A380Evolution statt Revolution
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A380Evolution statt Revolution
AG ADO A380 Evolution statt Revolution Endlich ist er da, der Riesenvogel! Die A380 – ja, genau: Korrekt heißt es die A380 – ist offiziell vorgestellt, und die Rauchschwaden der Eröffnungszeremonie in Toulouse sind verzogen. Saint-Exupéry hätte daran seine Freude gehabt, denn er liebte die Dramaturgie. Aber nun ist es an der Zeit, sich ganz rational ein wenig mit den Details des neuen, viel gepriesenen „Himmelsgiganten“ zu befassen. Immer neue Facts and Figures dringen an die breite Öffentlichkeit. Wir von der AG ADO sind davon überzeugt, Ihnen zum Zeitpunkt des Erstfluges ein paar noch detailliertere Informationen zur Verfügung stellen zu können. Nikolaus Braun Oliver Hansing Die seit Ende der 80er Jahre vorangetriebene Entwicklung des VLA (Very Large Aircraft) bzw. UHCA (Ultra High Capacity Aircraft) wird bei Airbus im Januar 1999 mit dem Configuration Freeze des A3XX eingeläutet. Ausgehend von einer Passagierverdoppelung in den nächsten 20 Jahren formte sich allmählich die Idee von der Entzerrung der globalen Hubs durch dominanten Einsatz von Großraumflugzeugen, um so neue Airport-Slots zu schaffen. Das erste europäische Gesamtunternehmen seit der Concorde im Jahre 1969 findet dann im Jahr 2000 unter dem Namen A380 mit Emirates den ersten Kunden. Im Januar 2002 erfolgte der erste Metal Cut und im Oktober 2003 das Design Freeze für das Cockpit. Hierbei wird wiederum auf das Airbus-Prinzip der „Commonality“, also der im wesentlichen übereinstimmenden Systemumgebung, Wert gelegt. Die Cross Crew Qualification von der A330 / A340 auf die A380 liegt zwischen 11 und 13 Tagen. Das neue Flugzeug soll vor allen Dingen effizienter, also besser sein als der direkte Konkurrent, die Boeing 747-400. Darin lag die ganze Herausforderung an die Ingenieure. Ausgerüstet mit einem Budget von 10,7 Milliarden Dollar, wobei Airbus Industrie 5,1 Milliarden Dollar selbst beisteuerte, machte sich der europäische Flugzeugbauer ans Werk. Die A380 ist für eine Betriebsdauer von 50 Jahren ausgelegt, und der wirtschaftliche Break Even Point tritt bei 250 verkauften Flugzeugen ein. Von der B747 wurden bis dato 1440 Exemplare ausgeliefert. Bei der offiziellen Vorstellung der A380 am 18. 01.2005 lagen bei Airbus bereits 129 Festbestellungen vor. Hier einige Daten aus dem Pflichtenheft der A380: 50% mehr Kabinenfläche als die B747; 50% weniger Lärm als die B 747; 30% mehr Passagiere als die B747; 20% höhere Wirtschaftlichkeit, also niedrigere Betriebskosten, als die B747; 17% geringere Cash Operating Costs als B747; 13% günstigerer Preis pro Sitz als die B747; 13% weniger Kerosinverbrauch/ Emissionen als die B747 (3,3 Liter pro Passagier pro 100 km). In Toulouse ist seit Ende 2003 der „Iron Bird“ bzw. das „Aircraft-1“ in Betrieb, also der TestMock-Up, an dem alle mechanischen und elektrisch-hydraulischen Systeme auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet werden. Zusätzlich laufen ab September 2005 für 26 Monate weitere Belastungs- und Funktionstests am Flughafen Dresden in einer anderen A380-Testzelle. Dabei werden 50000 Starts und Landungen sowie 47500 Flüge simuliert. Diese Anzahl entspricht etwa der Betriebsdauer von 25 Jahren. Im November 2004 hat das Flugzeug mit der MSN (Manufacturer’s Serial Number) 001, also der Prototyp mit der Kennung F-WWOW, seinen Virtual First Flight am Boden erfolgreich durchgeführt. Während MSN 001, 002 und 007 weitere Testflüge und Route-Proving Flights (Cold Weather Ops, Ultralangstrecke) unternehmen, wird MSN 003 im Frühsommer 2006 an Singapore Airlines, dem A380 Launching Carrier, ausgeliefert. Schon heute gibt es eine ganze Reihe von Info 03-04/2005 35 AG ADO A380-Derivaten, wobei die A380-800 als Standardversion gilt. A380-800R Extended Range Version (8.750 NM) Dazu ein Überblick: A380-800S bis 800 Sitze, Kurzstreckenverkehr 481 Sitze, kleinere Version A380-800C 555 Sitze, Reichweite: 7.900 NM / 14.800 km 397 – 454 Sitze, Combiversion mit 7 – 11 Paletten A380-800F Frachterversion, 150 Tonnen Payload (948 m3) und ca. 65 Containern; ab Juni 2008 A380-700 A380-800 Reisegeschwindigkeit: Mach 0,85 Max. Reisegeschwindigkeit: Mach 0,89 Maximale Flughöhe: 43.000 Fuß/13.100m Länge: 72,70 m Breite: 79,60 m Höhe: 24,07 m Operating Empty Weight: 277.000 kg Max. Zero Fuel Weight: 361.000 kg Max. Landing Weight: 386.000 kg Max. Take Off Weight: 560.000 kg Max. Payload: 83.000 kg Tankvolumen: 248.000 kg / 310.000 l Startrollstrecke: 2.990 m Landerollstrecke: 2.103 m Gesamtflügelfläche: 845 m2 Seitenleitwerkfläche: 120 m2 Fahrwerksabstand: 30,40 m Spurbreite: 14,30 m Kabinenlänge: 50,68 m Größte Rumpfbreite: 5,92 m 36 Info 03-04/2005 A380-900 bis 656 Sitze, erhöhtes MTOW von 590 Tonnen; 370.000 Liter-Tank. SYSTEMS Die A380-Zellstruktur besteht aus 4 Millionen komplett neu entwickelten Einzelteilen und dabei zu 61% aus Aluminium und zu 35% aus hochfesten und leichten Werkstoffen, wie Kohlefaserverbundstoffen (Kompositmaterialien; CFK’s), Titan und dem schon lange in der Militärfliegerei bewährten ultraleichten Verbundstoff GLARE. Das Laminat GLARE (Glass Fibre Reinforced Aluminium; entwickelt an der Delft University of Technology und dem Netherlands National Aerospace Laboratory) besteht aus mehreren, 0,38 mm dicken Schichten Aluminiumfolien und harzgetränkten Glasfasermatten, die als Kleber und somit als „Crackstopper“ dienen. Es zeichnet sich durch eine besondere Widerstandsfähigkeit, Feuer- und Korrosionsbeständigkeit aber auch Ermüdungsresistenz aus. Dazu bietet der Werkstoff eine 15 – 30%-ige Gewichtsersparnis! In der A380 ist der obere Teil der Rumpfverkleidung (Upper Fuselage) und die Bodenfläche des Cargo Compart- AG ADO ments aus GLARE gefertigt. Hätte man bei der A380 ausschließlich die herkömmlichen Werkstoffe verwendet, wäre das Flugzeug um 15 Tonnen (!) schwerer geworden. Übrigens lässt Airbus bei Partnerunternehmen weitere Materialstudien durchführen, um die Design-Horizonte zu erweitern und Hersteller- und Maintenance-Kosten zukünftig noch zu reduzieren. Wie schon bei anderen Airbus-Modellen wird auch hier die Laserschweißtechnik (Laser Beam Welding) angewendet mit dem Vorteil geringerer Feinstbeschädigungen an der Zelle. Bei den Triebwerken gibt es zurzeit zwei Varianten: Einmal das GP 7200 der „Engine Alliance“ von General Electric und Pratt & Whitney und zum anderen das Trent 900 von Rolls-Royce. Bei der Entwicklung galt auch hier das Airbus-Motto „Setting New Standards“, also 15 bis 20% niedrigere Betriebskosten als die Boeing 747-400. Das GP 7200 liefert als zweiwelliger Turbofan mit einem Bypass-Verhältnis von 9:1 und sichelförmigen Schaufeln in der Grund- variante einen Schub von 70.000 lbs (312 kN) und kann bis auf 81.500 lbs für die gestreckten Versionen der A380 mit Take Off Weights von bis zu 590 Tonnen hochgeregelt werden. Die Zulassung ist für Juli 2005 geplant. Demgegenüber ist das Trent 900 gemäß der Trent-Philosophie ein Dreiwellentriebwerk. Dieses hat in der Entwicklung einen bedeutenden Zeitvorsprung und lieferte bereits vor zwei Jahren auf dem Prüfstand 81.000 lbs Schub und einen Maximalwert von 88.000 lbs (392 kN oder 225.000 PS). Wie beim GP 7200 hat der Trent-Fan einen Durchmesser von 2,95 m. Allerdings mussten sich beide Triebwerkshersteller noch während der Entwicklung an den extrem scharfen Lärmrichtwerten von London-Heathrow („QC 1“ und „QC 4“) orientieren und Fan- bzw. Bypass-Modifikationen durchführen. Die Zulassung des Trent 900 soll im Oktober 2005 erfolgen. Mittlerweile ist die Kaufentscheidung bei den Airlines hinsichtlich der Triebwerke etwa 50:50, obwohl der Trent-Motor mit 15 Millionen Dollar Basispreis gut 3,8 Millionen teurer ist als der GP 7200-Antrieb. Airbus Industrie stellte fest, dass bei den Reversern oftmals hohe Beanstandungsquoten vorlagen. Deshalb entschloss man sich, den Wartungsaufwand zu halbieren und nur noch an den Inboard Engines Reverser zu installieren. Außerdem war somit gewährleistet, zunächst auch auf 45 m breiten Runways operieren zu können, denn (noch) nicht alle A380-Hubs verfügen über die geforderten 60 m Breite, um Foreign Object Damage Incidents zu vermeiden. Eine weitere – nicht allzu revolutionäre – Neuerung ist die (nach der Concorde mit 4000 psi) erneute Einführung eines höheren Druckes als dem üblichen 3.000-psiSystem: Die 5.000-psi-Hydraulik. Der Clou ist die systembedingte Gewichtsersparnis von 1.200 kg innerhalb der etwa 1000 m langen, nun querschnittsreduzierten Leitungen aufgrund der Druckerhöhung auf 350 bar, also 5.000 psi. Neu ist aller- Die A380 in einer Computer-Simulation. Info 03-04/2005 37 AG ADO dings, dass die nur zwei – anstatt bisher drei – konventionellen hydraulischen Systeme in Abhängigkeit von der gerade anliegenden (variablen) Bordelektrikfrequenz von einem Elektromotor unter Druck gesetzt werden. Beim Ausfall einer Pumpe werden nur kleine Steuerflächenanteile nicht mehr mit Druck beaufschlagt und nicht mehr ganze Systeme, da zwei elektrohydraulische Systeme mit entsprechenden Stellmotoren als Back-Up dienen. Somit hat man im Endeffekt vier voneinander redundant arbeitende Systeme und die A380 lässt sich mit jedem einzelnen hydraulischen oder aber elektrohydraulischen System steuern. Diese Neukonfiguration des Hydrauliksystems hat also direkten Einfluss auf das neuartige Flight Control System (FCS). Zur Überwachung und Steuerung der Passagier- und Frachttüren hat Diehl Avionik das Türsystem Doors and Slides Management System (DSDS) entwickelt. Ein Zentralrechner organisiert hierbei alle Kontroll- und Steuerungsabläufe. Eine Notstromversorgung gewährleistet das Bedienen der Türen auch ohne Bordelektrik. Was die Air Conditioning angeht, so hat sich Airbus etwas richtig Neues einfallen lassen. Das System heißt nun Air Generation System, kurz AGS. Die gesamte Klimaanlage soll thermodynamisch effizienter sein und viel flexibler als bisher die unterschiedlichen Anforderungen an die Luftaufbereitungen am Boden und in der Luft berücksichtigen. Statt vier konventioneller Packs sind nun zwei Doppelpacks zu je 235 kW eingebaut. Dadurch wird 5% mehr Luftmenge pro Passagier aufbereitet. Bei der Bordelektrik gibt es ebenfalls eine Neuerung, und zwar das Variable-Frequency (VF) Electrical Power Generation System (EPGS). Dabei arbeitet ein VF-Generator (150 kVA) variabel zwischen 370 und 770 Hertz, je nach anliegendem Bedarf. Das bedeutet dann, dass alle vier Generatoren 600 kVA erzeugen würden, verglichen mit 360 kVA und einer konstanten Frequenz von 400 Hertz auf der A340. Der hydromechanische Constant Speed Drive (CSD) hat somit endgültig ausgedient. Und die erste, vollelektrische, 1,6 m lange Ram Air Turbine (RAT) von Hamilton Sundstrand erzeugt, 90 kVA bei 480 bis 640 Hertz! Da bei 248 Tonnen Kraftstoff und der Leichtbauweise des A380-Flügels eine erhebliche Flächenlast anliegt, können die Außentanks bis unmittelbar nach dem Start nicht genutzt werden. Sobald die A380 allerdings 38 Info 03-04/2005 fliegt, wird mittels des Active Load Management System (ALMS) Sprit in die Außentanks gefördert, wo dieser bis zum Anflug bleibt, um dann wieder in die Innentanks umgepumpt zu werden. Dieses System verbessert die aerodynamischen Flugeigenschaften und minimiert den Luftwiderstand im Reiseflug (Cruise Drag). A380-Cockpit: 6 7 In den Tanks selbst sind mit dem Fuel Quantity Management System (FQMS) 100 Kapazitätssonden angebracht, um den Messbzw. Anzeigefehler zu korrigieren. Ziel ist, eine Messgenauigkeit von 1 % im Flug und 0,5 % am Boden zu erreichen. Denn bei 310000 Litern Kerosin entspricht 1 % Messfehler etwa dem Gewicht von 30 Passagieren! Beim Fahrwerk gilt es, ganz besondere Hürden zu nehmen. Zum einen sind 20 Räder am Hauptfahrwerk, um die Einzellast so zu verteilen, dass die Aircraft Classification Number (ACN) nicht allzu sehr (maximal 5 – 10 %) über der jeweils vorhandenen Pavement Classification Number (PCN) liegt. Und, was noch viel wichtiger ist, war der Anspruch, den 560 Tonnen schweren Flieger innerhalb von 32 Sekunden von 174 Knoten (Flapless Landing) zum Stillstand zu bringen. Für die A380-900 mit einem MTOW von 590 Tonnen ist sogar ein fünftes Doppelrad vorgesehen. Das momentane Main Landing Gear von Goodrich wiegt mit Bremsen etwa 4.000 kg, und das 6-rädrige Bugrad von Messier-Dowty ist 5 m hoch. Ein neuartiger Eisdetektor des Automatic Ice Detection Systems soll im Ultraschallbereich schwingen und einen Eisansatz von 0,13 mm erkennen. Die aus zwei Generatoren bestehende APU läuft entgegen dem Bordnetz noch konstant mit 400 Hz und 24.000 RPM und ist die leistungsstärkste, die je entwickelt worden ist. Das Kabinenlayout ist in der Grundausstattung sehr benutzerfreundlich. Der Kabinenhimmel wird je nach Tageszeit stufenlos auf- oder abgedunkelt. Es soll einen Laserstrahl geben, der den Passagiernamen auf den Sitz projiziert, von wo aus der Fluggast Live-TV sieht oder im Internet surft. Die Bordfilme sollen direkt per Satellit in das Entertainment System eingespeist werden. COCKPIT Im Gegensatz zur Boeing 747 hat Airbus das A380-Cockpit zwischen die beiden Decks gesetzt. Diese neue Ebene trägt den klang- 8 AG ADO 5 4 2 3 10 1 12 11 9 Info 03-04/2005 39 AG ADO um völlig ohne Papierchecklisten auszukommen. So sind alle Failures / Warnings über das ECAM abzuarbeiten. Items ohne „Action Feedback“ („Manoeuver with Care“) müssen über das ECAM Control Panel per Knopfdruck bestätigt werden. Die Stand-By-Instrumente (4) bestehen aus einem Mini-PFD und einem Mini-ND. Die Tragfläche der A380 wird in Großbritannien gefertigt. vollen Namen „Mezzanine-Level“ (=Zwischengeschoss). Durch die Anordnung an dieser Stelle war Airbus in der Lage, ein großes Cockpit einzurichten (4,40 m2, B747: 3,90 m2), das gleichzeitig sehr leise ist, da hier die Strömungsgeschwindigkeiten an der Außenhaut am geringsten sind. Neben den beiden klassisch angeordneten Sitzen für Kapitän und Copilot gibt es drei Observer Seats, verteilt auf die gesamte Breite (links, mitte, rechts) in der zweiten Reihe. Ein weiterer Vorteil dieser Positionierung ist die Reduzierung des toten Bereiches vor dem Flugzeug: Während in der B747 26 m voraus nicht einsehbar sind, sind es bei der A380 lediglich knapp 19 m. Design Freeze für das Cockpit war bereits 2003. Die AG ADO hat, vertreten durch Flugkapitän Frank Müller-Nalbach, im Rahmen der vorangegangenen Evaluation intensiv an der Gestaltung mitgewirkt. Wirft man nur einen kurzen, flüchtigen Blick in das A380-Cockpit, wird man es ohne weiteres als ein Airbus-Cockpit erkennen können – aber was für eins? Dass es zu einer A380 gehört, fällt erst beim zweiten Blick auf. Obwohl alles so bekannt aussieht, hat sich einiges getan und im Grunde ist nicht ein Teil bzw. System wie in den Vorgängermodellen. Auffällig sind als erstes die acht großen (ca. 15 x 20 cm), identischen LC-Displays. Zu den bekannten Primary Flight Displays (PFD), Nav Displays (ND), System Display (SD) und Warning Display (WD) kommen noch zwei Multi-Funktions Displays (MFD) hinzu. Des Weiteren gibt es noch zwei kleine Displays mit den Stand-By-Instrumenten und zwei ordentliche Monitore (ca. 40 x 20 cm) an den 40 Info 03-04/2005 Seiten neben dem Sidestick. Die Informationen auf dem PDF (1) sind im klassischen Airbus-Format angeordnet. Der durch das rechteckige Design zusätzlich gewonnene Platz auf dem Display wird genutzt, um den aktuellen aerodynamischen Status (Flaps / Slats / Speedbrake) und die dazu passende Placard-Speed im unteren Drittel anzuzeigen. Am Boden ist auf dieses Display die Taxi Guidance-Kamera aufschaltbar. Das ND (2) ist ebenfalls in erster Linie ein klassisches ND. Hier wird der Platz unterhalb der Karte / Rose für das Vertical Display (5) genutzt. Das Vertical Display zeigt, passend zur eingestellten Range des ND, die Flughöhe (soll / ist / geplant) und darunter Geländeinformationen. Leider war es nicht möglich herauszufinden, welche Art von Geländeinformation dort dargestellt wird (Terrain / Terrain + Man Made Obstacles / MSA / Grid-Altitude), sowie, was das Display in einem Turn in „Heading Select“ zeigt. Den oberen Bereich des Warning Displays (3) nehmen die Haupttriebwerksdaten ein – zumindest würde man es in einem herkömmlichen Flugzeug so nennen. In der A380 trifft diese Aussage nicht ganz zu, denn Airbus bietet in der A380 die Daten schon einen Abstraktionslevel höher an: Der Triebwerksschub wird in Prozent vom aktuell möglich maximalen Schub angegeben – ACUTE (Airbus Cockpit Universal Thrust Emulator). Dies war eine Forderung der IFALPA ADO. N1 bzw. EPR und EGT werden nur noch zur Information angezeigt. Das ECAM (3) (9) wurde weiterentwickelt, Die Interaktion mit den Flugdatensystemen hat Airbus komplett verändert. Das alte FMS mit seiner ABC-Tastatur und den Line Select Keys hat ausgedient. Mit der Keyboard Curser Control Unit (KCCU) (8) mit Trackball und QWERTY-Tastatur werden Eingaben gemacht sowie der Cursor bewegt. Der Cursor lässt sich über das MFD (12) und ND (2) bewegen, wo Objekte ausgewählt und Kontextmenüs aufgerufen werden können. Ein Beispiel: Eine abseits der Route gelegene VOR wird mit dem Cursor auf dem ND angewählt. Im Kontextmenü lassen sich Informationen zur Station (Position, Frequenzen, Höhe, etc.) abrufen oder ein „Direct-To“ eingeben. Der Direct-To wird automatisch in den Standby-Flugplan eingefügt und die Route neu berechnet, bis er aktiviert und in den aktiven Flugplan übernommen wird. Auch das MFD bietet mit seiner höheren Auflösung mehr Funktionen und kann die Flugplandaten besser darstellen. So werden z.B. waypointbezogene Daten (Überflugzeit) in der Zeile ausgerichtet, wogegen streckenbezogene Daten zwischen den Waypoints stehen (Track, Distance). Auch auf dem System Display ist eine Interaktion mit dem Cursor möglich. Die QWERTY-Tastatur im Klapptisch wird zur Bedienung des Onboard Information Systems (OIS) (7) verwandt. Das OIS an der Stelle, wo man sonst den Kartenhalter vermutet, übernimmt alle Aufgaben, die neben der reinen Flugführung anfallen: Es beinhaltet alle Bücher (Handbücher, Borddokumentation, MEL, Tech Log), enthält die Briefingpakete, die T/OData Computation, sonstige PerformanceBerechnungen (Weight & Balance, Landing Performance), elektronische Karten, Wetterinformationen sowie Sonderfunktionen nach Wunsch der Airlines (z.B. Crew-Email). Im Bereich der Handbücher werden die neuen Technologien konsequent umgesetzt. Für Abnormals bietet das OIS Shortcuts zu Procedures oder MEL-Items an – es wird diese aber nicht automatisch anzeigen. Airbus vertritt die Ansicht, dass der Pilot entscheidet, wann, wie und welche Informationen er bekommt. Des Weiteren sind die Funktionalitäten des OIS intern vernetzt. So wird z.B. im Rahmen eines Abnormals bei AG ADO einem Check einer Landing Distance mit Downgraded Equipment (Brake Fail, Reverser Inop, etc.) gleich ein Short-Cut zur entsprechenden Performanceberechnungsseite angeboten, die die Rahmenbedingungen entsprechend aktualisiert hat. Die Funktion als Route-Manual ist noch nicht endgültig festgelegt: Ob eine interaktive Funktionalität realisiert werden kann (Moving Map, interaktive situationsgerechte Karten), oder ob lediglich die bewährten Karten fest dargestellt werden, wird der Entwicklungsfortschritt zeigen. Zusätzlich wird es auch Funktionen für die Kabine geben (Passagierlisten, Cabin Log, etc.). Diese Funktionen werden durch OISTerminals in der Kabine zugänglich sein. Für Maintenance-Anwendungen wird es mehrere Zugänge zum OIS an geeigneten Stellen geben. Viele Daten im System können über Datenfunkverbindungen (Datalink bzw. nachfolgende Systeme mit höheren Datendurchflussmengen) zu jeder Zeit aktualisiert werden, bzw. es können auch Informationen aus dem OIS versandt werden. Die Kommunikation wird über drei Radio Management Panels (RMP) (11) kontrolliert. Sie beinhalten das Audio Selector Panel, das VHF-Gerät sowie die Transpondersettings. Ergänzend dazu wird die Datalink-Kommunikation verbessert unterstützt. Über eine im SD integrierte ATC-Mailbox (10) können Nachrichten von ATC angezeigt werden, bzw. auch Nachrichten verschickt werden. Ein „Attention Getter“-Lämpchen neben der FCU im direkten Sichtfeld soll ein Übersehen von Nachrichten verhindern. Alle Systeme zur Überwachung der Flugzeugumgebung werden im Airbus Environmental Surveillance System (AESS) zusammengefasst. Hier findet man die Bedienung für TCAS (bis 85 NM), EGPWS und Wetterradar. Ein Head Up Display (HUD) mit einem Enhanced Vision System (EVS) – wie es sich in der General Aviation immer mehr durchsetzt – wurde bisher nur vereinzelt angefragt (Fed Ex), ist aber als Option lieferbar. Ein ebenfalls von der IFALPA schon lange gefordertes Feature wurde in der A380 endlich umgesetzt: Die automatische Speedbrake-Retraction im Falle eines Go-Arounds. Airbus ist sogar bereits einen Schritt weiter gegangen: Mit dem „Go-Around-Button“ wird automatisch G/A-Power gesetzt, die Klappenstellung angepasst, der Trim verändert und die Speedbrakes eingefahren. AIRPORT HANDLING Das Projekt A380 generiert auf den Flughäfen einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand. Die A380 entspricht dem ICAO Annex 14 Code F, also einer neuen und der bisher größten Flugzeugkategorie (Flugzeuge mit Spannweiten von 65 – 80 m) mit einem Abstand der äußeren Hauptfahrwerksräder von 14 – 16 m. Alles muss baulich daran angepasst werden, von der Runway (60 m plus 2 x 7,50 m an den Schultern als Mindestbreite) über die Taxiway-Mindestabstände von 97,5 m bis zur Gate-Position, wo sich alles in der 80 m x 80 m x 80 ft-Box abspielen soll. Bei den Rollwegen geht es ohne TaxiKamera nicht mehr, da sich die A380 zwingend präzise an das geforderte Rollprofil halten muss, um nicht im Worst Case mit einem Schwesterschiff (oder einem anderen Großflugzeug) an einer ungünstigen Engstelle zu kollidieren. Und natürlich geht es nicht zuletzt auch um die gesamte Abfertigungsinfrastruktur, wie Gepäckanlagen, Warteräume, Check-InAreas, höhere De-Icing-, Catering-, und stärkere Pushback-Trucks, neue, ggf. modifizierte Schneeräumflotten, Fire Fighting Equipment, u.v.m. Die meisten A380-Kunden planen, auf 8 m Höhe direkt ins Upper Deck (Tür U1R) zu catern. Die Serienfertigung der entsprechenden Fahrzeuge sollte Ende 2004 angelaufen sein. Trotz aller ICAO-Auflagen und Airbus-Vorgaben haben sich die Luftfahrtbehörden aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien in der Airbus Airport Compatibility Group (AACG) auf modifizierte Sicherheitsstandards geeinigt, die die Richtlinien der ICAO bewusst unterschreiten und diese dem ICAO Air Navigation Committee zur Genehmigung vorgelegt. Gegenwärtig bereiten sich weltweit 100 Flughäfen auf die A380-Einführung vor – aktuell sind jedoch nur sehr wenige Airports Code-F-zertifiziert. Gegenwärtig bereiten sich weltweit 100 Flughäfen auf die A380-Einführung vor, Airbus hat 60 davon als Primärziele innerhalb der nächsten fünf Jahre ausgemacht. Die Lufthansa, die die A380 ab 2007 in den Dienst stellen wird, prüft derzeit 18 Ziele plus entsprechende Alternates auf deren Eignung. Aktuell sind jedoch nur ganz wenige Air- ports Code-F-zertifiziert, wie Singapore, Peking, Shanghai, Hongkong, Seoul, München. MUC ist übrigens seit dem 28.03.2004 und bis dato der erste und einzige Airport Europas, der die A380 schon jetzt uneingeschränkt aufnehmen kann! In Frankfurt werden 100 Millionen Euro in den nächsten Jahren für einen Ausbau zur Verfügung gestellt. Gegenwärtig sind am B-Stern von Terminal 1 drei A380-Positionen und am Terminal 2 gerade fünf Positionen definiert. Diese plant Fraport bis Mitte 2005 fertigzustellen, denn Anfang Dezember 2005 soll die Erstlandung einer A380 im Rahmen des Route-Provings in FRA stattfinden. London-Heathrow hat 192 Millionen Euro für den Pistenausbau der RWY 09R/27L investiert. Terminal 5 wird allerdings erst 2007 mit 10 Positionen A380-kompatibel sein. Paris Charles-de-Gaulle gibt 100 Millionen Euro für den Pistenausbau aus. In den USA hingegen gehen die Anpassungen für den Megaliner noch recht zögernd voran. Gerade mal San Francisco wird sich mittels einer Runway-Verlängerung demnächst als erster amerikanischer Airport für die A380 qualifizieren können. New York (JFK) will nachziehen und bis Ende 2005 170 Millionen Euro in neue Terminals investieren. In Asien ist die Lage um ein Vielfaches entspannter. Lediglich Indien bleibt noch kritisch. Dubai verplant nochmals 2,6 Milliarden Dollar bis 2006, um dann die Flotte von 43 fest bestellten Emirates-Flugzeugen an 23 Positionen abfertigen zu können. A propos Turnaround! Airbus hat dazu folgende Zeiten angesetzt: Aussteigen: 14 Minuten Cleaning: 30 Minuten Catering: 39 Minuten Betankung: 48 Minuten Boarding: 22 Minuten, um eine Sollzeit am Terminal von 90 Minuten einzuhalten. Wie und ob mit drei Brücken – davon einer für das Upper Deck und den zwei anderen für das Lower Deck – eingestiegen werden soll, bleibt noch eine Weile der Spielball der Airport-Strategen. Wobei längst deutlich geworden ist, dass eine direkte Brücke in das Upper Deck vorhanden sein muss, um zusammen mit den zwei Overwing-Brücken die Boardingzeit deutlich zu reduzieren. Und last but not least soll die A380 mit einer Info 03-04/2005 41 AG ADO Approach Speed von ca. 140 kts entgegen aller Unkenrufe keine neue Wirbelschleppenkategorie aufweisen, denn das würde die eingesparten Kapazitäten (ATC-Staffelung; Aircraft Movements) wiederum zunichte machen. Allerdings stellt sich noch immer die Frage, ob das Flugaufkommen durch zusätzliche Zubringerflüge im Sinne des Hub-and-Spokes-Systems an einem Drehkreuz zwangsläufig ansteigen muss, um eine A380 zu füllen… OPERATIONS Airbus-Fertigungsgelände in Toulouse in einer Computer-Simulation. Der A380-Rumpf wird der Öffentlichkeit präsentiert. Die A380 wird anfangs nur auf sehr wenigen Strecken eingesetzt werden. Die beteiligten Airports müssen sich den oben beschriebenen Anforderungen für die A380 stellen. Mit dem von Airbus angenommenen Erfolg der Maschine werden mehr und mehr Destinationen hinzukommen, aber auch diese Airports werden die benötigten Investitionen aufbringen. Gleichzeitig fällt aber ein anderes Phänomen auf: Durch den sich ändernden Gesamtmarkt Luftverkehr reisen immer mehr Menschen mit den unterschiedlichsten sozialen, kulturellen aber auch gesundheitlichen Hintergründen per Flugzeug. Je mehr Menschen an einem Ort versammelt sind, desto höher ist zwangsläufig auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Zwischenfall kommt. Schon heute sind Zwischenfälle mit Unruly Passengers und medizinische Notfälle nahezu an der Tagesordnung. Singapore Airlines führt auf bestimmten Strecken an Bord nicht ohne Grund einen leeren Sarg mit! In der A380 mit ca. 40% mehr Sitzen als in einer B747 kann man also durchaus mit deutlich mehr Zwischenfällen je Flug rechnen. Aus dieser Überlegung ergibt sich leider zwingend eine Frage, die bisher nur schwer zu beantworten ist: Wo kann eine A380 unterwegs zwischenlanden? Welcher Enroute Alternate verfügt über die physikalischen Abmessungen, eine A380 landen zu lassen, ohne dass der komplette Flughafen blockiert ist? Welcher Alternate hat das Equipment, um eine A380 zu pushen, zu enteisen, zu betanken (Höhe der Anschlüsse über 3,70m – normales Equipment reicht da nicht mehr!!) oder schlicht abzufertigen? Und man kann durchaus noch etwas drastischer fragen: Wo kann eine A380 überhaupt im Emergency Case landen? Welche der Emergency Airports sind Code F-fähig? Wo werden die benötigten Fire Fighting Capabilities vorgehalten? All diese namenlosen Flughäfen, die sich als 42 Info 03-04/2005 Enroute-Alternate anbieten, müssen ebenfalls nicht unerhebliche Investitionen tätigen, um eine A380 abfertigen zu können. Es geht dabei nicht um die Möglichkeiten, mit drei Fluggastbrücken einen Turnaround in 90 Minuten bewerkstelligen zu können, es geht schlichtweg um eine ordentliche und sichere Abfertigung. FAZIT Die A380 bietet viele Neuerungen, aber nichts komplett Neues. Nahezu alle jetzt vereinten Komponenten waren schon an anderer Stelle in Erprobung und haben sich bewährt. Insofern könnte man die A380 eigentlich getrost und ruhig in den Dienst gehen lassen, ohne ihr allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Auf der anderen Seite bringt aber eben diese Kombination von vielen kleinen Neuerungen doch einen interessanten Mix, der einer sehr sorgfältigen Beobachtung bedarf, ob das Versprochene gehalten werden kann. Es zeigt sich, dass die noch zu lösenden Probleme voraussichtlich mehrheitlich im Bereich Operations liegen und nicht so sehr auf technischer Seite. Diesem Schwerpunkt wird sich das Joint Operations Evaluation Board (JOEB) widmen, dem für die IFALPA Cpt. Frank MüllerNalbach (VC) und Cpt. Terry Lutz (US-ALPA) angehören. Die Vereinigung Cockpit wird mit der Kompetenz ihrer Arbeitsgruppen „Aircraft Design und Operation“ (ADO), „Airports und Ground Equipment“ (AGE) sowie „Air Traffic Services“ (ATS) auf nationaler und internationaler Ebene (IFALPA) auch weiterhin die Markteinführung begleiten. Nikolaus Braun, Oliver Hansing, AG ADO