Kanada und USA: Uranabbau in indianischen

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Kanada und USA: Uranabbau in indianischen
Kanada u nd US A: Uranabba u in
indianischen Siedlu ng sgebieten
In Zukunft gibt es weltweit nur einige wenige Produzentenländer, die für den
Betrieb von Atomreaktoren Uran liefern können. Beispielsweise Kanada und
die USA. In Kanada sind die Ureinwohner gegenüber den Urankonzernen
praktisch rechtlos. In den USA, vor allem im Gebiet des Grand Canyon,
arbeiteten viele Angehörige indianischer Völker zu unmenschlichen
Bedingungen. Ihre Lebensgrundlage wurde und wird durch den Uranabbau
zerstört.
Situation der Indianer Nordamerikas
In Kanada gelten rund 700.000 Menschen
in 650 Stämmen als Indianer. Dabei wird
unterschieden zwischen Status Indians
(First Nation), welchen bestimmte Rechte
im Indianergesetz eingeräumt werden und
Non-Status-Indians (welche diese Rechte
nicht besitzen, weil sie nicht registriert
sind). Aufgrund der Gesetze verlieren
beispielsweise „gemischte“ Paare ihren
Anspruch auf die Rechte der Ureinwohner.
Selbst Angehörige der First Nation gelten
deshalb formalrechtlich nicht mehr als
Indianer. Der Gesamtanteil der Indianer in
Kanada beläuft sich auf 2,1% der heutigen
Bevölkerung. Sie leben vorwiegend in den
rund 3000 Reservaten. Ihre Dachorganisation ist die Assembly of First
Nations.
In den USA leben rund 3 Millionen Indianer,
das sind 1% der Gesamtbevölkerung.
562 Stämme sind anerkannt, 245 Stämme
sind nicht anerkannt. Der überwiegende
Teil lebt im Gebiet um den Grand Canyon
(Arizona, New Mexico, Kalifornien) in
Reservaten. Die indigene Bevölkerung
verfügt formal über verschiedene Rechte
wie etwa die Reservate. Diese werden
aber oft als Eingrenzung und nicht als
Privileg empfunden, da viele
Indianerstämme Halbnomaden sind. In der
Regel umfassen die Rechte nur die
Siedlungen, nicht aber das traditionelle
Nutzungsgebiet der Indianer.
Die Frage der Landrechte führt immer
wieder zu Auseinandersetzungen zwischen
Angehörigen einer Minderheit und
mächtigen Wirtschaftsinteressen. So
beansprucht etwa die kanadische
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Regierung die alleinige Verfügungsgewalt
über die Ressourcen und hält nichts von
Mitspracherechten oder gar Beteiligung
der First Nation.
Die Frage nach der Möglichkeit quasistaatlicher Souveränität mit
entsprechenden Territorien steht dabei
sowohl in Kanada als auch in den USA in
hartem Kontrast zum Versuch, die Stämme
als Summe von Individuen zu behandeln.
Den Stämmen Kanadas soll ein Teil ihres
traditionellen Gebietes zurückgegeben
werden. Jedoch nicht mehr als
Kollektiveigentum wie die Reservate,
sondern als privater, veräusserlicher
Besitz. Angesichts der verbreiteten Armut
ist abzusehen, dass dies zum Verkauf
grosser Teile indianischen Landes führen
würde. Eine Assimilationsstrategie, wie sie
die USA lange betrieben haben.
Soziale Probleme wie Armut, Krankheiten,
Alkohol- und Drogenprobleme, das
Auseinanderbrechen von familiären
Strukturen, die Bedrohung der
Subsistenzwirtschaft durch
Einschränkungen des Fisch- und
Jagdrechts, ökologische Probleme und
die Folgen zahlreicher Zwangsumsiedlungen treffen diese Gruppen
besonders hart. Diese existentiellen
Probleme haben in den USA und Kanada
zu einer stark erhöhten Selbstmordrate
unter Indianern geführt. In den USA liegt
sie 70% höher als im US-amerikanischen
Durchschnitt. Indianische Jugendliche
zwischen 15 und 24 Jahren bringen sich
dreimal so häufig um wie ihre
amerikanischen Altersgenossen. Zugleich
nimmt die Gewalt von Gangs in manchen
Reservaten deutlich zu.
Greenpeace, Heinrichstrasse 147, Postfach, CH-8031 Zürich
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Factsheet | Uranabbau Kanada/USA
Uranabbau
Der grösste Teil der Uranabbaugebiete
und Uranreserven finden sich auf dem
Land von Indigenen. Etwa die Hälfte des in
den USA abgebauten Urans wird auf
indianischem Land abgebaut. In den
Siedlungsgebieten von Pueblo-Völkern,
von Apachen, Havasupai, Diné und Ute in
New Mexico.
Kanada gehört neben Australien,
Kasachstan und Niger zum weltweit
wichtigsten Uranexporteur. Das Uran wird
im Norden der Provinz Saskatchewan auf
dem Land der Cree und Dene-Indianer und
der Inuit (Northwest Territories) abgebaut.
In Kanada finden sich die höchsten
Urankonzentrationen der Welt. Die
ergiebigste Mine (Cigar Lake) wird aber
aufgrund wiederholter Wassereinbrüche
den Betrieb mindestens 2 Jahre später als
vorgesehen aufnehmen.
Die USA decken 82 Prozent des eigenen
Uranbedarfs mit Importen. 40% der
eigenen Uranförderung erfolgt durch die
In-Situ-Leaching-Methodei. Die heute
(Stand 2009) wichtigsten produzierenden
Minen sind Smith Ranch/Highland property
in Wyoming, Crow Butte in Nebraska,
Mestena Uranium’s Alta Mesa und URI’s
Kingsville in Texas. Die grossen Reserven
befinden sich im Gebiet um den Grand
Canyon, im Einzugsgebiet des Colorado
River, wo über 10’000 Schürfrechte
veräussert wurden. Je nach Besetzung der
US-Regierung wird die Exploration
vorangetrieben (Bush-Administration) oder
der Schutzgedanke und die Rechte der
Indianer zumindest beachtet (Obama, ein
Dekret stoppt die Ausgabe von weiteren
Schürfrechten in einem weiten Gebiet des
Grand Canyon, Juni 2009).
Folgen für Mensch und Umwelt
Der Uranabbau in den Indianergebieten
wurde nicht nur bekämpft, sondern er
stellte für viele auch eine
Einkommensquelle dar. Wie überall
weltweit arbeiteten die Grubenarbeiter
ungeschützt und unaufgeklärt bezüglich
der gesundheitlichen Gefahren durch
kontaminierte Materialien. Bereits in den
70er Jahren wurden die gesundheitlichen
Folgen für die Uranmineure offenbar.
Die grössten Minen Kanadas
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Auf Anfrage der Navajo-Gemeinde
untersuchte das Southwest Research and
Information Center (SRIC) in langjähriger
Arbeit die Folgen des Uranbergbaus.
Aufgrund ihrer Berichte beschloss der
Kongress eine finanzielle Entschädigung
für die ehemaligen Grubenarbeiter. Damit
ist aber erst ein kleiner Teil des Problems
gelöst: Hunderte von kleinen Minen,
welche von Beginn der 40er bis in die
70er Jahre betrieben wurden, sind nie
saniert worden. Die gesundheitlichen
Risiken bleiben für die Bewohner im „Four
Corners“-Gebiet akut (Grenzgebiet UtahArizona-Colorado-New Mexico).
Wasserquellen sind nach wie vor vergiftet,
die Oberflächenstrahlung ist erhöht.
Bild: Black Hills Oglala Lakota Protest 1979
Bereits melden Bergbauunternehmen
Ansprüche auf neue
Explorationsgenehmigungen auf
Staatsland in der Nähe des Grand Canyon
Nationalparks an und wollen Uran
abbauen. Gegner warnen vor einer
weiteren Verseuchung des Trinkwassers
durch radioaktive Isotope und fordern auf
juristischem Weg ein Ende des
Uranbergbaus. Die Navajo Nation
verabschiedete ein entsprechendes Verbot
in ihrer Versammlung (siehe Kasten,
Pressemitteilung). Eine Vertretung der
indianischen Völker warnte am Klimagipfel
2009 in Kopenhagen vor einer
Scheinalternative „Kernenergie“ und wies
auf die schwerwiegenden Konsequenzen
der Nuklearindustrie auf die Gesundheit
der Bevölkerung hin.
NAVAJO NATION PRESIDENT SIGNS
BILL BANNING URANIUM MINING
AND MILLING
Crownpoint, N.M., April 29, 2005. Navajo
Nation President Joe Shirley, Jr., today
signed what is believed to be the first
Native American tribal law banning
uranium mining and milling. With dozens
of community members and dignitaries
looking on, Shirley signed the Diné
Natural Resources Protection Act
(DNRPA) of 2005, which was passed by
the Navajo Nation Council by a vote of
63-19 on April 19. As amended by the
Council during floor debate, the act
states, "No person shall engage in
uranium mining and processing on any
sites within Navajo Indian Country." The
law is based on the Fundamental Laws
of the Diné, which are already codified in
Navajo statutes. The act finds that based
on those fundamental laws, "certain
substances in the Earth (doo nal yee dah)
that are harmful to the people should not
be disturbed, and that the people now
know that uranium is one such
substance, and therefore, that its
extraction should be avoided as
traditional practice and prohibited by
Navajo law." (See Press Release)
Bezug zur Schweizer Atomindustrie
Das Kernkraftwerk Gösgen beteiligte sich
anfangs der 80er Jahre an Uranminen in
den USA, hat diese Beteiligung gemäss
verschiedenen Stellungnahmen aber wieder
abgestossen. Verschiedene Schweizer
Einzelspekulanten und Briefkastenfirmen
kauften Schürfrechte (u.a. auch in den USA)
in der Absicht, diese gewinnbringend an
Atomkonzerne zu veräussern. Bestätigt ist
der Einsatz von kanadischem Uran in
Schweizer Atomkraftwerken. Wenn auch
vorübergehend kasachisches Uran im
Fokus der Interessen der Schweizer
Atomkraftbetreiber steht, ist damit zu
rechnen, dass aufgrund der Nachfrage in
Zukunft sowohl amerikanisches wie auch
kanadisches Uran in der Schweiz zum
Einsatz kommen wird. Direkte
Beteiligungen sind nicht aktenkundig. Die
genaue Herkunft des Urans steht unter
dem Geschäftsgeheimnis der Schweizer
Atomkraftbetreiber.
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Fussnoten
i
Bei dieser Methode werden grosse Mengen von
Schwefelsäure in das Gestein gespritzt, um das Uran
im Untergrund herauszulösen. Nach einigen Monaten
wird die Lösung abgesaugt und das darin enthaltene
Uran zu Yellowcake (Natururan) verarbeitet.
Quellen
Environmental Justice & the Survival of a People:
Uranium Mining & the Oglala Lakota People. 2007,
Manderson, South Dakota
Uranium Mining in Canada – Past and Present
Background notes for a presentation to the Indigenous
World Uranium Summit November 30-December 1,
2006 Window Rock, Arizona
Weiterführende Links
Incomindios Schweiz http://www.incomindios.ch/
Institut für Ökologie und Aktions-Ethnologie
http://www.infoe.ch/
Koordinationskreis ILO 169 Konvention /
Menschenrechte für Indigene Völker
http://www.ilo169.de/index.php?option=com_content&
task=view&id=17&Itemid=39
Sierra Club http://www.sierraclub.org
First Nations http://www.dickshovel.com/
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