Martina Schwarzmann: Wer Glück hat, kommt – Musik-Kabarett Stadtsaal, 1060 Wien, Mariahilferstraße 81, T. 01/909 22 44 www.stadtsaal.com seminar workshop 3.–8.7, Schlaining 28. Internationale Sommerakademie: „Zeitenwende in der arabischen Welt: welche Antwort findet Europa?“ Burg Schlaining, 7433 Schlaining, www.aspr.ac.at 30.9.–1.10., 9–15.00, Wien Psychotherapie und Beratung mit transidenten Menschen – Weiterbildungsseminar, Kosten: € 220/ 170/ 30, Anmeldung bis 16.9. unter [email protected] Beratungsstelle COURAGE Wien, 1060 Wien, Windmühlgasse 15/1/7, T. 01/ 585 69 66 www.courage-beratung.at 30.9, 21.10., 11.11., 2.12, 9–16.00, Wien Moderationstraining für Frauen/ Kompetenzkreis-Abend: „Braucht Diversity den Konflikt?“ Kosten: € 420 Infos rund um Ort und Anmeldung (bis 12.9) unter T. 0676/ 6111160 [email protected] vortrag diskussion 7.7., 18.00, Marburg Paul Scheibelhofer: Konstruktion und Krisen des „unmarkierten Geschlechts“. Zugänge der Kritischen Männlichkeitsforschung Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung, Universität Marburg, 35037 Marburg, Hörsaal 207, Hörsaalgebäude, Biegenstraße 14, www.uni-marburg.de 8.8., 19.00, Wien G.R.A.M.: „Re-Enactment“ Vortrag und Präsentation zur Eröffnung der Ausstellung „sight stories“ 9.–21.8., Di – Sa 16–20.00 Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, T. 01/ 401 21 0 www.wuk.at jeden ersten Montag im Monat, 19.00, Linz Frauen-Kultur-Café: „Diskuthek“ – eine Diplomarbeit aus dem Feministischen Grundstudium (Rosa Mayreder College) wird vorgestellt, anschließende Diskussion Autonomes FRAUENzentrum Linz, Starhembergstraße 10/ 2. Stock, Ecke Mozartstraße, T. 0732/602200 ausstellung bis 10.7., Salzburg Maja Vukoje Salzburger Kunstverein/Künstlerhaus, 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 3, Di–So: 12–19.00 www.salzburger-kunstverein.at bis 10.7., Linz Friedl vom Gröller: Filme und Fotografien, Eintritt: € 6.50/ erm. 4.50 Lentos Kunstmuseum, 4020 Linz, Ernst-Koref Promenade 1, Di–So 10–18.00, Do 10–21.00, T. 0732/ 7070 3600 bis 23.7., Wien Farewell to Longing – Figurationen von Heimat in der Gegenwartskunst, Eintritt frei Kunstraum Niederösterreich, 1014 Wien, Herrengasse 13, Di–Fr 11–19.00, Sa 11–15.00, www.kunstraum.net bis 29.7, Wien „Jenseits des Helfersyndroms III“ Künstlerische Positionen zu Care Working und Assistenz Galerie IG Bildende Kunst, 1060 Juli August 2011 an.schläge l 43 an.künden bis 25.9., Wien Katrin Hornek: „The grass is always greener...“ Kunstzelle im WUK Hof, Währinger Straße 59, Mo–Fr 9–20.00, Sa,So,Feiertag 15–20.00, T. 01/ 401 21 0, www.wuk.at bis 15.11., Wien „MODELLS – das perfekte Profil“ eine LED-Installation von Nicole Pruckermayer und Elisabeth Schimana an der Außenfassade des Hotels „Altes Kloster“ und der „Insight Turm“ erlauben einen Blick hinter die Systematiken der „Google-Suchmaschinerie“ Kulturfabrik Hainburg, 2410 Hainburg/ Donau, Kulturplatz 1/ Donaulände 33, Insight Turm: 9–18.00 www.insight-turm.ima.or.at Foto: Christine Schlegel Rebellinnen entdeckt! 2.6 – 9.10., Kunsthalle Mannheim, 68165 Mannheim, Friedrichsplatz 4, Di–So & Feiertage 11–18.00, Mi 18–20.00, www.kunsthalle-mannheim.eu bis 29.7., Wien Artists in Residence – Werkpräsentation der GastkünstlerInnen Marika Asatiani, Razvan Boti, Irena Sladoje Galerie ArtPoint, Universitätsstraße 5, 1010 Wien, T. 01/ 523 87 65 15 www.kulturkontakt.or.at bis 7.8., Bremen Zilla Leutenegger: More than this, Zeichnungen, Objekte, Videoinstallationen werden zu raumgreifenden Installationen Weserburg I, Museum für moderne Kunst, 28199 Bremen,Teerhof 20, Di, Mi, Fr 10–18.00, Do 10–21.00, Sa u.So 11–18.00, T. 0049(0)421/59 839 70, www.weserburg.at bis 21.8., Hittisau Jenny Matthews: Frauen im 3.–4.9., 16–18.00, Wien AutorINNENlesung 2011. Linkes Wort am 65. Volksstimmefest Jesuitenwiese, 1020 Wien, 7*Stern-Bühne www.linkes-wort.at aktivitäten 16.7., 19.00, Hamburg Thirty Plus – Die neue Gruppe für Lesben ab 30 Kreuzfeuer Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz 501, Do 15–20.00, Fr 14–17.00, Sa u. So 10–12 u. 14–17.00 T. 05513/ 6209 30, www.frauenmuseum.at bis 2.9., Wien Ariane Spanier: Typopassage. Collagen, Fotografie, beschriebenes Papier verbinden sich zu bühnenartigen Settings Museumsquartier – quartier 21, 1070 Wien, Museumsplatz 1 T. 01/ 523 5881 bis 16.9., 0–24.00, Weikersdorf Iris Andraschek und Hubert Lobnig: MY LIFE, MY RULES. Du sollst nicht rauchen! Du sollst nicht links parken! – Installation aus Affichen, Malerein, Zeichnungen Kunstraum Weikendorf, 2253 Weikendorf, Rathausplatz 1, Shuttlebus von Wien nach Weikendorf, Infos und Anm. unter T. 02742/ 900 516 273 diverse Termine, Schweiz Wen-Do – Selbstverteidigung und Selbstbehauptung von Frauen, für Mädchen und Frauen Infos und aktuelles Kursangebot unter www.wendo.ch 4.7., 19.00 Wien Kathrin Röggla und Oliver Grajewski lesen aus ihrem gemeinsamen „tokio, rückwärtstagebuch“ , mit Spendenbox für Katastrophenopfer in Japan Alte Schmiede, Kunstverein Wien, 1010 Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/ 512 44 46 74, www.alte-schmiede.at 10.7., 19.00, München Buchpremiere mit Asta Scheib „Das stille Kind“ Literaturhaus München, 80333 München, Salvatorplatz 1, T. 0049(0) 89/29 19 340 www.literaturhaus-muenchen.de 11.7., 19.00, Wien Antonio Fian liest aus „man kann nicht alles wissen“ (Dramolette Verlag) Alte Schmiede, Kunstverein Wien, 1010 Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/ 512 44 46 74, www.alte-schmiede.at 15.7., 20.30, Dornbirn Ulrike Draesner liest aus „Richtig liegen“ (Luchterhand Verlag) Eintritt: € 9/6 Spielboden Dornbirn, 6850 Dornbirn, Färbergasse 15, T. 05572/21933, www.spielboden.at 15.7., 20.30, Dornbirn Nadja Bucher liest aus „Rosa gegen den Dreck der Welt“ (Milena) Eintritt: € 9/6 Sommer, Sonne, Mädchencamp Im feministische Mädchencamp der Naturfreundejugend Berlin können Girls von 13–16 Jahren einen spannenden Urlaub erleben. Neben Workshops, Kursen und verschiedenen Aktivitäten, wie etwa Schlagzeug spielen, Kampfsport probieren oder einfach nur an den Badesee gehen, werden auch feministische Themen diskutiert. 1.–11.8. Gutshaus Gantikow, Anmeldung und Infos unter www.naturfreundejugend-reisen.de Espressofilm lädt auch diesen Sommer zum Open Air-Kino – diesmal mit einem besonderen Schwerpunkt: der achtteiligen Filmreihe „rollen.wechsel“, die weibliches (Kurz-)Filmschaffen feiert. Denn: „Für das Kino – für die Ästhetik seiner Ausdrucksformen und Inhalte – ist eine weibliche Perspektive unerlässlich, damit Film zu dem wird, was seine Faszination ausmacht.“ (Germaine Dulac, 1925) 44 l an.schläge Juli August 2011 17.7–13.8., Wien ImPuls Tanz Workshop Festival für Zeitgenössischen Tanz und Körperarbeit Infos und Anmeldung unter www.impulstanz.com/workshops11 1.7., 19.00, Wien Alice Pechriggl: Ist die Dialektik in der Philosophie der Andersheit aufgehoben oder aufgelöst? Institut Francais de Vienne, Palais Clam-Gallas, 1090 Wien, Währinger Straße 30 Espresso, bitte! Filmstill aus „lezzieflick“ (Nana Swiczinsky, A 2008) Lesbenverein Intervention e.V., 20357 Hamburg, Glashüttenstr. 2 T. 0049(0)40/24 50 02 www.intervention-hamburg.at lesung Die Ausstellung „Entdeckt: Rebellische Künstlerinnen in der DDR“ zeigt radikale und subversive Werke junger Künstlerinnen aus der DDR. Die Werke, ausgewählt von Gastkuratorin Susanne Altmann, sind bislang weitgehend unbekannte Experimentalfilme, Installationen, Grafiken, Collagen sowie Gemälde von elf avantgardistischen Künstlerinnen. Wien, Gumpendorfer Straße 10-12, Di–Fr 13–18.00, T. 01/ 524 09 09 www.igbildendekunst.at Spielboden Dornbirn, 6850 Dornbirn, Färbergasse 15, T. 05572/21933, www.spielboden.at 7.6.–26.8 „espressofilm – Kurzfilm einen Sommer lang“, Gartenpalais Schönborn, 1080 Wien, Laudongasse 15-19 espressofilm.at jeden 2. u. 4. Freitag, 17.00, Wien ARGE Dicke Weiber Treffen – Feministische Initiative dicker Frauen gegen Gewichtsdiskriminierung und Schlankheitsterror – für Vielfalt und positive Selbstbilder, Infos: argedickweiber.wordpress.com, [email protected] FZ-Beisl, 1090 Wien, Währingerstraße 59/ Ecke Prechtlgasse jeden Do u. Fr, 18–24.00, Wien Feministische Kneipe, für Frauen, Lesben, Transpersonen, Intersexpersonen Frauencafé, 1080 Wien, Langegasse 11, www.frauencafe.at jeden Donnerstag, ab 18.00, Graz Offener Abend im „feel free“ der „RosaLila PantherInnen“ feel free – steirisches Schwulen- und an.künden Lesbenzentrum, 8020 Graz, Annenstraße 26, T. 0316/ 36 66 01 www.homo.at Impressionen beratung 9.7., 17–18.30, Feldkirch Gynäkologische Sprechstunde, kostenfreie Beratungsgespräche mit Dr.in Frischeis-Bischofberger, um Anmeldung wird gebeten unter 05522/ 31002 oder [email protected] FEMAIL – Fraueninformationszentrum, 6800 Feldkirch, Marktgasse 6 www.femail.at diverse Termine, Wien Frauen beraten Frauen – Psychosoziale Beratung, Rechtsberatung, uvm. 1060 Wien, Lehargasse 9/2/17 oder 1010 Wien, Seitenstettengasse 5/7, Mo u. Mi 9.30–12.30, Di u. Do 13–16.00 diverse Termine, Berlin Frauenkreise – Beratungsangebot für Frauen: Rechtsberatung, Beratung und praktische Unterstützung für Filmerinnen uvm. Frauenkreise – soziokulturelles Projekt, 10119 Berlin, Choriner Str. 10, T. 0049(0)30/280 61 85 www.frauenkreise-berlin.de jeden Donnerstag, Graz Infotag ZAM Frauenservice nowa, 8010 Graz, Jakominiplatz 16, Steinfeldhaus, T. 0316/ 716022 12.7., 19–21.00, Wien QUEER*FAMILY – Begleitende Selbsthilfegruppe für les-bi-schwule Eltern bzw. Familien mit gleichgeschlechtlichen PartnerInnen und Partnern Die Ausstellung „Impressionen aus der Alten und neuen Welt“ zeigt Aquarelle von Lotte Berger-Maringer und Helge Fischer Zoltner. Der Erlös der Ausstellungen geht an ein Frauenförderungsprojekt der Solidarität mit Lateinamerika in Guatemala. Lotte Berger-Maringer Beratungsstelle COURAGE Wien, 1060 Wien, Windmühlgasse 15/1/7, T. 01/ 585 69 66 www.courage-beratung.at radio fixtermine Mo 18–19.00, Wien Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Mo Mo 19–20.00, Oberösterreich 52 Radiominuten – Sendung von FIFTITU%, Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ Radio FRO, 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, jeden 4. Mo Mo 18–19.00, Kärnten Frauenstimmen – Glas zena Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac), bis 16.7., Schloss St. Martin – Volksbildungsheim des Landes Steiermark, 8054 Graz, Kehlbergstraße 35, Anruf vor der Besichtigung erbeten unter 0316/ 28 36 55 Live Stream: www.agora.at, wöchentlich Di, 13–14.00, Wien Globale Dialoge – Women on Air Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, wöchentlich So, 19–20.00, Tirol Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck), Live Stream: www.freirad.at, jeden 1. So Di, 18–19.00, Wien Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di Di, 20–21.00, Deutschland Mrs. Pepsteins Welt – FeminismusAllüren, und Musik, Musik, Musik Radio Blau 99.2 MHz (Leipzig), www.mrspepstein.de, jeden 4. Di Di, 21–22.00, Wien female:pressure – Feministisches Magazin zu Musik- und Clubkultur Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di Mi 18–18.30, Salzburg Frauenzimmer – Plattform für eine frauenspezifische Information Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg Stadt), Live Stream: www.radiofabrik.at, wöchentlich Mi 18–19.00, Wien Bauch, Bein, Po – Die Sendung für die ganze Frau Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Mi Do 18–19.00, Wien Transgender Radio Orange 94.0 MHz (in Kooperation Radio ALEX, Berlin), Live Stream: http://o94.at, jeden 1. und 3. Do Foto: After Image Productions Kinohimmel Das heurige Programm des Open Air-Filmfestivals „Kino unter Sternen“ nennt sich „Aus dem Koffer“ und präsentiert Filme über Heimatlose, Vertriebene, Reisende und GrenzgängerInnen. Was uns besonders freut: Am Kinohimmel glänzen auch viele Produktionen von Regisseurinnen. Während Ruth Beckermann etwa in „homemad(e)“ die Marc-Aurel-Straße in Wien von Sommer 1999 bis Frühling 2000 erkundet, schweift Lisl Ponger weiter in die Ferne und sammelt für „Passagen“ (1996) Reisebilder. 1.–24.7., Karlsplatz, Resselpark, 1010 Wien, Infos und Programm unter www.kinountersternen.at Fr 18–19.00, Wien Radio UFF – Sendung des Unabhängigen FrauenForums Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Fr Fr 19–20.00, Oberösterreich SPACEfemFM Frauenradio Radio FRO 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, jeden 1., 3. u. 4. Fr Sa 12–13.00, Deutschland Rainbow City – Radio für Lesben und Schwule 97.2 MHz (Berlin), Live Stream: www.radiorainbowcity.de, wöchentlich Sa 19–20.00, Steiermark Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 4. Sa So 17–18.00, Steiermark Genderfrequenz – Sozialpolitisch, feministisch, unbeugsam Radio Helsinki, 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 2. So Yvette Mattern, Interview with my Mother, Mulatta/Mestizo, 2008 Installationsansicht Black Sound, White Cube Populärkultur sieht nicht nur weiß aus, sie klingt auch weiß. Zehn internationale bildende Künsterinnen wollen mit dieser Hegemonie brechen und beschäftigen sich in „Black Sound, White Cube“ mit musikalischen Traditionen der afroantlantischen Diaspora. Die Ausstellung, die 2010 bereits Innsbruck gezeigt wurde, basiert auf der gleichnamigen Publikation von Ina Wudke und Dieter Lesage, die nun auch in deutscher Ausgabe beim Wiener Löcker-Verlag erscheint. 10.7.–28.8., Black Sound, White Cube, Kunstquartier Bethanien/Studio 1, 10997 Berlin, Mariannenplatz 2, www.blacksoundwhitecube.com, täglich 12–19.00 Juli August 2011 an.schläge l 45 Vorschau auf die September-Ausgabe: Rassismus im Feminismus Was tun, wenn die Innenministerin „den Feminismus“ entdeckt? „Top Girls“ Angela McRobbie im Interview über das vermeintliche Ende des Feminismus. an.schläge-Abopreise: Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro * Gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage. Weitere Infos unter [email protected] oder auf www.anschlaege.at. an.schlägetv auf OKTO webstream: www.okto.tv an.schläge gibt’s in folgenden Buchhandlungen: Fachbuchhandlung ÖGB 1010 Kuppitsch 1010 Morawa 1010 Winter 1010 Frick International tiempo 1010 Facultas 1010 Lhotzkys Literaturbuffet 1020 Südwind 1070 Tabak Trafik Brosenbauch 1070 Riedl 1080 Löwenherz 1090 Südwind 1090 Infoladen Infomaden 1110 Infoladen Treibsand 4040 Kulturverein Waschaecht 4600 Rupertusbuchhandlung 5020 Wagnersche Buchhdlg. 6020 Amazone-Zentrum 6900 Berta – Bücher & Produkte 8020 KiG! Kultur_in_Graz 8020 Hacek-Bücherei 9020 Rathausstr. 21 Schottengasse 4 Wollzeile 11 Rathausstr. 18 1010 Schulerstr. 1-3 Johannesgasse 16 Universitätsstr. 7 Taborstr. 28 Mariahilferstr. 8 Kaiserstr. 96 Alser Str. 39 Berggasse 8 Schwarzspanierstr. 15 Wielandgasse 2-4 Rudolfstr. 17 Dragonenstr. 22 Dreifaltigkeitsgasse 12 Museumstr. 4 Brockmanngasse 15 Siebenundvierzigergasse 27 Feuerbachgasse 25 Paulitschgasse 5/7 und auch in vielen Städten in Deutschland. Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf: zappho des monats www.anschlaege.at www.myspace.com/an.schlaege www.facebook.com/anschlaege 46 l an.schläge Juli August 2011 FRAUENHOTEL artemisia BERLIN Zimmer zum Wohlfühlen in Citylage. Ab 39,- EUR Brandenburgische Str. 18 10707 Berlin, T. 0049-30-8738905 [email protected] www.frauenhotel-berlin.de WER SORGT FÜR GERECHTIGKEIT? Mein e AK Näh rw ertam pel Banke nrech ner Brutt o-N Rech ettoner JETZT ALS APP. 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Okt obe r 2010 · Nr. 234 · 1,30 Euro · PVS t A110 02 · Entg elt beza hlt Aufschlag 13 Euro für nix: Der Bund-Län der-Kompromiß zur BAfö G-Erhöhung deck t gerade den Preis anstieg 5 Gegenwehr Zehntausende gegen Rasmusse ns Regierung: In Dänema rk nehmen die Proteste gegen Sozialabbau zu 6 N ein zur Mappu s-Show Bestseller A Von Daniel Beh ruzi www.jungew elt.de Stieg Larsson hat den Erfolg seine r Bücher nicht meh r erlebt. Jetzt liegt die erste Biographie vor 13 Baden-Württemb ergs Ministerprä sident ernennt Hei Demonstranten ner Geißler zum fordern Baustop Vermittler in Sac p und Aufklärun hen »Stuttgart 21« g der Polizeiübe . ngesichts rgriffe. anhaltender Mass enproteste gegen »Stuttgart 21« wird Baden-Wü rttembergs Ministerpräsident Stefan Ma TKI op e n g »Ich will die DKP wieder zusamme nführen.« Inter view mit der designierten Vorsitzenden Bettina Jürgensen einreichfrist 19.10.2011 infos unter www.tki.at 166 Millionen Menschen hung ern Rom. 166 Millionen Menschen weltweit leiden laut einer UN-Studie an Hunger. In 22 Ländern seien die Bewohner chron isch unterernäh rt oder hätten Prob leme, genug zu essen zu bekomme n, heißt es in 12 € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 l l an.schläge das feministische monatsmagazin. juli august 2011 kampfbereit! Jetzt Boxen Fight for your Right! abonnieren. Schnupperabo (3 Hefte): 10 / 12* Euro Jahresabo (10 Hefte): 35 (ermäßigt 29) / 45* Euro Unterstützungsabo (10 Hefte): 43 * gültig für Europa, weitere Ausla / 53* Euro ndspreise auf Anfrage Infos und Bestellungen unter [email protected] oder auf www.anschlaege.at Indignades feministes Wie feministisch ist die spanische Protestbewegung? Elektronische Zärtlichkeit Ada umarmt uns mit ihren neuen Songs zwischen Techno und Pop Plus: Neues Prostitutionsgesetz >> Partisaninnen>> Kicken für Kim>> I love Vagina >> Fett & Zucker >> Feministische Kunst in Lateinamerika >> und vieles mehr an.schläge Nr. 07-08/11, 25. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M