Vom Ferdinands-Garten zur Baumschule

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Vom Ferdinands-Garten zur Baumschule
Vom Ferdinands-Garten zur Baumschule
120 Jahre Bad Homburger Baumschulen Merle-Peselmann
von Ulrich Cannawurf
Japanische Zierkirsche in voller Blüte
Ein farbenprächtiges Staudenbeet
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Mit dem Tod von Landgraf Ferdinand 1866 endete das Haus HessenHomburg. Wenige Monate später
fiel das Gebiet der Landgrafschaft
an Preußen. Der Hofgärtner Georg
Karl Merle wurde in die Dienste
des neuen Landesherrn übernommen. Er erwarb 1867 für 3.600 Gulden aus dem Nachlaß seines ehemaligen Landesherrn den sogenannten
Ferdinands-Garten, der auch als
Teil der Landgräflichen Gartenlandschaft galt, jedoch nicht parkartig angelegt, sondern fast ausschließlich mit Tannen und Fichten
bepflanzt war.
Inzwischen war Georg Karl Merle königlich-preußischer Beamter
und durfte aufgrund der damaligen
strikten Standesregelungen nicht
nebenher gewerblich tätig sein. Er
verpachtete die Anlage an einen
Vetter, der dort ein Café-Restaurant
mit vielen Attraktionen eröffnete.
Es gab dort täglich frischen Kuchen, kalte und warme Speisen und
Getränke. Besonders hingewiesen
wurde auch auf die schöne Aussicht
zum Taunus, dem Gotischen Haus
sowie zum Schloß. Als Adresse
wurde angegeben: zehn Minuten
vom königlichen Schloß an der großen Allee.
Gegen Ende der 1880er Jahre übernahm Adolf Merle, Sohn des Hofgärtners, den Ferdinandsgarten.
Das Ausflugslokal wurde nach einigen Jahren geschlossen. Adolf Mer-
Leo, Annelie und Claudia Peselmann
Reklame deutsch und englisch. Angesprochen wurde auch das internationale Publikum der Kurgäste, ca. 1880.
Ida und Adolf Merle umrahmt von ihren Kindern
Theodor (Vater von Annelie), August, Anna und Elisabeth
le eröffnete 1891, also vor 120 Jahren, auf dem Gelände
eine Gärtnerei. Zunächst wurde hauptsächlich Gemüse
angebaut, später wurden Gewächshäuser errichtet, in denen vorwiegend Blumen gezüchtet wurden.
Die meisten Produkte wurden an Händler in Frankfurt
geliefert. Der Transport dorthin erfolgte mit Pferdefuhrwerken.
Adolf Merle verstarb 1931, der Betrieb wurde von seinen
Söhnen Theodor und August weitergeführt. Die Enkelin
von Adolf Merle, Annelie, wurde 1946 geboren. Nach
der Mittleren Reife besuchte sie die Meisterschule für
Gartenbau in Wiesbaden. Dort lernte sie ihren heutigen
Ehemann Leo Peselmann kennen. 1970 legte sie ihre
Meisterprüfung noch unter ihrem Mädchennamen Merle ab. Anschließend heiratete sie am 4. September 1970
Leo Peselmann. Unter ihren vier Töchtern setzt die zweitälteste, Claudia, die Familientradition nunmehr in der
fünften Generation fort. Nach dem Studium der Gartenbautechnik, welche sie als Jahrgangsbeste abschloß, ist
sie als Juniorchefin im elterlichen Betrieb tätig. Sie hat
viele neue Ideen eingebracht und widmet sich mit großer
Freude der Kreation von Baumskulpturen. Inzwischen
hat sich der Betrieb weit über die Fläche des ehemaligen
Ferdinandsgartens hinaus in Richtung Gotisches Haus
ausgedehnt. Die Zeiten, in denen vorwiegend Gemüse
und Blumen angebaut wurden, sind schon lange vorbei.
Das Geschäftsfeld umfaßt nunmehr hauptsächlich Anpflanzung und Aufzucht von Ziersträuchern, Obstbäumen, Alleebäumen, Nadelbäumen, Eichen und Linden.
Claudia hat zwei Töchter. Die Familie hofft, daß zumindest eine von beiden in die „grünen Fußstapfen“ ihrer
Ahnen tritt und den Familienbetrieb in der sechsten Generation fortführt.
Wir wünschen einem der ältesten Familienunternehmen
unserer Heimatstadt, daß diese Hoffnung in Erfüllung
geht.
Das Hauptgebäude des ehemaligen Ausflugslokals diente
bis Mitte 1980 als Wohnhaus der Familie.
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