Streß im Lehrberuf

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Streß im Lehrberuf
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
2
Reaktionen der befragten Lehrer(innen)
4
Konzept und Statistik
8
1. Gliederung nach den Regionen des Tätigkeitsbereiches
9
2. Verteilung der befragten Lehrertypen
9
3. Sozialdaten
10
3.1. Familienstand:
3.2. Anstellungsverhältnis
3.3. Außerordentliche Belastungen durch das Anstellungsverhältnis
3.3.a Belastung durch das Anstellungsvehältnis: "Vertragslehrer des
Entlohnungsschemas IIL"
3.3.b Belastungen durch die Anstellung in einem anderen Bundesland
4. "Lifestyle-Daten" der Lehrer
10
11
12
13
13
13
4.1. Gesundheitsverhalten
4.2. Nikotinkonsum
4.3. Einschätzung des Gesundheitszustandes
5. Gesundheitsstörungen
13
15
15
17
5.1. Herz- und Kreislauferkrankungen
5.2. Erkrankungen des Verdauungstraktes
5.3. Muskuläre Verspannungen
5.4. Psychische Beeinträchtigungen
5.5 Sexualität
5.6. Infektanfälligkeit
18
19
20
21
23
24
6. Streßempfindung
25
6.1. Allgemeine Streßempfindung
25
6.1.a. Allgemeines Streßempfinden bezogen auf Geschlecht und Bundesländer25
6.1.b. Allgemeine Streßempfindung bezogen auf die Lehrergruppen
25
6.2. Graduierte Streßempfindung
27
6.2.a. Graduierte Streßempfindung bezogen auf Geschlecht und Bundesländer27
6.2.b. Graduierte Streßempfindung bezogen auf die Lehrergruppen
27
7. Selbsteinschätzung
29
8. Zeitaufwand im Beruf
29
8.1. Zeitaufwand in der Schule
8.1.a. Volksschullehrer(innen)
8.1.b. Hauptschullehrer(innen)
8.1.c. Sonderschullehrer
8.1.d. Lehrer(innen) des "Polytechnischen Lehrganges"
8.1.e. Lehrer(innen) für einzelne Unterrichtsgegenstände
1
30
30
31
32
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Stress im Lehrberuf
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8.2. Zeitaufwand zu Hause
8.2.a. Volksschullehrer(innen)
8.2.b. Hauptschullehrer(innen)
8.2.c. Sonderschullehrer(innen)
8.2.d. Lehrer(innen) des "Polytechnischen Lehrganges
8.2.e. Lehrer(innen) für einzelne Unterrichtsgegenstände
8.3. Zeitaufwand für Ausbildung und Fortbildung
8.3.a. Volksschullehrer(innen)
8.3.b. Hauptschullehrer(innen)
8.3.c. Sonderschullehrer(innen)
8.3.d. Lehrer(innen) des "Polytechnischen Lehrganges"
8.3.e. Lehrer(innen) für einzelne Unterrichtsgegenstände
9. Streß im Berufsleben
34
34
35
36
36
37
37
38
39
40
40
41
42
9.1. Arbeitsgefühl
9.2. Arbeitsleistung
9.3. Wertschätzung
9.3.a. Wertschätzung durch die Kollegen
9.3.b. Wertschätzung durch den Vorgesetzten
9.4. Zusammenarbeit
9.4.a. Zusammenarbeit mit den Kollegen(innen)
9.4.b. Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten
9.5. Arbeitsverantwortung
9.6. Freundlichkeit
42
44
45
45
46
47
47
48
49
51
10. Spezifische Schul- und Unterrichtsprobleme
52
10.1. Allgemeine Belastungen im Schulwesen
10.2. Spezifische Probleme im Schulwesen
10.3. Probleme am Arbeitsplatz Schule
10.4. Belastungen im Unterricht
53
54
56
57
11. Streß durch schulbezogene Ängste der Lehrerschaft
58
11.1. Lehrerangst im Tätigkeitsbereich "Qualifikation"
11.2. Lehrerangst im Tätigkeitsbereich "Integration"
11.3. Lehrerangst im Bereich "Selektion"
11.4. Lehrerangst im Tätigkeitsbereich "Kontakt"
59
62
65
68
12. Überlastung und Sorgen
71
12.1. Allgemeine Überlastung
12.2. Überlastung durch starke psychische Anspannung
12.3. Finanzielle Sorgen
71
73
74
13. Entspannung und Erholung
75
13.1. Entspannung zu Hause
13.2. Erholung in der Freizeit
75
77
14. Streß im Haushalt
78
14.1. Haushaltsarbeit
14.2. Haushaltsleistung
78
79
15. Streß in der Familie
80
2
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15.1. Familienerleben
15.2. Belastungen in der Familie
80
82
Zusammenfassung und Diskussion
85
a) Stressoren im Bereich der Interaktion "Gesellschaft - Lehrer"
b) Stressoren im Bereich der Interaktion "Lehrer -Lehrer"
c) Stressoren im Bereich der Interaktion "Schüler - Lehrer"
Streßentlastung
85
86
87
93
Verbesserungsvorschläge am Sektor Gesellschaft - Lehrer
Verbesserungsvorschläge am Sektor Lehrer - Lehrer
Verbesserungsvorschläge am Sektor Schüler - Lehrer
3
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Stress im Lehrberuf
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Streß im Lehrberuf
(Eine österreichweite Studie von Dr. Christian Temml)
Einleitung
Die seit Jahren schwellende Diskussion zwischen allen Betroffenen über das
österreichische Schulsystem, hat mich dazu bewogen, eine Streßuntersuchung der
Pflichtschullehrer vorzunehmen. Als Vorsorgemediziner messe ich dem Phänomen
Streß eine sehr hohe Bedeutung zu, da wir unter diesem Einfluß unser Verhalten und
unseren Lebensstil ändern. Dadurch wird die Grundlage für ständig
gesundheitsschädigende Einwirkungen auf unseren Körper in vielen Belangen erst
geschaffen. Das Suchtverhalten, Eßverhalten und die Verringerung der körperlichen
Bewegung werden ganz entscheidend durch Streß gesteuert.
Bei fast allen Gesprächen und medialen Veröffentlichungen in Österreich über
"Schulstreß" wurde die Partnerschaft "Eltern - Kinder - Lehrer(innen)" sehr einseitig
zugunsten der beiden Erstgenannten geführt. Erst in diesem Jahr bestand eine
intensive mediale Auseinandersetzung mit der Berufsgruppe der Lehrer.
Schlagzeilen wie "Panik am Katheder, Chaos Schule, Horrorjob Lehrer, der
Alptraumjob Lehrer, Zu intellegent für ihre dumme Arbeit" haben eine Vielzahl
der Medien ausgefüllt und zu einer Auflagenerhöhung verholfen. Daran erkennt man,
wie sehr die Bevölkerung an diesem Thema interessiert ist.
Sorgenvoll registrieren Eltern, Schulforscher und Bidungspolitiker, wie die
Motivation bei den Lehrern verfällt und viele ihren Beruf nur noch als täglichen
Horror-Job erleben. Während immer schwierigere Kinder an die Schule kommen,
Gewalt und Drogen die Schulen überschwemmen, schlittert unser Schulwesen ähnlich dem Gesundheitswesen - in seine schwerste Krise. Immer früher quittieren
die Lehrer ihren Schuldienst, nur mehr in seltenen Einzelfällen gehen die Lehrer
ihrem Beruf bis zum regulären Pensionsalter (Frauen bis 60 Jahren, Männer bis 65
Jahren) nach. Obwohl die Wissenschaftler die pädagogischen Techniken und Lehren
ständig verfeinern, die Psyche der Schüler bis ins letzte analysiert haben und darauf
basierend Rezepte für alle Unterrichtslagen aufliegen, ist die Lehrerschaft von einer
fatalen Unsicherheit im Umgang mit den Schülern geprägt.
Um die innere Krise zu beschreiben, welche Lehrer und andere Personen aus
kommunikativen Berufen betrifft, benutzen die Pädagogen und Psychologen ein
Modewort aus der amerikanischen Psychologie: das "Burn-out-Syndrom". Totale
Erschöpfung, Hoffnungslosigkeit und Überdruß sind die bestimmenden Symptome
der schleichenden seelischen Auszehrung, die in weiterer Folge chronisch
psychische und körperliche Krankheiten auslösen können. Präzise Zahlen über
Lehrer mit "Burn-out-Syndrom" sind allerdings nicht bekannt, da nirgendwo genaue
Statistiken geführt werden. Schon vor mehr als 50 Jahren hat der wissenschaftliche
Vater der Streßforschung, Hans SELYE, dieses Phänomen als das
"Erschöpfungsstadium", die Endphase des Drei-Phasen-Verlaufes bei chronisch
einwirkendem Streß beschrieben.
Ein großer Anteil an Frühpensionierungen beruht auf Depressionen, Neurosen und
Erschöpfungszuständen. Im Sommer des Jahres 1993 hat der Rechnungshof
beanstandet, daß die Pflichtschullehrer in Niederösterreich im Schnitt schon mit 56,6
Jahren pensioniert werden - vor allem wegen dieser genannten Leiden. Die frühe
Pensionierung empfinden die Betroffenen selbst "wie eine Erlösung".
2
Stress im Lehrberuf
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Häufig leiden gerade jene Lehrer, welche voller Erziehungsideale ihren Dienst
antraten, unter der Zerstörung ihrer Lebenskräfte. "Lehrer, die vor 20 Jahren die
Schule zu einer humanen und sozialen Einrichtung transformieren wollten, stellen mit
ihrem Älterwerden, ihrem Kräfteverlust, ihre Hilflosigkeit, ihr Versagen, ihre
Krankheiten und manchmal ihre abnehmende Beliebtheit bei den Schülern fest" ,
beobachtet der Hamburger Schulforscher Peter STRUCK. Von der pädagogischen
Aufbruchsstimmung, die junge Leute am Beginn der siebziger Jahre zum
Lehramtsstudium motivierte, ist nichts geblieben. Viel diskutierte Reformen des
Schulwesens haben die Hoffnungen auf eine "bessere Schule" nicht gebracht. Die
Angstforschung bei Lehrern hat sich sogar als ein neuer Wissenschaftszweig
etabliert. Lehrer fürchten sich einerseits vor Vorgesetzten und Eltern und haben
anderseits Sorge, mit den Schülern nicht mehr fertig zu werden.
Die Anzeichen für diesen Überdruß und die Resignation äußern sich gerade im
Großstadtbereich immer gleich. Erschöpfte Lehrer drücken sich vor jeder freiwilligen
Leistung, verschwinden aus der Schule, so schnell es geht - und die
Krankmeldungen häufen sich. Man arrangiert sich, indem man versucht, durch alle
möglichen Tätigkeiten außerhalb der Schule, die Zeit der Unterrichtsanwesenheit zu
verkürzen.
Erschwert wird die Pädagogenarbeit noch durch die laufend vorgenommene
Demontage der Autorität, die die Schule an sich und die Lehrer - unabhängig von
ihrer Persönlichkeit - hinnehmen mußten; ohne gleichzeitig ein neues Ideal zu
bekommen. Die Schule erscheint oft nur noch als zwangsvoller Ort der strategischen
Wissensvermittlung und wird von den Lehrenden als "Reparaturbetrieb" erlebt. Sie
kann aber weder ein Auffangbecken für defizitäre Erziehung in der Familie sein, noch
sozialpädagogische oder gar therapeutische Maßnahmen in den Mittelpunkt ihrer
Arbeit stellen.
Eine Erneuerung der Schule von innen heraus, wie die gleichzeitige Veränderung
der Rahmenbedingungen und Strukturen, scheinen mir als ein vordringlich zu
lösendes Problem. Dazu soll diese österreichweite Umfrage mit den daraus
resultierenden Erkenntnissen dienen.
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Reaktionen der befragten Lehrer(innen)
Hier finden sich die persönlichen Reaktionen von Lehrern, welche durch die
österreichweite Befragung an den Pflichtschulen ausgelöst wurden.
1. Brief
Konjugationsübungen eines Deutschlehrers
mit beiden Füßen auf der FdGO herumstehend oder noch vier Jahre bis 1984
ich werde überwacht
du wirst registriert
er wird erfaßt
sie wird gespeichert
es wird beobachtet
wir werden bespitzelt
ihr werdet kontrolliert
sie werden gesinnungsüberprüft
(1979 = 30 Jahre Grundgesetz)
Baden 24. Mai 1993
2. Brief
Sehr geehrter Herr Doktor!
Erlauben Sie mir, daß ich zu dem ausgefüllten Fragebogen auch noch einige
Bemerkungen dazufüge. Den Bogen habe ich als Klassenlehrerin ausgefüllt.
Für Direktorinnen müßte ein eigener Fragebogen erstellt werden.
Ich leite seit 7 Jahren eine "8-klassige Volksschule" und bin in meiner Klasse
14 Stunden in der Woche beschäftigt. Diese Arbeit belastet mich nicht, im
Gegenteil, sie macht mir viel Freude. Wir sind die einzige "6-Tageschule" im
Bezirk Baden, und dies mag wohl der Grund sein, warum Streß bei uns selten
aufkommt. Die Kinder sind ruhiger, da sie ja nur einige Stunden in der Klasse
sein müssen. Es hat sich in den letzten Jahren sogar gezeigt, daß die Eltern
ihre Kinder gezielt in unsere Schule schicken. Jeweils im Jänner veranstalten
wir einen "Info-Tag" für die Eltern und deren Kinder, die im nächsten Schuljahr
zur Schule kommen. Ich lege diesem Schreiben ein Info-Blatt bei.
Sicher sind viele Faktoren für den Streß im Lehrberuf schuldig. aber einer der
wichtigsten erscheint mir doch, daß die Lehrer - und es wollten ja hauptsächlich
die Lehrer, und haben die Eltern beeinflußt - mit aller Kraft, die 5-Tageschule
einführen. Denn im Anschluß an den Schulstreß beginnt am Freitag zu Mittag
der Freizeitstreß. Im Schuljahr 1970/71 habe ich an einer der ersten "5Tageschulen" in Baden unterrichtet, ich weiß wovon ich rede. Unsere 4 Kinder
waren noch in der 6-Tageschule bis auf den jüngsten Sohn. Ich weiß daher
auch als Mutter die Vorteile einer gleichmäßigen Aufteilung der Stunden in der
Woche zu schätzen.
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Natürlich kenn auch ich den Streß - 1000 Dinge werden an einen Schulleiter
herangetragen, eine große Familie habe ich zu versorgen usw. aber ich lebe
eben vernüftig, schlafe viel und erhole mich bei der Gartenarbeit.
Ich betone nochmals, daß ich mir bewußt bin, daß es viele Ursachen für den
Streß gibt. Aber wer wird schon dieses heiße Eisen der 5-Tageschule angreifen
und den Schulversuch, der er ja noch immer ist, rückgängig machen. Eine
neuerliche Befragung von Eltern würde ein anderes Ergebnis ergeben als vor
etwa 15 Jahren.
Für Anfragen und Gespräche stehe ich gerne zur Verfügung. Wenn sie, sehr
geehrter Herr Doktor, es wünschen, kann dieser Bericht auch veröffentlicht
werden.
Beste Empfehlungen.
3. Brief
Ich gratuliere zu dieser Idee! (Maderthaner)
4. Brief
Noch vor einem Jahr hätte ich ganz anders geantwortet:
Ich unterrichte im PL, und mein Chef machte mir das schulische Leben zur
Hölle!
5. Brief
S.g.Hr.Doktor!
Nur ganz kurz:
Vor 32 Monaten erlitt meine Mutter (jetzt 76) einen Oberschenkelbruch, der
gut heilte und sie schon ganz gut mit Krücken gehen konnte, ca. 3 Monate
später Lungenembolie - Intensivstation - dann als Pflegefall (mit P a r k i n s o
n) nach Hause, Dauerkatheter, nicht selber anziehen, essen, schreiben. Das
alles habe ich ihr wieder gelernt, sie geht heute einige Schritte mit Stock in der
Wohnung, ich habe auch seit dieser Zeit keinen freien Tag gehabt. Wenn ich
unterwegs bin, dann beruflich und auch vormittags schaut eine Frau nach ihr,
die ich natürlich bezahle. Alle Verwandten waren schlagartig verschwunden,
auch sonst läßt sich kaum jemand blicken. Ich habe ihr ein verstellbares
Spezialbett angeschafft, muß monatlich draufzahlen, die viele Wäsche, die
hohe Gasrechnung und auch sonst gibt es genug Ausgaben. Der Staat läßt uns
im Stich, ich verdiene leider auch noch nicht so viel, da ich erst seit 1985
Religionslehrerin bin.
Zwei Dinge jedenfalls habe ich gelernt (und vieles andere auch!) bzw.
begriffen: Es ist nicht erstrebenswert in Österreich alt zu werden, und wenn
man einen Pflegefall zu Hause beläßt, wird man quasi noch bestraft dafür! Das
schönste was es in meinem Leben gibt sind meine Schüler! Ich freue mich,
wenn ich morgens aufstehe und in die Schule gehen darf !!!!! Ich liebe meinen
Beruf, meine Schüler und in der Arbeitsgemeinschaft der Schule sind wir wie
eine Familie. Ein tolles Arbeitsklima (VS und ASO) in unserer
Schulgemeinschaft!!
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Wenn Sie mir schreiben wollen, sehr geehrter Hr. Dr. bitte!!! Da mein Fach
etwas von einem "Zaun-dasein" hat, kenne ich (bzw.höre und erlebe ich) die
Probleme von Schülern, Lehrern und Eltern sehr gut !
Außerdem kommen alle gerne zu mir, um sich auszussprechen, Probleme
besprechen usw. Ich habe (auch wenn ich persönlich keine guten Erfahren mit
Leuten gemacht habe) nicht verlernt, zu helfen, zuzuhören zu raten usw.
Sehen Sie auch das ist ein Lehrerschicksal! Ich bin ledig, werde im Oktober 40.
Herzliche Grüße!
6. Brief
Anmerkung
Zu Ihrer Umfrage möchte ich bemerken, daß die Möglichkeit versäumt wurde
auch die vielen anderen Faktoren zu beleuchten, die für Lehrer oft
streßerzeugende Faktoren darstellen. Außerdem wären sicher auch weitere
Detailfragen interessant gewesen.
Zum Beispiel:
x
x
x
x
x
Leiterqualitäten
Verhaltensformen der Schüler
Abnahme der Ideale wie Geduld, Genauigkeit, Sauberkeit etc.
Fehlen von Disziplinierungsmöglichkeiten
Fehlende Unterstützung der Lehrer bei Auseinandersetzungen mit
Eltern durch Vorgesetzte (Ein "Fünfer" kann gegen streitbare Eltern
kaum durchgesetzt werden)
x
Motivationsprobleme
7. Brief
Werte Damen !
Werte Herren !
Ich finde es sehr wichtig, daß Sie diesen Erhebungsbogen über <<Streß im
Lehrberuf >> herausgebracht haben.
allgemein gilt ja <<was hat a Lehrer für an Streß?....>>
Ich muß Ihnen aus meiner Erfahrung berichten, daß ich schon jahrelang unter
Streß leide, nur: wem sag ichs?
Ich möchte auch nicht anonym bleiben, weil es mir nicht wichtig ist oder sogar
zu distanziert wirkt.
Ich heiße K. P., bin Englisch und Werklehrerin, 19. Dienstjahr.
1. Schule: Ganztagsschule, Wien 11, 15 Jahre, sehr streßig, keine Zeit zum
Abschalten, viele viele Aktivitäten zusätzlich.
Streßsymptome: Magenweh, Schlafstörungen
6
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2. Schule: nach einer Übersiedlung ins Bundesland Salzburg, Polytechn.
Lehrgang in Saalfelden - 4 Jahre. Sehr sehr anstrengend, keine gute
Schulsituation, kühles Klima im Lehrerzimmer. Ich habe gedacht, ich
müßte so vieles ändern, aber es ging alles nur auf die Gesundheit:
Ausbruch von allerlei Krankheiten wie Gallenprobleme, Halszyste,
Bauchspeicheldrüsenprobleme,
Verspannungen
im
Nacken,
Verdauungsstörungen.
I C H sage, daß ich unter totalem Streß gestanden bin, aber das ist meine
subjektive Sicht der Dinge, wirklich meßbar ist da gar nichts.
3. Schule: HS Zell am See
viel Arbeit, aber sehr gutes Schulklima, schon streßig, aber nicht
mehr so massiv. Ich kann aber trotzdem nie abschalten. Ich
hab`immer Schule auch zu Hause.
Kein Mensch würde je draufkommen, daß ich mich sehr gestreßt fühle und
das ist das Arge. Ich bin immer gut gelaunt, aktiv........aber irgendwie immer an
der Grenze des <<Gerade noch>>
Es gibt so viele KollegINNEN, die ähnliches sagen, aber wie verändert man
wirklich etwas? Wie geht das im Schulalltag? Es wird von Kindern und Lehrern
so viel gefordert. Kinder reagieren mit Abschalten aber was mache ich?
Daher finde ich, sollte der Bogen NICHT anonym sein. Ich geniere mich dafür
nicht. Ich bin ein Teil dieses Systems und laufe da mit.
Mit freundlichen Grüßen
K. P.
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Konzept und Statistik
Um die Situation der Pflichtschullehrer(innen) in Österreich bezüglich ihres subjektiv
empfundenen
körperlichen
und
psychischen
Gesundheitszustandes
in
Wechselwirkung mit den alltäglichen Belastungen näher zu beleuchten, wurde 1993
eine österreichweite Umfrage mittels Fragebogen an den Schulen Österreichs
vorgenommen. Die Studie erfolgte im Auftrag der Bundessektion der
Pflichtschullehrer der Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes.
Der Fragebogen erstreckte sich über vier Seiten und gliederte sich in einen
allgemeinen Teil, das Gesundheitsverhalten der Lehrer, Streßbelastung im Beruf, der
Familie und durch den Haushalt, sowie belastende Faktoren, welche durch das
Schulsystem an sich entstehen. Das Konzept dieses Fragebogens beruhte auf Ideen
von Dr. Christian Temml (Internist und Vorsorgemediziner) und Standardfragen zu
Lehrerängsten von Prof. Bernd WEIDENMANN.
Die Auswahl der Befragten wurde nicht spezifisch vorgenommen, daß heißt keine
Altersgruppe und auch kein Geschlecht wurde spezifisch angesprochen. Das einzige
indirekte Selektionskriterium bestand darin, daß der Fragebogen aus der
Gewerkschaftszeitung "Der Pflichtschullehrer" entnommen werden mußte. Die
statistische Auswertung erfolgte auf einem PC AT 486 mit dem Softwareprogramm
Superbase 2.0.
Insgesamt wurden 2222 ausgefüllte Fragebögen der Auswertung zugeführt,
ausgesondert wurde kein einziger. Die Geschlechtsverteilung von Frauen und
Männer betrug 1497 Frauen und 711 Männer, vierzehn Fragebögen waren ohne
Angaben von Geschlecht ausgefüllt. Die weitere Auftrennung nach Bundesländern
zeigte folgendes Bild:
Wien: 404, Niederösterreich: 408, Burgenland: 67, Steiermark: 328, Kärnten: 139,
Oberösterreich: 415, Salzburg: 146, Tirol: 169, Vorarlberg: 46
Die prozentuelle Verteilung von Frauen zu Männern zeigt die Tabelle:
Geschlecht
Frauen
Männer
Wien
84
16
NÖ
69
31
B
66
34
Stm
68
32
K
72
28
OÖ
62
38
S
65
35
T
54
46
V
45
55
Gesamt
67
33
Das Durchschnittsalter der befragten Pflichtschullehrer(innen) war bei Frauen 39
Jahre, und bei Männern 43 Jahre. Die jüngste Teilnehmerin war 21 Jahre alt und
stammte aus Niederösterreich, der jüngste Teilnehmer war 26 Jahre alt und ist in
Oberösterreich beheimatet. Die genaue Aufschlüsselung des Durchschnittsalters in
den einzelnen Bundesländern ist aus der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Durchschnittsalter
Frauen
Männer
Wien
40
43
NÖ
39
44
B
40
41
Stm
40
44
K
42
45
OÖ
40
43
S
39
44
T
41
43
V
34
44
Gesamt
39
43
Wie man daraus ersehen kann, ist die Schwankungsbreite bei beiden Geschlechtern
sehr gering.
8
Stress im Lehrberuf
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1. Gliederung nach den Regionen des Tätigkeitsbereiches
In den anschließenden Tabellen wird die prozentuelle Verteilung der befragten
Lehrerschaft in den einzelnen Bundesländern nach dem Tätigkeitsbereich
Großstadt, Kleinstadt und ländliche Region aufgezeigt.
Frauen
Region
Großstadt
Kleinstadt
ländliches Gebiet
Wien
100
0
0
NÖ
5
46
49
B
0
27
73
Stm
24
28
48
K
14
42
44
OÖ
18
33
49
S
26
22
52
T
19
25
56
V
0
40
60
Gesamt
35
26
39
Wien
100
0
0
NÖ
1
43
56
B
0
26
74
Stm
9
30
61
K
16
32
52
OÖ
8
26
66
S
20
8
72
T
6
18
76
V
0
35
65
Gesamt
16
25
59
Männer
Region
Großstadt
Kleinstadt
ländliches Gebiet
Den Hauptanteil der Befragten stellen die Lehrerinnen und Lehrer aus der
ländlichen Region, während die Anzahl der Antworten aus der Groß- und
Kleinstadt im statistischen Mittel etwa gleich groß ist.
2. Verteilung der befragten Lehrertypen
Frauen
Lehrertyp
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer d. Polytechnikums
Lehrer für. einzelne UG
Wien
60
28
7
1
4
NÖ
53
34
7
1
5
B
41
45
5
2
7
Stm
53
36
5
2
4
K
52
39
3
1
5
OÖ
59
30
3
2
6
S
50
36
7
4
2
T
57
32
4
1
6
V
32
53
5
5
5
Ges.
55
34
5
2
4
Wien
16
63
4
13
4
NÖ
28
60
6
5
1
B
43
53
4
0
0
Stm
23
63
7
7
0
K
36
51
10
3
0
OÖ
29
63
1
5
2
S
10
74
10
4
2
T
27
62
3
6
2
V
21
50
21
8
0
Ges.
25
62
5
6
2
Männer
Lehrertyp
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer d. Polytechnikums
Lehrer für. einzelne UG
Wie man aus den Tabellen ersehen kann, stellten den Hauptanteil der freiwillig
Antwortenden bei den Frauen die Volkschullehrerinnen. Dieses Phänomen ist in
fast allen Bundesländern Österreichs vertreten - einzige Ausnahme: Burgenland
und Vorarlberg. Bei den Männern stehen im Vordergrund die Antworten der
Hauptschullehrer, einheitlich in allen Bundesländern.
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Stress im Lehrberuf
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Aus den verschiedenen Beteiligungen der Geschlechter und der Tatsache, daß
der überwiegende Anteil bei Volksschullehrern von Frauen gestellt wird, erkennt
man, daß auch heute noch traditionell die Erziehung und Ausbildung der
Kleinkinder in weiblicher Hand liegt. Im Gegensatz dazu wird die Jugendlichenund Erwachsenenerziehung, sowie Ausbildung stark vom männlichen
Geschlecht dominiert. Dadurch gerät die Frau in diesem Beruf in höherem Maße
in Konflikt- und Streßsituationen. Einerseits ist sie in der Schule mit Problemen
der Kindererziehung konfrontiert, als auch in der Familie. Denn auch hier
übernimmt sie zumindest den größeren Part, wenn nicht die alleinige
Verantwortung. Gerade zu dieser Problematik der weiblichen Dominanz im
Volksschullehrberuf sollten Bestrebungen dahin laufen, wie man auch für den
Mann diesen Lehrertypus wieder mit Anreizen belegen könnte. Gleiches gilt in
umgekehrter Form für die Gruppe der Hauptschullehrer.
3. Sozialdaten
Bei den Sozialdaten wurden die Ergebnisse über den Familienstand, das
Anstellungsverhältnis und die außerordentliche Belastungen durch das
Anstellungsverhältnis zusammengefaßt.
3.1. Familienstand:
Da der Familienstand mit seinen verschiedenen Verhältnissen eine zusätzliche
Auskunft bezüglich emotionaler und sozialer Streßbelastung gibt, sind diese
Daten für die weiteren Betrachtungen ebenfalls von Interesse.
Frauen
Familienstand
ledig
verheiratet
geschieden
mehrfach geschieden
verwitwet
Enthaltung
Wien
18
65
11
1
1
4
NÖ
16
72
9
0
2
1
B
25
66
9
0
0
0
Stm
14
71
12
1
2
0
K
25
63
9
0
1
2
OÖ
27
63
8
0
1
1
S
25
62
9
1
1
2
T
29
55
13
1
1
0
V
35
60
5
0
0
0
Gesamt
24
64
9
1
1
1
Wien
17
71
6
1
3
2
NÖ
4
89
5
1
1
0
B
26
70
4
0
0
0
St
7
89
3
0
1
0
K
10
87
3
0
0
0
OÖ
9
83
4
1
3
0
S
2
96
2
0
0
0
T
11
83
5
0
0
1
V
4
84
4
0
8
0
Gesamt
11
84
4
0
1
0
Männer
Familienstand
ledig
verheiratet
geschieden
mehrfach geschieden
verwitwet
Enthaltung
Bei Betrachtung der Tabellen zeigt sich bei beiden Geschlechtern ein
verschieden hoher Anteil an "alleine lebenden" Personen. Der Anteil an "Nicht
Verheirateten" ist bei den Frauen wesentlich höher als bei den Männern.
Interessanterweise steigt der Anteil an nicht gebundenen Frauen geographisch
gesehen von Ost nach West, während bei den Männern dieser Anteil deutlich
abfällt. Die Männer scheinen häufiger wieder eine Beziehung einzugehen, da
fast 85 Prozent der Befragten den Status "verheiratet" angeben. Diese
Tatsache läßt den Schluß zu, daß Frauen mit dem "Alleine-sein" besser zurecht
10
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
kommen und sich viel zögernder wieder binden. Sie lassen sich mehr Zeit mit
der endgültigen Besiegelung ihres Beziehungsstatus, als auch mit dem
Eingehen einer neuen Bindung.
Der Vergleich der Bundesländerdaten zeigt folgende Ergebnisse.
Der größte Anteil an ledigen Lehrerinnen unter den Befragten ist in Tirol und
Vorarlberg zu finden; der geringste Teil in Wien, Niederösterreich und
Steiermark. Bei den männlichen Vertretern der Berufsgruppe der Lehrer finden
sich die höchsten Anteile an ledigen Pädagogen in Wien und Burgenland,
während geringe Anteile in Niederösterreich, Steiermark, Salzburg und
Vorarlberg zu sehen sind.
Bei den verheirateten Lehrerinnen zeigen sich die höchsten Anteile in
Niederösterreich und in der Steiermark, während der niedrigste Anteil in Tirol
und Vorarlberg zu finden ist. Bei den männlichen Pädagogen sieht man die
meisten Verheirateten in Niederösterreich, Steiermark und Salzburg. Die
geringsten Anteile liegen in Wien und dem Burgenland vor.
Bei den geschiedenen Vertretern des Lehrberufes kann man den größten Anteil
bei den Frauen mit dreizehn Prozent in Tirol und zwölf Prozent in der
Steiermark sehen; bei den Männern mit sechs Prozent in Wien. Der niedrigste
Prozentsatz stammt bei den Lehrerinnen aus Vorarlberg und bei den Lehrern
aus Salzburg.
Zusammenfassung
a) Der größte Anteil an ledigen Lehrern findet sich bei den Frauen in Tirol und
Vorarlberg und bei den Männern in Wien und Burgenland. Die geringste Zahl an
Ledigen bei beiden Geschlechtern erkennt man in Niederösterreich und in der
Steiermark. Bei den Frauen kommt das Bundesland Wien, und bei den Männern die
Bundesländer Salzburg und Vorarlberg hinzu.
b) Die meisten verheirateten Pädagogen kommen aus Niederösterreich und der
Steiermark, bei den Männern zählt das Bundesland Salzburg noch hinzu. Die
geringste Zahl sieht man bei den Frauen in Tirol und bei den Männern in Wien und
dem Burgenland.
c) Die höchste Zahl an geschiedenen Pädagogen findet man bei den Frauen in der
Steiermark und in Tirol, bei den Männern in Wien. Die geringste Anzahl sieht man bei
den Frauen in Vorarlberg un bei den Männern in Salzburg.
3.2. Anstellungsverhältnis
Das Anstellungsverhältnis eines Pflichtschullehrers ist in Österreich durch das
Beamtendienstrechtsgesetz geregelt. Die Anstellung des Pädagogen kann als
jährlich befristeter Vertragsbediensteter, als Lehrer im provisorischen
Dienstverhältnis im Landesdienst, oder als Lehrer im definitiven
Dienstverhältnis (Pragmatisierung) im Landesdienst vorgenommen werden. Die
Aufnahme in ein definitves Dienstverhältnis kann auf Antrag des Lehrers
erfolgen,
wenn
er
die
für
seine
Verwendung
vorgesehene
Definitivstellungserfordernisse erfüllt und eine Dienstzeit von vier Jahren im
provisorischen
Dienstverhältnis
vollendet
hat.
Zu
den
Definitiv11
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
stellungserfordernissen zählt auch die Überprüfung des Gesundheitsstatus des
Antragstellenden.
Frauen
Lehrertyp
Volksschullehrer
Haptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer des Poytechnikums
Lehrer für einzelne UG
pragmatisiert
90
85
85
85
76
II L
5
5
4
4
4
IL
5
10
11
11
20
pragmatisiert
96
96
100
90
72
II L
1
1
0
0
28
IL
3
3
0
10
0
Männer
Lehrertyp
Volksschullehrer
Haptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer des Poytechnikums
Lehrer für einzelne UG
Aus den Tabellen geht hervor, daß der pragmatisierte Anteil der Frauen bei
durchschnittlich 85 Prozent liegt und bei Männern sogar noch höher. Hier
weisen die Zahlen auf einen Prozentsatz von mehr als 90 Prozent hin! Diese
Aussagen treffen auf alle Pflichtschullehrergruppen mit Ausnahme der Lehrer
für einzelne Unterrichtsgegenstände zu. Hier beträgt der pragmatisierte Anteil
für Frauen 76 Prozent und für Männer 72 Prozent.
Daraus resultiert für viele Lehrer eine mangelnde Motivation für Weiterbildung
und Engagement in der Schule. Der Job im Schulwesen ist ohnehin sicher,
solange dem Lehrer nicht mehrmals grobe Regelverstöße unterlaufen. Damit
wird aber klar, daß auch mit einem Minimum an Arbeitsaufwand die
Lehrtätigkeit absolviert werden kann. Andererseits sollte der Pädagoge nicht
noch zusätzlich einem jährlichen Kündigungsstreß ausgesetzt werden. Damit
würde man ebenfalls jede innovative Arbeit an der Schule unterbinden. Die
logische Konsequenz aus diesen Ausführungen liegt möglicherweise auf dem
Weg einer begrenzten, zwingenden Fortbildung. Es stellt sich daher meiner
Meinung nach nur mehr die Frage nach dem Ausmaß und nach dem zeitlich
begrenzten Intervall. Besonders die Fortbildung auf dem pädagogischen Sektor
sollte hier im Vordergrund stehen.
3.3. Außerordentliche Belastungen durch das Anstellungsverhältnis
Außerordentliche Belastungen sind einerseits durch eine bestimmte vertragliche
Situation und andererseits infolge einer örtlichen Trennung vom Familien- und
Bekanntenkreis gegeben. Diese Tatsachen wurden bei der Erstellung des
Fragebogens berücksichtigt. Die Ergebnisse werden in den folgenden
Abschnitten näher beleuchtet.
12
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
3.3.a Belastung durch das Anstellungsvehältnis:
Entlohnungsschemas IIL"
"Vertragslehrer
des
Das Anstellungsverhältnis: "Vertragslehrer des Entlohnungsschemas IIL"
bedeutet die befristete Anstellung für den Zeitraum von einem Jahr. Die
Weiterbeschäftigung für den Lehrer ist nur dann gesichert, wenn rechtzeitig
um einen neuen Vertrag angesucht wurde. Von dieser Situation sind fast
ausschließlich Junglehrer betroffen. Diese Bedingungen wurden geschaffen,
um im Bedarfsfall der Lehrernot über diesen Weg ohne Planstellenerhöhung
begegnen zu können.
Von den Betroffenen fühlen sich 50 Prozent der befragten Frauen und 61
Prozent der befragten Männer belastet. Diese Ergebnisse geben den Hinweis,
daß eine jährlich befristete Anstellung keinen Weg für den Lehrberuf darstellt.
Die Pragmatisierung, verbunden mit einer praktischen Unkündbarkeit, kann
ebeso nicht als eine Idealform gesehen werden. Nähere Betrachtungen dazu
wurden im Abschnitt 3.2. schon beschrieben.
3.3.b Belastungen durch die Anstellung in einem anderen Bundesland
Belastungen
Wohnungssuche
Mietzinshöhe
örtliche Trennung von der Familie
fehlender Bekanntenkreis
nichts
Frauen
8
10
7
6
38
Männer
8
6
3
0
53
Der Hauptanteil der Befragten fühlt sich durch die Anstellung in einem
anderen Bundesland nicht belastet. Männer sind durch diese Arbeitssituation
wesentlich weniger beeinträchtigt als Frauen. Von den aufgelisteten
Belastungen empfinden die Betroffenen die Wohnungssuche und
Mietzinshöhe als besonders schwierig.
4. "Lifestyle-Daten" der Lehrer
In diesem Kapitel sind die Antworten zum Gesundheitsverhalten im Hinblick auf
Eßgewohnheiten und Nikotinkonsum, sowie dem subjektiven Gesundheitsgefühl
zusammengefaßt.
4.1. Gesundheitsverhalten
Frauen
Lifestyle
regelmäßiges Essen
Übergewicht
Rauchen
Wien
66
26
25
NÖ
79
26
20
B
86
25
18
13
Stm
81
23
20
K
74
26
15
OÖ
78
25
17
S
85
26
14
T
87
21
17
V
75
20
20
Gesamt
77
25
20
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Männer
Lifestyle
regelmäßiges Essen
Übergewicht
Rauchen
Wien
58
42
31
NÖ
80
33
22
B
78
30
13
Stm
82
34
25
K
87
38
26
OÖ
84
34
26
S
88
39
20
T
88
21
20
V
96
25
21
Gesamt
82
32
23
Bei einem Vergleich zwischen dem männlichen Anteil und dem weiblichen
Anteil erkennt man einen deutlichen Unterschied im Eßverhalten: Bei Frauen
nehmen fünf Prozent weniger als Männer regelmäßig Essen zu sich. Trotzdem
sind um sieben Prozent mehr Männer als Frauen von Übergewicht betroffen.
Hier ist der Zusammenhang offensichtlich bei gesellschaftlichen Zwängen zu
suchen. Übergewichtige Männer werden von der Gesellschaft viel eher toleriert,
als Frauen. Nach dem heute vorherrschenden schlanken Schönheitsideal beim
weiblichen Geschlecht, sind Frauen geradezu gezwungen, ein annäherndes
Idealgewicht zu halten. Hier erklärt sich auch das schlechtere Eßverhalten in
punkto Regelmäßigkeit. Berufe mit Vorbildcharakter für Kinder und Jugendliche
sind von solchen gesellschaftlichen Regeln natürlich noch stärker betroffen als
andere. Im Rauchverhalten liegen die Männer nur mehr knapp vor den Frauen.
Beim Vergleich der einzelnen Bundesländerdaten zueinander, liegt Wien bei
beiden Geschlechtern mit dem prozentuellen Anteil an Rauchern deutlich an
der Spitze. Bei der Frage nach dem regelmäßigen Essen zeigt sich ebenfalls in
Wien das schlechteste Ergebnis, während bei den Lehrerinnen die
Bundesländer Burgenland, Salzburg und Tirol prozentuell an der Spitze liegen.
Bei den Männern zeigt sich ein deutlicher Trend zu den westlichen
Bundesländern im Bezug auf das Gesundheitsverhalten "regelmäßiges Essen",
sowie ein äußerst positives Ergebnis in Kärnten. Das erhöhte
Gesundheitsrisiko, hervorgerufen durch das Übergewicht, betrifft am geringsten
männliche und weibliche Pädagogen aus Tirol und Vorarlberg. Die höchsten
Anteile an übergewichtigen Lehrern zeigen sich in Wien, Kärnten und Salzburg.
Bei den Frauen sind mit Ausnahme der Bundesländer Tirol und Vorarlberg
kontinuierlich ein Viertel aller Befragten vom Übergewicht betroffen.
Zusammenfassung
a) Trotz generell schlechterem Eßverhalten der Frauen im Lehrberuf, bezogen auf die
Regelmäßigkeit, ist der Anteil an Übergewichtigen deutlich unter dem der Männer.
b) Der rauchende Anteil bei Frauen und Männern des Lehrberufes ist im
österreichweiten Durchschnitt nur gering different. Im Vergleich zum rauchenden
Anteil der Gesamtbevölkerung liegt er beträchtlich darunter.
c) Das schlechteste Gesundheitsverhalten zeigt sich eindeutig bei den Lehrern in
Wien, während das beste Gesundheitsverhalten in Tirol vorzufinden ist.
d) Die geringste Anzahl an übergewichtigen Lehrern findet man bei beiden
Geschlechtern in Tirol und Vorarlberg, die höchste Anzahl sieht man in Wien,
Kärnten und Salzburg.
e) Der größte Anteil an Rauchern im Lehrberuf stammt aus Wien. Der geringste Anteil
zeigt sich bei den Frauen in Kärnten und Salzburg, bei den Männern im Burgenland.
14
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
4.2. Nikotinkonsum
Folgende Daten konnten aus der Umfrage erhoben werden:
Geschlecht bis 10 Zig. 10 - 20 Zig.
Frauen
39
36
Männer
29
25
20 - 40 Zig.
23
32
über 40 Zig.
1
5
Pfeife/Zigarre
0
12
Gesamt
20
23
Der Tabakkonsum bei der Lehrerschaft ist gerade in der heutigen Zeit zu einem
schwierigen Problem geworden. Die Gesellschaft verlangt vom Lehrpersonal,
ebenso wie von Ärzten und Politikern die absolute Vorbildfunktion. Personen,
welche in der Öffentlichkeit agieren, sollten frei von jedem Suchtverhalten sein
und besonders Leute in der Kinder- und Jugendbildung.
Wenn man nun die Zahlen des statistischen Mittels im Gesamten betrachtet,
dann wird diesem öffentlichen Wunsch Rechnung getragen. Mit zwanzig
Prozent Raucherinnen und dreiundzwanzig Prozent an Rauchern liegt die
Berufsgruppe der Lehrer deutlich unter dem Bevölkerungsschnitt. Anders
allerdings stellt sich die Situation in Wien dar. Hier erreicht der Anteil an
Rauchern im Lehrpersonal den gleichen Durchschnitt wie die österreichische
Gesamtbevölkerung.
Die Auflistung der täglichen Rauchwarenmenge zeigt, daß Männer im Schnitt
um zehn Zigaretten mehr Rauchen als Frauen. Die Hauptzahl der Lehrerinnen
raucht ein halbes bis ein Päckchen Zigaretten am Tag. Bei den männlichen
Vertretern der Lehrerschaft liegt der Zigarettenkonsum bei ein bis zwei
Päckchen pro Tag. Der Anteil an Zigarre- und Pfeiferauchern beträgt bei den
Lehrern zwölf Prozent.
Es ist nachzuweisen, daß alle Personen, welche sehr starkes oder starkes
Streßempfinden haben, meist auch Raucher sind. Kommen nun andere
Risikofaktoren, wie Bewegungsmangel, Übergewicht usw. dazu, so liegen
potentielle Herzinfarktkandidaten vor.
Die Diskussionen um den Tabakkonsum haben in der letzten Zeit leider
diktatorische Züge angenommen. Maßnahmen, die sehr stark an die
Prohibitionszeit der Zwanziger- und Dreißiger Jahre erinnern, werden mit
Sicherheit nicht den gewünschten Erfolg bringen. Auch damals hat das
zunehmende Verbot einen erhöhten Reiz für Jugendliche und Erwachsene
dargestellt. Man sollte nichts verbieten, sondern die Einsicht fördern und zum
Selbstverzicht durch Überzeugung kommen. Nur solche Devisen und Strategien
können langfristig zum Erfolg führen.
4.3. Einschätzung des Gesundheitszustandes
Die subjektive Einordnung mußte an einer Bewertungsskala vorgenommen
werden.
15
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Frauen
Einschätzung d. GZ
sehr gut
gut
mittelmäßig
schlecht
Enthaltung
Wien
10
45
36
9
0
NÖ
13
49
31
7
0
B
11
46
32
11
0
Stm
10
45
36
9
0
K
14
47
32
7
0
OÖ
15
47
32
6
0
S
18
49
30
3
0
T
13
48
32
7
0
V
25
50
25
0
0
Gesamt
13
47
33
7
0
Wien
14
40
29
17
0
NÖ
15
55
24
6
0
B
35
39
22
4
0
Stm
17
42
34
7
0
K
18
46
31
5
0
OÖ
16
52
27
5
0
S
20
55
25
0
0
T
17
49
34
0
0
V
13
58
21
8
0
Gesamt
17
50
28
5
0
Männer
Einschätzung d. GZ
sehr gut
gut
mittelmäßig
schlecht
Enthaltung
Bei der subjektiven Beurteilung des eigenen Gesundheitsbefindens zeigt sich,
daß der weibliche Anteil der Lehrerschaft ihren Gesundheitszustand deutlich
weniger gut einschätzt als der männliche Anteil. Sechzig Prozent der
Lehrerinnen vertreten die Ansicht, daß ihr Gesundheitszustand "gut bis sehr
gut" sei. Bei den Lehrern sind immerhin um sieben Prozent mehr der gleichen
Meinung. Die restlichen Personen beider Geschlechter fühlen sich in ihrer
Gesundheit beinträchtigt. Bei den Frauen sind es vierzig Prozent, also weit
mehr als ein Drittel; bei den Männern betrifft es ein Drittel.
Da im Allgemeinen der Gesundheitszustand eher überschätzt wird, kann man
davon ausgehen, daß fast die Hälfte der befragten Lehrer in ihrer Gesundheit
beeinträchtigt sind. Die hohe Anzahl an Arbeitsausfällen und der ebenso
überdurchschnittlich hohe Anteil an Frühpensionierungen gibt mir bei der
vorangegangenen Aussage recht. Damit wird aber der Rückschluß zulässig,
daß eine übergeordnete Ursache eine wesentliche Rolle spielen muß.
Der Vergleich der einzelnen Bundesländerdaten bringt folgende Ergebnisse.
Die meisten Einschätzungen zum Gesundheitszustand "gut bis sehr gut" sieht
man bei den Frauen des Lehrberufes aus Salzburg und Vorarlberg, bei den
Männern betrifft es die Bundesländer Burgenland, Salzburg und Vorarlberg. Im
Bezug aud die Einschätzung "mittelmäßig bis schlecht" sieht man die höchsten
Daten aus Wien und der Steiermark bei beiden Geschlechtern.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Lehrerinnen schätzen ihren Gesundheitszustand generell schlechter ein als ihre
männlichen Kollegen.
b) Die Daten der Einschätzung eines hohen Gesundheitsstatus stammen bei beiden
Geschlechtern aus Salzburg und Vorarlberg. Bei den Männern reihen sich die Daten
aus dem Burgenland noch hinzu.
c) Die meisten Einschätzungen auf einen schlechteren Gesundheitszustand findet man
bei beiden Geschlechtern aus Wien und der Steiermark.
16
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
5. Gesundheitsstörungen
Die Gesundheit wird nach der WHO (Weltgesundheitsorganisation) als ein
vollkommener Zustand des sozialen, psychischen und körperlichen
Wohlbefindens definiert. Die sozialen Voraussetzungen zur Erfüllung dieses
Zustandes sind sehr subjektiv zu setzen. Als einziger allgemein gültiger Satz
kann im Bezug auf soziales Wohlbefinden nur folgendes gelten: Es sollten für
alle Personen solche Voraussetzungen bestehen, daß für jeden Einzelnen die
größtmögliche subjektive Entfaltung gewährleistet wird. Psychische und
körperliche Beeinträchtigungen können nach den bestehenden Kategorien
leichter erfaßt, standardisiert und zugeordnet werden.
Psychische Beeinträchtigungen deuten mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine
erhöhte Streßbelastung hin. Aber auch ein Teil der körperlichen Beschwerden
können durch das Wisssen der psycho-somatischen Zusammenhänge als ein
Hinweis für eine hohe Streßbelastung interpretiert werden.
Deshalb wurden bei den Antwortmöglichkeiten über die Störungen des
Gesundheitszustandes, einerseits subjektive Befindlichkeitsstörungen - und
andererseits allgemein bekannte medizinische Diagnosen vorgegeben. Beim
Ausfüllen selbst, konnte der Einzelne auch mehrere Störungen gleichzeitig
angeben. Die vorgegebenen Gesundheitsstörungen wurden dann nach den
einzelnen Lehrergruppen und hinsichtlich des Geschlechts ausgewertet. Eine
zusätzlich eingeführte Rubrik "Gesamt" an den Tabellen gewährleistet weiters im
Vergleich die Angabe einer standardisierten Abweichung der einzelnen Gruppe
vom Durchschnitt.
Frauen
Gesundheitsstörungen
Herzbeschwerden
Bluthochdruck
Kreislaufbeschwerden
Magenbeschwerden
Gastritis
Verdauungsprobleme
Schlafstörungen
Depressionen
Infektanfälligkeit
Kopfschmerzen
Verspannungen
Rücken/Nacken
Konzentrationsstörungen
Reizbarkeit
sexuelle Lustlosigkeit
Volks- Hauptschule schule
14
12
8
7
45
41
24
22
11
9
25
28
31
29
25
24
27
24
38
32
63
60
30
51
30
24
50
27
Männer
17
Sonderschule
6
8
39
23
11
26
20
23
24
36
58
Politechnischer L.
15
0
58
15
4
15
19
19
8
46
54
einzelne
UG
21
6
49
27
19
28
36
30
16
36
66
Gesamt
20
48
24
31
46
15
33
54
28
28
50
28
13
7
44
23
11
26
30
25
25
36
62
Stress im Lehrberuf
Gesundheitsstörungen
Herzbeschwerden
Bluthochdruck
Kreislaufbeschwerden
Magenbeschwerden
Gastritis
Verdauungsprobleme
Schlafstörungen
Depressionen
Infektanfälligkeit
Kopfschmerzen
Verspannungen
Rücken/Nacken
Konzentrationsstörungen
Reizbarkeit
sexuelle Lustlosigkeit
© C.Temml
Volksschule
16
16
26
24
8
16
37
19
12
26
41
24
44
14
Hauptschule
11
13
20
20
11
17
27
18
13
17
43
Sonderschule
11
16
14
14
11
24
38
8
19
22
49
Politechnischer L.
12
22
27
20
12
20
39
15
10
22
27
einzelne
UG
0
36
36
27
9
0
27
18
27
27
27
Gesamt
22
43
11
22
37
15
18
64
0
23
45
12
24
46
12
12
15
22
21
10
17
31
18
14
20
42
Vorerst will ich mich nur auf die letzte Spalte der Tabellen beziehen und erst
später die einzelnen Lehrergruppen untereinander vergleichen. Weiters werde
ich zum besseren Verständnis die erfragten Gesundheitsstörungen in große
umfassende Gruppen unterteilen.
5.1. Herz- und Kreislauferkrankungen
Der Diagnosekomplex zählt in den westlichen Industrieländern zu den
häufigsten Todesursachen. Eine Unzahl von Studien auf diesem Gebiet
versuchte eine Beziehung zwischen Risikofaktoren und Erkrankung
herzustellen, wobei in den letzten Jahren die Diskussion fast ausschließlich auf
den Risikofaktor Cholesterin beschränkt wurde. Vergessen wurde die
jahrzehntelang bestehende und unumstrittene wissenschaftliche Erkenntnis,
daß Streßfaktoren als Stressoren im Sinne von SELYE als Hauptursache einer
kardialen Fehlregulation, beziehungsweise eines Kreislaufzusammenbruches
am Ende einer ständigen Belastungsperiode stehen.
Auch der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden sind die Untersuchungen von
ROSENMANN und FRIEDMANN aus San Franzisko mit der Einteilung in den
stark gefährdeten Verhaltenstyp A und den wenig gefährdeten Verhaltenstyp B.
Der Verhaltenstyp A wurde als eine exzessiv im Konkurrenzkampf stehende
Persönlichkeit mit motorischer Unruhe, angespannten Gesichtszügen und
überentwickeltem Gefühl für Zeiteinteilung beschrieben. Es handelt sich somit
um ständig unter Zeitdruck stehende Menschen, immer in Bewegung mit einem
gewaltigen Arbeitspensum, welches laufend über eine Bewältigung hinausgeht.
Der Verhaltenstyp B kann als das genaue Gegenteil charakterisiert werden.
Durch die Schwierigkeit, diese subjektiven Eindrücke zu objektivieren, konnte
Streß bisher schwer definiert und auch nicht leicht gemessen werden. Man darf
also die Zusammenhänge zwischen Streß und Herz- Kreislauferkrankungen nur
vorsichtig beurteilen. Es schließt allerdings nicht aus, daß bereits auf Grund
anderer Risikofaktoren bei prädisponierten Personen, Streß als Auslösemoment
wirken könnte. Vor allen Dingen sollte man nicht vergessen, daß der auf uns
einwirkende Streß unser Verhalten maßgebend beeinflußt. Diese
18
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Verhaltensveränderungen betreffen andere gesundheitsschädigende Faktoren,
wie Rauchen, Trinken, Essen und Bewegung.
In den übergeordneten Begriff dieses Kapitels fallen die Antworten in Hinsicht
auf Herzbeschwerden, Bluthochdruck und Kreislaufbeschwerden. Bei den
Herzbeschwerden liegen beide Geschlechter mit zwölf und dreizehn Prozent
fast gleich hoch, bei bekanntem Bluthochdruck sind die Männer zweimal
häufiger davon betroffen. Bei Kreislaufbeschwerden fällt die Anzahl der Antwort
der Frauen doppelt so hoch aus.
Es ist wichtig festzuhalten, daß bei Bluthochdruck nur die, den Betroffenen
schon bekannte Erkrankung festgehalten wurde. Nach seriösen Schätzungen
liegt die Zahl der nicht erfaßten Personen mindest doppelt so hoch. Bestätigt
wird aber die Tatsache, daß Männer von dieser Erkrankung wesentlich häufiger
betroffen sind. Die hohe Anzahl an Kreislaufbeschwerden bei Frauen erklärt
sich im höheren Auftreten von Blutniederdruck mit Symptomen, wie Schwindel,
Übelkeit und Kollapsneigung.
Beim Vergleich der einzelnen Lehrergruppen zueinander fällt auf, daß im
Bereich der Herzbeschwerden Lehrerinnen für einzelne Unterrichtsgegenstände
am stärksten betroffen sind. Bei den männlichen Vertretern sind es die
Volksschullehrer. Die geringste Zahl an Störungen auf diesem Gebiet findet
man bei den Sonderschullehrern. Auf dem Gebiet des Bluthochdruckes besteht
bei den Frauen aller einzelnen Gruppen etwa gleiche Häufigkeit mit Ausnahme
der Lehrerinnen des polytechnischen Lehrganges. Hier findet man überhaupt
keine Erkrankten. Bei den Männern stechen wieder die Lehrer einzelner
Unterrichtsgegenstände mit 36 Prozent hervor. Ebenfalls stärker betroffen als
der Durchschnitt sind die Lehrer des polytechnischen Lehrganges. Die Vertreter
der anderen Gruppen liegen annähernd im Durchschnitt. Auf dem Sektor der
Kreislaufstörungen liegen die Lehrerinnen des polytechnischen Lehrganges
weit voran. Auch die Lehrerinnen für einzelne Unterrichtsgegenstände weisen
höhere Prozente an Betroffenen auf. Bei den Männern zeigen sich idente
Verhältnisse, nur - daß bei den Lehrern für einzelne Unterrichtsgegenstände die
größten Prozentzahlen vorliegen. Die geringste Anzahl an betroffenen Lehrern
findet man bei bei beiden Geschlechtern bei den Sonderschullehrern.
Zusammenfassende abgeleitete Aussagen:
a) Lehrer sind zweimal so häufig vom Bluthochdruck betroffen als Lehrerinnen.
Herzbeschwerden sind an Häufigkeit gleich hoch.
b) Auf dem Gebiet der Kreislaufbeschwerden besteht eine Umkehr der
Datenauswertungen der Geschlechter. Die durchschnittliche Anzahl der daran
leidenden Frauen ist doppelt so hoch.
c) Am stärksten betroffen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die weiblichen und
männlichen Lehrer der einzelnen Unterrichtsgegenstände. Die geringste
Erkrankungshäufigkeit weisen die Sonderschullehrer(innen) auf.
d) Alle anderen Lehrergruppen liegen im Durchschnitt.
5.2. Erkrankungen des Verdauungstraktes
19
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Bei vielen Erkrankungen des Verdauungstraktes ist die Rolle der psychischen
Projektion als mitauslösende Ursache in der Wissenschaft unbestritten. Gefragt
wurde nach "Magenbeschwerden", "Gastritis" und "Verdauungsproblemen". Alle
diese Symptome werden durch psychische Belastungen als zusätzlich
auslösender Faktor mitbestimmt.
Bei der Befragung gaben etwas mehr als ein Fünftel beider Geschlechter an,
unter Magenbeschwerden zu leiden und ein Zehntel führte die Diagnose
Gastritis an. Die Verdauungsbeschwerden stehen bei den Frauen an erster
Stelle, während bei den Männern diese Leiden nach den Magenstörungen
rangiert.
Die ständige Zunahme der Krebserkrankungsrate im "Magen-Darm-Trakt" sollte
uns nicht nur auf die Ernährung alleine hinlenken. Deswegen sind Beschwerden
in diesem Bereich, hervorgerufen durch psychovegetative Koppelung, nicht zu
unterschätzen. Durch die Projektion der Psyche auf diese Organe entstehen
schlußendlich organische Schäden. Gerade diese chronischen Entzündungen
stellen mit der erhöhten Zellteilungsrate ein verstärktes Zellentartungsrisiko dar.
Wenn man die prozentuellen Anteile des Gesamtdurchschnitt betrachtet, kann
man erkennen, daß die Magenbeschwerden inklusive der Diagnose Gastritis
den Anteil der Verdauungsprobleme weit übertreffen. Im Vergleich zu den HerzKreislauf-Problemen sind die Beschwerden des Magen-Darm-Trakts in gleich
hohem Ausmaß zu sehen. Auch auf diesem Sektor der Gesundheitsstörungen
sind Lehrerinnen stärker betroffen als die männlichen Kollegen. Besonders die
Verdauungsprobleme zeigen einen fast zehn Prozent höheren Anteil bei den
Frauen. Dieser geschlechtsspezifische Unterschied ist allerdings kein
Lehrerphänomen, sondern allgemein in der Bevölkerung vorhanden.
Der Vergleich der einzelnen Lehrergruppen deutet darauf hin, daß die
Gesundheitsstörungen im Magen-Darm-Trakt alle in etwa gleich hohem
Ausmaß betrifft. Nur bei den Frauen findet man eher eindeutige Unterschiede.
Wiederum leiden die Lehrerinnen für einzelne Unterrichtsgegenstände
besonders stark unter den Beschwerden des Magen-Darm-Trakts. Ebenso fällt
auf, daß die weiblichen Pädagogen des polytechnischen Lehrganges die
geringsten prozentuellen Anteile angeben.
Zusammenfassende abgeleitete Erkenntnisse:
a) Die Beschwerden auf dem Sektor des Magen-Darm-Traktes sind in der prozentuellen
Bemessung bei den Lehrern gleich hoch wie die des Herz-Kreislauf-Systems.
b) Der weibliche Anteil des Lehrberufes ist ebenfalls stärker betroffen als der
männliche Anteil.
c) Die Lehrer zeigen keine verstärkte Belastung einer speziellen Lehrergruppe. Bei den
Frauen
sind
eindeutig
die
Gruppe
der
Lehrerinnen
für
einzelne
Unterrichtsgegenstände am häufigsten davon betroffen, die Lehrerinnen des
politechnischen Lehrganges zeigen die geringsten prozentuellen Anteile.
5.3. Muskuläre Verspannungen
20
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Die muskulären Verspannungen als Ausdruck unserer vermehrt einseitigen
Bewegung in allen Lebensbereichen und der zunehmenden Bewegungsarmut
liegt heute an erster Stelle aller Diagnosen bei der Bevölkerung. Über Jahre
hinaus arbeiten ungeahnte Kräfte an unserer Wirbelsäule, an unseren
Gelenken und finden anfänglich ihren Ausdruck in der muskulären
Verspannung
in
ganz
bestimmten
Bereichen
unseres
Körpers.
Selbstverständlich spiegelt sich das, bei der Befragung der Berufsgruppe der
Lehrer, die ihren Bewegungsapparat genauso wie alle anderen Berufsgruppen
nur mehr einseitig strapazieren, wieder.
Fast zwei Drittel aller befragten Lehrerinnen leiden unter muskulärer
Verspannung im Rücken- und Nackenbereich. Bei den Männern sind es
deutlich weniger, die diese Symptome als Beeinträchtigung ansehen. Es sind
42 Prozent davon betroffen. Beim weiblichen Anteil des Lehrberufes sind die
Lehrergruppen mit Ausnahme der Lehrerinnen des polytechnischen
Lehrganges circa gleich hoch von den Symptomen der muskulären
Verspannung betroffen. Die Lehrerinnen des polytechnischen Lehrganges
liegen mit ihren Angaben zu diesem Symtomenkreis deutlich unter dem
Gesamtdurchschnitt. Bei den Männern sind deutliche Unterschiede
festzustellen. Lehrer der Sonderschule liegen deutlich über dem Gesamtdurchschnitt, während die Lehrer aus dem polytechnischen Lehrgang und der
einzelnen Unterrichtsgegenstände deutlich darunter liegen. Aus welchen
Gründen auf diesem Beschwerdefeld bei Männern diese deutlichen
Unterschiede bestehen, kann nicht erklärt werden.
Bei der Situation der Frauen im Lehrberuf ist anzumerken, daß die vermehrte
körperliche Belastung durch die Haushaltsarbeit, das Einkaufen und den
erhöhten Anteil an der Kinderbetreuung in der Familie verstärkt zum hohen
Prozentsatz an muskulären Verspannungen im Wirbelsäulenbereich beiträgt.
Die Einführung eines entspannenden, muskulären Wirbelsäulentrainings am
Ende einer Unterrichtsstunde, würde nicht nur bei den Haltungsschäden der
Kinder und Jugendlichen vorbeugende Arbeit leisten, sondern auch dem
Lehrpersonal eine Linderung der Symptome in diesem Bereich bringen.
Immerhin ist es bekannt, daß chronische Schmerzzustände auch zu einer
psychischen Beeinträchtigung führen und damit das Verhalten des Einzelnen
ganz entscheidend verändern. Muskuläre Verspannungen deuten außerdem
auf einen höheren Spannungszustand im Körper hin und sind somit ebenfalls
ein Ausdruck der belasteten Psyche des Menschen.
Zusammenfassende Erkenntnisse:
a) Die muskulären Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich zählen zu den
häufigsten Gesundheitsbeeinträchtigungen bei den Frauen und Männern des
Lehrberufes. Bei den Männern werden diese Beschwerden nur noch durch
Reizbarkeit übertroffen.
b) Frauen des Lehrberufes sind zu einem wesentlich höheren Anteil von diesem
Symptomkreis betroffen.
c) Eindeutige Zuordnungen im Ausmaß der Beschwerden mit den einzelnen
Lehrergruppen sind nur bedingt möglich.
5.4. Psychische Beeinträchtigungen
21
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Dieser Abschnitt umfaßt die Begriffe "Schlafstörungen,
Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Reizbarkeit".
Depressionen,
Die Lehrerschaft klagt vermehrt über Bewältigungsängste und psychische
Beeinträchtigung in der Schule. Das Interesse und der Bedarf an Supervision
nehmen seit Jahren laufend zu. Auch die Angebote über Kurse an autogenem
Training, Selbsterfahrung, Konfliktlösungsstrategien werden vermehrt von den
Lehrern in Anspruch genommen.
Die Ergebnisse aus der Befragung bestätigen die hohe psychische Belastung
und Beeinträchtigung dieser Berufsgruppe. Die Angaben über psychisch
verursachte Gesundheitsstörungen liegen weit vor den rein organischen
Störungen.
An erster Stelle liegt das Symptom der erhöhten Reizbarkeit. Bei den Frauen ist
die Hälfte der Befragten davon betroffen, bei den Männern sind es um fünf
Prozent weniger als die Hälfte. An zweiter Stelle folgt beim weiblichen
Geschlecht die Beeinträchtigung durch Kopfschmerzen. Hierbei ist allerdings
anzumerken, daß sicher ein Prozentsatz der Betroffenen aus rein organischer
Ursache darunter leidet. Beim männlichen Geschlecht stehen an zweiter Stelle
die Schlafstörungen, welche vom weiblichen Lehrpersonal an die dritte Stelle
gereiht werden. Die Konzentrationsstörungen und Depressionen liegen eher
eng beieinander an letzter Stelle. Sie betreffen bei den Frauen ein Viertel der
Befragten und bei den Männern ein Fünftel. Aus allen diesen Zahlen läßt sich
ableiten, daß ein höherer Prozentsatz von mehreren Symptomen befallen ist.
Dadurch leiden nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch das gesamte
Umfeld im beruflichen und privaten Bereich.
Der Vergleich der einzelnen Lehrergruppen untereinander gibt folgenden
Aufschluß: Die Lehrerinnen für einzelne Unterrichtsgegenstände sind auf den
Gebieten: "Schlafstörungen, Depressionen, Konzentrationsstörungen und
Reizbarkeit" jeweils über dem Vergleichs-durchschnitt und in den Prozentzahlen
am Höchsten von allen Frauen des Lehrberufes. Auf dem Sektor der
Kopfschmerzen führen die Lehrerinnen des polytechnischen Lehrganges. Die
geringsten Prozentzahlen in den Bereichen: "Schlafstörungen Depressionen
und Reizbarkeit" weisen die Lehrerinnen des polytechnischen Lehrganges auf.
Bei den Männern des Lehrberufes sind beim Vergleich wesentlich mehr
differenzierte Ergebnisse vorhanden. Bei Kopfschmerzen und erhöhter
Reizbarkeit liegen die Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände voran und bei
den Schlafstörungen die Lehrer des polytechnischen Lehrganges. Am Sektor
der Depressionen herrscht eine relativ gleiche Verteilung mit einer Ausnahme:
"Die Sonderschullehrer". Diese Gruppe an Lehrern ist nach eigenen Angaben
am
wenigsten
davon
betroffen.
Die
Bereiche
"Schlafund
Konzentrationsstörungen" haben die geringste Auswirkung bei den Lehrern für
einzelne Unterrichtsgegenstände. Die geringste Reizbarkeit zeigen Lehrer
despolytechnischen Lehrganges und den kleinsten Anteil bei den
Kopfschmerzen findet man bei den Hauptschullehrern.
22
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Regelmäßige professionelle Hilfestellungen vorort an der Schule oder die
Möglichkeit eines Karenzjahres, wie es in den angelsächsischen Ländern als
"Sabbatical" (Regenerations- und Bildungsjahr) geschaffen wurde, würden
sicher zu einer wesentlichen Verbesserung auf diesem Sektor beitragen.
Zusammenfassende Erkenntnisse:
a) Störungen des psychischen Wohlbefindens zählen bei den Lehrern zu den größten
Gesundheitsproblemen.
b) Frauen des Lehrberufes sind mit Ausnahme der Schlafstörungen in einem höheren
Ausmaß betroffen. Auf dem Gebiet der Depressionen beträgt die Differenz sieben
Prozent und bei den Konzentrationsstörungen fünf Prozent. In den Bereichen
Reizbarkeit und Kopfschmerzen beträgt das Ausmaß sogar fünfzehn und sechzehn
Prozent!
c) Lehrer(innen) für einzelne Unterrichtsgegenstände sind bei den Störungen der
Psyche am stärksten beeinträchtigt.
5.5 Sexualität
Die Sexualität in ihrer Verknüpfung mit Liebe und Zärtlichkeit, sowie
körperlicher Berührung mit höchster momentaner muskulärer Anspannung und
Entspannung, ist einer der größten "Antistressoren", die wir besitzen.
Würde das gesamte sexuelle Verhalten weit weniger zum Selbstzweck gemacht
werden als heute, dann könnte es in seiner positiven Funktion, als Quelle der
Freude, des friedlichen Zusammenlebens, der Aggressionsdämfung, als
mächtiger Antistressor und somit als eine der reichsten und vitalsten
Lebensäußerung angesehen werden. Die Tatsache, daß im Gegensatz dazu
die Sexualität vielfach selbst zum Stressor wird, liegt an einer der teuflischsten
Assoziationen der Kultur. Aufgrund der automatischen Verknüpfung von
Sexualität mit Anspannung, Frustration und Verhaltensunsicherheit kommt
gerade dasjenige Gegengewicht nicht zum Zuge, wofür Erotik und Sexualität
innerhalb unserer biologischen Struktur ausersehen sind. (Vester F. 1976)
Dieses wörtliche Zitat von F. VESTER hat trotz sexueller Revolution der
Siebziger Jahre auch heute in den neunziger Jahren die gleiche Gültigkeit.
Während die Medien wie gewaltige Illusionsmaschinen unentwegt Bilder des
Glücks und der Sinnentrunkenheit auswerfen, steigt in der Bevölkerung der
Frust. Nach außen hin wirkt unsere Gesellschaft möglicherweise ziemlich
aufgeklärt, aber dahinter gibt es noch immer Unsicherheit, Scham und
Verletzlichkeit. Der lockere Umgang mit Sex ist oft nur eine Hülse. "Die sexuelle
Aktivität" sagt der Frankfurter Sexualforscher Volkmar SIGUSCH, "ist nur
scheinbar." Heute meidet der Mensch alles, was an ein ungehemmtes
Triebleben erinnert: "Spontaneität und Regellosigkeit, Hingabe und Ekstase."
Ernest BORNEMAN spricht von der Volkskrankheit "Angst vor der Nähe" und
Sozialforscher ermittelten "zunehmende Bindungsunfähigkeit" der Menschen.
Nicht nur bei Männern nimmt die heterosexuelle Aktivität ab, auch bei Frauen
macht sich die sexuelle Lustlosigkeit zunehmend breit. Die Auswertung der
Antworten der Lehrerschaft auf diesem Gebiet scheint diese allgemeine
23
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Tendenz nicht nur zu bestätigen, sondern auch noch kraß hervorzuheben. Fast
ein Drittel aller befragten Lehrerinnen leidet unter sexueller Lustlosigkeit, beim
männliche Anteil sind zwölf Prozent.
Betrachtet man die einzelnen Lehrergruppen zueinander, dann fällt auf, daß die
Volksschullehrerinnen mit der sexuellen Lustlosigkeit über dem statistischen
Mittelwert liegen und am meisten von allen Lehrerinnen betroffen sind. Bei den
Volksschullehrern liegt eine fast idente Situation vor. Es ist scheint daher
naheliegend, daß die tägliche Frustrationsschwelle in der Volksschule sehr
hoch ist. Die geringsten Prozentzahlen bei diesem Thema zeigen die
Lehrerinnen des polytechnischen Lehrganges und die Lehrer der einzelnen
Unterrichtsgegenstände.
Zusammenfassende Erkenntnisse:
a) Die Störungen auf dem Gebiet der Sexualität, bezogen auf das Verlangen danach
sind bei allen Lehrern stark vorhanden.
b) Die Frauen des Lehrberufes sind mit 28 Prozent in einem doppelt hohen Ausmaß
gegenüber den Männern betroffen.
c) Lehrerinnen und Lehrer aus der Volksschule zeigen die höchsten Prozentzahlen.
5.6. Infektanfälligkeit
Die Infektanfälligkeit nimmt eine gewisse Sonderstellung zwischen organischer
und psychischer Gesundheitsstörung ein. Es gilt heute als eine wissenschaftlich
unumstrittene Tatsache, daß eine erhöhte Streßbelastung zu einer erhöhten
Infektanfälligkeit führt. Die Erklärung hierzu kann auch auf einen simplen
Nenner gebracht werden. Je mehr Energie der Körper zur Bewältigung anderer
Belastungen aufwenden muß, umso weniger Energie verbleibt ihm für die
Immunabwehr. Eine hohe Streßbelastung zwingt den Körper zur Bereitstellung
von hohen Energiereserven, sodaß für die Infektabwehr zu wenig übrig bleibt.
Die Angaben über die erhöhte Infektanfälligkeit ist beim männlichen und
weiblichen Anteil der Lehrerschaft deutlich unterschiedlich. Bei den Frauen sind
immerhin ein Viertel aller Befragten davon betroffen, während bei den Männern
ein knappes Sechstel diese Gesundheitsbeeiträchtigung positiv beantwortet
hat. Auch auf diesem Gebiet liegt die Gruppe der Volksschullehrerinnen
prozentuell über dem Durchschnitt, während bei den Männern die Lehrer der
einzelnen Unterrichtsgegenstände am stärksten betroffen sind. Die geringsten
Prozentzahlen weisen die Lehrer beider Geschlechter für einzelne
Unterrichtsgegenstände auf.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Die Infektanfälligkeit ist bei den Frauen des Lehrberufes um zehn Prozent höher als
bei den Männern. Ein Viertel aller Lehrerinnen weist eine erhöhte Infektanfälligkeit
auf.
24
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
b) Beide Geschlechter der Lehrer des polytechnischen Lehrganges sind weit unter dem
Durchschnitt bei der Infektanfälligkeit gelegen.
6. Streßempfindung
In diesem Abschnitt findet man die subjektiven Gefühle der Befragten zu dem
Begriff "Streß". Es wurde bewußt auf eine Differenzierung in Berufs-, Familienund Freizeitstreß verzichtet, da diese Unterschiede in weiteren Fragen
herausgearbeitet wurden und unter Abschnitt 9 - 15 genau behandelt werden.
Gleichzeitig ist zu bemerken, daß jede der erwähnten Streßformen auch in
andere
Lebensbereiche
einwirkt
und
immer
zu
einer
globalen
Verhaltensänderung führt.
6.1. Allgemeine Streßempfindung
6.1.a. Allgemeines Streßempfinden bezogen auf Geschlecht und Bundesländer
Die Beantwortung der Frage: "Fühlen Sie sich gestreßt?" mit "Ja", läßt sich
aus der nachstehenden Tabelle, aufgeteilt in Frauen und Männer, in
Prozenten ablesen.
Geschlecht
Frauen
Männer
Wien
93
86
NÖ
81
75
B
86
91
Stm
87
86
K
87
87
OÖ
83
82
S
85
78
T
87
82
V
90
83
Gesamt
86
82
Wie man aus der Tabelle entnehmen kann, zeigen die Frauen dieser
Berufsgruppe den prozentuell höchsten Anteil an Streßempfindung im
Tätigkeitsbereich Großstadt. Dieser Trend ist bei den Männern keineswegs
feststellbar. Hier zeigt sich eher ein höherer Anteil an subjektiver
Streßempfindung in der ländlichen Region. Im Gesamten gesehen, fühlt sich
das weibliche Geschlecht in einem prozentuell höheren Anteil gestreßt als das
männliche Geschlecht. Ebenso auffallend erscheint mir der deutlich niedere
Anteil in den Bundesländern Niederösterreich und Oberösterreich im Vergleich
zu den anderen Bundesländern zu sein.
6.1.b. Allgemeine Streßempfindung bezogen auf die Lehrergruppen
Einen weiteren Aspekt bei der Beurteilung der Streßempfindung der
Lehrerschaft stellt das Streßerleben der einzelnen Lehrergruppen dar. Das
Interesse galt vor allen Dingen der Tatsache, ob sich die Empfindungen der
einzelnen Gruppen gravierend unterscheiden. Die nachfolgenden Tabellen
geben einen Aufschluß darüber.
25
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Frauen
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer des polytechn. Lehrg.
Lehrer f. einzelne UG
Streßempfindung
86
85
80
92
96
keine Streßempfindung
14
15
20
8
4
Streßempfindung
82
83
78
80
73
keine Streßempfindung
18
17
22
20
27
Männer
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer des polytechn. Lehrg.
Lehrer f. einzelne UG
Beim Vergleich der beiden Geschlechter fällt auf, daß auch hier die minimal
verringerte Streßempfindung der Männer, wie schon unter Abschnitt 6.1.a.
erwähnt, betätigt wird. Der Unterschied der Geschlechter wird bei den
Gruppen der Lehrer des polytechnischen Lehrganges und bei den Lehrern für
einzelne Unterrichtsgegenstände noch gravierender. Hier beträgt die Differenz
mehr als zehn Prozent.
Beim Vergleich der einzelnen Lehrergruppen zueinander sieht man bei den
Frauen annähernd gleiche Streßempfindung bei Volks- und Hauptschullehrern
mit 84 und 85 Prozent. Eine Sonderstellung der Sonderschullehrerinnen mit
der geringsten Bewertung, nämlich 80 Prozent. Eine dritte Gruppe stellen die
Lehrerinnen des polytechnischen Lehrganges und die Lehrerinnen für
einzelne Unterrichtsgegenstände mit dem höchsten Anteil von 92 und 96
Prozent dar.
Bei den Männern finden sich ähnliche Gruppierungen, allerdings mit einer
Verschiebung. Volks- und Hauptschullehrer zeigen einen Anteil von 82 und 83
Prozent mit bejahendem Streßerlebnis und stellen gleichzeitig die Gruppe mit
dem größten Anteil. Unmittelbar danach folgen die Sonderschullehrer und die
Lehrer des polytechnischen Lehrganges mit einem Anteil von 78 und 80
Prozent. Die Gruppe der Pädagogen mit dem geringsten Anteil von
Streßempfindungen stellen die Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände.
Zusammenfassende Erkenntnisse:
a) Das Streßempfinden der Frauen des Lehrberufes ist höher, als das der Männer.
b) Bei den Frauen liegen die Volks- und Hauptschullehrer im Mittelfeld; bei den
Männern stellen sie die Gruppe mit den größten Streßempfindungen.
c) Die Sonderschullehrer zeigen bei den Frauen den geringsten Anteil und liegen bei
den Männern im Mittelfeld. Durch die annähernd gleiche prozentuelle Verteilung
kann sie auch als die Personen im Lehrberuf sehen, welche den wenigsten Streß
empfinden.
26
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
d) Lehrer des polytechnischen Lehrganges und für einzelne Unterrichtsgegenstände
empfinden die subjektive Streßbelastung nach dem Geschlecht unterschiedlich. Bei
den Frauen stellen sie die Gruppe der größten Belastung, bei den Männern nicht.
6.2. Graduierte Streßempfindung
Durch die Vorgabe einer Bewertungsskala mit den Attributen sehr stark, stark,
mittelmäßig, wenig und nicht sollten die einzelnen befragten Lehrer eine
Standortsbestimmung ihres Streßerlebens vornehmen. Dadurch gelingt es
schon eher eine Unterscheidung in "Eustreß" und "Distreß" vorzunehmen.
6.2.a. Graduierte Streßempfindung bezogen auf Geschlecht und Bundesländer
Die angegebenen Prozente in den folgenden Tabellen, sind jeweils auf die
Anzahl der Personen, welche ein Streßempfinden angegeben haben,
bezogen.
Frauen
Streßempfinden
wenig
mittelmäßig
stark
sehr stark
Wien
5
32
43
20
NÖ
11
44
33
12
B
11
40
43
5
Stm
6
48
33
13
K
10
36
36
18
OÖ
6
42
37
15
S
11
40
40
9
T
10
42
32
16
V
11
33
45
6
Gesamt
8
40
37
15
Wien
5
25
40
30
NÖ
4
51
30
15
B
5
33
48
14
Stm
10
37
36
17
K
0
42
29
29
OÖ
8
41
37
14
S
10
40
40
10
T
9
40
38
13
V
15
50
20
15
Gesamt
7
40
36
17
Männer
Streßempfinden
wenig
mittelmäßig
stark
sehr stark
Wenn man die Personen, welche sich gestreßt fühlen, eine Graduierung
dieser Empfindung vornehmen läßt, dann zeigt sich folgendes interessantes
Phänomen. Sowohl bei Frauen, als auch bei Männern sind die prozentuellen
Anteile in den einzelnen Gruppen fast ident. Ein Sechstel der gestreßten
Lehrer und Lehrerinnen empfindet die Belastung als sehr stark, ein gutes
Drittel fühlt sich noch immer stark gestreßt und etwa die Hälfte der bejahenden
Personen beider Geschlechter sieht sich wenig bis mittelmäßig gestreßt.
Wenn man eine differenzierte Betrachtung zwischen den einzelnen
Bundesländern vornimmt, dann zeigt sich bei beiden Geschlechtern der
größte Anteil an Personen mit sehr starkem Streßempfinden in der Großstadt.
Dies ist auch nicht verwunderlich, da die psychischen Anforderungen an die
Lehrerschaft in der Großstadt durch die Probleme der Kinder, Eltern und der
Gesellschaft wesentlich größer sind, als in den ländlichen Regionen.
6.2.b. Graduierte Streßempfindung bezogen auf die Lehrergruppen
27
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Frauen
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer des polytechn. Lehrg.
Lehrer f. einzelne UG
sehr stark
12
13
9
18
19
stark
31
30
32
28
38
mittelmäßig
36
34
35
36
33
wenig
7
8
4
12
6
keine
14
15
20
8
4
sehr stark
16
11
16
24
0
stark
25
29
24
15
46
mittelmäßig
37
35
35
39
27
wenig
4
8
3
2
0
keine
18
17
22
20
27
Männer
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer des polytechn. Lehrg.
Lehrer f. einzelne UG
Wenn man die Lehrer eine graduierte Einorndung ihrer Streßempfindungen
vornehmen läßt, dann kommt man der Wahrheit über die wirkliche
Streßbelastung schon wesentlich näher. Für die weiteren Ausführungen sind
nur die beiden ersten Spalten der Tabellen von Interesse, da diese Personen
noch am ehesten einem Distreß ausgesetzt sind. Die dritte und vierte Spalte
zeigt mit Sicherheit Lehrer mit mittelfristigen Streßerleben an, der vorerst als
nicht gesundheitsbeeinträchtigend anzusehen ist.
Die Addition der Prozente aus den Spalten eins und zwei zeigt folgende
Situation:
Frauen
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer d. polyt. Lehrg.
Lehrer für einzelne UG
Männer
Streßbelastung
43
43
39
46
57
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer d. polyt. Lehrg.
Lehrer für einzelne UG
Streßbelastung
41
40
40
39
46
Diese Ergebnisse bezogen auf die Streßbelastung bei Lehrern scheinen mir
wirklich realistisch und spiegeln den Zustand der Lehrer in der Schule wieder.
Wiederum lassen sich drei Gruppen, wie schon bei der Frage nach
allgemeiner Streßbelastung erkennen. Diese drei Gruppen sind auch mit den
im Abschnitt 6.1.b. beschriebenen Einteilungen ident, mit einer geringfügigen
Änderung bei den Männern. Bei den Männern ändert sich die Reihenfolge in:
Die höchste Anzahl an gestreßten Pädagogen finden sich bei den Lehrern für
einzelne Unterrichts-gegenstände, die mittlere Gruppe wird von Volks-, Hauptund Mittelschullehrern gebildet und den geringsten Streß erleben die Lehrer
des polytechnischen Lehrganges. Ebenso ist die sichtbare Differenz der
Geschlechter weiterhin erhalten.
Wenn man diese Ergebnisse in Relation zu den Gesundheitsbeeiträchtigungen setzt, dann sieht man ebenfalls eine große
Deckungsgleichheit. Insoweit ist eine Kontrolle dieser freiwilligen Antworten
gegeben.
28
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Zusammenfassende Ergebnissse und abgeleitete Aussagen:
a) Neuerlich zeigt sich eine minimale Differenz im Streßempfinden zwischen den
Geschlechtern.
b) Neuerlich lassen sich drei Gruppen bezüglich der Anzahl an gestreßten Lehrern
vornehmen.
7. Selbsteinschätzung
In den folgenden Tabellen kann man die vorgenommenen Selbsteinschätzungen
bezüglich des individuellen Verhaltens des einzelnen Lehrers ersehen. Die
angeführten Attribute waren vorgegeben und die Befragten mußten sich einem
Attribut zuordnen.
Frauen
Selbsteinschätzung
aktiv
aggressiv
resigniert
angespannt
geduldig
Enthaltung
Wien
42
6
5
32
14
1
NÖ
45
3
4
32
15
1
B
52
5
7
23
19
0
Stm
50
4
5
30
10
1
K
50
2
4
27
16
1
OÖ
41
5
7
35
11
1
S
58
2
3
24
13
0
T
48
3
6
26
17
0
V
35
10
15
25
15
0
Gesamt
47
4
6
28
14
1
Wien
28
9
11
23
28
1
NÖ
35
3
7
26
28
1
B
52
4
4
14
22
4
Stm
37
5
8
30
19
1
K
49
5
8
18
18
2
OÖ
44
3
7
24
21
1
S
39
2
14
20
25
0
T
47
4
10
35
27
0
V
50
0
8
8
34
0
Gesamt
42
4
9
22
22
1
Männer
Selbsteinschätzung
aktiv
aggressiv
resigniert
angespannt
geduldig
Enthaltung
Bei der Selbsteinschätzung bezeichnen sich etwas weniger als die Hälfte aller
Befragten beider Geschlechter als aktiv. Dieser Anteil hat zumindest eine
psychisch stabile Situation aufzuweisen und kann auch den anfallenden Streß
während der Schulzeit gut bewältigen. Aber geringfügig mehr als ein Drittel der
Lehrerschaft fühlt in sich die Eigenschaften der Aggression, Resignation und
Anspannung. Die Anspannung selbst überwiegt prozentuell deutlich. Das Attribut
der Geduld billigen sich nur ein Fünftel der Männer und gar nur ein Sechstel aller
Frauen zu. Doch gerade in der Kinder und Jugendbildung sollte die Geduld sehr
weit oben stehen. Man muß sich daher sehr wohl die Frage stellen, warum die
Geduld in der Reihung so weit hinten steht.
Im bundesländerweiten Vergleich zeigen sich auch deutliche Unterschiede.
8. Zeitaufwand im Beruf
Infolge der jährlich steigenden Kosten für Lehrer werden Diskussionen über die
Arbeitszeit in Regelmäßigkeit immer wieder entfacht. Erst am 2. Oktober 1993
29
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
war die Schlagzeile: "Wieviel arbeiten die Lehrer wirklich?" im Kurier zu lesen.
Es ist allerdings an der Zeit aufzuzeigen, daß die Lehrerschaft über ihre
Lehrverpflichtung hinaus, einen großen Anteil an Arbeit "freiwillig" erbringt.
Lehrplanentwicklung, Projektbetreuung, Planung und Durchführung von
Konzerten, Schülertheater und Exkursionen und die individuelle Betreuung
schwacher oder begabter Kinder werden als erbrachte Leistung in der
Öffentlichkeit viel zu wenig wahrgenommen.
Wie schaut es nun aus mit der tatsächlichen Belastung der Pädagogen? Volksund Hauptschullehrer müssen wöchentlich 23 Stunden unterrichten,
Gymnasiallehrer haben 20 Stunden Lehrverpflichtung. Die fehlende Arbeitszeit
auf die 40-Stundenwoche ist für Vor- und Nachbereitung gedacht. Damit liegt
Österreich im Vergleich zu anderen Ländern im europäischen Mittelfeld.
Im Volksschulbereich kann man sich durch die Leitung der Lehrmittelsammlung
für Bildnerische Erziehung oder der Schulwerkstätte maximal zwei
Unterrichtsstunden
ersparen.
Im
Hauptschulbereich
bringen
die
Zusatzleistungen, wie Klassenführung oder Verwaltungstätigkeiten und
höherwertige Fächer (Deutsch, Mathematik, Physik und Chemie) einen Abschlag
bis zu maximal vier Stunden.
Sowohl in Volks- als auch in Hauptschulen mit mehr als vier Klassen sind die
Direktoren von jeder Lehrtätigkeit befreit. In den Gymnasien müssen Direktoren
zwischen 1,10 und 7,4 Stunden unterrichten.
Welche fatale Konsequenzen ein unsensibler Umgang mit der Arbeitszeit des
Lehrers durch den Arbeitgeber haben kann, zeigt uns das Beispiel in England.
Das im Jahre 1987 veränderte Lehrerbeschäftigungsgesetz hat viel von dem
"Goodwill" und der Innovationsbereitschaft der Lehrer genommen. Die zutiefst
frustrierte Lehrerschaft macht seither "work to rule": Dienst nach Vorschrift.
8.1. Zeitaufwand in der Schule
Die "Zeit in der Schule" gliedert sich in die Unterrichtszeit, wobei eine
Unterrichtsstunde 50 Minuten dauert, sowie Zeitaufwand für Besprechungen,
Planungs- und Verwaltungsarbeit. Wie man sieht, verbringt der Lehrer nicht nur
die Arbeitszeit mit Unterricht, sondern auch mit anderen Arbeiten.
8.1.a. Volksschullehrer(innen)
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
7
26
38
21
8
0
NÖ
10
46
25
11
8
0
B
11
33
33
17
6
0
Stm
13
42
31
8
6
0
K
16
39
33
6
6
0
OÖ
23
34
31
8
4
0
S
8
43
36
8
5
0
T
12
40
35
8
5
0
V
0
35
65
0
0
0
Gesamt
11
38
36
10
5
0
Wien
0
0
50
NÖ
0
14
53
B
0
30
20
Stm
9
22
22
K
0
21
29
OÖ
5
10
19
S
0
20
0
T
0
24
36
V
0
40
20
Gesamt
2
20
28
Männer
Std-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30
Stress im Lehrberuf
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
© C.Temml
10
40
0
8
25
0
30
20
0
38
9
0
14
36
0
25
41
0
60
20
0
33
7
0
0
40
0
24
26
0
Bei einem Vergleich der beiden Tabellen kann man erkennen, daß der
männliche Anteil der Lehrerschaft im Durchschnitt zumindest um drei Stunden
länger in der Schule arbeitet, als der weibliche Anteil. Die Arbeitszeit in der
Schule beträgt bei den Männern 26 Stunden und aufwärts, bei den Frauen
liegt die Arbeitszeit zwischen 23 und 26 Stunden. Die vorliegenden Daten
zeigen nur minimale Prozentsätze an Frauen, die mehr als 30 Stunden in der
Schule verbringen. Der Anteil an Pädagogen, welche mehr als 30 Stunden
Arbeitszeit in der Schule aufbringen, ist immerhin fünfmal so hoch. Aus der
Tatsache heraus, daß die meisten Frauen durch die mehrfache zusätzliche
Belastung, wie die Führung eines Haushaltes und die Erziehung der eigenen
Kinder, die Arbeitszeit auf das erforderliche Mindestmaß reduzieren, erscheint
mir dieses Phänomen logisch.
Im Vergleich zwischen den einzelnen Bundesländern zeichnet sich kein
einheitlicher Trend ab. Bei den Lehrerinnen ersieht man deutlich, daß mit
Ausnahme von Wien und Vorarlberg die Verweildauer in der Schule mit 23
Stunden einheitlich überall den prozentuell höchsten Anteil einnimmt. In Wien
und Vorarlberg wird die hauptsächliche Verweildauer von den Frauen mit 26
Stunden pro Woche angegeben. Bei den männlichen Kollegen ist der
Zeitaufwand im Bundesland Salzburg mit dem Hauptanteil von 30 Stunden pro
Woche überdurchschnittlich hoch. In den Bundesländern Wien,
Niederösterreich und Vorarlberg zeigt sich der höchste Anteil an Lehrern, die
mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Volksschullehrerinnen verbringen wöchentlich 23 Stunden in der Schule. Die
männlichen Kollegen kommen auf 26 Stunden. Somit wenden die Männer
durchschnittlich um drei Stunden mehr Zeit auf.
b) Der Prozentsatz bei männlichen Kollegen, welche mehr als 30 Stunden in der Woche
aufwenden ist fünfmal so hoch.
c) In Wien und Vorarlberg ist die durchschnittliche Verweildauer bei den Frauen 26
Stunden.
d) Im Bundesland Salzburg verbringt der Hauptanteil der Männer 30 Stunden in der
Woche in der Volksschule
8.1.b. Hauptschullehrer(innen)
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
Wien
7
NÖ
17
B
10
31
Stm
9
K
28
OÖ
6
S
12
T
7
V
10
Gesamt
12
Stress im Lehrberuf
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
© C.Temml
33
32
20
8
0
45
41
3
4
0
55
20
10
5
0
54
22
12
3
0
44
15
10
3
0
46
24
14
10
0
32
28
18
10
0
43
33
13
5
0
0
60
20
10
0
39
31
13
5
0
Wien
0
0
50
10
40
0
NÖ
3
22
39
29
7
0
B
8
50
17
17
8
0
Stm
11
38
34
9
8
0
K
25
20
35
0
20
0
OÖ
5
25
33
20
17
0
S
5
30
35
19
11
0
T
3
28
29
20
20
0
V
0
8
34
50
8
0
Gesamt
7
25
34
19
15
0
Männer
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Die Gruppe der Hauptschullehrer zeigt das gleiche Phänomen, wie bei den
Volksschullehrern. Auch hier verbringen die männlichen Vertreter der
Lehrerschaft im Durchschnitt um drei Stunden mehr in der Schule als die
Lehrerinnen. Auch die Zahl der Pädagogen, die über 30 Stunden pro Woche
in der Schule anwesend sind, ist bei den Männern dreimal so hoch wie bei den
Frauen. In den Bundesländern Wien, Kärnten und Tirol ist auf diesem Gebiet
der Unterschied zwischen den Frauen und Männern noch gravierender.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Auch bei dieser Gruppe wenden die Männer um drei Stunden mehr pro Woche auf.
b) Die Anzahl der Männer,welche mehr als 30 Stunden pro Woche aufwenden, ist
dreimal so hoch, wie bei den Frauen.
c) In den Bundesländern Wien, Kärnten und Tirol ist der Unterschied im Zeitaufwand
bei den Geschlechtern noch höher.
8.1.c. Sonderschullehrer
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
4
21
59
8
8
0
NÖ
0
28
44
17
11
0
B
0
50
50
0
0
0
Stm
0
55
36
14
0
0
K
0
100
0
0
0
0
OÖ
0
25
50
25
0
0
S
0
43
29
14
14
0
T
16
52
16
0
16
0
V
0
100
0
0
0
0
Gesamt
2
53
32
8
5
0
Wien
0
33
0
0
76
0
NÖ
0
0
14
43
43
0
B
0
0
0
0
100
0
Stm
14
14
29
14
29
0
K
0
0
0
100
0
0
OÖ
0
0
100
0
0
0
S
0
0
40
0
60
0
T
0
0
50
0
50
0
V
0
0
0
40
60
0
Gesamt
2
5
26
22
45
0
Männer
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
32
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Bei der Gruppe der Sonderschullehrer zeigen sich die selben Verhältnisse,
wie bei den vorangegangen Gruppen. Der einzige Unterschied besteht darin,
daß das Verhältnis des Zeitaufwandes vom weiblichen Lehrpersonal zum
Zeitaufwand des männlichen Lehrpersonals noch stärker zu Gunsten der
Lehrer ausfällt. Die Lehrer wenden zumindest sechs Stunden mehr als ihre
weiblichen Kolleginnen auf. Die Differenz ist in der überwiegenden Zahl der
Bundesländer sogar noch höher.
Zusammenfassende Ergenisse:
a)
Bei den Sonderschullehrern verbringen die männlichen Pädagogen im
Durchschnitt um sechs Stunden mehr pro Woche in der Schule, als ihre
Kolleginnen.
b)
In den Bundesländern Wien, Burgenland, Salzburg, und Vorarlberg beträgt der
durchschnittliche Zeitaufwand pro Woche in der Schule bei den Männern sogar
mehr als 30 Stunden.
8.1.d. Lehrer(innen) des "Polytechnischen Lehrganges"
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
0
25
25
0
50
0
NÖ
25
50
25
0
0
0
B
100
0
0
0
0
0
Stm
20
20
20
20
20
0
K
0
0
0
100
0
0
OÖ
25
50
0
0
25
0
S
0
50
25
25
0
0
T
0
50
50
0
0
0
V
100
0
0
0
0
0
Gesamt
30
27
16
16
11
0
Wien
0
25
13
62
0
0
NÖ
0
33
17
33
17
0
B
0
0
0
0
0
0
Stm
29
14
43
14
0
0
K
0
0
0
100
0
0
OÖ
0
38
12
25
25
0
S
0
0
0
50
50
0
T
0
14
58
14
14
0
V
0
0
50
50
0
0
Gesamt
3
14
21
50
12
0
Männer
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Bei
dieser
Spezialisierung
an
geschlechtsspezifische Unterschiede:
Lehrern
zeigen
sich
folgende
Fast ein Drittel an Frauen dieses Berufszweiges verbringt 20 Stunden pro
Woche an Arbeitszeit in der Schule. Knapp dahinter folgt die Angabe über 23
Stunden pro Woche. Dies betrifft etwas mehr als ein Viertel der befragten
Frauen. Der restliche Anteil, also weniger als die Hälfte wendet zu gleichen
Anteilen 26 Stunden, 30 Stunden und über 30 Stunden pro Woche auf.
Bei den männlichen Pädagogen wendet die Hälfte der Befragten 30 Stunden
pro Woche auf, ein Fünftel 26 Stunden pro Woche und der Rest verteilt sich
auf die anderen Zeiteinheiten. Somit ist auch hier wieder der höhere Anteil mit
mehr Zeitaufwand auf Seiten der Männer.
33
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Im Bundesländervergleich zeigen sich ebenfalls recht unterschiedliche
Ergebnisse. Der durchschnittliche Zeitaufwand ist bei den Lehrerinnen in Wien
und Kärnten am Größten und im Burgenland und Vorarlberg am geringsten.
Bei den männlichen Kollegen ist in Wien, Kärnten, Salzburg und Vorarlberg
der größte Zeitaufwand vorhanden, während in den anderen Bundesländern in
etwa der gleiche Durchschnitt vorliegt.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Die Männer dieser Berufsgruppe wenden ebenfalls in der Schule im Schnitt drei bis
sechs Stunden mehr pro Woche auf.
b) Der Zeitaufwand in der Schule mit 30 und über 30 Stunden pro Woche ist in Wien
und Kärnten bei beiden Geschlechtern am größten. Bei den Männern kommt
Salzburg und Vorarlberg hinzu.
8.1.e. Lehrer(innen) für einzelne Unterrichtsgegenstände
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
0
36
26
18
0
0
NÖ
8
64
14
14
0
0
B
0
100
0
0
0
0
Stm
0
50
12
12
26
0
K
0
80
0
20
0
0
OÖ
27
47
6
6
14
0
S
0
50
0
0
50
0
T
0
75
25
0
0
0
V
0
0
0
100
0
0
Gesamt
4
48
9
19
10
0
Wien
0
33
77
0
0
0
NÖ
50
50
0
0
0
0
B
0
0
0
0
0
0
Stm
0
0
0
0
0
0
K
0
0
0
0
0
0
OÖ
33
0
0
34
33
0
S
0
0
0
0
100
0
T
0
0
50
50
0
0
V
0
0
0
0
0
0
Gesamt
16
16
25
17
26
0
Männer
Std.-Anzahl/Woche
20 Stunden/Woche
23 Stunden/Woche
26 Stunden/Woche
30 Stunden/Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Eine
statistisch
relevante
Aussage
über
Lehrer
für
einzelne
Unterrichtsgegenstände läßt sich an Hand der wenigen Daten nur schwer
erstellen. Am ehesten gelingt es noch, die vorhandenen Daten der weiblichen
Gruppe zu interpretieren. Hier zeigt sich wieder, wie auch schon in den
anderen Lehrergruppen, daß der durchschnittliche Arbeitsaufwand in Zeit
bemessen, 23 Stunden pro Woche beträgt.
8.2. Zeitaufwand zu Hause
Dieser Zeitaufwand inkludiert die Wochenarbeitszeit, welche mit Vorbereitungen
für den Unterricht und Korrekturen der Schul- und Hausarbeiten von Schülern
ausgefüllt ist. In das Aufgabengebiet der Vorbereitung fällt nicht nur die tägliche
Unterrichtsplanung für die Vermittlung des Lehrstoffes, sondern auch
regelrechte Wochen und Monatsplanungen, um die geforderten Lernziele mit
Schuljahresende erreichen zu können.
8.2.a. Volksschullehrer(innen)
34
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
85
11
4
0
NÖ
79
14
3
4
B
44
11
33
12
Stm
83
13
3
1
K
86
10
2
2
OÖ
68
24
4
4
S
76
20
4
0
T
84
14
1
1
V
83
0
17
0
Gesamt
76
13
8
3
Wien
90
0
10
0
NÖ
89
3
0
8
B
40
10
40
10
Stm
87
4
4
5
K
79
21
0
0
OÖ
86
7
0
7
S
60
40
0
0
T
85
10
5
0
V
60
40
0
0
Gesamt
75
15
7
3
Männer
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Zehn bis zwanzig Stunden werden von drei Viertel beider Geschlechter für
Korrekturarbeit und Unterrichtsvorbereitung, sowie andere anfallende Arbeiten
aufgewandt. Auch beim Vergleich der Ergebnisse aus den einzelnen
Bundesländern liegen die selben Relationen in allen Bundesländern vor mit
einer einzigen Ausnahme: "das Burgenland". Hier wendet ein gutes Drittel der
männlichen und weiblichen Pädagogen über 30 Stunden pro Woche an
Arbeitszeit zu Hause auf.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Drei Viertel aller Volksschullehrer wenden zehn bis zwanzig Stunden für anfallende
Arbeiten der Schule zu Hause auf.
b) Als einzige Ausnahme zeigen sich die Lehrer des Burgenlandes: Hier beträgt der
durchschnittliche Zeitaufwand zu Hause für mehr als ein Drittel der Frauen und
Männer mehr als 30 Stunden.
8.2.b. Hauptschullehrer(innen)
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
86
10
4
0
NÖ
78
15
2
5
B
35
15
50
0
Stm
81
17
1
1
K
85
15
0
0
OÖ
78
15
3
4
S
79
9
6
6
T
89
9
2
0
V
83
0
17
0
Gesamt
77
11
9
3
Wien
85
15
0
0
NÖ
78
13
3
6
B
50
0
50
0
Stm
83
13
2
2
K
85
10
0
5
OÖ
94
4
1
1
S
86
8
0
6
T
82
13
0
5
V
60
40
0
0
Gesamt
78
13
6
3
Männer
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Auch bei den Hauptschullehrern hat der Großteil an Frauen und Männern
einen Zeitaufwand von 10 bis 20 Stunden pro Woche zu Hause. Im Vergleich
der Bundesländerdaten stechen ebenfalls die Lehrer beider Geschlechter aus
dem Burgenland heraus. In diesem Bundesland wendet die Hälfte der Männer
und Frauen mehr als 30 Stunden pro Woche für die Arbeit zu Hause auf.
35
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Der Großteil an Hauptschullehrern wendet zehn bis zwanzig Stunden pro Woche für
Arbeiten der Schule zu Hause auf.
b) Als Ausnahme treten wieder die Lehrer des Burgenlandes hervor: Hier beträgt der
Zeitaufwand für mehr als die Hälfte beider Geschlechter mehr als 30 Stunden in der
Woche.
8.2.c. Sonderschullehrer(innen)
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
88
8
4
0
NÖ
83
11
0
6
B
50
0
50
0
Stm
91
9
0
0
K
100
0
0
0
OÖ
88
22
0
0
S
86
14
0
0
T
83
17
0
0
V
100
0
0
0
Gesamt
84
9
6
1
Wien
100
0
0
0
NÖ
43
43
0
14
B
0
100
0
0
Stm
86
14
0
0
K
50
25
0
25
OÖ
94
4
1
1
S
80
0
0
20
T
50
25
0
25
V
80
20
0
0
Gesamt
65
26
0
9
Männer
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Hier besteht erstmals eine deutliche Differenz zwischen den Geschlechtern.
Während bei den Frauen des Lehrberufes 84 Prozent 10 bis 20 Stunden pro
Woche ihrer Zeit für Arbeit zu Hause aufwenden, sind es bei den Männern nur
mehr 65 Prozent. Dafür verbringen die Männer des Lehrberufes zu 26 Prozent
20 bis 30 Stunden pro Woche an Zeit mit Schularbeit zu Hause. Im Vergleich
zu den Frauen sind das immerhin dreimal so viel.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) 84 Prozent der Sonderschullehrerinnen wenden zehn bis zwanzig Stunden pro
Woche für anfallende Arbeit der Schule zu Hause auf. Bei den Männern sind es nur
65 Prozent.
b) Mit 26 Prozent der Männer verbringen dreimal soviele Lehrer 20 bis 30 Stunden mit
Arbeit zu Hause, als die Frauen.
c) Den größten Arbeitsaufwand zeigen die Männer im Burgenland.
8.2.d. Lehrer(innen) des "Polytechnischen Lehrganges
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
100
0
0
0
NÖ
100
0
0
0
B
0
0
100
0
Stm
60
20
0
20
K
100
0
0
0
OÖ
75
0
0
25
S
75
0
25
0
T
100
0
0
0
V
100
0
0
0
Gesamt
79
2
14
5
Wien
100
0
NÖ
83
17
B
50
0
Stm
86
14
K
100
0
OÖ
100
0
S
100
0
T
86
0
V
100
0
Gesamt
89
3
Männer
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
36
Stress im Lehrberuf
über 30 Std./Woche
Enthaltung
© C.Temml
0
0
0
0
50
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
14
0
0
6
2
Hier zeigt sich erstmals ein geringer geschlechtsspezifischer Unterschied zu
Gunsten der Lehrerinnen. Während bei den Männern fast 90 Prozent einen
Zeitaufwand von 10 bis 20 Stunden für Schularbeiten zu Hause haben, sind es
bei den Frauen nur 79 Prozent. Es zeigt sich bei den Lehrerinnen eine
geringfügige Verschiebung zu höherer Arbeitzeit pro Woche zu Hause, wie
man aus der Tabelle ersehen kann.
Zusammenfassende Ergebnisse:
a) Erstmals verbringen Frauen zu einem höheren Anteil (14 Prozent) mehr Zeit zu
Hause für Arbeiten der Schule zu Hause, als Männer (sechs Prozent).
b) Bei den Männern verbringen 90 Prozent zehn bis zwanzig Stunden pro Woche mit
Schularbeiten zu Hause, bei den Lehrerinnen sind es 79 Prozent.
8.2.e. Lehrer(innen) für einzelne Unterrichtsgegenstände
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Wien
72
9
9
0
NÖ
93
0
7
0
B
33
0
77
0
Stm
63
13
13
11
K
80
20
0
0
OÖ
60
13
7
20
S
50
50
0
0
T
87
13
0
0
V
100
0
0
0
Gesamt
71
13
13
3
Wien
77
33
0
0
NÖ
100
0
0
0
B
0
0
0
0
Stm
0
0
0
0
K
0
0
0
0
OÖ
77
33
0
0
S
100
0
0
0
T
0
50
0
50
V
0
0
0
0
Gesamt
66
23
0
10
Männer
Std.-Anzahl/Woche
10 - 20 Std./Woche
20 - 30 Std./Woche
über 30 Std./Woche
Enthaltung
Zu dieser Gruppe an Lehrern kann wiederum durch fehlende Daten nur
begrenzt, vorwiegend für Lehrerinnen eine Aussage getroffen werden. Bei den
Frauen sind circa drei Viertel mit einem Zeitaufwand von 10 bis 20 Stunden
pro Woche zu Hause mit Arbeit beschäftigt. Der restliche Anteil an
Lehrerinnen teilt sich zu gleichen Teilen einen Zeitaufwand von 20 bis 30
Stunden pro Woche und "über 30 Stunden pro Woche".
8.3. Zeitaufwand für Ausbildung und Fortbildung
Die zusätzliche Ausbildungs- und Fortbildungstätigkeit bei den Lehrern beruht
nicht auf eine gesetzlich vorgeschriebene Regelmäßigkeit, sondern wird nur
mittels eigenem persönlichen Engagement vorgenommen. Auch die Auswahl
des Fachgebietes ist weitgehend nicht vorbestimmt. Das heißt, ob eine
Ausbildung- oder Fortbildung auf dem pädagogischen Sektor, auf dem
psychologischen Sektor oder Seminare für Führungsqualität belegt werden,
obliegt ebenfalls der Eigenintiative.
Die Möglichkeiten der Weiterbildung sind auch regional sehr unterschiedlich.
Während in den größeren Städten und in Wien durch den vorgegebenen
37
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Standort der Lehrerbildungsinstitute ein regelmäßiger Zugang für die Aus- und
Fortbildung vorhanden ist, sind die Lehrer der ländlichen Region hauptsächlich
auf das eigene Studium von weiterführender Literatur und den Besuchen von
Seminaren angewiesen.
8.3.a. Volksschullehrer(innen)
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Wien
46
20
26
8
NÖ
37
14
42
7
B
44
11
33
12
Stm
53
9
26
12
K
63
14
16
7
OÖ
52
8
25
15
S
53
2
40
5
T
42
6
40
12
V
15
0
50
35
Gesamt
45
9
33
13
Wien
30
20
40
10
NÖ
61
3
25
11
B
40
10
40
10
Stm
48
39
4
9
K
64
21
14
1
OÖ
59
7
25
9
S
40
20
40
0
T
48
15
21
16
V
80
20
0
0
Gesamt
52
17
23
8
Männer
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Bei der Betrachtung der Aus- und Fortbildungstätigkeit von Volksschullehrern
fällt auf, daß die Enthaltungen zu diesem Thema mit durchschnittlich dreizehn
Prozent bei den Frauen und acht Prozent bei den Männern zu den Höchsten
beim Vergleich aller Gruppen zählen. Selbstverständlich können die
Enthaltungen nicht gleichgesetzt werden mit einer fehlendem Interesse an Ausund Fortbildung. Möglicherweise konnte dieser Teil an Lehrern sich nicht mit
einem der drei Auswahlkriterien identifizieren.
Im Vergleich der Geschlechter zeigt sich bei den Frauen des Lehrberufes die
höhere Bereitschaft für Seminare und bei den Männern eine höhere Neigung
zum regelmäßigen, wöchentlichen Zeitaufwand für die Aus- und Fortbildung. Ob
nun die Schulung und das Weiterbilden an eigenen Lehrstätten oder zu Hause
erfolgt wurde nicht erfragt und kann deshalb auch nicht beantwortet werden.
Zumindest wäre eine mögliche Erklärung für das differente Verhalten der
Geschlechter auf diesem Sektor dadurch erklärbar. Da die meisten Frauen
außer der Arbeitssituation in viel höherem Ausmaß zusätzlich mit Arbeiten im
Haushalt und in der Familie beschäftigt sind als die Männer, kann eine Aus- und
Fortbildung von ihr aus gesehen, viel besser "en Block" innerhalb eines
Seminares erfolgen. Somit genießt der Mann auf diesem Gebiet eine gewisse
Sonderstellung. Eine derartige Darstellung ist allerdings nicht nur auf den
Lehrberuf zutreffend, sondern kann als eine allgemein in der Gesellschaft
verbreitete Tatsache angesehen werden.
Der bundesländerweite Vergleich bringt nicht nur geschlechtsspezifische
Unterschiede hervor, sondern auch deutliche Differenzen untereinander. Der
wöchentliche Zeitaufwand für die Ausbildung und Fortbildung ist bei den
weiblichen Pädagogen in Kärnten mit 63 Prozent überdurchschnittlich hoch, in
der Steiermark, Oberösterreich und Salzburg mit durchschnittlich 53 Prozent
noch immer sehr hoch und in Vorarlberg mit fünfzehn Prozent am geringsten
von allen anderen. Im Gegensatz dazu ist die Seminartätigkeit in Vorarlberg bei
38
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
den Lehrerinnen mit 50 Prozent am größten, während der Besuch von
Seminaren in Kärnten von den Frauen mit mageren sechzehn Prozent kaum in
Anspruch genommen wird. Die Vertreterinnen aus Niederösterreich, Salzburg
und Tirol liegen mit 40 Prozent auch noch weit über dem österreichischen
Durchschnitt. Die Frauen der restlichen Bundesländer liegen mit dem
prozentuellen Anteil im Durchschnitt.
Bei den Lehrern im Bundesländervergleich erkennt man, daß der größte
prozentuelle Anteil bei wöchentlicher Weiterbildung in Vorarlberg liegt. In
Kärnten, Niederösterreich und Oberösterreich ist der Anteil ebenfalls noch sehr
hoch, während interessanterweise bei den Volksschullehrern aus Wien die
geringste regelmäßige Weiterbildungstätigkeit besteht. Gerade in einer
Großstadt wie Wien sollte man annehmen, daß eine regelmäßige Aus- und
Fortbildung durch die Nähe von Fortbildungszentren höher sein sollte, als in
den Bundesländern. Wie man sieht, sind solche Annahmen nicht richtig.
Entweder das Angebot auf dem Fortbildungssektor in Wien ist den
Hauptinteressen nicht entsprechend, oder der "Schulfrust" ist so weit
fortgeschritten, daß die Bekämpfung dessen, durch verstärkte Weiterbildung,
nicht mehr im Vordergrund steht. Die Pädagogen der restlichen Bundesländer
liegen im bundesweiten Durchschnitt.
Die Beanspruchung von Seminarbesuchen ist in den Bundesländern Wien,
Burgenland und Salzburg über dem länderweiten Durchschnitt und wird
interessanterweise in Vorarlberg und in der Steiermark wahrscheinlich kaum bis
überhaupt nicht genutzt. Andererseits ist der Zeitaufwand mit "bis zu 4 Stunden"
bei den Lehrern aus der Steiermark außerordenlich weit über dem
österreichweiten Durchschnitt gelegen.
8.3.b. Hauptschullehrer(innen)
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Wien
44
11
35
10
NÖ
42
11
34
13
B
35
5
50
10
Stm
44
15
33
8
K
49
15
21
5
OÖ
31
22
33
14
S
41
12
38
9
T
37
15
41
7
V
30
30
30
10
Gesamt
39
15
35
11
Wien
30
25
33
12
NÖ
37
28
32
3
B
50
0
50
0
Stm
44
20
30
6
K
55
5
30
10
OÖ
59
11
22
8
S
65
5
19
11
T
51
9
32
8
V
67
8
17
8
Gesamt
51
12
29
8
Männer
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Bei den Hauptschullehrern sind aus den gesamtstatistischen Zahlen zwar
ähnliche Verhältnisse und geschlechtsspezifische Unterschiede bei den
Frauen und Männern des Lehrberufes wie bei den Volksschullehrern
feststellbar, aber im Bundesländervergleich doch andere Tendenzen
ersichtlich.
Wie bei den Volksschullehrerinnen auch, ist in Kärnten der höchste Anteil an
Frauen, welche wöchentlich bis zu 2 Stunden für ihre schulische Weiterbildung
39
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
aufwenden, festzuhalten; in Vorarlberg findet sich der geringste Anteil. Der
weibliche Teil der Lehrerschaft aus den restlichen Bundesländern liegt im
bundesweiten Durchschnitt. Im Gegensatz zu den Lehrerinnen aus der
Volksschule ist der größte Anteil an Hautschullehrerinnen mit
Inanspruchnahme von Seminaren im Burgenland zu sehen, während der
geringste Teil wieder in Kärnten zu finden ist.
Bei den Hauptschullehrern finden sich die prozentuell höchsten Anteile an
regelmäßiger wöchentlicher Bildung in Vorarlberg, Salzburg und
Oberösterreich, sowie der niedrigste Anteil in Wien. Eine hohe Teilnahme an
Seminaren besteht im Burgenland, während in Salzburg und Vorarlberg die
geringsten Teilnahmen zu finden sind. Ein höherer Anteil an Männern im
Vergleich zum Länderdurchschnitt mit Weiterbildungstätigkeit bis zu 4 Stunden
wöchentlich ist in Niederösterreich, Wien und der Steiermark vorhanden. Dies
betrifft ein Fünftel bis zu einem Viertel der befragten Hauptschullehrer aus der
entsprechenden Region.
8.3.c. Sonderschullehrer(innen)
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
bis2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Wien
33
33
21
13
NÖ
44
11
28
17
B
50
0
50
0
Stm
36
18
18
28
K
77
0
0
33
OÖ
38
25
25
0
S
57
0
43
0
T
50
30
15
5
V
100
0
0
0
Gesamt
54
13
22
11
Wien
77
0
33
0
NÖ
29
57
0
14
B
0
100
0
0
Stm
86
14
0
0
K
25
0
75
0
OÖ
100
0
0
0
S
0
20
40
40
T
75
25
0
0
V
40
60
0
0
Gesamt
46
31
17
6
Männer
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Wie man aus den Tabellen entnehmen kann, besteht bei dieser Gruppe an
Lehrern eine Umkehr der Unterschiede im Fortbidungsverhalten zwischen den
Geschlechtern. Die weiblichen Pädagogen aus der Sonderschule haben nicht
nur eine höhere wöchentliche und damit eine regelmäßigere
Fortbildungstätigkeit als die männlichen Vertreter, sondern auch ein größerer
Anteil der Frauen besucht Seminare.
Der Datenvergleich aus den Bundesländern bringt folgende Erkenntnisse: Die
Lehrerinnen aus Kärnten und Vorarlberg betreiben in überwiegender Anzahl
eine wöchentliche Weiterbildung. Bei den anderen Bundesländern, liegt mit
Ausnahme der Steiermark, ein eher ausgewogenes Verhältnis zwischen
halbjährlicher Seminartätigkeit und wöchentlicher Fortbildung vor. Bei den
Männern derselben Lehrergruppe wird überhaupt ein halbjährlicher
Seminarbesuch nur in Wien, Kärnten und Salzburg vorgenommen. In den
anderen Bundesländern wird von den Sonderschullehrern eine wöchentliche
Weiterbildung im wechselnden Ausmaß von zwei bis vier Stunden bevorzugt.
8.3.d. Lehrer(innen) des "Polytechnischen Lehrganges"
40
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Wien
80
0
20
0
NÖ
75
0
25
0
B
0
0
100
0
Stm
40
0
40
20
K
100
0
0
0
OÖ
25
25
25
25
S
75
0
25
0
T
100
0
0
0
V
0
0
100
0
Gesamt
55
3
37
5
Wien
38
24
38
0
NÖ
50
0
50
0
B
0
0
0
0
Stm
48
14
38
0
K
25
0
75
0
OÖ
50
38
0
12
S
50
0
50
0
T
72
14
14
0
V
100
0
0
0
Gesamt
61
10
28
1
Männer
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Bei den Lehrern des polytechnischen Lehrganges bestehen im bundesweiten
Durchschnitt wieder dieselben Verhältnisse zwischen Frauen und Männern,
wie bei den Volks- und Hauptschullehrern.
Im Vergleich der einzelnen Ergebnisse aus den Bundesländern wird die
wöchentliche, regelmäßige Aus- und Fortbildung bei den Frauen in höherem
Maße in Wien, Niederösterreich, Kärnten, Salzburg und Tirol bevorzugt. In den
anderen Bundesländern ist es umgekehrt. Bei den männlichen Pädagogen
besteht in Bezug auf wöchentliche, regelmäßige Weiterbildung ein deutlicher
Trend zu den westlichen Bundesländern. In den anderen Bundesländern liegt
bis auf Kärnten ein eher ausgewogenes Verhältnis zwischen wöchentlicher
Bildung und halbjährlichem Seminarbesuch vor.
8.3.e. Lehrer(innen) für einzelne Unterrichtsgegenstände
Frauen
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Wien
45
27
18
10
NÖ
28
7
57
8
B
33
0
77
0
Stm
38
24
38
0
K
40
0
40
20
OÖ
53
7
40
0
S
0
0
50
50
T
38
0
50
12
V
100
0
0
0
Gesamt
41
7
41
11
Wien
77
0
33
0
NÖ
50
50
0
0
B
0
0
0
0
Stm
0
0
0
0
K
0
0
0
0
OÖ
0
33
33
34
S
0
100
0
0
T
0
0
50
50
V
0
0
0
0
Gesamt
25
38
23
14
Männer
Std.-Anzahl/Woche
bis 2 Std./Woche
bis 4 Std./Woche
ein Seminar/Halbjahr
Enthaltung
Bei dieser Gruppe an Lehrern kann durch die größtenteils fehlenden Daten
aus den Bundesländern wieder nur hauptsächlich über die Frauen eine
Aussage getroffen werden. Hier zeigt sich vor allen Dingen wieder ein ähnlich
hohes Weiterbildungsverhalten wie bei den Sonderschullehrerinnen. Etwas
weniger als die Hälfte der Frauen der Berufsgruppe bringen regelmäßig
wöchentlich Zeit für die Weiterbildung auf. Ein gleich hoher Prozentsatz
entscheidet sich für die weiterführende Bildung durch den Besuch eines
Seminars einmal im Halbjahr.
Beim Vergleich der Länderdaten ersieht man, daß in den Bundesländern
Vorarlberg und Oberösterreich die regelmäßige wöchentliche Weiterbildung
41
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
die größte Rolle spielt, während in Niederösterreich und Burgenland der
Besuch eines Seminars im Halbjahr bevorzugt wird.
9. Streß im Berufsleben
Der Streß im Berufsleben des Lehrers setzt sich aus vier Komponenten
zusammmen:
a) Die Zusammenarbeit und Kooperation mit der Schulbehörde
b) Die Zusammenarbeit und Kooperation mit Kollegen und unmittelbaren
Vorgesetzten
c) Die Kooperation mit den Eltern der Schüler
d) Dem eigentlichen Kernbereich seiner Aufgabe, die Arbeit mit den Schülern.
In der österreichweiten Befragung wurden alle diese Bereiche, soweit es möglich
war, berücksichtigt.
9.1. Arbeitsgefühl
Bei dieser Fragestellung lag das Interesse allgemein bei: "Wie fühle ich mich im
Arbeitsbereich Schule?" Der Arbeitsbereich "Schule" umfaßt beim Lehrer eben
nicht nur den Unterricht der Kinder und Jugendlichen, sondern auch die
Kommunikation mit Kollegen und dem Direktor als unmittelbaren Vorgesetzten.
Die anzukreuzenden Wahlmöglichkeiten waren, wie aus der Tabelle zu
entnehmen ist, mit typischen Attributen belegt. Jeder der befragten Pädagogen
hatte nun die Aufgabe sich selbst einzuordnen.
Angesprochen auf die emotionale Komponente zur Arbeitsstätte Schule und die
dabei erlebten Empfindungen über die Schularbeit zeigt sich folgendes
Ergebnis:
Frauen
Arbeitsgefühl
gut ausgelastet
ernst genommen
wichtig u. kompetent
gehetzt
überfordert
unterfordert
Enthaltung
Wien
19
19
13
23
25
1
0
NÖ
32
23
16
10
18
0
1
B
34
11
5
11
36
0
3
Stm
24
28
14
9
24
0
1
K
31
30
15
8
16
0
0
OÖ
27
28
13
14
18
0
0
S
38
17
13
18
13
1
0
T
31
22
14
21
11
1
0
V
30
5
15
35
15
0
0
Gesamt
30
20
13
17
19
0
1
Wien
12
23
17
17
25
1
5
NÖ
30
24
18
5
21
1
1
B
43
9
13
22
13
0
0
Stm
24
24
17
10
23
1
1
K
37
29
13
13
8
0
0
OÖ
32
23
22
7
14
1
1
S
33
26
20
10
11
0
0
T
42
16
21
11
10
0
0
V
37
29
13
13
8
0
0
Gesamt
32
23
17
12
15
0
1
Männer
Arbeitsgefühl
gut ausgelastet
ernst genommen
wichtig u. kompetent
gehetzt
überfordert
unterfordert
Enthaltung
42
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Fast zwei Drittel aller Frauen im Lehrberuf haben ein positives Gefühl,
betreffend der Arbeit in der Schule. Dieses Erleben gliedert sich in ein Drittel
der befragten Frauen, welche sich gut ausgelastet sehen, ein schwaches Viertel
der Lehrerinnen, die sich in ihrem Arbeitsbereich ernst genommen sehen und
dreizehn Prozent der weiblichen Pädagogen, die sich emotional als wichtig und
kompetent fühlen. Das restliche Drittel der Frauen dieser Berufsgruppe
empfindet höhere Streßbelastungen mit den Kriterien "gehetzt" und
"überfordert". Ein Sechstel der Lehrerinnen fühlt sich gehetzt und fast ein
Fünftel erlebt sich als überfordert. Dieses zuletzt genannte Fünftel an
weiblichen Pädagogen ist den größten Streßbelastungen ausgesetzt, da es mit
der Arbeit in der Schule nicht mehr zurecht kommt.
Bei den männlichen Vertretern der Lehrerschaft zeigen sich ähnliche
prozentuelle Verteilungen, nur daß ein höherer Anteil - nämlich drei Viertel aller
Befragten - ein positives Gefühl mit der Arbeit an der Schule verbindet. Die
Zuordnung zu den Attributen gut ausgelastet, ernst genommen und wichtig und
kompetent ist ebenso mit den Frauen vergleichbar. Es besteht als einziger
Unterschied ein höherer Anteil (siebzehn Prozent) an Männern, die sich als
wichtig und kompetent empfinden. Das restliche Viertel zeigt wiederum die
eindeutigen Streßkriterien, wobei das Gefühl der Überforderung (fünfzehn
Prozent) bei weniger Männern auftritt, als bei Frauen. Weder die Lehrerinnen
noch die männlichen Pädagogen empfinden sich in der Arbeit unterfordert.
Das Gegenüberstellen der einzelnen Ergebnisse aus den Ländern zeigt doch
gravierende Unterschiede der emotionalen Reaktion bezüglich der
Arbeitssituation. Bei den Frauen des Lehrberufes besteht in den meisten
Bundesländern ein relativ gleiches Verhältnis, wie im österreichischen
Gesamtdurchschnitt. Die großen Außnahmen sind Wien, Burgenland und
Vorarlberg. In diesen Bundesländern sind sind fast die Hälfte der weiblichen
Pädagogen einem subjektiv empfundenen Streß ausgesetzt. Während in Wien
die Frauen sich prozentuell im Gefühl "gehetzt" und "überfordert" die Waage
halten, sind im Burgenland circa dreimal so viele Frauen mit dem Gefühl
"überfordert" behaftet als "gehetzt". In Vorarlberg erleben sich mehr als doppelt
so viele Lehrerinnen gehetzt als überfordert. Eine Sonderstellung liegt in der
Steiermark vor. Hier empfindet ebenfalls ein sehr größer Anteil der Frauen das
Gefühl der Überforderung.
Bei den männlichen Pädagogen sind die herausstechenden Bundesländer
Wien, Burgenland und die Steiermark. In Wien und in der Steiermark zeigen
sich die größten Anteile an überforderten Lehrern, während im Burgenland die
zeitmäßig gehetzten Männer des Lehrberufes im Vordergrund stehen. Eine
Sonderstellung nimmt Niederösterreich ein. Hier findet sich ebenfalls ein sehr
hoher Anteil an überforderten Lehrern, aber ein kaum erwähnenswerter
Prozentsatz, welche unter dem Gefühl des "Gehetzt-seins" leiden.
Zusammenfassung
a) Bei den weiblichen Pädagogen ist österreichweit der Anteil, welcher subjektiv unter
Streß leidet, um zehn Prozent höher als bei den Männern.
b) Die am stärksten betroffenen Lehrer beider Geschlechter kommen aus Wien und
dem Burgenland, bei den Frauen ist zusätzlich noch Vorarlberg betroffen.
43
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
c) Eine Sonderstellung bei beiden hat die Steiermark inne. Hier liegt ein hoher
Prozentsatz an überforderten Lehrern vor, während die Anteile der Lehrer mit dem
Gefühl "gehetzt" in den Hintergrund rücken.
9.2. Arbeitsleistung
Die Arbeitsleistung stellt das Produkt von Zeit und Ausführung der Arbeit dar.
Individuell unterschiedliche Wege sollten zur gleichen Leistung führen. Die
geforderte Arbeitsleistung bei den Lehrern ist in der Lernarbeit und dem
Lernerfolg der Schüler definiert. Das bedeutet aber, daß das Produkt von
jemand anderem erbracht wird, nämlich von den Schülern. Durch die hohe
Methodenfreiheit der Wissensvermittlung wurde für die Lehrer ein hohes Maß
an individueller Arbeitsfreiheit geschaffen. Bei der Erkenntnis, das die
geforderte Leistung von einem großen Anteil nicht erbracht werden kann,
müssen die Leistungsanforderungen neu überdacht werden.
Frauen
Geforderte Leistung
unnötig
schwierig
interes. Herausforderung
unzumutbar
sonstiges
Enthaltung
Wien
9
38
34
10
8
1
NÖ
9
25
50
4
9
3
B
11
30
48
5
5
1
Stm K
7 11
24 24
51 53
5
3
9
6
4
3
OÖ
10
29
46
6
6
3
S
8
31
48
3
10
0
T
8
32
45
5
7
3
V
15
40
40
5
0
0
Gesamt
10
30
46
5
7
2
Wien
5
29
34
14
11
7
NÖ
7
28
51
2
9
3
B
9
22
57
0
9
3
Stm K
14
5
38 26
37 49
4 13
5
7
2
0
OÖ
6
31
50
6
4
3
S
6
33
45
6
8
2
T
7
37
45
7
3
1
V
17
25
50
0
4
4
Gesamt
8
30
46
6
7
3
Männer
Geforderte Leistung
unnötig
schwierig
interes. Herausforderung
unzumutbar
sonstiges
Enthaltung
Sowohl Männer als auch Frauen des Lehrberufes sehen bundesweit mit dem
gleichen Prozentsatz von 46 Prozent die geforderte Leistung als eine
interessante Herausforderung. Damit ist fast die Hälfte der Lehrer mit Eustreß
hoch motiviert. Acht Prozent der Lehrer und zehn Prozent der Frauen sehen die
geforderte Leistung sogar als unnötig an, da jeder seinen eigenen Stil hat und
damit sowieso die Leistungsziele erbringt. Wiederum 30 Prozent beiden
Geschlechts haben damit größere Streßprobleme, indem sie die zu erbringende
Leistung als schwierig empfinden. Sehr hohe Streßempfindung zeigen fünf
Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer durch die Aussage, daß sie
die Leistungsanforderung als unzumutbar bezeichnen.
Der Datenvergleich mit den Bundesländern ergibt zum Teil größere
Unterschiede, in der subjektiv empfundenen Leistungsanforderung. Als
besonders schwierig, die geforderte Leistung zu erbringen, sehen es die
Lehrerinnen aus Wien und Vorarlberg. Die geringsten Probleme damit haben
die Frauen aus der Steiermark und Kärnten. Ein doppelt so hohes starkes
Streßempfinden dokumentieren die weiblichen Pädagogen mit der Einstufung
"unzumutbar" aus Wien mit zehn Prozent, während die anderen Prozentzahlen
44
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
aus den Bundesländern auf diesem Sektor kaum zum bundesweiten
Durchschnitt differieren.
Bei den Männern wird die geforderte Leistung als schwierig, besonders hoch in
der Steiermark und in Tirol eingestuft. Die Unzumutbarkeit wird in Wien und
Kärnten am größten empfunden, während in den Bundesländern
Niederösterreich, Burgenland und Vorarlberg diesem Sektor überhaupt keine
Bedeutung zufällt.
Zusamenfassung
a) Mehr als die Hälfte der Lehrer und Lehrerinnen haben keine Streßprobleme mit der
Leistungsanforderung.
b) Dreißig Prozent aller Lehrer haben im Umgang mit der geforderten Leistung
mittelmäßige Streßempfindung.
c) Ein Zehntel aller Lehrer
Leistungsanforderung.
zeigt
eine
hohe
Streßproblematik
bei
der
d) Beim Bundesländervergleich sticht besonders Wien bei den Vertretern beider
Geschlechter hervor.
9.3. Wertschätzung
Die Wertschätzung, welche Anerkennung und Respekt der anderen Person mit
seiner Arbeit bedeutet, ist maßgeblich an einem guten psychischen
Arbeitsklima beteiligt. Außerdem ist es ein Ausdruck von allgemeiner Achtung
einem anderen Menschen gegenüber, auf deren Basis unser Zusammenleben
beruht.
9.3.a. Wertschätzung durch die Kollegen
Hier kommt die Achtung unter gleichgestellten Personen zum Ausdruck.
Folgende Beurteilung der einzelnen Lehrer wurde in ihrem subjektiven
Empfinden vorgenommen:
Frauen
Wertschätzung
geschätzt
anerkannt
alleine gelassen
abgelehnt
Enthaltung
Wien
40
49
9
1
1
NÖ
33
55
11
1
0
B
30
57
13
0
0
Stm
32
56
11
1
0
K
32
60
5
3
0
OÖ
32
52
15
1
0
S
35
51
11
3
0
T
40
54
5
1
0
V
25
65
10
0
0
Gesamt
34
55
10
1
0
Wien
45
40
13
NÖ
32
54
12
B
26
66
4
Stm
32
57
8
K
44
41
12
OÖ
33
50
14
S
33
51
12
T
28
59
10
V
46
38
8
Gesamt
36
51
10
Männer
Wertschätzung
geschätzt
anerkannt
alleine gelassen
45
Stress im Lehrberuf
abgelehnt
Enthaltung
© C.Temml
1
1
2
0
4
0
3
0
3
0
3
0
2
2
2
1
8
0
3
0
Bei beiden Geschlechtern zeigt sich ein gleich hoher Anteil an Betroffenen, die
sich von den anderen als alleine gelassen erleben, nämlich zehn Prozent. Die
noch viel stärkere emotionale Empfindung der Ablehnung ist bei den Frauen
des Lehrberufes mit einem Prozent als verschwindend gering zu betrachten.
Bei den männlichen Pädagogen ist zwar der Prozentsatz mit drei Prozent
erstaunlicherweise höher als bei den Frauen, aber ebenfalls verschwindend
gering.
Der Vergleich der Bundesländerdaten untereinander zeigt im Bereich der
Ablehnung untereinander kaum nennenswerte Abweichungen. Allerdings auf
dem Gebiet des sich alleine gelassen Fühlens, findet man bei den Lehrerinnen
im Burgenland und in Oberösterreich eine starke Abweichung zu höheren
Prozentzahlen und in Kärnten und Tirol eine starke Abweichung zu geringeren
Prozentsätzen. Bei den männlichen Pädagogen betrifft es auf diesem Sektor
Wien und Oberösterreich mit einer Abweichung vom Durchschnitt nach oben
und in Burgenland eine Änderung zu tieferen Prozentsätzen.
Zusammenfassung
a) Die Wertschätzung durch andere Kollegen ist in einem sehr hohen Anteil vorhanden.
b) Zehn Prozent aller Lehrer fühlen sich von ihren Kollegen alleine gelassen.
c) Nur ein verschwindend geringer Anteil erlebt sich definitiv als abgelehnt, bei den
Männern dreimal so viel wie bei den Frauen.
d) In Oberösterreich wird das Erleben des "Alleine-gelassen-werdens" für beide
Geschlechter besonders stark vermittelt. Bei Frauen besteht dieses Gefühl auch im
Burgenland und bei Männer in Wien.
9.3.b. Wertschätzung durch den Vorgesetzten
Die Wertschätzung durch den Vorgesetzten ist ein menschliches Kriterium der
Führungsqualität. Besonders bei Meinungsverschiedenheiten oder bei
zwischenmenschlichen Problemen sollte ein Vorgesetzter nie die Achtung
gegenüber dem Untergebenen verlieren.
Frauen
Wertschätzung
geschätzt
anerkannt
alleine gelassen
abgelehnt
Enthaltung
Wien
41
38
19
2
0
NÖ
30
52
17
1
0
B
21
54
21
2
2
Stm
40
41
14
4
1
K
37
43
15
4
1
OÖ
41
43
14
1
1
S
41
33
23
3
0
T
41
38
18
3
0
V
30
30
25
15
0
Gesamt
36
41
18
4
1
Wien
38
35
22
3
NÖ
32
51
15
2
B
31
48
13
4
Stm
30
50
17
3
K
34
38
23
5
OÖ
41
39
14
5
S
41
37
20
2
T
39
41
16
2
V
46
21
25
8
Gesamt
37
40
18
4
Männer
Wertschätzung
geschätzt
anerkannt
alleine gelassen
abgelehnt
46
Stress im Lehrberuf
Enthaltung
© C.Temml
2
0
4
0
0
1
0
2
0
1
Drei Viertel aller Lehrer Österreichs sehen in der vermittelten Wertschätzung
durch den Vorgesetzten nur positive Aspekte. Ebenso gleich hohe Anteile
(achtzehn Prozent) bei beiden Geschlechtern fühlen sich von den
Vorgesetzten alleine gelassen und vier Prozent leiden unter gravierenden
Streßbelastungen durch die vermittelte Ablehnung.
Aus den Bundesländerdaten ist zu entnehmen, daß bei den Frauen des
Lehrberufes die Ablehnung durch den Vorgesetzten am Größten in Vorarlberg
empfunden wird. Hier sind fast viermal so viele davon betroffen, als der
bundesweite Durchschnitt. Dies trifft auch für die Männer aus Voralberg zu.
Allerdings ist das Erleben nur doppelt so hoch. Das Gefühl mit seinen
Problemen alleine gelassen zu werden, liegt in den Bundesländern
Burgenland, Salzburg und Vorarlberg bei den weiblichen Pädagogen über
dem Durchschnitt, während in den Bundesländer Wien, Kärnten und
Vorarlberg die männlichen Pädagogen besonders darunter leiden.
Zusammenfassend ergeben sich folgende Aussagen:
a) Die Wertschätzung durch den Vorgesetzten wird von drei Viertel der Lehrer positiv
erlebt.
b) Ein Fünftel der Lehrer fühlt sich vom Vorgesetzten mit seinen Problemen alleine
gelassen.
c) Vier Prozent der Lehrer erleben hohen Streß infolge der empfundenen Ablehnung
durch den Vorgesetzten.
d) Das größte Konfliktpotential auf diesem Sektor liegt in Vorarlberg vor. Für die
Frauen des Lehrberufes kommen die Bundesländer Burgenland und Salzburg hinzu
und bei den Männern bestehen auch größere Probleme in Wien und Kärnten.
9.4. Zusammenarbeit
Die kollegiale Zusammenarbeit und die gegenseitige Anerkennung, welche
einen entscheidenden Motor in der Arbeit darstellen, sind entscheidende
Kriterien für die Arbeitsleistung. Wie soll ein Lehrer sich voll und ganz der Arbeit
mit den Kindern widmen, wenn er andererseits täglichen Streitereien,
Eifersüchteleien, Mißgunst und Neid durch die Kollegen und Kolleginnen
ausgesetzt ist.
9.4.a. Zusammenarbeit mit den Kollegen(innen)
Frauen
koll. Zusammenarbeit
gegenseitig unterstützend
neutral
unangenehm
aufreibend
schwierig
Enthaltung
Wien
58
22
11
9
0
0
NÖ
53
33
10
4
0
0
B
50
34
11
5
0
0
Stm K
58 51
27 34
12
9
3
6
0
0
0
0
OÖ
49
37
10
4
0
0
S
55
27
10
8
0
0
T
54
34
6
6
0
0
V
35
50
10
5
0
0
Gesamt
51
33
10
6
0
0
Wien
NÖ
B
Stm
OÖ
S
T
V
Gesamt
Männer
koll. Zusammenarbeit
47
K
Stress im Lehrberuf
gegenseitig unterstützend
neutral
unangenehm
aufreibend
schwierig
Enthaltung
© C.Temml
38
32
18
10
0
2
48
31
12
9
0
0
57
35
8
0
0
0
52
28
17
3
0
0
54
23
10
13
0
0
43
36
14
7
0
0
41
27
22
8
0
2
45
35
12
8
0
0
46
35
13
6
0
0
47
32
14
7
0
0
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen wird nur von der Hälfte beider
Geschlechter als positiv empfunden, bei den Frauen sogar noch gering höher
als bei den Männern. Ein Drittel aller Befragten steht der Zusammenarbeit
neutral gegenüber, daß heißt, es werden weder positive noch negative
Gefühle vermittelt. So ein Zustand läßt sich über längere Zeit halten, birgt aber
die Gefahr in sich, daß das Pendel eher ins Negative ausschlägt. Zehn
Prozent der Lehrerinnen und vierzehn Prozent der Lehrer erleben die
Zusammenarbeit untereinander schon als unangenehm. Es liegen also bereits
eindeutige Streßmomente vor. Bei den weiblichen Pädagogen sehen sechs
Prozent die Zusammenarbeit als aufreibend und bei den männlichen
Pädagogen ist dies für sieben Prozent der Fall. Eine schwierige kollegiale
Zusammenarbeit wird von niemandem angegeben.
Der Vergleich der Ergebnisse aus den Bundesländern zeigt auf dem Gebiet
der Integration deutliche Unterschiede. Während die Frauen die
Zusammenarbeit mit Kollegen außer in der Steiermark in etwa prozentuell
gleich unangenehm empfinden, besteht dieses Faktum bei den Männern in
den Bundesländern Wien, Steiermark und Salzburg. Den geringsten
Prozentsatz zeigen die Lehrerinnen aus Tirol und die Lehrer aus Kärnten.
Besonders aufreibend wird die Zusammenarbeit von den weiblichen
Pädagogen in Wien und Salzburg erlebt. Bei den männlichen Pädagogen
betrifft es die Bundesländer Wien und Kärnten. Der geringste Prozentsatz,
welcher das miteinander Arbeiten als aufreibend sieht, liegt in der Steiermark
vor.
Zusammenfassung
a) Nur mehr die Hälfte der Lehrer sieht trotz hoher gegenseitiger Wertschätzung die
Zusammenarbeit positiv.
b) Ein Drittel der Pädagogen verhält sich auf dem Gebiet der Integration neutral.
c) Ein Sechstel der weiblichen Pädagogen und ein Fünftel der männlichen Pädagogen
hat kleinere und größere Probleme bei der kollegialen Zusammenarbeit.
d) Kleinere Probleme liegen besonders für beide Geschlechter in der Steiermark vor,
größere Probleme zeigen sich in Wien. Bei den Frauen kommt Salzburg noch hinzu
und bei den Männern Kärnten und Salzburg.
9.4.b. Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten
Die Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten ist durch die Rangordnung auf
jeden Fall mit einem größeren Konfliktpotential belastet. Trotzdem kann nur
durch ein ungetrübtes Verhältnis zwischen Untergebenen und Vorgesetzten
ein optimales Arbeitsklima geschaffen werden. Erst dann ist auch der Weg für
eine Innovation am Arbeitsplatz frei.
48
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Frauen
koll. Zusammenarbeit
gegenseitig unterstützend
neutral
unangenehm
aufreibend
schwierig
Enthaltung
Wien
39
35
17
9
0
0
NÖ
39
38
15
8
0
0
B
32
50
13
5
0
0
Stm
42
36
16
5
0
1
K
39
34
15
12
0
0
OÖ
38
39
16
7
0
0
S
40
32
17
11
0
0
T
46
33
15
6
0
0
V
30
25
20
25
0
0
Gesamt
38
36
16
10
0
0
Wien
32
34
29
2
0
3
NÖ
41
35
20
4
0
0
B
52
22
17
9
0
0
Stm
43
37
12
6
0
2
K
46
28
18
8
0
0
OÖ
49
30
15
6
0
0
S
45
35
16
4
0
0
T
38
42
14
6
0
0
V
54
12
22
12
0
0
Gesamt
44
31
18
6
0
1
Männer
koll. Zusammenarbeit
gegenseitig unterstützend
neutral
unangenehm
aufreibend
schwierig
Enthaltung
Bei Betrachtung der Tabellen kann man erkennen, daß das positive Erleben
der Arbeit mit dem Vorgesetzten bei den Lehrerinnen im Vergleich zur
kollegialen Zusammenarbeit um dreizehn Prozent abfällt auf 38 Prozent. Bei
den Lehrern ist dieser drastische Abfall nicht bemerkbar. Hier beträgt die
Differenz nur mehr drei Prozent, sodaß 44 Prozent die Zusammenarbeit mit
dem Vorgesetzten als unterstützend empfinden. Ebenfalls wie bei den
Kollegen steht ein Drittel aller Pädagogen der Zusammenarbeit mit dem Leiter
neutral gegenüber. Der Anteil an weiblichen Pädagogen, welche die
Zusammenarbeit als unangenehm erlebt, erhöht sich bei den Vorgesetzten um
sechs Prozent auf ein Sechstel der Befragten. Bei den Männern erhöht sich
der Anteil nur um vier Prozent auf achtzehn Prozent. Ebenso zeigt sich eine
Erhöhung der Prozentanteile beim Empfinden einer aufreibenden
Zusammenarbeit beim weiblichen Geschlecht. Hier steigert sich dieses Gefühl
bei Vorgesetzten um vier Prozent auf zehn Prozent! Bei den Männern verhält
sich dieses Erleben gleich wie bei den Kollegen.
Der Datenvergleich aus den Bundesländern zeigt ein deutliches Abweichen
der Ergebnisse vor allem in Vorarlberg. Hier liegt bei beiden Geschlechtern die
unangenehme und aufreibende Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten
deutlich über dem länderweiten Durchschnitt. Bei den Männern kommt auf
dem Sektor der unangenehmen Zusammenarbeit Wien noch hinzu.
Zusammenfassung
a) Das Integrationsverhalten bei den Lehrerinnen gegenüber dem Vorgesetzten ist
deutlich schlechter als bei den Männern. Deswegen steht ein höherer Anteil an
Frauen der Zusammenarbeit neutral gegenüber.
b) Ein Viertel aller Lehrer hat kleinere und größere Probleme in der Zusammenarbeit
mit dem Vorgesetzten.
c) Ein besonders gestörtes Verhältnis in der Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten
zeigt sich in Vorarlberg.
9.5. Arbeitsverantwortung
49
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Die Verantwortung in der Arbeit der Lehrer umfaßt die Aufsichtspflicht, die
psychische Entwicklung des Kindes und die richtige Vermittlung der Lernarbeit
der Schüler.
Frauen
Arbeitsverantwortung
überfordert
motiviert
macht stärker
los werden
alles hinschmeißen
Enthaltung
Wien
47
25
6
8
11
3
NÖ
37
38
4
11
8
2
B Stm K
50 44 42
25 31 32
2
3
5
19 13 14
4
6
5
0
3
1
OÖ
43
28
3
11
13
2
S
41
37
1
13
8
0
T
46
27
6
15
6
0
V
35
35
10
0
20
0
Gesamt
43
31
4
12
9
1
Wien
29
23
12
14
17
5
NÖ
20
44
8
13
12
3
B Stm K
26 31 28
35 30 36
13
6
5
13 12 13
13 17 13
0
4
5
OÖ
30
39
8
10
10
3
S
41
41
6
6
4
2
T
41
31
6
7
9
6
V
21
46
17
8
8
0
Gesamt
30
36
9
11
11
3
Männer
Arbeitsverantwortung
überfordert
motiviert
macht stärker
los werden
alles hinschmeißen
Enthaltung
Auf dem Gebiet der Arbeitsverantwortung zeigen sich deutliche
geschlechtsspezifische Unterschiede. Nur ein Drittel beider Geschlechter fühlt
sich durch die hohe Verantwortung, die allgemein gefordert wird und zu tragen
ist, motiviert. Auf dem Gebiet des Eustresses, gegeben durch das Atribut "es
macht mich stärker", ist der Prozentsatz bei beiden Geschlechtern (vier bei
Frauen, neun bei Männer) sehr gering, aber bei den Männern noch immer
doppelt so hoch als bei den Frauen dieses Berufes. Etwas weniger als die
Hälfte (43 Prozent) der weiblichen Pädagogen fühlt sich in der Verantwortung
überfordert, zwölf Prozent wollen die Verantwortung sogar los werden und neun
Prozent sehen darin einen Grund um alles hinzuschmeißen.
Bei den Männern dieses Berufes sind die Verhältnisse doch anders. Nur dreißig
Prozent der Lehrer fühlen sich in der Verantwortung überfordert. Trotzdem
verspürt ein fast gleich großer Prozentsatz (elf Prozent) an Lehrern wie
Lehrerinnen den Wunsch die Last der Verantwortung los zu werden. Ebenfalls
elf Prozent der männlichen Pädagogen möchte am liebsten alles hinschmeißen.
Wenn man die Ergebnisse aus den Bundesländern vergleicht, dann sieht man
wiederum starke Unterschiede. Die geringste Motivation durch die
Verantwortung finden die Lehrerinnen aus Wien, Burgenland und Tirol. Der
prozentuell größte Anteil an überforderten weiblichen Pädagogen zeigt sich in
Wien, Burgenland und Tirol. Ebenso möchten die Frauen im Burgenland und in
Tirol die Verantwortung los werden, während die Lehrerinnen aus Wien und
Vorarlberg den größten Drang nach dem "Hinschmeißen" der Arbeit verspüren.
Bei den Männern erleben sich die meisten Lehrer auf dem Sektor der
Verantwortung in Salzburg und in Tirol als überfordert. Trotz nicht erhöhter
Überforderung sind in Wien die wenigsten Lehrer durch die Verantwortung
motiviert und auch die größte Anzahl möchte die Verantwortung los werden.
50
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Genauso möchte der größte Prozentsatz an männlichen Pädagogen in Wien
und in der Steiermark "alles hinschmeißen".
Zusammenfassende Erkenntnisse:
a) Die männlichen Pädagogen kommen mit der auf ihnen lastenden Verantwortung
besser zurecht als die Frauen.
b) Ein gutes Zehntel aller Lehrer Österreichs wollen die Verantwortung los werden und
ein weiteres Zehntel würde am liebsten deswegen den Beruf aufgeben.
c) Besonders stark betroffen vom Unbehagen in Bezug auf Verantwortung liegt bei
beiden Geschlechtern in Wien vor. Bei den Frauen erstreckt es sich auch noch auf
das Burgenland, Tirol und Vorarlberg und bei den Männern auf das Bundesland
Steiermark.
9.6. Freundlichkeit
Freundlichkeit und Höflichkeit als absolute Prämissen in unserer Erziehung
zeigen im Erwachsenenalter doch ganz unterschiedliche Einstellungen zu
diesem Thema. Gerade im Lehrberuf ist die allgemeine Freundlichkeit eine der
wichtigsten Voraussetzungen um eine entspannte Vertrauensbasis mit Kindern
und Jugendlichen herzustellen. Nur dadurch kann die zunehmende Aggression
und die Steigerung von neurotischen Störungen in der heranwachsenden
Generation verringert werden. Gerade junge Menschen müssen in der heutigen
Zeit mit ununterbrochener Darstellung von Gewalt in den Medien und durch
angespannte Verhältnisse in den Familien, einen Ort der gegenseitigen
Anerkennung, des freundlichen Umganges miteinander und des Respektierens
finden. Hier bietet sich die Schule als Institution geradezu an.
Frauen
Freundlichkeit
nicht nötig
keine Probleme
unbedingt nötig
kostet viel Anstrengung
vermeiden u. zurückziehen
Enthaltung
Wien
19
22
14
41
4
0
NÖ
13
32
10
39
5
1
B
14
32
18
25
11
0
Stm
17
27
12
38
5
1
K
14
32
10
41
3
0
OÖ
18
28
8
41
5
0
S
18
31
7
39
5
0
T
22
27
10
36
4
1
V Gesamt
30
19
15
27
5
10
50
39
0
5
0
0
Wien
15
29
6
43
5
2
NÖ
20
32
9
32
6
0
B
22
30
13
35
0
0
Stm K
19
4
30 38
9 15
36 38
6
5
0
0
OÖ
14
33
8
39
6
0
S
22
29
4
37
6
2
T
19
23
14
39
4
0
V
21
25
21
25
8
0
Männer
Freundlichkeit
nicht nötig
keine Probleme
unbedingt nötig
kostet viel Anstrengung
vermeiden u. zurückziehen
Enthaltung
Gesamt
18
30
11
36
5
0
Auf dem Gebiete der Freundlichkeit sieht nicht ganz die Hälfte der befragten
Lehrer eine Schwierigkeit. Ein weiteres Fünftel der Pädagogen von beiden
Geschlechtern findet eine ständige Freundlichkeit gegenüber den Eltern,
Schülern und Kollegen als nicht notwendig. Schon mehr als einem Drittel der
Lehrer und Lehrerinnen kostet es viel Anstrengung eine laufende Freundlichkeit
51
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
an den Tag zu legen und fünf Prozent der Frauen und Männer dieses Berufes
vermeiden es, Freundlichkeit zur Schau zu tragen und ziehen sich zurück.
Der Vergleich der Ergebnisse aus den Bundesländern läßt folgendes erkennen.
Besonders in Vorarlberg haben die weiblichen Pädagogen ein enormes
Problem mit einer geforderten Freundlichkeit. Ein Drittel der befragten Frauen
findet es nicht notwendig eine ständige Freundlichkeit den Eltern, Schülern und
Kollegen gegenüber zu zeigen und die Hälfte der Lehrerinnen kostet es viel
Anstrengung Tag für Tag freundlich zu sein. Im Burgenland befindet sich wieder
der größte Anteil aus der weiblichen Lehrerschaft, der sich zurückzieht um
Freundlichkeit zu vermeiden. Andererseits sehen es gerade die Lehrerinnen
aus dem Burgenland mit dem höchsten Prozentsatz als eine unbedingt
notwendige Forderung eine ständige Freundlichkeit an den Tag zu legen.
Bei den Männern dieser Berufsgruppe fallen Wien und Vorarlberg besonders
auf. Hier zeigen sich die Probleme, wie "es kostet mich viel Anstrengung" (vor
allem in Wien) und "Situationen der Freundlichkeit vermeiden und
zurückziehen" (Vorarlberg)
Folgende zusammenfassende Ergebnisse liegen vor:
a) Der Umgang mit der täglichen Freundlichkeit ist für beide Geschlechter in fast gleich
hohem Ausmaß mit Problemen behaftet. Nur ein Drittel der Lehrer hat keine
Probleme.
b) Mehr als ein Drittel der Lehrer kostet es viel Anstrengung immer freundlich zu sein.
c) In Vorarlberg herrscht zu diesem Thema eine volkommen konträre Einstellung,
wodurch auch für diese Lehrer die größten Probleme im Bereich der Freundlichkeit
entstehen. Bei den Frauen kommt das Burgenland hinzu, bei den Männern ist auch
Wien betroffen.
10. Spezifische Schul- und Unterrichtsprobleme
In diesem Abschnitt erfolgt die Betrachtung von ausschließlich den Lehrberuf
betreffenden Problemstellungen. Diese beinhalten gesetzliche Veränderungen,
die im Laufe der letzten Jahre gesetzt wurden, die fehlende Kommunikation der
Lehrer unter den einzelnen Schularten, der geforderte hohe Idealismus von der
Öffentlichkeit und der Behörde und vieles mehr. Die dabei entstehenden
emotional gebundenen Reaktionen des Einzelnen, sind ebenso als hohe
Stressoren für die Lehrer zu sehen. Schlußendlich tragen diese Belastungen zu
oftmals typischen Verhaltensmuster im Umgang mit den Eltern und Schülern
bei.
Da beim Ausfüllen der Fragebögen unter diesem Abschnitt ein mehrfaches
Ankreuzen möglich war, ist bei den Zahlen der einzelnen Rubriken ein
Schlußsumme von 100 nicht möglich!
52
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
10.1. Allgemeine Belastungen im Schulwesen
Frauen
Belastung in der Schule
durch folgende Faktoren
administrative Tätigkeit
gesetzliche Veränderungen
Schule und Politik
nicht gehört in Bildungsfragen
geforderter Idealismus
keine belastende Faktoren
VL
HL
SL
LP
LUG
Gesamt
42
38
18
22
48
14
33
30
20
27
44
17
28
30
21
30
43
18
35
12
15
35
38
19
18
39
16
19
42
19
31
30
18
27
43
17
VL
HL
SL
LP
LUG
Gesamt
42
47
21
24
43
8
37
40
25
31
34
13
35
38
46
27
27
11
44
24
20
29
41
17
27
18
27
18
36
36
37
33
28
26
36
17
Männer
Belastung in der Schule
durch folgende Faktoren
administrative Tätigkeit
gesetzliche Veränderungen
Schule und Politik
nicht gehört in Bildungsfragen
geforderter Idealismus
keine belastende Faktoren
VL....Volksschullehrer, HL.....auptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände
Wenn man eine Reihung der Belastungen und Probleme im Schulwesen bei
den Lehrern vornimmt, dann liegt weit vorne an erster Stelle der allgemein von
der Gesellschaft und von der obersten Behörde hohe geforderte Idealismus.
Die Frauen des Lehrberufes (43 Prozent) erleben die Belastung auch um
einiges höher als die männlichen Kollegen (36 Prozent). Das verstärkte
Anfallen von administrativen Arbeiten wird ebenfalls von beiden Geschlechtern
an die zweite Stelle der Belastungen gereiht. Auf diesem Gebiet sehen sich
interessanterweise die männlichen Pädagogen (37 Prozent) stärker
beeinträchtigt als die weiblichen Pädagogen (31 Prozent). Die gesetzlichen
Veränderungen der letzten Jahre bedeuten für ein Drittel der Lehrer eine
starke Belastung und für 30 Prozent der Frauen eine erhöhte Belastung.
Der Einfluß von Politik in allen Bereichen auf das Schulwesen hat bei den
Lehrern (28 Prozent) eine wesentlich höhere Belastung als bei den Frauen. In
Prozenten ausgedrückt, handelt es sich immerhin um zehn Prozent mehr
Männer. Trotzdem hat der Einfluß der Politik im Schulwesen bei weitem nicht
den hohen Stellenwert, wie es manche Außenstehende gerne sehen würden.
Die aktive Mitgestaltung in Bildungsfragen hat bei den Männern fast den
gleichen Stellenwert, wie die Politik in der Schule. Bei den Frauen dieses
Berufsstandes wird dem "Nicht - gehört - werden in Bildungsfragen" zwar
gegenüber der Politik in der Schule viel mehr Bedeutung zugemessen, aber
es betrifft - wie bei den Männern - in etwa ein Viertel aller Befragten.
Vordergründige allgemeine Belastungen gegliedert nach Lehrergruppen
Lehrergruppen
Vordergründige Belastungen
Der geforderte hohe Idealismus für den Beruf
53
Stress im Lehrberuf
Volksschullehrer
© C.Temml
Das Anfallen administrativer Tätigkeiten
Die gesetzlichen Veränderungen
Hauptschullehrer
Keine überdurchschnittlich hervorragende Belastungen
Sonderschullehrer
Schule und Politik
Lehrer des polytechn.
Das „Nicht-gehört-werden" in Bildungsfragen
Lehrganges
Bei den Männern: zusätzlich „die administrative Tätigkeit“
Lehrer für einzelne
Unterrichtsgegenstände
keine gemeinsamen überdurchschnittliche Belastungen
Bei den Frauen:
Die gesetzlichen Veränderungen
Bei den Männern: Keine belastende Faktoren
10.2. Spezifische Probleme im Schulwesen
Die spezifischen Probleme betreffen mehrere Gebiete. Nicht nur Unterrichtsund Lehrvorgaben wurden hier befragt sondern auch zwischenmenschliche
Probleme mit gravierender Auswirkung auf die Beziehung zu den Schülern.
Frauen
Belastungen im Tätigkeitsbereich der Schule
starre Vorgaben
flexible Freiheit
fehlende Kommunikation
nicht gleichberechtigt
Streitigkeiten
nichts
VL
HL
SL
LP
LUG
Gesamt
37
1
36
27
23
18
39
2
25
15
36
15
35
4
46
38
26
13
23
0
42
23
27
15
28
6
16
42
25
15
32
3
33
29
27
15
VL
HL
SL
LP
LUG
Gesamt
38
2
37
24
18
21
39
3
26
15
33
18
49
3
49
38
22
8
27
5
41
44
17
12
45
0
18
36
27
27
40
3
34
31
23
17
Männer
Belastungen im Tätigkeitsbereich der Schule
starre Vorgaben
flexible Freiheit
fehlende Kommunikation
nicht gleichberechtigt
Streitigkeiten
nichts
VL....Volksschullehrer, HL....Hauptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände
Die Entscheidungsfreiräume im Lehrplan - Methodenfreiheit und
Methodengerechtheit - werden durch den Rahmencharakter des Lehrplanes
für den Lehrer ermöglicht. Das bedeutet für den Pädagogen
Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Auswahl und Gewichtung, der zeitlichen
Verteilung, der Konkretisierung und Strukturierung der Lehrstoffe, sowie
hinsichtlich der Festlegung der Unterrichtsmethoden und -mittel nach
verschiedenen didaktischen Gesichtspunkten. Diese zunehmende flexible
54
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Freiheit in punkto Lehrmethoden, die Auswahl von Lehrmittelbehelfen und die
Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten bereitet sowohl Lehrerinnen
als auch Lehrern keine Schwierigkeiten.
Im Gegensatz dazu stehen starre konzeptmäßige Vorgaben der
Schulbehörde, welche sich im Schulorganisationsgesetz und Schulzeitgesetz
niederschlagen. Hier sehen die Lehrer sehr wohl gravierende Belastungen.
Ein Drittel der Frauen und sogar 40 Prozent der Männer fühlen sich dadurch
beeinträchtigt.
Ziemlich knapp dahinter folgt die Beeinträchtigung der Lehrer durch eine
fehlende Kommunikation der einzelnen Schultypen untereinander. Ein Drittel
beider Geschlechter ortet hier Probleme, die oftmals auch noch öffentlich
durch gegenseitige Bezichtigungen in den Medien ausgetragen werden.
Nur wenige Prozent danach folgt die Belastung durch das Gefühl von Kollegen
anderer Schularten als nicht gleichberechtigt gesehen zu werden. Diese
Tatsache betrifft ein schwaches Drittel der Lehrer. Dieses interessante
Phänomen beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Berufsgruppe der
Lehrer, sondern ist auch im Berufsstand der Ärzte, Juristen u.s.w. zu finden.
Scheinbar läßt eine zunehmende Fachorientierung innerhalb einer
Berufsgruppe das globale Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem Ausmaß der
Spezialisierung schwinden.
Streitigkeiten untereinander und zwischen den Kollegen beeinträchtigen die
weiblichen Vertreter der Berufsgruppe (25 Prozent) mehr als die männlichen
Vertreter (23 Prozent). Diese Tatsache wird sicherlich durch das größere
Schlichtungsverhalten der Frauen bedingt sein.
Vordergründige spezifische Belastungen gegliedert nach Lehrergruppen
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Vordergründige spezifische Belastungen
Starre konzeptmäßige Vorgaben der Schulbehörde
Fehlende Kommunikation unter den einzelnen Schularten
Starre konzeptmäßige Vorgaben der Schulbehörde
Streitigkeiten untereinander und zwischen den Kollegen
Starre konzeptmäßige Vorgaben der Schulbehörde
Sonderschullehrer
Fehlende Kommunikation unter den einzelnen Schularten
Das Gefühl von Kollegen anderer Schularten nicht als
gleichberechtigt gesehen zu werden
Fehlende Kommunikation unter den einzelnen Schularten
Lehrer des polytechn.
Bei den Männern: zusätzlich „Das Gefühl von Kollegen
Lehrganges
anderer Schularten nicht als gleichberechtigt gesehen zu werden“
Das Gefühl von Kollegen anderer Schularten nicht als
Lehrer für einzelne
gleichberechtigt gesehen zu werden
Unterrichtsgegenstände
Bei den Männern: zusätzlich „Starre konzeptmäßige
55
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Vorgaben der Schulbehörde“
10.3. Probleme am Arbeitsplatz Schule
Der Arbeitsplatz Schule gliedert sich in die Unterrichtsräume, Freizeiträume
und einen gemeinsamen Aufenthaltsraum für den Lehrkörper. Im Gegensatz
zum Leiter der Schule verfügen die Lehrer nicht über ein eigenes
Arbeitszimmer.
Zu den Problemen, die durch den vorhanden Unterrichtsraum mit seiner
Ausstattung entstehen, beziehen die Lehrer folgende Stellung: Die
hauptsächliche Belastung für alle stellt die Ausstattung des Unterrichtsraumes
(48 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer) dar, wobei die
männlichen Pädagogen diese Problem eher bewältigen als die weiblichen
Pädagogen. Dieselbe Aussage kann für die Situation über den Mangel an
Unterrichtsraum getroffen werden, mit dem einzigen Unterschied, daß diese
Belastung allgemein um sieben beziehungsweise acht Prozent geringer ist.
Frauen
Arbeitsplatzstörung
Unterrichtsraummangel
Ausstattung des UR
Arbeitsplatzmangel
Ausstattung des AP
VL
43
46
26
24
HL
37
45
49
36
SL
48
50
29
31
LP
31
46
54
35
LUG
46
54
37
24
Gesamt
41
48
39
30
VL
29
32
14
28
HL
30
41
37
35
SL
38
46
27
22
LP
29
44
22
32
LUG
36
36
27
27
Gesamt
32
40
25
29
Männer
Arbeitsplatzstörung
Unterrichtsraummangel
Ausstattung des UR
Arbeitsplatzmangel
Ausstattung des AP
VL....Volksschullehrer, HL....Hauptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände, UR....Unterrichtsraum, AP....Arbeitsplatz
Vordergründige Belastungen durch Arbeitsplatzstörungen
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Vordergründige Belastungen durch Arbeitsplatzstörung
Die mangelhafte Austattung des Unterrichtsraumes
Der Unterrichtsraummangel
Die mangelhafte Ausstattung des persönlichen Arbeitsplatzes
Der Mangel an persönlichem Arbeitsplatz
Die mangelhafte Austattung des Unterrichtsraumes
Der Unterrichtsraummangel
Die mangelhafte Ausstattung des persönlichen Arbeitsplatzes
Lehrer des polytechn.
Bei Frauen:
Lehrganges
56
zusätzlich „Der Mangel an persönlichem
Arbeitsplatz“
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Lehrer für einzelne
Bei Männern: zusätzlich „Die mangelhafte Austattung des
Unterrichtsraumes“
Mangel an Unterrichtsraum
Unterrichtsgegenstände
Bei Frauen:
zusätzlich „Die mangelhafte Austattung des
Unterrichtsraumes“
Beim Vergleich der empfundenen Belastungen auf diesem Sektor zwischen
den einzelnen Lehrergruppen zeigt sich, daß davon besonders die Gruppe der
Sonderschullehrer betroffen ist. Sowohl zum Problem des Unterrichtsraummangels, als auch zur vorhandenen Ausstattung, sehen sich beide
Geschlechter dieser Gruppe am Stärksten belastet. Fast gleich hohe Anteile
der Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände teilen diese Empfindung am
Sektor des Raummangels für den Unterricht. Die Ausstattung stellt auch für
die Lehrerinnen der einzelnen Unterrichtsgegenstände große Probleme dar,
während bei den Männer des Berufsstandes die Gruppe der Lehrer des
Polytechnikums sich dadurch überdurchschnittlich belastet fühlen.
Zu den Problemen des persönlichen Arbeitsplatzes stellt sich folgende
Situation dar: Der Mangel an Arbeitsplätzen wird von den weiblichen
Pädagogen in einem viel höheren Maß als störend empfunden, als von den
männlichen Pädagogen. Der prozentuelle Anteil bei den weiblichen Befragten
beträgt 39 Prozent. Im Gegensatz dazu scheint die Belastung bei den
Männern mit 25 Prozent eine eher untergeordnete Rolle zu spielen.
Für beide Geschlechter stellt sich das Problem der Ausstattung des
persönlichen Arbeitsplatzes in gleich hohem Ausmaß dar. Fast ein Drittel aller
Lehrer sehen sich dadurch einer erhöhten Belastung ausgesetzt.
10.4. Belastungen im Unterricht
In diesem Abschnitt werden ausschließlich die auftretenden Probleme und die
daraus resultierenden, subjektiv empfundenen Belastungen für den Lehrer in
seiner Unterrichtstätigkeit erfaßt.
Frauen
Belastende Faktoren im Unterricht
Private Probleme bei Schülern
Lehrplananforderungen
Verhaltensstörungen d. Kinder
Delegieren der Erziehung
keine Rückzugsmögl. während der US
keine Rückzugsmögl. zwischen den US
keine belastende Faktoren
VL
30
8
88
64
15
38
4
HL
23
10
83
54
17
28
8
SL
30
4
69
51
14
35
15
LP
31
0
96
54
15
12
0
LUG
21
9
90
37
22
21
0
Gesamt
27
6
85
52
17
27
5
VL
20
8
72
56
12
18
HL
16
9
79
56
15
22
SL
22
3
59
59
11
24
LP
20
0
76
56
15
15
LUG
18
0
64
36
36
36
Gesamt
19
4
70
53
18
23
Männer
Belastende Faktoren im Unterricht
Private Probleme bei Schülern
Lehrplananforderungen
Verhaltensstörungen d. Kinder
Delegieren der Erziehung
keine Rückzugsmögl. während der US
keine Rückzugsmögl. zwischen den US
57
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
keine belastende Faktoren
10
8
11
12
9
10
VL....Volksschullehrer, HL....Hauptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände, US....Unterrichtsstunde
Bei den Belastungen im Unterricht sehen die Lehrer bei den
Lehrplananforderungen kaum Probleme, wie man aus der Tabelle ersehen
kann. Im Vordergrund - prozentuell weit abgehoben - liegen "die
Verhaltensstörungen der Kinder" und das empfundene zunehmende
Delegieren der Erziehung an das Lehrpersonal.
Die Verhaltensstörungen der Kinder mobilisieren in unwahrscheinlich hohem
Maße die integrationsbezogenen Ängste der Lehrer. Auf diesem Sektor
besteht auch ein gravierender geschlechtsbezogener Unterschied. Während
sich 70 Prozent der Männer dadurch belastet sehen, ist der prozentuelle Anteil
bei den Frauen sagenhafte 85 Prozent! Bezüglich des zunehmenden
Delegierens von Erziehung an die Lehrerschaft sehen etwas mehr als die
Hälfte beider Geschlechter hohe Belastungen.
Der sozio-emotionale Aspekt durch die Konfrontation der Lehrer mit den
privaten Problemen der Schüler wird von den Pädagogen als wesentlich
weniger belastend eingestuft. Auch auf diesem Sektor unterscheiden sich die
Geschlechter. Während ein gutes Viertel der Frauen sich dadurch belastet
fühlt, besteht bei den Männern nur für ein Fünftel eine erhöhte Belastung.
Die Rückzugsmöglichkeiten der Lehrer während und zwischen den
Unterrichtsstunden wird von den meisten Personen des Lehrberufes als
ausreichend angesehen. Eine fehlende Rückzugsmöglichkeit während der
Unterrichtsstunde belastet etwa ein Sechstel aller Lehrer und eine fehlende
Rückzugsmöglichkeit zwischen den Unterrichtsstunden betrifft ein Viertel der
Lehrerschaft.
Vordergründige Belastungen im Unterricht gegliedert nach Lehrergruppen
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Vordergründige Belastungen im Unterricht
Die zunehmenden Verhaltensstörungen der Kinder
Das Delegieren der Erziehung an die Lehrer
Die zunehmenden Verhaltensstörungen der Kinder
Das Delegieren der Erziehung an die Lehrer
Die zunehmenden Verhaltensstörungen der Kinder
Das Delegieren der Erziehung an die Lehrer
Lehrer des polytechn.
Die zunehmenden Verhaltensstörungen der Kinder
Lehrganges
Das Delegieren der Erziehung an die Lehrer
Lehrer für einzelne
Die zunehmenden Verhaltensstörungen der Kinder
Unterrichtsgegenstände
Das Delegieren der Erziehung an die Lehrer
11. Streß durch schulbezogene Ängste der Lehrerschaft
58
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
In dem folgenden Abschnitten werden die schulbezogenen Ängste von Lehrern
behandelt. Die Angst, als eine der höchsten Stressoren, spielt in der
Streßforschung eine bedeutende Rolle. Eine Systematik der Lehrerängste
wurde von HURRELMANN schon 1975 vorgenommen und ist an den objektiven
Funktionskategorien des Erziehungssystems "Qualifikation, Selektion und
Integration" ausgerichtet. WEIDEMANN hat 1978 die Systematik um einen
vierten Bereich erweitert. Dieser vierte Bereich umfaßt den sozio-emotionalen
Sektor "Kontakt". Situationen, denen der Lehrer sich ausgesetzt fühlt und die
er zu bewältigen hat, lassen sich sinnvollerweise den vorher genannten
Kategorien zuordnen.
Qualifikation: Dieser Tätigkeitsbereich umfaßt den Sektor "Lehrer als
Experte" für die Vermittlung lehrplanbezogener Qualifikationen.
Die damit verbundenen Anforderungen versucht der Lehrer mit
Hilfe von didaktischen Methoden und Kenntnissen zu
bewältigen.
Selektion:
Hier geht es um die Dimension "Lehrer als Richter" im
doppelten Sinne des Wortes, daß heißt als Be- und Verurteiler.
Unser schulischer Leistungsbegriff setzt voraus, daß der Lehrer
Schülerleistungen zu beurteilen und zu zensieren hat.
Integration:
Die Hauptfunktion dieses Tätigkeitsbereiches ist die
Abstimmung der Schüler auf die spezifischen Normen, unter
denen die schulische Arbeit erfolgen kann. Es sind also alle
Handlungen in denen der Lehrer die Funktion des Leiters
übernimmt. In der Leiterfunktion hat er die Herstellung und
Einhaltung des schulischen Systems von Verhaltensregeln zu
kontrollieren.
Kontakt:
Dieser Bereich umfaßt den Bereich "Lehrer als Partner". Dazu
gehören
Handlungen,
mit
denen
der
Lehrer
die
zwischenmenschlichen Beziehungen zu den Schülern auf eine
ihn befriedigende Art und Weise zu gestalten sucht. Es handelt
sich also um einen vorwiegend sozio-emotionalen Bereich.
Alle diese Anforderungsstrukturen, denen der Lehrer unterliegt, fordern von ihm
Bewältigungsversuche. Mit diesen gehen vorwegnehmende Bedrohungserlebnisse einher, die dann als tätigkeitsspezifische Ängste erscheinen und zum
außerordentlichen Streß des Lehrers beitragen.
11.1. Lehrerangst im Tätigkeitsbereich "Qualifikation"
Dem Lehrer wird bei der Lernarbeit die gesamte Verantwortung
zugeschrieben, obwohl sie nur vom Schüler geleistet werden kann. Aus dieser
zentralen Aufteilung der Lernarbeit, ergibt sich eine Form der Prozeß- und
Erfolgsungewißheit für den Pädagogen. Die Lehrerschaft muß sich der
Anforderungsstruktur stellen, ohne wesentliche Parameter wie Lehrplan,
Zusammensetzung von Lerngruppen, Aneignungsformen wirklich beeinflussen
zu können. Als manipulierbar erscheint dagegen nur das Lehrer- und
Schülerverhalten. Aus dieser Interaktion ergeben sich die Möglichkeiten für
59
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
den Lehrer die Schüler so zu beeinflussen, daß die vorgeschriebene
Lernarbeit auch erreicht werden kann.
Die allgemeine Struktur der Qualifikationsangst kann als Antizipation erklärt
werden. Unter Antizipation versteht man die Steuerung eines von Mißerfolg
vermeidendes Verhalten durch vorauseilende Einsicht von Realitätszusammenhängen und wahrscheinlichen Abläufen.
Das zentrale Merkmal dieser Ängste ist somit die Intention: "Ich möchte die
Lernarbeit so steuern, daß sie wie gewünscht erfolgt". Aus der Situation (der
erwünschte Verlauf der Lernarbeit ist bedroht) entstehen entsprechende
Handlungsentwürfe und die antizipierte ungewisse Nicht-Bewältigung.
Die Handlungsentwürfe betreffen den Versuch von Maßnahmen, wie zum
Beispiel Unterrichtsvorbereitungen; die "antizipierte Nicht-Bewältigung" heißt:
"Ich kann die Lernarbeit nicht wie gewünscht beeinflussen."
Die Qalifikationsängste umfassen drei Bereiche. Diese Bereiche betreffen:
a) Die Mitarbeit der Schüler
b) Die Bedrohung des Lehrers als Unterrichtsexperte
c) Die Unterrichtsinhalte
Frauen
Bei der Zusammenarbeit mit Schülern stört
daß die Schüler sich im Unterricht nicht melden
daß die Schüler im Lernstoff nicht mitkommen
daß die Schüler das Lernen ablehnen
daß die Schüler mehr wissen als ich
daß die Schüler einen anderen Unterricht wollen
daß die Unterrichtsmaßnahmen mißlingen
daß die Schüler den Unterricht stören
nichts
VL
9
13
20
0
2
7
65
21
HL
7
16
59
0
3
11
63
11
SL
3
11
25
0
1
15
41
33
LP
8
15
81
0
0
8
77
4
LUG
4
7
46
0
1
4
79
7
Gesamt
6
12
46
0
1
9
65
15
VL
9
9
21
0
1
7
52
30
HL
12
17
57
0
3
10
52
13
SL
3
14
43
0
0
14
43
24
LP
10
10
66
0
5
12
61
15
LUG
9
0
18
0
0
18
73
9
Gesamt
9
10
41
0
2
12
56
18
Männer
Bei der Zusammenarbeit mit Schülern stört
daß die Schüler sich im Unterricht nicht melden
daß die Schüler im Lernstoff nicht mitkommen
daß die Schüler das Lernen ablehnen
daß die Schüler mehr wissen als ich
daß die Schüler einen anderen Unterricht wollen
daß die Unterrichtsmaßnahmen mißlingen
daß die Schüler den Unterricht stören
nichts
VL....Volksschullehrer, HL....Hauptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände,
Bei der Aufarbeitung dieses Themas wurden standardisierte Fragen zu den
ersten beiden Bereichen zur Auswahl gestellt. Der Bereich über die
Unterrichtsinhalte wurde bewußt fallen gelassen.
60
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Wenn man nun die Ergebnisse betrachtet, dann kann man feststellen, daß in
beiden Bereichen sowohl bei den Frauen des Lehrberufes als auch bei den
Männern zwei Fragen besonders hoch prozentuell belegt wurden.
a) Ängste und mangelnde Mitarbeit der Schüler
Wenn die Lernarbeit und damit der Lernerfolg der Schüler gefährdet ist,
dann werden aus den anfänglich gesetzten Ausführungen vom Lehrer
Handlungsentwürfe
gesetzt.
Entsprechend
sind
auch
die
Handlungsentwürfe direkt an den Schüler gerichtet und werden in der
"pädagogischen Psychologie" weitgehend als Methode zur "Motivierung"
der Schüler gesehen. Die mangelnde Mitarbeit der Schüler bedeutet, daß
sie ungenügend motiviert sind. Damit entsteht für den Lehrer eine
Belastung, da er ja dafür verantwortlich gemacht wird, die Schüler zu
motivieren. Die in der Lehrerbildung angebotenen Interaktionsmodelle des
"Motivierens" werden vom Lehrer gesucht und angewendet. Ein Versagen
dieser Modelle sieht der Lehrer als Beweiß dafür, daß jeder weitere
Versuch zwecklos ist und Resignation macht sich breit. Aus der
veränderten Einstellung heraus wird aus der Struktur der Angst eine
Gleichgültigkeit.
Die Auswertung der Daten zeigt nun, daß die mangelnde Mitarbeit und
das mögliche Mitkommen des Schülers, die Lehrer beider Geschlechter
heute kaum belastet. Als herausragende Belastung sehen sie aber die
Ablehnung des Lernens der Schüler. Die weiblichen Pädagogen (46
Prozent) fühlen sich auch etwas stärker dadurch belastet als die
männlichen Kollegen (41 Prozent).
Belastung durch „Ablehnen des Lernens“ gegliedert nach Lehrergruppen
Lehrergruppen
Belastung durch „Ablehnen des Lernens“
Wenig Belastung
Volksschullehrer
Bei Frauen:
20% Betroffene
Bei Männern: 21% Betroffene
Für mehr als die Hälfte beider Geschlechter belastend
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Lehrer des polytechn.
Lehrganges
Lehrer für einzelne
Bei Frauen:
59% Betroffene
Bei Männern: 57% Betroffene
Deutlich differenziertes Beurteilen der Geschlechter; Männer
fühlen sich stärker belastet
Bei Frauen:
25% Betroffene
Bei Männern: 43% Betroffene
Hier wird die Belastung am höchsten eingestuft!
Bei Frauen:
81% Betroffene
Bei Männern: 66% Betroffene
Wieder deutlich differenziertes Beurteilen der Geschlechter;
Frauen fühlen sich stärker belastet
Unterrichtsgegenstände Bei Frauen:
46% Betroffene
Bei Männern: 18% Betroffene
b) Ängste und Bedrohung als Unterrichtsexperte
61
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Die Angststrukturen in diesem Bereich beziehen sich auf sein berufliches
Selbstbild als Unterrichtsexperte. Das heißt, er sieht seine Eignung als
Qualifikationsfachmann bedroht. Die hohe Erwartungshaltung der
Gesellschaft hat ein Bild des Meisterlehrers entworfen. Durch die
Ausbildung der Pflichtschullehrer in pädagogischen Akademien wurde er
nicht in den Akademikerstatus gehoben. Infolge dessen wird er von
wissenschaftlicher Seite auch mehr oder minder belächelt. Dieses
Phänomen führt nun wieder dazu, daß der Lehrer von sich selbst aus
nach zu hohen Anforderung und Idealvorstellungen strebt. Er gerät damit
noch viel stärker in Konflikte, die sich antizipierten Handlungen den
Schülern gegenüber ausdrücken.
Die Betrachtung der Antworten bringen folgende Erkenntnisse. Der Angriff
auf ihre Qualifikation bedeutet für weibliche und männliche Pädagogen
eine wesentlich höhere Belastung, als die Bedrohung der Lernarbeit und
des Lernerfolges. Daß die Schüler mehr wissen als sie selbst, stellt in der
heutigen Zeit für die Lehrer keine Belastung dar. Der Wunsch der Schüler
nach
einem
anderen
Unterricht
oder
das
Mißlingen
der
Unterrichtsmaßnahmen ist ebenso für die überwiegende Mehrheit nicht
von Bedeutung. Nur die Störung des Unterrichts durch die Schüler wird als
hoher Angriff auf ihre Person angesehen und dementsprechend
außerordentlich stark belastend eingestuft. Im Durchschnitt fühlen sich 65
Prozent der Lehrerinnen dadurch belastet und bei den Lehrern betrifft es
56 Prozent.
Belastung durch „Ängste und Bedrohung als Unterrichtsexperte“
Lehrergruppen
Belastung durch „Bedrohung als Unterrichtsexperte“
Für mehr als die Hälfte beider Geschlechter belastend
Volksschullehrer
Bei Frauen:
65% Betroffene
Bei Männern: 52% Betroffene
Für mehr als die Hälfte beider Geschlechter belastend
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Bei Frauen:
63% Betroffene
Bei Männern: 52% Betroffene
Entsprechend ihrer Ausbildung und dem Umgang mit
Sonderschülern sehen sie die Angriffe auf ihre Person durch
die Schüler weit aus weniger tragisch.
Bei Frauen:
41% Betroffene
Bei Männern: 43% Betroffene
Lehrer des polytechn.
Hier wird die Belastung hoch eingestuft! Frauen fühlen sich
stärker belastet
Lehrganges
Bei Frauen:
77% Betroffene
Bei Männern: 61% Betroffene
Lehrer für einzelne
Hier wird die Belastung am höchsten eingestuft!
79% Betroffene
Unterrichtsgegenstände Bei Frauen:
Bei Männern: 73% Betroffene
11.2. Lehrerangst im Tätigkeitsbereich "Integration"
62
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
In diesem Bereich geht es um das schulische System von Verhaltensregeln,
wobei der Lehrer die Einhaltung durch die Schüler mit an ihn delegierte
Machtmittel zu kontrolieren hat. Die Problematik liegt aber darin, daß:
a) dieses Regelsystem an sich selbst unklar und widersprüchlich ist (z. B. das
Engagement des Schülers ist Pflicht, ein zu viel aber wird nicht erwünscht)
b) die Sanktionsmöglichkeiten der Lehrer sehr begrenzt sind und dadurch für
ihn noch zusätzliche Probleme geschaffen werden
c) die "pädagogische Autorität" als Voraussetzung für die stumme Wirkung
von Machtmitteln ist und durch laufende Macht-Tests (jede Anwendung von
Machtmitteln ist ein Test) permanent bedroht ist.
Da das Gelingen der pädagogischen Arbeit vom Schüler abhängt, müssen
sich die Lehrer auch mit der Tatsache auseinandersetzen, daß die Schüler ihr
Verhalten kontrollieren und ihren Einflußbereich verringern können. Aus der
Widersprüchlichkeit des Regelsystems kann der Lehrer auch nicht sicher sein,
ob die Schüler das Regelsystem befolgen oder mißachten. Ob der Schüler mit
der Handlung provozieren wollte und in welchem Maße er dafür verantwortlich
gemacht werden kann, ist abhängig von einer eigenen Definition. In wie weit
die Definition und das daraus resultierende Urteil richtig war, bleibt meist
ungewiß.
Die Einhaltung der Regeln sind dem Lehrer, als auch dem Schüler, objektiv
von außen gesetzt und werden dann zumeist subjetiv akzeptiert und definiert.
Der Lehrer ist aber auch dann zur Durchsetzung verpflichtet, wenn er sie
ablehnt. Der Zwang entsteht also von außen durch Eltern, Kollegen und die
Schulbehörde.
Bei der Angststruktur stehen in diesem Bereich die Schüler und mitunter ihr
undiszipliniertes Verhalten im Vordergrund. Da die Lehrerschaft zur Einhaltung
der schulischen Regeln zur Verantwortung herangezogen wird, erlebt sie viele
Situationen in diesem widersprüchlichen System als Bedrohung. Die LehrerSchüler-Interaktion bleibt so lange ein Machtkampf, bis der Schüler die
Organisation der schulischen Arbeit akzeptiert. Bemühungen der Schüler,
eigene Interessen durchzusetzen, welche sich nicht mit dem "Schulkodex"
decken, werden zwangsläufig zum Druck. Dies wird dann vom Lehrer als
Bedrohung erlebt und er wird einen Widerstand entgegensetzen. So kommt
es, daß die Lehrer sich meist in einer Situation, in der die Schüler eigene
Wünsche gegen die Schulvorschriften realisieren, als machtlos bezeichnen.
Man kann drei Bereiche unterscheiden:
a) Disziplin der Schüler
b) Bedrohung als Respektsperson
c) Umgang mit Machtmitteln
Die nachfolgenden Tabellen zeigen die Auswertung zu diesem Thema
bezogen auf die einzelnen Lehrergruppen.
Frauen
Im Umgang mit Schülern beeinträchtigt
daß die Schüler sich nicht an Regeln halten
63
VL
43
HL
48
SL
30
LP
46
LUG
46
Gesamt
43
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
daß die Schüler die Regeln in Frage stellen
daß die Schüler Sie nicht respektieren
daß die Schüler die Distanz verringern wollen
daß Sie disziplinieren müssen ohne zu wollen
nichts
3
2
9
68
14
8
5
15
66
11
4
3
13
56
29
23
0
19
77
8
6
3
25
61
0
9
3
16
66
12
VL
39
6
2
11
56
23
HL
47
8
5
12
70
10
SL
35
14
0
3
49
19
LP
49
12
5
10
73
10
LUG
18
0
9
36
64
9
Gesamt
38
8
4
14
62
14
Männer
Im Umgang mit Schülern beeinträchtigt
daß die Schüler sich nicht an Regeln halten
daß die Schüler die Regeln in Frage stellen
daß die Schüler Sie nicht respektieren
daß die Schüler die Distanz verrigern wollen
daß Sie disziplinieren müssen ohne zu wollen
nichts
VL....Volksschullehrer, HL....Hauptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände,
Die Daten aus den Tabellen zeigen uns, daß die Bedrohung als
Respektsperson von allen Lehrern kaum empfunden wird. Deswegen wird
auch darauf nicht näher eingegangen.
a) Ängste und Disziplin der Schüler
Bei dieser Problemstellung sieht man, daß 43 Prozent der Lehrerinnen
und 38 Prozent der Lehrer eine Beeinträchtigung sehen, wenn die Schüler
sich nicht an die vorgegebenen Regeln halten. Im Gegensatz dazu haben
die Lehrer keine Probleme, wenn Schüler die Regeln in Frage stellen.
Belastung durch „Disziplin der Schüler“
Lehrergruppen
Belastung durch „Disziplin der Schüler“
Für mehr als ein Drittel beider Geschlechter belastend
Volksschullehrer
Bei Frauen:
43% Betroffene
Bei Männern: 39% Betroffene
Für fast die Hälfte beider Geschlechter belastend
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Bei Frauen:
48% Betroffene
Bei Männern: 47% Betroffene
Infolge der Ausbildung und dem Umgang mit
Sonderschülern bestehen bei dieser Gruppe die geringsten
Probleme.
Bei Frauen:
30% Betroffene
Bei Männern: 35% Betroffene
Lehrer des polytechn.
Für fast die Hälfte beider Geschlechter belastend
Lehrganges
Bei Frauen:
46% Betroffene
Bei Männern: 49% Betroffene
Lehrer für einzelne
Deutlicher Unterschied bei den Geschlechtern! Mehr als
doppelt so viele Frauen als Männer fühlen sich belastet.
Unterrichtsgegenstände Bei Frauen:
46% Betroffene
Bei Männern: 18% Betroffene
c) Ängste im Umgang mit Machtmitteln
64
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Die objektive Bedingung, daß Art und Ausübung der Machtmittel
bürokratisch regelmentiert werden, ist nicht die einzige Schwierigkeit für
die Lehrer beim Umgang mit den Machtmitteln. Ein Lehrer kann auch
bestimmte Machtmittel deshalb nicht einsetzen, weil er sie aus
pädagogischen oder persönlichen Gründen ablehnt. Weiters besteht die
Möglichkeit, daß die Schüler dadurch nicht zu beeindrucken sind.
Außerdem kann auch der Fall eintreten, daß der Pädagoge nicht weiß, ob
und wie er Machtmittel einsetzen soll. Dies tritt dann ein wenn er sich nicht
klar ist, ob er ein Schülerverhalten als Regelverletzung werten muß oder
nicht. Somit ist vorgegeben, daß ein junger Lehrer mit den Idealen des
repressionsfreien Unterrichts bald durch erlebte Hilflosigkeit und
permanente Bedrohung der Erfüllung von Anforderungsstrukturen seine
Pläne und sein Verhalten verändert. Nichts bezeichnet die Situation
treffender als eine Darstellung des Pädagogen K. W. DÖRING: "Der
Prozeß der beruflichen Sozialisierung eines Lehrers stellt sich schon von
Beginn an gleichsam als permanentes Rückzugsgefecht dar."
Bei der Auswertung auf diesem Sektor zeigt sich, daß der Umgang mit
Machtmitteln die größte Belastung im Bereich der Integration darstellt. Mit
einem nur minimalem Unterschied sind auch beide Geschlechter in gleich
hohem Ausmaß davon betroffen. Global gesehen fühlen sich nicht ganz
zwei Drittel durch eine ungewollte Disziplinierung belastet.
Belastung durch „Ungewolltes Disziplinieren der Schüler“
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Hauptschullehrer
Sonderschullehrer
Belastung durch „Disziplin der Schüler“
Für mehr als die Hälfte beider Geschlechter belastend; Frauen
sind stärker betroffen als Männer
Bei Frauen:
68% Betroffene
Bei Männern: 56% Betroffene
Für mehr als zwei Drittel beider Geschlechter belastend;
Männer sind stärker belastet als Frauen
Bei Frauen:
66% Betroffene
Bei Männern: 70% Betroffene
Infolge der Ausbildung und dem Umgang mit Sonderschülern
bestehen bei dieser Gruppe die geringsten Probleme. Trotzdem
fühlen sich die Hälfte beider Geschlechter belastet.
Bei Frauen:
56% Betroffene
Bei Männern: 49% Betroffene
Lehrer des polytechn.
Hier liegt der höchste Prozentsatz an belasteten Personen
beider Geschlechter vor
Lehrganges
Bei Frauen:
77% Betroffene
Bei Männern: 73% Betroffene
Lehrer für einzelne
Auch hier fühlen sich mehr als die Hälfte der Befragten belastet.
61% Betroffene
Unterrichtsgegenstände Bei Frauen:
Bei Männern: 64% Betroffene
11.3. Lehrerangst im Bereich "Selektion"
65
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Die Erfüllung der Anforderungen in diesem Bereich ist prinzipiell durch die
Widersprüche zwischen der Forderung nach objektiver Leistungsdefinition,
den Qualifikationszielen und den Bedingungen, unter denen Leistung
zustandekommt, bedroht. Die mit den Noten verbundenen inner- und
außerschulischen Karrierechancen verschärfen die Bedeutung. Kein Lehrer
kann diese mit der Selektion verbundenen Anforderungen widerspruchsfrei
erfüllen. Da die mit der Selektion verbundene Bedrohung der Tätigkeit eher
abstrakt erscheint, wird der damit verbundene Lehrerstreß als die geringste
Belastung empfunden, außer - die Schulbehörde findet Mißfallen an der
Notengebung.
Die selektive Tätigkeit des Lehrers nimmt im Gegensatz zu den anderen
Tätigkeitsbereichen eine Sonderstellung ein, da sie unabhängig von den
Schülern erfolgt. Der Schüler produziert zwar den Gegenstand der
Beurteilung, die Beurteilung selbst ist aber alleinige Sache des Lehrers. Die
Skala der möglichen Angststrukturen würde sich schlagartig erweitern, wenn
die Noten etwa in Zusammenarbeit mit den Schülern zu vergeben wären, oder
auch die Lehrerleistung von den Schülern beurteilt werden müßte.
Die Angststruktur auf diesem Sektor resultiert aus der Verpflichtung des
Lehrers mit dem System der Leistungsbewertung umzugehen und es
gegebenenfalls rechtfertigen zu müssen. Zur Entlastung von diesem Druck
tragen in erster Linie Prozeduren bei, die es erlauben, die Notengebung in den
Augen der Beteiligten als objektiv und gerecht zu definieren. Die Ängste der
Selektion werden in zwei Bereiche unterteilt:
a) Bedrohung als Richter
b) Umgang mit den Schulnoten
Die Ergebnisse der Umfrage sind in den Tabellen, nach Lehrergruppen
geordnet, dargestellt.
Frauen
Bei der Beurteilung der Schüler belastet
daß die Notengebung verteidigt werden muß
daß die Beurteilung nicht gegeben wird, die ...
daß die Beurteilung möglich nicht adäquat
daß der Spielraum der Notengebung zu gering
nichts
VL
9
22
30
43
17
HL
13
21
22
34
28
SL
8
18
21
38
21
LP
12
23
23
23
31
LUG
24
36
24
22
15
Gesamt
13
24
24
32
22
VL
8
24
24
26
30
HL
11
27
19
19
34
SL
8
22
24
27
30
LP
10
20
17
20
34
LUG
0
36
0
36
45
Gesamt
7
26
17
26
35
Männer
Bei der Beurteilung der Schüler belastet
daß die Notengebung verteidigt werden muß
daß die Beurteilung nicht gegeben wird, die ...
daß die Beurteilung möglich nicht adäquat
daß der Spielraum der Notengebung zu gering
nichts
VL....Volksschullehrer, HL....Hauptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände,
66
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Wie man aus den Tabellen entnehmen kann, ist die Selektionsangst auch eine
der geringsten Ängste. Die Verteidigung der Notengebung gegenüber anderen
bedeutet fast kein Problem. Eine überwiegende Mehrzahl sieht sich mit dieser
Tatsache nicht belastet. Anders wird es, wenn die Beurteilung, die gegeben
werden müßte aus verschiedenen Gründen nicht gegeben werden kann. Hier
sehen sich doch schon ein Viertel beider Geschlechter beeinträchtigt. Bei
einer nicht adäquaten Beurteilung ist wiederum ein Viertel der weiblichen
Pädagogen belastet, während die männlichen Pädagogen im Umgang mit
dieser Tatsache um sieben Prozent weniger Schwierigkeiten sehen. Die
Fragen nach dem Spielraum der Notengebung bewegt schon mehr Personen
der Lehrerschaft. Fast ein Drittel der Frauen sieht sich dadurch belastet,
während bei den Männern sich 26 Prozent durch den zu geringen Spielraum
behindert sehen. Etwas mehr als ein Drittel der Männer und fast ein Viertel der
Frauen fühlen sich wohl mit der derzeit bestehenden Notengebung und ihren
manchmal entstehenden Komplikationen.
Belastunen im Bereich „Selektion“
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Belastungen im Bereich „Selektion“
Belastung in der Richterfunktion ist für beide Geschlechter
kaum vorhanden.
Vordergründige Belastung der geringe Spielraum in der
Notengebung vor allem bei Frauen
Bei Frauen:
43% Betroffene
Bei Männern: 26% Betroffene
Belastung in der Richterfunktion ist für beide Geschlechter
kaum vorhanden
Hauptschullehrer
Vordergründige Belastung der geringe Spielraum in der
Notengebung vor allem bei Frauen
Bei Frauen:
34% Betroffene
Bei Männern: 19% Betroffene
Belastung in der Richterfunktion ist für beide Geschlechter
kaum vorhanden
Sonderschullehrer
Vordergründige Belastung der geringe Spielraum in der
Notengebung vor allem bei Frauen
Bei Frauen:
38% Betroffene
Bei Männern: 27% Betroffene
Lehrer des polytechn.
Lehrganges
Lehrer für einzelne
Unterrichtsgegenstände
Belastung in der Richterfunktion ist für beide Geschlechter
kaum vorhanden
Belastung durch geringen Spielraum in der Notengebung
Bei Frauen:
23% Betroffene
Bei Männern: 20% Betroffene
Belastung in der Richterfunktion für ein Viertel der Frauen
und ein Drittel der Männer bestehend!
Belastung durch geringen Spielraum in der Notengebung
Bei Frauen:
22% Betroffene
Bei Männern: 36% Betroffene
67
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
11.4. Lehrerangst im Tätigkeitsbereich "Kontakt"
Mit dem Bereich des "Kontaktes" wird die Suche und das Aufrechterhalten
einer für Lehrer befriedigende, soziale Beziehung mit den Schülern erfaßt.
Eine Reihe der Interaktionsmodelle lassen sich am besten auf die Zuneigung
der Schüler basierend beschreiben. HENRY zeigte schon 1975 auf, daß
Lehrerinnen häufig dadurch Kontrolle ausüben, indem sie sich zum
Liebesobjekt der Kinder machen und Schuldgefühle bei ihnen erwecken. An
dieser Praxis hat sich im Laufe der letzten neunzehn Jahre nichts geändert.
Die Voraussetzung für die Ängste in diesem Bereich ist, daß die Lehrer eine
Vorstellung über eine wünschenswerte Selbstdarstellung und Beziehung zu
den Schülern haben. Somit stoßen die Elemente der Anforderungen in seiner
Tätigkeit mit den Beziehungswünschen, die den Lehrer als den helfenden
Partner in einer kooperierenden Arbeitssituation definieren, zusammen. Wenn
der Lehrer beispielsweise subjektiv die objektive Willkür, beziehungsweise den
Zwang, dem die Schüler durch seine Person im Unterricht ausgesetzt sind,
erfaßt, dann muß er den Wusch nach Beliebtheit und Zugehörigkeit als
bedroht bis unerfüllbar einschätzen. Aber auch Lehrer die ihre
Selbstdarstellung ausschließlich auf das Image als Qualifikationsexperte,
Respektperson und Richter ausrichten, erleiden eine permanente Bedrohung
durch die Schüler. Im Prinzip wollen diese Lehrer sozio-emotionale
Bedürfnisse auch in der Interaktion mit dem Lehrer befriedigen.
Infolge dieses Konfliktpotentials ist es naheliegend, daß sich im Laufe der
beruflichen Karriere die subjektive Wertung des Kontaktbereiches verändert.
Es entsteht ein vermehrtes Desinteresse am sozio-emotionalen Bezug zu den
Schülern und wird auf den sachbezogenen Aspekt der Tätigkeit reduziert.
Dadurch werden einerseits Befriedigungsmöglichkeiten für den Lehrer
ausgeschlossen, andererseits aber erspart sich der Lehrer Enttäuschung und
Ängste.
Die entstehenden Ängste können auf zwei Bereiche aufgeteilt werden:
a) Selbstdarstellung
b) Beziehungsformen
Die Auswertung der Antworten kann man in den folgenden Tabellen, nach
Lehrergruppen geordnet, ersehen.
Frauen
In der Beziehung zu Schülern behindert Sie
daß die Schüler Ihnen ein Negativ-Image geben
daß die Schüler Ihr Auftreten nicht belohnen
daß ihre Erwartungen an die Schüler enttäuscht
daß Sie die Erwartungen der Schüler enttäuschen
nichts
VL
3
5
26
9
55
HL
11
9
43
9
38
SL
5
4
20
6
64
LP
19
12
46
0
31
LUG
9
13
48
10
31
Gesamt
9
9
37
7
44
VL
4
8
HL
9
11
SL
5
5
LP
17
10
LUG
9
9
Gesamt
9
9
Männer
In der Beziehung zu Schülern behindert Sie
daß die Schüler Ihnen ein Negativ-Image geben
daß die Schüler Ihr Auftreten nicht belohnen
68
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
daß Ihre Erwartung an die Schüler enttäuscht
daß Sie die Erwartungen der Schüler enttäuschen
nichts
32
8
48
42
12
36
24
8
57
34
12
34
55
18
45
37
12
44
VL....Volksschullehrer, HL....Hauptschullehrer, SL....Sonderschullehrer, LP....Lehrer des Polytechnikums,
LUG....Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände,
a) Ängste und Selbstdarstellung
Jeder Lehrer hat für sich eine Vorstellung darüber, wie sie gerne
beziehungsweise ungerne von den Schülern gesehen werden möchten.
Das Scheitern des erhofften Belohnens der Schüler der gewünschten
Selbstdarstellung wird antizipiert. Entweder es gelingt im nicht das erhoffte
Image der Schüler zu erwerben oder er glaubt die Erwartungen nicht
einlösen zu können.
Wie aus den Tabellen hervorgeht sind die Ängste im Bezug auf die
Selbstdarstellung kaum vorhanden. Sowohl die Frauen als auch die
Männer des Lehrberufes fühlen sich nur mit neun Prozent dadurch in der
Beziehung zu ihren Schülern beeinträchtigt.
Belastung durch „Selbstdarstellung“
Lehrergruppen
Belastung durch „Selbstdarstellung“
Für beide Geschlechter kaum vorhanden
Volksschullehrer
Bei Frauen:
3% Betroffene
Bei Männern: 4% Betroffene
Für beide Geschlechter gering belastend
Hauptschullehrer
Bei Frauen:
11% Betroffene
Bei Männern: 9% Betroffene
Für beide Geschlechter kaum vorhanden
Sonderschullehrer
Lehrer des polytechn.
Lehrganges
Lehrer für einzelne
Unterrichtsgegenstände
Bei Frauen:
30% Betroffene
Bei Männern: 35% Betroffene
Für fast ein Füftel beider Geschlechter belastend
Bei Frauen:
19% Betroffene
Bei Männern: 17% Betroffene
Für beide Geschlechter gering belastend
Bei Frauen:
9% Betroffene
Bei Männern: 9% Betroffene
b) Ängste und Beziehungsformen
Bei dem Wunsch nach Kooperation mit den Schülern sieht der Lehrer sich
als Partner und Helfer bei der geforderten Lernarbeit in der
Klassengemeinschaft. Durch Beachtung des Prinzips der gleichen
Behandlung wird er versuchen einseitiger Bevorzugung von Schülern zu
entgehen. Aus den unterschiedlichsten Gründen können daher bestimmte
Beziehungsangebote von Schülern als bedrohlich erlebt werden. Damit
wird der Wunsch nach Zugehörigkeit zu einer kooperativen Arbeitsgruppe
mit den Schülern mehrfach bedroht und eingeengt. Daher ist zu erwarten,
daß die berufliche Unzufriedenheit und ein Deangagement von Lehrern
69
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
auch mit der Enttäuschung über das Nichtzustandekommen einer
gewünschten Beziehungsform mit den Schülern zusammenhängt.
Die Auswertung der eingelangten Daten zeigt zu diesem Bereich folgende
Situation. Interessanterweise haben die Lehrer viel mehr Schwierigkeiten
im sozio-emotinalen Bereich des "Nichterfüllens der eigenen
Erwartungen", als auf dem Sektor des "Nichterfüllens der
Schülererwartungen". Global gesehen stellt die Fragestellung nach den
enttäuschten Schülererwartungen im Bezug auf ihre Person, für die
Lehrerinnen (7 Prozent) und die Lehrer (12 Prozent) kaum eine Belastung
dar. Die Situation ändert sich schlagartig, wenn die Pädagogen nach der
eigenen enttäuschten Erwartung an die Schüler angesprochen werden.
Dabei erlebt etwas mehr als ein Drittel beider Geschlechter eine
Belastung. Es drängt sich nach dieser Auswertung die Frage auf, ob den
die Schülererwartungen an den Lehrer wirklich so ident sind mit der
idealen Lehrervorstellung. Oder die traditionelle Vorstellung über das
agieren eines Lehrers ist noch immer so fest verankert, daß von der
Lehrerseite auch überhaupt kein Interesse besteht dieses zu verändern.
Sollte eher der geringe Wille an einer Veränderung vorliegen, so wäre es
bedauerlich, da damit jede Erneuerung und Veränderung blockiert wird.
Belastung durch „Erwartungen“
Lehrergruppen
Volksschullehrer
Belastung durch „Selbstdarstellung“
Enttäuschte Schülerwartungen werden kaum belastend
empfunden
Fast ein Drittel der befragten Personen fühlt sich belastet
durch enttäuschte Eigenerwartungen
Bei Frauen:
26% Betroffene
Bei Männern: 32% Betroffene
Enttäuschte Schülerwartungen werden kaum belastend
empfunden
Hauptschullehrer
Fast die Hälfte der befragten Personen fühlt sich belastet
durch enttäuschte Eigenerwartungen
Bei Frauen:
43% Betroffene
Bei Männern: 42% Betroffene
Enttäuschte Schülerwartungen werden kaum belastend
empfunden
Sonderschullehrer
Hier fühlt sich der geringste Anteil der befragten Personen
belastet durch enttäuschte Eigenerwartungen
Bei Frauen:
20% Betroffene
Bei Männern: 24% Betroffene
Enttäuschte Schülerwartungen werden kaum belastend
empfunden
Lehrer des polytechn.
Lehrganges
Ein Drittel der befragten Personen fühlt sich belastet durch
enttäuschte Eigenerwartungen; Frauen sind stärker
betroffen als Männer
Bei Frauen:
46% Betroffene
Bei Männern: 34% Betroffene
Enttäuschte Schülerwartungen werden kaum belastend
70
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
empfunden
Lehrer für einzelne
Gut die Hälfte der befragten Personen fühlt sich belastet
Unterrichtsgegenstände durch enttäuschte Eigenerwartungen
Bei Frauen:
48% Betroffene
Bei Männern: 55% Betroffene
12. Überlastung und Sorgen
Überlastung und Sorgen führen beim Menschen zu typischen
Verhaltensänderungen, die ihrerseits auf längere Sicht als krankheitsfördernd
zu sehen sind. Es liegt daher am Einzelnen diese selbst zu erkennen und durch
den Versuch, die Ursache so weit wie nur möglich zu eliminieren,
gesundheitsfördernd entgegenzusteuern. Gerade bei Berufsgruppen mit dem
hohen Stellenwert der Kommunikation können durch Überlastung entstandene
Fehlreaktionen gravierende Schäden bei Menschen anrichten. Die Betroffenen
sind im Falle des Schulwesens Kinder und Jugendliche.
12.1. Allgemeine Überlastung
Frauen
Überlastung
Beruhigungsmedikamente
mehr Alkohol
mehr essen
mehr rauchen
andere Tätigkeiten
Enthaltung
Wien
6
7
32
13
40
2
NÖ
8
5
34
12
35
6
B Stm
0 13
7
4
43 30
5 10
39 41
6
2
K
6
10
27
9
17
31
OÖ
12
5
30
9
39
5
S
1
1
38
10
45
5
T
13
4
22
8
48
5
V
10
10
20
20
35
5
Gesamt
8
6
31
11
37
7
Wien
11
12
23
11
40
3
NÖ
6
13
15
11
43
12
B Stm
4
8
17 14
17 15
4 12
48 42
10
9
K
5
13
21
8
44
9
OÖ
1
21
21
13
31
13
S
2
22
18
6
45
7
T
3
17
14
12
47
7
V
4
21
17
8
42
8
Gesamt
5
17
18
9
42
9
Männer
Überlastung
Beruhigungsmedikamente
mehr Alkohol
mehr essen
mehr rauchen
andere Tätigkeiten
Enthaltung
Bei der Betrachtung der Tabellen über die Kompensation der erhöhten
Belastung des Einzelnen mittels gesteigerten Suchtverhalten zeigen sich
deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede. Bei beiden Geschlechtern
steht im Vordergrund der Kompensation von erhöhten Belastungen die Flucht
in die Ablenkung durch das Ausüben von anderen Tätigkeiten. Während bei
den weiblichen Pädagogen im Suchtverhalten die Veränderung des
Eßverhaltens in Richtung verstärkte Nahrungsaufnahme weit im Vordergrund
steht, suchen die männlichen Vertreter des Lehrberufes eine Zuflucht im
vermehrten Essen und in einem erhöhten Alkoholkonsum. Das veränderte
Eßverhalten und das veränderte Trinkverhalten beim Alkohol ist bei den
Männern in der prozentuellen Aufschlüsselung fast ident. Während im
Vergleich mit den Frauen das gesteigerte Eßverhalten nur einen halb so
71
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
hohen Anteil einnimmt, ist im Gegensatz dazu der erhöhte Alkoholkonsum bei
den männlichen Pädagogen dreifach so hoch.
In der Wertungsskala abgeschlagen, folgt dann der erhöhte Nikotinkonsum,
wobei diese Verhaltensänderung die Frauen in höherem Ausmaß trifft, als die
Männer. Die Einnahme von Beruhigungsmedikamenten liegt bei den Männern
weit abgeschlagen an letzter Stelle und steht bei den Frauen noch vor dem
Alkoholkonsum. Ein gesteigerter Medikamentenkonsum zur Bewältigung einer
erhöhten Streßbelastung ist bei den Lehrern scheinbar gering.
Auch im Vergleich der einzelnen Ergebnisse aus den Bundesländern
kristallisieren sich deutliche Unterschiede: Die Bewältigung der Überbelastung
mittels anderer Tätigkeiten ist bei Frauen in Salzburg und Tirol weitaus am
höchsten, in Kärnten ist der umgekehrte Effekt der Fall. Bei den Männern liegt
die verstärkte Abweichung vom Durchschnitt auf diesem Sektor im Burgenland
und Tirol im positiven Sinne vor, während in Oberösterreich das geringste
Potential vorherrscht.
Die Kompensation im Bereiche des gesteigerten Eßverhaltens steht bei den
Frauen aus dem Burgenland und Salzburg im Vordergrund. Lehrerinnen aus
Tirol und Vorarlberg haben mit dem veränderten Eßverhalten die geringsten
Probleme. Bei den Männern sind die Abweichungen vom Mittelwert nur sehr
gering. Lediglich in Wien kann eine deutliche Differenz zu den anderen
Bundesländern festgestellt werden. Dies dokumentiert sich auch in der
deutlich erhöhten Anzahl an übergewichtigen Lehrern (siehe Kapitel LifestyleDaten).
Beim erhöhten Alkoholkonsum haben die Frauen Kärntens und aus Vorarlberg
die Nase vorn. Im Gegensatz dazu stellt dieses Verhalten bei den Lehrerinnen
aus Salzburg fast kein Problem dar. Der durchschnittlich schon wesentlich
höhere Alkoholkonsum, als Ausdruck des veränderten Suchtverhaltens, hat
bei den Männern aus Salzburg die größte Bedeutung und bei Lehrern aus
Wien die Geringste. Sonst ist dieser Kompensationsmechanismus in den
anderen Bundesländern relativ gleich.
Bezüglich dem Zigarettenkonsum ist bei beiden Geschlechtern die minimalste
Veränderung im Burgenland feststellbar und der höchste Anteil liegt bei
Frauen aus Vorarlberg vor. Bei den Anteilen beider Geschlechter aus den
restlichen Bundesländern sind kaum Abweichungen vom Durchschnitt
bemerkbar.
Die Einnahme von Beruhigungsmedikamenten spielt bei den Frauen in der
Steiermark und in Oberösterreich eine verstärkte Rolle, während im
Burgenland und in Salzburg der Medikamentenkonsum von Beruhigungsmittel
kaum erwähnenswert ist. Bei den Lehrern aus Wien ist der Anteil an
männlichen Pädagogen, welche Beruhigungsmittel konsumieren weit über
dem statistischen Mittel aus allen Bundesländern. In Oberösterreich hat der
Medikamentenkonsum von Psychopharmakas bei den Lehrern keine
Bedeutung.
72
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Zusammenfassende Ergebnisse und abgeleitete Aussagen:
a) Bei Überlastung und Sorgen steht für mehr als ein Drittel der Pädagogen beider
Geschlechter die Ablenkung durch andere Tätigkeiten im Vordergrund.
b) An zweiter Stelle liegt das kompensatorische Verhalten durch "mehr essen". Bei den
Männern ist der Alkohol fast gleich hoch bemessen!
c) Die Flucht in den Alkohol spielt in den ländlichen Gebieten bei beiden Geschlechtern
eine größerer Rolle.
d) Die Erhöhung der Rauchwarenmenge betrifft zehn Prozent der Lehrerinnen und
Lehrer, Frauen neigen eher zu einer Erhöhung des Nikotinkonsums.
e) Die Einnahme von Beruhigungsmedikamenten spielt bei den Lehrerinnen eine etwas
größerer Rolle.
12.2. Überlastung durch starke psychische Anspannung
Frauen
psychische Anspannung
belastet im Beruf
belastet im Haushalt
belastet in der Freizeit
versuche diese zu meiden
sonstiges
Enthaltung
Wien
58
6
6
24
5
1
NÖ
44
11
5
34
3
3
B Stm K
55 52 44
7 10 10
5
3
3
29 29 37
2
5
4
2
1
2
OÖ
57
8
5
25
3
2
S
47
9
6
34
2
2
T
57
4
3
29
3
4
V
65
5
0
15
0
15
Gesamt
53
8
4
28
3
4
Wien
57
0
3
38
0
2
NÖ
45
3
7
35
4
6
B Stm K
57 51 54
9
4
5
0
5 10
22 32 23
0
1
3
12
7
5
OÖ
55
3
5
28
5
4
S
53
6
6
20
4
11
T
58
5
7
18
3
9
V
63
4
4
29
0
0
Gesamt
56
4
5
27
2
6
Männer
psychische Anspannung
belastet im Beruf
belastet im Haushalt
belastet in der Freizeit
versuche diese zu meiden
sonstiges
Enthaltung
Bei erhöhter psychischer Anspannung, gleich ob sie im Beruf oder außerhalb
entstanden ist, zeigen die Vergleiche zwischen Männer und Frauen keine
geschlechtsspezifischen Unterschiede. Mit einer statistisch nicht relevanten
Schwankungsbreite könnte man die Aussage treffen, daß die prozentuelle
Verteilung der daraus resultierenden Belastung auf die einzelnen
Lebensbereiche gleich ist. Trotzdem sehen mehr als Hälfte der Vertreter
beider Geschlechter die daraus resultierende Belastung im Beruf. Ein gutes
Viertel aller befragten Männer und Frauen versucht Situationen, aus denen
psychische Anspannungen hervorgehen, zu vermeiden. Die Belastung durch
psychische Anspannung ist im Haushalt und in der Freizeit sowohl beim
männlichen Teil als auch beim weiblichen Teil kaum vorhanden.
Es erscheint auch erklärbar, daß diese Ergebnisse vorliegen: Die täglichen
Belastungen im Beruf sind in einem hohen Ausmaß vorhanden. Dadurch
werden schon vorhandene psychische Anspannungen oftmalig zum Auslöser
für unkontrollierte emotionale Handlungen, beziehungsweise die erhöhten
Anforderungen im Beruf können nicht mehr ertragen werden. Der Bereich
73
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Haushalt und überhaupt Freizeit ist mit nur geringen Belastungen verbunden,
sodaß eine erhöhte psychische Anspannung leicht zu bewältigen ist.
Beim Vergleich der Bundesländerdaten zueinander zeigen sich nur
geringfügige Schwankungsbreiten. Entweder nimmt der prozentuelle Anteil der
Belastungen im Beruf durch psychische Anspannungen zugunsten der
Vermeidung von psychischer Beeiträchtigung ab, oder umgekehrt.
Lehrerinnen aus Niederösterreich, Kärnten und Salzburg geben sehr hohe
Vermeidungstendenzen an, wodurch die zusätzliche Belastung im Beruf stark
abnimmt. In den restlichen Bundesländern ist das Verhältnis umgekehrt. Bei
den Männern sind es lediglich die Stellvertreter aus Wien und
Niederösterreich, welche in hohem Anteil psychische Anspannungen zu
meiden versuchen. Die Daten aus den restlichen Bundesländern sind ziemlich
ähnlich.
12.3. Finanzielle Sorgen
Frauen
Finanzielle Sorgen
Probleme in der Familie
Angst und Schlaflosigkeit
Nebenjob
viel Nachdenken
keine Beeinträchtigung
Enthaltung
Wien
14
8
9
29
25
15
NÖ
10
10
8
27
28
17
B
14
11
5
30
30
10
Stm
19
8
5
31
25
12
K
17
16
2
34
19
12
OÖ
15
10
5
23
29
18
S
8
12
3
31
23
23
T
11
6
8
29
32
14
V
20
0
5
25
25
20
Gesamt
14
9
6
29
26
16
Wien
12
6
23
15
25
19
NÖ
13
2
14
21
32
18
B
13
0
35
17
22
13
Stm
13
5
10
24
29
19
K
18
1
21
21
26
13
OÖ
12
5
16
18
33
16
S
8
6
22
16
31
17
T
12
4
12
20
30
22
V
4
4
25
25
33
9
Gesamt
12
4
20
20
28
16
Männer
Finanzielle Sorgen
Probleme in der Familie
Angst und Schlaflosigkeit
Nebenjob
viel Nachdenken
keine Beeinträchtigung
Enthaltung
Finanzielle Sorgen, welche einen starken Streßfaktor in der heutigen Zeit
darstellen, sind noch immer mit einem hohen Tabu belegt. Hier zeigen sich bei
beiden Geschlechtern große prozentuelle Anteile an Enthaltungen. Dies ist
allerdings kein Lehrer spezifisches Phänomen, sondern ein allgemeingültiges
österreichisches Spezifikum.
Bei den Lehrerinnen rangiert an erster Stelle die Antwort: "viel Nachdenken".
Die männliche Lehrerschaft bezieht überwiegend die Stellungnahme: "keine
Beinträchtigung". An zweiter Stelle folgt bei den Frauen das Urteil: "keine
Beeinträchtigung", während Männer das vermehrte Nachdenken schon mit
dem Ergreifen eines Nebenjobs gleichsetzen. An dritter Stelle liegen die durch
die finanzielle Situation entstehenden Probleme in der Familie. Damit wird der
Stellenwert des Geldes in der Gesellschaft heute dokumentiert. Weibliche
Pädagogen reihen dann Angst und Schlaflosigkeit und setzen erst an die
letzte Stelle die Ausübung eines Nebenjobs. Für Männer führen finanzielle
Sorgen fast überhaupt nicht mehr zu Angst und Schlaflosigkeit.
74
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Die differenzierte Betrachtung der Situation in den einzelnen Bundesländern
zeigt einige Unterschiede zum östereichweiten Durchschnitt. Die Reaktion:
"viel Nachdenken" bei Lehrerinnen wird in Kärnten mit noch größerem
Ausmaß beschrieben, als anderswo. Bei den Männern betrifft es
hauptsächlich die Vertreter aus Vorarlberg. Ein Drittel der befragten Frauen
aus Tirol sieht bei dieser Problematik keine Beeinträchtigung, nur ein Fünftel
der weiblichen Pädagogen ist in Kärnten der selben Meinung. Bei Lehrern, die
sich im österreichischen Durchschnitt durch eine solche Situation zu 28
Prozent nicht beeinträchtigt sehen, steigert sich die Prozentanzahl bei den
Vertretern aus Oberösterreich und Vorarlberg auf ein Drittel, während Männer
aus dem Burgenland nur zu einem Fünftel die Beeinträchtigung nicht
verspüren.
Die Probleme in der Familie orten die Frauen aus der Steiermark und
Vorarlberg zu rund zwanzig Prozent. Im Gegensatz dazu sehen die Vertreter
der weiblichen Lehrkräfte aus Salzburg fast keine Probleme in der Familie. Bei
den Männern zeigt sich eine ähnliche Situation in Vorarlberg, doch in Kärnten
wird den entstehenden Problemen in der Familie eine viermal so hohe
Beachtung geschenkt. Das Ergreifen eines Nebenjobs steht bei allen
Lehrerinnen aus Österreich in der prozentuellen Bemessung fast gleich hoch,
außer in Kärnten. Hier wird das Verrichten eines Nebenjobs als nicht relevant
angesehen. Bei den männlichen Lehrkräften sind es immerhin 35 Prozent, die
die Möglichkeit eines Nebenjobs in Erwägung ziehen. In der Steiermark und in
Tirol sind es nur mehr ein Zehntel der befragten Lehrer.
Zu den psychischen Symptomen von Angst und Schlaflosigkeit würde es bei
sechzehn Prozent der Lehrerinnen in Kärnten führen, während die Frauen
dieses Berufes aus Vorarlberg solche Symptome scheinbar nicht kennen. Die
männlichen Pädagogen schätzen Angst und Schlaflosigkeit von Haus aus nur
gering ein, die Vertreter aus Kärnten und dem Burgenland sehen überhaupt
keinen Grund für diese Symptome.
13. Entspannung und Erholung
Die tägliche Entspannung und die Erholung in der Freizeit stellt das natürliche
Reservoir an Antistressoren dar, um den heute hohen Anforderungen im Beruf
entgegnen zu können. Dabei sollte man allerdings beachten, daß man nicht
neuerlich in der Freizeit unter Streß gerät. Denn die Ausübung von geliebten
Beschäftigungen oder Mitgliedschaften in Vereinen, sowie der eigene Ehrgeiz
bei sportlicher Betätigung kann sehr leicht wieder zur negativen Überbelastung
führen.
13.1. Entspannung zu Hause
Bei dieser Frage wurden den Einzelnen eine Reihe von Auswahlmöglichkeiten
vorgegeben. Es mußte dann das meist zutreffende angekreuzt werden.
Frauen
Entspannung
Entspannungstechniken
Wien
13
NÖ
9
75
B
9
Stm K
11 14
OÖ
11
S
14
T
12
V
15
Gesamt
12
Stress im Lehrberuf
Ablenkung
Sport
Musikhören
Lesen
Hobbies
Enthaltung
© C.Temml
26
10
6
19
24
3
22
11
7
20
31
0
23
23
9
18
18
0
19
15
14
23
15
3
19
17
12
14
24
0
22
14
8
21
21
3
16
16
4
22
24
4
22
15
6
17
27
1
20
10
15
25
15
0
21
15
9
20
21
2
Wien
5
20
18
8
6
34
9
NÖ
7
13
16
7
17
39
1
B
0
22
13
4
4
53
4
Stm
9
19
22
6
12
30
2
K
5
21
26
5
18
25
0
OÖ
5
18
23
9
14
29
2
S
8
14
25
10
12
27
4
T
4
17
30
7
15
27
0
V
8
21
17
4
17
33
0
Gesamt
6
18
21
7
13
33
2
Männer
Entspannung
Entspannungstechniken
Ablenkung
Sport
Musikhören
Lesen
Hobbies
Enthaltung
Wie sieht es nun aus bei der Lehrerschaft mit der Entspannung? Den
Spitzenreiter bei der Entspannung stellt das Ausüben von "Hobbies" bei
beiden Geschlechtern dar. Es ist auch nicht weiter verwunderlich, daß
"Hobbies" an erster Stelle stehen. Immerhin widmet man sich einer Betätigung
die absoluten Spaß und Freude bringt und gleichzeitig kann man seine eigene
Kreativität entfalten. An zweiter Stelle liegt bei den Männern die "sportliche
Aktivität", während bei den Frauen die "Ablenkung" gleich hoch bemessen
wird, wie die Handhabung von Hobbies. Im weiteren folgt bei den Männern
"Ablenkung,
Lesen,
Musikhören"
und
das
Praktizieren
von
"Entspannungstechniken". Vom weiblichen Anteil der befragten Lehrer wird
das "Lesen" an die zweite Stelle gereiht, danach folgen die "sportliche
Betätigung", das Ausüben von "Entspannungstechniken" und an letzter Stelle
das "Musikhören".
Wie auch aus anderen Untersuchungen und eigenen Studien hervorgeht, ist
das Leseverhalten der Männer erschreckend niedrig. Wie man sieht, ist selbst
beim Lehrberuf diese erschreckende Tatsache vorhanden. Gerade in dieser
Berufssparte, wo die Erziehung der heranwachsenden Kinder und
Jugendlichen zum kritischen Menschen im Vordergrund stehen sollte, ist das
eigene Verhalten bei den Männern nicht gerade ermutigend.
Im Vergleich der einzelnen Bundesländer zueinander erkennt man, daß diese
Reihung nicht überall entspricht. In Kärnten und Tirol liegt die "sportliche
Aktivität" bei den Männern an erster Stelle, während in Wien, Burgenland und
Vorarlberg der "Sport" erst an die dritte Stelle gesetzt wird. Auffällig ist auch
das Leseverhalten in Wien und im Burgenland mit einem erschreckend
niederen Prozentsatz. Bei den Frauen steht in Wien, Burgenland und
Oberösterreich die "Ablenkung" an erster Stelle. In der Steiermark und
Vorarlberg wird die "Ablenkung" ebenfalls höher bewertet als "Hobbies", wird
76
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
aber noch überholt vom Lesen. In diesen Bundesländern wird das "Lesen" zur
Entspannung an die erste Stelle gesetzt. Das Praktizieren von
"Entspannungstechniken" ist in Salzburg, Kärnten und Vorarlberg deutlich
höher als in den übrigen Bundesländern. Die sportliche Aktivität ist beim
weiblichen Anteil der Lehrerschaft besonders gering in Wien und Vorarlberg.
13.2. Erholung in der Freizeit
Auch hier wurden die befragten Lehrerinnen und Lehrer gebeten, die für Sie
am meisten zutreffende Form der Erholung anzugeben. In den nachfolgenden
Tabellen sind die Ergebnisse in Prozent nach den einzelnen Bundesländern
aufgelistet.
Frauen
Erholung
in der Gesellschaft
alleine
in der Natur
beim Musizieren
beim Sport
in d. Familie/mit d. Partner
Enthaltung
Wien
9
23
28
2
5
32
1
NÖ
12
22
33
3
4
26
0
B Stm K
9
9
9
36 28 28
20 31 35
6
2
3
9 10
4
20 20 21
0
0
0
OÖ
9
27
29
2
7
26
0
S
10
22
32
1
2
33
0
T
8
24
43
1
6
18
0
V
30
25
20
10
5
10
0
Gesamt
12
26
30
3
6
23
0
Wien
8
15
25
6
17
26
3
NÖ
7
20
35
6
10
21
1
B Stm K
13
8 13
22 19 23
30 37 23
4
4
4
13 10 16
17 21 21
0
1
1
OÖ
12
23
23
4
16
21
1
S
6
16
47
4
12
14
1
T
11
13
35
5
20
16
0
V
13
4
42
4
17
20
0
Gesamt
10
17
32
5
15
20
1
Männer
Erholung
in der Gesellschaft
alleine
in der Natur
beim Musizieren
beim Sport
in d. Familie/mit d. Partner
Enthaltung
Ein Drittel der Befragten von beiden Geschlechtern reiht die Erholung "in der
Natur" weit vorne an die erste Stelle. An der zweiten Stelle folgt bei den
Frauen eine Erholung "alleine" und an dritter Stelle liegt die "Familie oder
Partnerschaft". Bei den Männern steht die "Familie oder Partnerschaft" als Ort
der Erholung an zweiter Stelle und das Verlangen nach dem "alleine sein" wird
erst an die dritte Stelle gesetzt.
Diese geschlechtsspezifisch unterschiedliche Bewertung hat wahrscheinlich
seine Erklärung in unserem gesellschaftlichen Rollenspiel. Durch die noch
immer bestehende Männerdominanz in der Gesellschaft und in der Familie
stehen dem Mann viel öfters Möglichkeiten des "alleine seins" offen. Es ist
daher auch nicht verwunderlich, wenn das männliche Geschlecht die Familie
als Ort der Erholung ansieht. Hinzu kommt noch, daß für die Frau eine
Erholung in der Familie oder in der Freizeit mit dem Partner noch immer einen
Teil an Arbeit bedeutet. Das bestehende Patriachat setzt in den meisten
Fällen das Verrichten von häuslicher Arbeit von der Frau voraus.
In der weiteren Reihung liegt bei der weiblichen Lehrerschaft die Erholung "in
der Gesellschaft, beim Sport und beim Musizieren". Die gleiche Reihung gilt
77
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
bei den Männern. Das "aktive Musizieren" hat im Laufe der Jahrzehnte stark
abgenommen und wird in den neunziger Jahren von beiden Geschlechtern
nicht mehr als erstrebenswert angesehen. Dies betrifft nicht nur die Bewohner
der Großstadt, sondern auch die ländliche Bevölkerung, wie man aus der
Tabelle ersehen kann. Von einer Kultur der traditionellen Volksmusikpflege
kann daher schon gar nicht mehr gesprochen werden.
Der Vergleich über das Verhalten in den einzelnen Bundesländer zueinander
zeigt eine Menge Differenzen. Im Burgenland und in Vorarlberg liegt das
Regenerieren und Auftanken im "Alleine-sein" bei den Lehrerinnen an der
ersten Stelle. In Wien und Salzburg steht die Familie oder die Partnerschaft
bei der Erholung in der Freizeit an erster Stelle. Da diese beiden
Bundesländer den Hauptanteil der Großstädter stellen, könnte man auch darin
eine Erklärung für diese Tatsache ableiten.
14. Streß im Haushalt
Die Annahme, daß mit der zunehmenden Eingliederung der Frauen in den
Arbeitsprozeß und die propagierte Emanzipation auch der Haushalt in Arbeit
und Verpflichtung von beiden Teilen -Mann, Frau - getragen werde, ist
schlichtweg eine Illusion. Auch in den neunziger Jahren werden die anfallenden
Arbeiten im Haushalt, sowie daraus resultierende Verpflichtungen zu mehr als
80 Prozent von den Frauen getragen. Die Frauen haben sich mit dem Vorstoß
in die Arbeitswelt der Männer weit weniger befreit, als es ihnen im Zuge der
Emanzipation vorgetragen wurde. Heute stehen sie nicht nur im Beruf "den
Mann", sondern müssen zusätzlich noch den Haushalt betreuen. Damit sind die
Belastungen für die Frau insgesamt gewachsen.
14.1. Haushaltsarbeit
Frauen
Haushaltsarbeit
gut ausgelastet
ernst genommen
wichtig und kompetent
überfordert
gehetzt
unterfordert
Enthaltung
Wien
33
17
36
0
12
1
1
NÖ
36
10
37
0
15
2
0
B
45
11
25
0
16
3
0
Stm
39
10
37
0
12
0
2
K
46
15
27
0
10
2
0
OÖ
39
14
32
0
13
1
1
S
35
20
33
0
9
3
0
T
39
19
29
0
10
3
0
V
35
25
30
0
10
0
0
Gesamt
38
16
32
0
12
2
0
Wien
40
26
23
0
6
3
2
NÖ
47
22
24
0
6
1
0
B
65
9
17
0
5
4
0
Stm
39
29
20
0
6
3
3
K
49
21
28
0
0
0
2
OÖ
48
25
21
0
1
4
1
S
43
29
16
0
8
0
4
T
41
33
23
0
1
2
0
V
33
25
33
0
9
0
0
Gesamt
45
24
23
0
5
2
1
Männer
Haushaltsarbeit
gut ausgelastet
ernst genommen
wichtig und kompetent
überfordert
gehetzt
unterfordert
Enthaltung
78
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Die Über- beziehungsweise die Unterforderung bei der Haushaltsarbeit ist
weder bei den Frauen noch bei den Männern des Lehrberufes wirklich
vorhanden. Lediglich bei der Empfindung einer Unterforderung haben bei den
Lehrerinnen und Lehrern zwei Prozent mit "Ja" geantwortet. Etwas mehr als
ein Drittel der weiblichen Vertreter dieses Berufes fühlt sich gut ausgelastet
und ein weiteres Drittel der Frauen fühlt sich wichtig und kompetent im
Haushalt. Bei den Männern hat fast die Hälfte der Befragten die Empfindung
einer guten Auslastung, während weniger als ein Viertel sich wichtig und
kompetent findet. Nur ein knappes Sechstel der Frauen erlebt sich als ernst
genommen bei den Haushaltsaufgaben.
Interessanterweise dokumentiert sich mit diesen Aussagen der geringe
Stellenwert der Haushaltsarbeit. Obwohl viel Arbeit und Zeit in die zu
erledigenden Aufgaben zu Hause zu investieren sind, fühlen sich die Frauen
in nur sehr geringem Maße ernst genommen. Bei den Männer hat ein doppelt
so hoher Anteil bei der Verrichtung der Haushaltsarbeit das Gefühl ernst
genommen zu werden. Eine Begründung dieser Tatsache liegt wahrscheinlich
darin, daß nur wenige Männer sich an der Arbeit im Haushalt beteiligen. Damit
wird einem Mann im Haushalt automatisch eine höhere Aufmerksamkeit
geschenkt und ihm die Empfindung des ernst genommen seins vermittelt.
Zwölf Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer erleben die
Haushaltsarbeit im Gefühl des gehetzt seins. Auch hier kann man wieder
ersehen, daß der Hauptteil an Arbeiten im Haushalt von den Frauen verrichtet
wird. Nicht umsonst fühlt sich ein wesentlich höherer Anteil des weiblichen
Geschlechts, bei der Hausarbeit gehetzt.
Bei dem Vergleich der ausgewerteten Daten aus den einzelnen
Bundesländern ergeben sich kaum gravierende Unterschiede. Nur bei den
Daten aus dem Burgenland fällt auf, daß ein wesentlich höherer Anteil beider
Geschlechter sich gut ausgelastet fühlt. Dementsprechend weniger empfinden
sich dann wichtig und kompetent, sowie ernst genommen.
14.2. Haushaltsleistung
Frauen
Haushaltsleistung
unnötig, eigener Stil
schwierig
interess. Herausforderung
unzumutbar
sonstiges
Enthaltung
Wien
13
21
19
3
38
6
NÖ
17
25
21
2
29
6
B Stm K
20 12 15
25 26 20
32 22 30
2
5
3
17
28 28
4
7
4
OÖ
16
21
25
3
27
8
S
17
23
23
0
34
3
T
21
20
22
3
28
6
V
30
5
35
0
30
0
Gesamt
18
21
25
2
29
5
Wien
8
12
42
0
27
NÖ
7
15
46
0
21
B Stm K
4 16 23
8 13
8
76 42 33
0
0
0
8 17 26
OÖ
11
10
44
1
23
S
10
18
41
2
21
T
10
11
50
0
17
V
17
4
42
4
21
Gesamt
12
11
46
1
20
Männer
Haushaltsleistung
unnötig, eigener Stil
schwierig
interess. Herausforderung
unzumutbar
sonstiges
79
Stress im Lehrberuf
Enthaltung
© C.Temml
11
11
4
12
10
11
8
12
12
10
Die Haushaltsleistung wurde von neunundzwanzig Prozent der Frauen mit
sonstiges beurteilt. Knapp dahinter folgt mit einem Viertel aller befragten
Lehrerinnen das Erleben einer interessanten Herausforderung. Da Männer
diesen Aufgabenbereich erst seit kurzem überhaupt entdecken, stellt es für
fast die Hälfte eine interessante Herausforderung dar. Erst an zweiter Stelle
folgt bei ihnen die Einschätzung der Leistung mit der Rubrik: sonstiges.
Achzehn Prozent der Frauen und zwölf Prozent der Männer empfinden die
geforderte Leistung im Haushalt als unnötig, da jeder seinen eigenen Stil hat.
Aus diesem Faktum heraus wird bekundet, daß die meisten Menschen der
heutigen Zeit von Zwängen beseelt sind. Denn sonst würden eigentlich fast
einhundert Prozent diese Stellungnahme dazu abgeben.
Es kann einem auch kaum in Erstaunen versetzen, daß doppelt so viele
Frauen, wie Männer die geforderte Leistung zu Hause als schwierig
empfinden. Immerhin ist die Forderung bei der Arbeit im Haushalt an die
Frauen weitaus größer, als bei den Männern. Klischeehafte Bilder aus
früheren
Generationen
werden
weitergeführt,
trotz
propagierter
Aufgeschlossenheit der Gesellschaft.
Wenn man nun das Augenmerk den einzelnen Daten aus den Bundesländern
zuwendet, dann erkennt man wieder das Herausstechen der
Auswertungsergebnisse aus dem Burgenland. Hier verschieben sich bei
beiden Geschlechtern die Relationen zu Gunsten der interessanten
Herausforderung. Ansonst erkennt man lediglich die krasse Abweichung in der
Rubrik: "Unnötig, da jeder seinen eigenen Stil hat", bei den Vertretern des
männlichen Geschlechts. Erlebte Zwänge bei einer Leistung im Haushalt
müssen hier besonders stark auftreten, da nur wenige die natürliche Haltung
zu einer eigenständigen Arbeits- und Zeiteinteilung einnehmen.
15. Streß in der Familie
Der seit Jahren zunehmende Idividualismus-Trend hat zu einer zunehmenden
Zerstörung der Zweierbeziehung und der Familie geführt. Die noch immer
steigenden Zahlen der Scheidungen (in Österreich wird jede dritte Ehe
geschieden) dokumentieren diese Aussage. Der von früher viel gepriesene Ort
der Zuflucht wurde für jedes Familienmitglied mit immer höheren Belastungen
belegt. Beide Elternteile, welche heute zu mehr als 60 Prozent arbeiten und die
Kinder mit der verringerten Zuwendung, welche aus der Arbeitsbelastung der
Eltern resultiert, finden nur mehr eine fragmentierte Familie vor.
Die intakte Familie erbringt aber enorme Leistungen für die Gesellschaft, wie
Kindererziehung, oder kostenlose Pflege der Alten. Schließlich werden auch
jene Personen, die selbst gar nicht für künftige Beitragszahler (Kinder) gesorgt
haben, von den Kindern der anderen Leute in ihren Renten finanziert. Aber die
Gesellschaft läßt die Familie mit ihren Alltagssorgen und Problemen tausenfach
scheitern.
15.1. Familienerleben
80
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Frauen
Familienerleben
harmonisch
nervenaufreibend
erholsam
ausgleichend
eintönig
Enthaltung
Wien
40
18
7
24
9
2
NÖ
38
19
7
25
10
1
B
27
20
5
30
16
2
Stm
34
24
5
21
14
2
K
38
16
1
28
16
1
OÖ
38
15
6
23
9
9
S
41
16
5
26
8
4
T
48
15
6
22
8
1
V
20
20
10
30
15
5
Gesamt
36
18
6
25
12
3
Wien
42
11
8
32
5
2
NÖ
35
17
5
33
9
1
B
43
4
0
35
9
9
Stm
37
15
9
28
9
2
K
38
18
5
28
3
8
OÖ
37
11
5
38
6
3
S
37
14
2
37
10
0
T
43
12
4
28
7
6
V
42
17
8
25
8
0
Gesamt
42
13
5
30
7
3
Männer
Familienerleben
harmonisch
nervenaufreibend
erholsam
ausgleichend
eintönig
Enthaltung
Nur etwas mehr als ein Drittel der befragten Lehrerinnen erleben das
Familienleben als harmonisch und beschämende sechs Prozent empfinden
das Familieleben als erholsam. Diese Antworten dokumentieren wiederum
den Zerfall der Familie. Mehr als die Hälfte der Frauen im Lehrberuf findet
nicht mehr die notwendige Kraftquelle für den täglichen Kampf im Beruf. Die
Meinung, daß ihr Familienleben als ausgleichend wirkt, vertritt ein Viertel des
weiblichen Geschlechts. Sicherlich kann man die Ansicht vertreten, daß
zwischen harmonisch und ausgleichend kein Unterschied besteht.
Als Gegenargument möchte ich aber dazu die Gefühlsebene ins Spiel bringen.
Am Gefühlssektor besteht sehr wohl ein gravierender Unterschied zwischen
dem Erleben der Harmonie und dem Erleben des Ausgleiches. Während die
begleitenden Gefühle der Harmonie immer mit Glücksempfindungen
verbunden sind, bedeutet das Gefühl des Ausgleiches eben nur nüchtern
gesehen das Aufheben einer anderen Empfindung. Es fehlt also die Intensität
der Empfindung. Unser Leben ist aber unzertrennlich mit Empfindungen und
Gefühlen verbunden. Gerade deshalb ist es so wichtig, daß unsere
Gefühlsebene befriedigt wird.
Achtzehn Prozent der Frauen verbinden ihre Familie mit der Emotion:
nervenaufreibend, und weitere zwölf Prozent finden das Leben in der Familie
als eintönig. Somit ist fast ein Drittel der Lehrerinnen emotional stark unter
Streß. Bei langandauernder Einwirkung dieses negativen Gefühlsstreß,
können auch nur geringe Belastungen im Beruf eine psychisch verheerende
Auswirkung zeigen. Unkontrollierte Aggressionsausbrüche sind dann nicht
mehr auszuschließen.
Bei den männlichen Vertretern dieses Berufes ist das Erleben der Familie in
höherem Ausmaß positiv. Immerhin verbinden 42 Prozent der Männer ihr
Familienleben mit dem Gefühl der Harmonie. Fünf Prozent der Befragten
sehen die Familie als erhohlsam, und dreißig Prozent empfinden das
Familienleben als ausgleichend. Nur mehr dreizehn Prozent erleben die
Familie als nervenaufreibend und der geringe Anteil von sieben Prozent sieht
81
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
sein Leben in der Familie als eintönig. Somit findet ein viel höherer Anteil der
Männer den notwendigen Gegenpol in der Familie zu den täglich einwirkenden
Stressoren im Beruf.
Beim Vergleich der Lehrer in den einzelnen Bundesländern zueinander zeigen
sich im Bereich des Familienerlebens sehr wohl erstaunliche Unterschiede.
Während besonders in Tirol das Harmonieerleben der Frauen stark vom
Durchschnitt im positiven Sinne abweicht, wird gerade im Nachbarbundesland
Vorarlberg ein starker Abfall auf diesem Sektor angegeben. Das
Konfliktpotential im Zusammenleben scheint in der Steiermark besonders
hoch. Wie aus dem Kapitel "Sozialdaten" zu entnehmen ist, liegt in diesem
Bundesland einer der größten Anteile an geschiedenen Frauen von den
österreichweiten Daten vor. Die erhöhte Beurteilung mit der Empfindung des
Ausgleiches liegt bei Frauen aus dem Burgenland und Vorarlberg vor. Eine
erhöhte Frustration im Familienleben in Form der Eintönigkeit findet sich bei
den Lehrerinnen aus dem Burgenland und Kärnten wieder.
Bei den Lehrern zeigt sich auf dem Sektor der Harmonie kein positiv
herausragender Datensatz. Es ist auch nicht verwunderlich, daß Lehrer aus
der Steiermark in der Harmonieempfindung deutlich unter dem
Gesamtdurchschnitt liegen. Immerhin wird auch von den Frauen aus diesem
Bundesland das Gefühl nervenaufreibend am häufigsten von allen
angegeben. Trotzdem wird das nervenaufreibende Erleben der Partnerschaft
von den Männern nicht in der Steiermark, sondern von Lehrern aus
Niederösterreich, Kärnten und Vorarlberg angegeben. Das ausgleichende
Erlebnis tritt verstärkt bei Männern aus dem Burgenland und Salzburg hervor.
Die Vertreter der männlichen Lehrerschaft aus Kärnten sehen ihr
Familienleben noch am geringsten eintönig, während die Frauen aus diesem
Bundesland sehr wohl in erhöhtem Maße unter der Eintönigkeit leiden.
15.2. Belastungen in der Familie
Die Frage nach den Belastungen in der Familie war hauptsächlich auf
Personen bezogen. Eine Frage stellte den Bezug zu den räumlichen
Gegebenheiten her, da ja bekannterweise eine Raumenge und Dichte der
Personen ebenfalls einen großen Streßfaktor darstellt. Im Tierversuch führt es
ab einer bestimmten Dichte zu derartiger Aggression, daß es mit dem
gewaltsamen Tod für viele endet. Wissenschaftlich läßt sich diese Verhalten
als ein Streßfaktor, welcher von der Natur vorgegeben wird, erklären. Eine
natürliche Selektion garantiert die Arterhaltung. Es ist daher nicht
verwunderlich, daß in großen Ballungszentren, wie es die Großstädte
darstellen, die Aggression stark zunimmt. Eine Möglichkeit der Beantwortung
ließ sich frei gestalten.
Frauen
Belastungen in d. Familie
durch den Partner
durch die Kinder
durch die Eltern
durch räuml. Gegebenheiten
durch ......................
Wien
12
19
8
7
21
NÖ
14
24
10
9
14
82
B Stm K
14 16 10
20 25 27
11
6
6
23
6
2
9 16 21
OÖ
12
22
8
7
12
S
9
18
12
6
14
T
15
22
5
8
8
V
25
0
20
5
10
Gesamt
14
20
10
8
14
Stress im Lehrberuf
Enthaltung
© C.Temml
33
29
23
31
34
39
41
42
40
35
Wien
8
12
8
14
12
46
NÖ
13
21
4
7
9
46
B Stm K
4 12 18
26 21 21
9
9
8
0
6
8
9 10
5
52 42 40
OÖ
14
18
3
5
10
50
S
18
20
6
6
4
46
T
7
24
1
8
3
57
V
4
50
0
0
25
21
Gesamt
11
24
5
6
10
44
Männer
Belastungen in d. Familie
durch den Partner
durch die Kinder
durch die Eltern
durch räuml. Gegebenheiten
durch ......................
Enthaltung
Auch bei dieser Frage war der prozentuelle Anteil der Enthaltungen gleich
hoch, wie bei der Frage nach den finanziellen Sorgen. Die vorgegebene
Aufgeschlossenheit in der Gesellschaft über dieses Thema offen reden zu
können, ist nicht vorhanden. Auch die Familie mit ihren Belastungen bleibt für
die meisten ein Tabu, daß scheinbar niemanden anzugehen hat.
An erster Stelle stehen bei den empfundenen Belastungen beider
Geschlechter die Kinder. Fast ein Viertel der befragten Lehrer und
Lehrerinnen sieht die eigenen Kinder als Belastung. Hier drängt sich die Frage
auf, in wie weit für diese Personen, die Schüler im Beruf als belastend
empfunden werden. Gerade ein pädagogisch geschultes Personal müßte
doch einen viel besseren Zugang zu Kindern finden, als nicht geschulte
Personen. Oder war für die Berufswahl dieser Lehrer und Lehrerinnen einzig
und allein darin zu sehen "Machterleben" zu erlangen? Es bleibt nur die
Hoffnung, daß solche Kriterien nicht bei einem Viertel aller Lehrer
ausschlaggebend sind.
An zweiter Stelle der Belastungen steht schon der Partner sowohl bei den
Frauen als auch bei den Männern. Trotzdem das Lehrpersonal einen
besonders stark kommunikativen Beruf erwählt hat, scheint immerhin eine
höhere Anzahl nicht in der Lage, durch gezielte Kommunikation
Mißverständnisse und andere Probleme mit dem Partner zu bewältigen. Oder
fehlt es an einer ausreichenden Toleranz dem anderen gegenüber?
Die Eltern werden heute, durch die meistens räumliche und örtliche Trennung,
kaum mehr als Belastung angesehen. Da sich noch immer traditioneller Weise
die Frauen mehr um den Kontakt zu den Eltern bemühen und anfallende
Arbeit verrichten, erleben auch doppelt so viele Frauen wie Männer darin eine
Belastung. Der unmittelbare Konflikt zwischen den Generationen wurde im
Laufe der Jahrzehnte aus der Familie herausgetragen.
Die räumlichen Gegebenheiten scheinen heute in der Lehrerschaft kaum eine
Rolle zu spielen. Man darf allerdings auch nicht vergessen, daß die Lehrer
auch einer gehobeneren sozialen Schicht zuzuordnen sind. Der
Achtbarkeitsstatus mag zwar in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen
haben, aber der Sozialstatus ist sehr wohl erhalten geblieben.
83
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Auch bei den Belastungen in der Familie zeigt der Vergleich der Ergebnisse
aus den Bundesländern Parallelen zu Erleben der Familiensituation. Die
Belastungen durch den Partner werden mit der größten Abweichung vom
Durchschnitt von Frauen aus der Steiermark und aus Vorarlberg angegeben.
Die eigenen Kinder finden Lehrerinnen aus der Steiermark und aus Kärnten
besonders belastend, während Frauen aus Vorarlberg bei Kindern überhaupt
keine Probleme sehen. Die Eltern als belastender Faktor werden gerade in
Vorarlberg erhöht angegeben, während die Frauen in Tirol sich dadurch kaum
belastet fühlen. Interessant erscheinen die Angaben der Lehrerinnen aus dem
Burgenland. Hier werden die Belastungen durch räumliche Gegebenheiten in
den Vordergrund gestellt.
Bei den Männern weichen die Belastungen durch den Partner in den
Bundesländern Kärnten und Salzburg stark vom Durchschnitt ab. Die Kinder
werden in Vorarlberg besonders belastend empfunden, während in Wien nur
die Hälfte der Männer aus dem Durchschnitt der österreichweiten Daten hier
belastende Momente sehen. Die räumlichen Gegebenheiten stellen widerum
bei den Vertretern der männlichen Lehrerschaft aus dem Burgenland und aus
Vorarlberg überhaupt keine Belastung dar.
84
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Zusammenfassung und Diskussion
Als eine grundlegende Tatsache kann gesehen werden, daß die Frauen des
Lehrberufes die Streßbelastung höher empfinden, als die Männer. Dem
entsprechend schätzen sie auch ihren Gesundheitszustand schlechter ein. Auch auf
der Seite der Gesundheitsstörungen finden sich die größeren Beeinträchtigungen bei
den Lehrerinnen wieder. Eindeutige Zuordnungen von gesundheitsschädigenden
Streßauswirkungen sind bei den Frauen des Lehrberufes deutlich höher vorhanden.
Auch bei den einzelnen Lehrergruppen sind Unterschiede feststellbar. Während die
Sonderschullehrer zu den am geringsten belasteten Lehrern zählen, liegen die Volksund Hauptschullehrer im Mittelfeld. Die eindeutig am stärksten belastete Gruppe sind
die Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände. Die Lehrer des polytechnischen
Lehrganges beziehen ihre Stellung zwischen Mittelfeld und Höchstbelasteten.
Die Streßbelastung des Lehrers ist nicht nur auf einem Gebiet gegeben, sondern auf
mehrere Bereiche aufgeteilt. Diese Bereiche betreffen:
a) die Interaktion "Gesellschaft - Lehrer"
b) die Interaktion "Lehrer -Lehrer"
c) die Interaktion "Schüler - Lehrer"
Alle drei Bereiche beeinflussen sich auch noch gegenseitig, sodaß eine Störung in
einem der Bereiche sich unweigerlich auf die beiden anderen Bereiche auswirkt.
a) Stressoren im Bereich der Interaktion "Gesellschaft - Lehrer"
Aus den bisher vorangegangenen Ausführungen geht hervor, daß der geforderte
hohe Idealismus für mehr als ein Drittel der Lehrerinnen und Lehrer eine hohe
psychische Belastung darstellt. Ähnlich, wie bei Ärzten und Politikern verlangt die
Gesellschaft übermenschliches Verhalten, absolute Vorbildsfunktion und eine
grenzenlos idealistische Arbeitseinstellung. Hinzu kommt noch der Druck der
Öffentlichkeit, jedes Thema zu stigmatisieren und vor definitiven Entscheidungen
schon in Frage zu stellen. Der geforderte Idealismus wird von den
Volksschullehrern am meisten beklagt.
Das Thema Schule und Politik berührt nur eine geringe Anzahl an Pädagogen
und wird von den meisten gar nicht so hoch bemessen, als man es annehmen
würde. Hier treten die Sonderschullehrer hervor, welche sich auf ihrem
Arbeitsgebiet scheinbar durch politische Diskussionen wesentlich stärker belastet
fühlen.
Die größte Belastung allerdings sehen mehr als die Hälfte aller Lehrergruppen im
Verlangen der Gesellschaft, daß die Schule mehr und mehr zu einem Ort der
Erziehung werden soll. Die ursprüngliche Aufgabe des Lehrers seinen Schülern
Wissen zu vermitteln, in ihnen die Lust am Lernen zu wecken und sie zum
taktisch richtigen Lernen zu führen, tritt gegenüber der Vermittlung sozialen
Verhaltens in den Hintergrund. Aus dem früheren Ort der Begegnung wird nun
ein Ort der Erziehung. Die Lehrer sehen sich mit einer steigenden Anzahl von
85
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
verhaltensgestörten Kindern konfrontiert und die Gesellschaft fordert die
Behebung dieser Störungen in der Schule. Alle Probleme der Gesellschaft
selbst, wie eine zunehmende Intoleranz, wachsender Radikalismus und eine
ständige Verringerung der Kommunikation sollten in der Schule gelöst werden.
Damit ist ein reichhaltiges Konfliktpotiential vorprogrammiert. Es ist daher nicht
verwunderlich, daß die damit konfrontierte Berufsgruppe sich vehement wehrt.
Wie soll sich auch infolge einer mangelnden Ausbildung auf diesem Sektor damit
richtig umgehen?
Das "Nicht-gehört-werden" in Bidungsfragen beschäftigt die Lehrer des
politechnischen Lehrganges am meisten. Wie man ersehen kann sind die
Belastungen auf diesem Sektor hauptsächlich die Bildungsfragen der
Jugendlichen betreffend.
Zu der Forderung nach einer ständigen Freundlichkeit zeigen sich ebenfalls
gravierende Probleme. Nur ein Drittel aller Lehrer fühlt sich dadurch nicht
belastet und einem weiteren Drittel kostet es sehr viel Anstrengung eine tägliche
Freundlichkeit zu praktizieren. Die größten Probleme zeigen sich dazu in
Vorarlberg, Wien und dem Burgenland.
Bei der auf den Lehrern lastenden - und auch von der Gesellschaft geforderten Verantwortung zeigen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern und den
Bundesländern. Vier Fünftel der Lehrer Österreichs kommen so recht und
schlecht damit zurecht. Das restliche Fünftel hat zur Hälfte den Wunsch diese
"los-zu-werden" und möchte zur anderen Hälfte sogar deswegen den Beruf
aufgeben. Besonders starkes Unbehagen auf diesem Bereich findet sich bei
beiden Geschlechtern in Wien. Bei den Frauen erstreckt es sich auch noch auf
das Burgenland, Tirol und Vorarlberg. Bei den männlichen Pädagogen ist
zusätzlich zu Wien auch noch die Steiermark betroffen.
Als letzter Bereich im Spannungsfeld "Gesellschaft - Lehrer" sind die Probleme
zwischen der Behörde und dem Lehrer zu erwähnen. Der immer höhere Anfall
an administrativer Arbeit trägt auch nicht gerade zu einer besseren
Schulsituation bei. Ein Drittel aller Lehrer sieht sich dabei einer hohen Belastung
ausgesetzt. Wie soll auch eine pädagogische Arbeit bei dem derzeitigen Anfall
an Administration noch verrichtet werden?
b) Stressoren im Bereich der Interaktion "Lehrer -Lehrer"
Auf diesem Gebiet der Interaktion gibt es ebenfalls eine Menge an Stressoren,
denen der Lehrer sich heute ausgesetzt fühlt. Die fehlende Kommunikation unter
den einzelnen Schularten wird von einem Drittel aller Lehrer als eine schwere
Belastung angeführt. Besonders stark wird dieses Problem von den
Volksschullehrern, Sonderschullehrern und den Lehrern des polytechnischen
Lehrganges kritisiert. Auch das Gefühl von den Kollegen anderer Schularten als
nicht gleichberechtigt angesehen zu werden, trägt gerade nicht zu einem guten
interkollegialen Klima bei. Hier fühlt man sich an den schwellenden Konflikt
zwischen Fachärzten und praktischen Ärzten erinnert. Statt dem Gefühl einer
Berufssolidarität und dem "Miteinander" machen sich Strömungen des
"Gegeneinander" durch ständige Bezichtigungen untereinader breit. Dies belastet
86
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Sonderschullehrer, Lehrer des polytechnischen Lehrganges und Lehrer für
einzelne Unterrichtsgegenstände in höherem Maße.
Auch die kollegiale Zusammenarbeit untereinander in der Schule wird nur mehr
von der Hälfte aller Lehrer trotz hoher Wertschätzung untereinander als positiv
gesehen. Bei den Problemen in der Zusammenarbeit untereinander stechen die
Bundesländer Wien, Salzburg und Kärnten hervor. Bei der Zusammenarbeit mit
den Vorgesetzten liegen ähnliche Probleme vor. Lehrerinnen zeigen hier ein viel
schlechteres Integrationsverhalten und haben auch infolge dessen, damit stärker
zu kämpfen. Auf dem Gebiet der Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten sticht
besonders Vorarlberg negativ hervor. Ein Fünftel der Lehrer Österreichs fühlt
sich von seinem Vorgesetzten mit seinen Problemen alleine gelassen.
Wie soll nun ein Großteil der Lehrer ein gutes Arbeitsklima im Unterricht
zwischen sich und seinen Schülern aufbauen, wenn er in der Zusammenarbeit
mit seinen Kollegen und dem Vorgesetzten schon schweren Belastungen
ausgesetzt ist?
c) Stressoren im Bereich der Interaktion "Schüler - Lehrer"
Zu diesem Gebiet wurden eine Reihe von Publikationen geschrieben und sogar
ein eigener Forschungszweig setzte sich in der Angstforschung damit
auseinander. Nichst wurde so sehr strapaziert wie die Lehrerängste, begonnen in
den Siebziger Jahren bis in die heutigen Tage. Man sollte nun meinen, daß
durch die gewonnen Erkenntnisse eine deutliche Verbesserung auf diesem
Gebiet bestehen müßte. Wenn man aber die Auswertungen zu diesem Thema
betrachtet, dannhat sich in den letzten zwei Jahrzehnten im Bezug auf die
Lehrerängste nichts geändert.
Ein Vergleich der Lehrergruppen zeigt folgende Ergebnisse:
Volksschullehrer
1. Qualifikationsängste
1.a Mangelnde Mitarbeit der Schüler
Hier stellt die Ablehnung des Lernens von den Schülern kaum eine
Belastung dar. Bei Frauen betrifft es 20 Prozent, bei Männern 21
Prozent.
1.b Stören des Unterrichts
In diesem Bereich liegen die Prozentzahlen an belasteten Frauen (65
Prozent) im Durchschnitt, bei den Männern (52 Prozent) geringfügig
unterhalb des Durchschnittes.
2. Integrationsängste
2.a Disziplin der Schüler
Die Belastungen auf diesem Gebiet zeigen die selben Daten (43 Prozent
der Frauen, 39 Prozent der Männer), wie der Gesamtdurchschnitt.
87
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
2.b Umgang mit Machtmittel
Streß durch ungewolltes Disziplinieren liegt bei den Volksschullehrern im
Bereich des Gesamtdurchschnittes. Es wird von einer höheren Anzahl
der Frauen, als der Männer, belastend erlebt.
3. Selektionsängste
Hier wird von den weiblichen Vertretern dieser Lehrergruppe (43 Prozent) in
außerordentlich hohem Maße der geringe Spielraum in der Notengebung als
belastend empfunden. Die männlichen Kollegen (26 Prozent) sehen hiermit
nicht mehr Probleme als der Durchschnitt.
4. Ängste im Bereich Kontakt
4.a Selbstdarstellung
Hier liegen die Prozentzahlen der gestreßten Lehrer unter dem
Gesamtdurchschnitt.
4.b Beziehungsformen
Der Streß besteht wie bei allen anderen hauptsächlich am Sektor der
Eigenerwartungen. Dabei zeigen die Lehrerinnen noch weniger
Belastungen als die Lehrer. Im Gesamten gesehen liegen die
prozentuellen Anteile leicht unter dem bundesweiten Schnitt (26 Prozent
der Frauen, 32 Prozent der Männer).
Hauptschullehrer
1. Qualifikationsängste
1.a Mangelnde Mitarbeit der Schüler
Die Belastung durch das Ablehnen des Lernens von den Schülern liegt
über dem Gesamtdurchschnitt und stellt für mehr als die Hälfte beider
Geschlechter eine starke Beeinträchtigung dar. Bei den Frauen fühlen
sich 59 Prozent beeinträchtigt, bei den Männern sind es 57 Prozent.
1.b Stören des Unterrichts
Hier besteht die gleiche Situation, wie bei den Volksschullehrern. Bei den
Frauen fühlen sich 63 Prozent dadurch belastet und bei den männlichen
Kollegen betrifft es 52 Prozent der befragten Personen.
2. Integrationsängste
2.a Disziplin der Schüler
Bei den Hauptschullehrern zeigen die weiblichen Pädagogen mit 48
Prozent eine minimale Abweichung vom Durchschnitt, während die
männlichen Pädagogen mit 47 Prozent deutlich über dem Durchschnitt
liegen.
2.b Umgang mit Machtmittel
Bei den Lehrern fühlen sich 70 Prozent durch ungwolltes Disziplinieren
belastet und bei den Frauen sind es 66 Prozent. Global gesehen sind
also fast drei Viertel der Hauptschullehrer infolge des Einsetzens von
Machtmitteln stark beeinträchtigt.
88
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
3. Selektionsängste
Sowohl die weiblichen als auch die männlichen Pädagogen aus dieser Gruppe
zeigen
die
gleiche
prozentuelle
Belastungsverteilung,
wie
der
Gesamtdurchschnitt.
4. Ängste im Bereich Kontakt
4.a Selbstdarstellung
Hier findet man etwa die gleichen Prozentzahlen, wie beim landesweiten
Durchschnitt. (Neun Prozent der Frauen und Männer fühlen sich
belastet.)
4.b Beziehungsformen
Auch die Hauptschullehrer fühlen sich kaum durch enttäuschte
Schülererwartungen belastet. Auf dem Gebiet der enttäuschten
Eigenerwartungen an die Schüler sind die belastenden Gefühle um
einiges über dem länderweiten Durchschnitt und betrifft 42 bis 43
Prozent beider Geschlechter.
Sonderschullehrer
1. Qualifikationsängste
1.a Mangelnde Mitarbeit der Schüler
Hier liegt ein ganz deutliches differentes Beurteilen der Geschlechter vor.
Während bei den Frauen sich nur ein Viertel beeinträchtigt sehen, sind
es bei den Männern fast die doppelte Menge, nämlich 43 Prozent.
1.b Stören des Unterrichts
Entsprechend ihrer Ausbildung und dem Umgang mit Sonderschülern
sehen sie die Angriffe auf ihre Person durch die Schüler weit aus weniger
tragisch. Bei den Frauen sehen sich 41 Prozent davon betroffen und bei
den Männern sind es 43 Prozent.
2. Integrationsängste
2.a Disziplin der Schüler
Die Sonderschullehrer haben infolge ihrer Ausbildung die geringsten
Probleme auf diesem Gebiet. (30 Prozent der Frauen und 35 Prozent der
Männer)
2.b Umgang mit Machtmittel
Der Streß bei beiden Geschlechtern (56 Prozent der Frauen, 49 Prozent
der Männer) betrifft etwa die Hälfte der Sonderschullehrer und liegt somit
doch weit unter dem Gesamtdurchschnitt. Eine Erklärung dafür liegt
möglicherweise im Umgang mit einer gesonderten Kinder- und
Jugendlichengruppe.
3. Selektionsängste
89
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Gleich, wie bei der Gruppe der Volksschulehrer sehen sich die
Sonderschullehrerinnen mit 38 Prozent überdurchschnittlich belastet durch
den zu geringen Spielraum in der Notengebung.
4. Ängste im Bereich Kontakt
4.a Selbstdarstellung
In dieser Gruppe bestehen die gleichen Verhältnisse, wie bei den
Volksschullehrern. (5 Prozent der Frauen und 5 Prozent der Männer sind
betroffen.)
4.b Beziehungsformen
Diese Gruppe an Lehrern hat bei den enttäuschten Schülerwartungen
ebenfalls keine Probleme. Es bestehen auch zum geringsten Anteil die
Belastungen durch enttäuschte Eigenerwartungen. (20 Prozent der
Frauen, 24 Prozent der Männer)
Lehrer des polytechnischen Lehrganges
1. Qualifikationsängste
1.a Mangelnde Mitarbeit der Schüler
Diese Gruppe an Lehrern stuft die Beeinträchtigung durch ablehnende
Haltung der Schüler zum Lernen am höchsten von allen Lehrern ein. Bei
den Frauen betrifft es immerhin 81 Prozent! Bei den männlichen
Kollegen sind es 66 Prozent.
1.b Stören des Unterrichts
Das Stören des Unterrichts wird weit über dem Durchschnitt beurteilt. Bei
den Frauen sind es 77 Prozent, die sich dadurch belastet fühlen. Von
den Männern fühlen sich 61 Prozent dadurch gestreßt.
2. Integrationsängste
2.a Disziplin der Schüler
Bei den Hauptschullehrern zeigen sich die schwersten Belastungen
durch undiszipliniertes Verhalten der Schüler. Lehrerinnen fühlen sich zu
46 Prozent und Lehrer zu 49 Prozent dadurch beeinträchtigt. Global
gesehen erkennt man also, daß fast die Hälfte der Lehrer des
polytechnischen Lehrganges darunter leiden.
2.b Umgang mit Machtmittel
Diese Lehrer stellen mit Abstand in der Beurteilung des Umganges mit
Machtmitteln den höchsten Prozentsatz an belasteten Pädagogen. Hier
sind 77 Prozent der Frauen und 73 Prozent der Männer betroffen.
3. Selektionsängste
Die Lehrer dieser Gruppe orten nicht mehr oder weniger gravierende
Probleme bei der Selektion, wie der Gesamtdurchschnitt der Lehrer.
4. Ängste im Bereich Kontakt
4.a Selbstdarstellung
90
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
In dieser Lehrergruppe findet man interessanterweise ein starke
abweichende Beurteilung im Problem der Selbstdarstellung. Fast doppelt
so viele Lehrer beider Geschlechter erleben ihre Selbstdarstellung mit
Problemen den Schülern gegenüber behaftet.
4.b Beziehungsformen
Die enttäuschten Schülererwartungen betreffend, haben die Frauen
dieser Lehrergruppe überhaupt keine Belastungen angegeben, während
die Antworten der Männer im landesweiten Durchschnitt liegen. Bei den
Belastungen durch enttäuschte Eigenerwartungen von den Schülern
zeigen sehen sich 46 Prozent der Frauen und 34 Prozent der Männer
des Lehrberufes betroffen.
Lehrer für einzelne Unterrichtsgegenstände
1. Qualifikationsängste
1.a Mangelnde Mitarbeit der Schüler
Die weiblichen Vertreter dieser Gruppe sehen sich zu 46 Prozent vom
Ablehnen des Lernens der Schüler belastet; bei den Männern sind es nur
18 Prozent!
1.b Stören des Unterrichts
Hier wird die Belastung durch unterrichtsstörende Schüler noch höher in
der Belastung bewertet. 79 Prozent der weiblichen Lehrer und 73
Prozent der männlichen Lehrer fühlen sich damit einer hohen Belastung
ausgesetzt.
2. Integrationsängste
2.a Disziplin der Schüler
In dieser Gruppe sieht man eine Beeinträchtigung der Frauen mit 46
Prozent, während der Hauptteil der Lehrer im Umgang mit diesem
Problem kaum Beeiträchtigt ist. Bei den Männern sind lediglich 18
Prozent davon betroffen.
2.b Umgang mit Machtmittel
Die Lehrer aus dieser Gruppe liegen bei beiden Geschlechtern,
prozentuell gesehen mit der entstehenden Belastung durch
Machtmitteleinsatz, im landesweiten Durchschnitt.
3. Selektionsängste
Bei dieser Gruppe zeigt sich doch ein sehr differentes Beurteilen der Situation,
als bei allen anderen. Das Verteidigen der Notengebung bedeutet doch
immerhin für ein Viertel der weiblichen Kollegen eine Belastung. Auch die
Notengebung die im Gegensatz zur eigentlichen Leistung steht bereitet einem
Drittel der Frauen eine Belastung, während der derzeit bestehende Spielraum
in der Benotung nur auf 22 Prozent belastend einwirkt. Bei den Männern
dieser Lehrergruppe wird ebenfalls die nicht vergebene Beurteilung, die sie
eigentlich geben müßten für ein gutes Drittel zum belastenden Faktor. Durch
die Beurteilung mit dem zu geringen Notenspielraum, sehen sich um zehn
Prozent mehr als der Durchschnitt beeinträchtigt.
91
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
4. Ängste im Bereich Kontakt
4.a Selbstdarstellung
Hier zeigt sich der gleiche Prozentsatz wie im österreichweiten
Durchschnitt.
4.b Beziehungsformen
Sowohl bei den weiblichen als auch bei den männlichen Vertretern dieser
Lehrergruppe erleben die Hälfte der Befragten ihre enttäuschten
Erwartungen an die Schüler als belastend. Damit zählen diese Lehrer zu
den Spitzenreitern auf diesem Sektor.
Abschließende Betrachtung
Nach allen diesen Ausführungen möcht ich zum Schluß noch die folgende globale
Feststellung treffen:
Seit der gesellschaftlichen Revolution der 68-ger Jahre mit dem Beginn und dem
explosiven Mut alte Traditionen über Bord zu werfen und neue Werte zu setzen, hat
man sich auch intensiv mit Erziehung und Schule auseinander gesetzt. Es lag daher
nichts näher als die vollkommen starre autoritäre Beziehung "Lehrer - Schüler und
Eltern - Kind" aufzutauen, um den Kindern und Jugendlichen eine neue verbesserte
Position zu schaffen. Intensive Forschungen auf den Gebieten, Pädagogik,
Soziologie und Psychologie hat eingesetzt, damit für den Lernenden (Kind, Schüler)
laufend Verbesserungen entstehen können. Die Position des Lehrers wurde in jeder
Hinsicht in Frage gestellt.
Leider hat aber das "Über-Bord-werfen" aller Werte, um Neue zu schaffen auch alle
früheren pädagogischen Ansätze einer Verbesserung miterfaßt. Der Lehrer wurde
selbst zum Lernenden und Generation um Generation in eine laufende
Verteidigungsposition gedrängt. Die daraus resultierende Wechselbeziehung
Gesellschaft - Lehrer wurde beträchtlich ins Wanken gebracht und der Lehrer sah
sich ständigen Angriffen ausgesetzt. Dies hatte wiederum seine Auswirkung in den
beiden anderen sozio-emotionalen Beziehungsbereichen. Somit ist auch jetzt der
zweite Bereich der Interaktion "Lehrer - Lehrer" gestört. Zerrieben zwischen den
Fronten erhebt sich nun die Frage "Wie kann der Lehrer noch bei diesem Störungen
im Umfeld eine begleitende und unterstützende Lehrfunktion gegenüber den
Schülern aufbauen?"
Laufende Attacken aus den Reihen der Öffentlichkeit, aus Medien und Politik haben
den Lehrer aus einer ständigen Verteidigungsposition in die Resignation und
Frustration getrieben. Übergeblieben ist ein Stadium des "Kollektives Selbstmitleids".
Deshalb ist es an der Zeit von Außen eine Unterstützung zu geben, um die
Beziehung Lehrer - Schüler in seiner ursprünglich gedachten Partnerschaft auch
wachsen zu lassen.
92
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
Streßentlastung
Wie man aus den vorangegangenen Ausführungen entnehmen kann, ist eine
Verbesserung der Situation für die Lehrer in der Schule bezüglich der Streßbelastung
nicht mit der "Verringerung eines entscheidenden Faktors" behoben. Ähnlich wie in
der Medizin, wo bei chronischen Erkrankungen immer nach dem einen
allesentscheidenden Faktor gesucht wird, hätte man auch im Schulwesen gerne
diese einfache Patentlösung. Damit eine chronische Erkrankung in ihrer
Erkrankungsrate verringert werden kann, und die Symptome der Krankheit gelindert
werden können, ist das Beschreiten mehrerer Wege mit der aktiven Mitarbeit des
Patienten erforderlich. Aufgezeigt werden vorerst die Richtlinien der Vorsorge; dann
kommt die Umsetzung durch den Einzelnen in Form der Inanspruchnahme und
Veränderung seiner Verhaltensweisen. Erst am Schluß steht die Therapie des schon
Erkrankten.
Einfache Patentlösungen zur Streßbekämpfung gibt es nicht, da es sich bei diesem
Phänomen ebenfalls um einen chronisch fortschreitenden Prozeß handelt. Der "DreiPhasen-Ablauf" des Stresses gibt uns auch mehrere Ansatzmöglichkeiten. Deshalb
sind folgende Fragestellungen von Bedeutung:
•
•
•
Wo finden sich Ansatzmöglichkeiten der vorbeugenden Streßbekämpfung?
Welche Beiträge können durch die Lehrer selbst geleistet werden?
Welche Maßnahmen sind bei schon vorhandener Streßbelastung zu setzen?
Wenden wir uns nun vorerst den vorbeugenden Ansatzmöglichkeiten zu. Da es sich
um aufschaukelnde Konflikte in drei Bereichen handelt, müssen auch die
vorbeugenden Ansätze gleichzeitig angesetzt werden.
Verbesserungsvorschläge am Sektor Gesellschaft - Lehrer
In verstärktem Maße muß eine regelmäßige professionelle Pressearbeit mit positiver
Darstellung des Lehrberufes, Präsentation der Lehrer mit positiven Akzenten zur
Imagepflege einsetzen. Nur dadurch kann der derzeit bestehenden negativen
Strömung entgegengewirkt werden. Das neue Bild des Lehrers sollte in der Rolle des
"Wissensmanager" gesetzt werden. Der Lehrer ist die zentrale Anlauf- und
Auskunftsstelle für Wissensvermittlung, indem er nicht ausschließlich direktes
Wissen weitergibt, sondern vermehrt Hinweise und Wege zur Wissensbeschaffung
aufzeigt. Dadurch wird der Begriff Lehrer positiv besetzt.
Verbesserungsvorschläge am Sektor Lehrer - Lehrer
Hier kommt es zur Überschneidung der Fragen:
• „Wo finden sich Ansatzmöglichkeiten zur Vorbeugung ......?“
und
• „Welche Beiträge können die Lehrer selber leisten?“
Der unabwendbare Weg auf diesem Sektor führt über den Fortbildungssektor. Nicht
nur das die fortlaufenden Wissenserkenntnisse heute auf jedem Sektor sich
93
Stress im Lehrberuf
© C.Temml
mindestens alle fünf Jahre, wenn nicht früher revolutionär ändern, kann ein
Lehrender auf dem Weg zum Wissensmanager an einer ständigen Lernfunktion nicht
vorbei.
Aber außer dieser Problematik stehen im Vordergrund Fortbildungen am
Persönlichkeitssektor,
Kommunikationssektor,
Managementausbildungen
für
Führungs-personen (Direktoren und höhere Ebenen) und Personalmanagement. Es
das Gewährleisten eines entsprechenden Arbeitsklimas untereinander kann den
Lehrer den Freiraum für die Partnerschaft mit dem Schüler geben.
Überschneidend zum dritten Sektor Schüler - Lehrer scheint es unabdingbar eine
verstärkte Autonomie der einzelnen Schulen einzuführen. Erst als ein geschlossenes
autarkes System kann verbessert zu einer Zufriedenheit aller Beteiligten agiert
werden! Dies ist meiner Meinung nach ein zentraler Punkt für den Streßabbau auf
beiden Seiten - Lehrer - Schüler.
Verbesserungsvorschläge am Sektor Schüler - Lehrer
Nach den Ausführungen der Lehrerängste un den damit verbundenen
Streßbelastungen scheint es nicht zielführend gerade auf jenem Bereich, wo die
Lehrer die wenigsten Belastungen fühlen heiße Diskussionen zu führen. Ich meine
damit die Diskussionen über die Notengebung. Auch der Schüler wird in seinem
späteren Leben immer "Bewertungen" ausgesetzt sein, sodaß die Belastungen der
Schüler auch nicht in diesem Ausmaß gegeben sind wie es gerne dargestellt wird.
Wenn auf diesem Gebiet eine Diskussion begonnen wird, dann sollte sie in Richtung
gemeinsame Bewertung mit den Schülern, oder gleichzeitige Bewertung der Lehrer
von den Schülern gehen.
Vordergründig stehen aber die Probleme am Ablehnen des Lernens durch die
Schüler, sowie die Disziplinierung. Die "Lust am Lernen" muß wiederentdeckt
werden, hier sollten die vorbeugenden Strategien für Lehrer und Schüler ansetzen.
Hier setzt die neue Rolle des Managers für Wissensvermittlung an. Es ist nicht mehr
wichtig, daß der Lehrer alles weiß und alles kann. Heute ist es wichtig daß er weiß,
wo und wie kann ich mir das Wissen verschaffen um anschließend mit ihm darüber
zu diskutieren! Damit wird auch automatisch die Lust am Lernen wiederentdeckt.
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Autor:
Dr. med. Christian Temml
Internist, Vorsorgemediziner & Epidemiologe
Leiter der Gesundheitsvorsorge Wien
e-mail: [email protected]
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Stress im Lehrberuf
© C.Temml
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