Lernpaket Inka Gold - Weltkulturerbe Völklinger Hütte
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Lernpaket Inka Gold - Weltkulturerbe Völklinger Hütte
Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 1 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig InkaGold 3000 Jahre Hochkulturen Meisterwerke aus dem Larco Museum Peru Gebläsehalle 17. Juli bis 28. November 2004 Lernpaket für Lehrer und Schüler Inhalt 1. Ausstellungsdaten und Service für Schulen 3 2. Vorwort 5 3. Mythos Gold 6 4. Die Eroberung Perus 10 5. Die Kulturen des Alten Peru 13 6. Francisco Pizarro – der Eroberer des Inka-Reiches 27 7. Die Eroberung Perus - Pizarro, Atahualpa und die Gier nach Gold 28 8. Der Lebensraum Alt-Peru - Naturreichtum und Naturkatastrophen 31 9. Die „Vertikale Kontrolle“ - Wirtschaftliche Grundprinzipien der andinen Zivilisation 34 10. Die erotische Kunst der Moche 37 11. Die Chimú: Meister der Metallverarbeitung 38 12. Die Kunst des Webens und Färbens 39 13. Hinweise zur Unterrichtsgestaltung 40 14. Rallye durch die Ausstellung InkaGold für Kinder bis 9 Jahre 42 15. Rallye durch die Ausstellung InkaGold für Kinder ab 10 Jahre 48 16. Quellentext: Die Grablegung des Herrn von Sipán 55 17. Literatur 65 18. Links 66 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 2 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 1. Ausstellungsdaten und Service für Schulen Öffnungszeiten 17. Juli bis 28. November 2004 Gebläsehalle, täglich von 10 bis 19 Uhr Eintritte Ermäßigt 7,50 € Normal 9,00 € Familien (2 Erwachsene mit Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahre) 19,00 € Kinder und Jugendliche 2,00 € Kinder und Jugendliche im Klassenverband 2,00 € Gebuchte Führung 75,00 € (plus ermäßigtem Eintritt) (max. 30 Personen, Dauer der Führung ca. 1,5 Stunden). Jahreskarten Jahreskarten Kinder/ Schüler Erwachsene Familien 5,00 € 24,00 € 40,00 € Sonderkonditionen für Schulen Schulklassenführung im Bonuspaket zum Preis von 100 Euro inkl. Führung (max. 30 Personen einschließlich Lehrkraft) in der Zeit von Montags bis Freitags zwischen 10 und 14 Uhr. Kontakt /Besucherservice Telefon +49 (0)6898 - 9 100 100 / +49 (0)6898 - 9 100 106 Fax +49 (0)6898 – 9 100 111 Internet www.gameart-voelklingen.org e-mail [email protected] Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 3 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Service zur Ausstellung Publikation zur Ausstellung, Preis 19,90 € Kinder- und Jugendbuch, Preis 9,95 € InkaGold ist ein Projekt des Weltkulturerbes Völklinger Hütte – Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur in Zusammenarbeit mit plenum Communication und mit freundlicher Unterstützung des Nationalen Instituts für Kultur Peru Sponsor Projektpartner Gefördert von Dieses Lernpaket wurde realisiert durch die besondere Unterstützung unseres Projektpartners kohlpharma. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 4 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Goldener Fuchskopf aus einem Königsgrab Moche 100 – 600 n. Chr. Gold-Silber-Kupfer-Legierung, Bein, Höhe 20 cm Linden -Museum Stuttgart Der Fuchskopf ist aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Solche Metallmischungen aus Gold und Silber und einem hohen Kupferanteil bezeichnet man als tumbaga. Die Zähne des Tieres wurden aus Muschelschalen gefertigt. Seine Zunge und Ohren sind beweglich. Außerdem ist das gesamte Objekt reich mit Flimmerplättchen bestückt. Sie reflektierten die intensiven Sonnenstrahlen, welche die bunt bemalten Tempelanlagen, vor deren Hintergrund die Moche-Priester ihre Zeremonien aufführten, in ein gleißendes Licht tauchten. 2. Vorwort Sehr geehrte Frau Fachleiterin, sehr geehrter Herr Fachleiter, liebe Freunde des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, die Ausstellung „InkaGold - 3000 Jahre Hochkulturen Meisterwerke aus dem Larco Museum Peru“ öffnet mit 170 hochkarätigen Leihgaben ein Fenster zu den Kulturen Amerikas, die zum Aufregendsten gehören, was unsere Weltkultur geprägt hat. Erstmals in Deutschland und erstmals in dieser Zusammenstellung in Mitteleuropa können wir diese Exponate zeigen. Äußerer Anlass der Präsentation ist das 10jährige Jubiläum der Ernennung der Völklinger Hütte zum Weltkulturerbe der UNESCO. In einem der ungewöhnlichsten Weltkulturerben ist eines der bedeutendsten Weltkulturerbe zu Gast. Ich danke allen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an diesem Lernpaket mitgearbeitet haben, für ihren hohen Einsatz. Stellvertretend seien Herr Peter Backes und Frau Julia Wittwer genannt. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 5 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Ich freue mich auf Ihren Besuch der Ausstellung und wünsche Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern viel Freude bei der Beschäftigung mit „InkaGold – 3000 Jahre Hochkulturen Meisterwerke aus dem Larco Museum Peru“. Ihr Dr. Meinrad Maria Grewenig Generaldirektor Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 6 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 3. Mythos Gold Peru gilt als der Ursprung der Metallverarbeitung im gesamten Amerika. Die frühesten Funde stammen aus dem Ort Huayahuayaca im südlichen Hochland und wurden auf 1800 bis 1500 v. Chr. datiert. Es wurden Goldbleche, Hämmer und andere Werkzeuge zur Goldbearbeitung in Gräbern gefunden. Von Anfang an hatte Metall also in erster Linie eine religiöse Bedeutung. Erst später wurde Metall auch zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen verwendet. Deshalb stand auch das Gold am Beginn der Metallverarbeitung. Später kamen Silber, Kupfer und am Ende in bescheidenem Umfang auch Bronze hinzu. Die goldreichsten Kulturen lebten an der Nordküste Perus. Von den Moche und den Chimú stammen mehr drei Viertel der heute erhaltenen Goldobjekte. Der Goldreichtum der Inka, die kurz vor der spanischen Eroberung 1532 ein riesiges, aber kurzlebiges Imperium errichteten, war ebenfalls legendär. Von deren Schätzen ist aber so gut wie nichts erhalten, da die Spanier alle Goldobjekte, derer sie habhaft werden konnten, einschmelzen ließen und nach Europa verfrachteten. Ihre Goldgier war so groß, dass sie selbst vor Grabplünderungen nicht halt machten. Ein extra erlassenes Gesetz der spanischen Krone erlaubte es, heidnische Gräber und Tempelanlagen zu schänden, um an das Gold zu gelangen. Nasenring mit Würdenträger Moche 100 - 600 Gold, Türkis, Halbedelstein, Breite 7,4 cm Larco Museum Peru Ein Meisterwerk der Moche-Goldschmiedekunst ist der aufwändig zusammengesetzte Nasenring. Er zeigt den großen Aufwand, der betrieben wurde, um Herrscher und Inhaber hoher Staatsämter zu schmücken. Im Zentrum der komplexen Gesamtkomposition steht ein bedeutender Würdenträger. Er ist geschmückt mit runden Ohrpflöcken und einem Kopfputz mit Keulenköpfen, Zeichen seiner Funktion als hochrangiger Krieger. Zwischen den seitwärts ausgestreckten Händen hält er eine Kette, an der kleine Rasseln baumeln, wie auch am Lendenschurz und an den gebogenen Objekten, die er ebenfalls in seinen Händen zu tragen scheint. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 7 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Die unterworfenen Indianer wurden gezwungen, in den Gold- und Silberbergwerken der spanischen Kolonialherren zu arbeiten. Die brutale Ausbeutung ihrer Arbeitskraft kostete Abertausenden von ihnen das Leben. Von den vermutlich 10-12 Millionen Indianern, die im Inka-Reich gelebt hatten, waren 50 Jahre nach der Eroberung nur noch 10% übrig. Nach Berechnungen von Forschern kamen zwischen 1503 und 1630 etwa 185.000 kg Gold aus Amerika nach Spanien, was einem heutigen Wert von etwa 1.558.023.000 US Dollar entspricht. Zu beachten ist allerdings, dass Gold damals etwa 10 Mal so teuer war wie heute. Der Wert des geraubten Silbers dürfte den des Goldes sogar noch bei weitem überstiegen haben. Dieser ungeheure Kapitaltransfer aus den Kolonien veränderte den Lauf der Weltgeschichte. Er verursachte eine Inflation in Europa, finanzierte die Gegenreformation, die spanische Armada, viele Kriege und mündete schließlich in der Kapitalakkumulation, die letztlich die Industrialisierung Europas ermöglichte. Diadem eines Priesterfürsten Moche 100 – 600 n. Chr. Gold-Silber-Kupfer-Legierung, Breite 26,6 cm Larco Museum Peru Das runde Diadem wurde von den Priesterfürsten der MocheKultur bei Ritualen und öffentlichen Auftritten an der Stirn getragen. Verschiedenartige Kopfbedeckungen aus Stoff oder anderen Materialien sind typisch für die Moche. Bei hohen Würdenträgern war daran prachtvoller Kopfschmuck wie das Diadem befestigt. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 8 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Während die Europäer nur am Materialwert des Goldes interessiert waren, hatten Edelmetalle für die Indianer in erster Linie eine spirituelle Bedeutung. Gold und Silber waren keine Zahlungsmittel, sondern dienten der Verehrung göttlicher Mächte. Die Inka-Herrscher beispielsweise sahen sich als Söhne des Sonnengottes Inti, der zentralen Gottheit ihres Staatskultes. Gold war aus der Berührung der Erde mit der Sonne entstanden. Es galt ihnen als Tränen oder Schweiß der Sonne, symbolisierte deren Glanz, den Tag und die Männlichkeit. Silber hingegen war mit dem Mond, der Nacht und Weiblichkeit verbunden. Religion und Politik waren nicht nur bei den Inka, sondern auch in den anderen Kulturen Alt-Perus untrennbar miteinander verbunden. Die Herrscher waren gottgleiche Könige, Heerführer und Hohepriester in einer Person. Gold diente der Verherrlichung dieser staatlichen Ordnung und war ein Privileg der Elite. Die Schmiede stellten religiös bedeutsame Gegenstände her, die von hohen Repräsentanten des Staates bei wichtigen Feierlichkeiten getragen wurden. Dies waren vor allem Schmuckstücke wie Kronen, Kopfputze, Ketten und die ganze Brust bedeckende Pektorale, Ohrpflöcke, Nasenringe und Armreifen. Mitunter wurde die gesamte Kleidung mit Goldplatten bedeckt. Göttlichen Mächte und Wesen wurden oft in der Gestalt mächtiger Raubtiere dargestellt wie Jaguar, Schlange, Harpyen-Adler, Kondor oder Kaiman. Die Herrscher als oberste Priester verkörperten diese Gottheiten und wurden mit ihren Symbolen geschmückt. Steinhammer, Eisenhammer und Amboss zur Bearbeitung von Edelmetall Chimú 1000 – 1476 n. Chr. Steinhammer, Höhe 11,8 cm Eisenhammer, Höhe 3,6 cm Steinamboss, Höhe 4,8 cm Larco Museum Peru Das Eisen, das vom Himmel fiel, das Meteoriteneisen, erkannten auch die Kulturen Alt-Perus als Material mit ganz besonderen Möglichkeiten. Bisweilen gab man das Himmelseisen Verstorbenen mit ins Grab. In einigen Fällen hat man auch versucht, die Eigenschaften des Materials zu erkunden und für sich nutzbar zu machen. Der kleine Hammer wurde aus Meteoriteneisen hergestellt und diente wie der Steinhammer und der Steinamboss als Werkzeug zur Goldverarbeitung. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 9 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Um diese Meisterwerke der Goldschmiedekunst herstellen zu können, brauchte man hoch spezialisierte Handwerker mit viel Wissen und Erfahrung. Sie waren sehr geachtet und genossen ebenfalls Privilegien. Das meiste Gold wurde aus Flüssen ausgewaschen. Es wurden aber auch erzhaltige Quarzadern im Gebirge abgebaut. Aus diesem Material wurde das Gold zunächst ausgeschmolzen, wofür in den Werkstätten verschiedene Öfen zur Verfügung standen. Sie wurden mit Holzkohle oder Lamadung befeuert und mit Blasrohren angefacht, um die notwendigen Temperaturen von über 1000 Grad Celsius zu erreichen. Das flüssige Gold wurde dann zu Metallbarren gegossen. Oft mischte man dabei verschiedene Metalle zu Legierungen. Solche aus Kupfer mit verschiedenen Anteilen von Silber, Gold oder Arsen nennt man Tumbaga. Aus den fertigen Barren wurden dann meistens in reiner Treibarbeit Schmuckstücke hergestellt. Durch gezieltes Hämmern mit steinernen Hämmern und Ambossen stellten die Kunsthandwerker zunächst ein Blech her. Dieses wurde dann durch weiteres Hämmern in die gewünschte Form gebracht. Für besondere Muster bedienten sie sich dabei auch hölzerner Model oder Matrizen. Zum Ausschneiden der äußeren Form wurden feine Meißel verwendet. Muster und Linien konnten mit Stäbchen eingraviert oder mit Stempeln gepunzt werden. Um ganze Figuren herzustellen, wurden mehrere vorgeformte Bleche durch Löten oder Schweißen miteinander verbunden. Zum Schluss wurden die Oberflächen noch poliert und auf Hochglanz gebracht. Gerade der Glanz der verschiedenen Farbtöne der MetallLegierungen war bedeutsam. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 10 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 4. Die Eroberung Perus Mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus 1492 begann die systematische Ausbeutung der Urbevölkerung und Naturreichtümer des Doppelkontinents. Von Anfang an war die Suche nach Goldschätzen neben der Verbreitung des Katholizismus eine der Haupttriebfedern der Eroberung. Gold war knapp geworden in Europa. Es hatte im Mittelalter als Währung gedient, und nun waren die Minen nahezu erschöpft. Der Transsahara-Handel mit den Goldvölkern Westafrikas stockte. Gleichzeitig floss viel Gold in den Orient, nach Indien und China ab. Über die Seidenstraße importierte Europa feine Stoffe, Gewürze und andere Luxuswaren. Die erhielt man nicht im Tausch, sondern nur gegen Edelmetall. Europäische Produkte waren im frühen Welthandel nicht konkurrenzfähig. Zur Zeit der Eroberung Perus war der Habsburger Karl V. spanischer König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Schon seine Kaiserwahl hatte er durch Bestechung finanzieren müssen. Sein weltumspannendes Reich, in dem „die Sonne nie unterging“, stand chronisch am Rande des Staatsbankrotts, da seine Hofhaltung und die vielen Kriege gegen Protestanten, Muslime und andere Gegner enorme Summen verschlangen. Aus Geldmangel musste er die Eroberung der Kolonien in Amerika und Asien im Wesentlichen privatwirtschaftlich organisieren. Die „ Conquista“ der Neuen Welt funktionierte nach folgendem Muster: Ein „Capitán “ genannter Heerführer rüstete einen Entdeckungs- und Beutezug unter seiner Leitung aus. Die spanische Krone gab ihm hierzu die Erlaubnis, reservierte sich einen Teil des Reingewinns und befreite den Capitán von Einfuhr- und Verkaufssteuern. Die erhoffte Beute musste das gesamte Geschäft finanzieren: die Ausrüstung, die Söldner, die mitzuführenden Geistlichen und Finanzbeamten der Krone und oft auch Bankiers, bei denen der Capitán Geld aufgenommen hatte. Die Teilnehmer eines solchen Unternehmens standen also unter einem existentiellen Erfolgszwang, der sich nicht selten in skrupelloser Gewalt Bahn brach. Träger der Eroberung waren vor allem die Hidalgos, wirtschaftlich ruinierte und sittlich verrohte Landadelige. Männer wie Claudio Pizarro, der 1532 die Inka-Stadt Tumbes an der äußersten Nordküste des heutigen Peru erreichte, und von dort die Eroberung des Inka-Reiches begann. Pizarros Streitmacht von angeblich nur 130 Soldaten und 40 Reitern mit Arkebusen und zwei kleinen Kanonen zieht durch die engen Schluchten der Anden zur Inka-Stadt Cajamarca im nördlichen Hochland. Sie reisen nun auf den hervorragend ausgebauten Inka-Straßen durch ein vom Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 11 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Bürgerkrieg verwüstetes Land. Dabei werden sie beobachtet, aber nicht behindert von den Truppen des letzten Inka-Herrschers Atahualpa. Der scheint unbekümmert und genießt die heißen Schwefelquellen bei Cajamarca. Mit einem Heer von 50.000 Soldaten lagert er auf einem Wiesengelände hinter der Stadt und nicht etwa in der nahen Festung. Silberner Helm Chimú 1000 - 1476 Silber, Höhe 20,5 cm Larco Museum Peru Krieger der Chimú und später der Inka tragen solche Helme auf Abbildungen. Sie hatten auch eine Schmuckfunktion und waren oft zusätzlich dekoriert. Durch ihren Kupfergehalt gestärkt, dürften sie auch zur praktischen Verteidigung gegen Steinschleudern sowie Hieb- und Stichwaffen aus Stein oder Kupfer beigetragen haben, wie sie von indianischen Gegnern im Kampf verwendet wurden. Allerdings konnten sie keinerlei wirksamen Schutz gegen die Waffen der Spanier bieten. In offener Feldschlacht waren die Europäer praktisch unangreifbar. Diese Überlegenheit nutzten sie bei ihren Eroberungszügen erbarmungslos aus und metzelten Gegner zu Tausenden nieder. Als Pizarro in Cajamarca eintrifft, liegt die Stadt verlassen. Am 16. November 1532 folgt Atahualpa mit 6000 kaum bewaffneten Indianern einer Einladung Pizarros auf den zentralen Platz der Stadt. Hier begegnen sich die beiden Abordnungen. Christenpriester und Inka-Herrscher halten eine unverständliche Zwiesprache und auf ein verabredetes Zeichen stürzen Pizarros Soldaten mit ihrem Schlachtruf „Sankt Jakob“ aus den umliegenden Gebäuden hervor, metzeln die wehrlosen Indianer nieder und nehmen Atahualpa gefangen. Durch diesen Hinterhalt hatte Pizarro den absoluten Herrscher des Inka-Reiches zu seiner Geisel gemacht – und mit ihm die Befehlsgewalt an sich gerissen. Trotz seiner Gefangenschaft hielt Atahualpa in Cajamarca weiter Hof und regelte die Staatsangelegenheiten. Er war hochgebildet und neugierig. Bald lernte er schreiben, was Pizarro bis zu seinem Tod nicht richtig Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 12 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig beherrschte. Die Spanier bedrängten ihn mit Forderungen nach Gold. Als Lösegeld für seine Freilassung ließ er einen Saal von 88 Kubikmetern einmal mit Gold- und zweimal mit Silberobjekten füllen. Trotz dieser Schätze und aller Versprechungen ließ Pizarro Atahualpa am 29. August 1533 hinrichten - wohl auf Drängen seiner meuternden Mannschaft. In den folgenden Jahren wurde das ehemalige Inka-Reich systematisch nach Gold und Silber durchwühlt. Die Goldgier der Spanier machte auch vor Grabschändungen nicht halt. Ein extra erlassenes Gesetz erlaubte es, heidnische Gräber und Tempelanlagen zu plündern, denn hier lagerte besonders viel Gold, das für die Indianer vor allem eine religiöse Bedeutung hatte. Die Chronisten berichten, alle Geräte und Wasserleitungen im Sonnentempel von Cuzco seien aus reinem Gold gewesen, seine Mauern mit goldenen Platten verkleidet, sein Garten voller Nachbildungen der Tiere und Pflanzen des Reiches aus edlem Metall. Gold- und Silberobjekte, die sie in jahrelanger Mühe erschaffen hatten, mussten die Kunsthandwerker zu Barren einschmelzen und nach Europa verfrachten. Angeblich brannten die Schmelzöfen nach der Eroberung Cuzcos einen ganzen Monat ohne Unterbrechung. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 13 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Goldmaske eines Gottkönigs Moche 100 – 600 n. Chr. Gold, Höhe 22 cm Linden -Museum Stuttgart Prächtige Kleidung und goldene Accessoires bezeugen die strenge soziale Hierarchisierung der Moche-Gesellschaft. Die Herrscher waren zugleich oberste Priester und Kriegsherren und verfügten über eine große Machtvollkommenheit. Ihre prunkvoll inszenierten öffentlichen Auftritte bei festlichen Zeremonien und Prozessionen, begleitet von Würdenträgern, Musikern und Dienern, haben einen mächtigen Eindruck auf das versammelte Volk ausgeübt. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 14 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 4.1. Die Kulturen des Alten Peru Früher Horizont 1200 v. Chr. bis 200 v. Chr. Cupisnique Die Ursprünge der Cupisnique-Kultur gehen zurück bis in die Zeit vor dem Frühen Horizont, der sogenannten Initialperiode. Cupisnique gehört zu den ganz frühen Kulturen mit einer hochwertiger Keramikproduktion, die sich zwischen 1200 und 200 v. Chr. an der Nordküste Perus ausbreitete. Zunächst wurden vor allem Flaschen mit einfachem Ausguss produziert, aus denen bei sozialen oder rituellen Anlässen Maisbier ausgeschenkt wurde. Zylindrische Skulpturflasche Cupisnique 1200 – 200 v. Chr. Keramik, Höhe 25,5 cm Larco Museum Peru Zu den ganz frühen Kulturen mit einer hochwertiger Keramikproduktion gehört Cupisnique, die sich zwischen 1200 und 200 vor Christus an der Nordküste Perus ausbreitete. Zunächst wurden vor allem Flaschen mit einfachem Ausguss produziert, aus denen bei sozialen oder rituellen Anlässen Maisbier ausgeschenkt wurde. Die ersten einfachen Tongefäße entwickelten sich aus der Nachahmung von Flaschenkürbissen, in denen früher die Nahrung aufbewahrt und serviert worden war. Salinar 300 – 100 v. Chr. Die Regionalkultur von Salinar entstand 300 v. Chr. an der Nordküste Perus. Sie nahm am Ende des Frühen Horizontes Stilelemente wieder auf, die bereits in der Keramik von Cupisnique zu Beginn dieser Epoche etabliert waren. Hierzu gehören abstrakte, nicht-figürliche Muster und die Gefäßform mit einem einfachen konischen Ausguss und seitlichem Henkel. Damit setzten die Töpfer von Salinar sich bewusst vom dominanten Keramikstil Chavíns mit seinen Steigbügelgefäßen und figürlichen Darstellungen ab und brachten alternative Kulturmuster zum Ausdruck. 100 n. Chr. endete die Salinar-Kultur. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 15 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Flasche mit geometrischem Muster Salinar 300 - 100 Keramik, Höhe 21,3 cm Larco Museum Peru In der klar gestalteten Flasche setzten sie einen sich wiederholenden treppenförmigen Block in dunklem Bordeauxrot gegen den natürlichen Orangeton der Keramik. Die Muster wurden durch Einritzungen besonders eingefasst und durch Bemalung vor dem Brand hervorgehoben. Vicùs 500 v. Chr. – 800 n. Chr. Die Vicús-Kultur bestand zwischen 500 v. Chr. bis 800 n. Chr. im nördlichen Hochland Perus. Sie blühte auf, als am Ende des Frühen Horizontes eine Reihe lokaler Kulturen wieder erstarkten und somit die kulturelle Vielfalt der Frühen Zwischenperiode ankündigten. Regional war sie weitgehend beschränkt auf das Piura-Tal im gebirgigen Binnenland des äußersten Nordens Perus, bereits an der Grenze zu Ecuador gelegen. Es lassen sich zwei sehr verschiedene Stile unterscheiden. Der eine ist recht eigenständig, mit Einflüssen aus den sich nördlich anschließenden Kulturen von Ecuador und Kolumbien. Krone eines Priesterfürsten Vicús 500 v. Chr. – 800 n. Chr. Gold, Kupfer, Höhe 38,7 cm Larco Museum Peru Die Krone wurde sehr aufwändig aus vergoldetem Kupfer gefertigt, indem mehrere Streifen mit Laschen und Zungen zusammengefügt wurden. In vorgestanzte Löcher wurden rechteckige Drähte eingeführt, an denen runde Scheiben hängen. Anhänger sind in Alt-Peru ein Zeichen besonderer Vitalität. Haare oder Anhängsel an Kleidern und Schmuck sind oft als lebendige Schlangenleiber, Federn oder Trophäenköpfe gestaltet und symbolisieren deren Kraft. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 16 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Die zweite ist praktisch mit der Frühphase der berühmten Moche-Kultur identisch, die weiter südlich an der Nordküste Perus entstand. Man versteht Vicús somit auch als Bindeglied zwischen dem Frühen Horizont und der Kultur der Moche in der Frühen Zwischenperiode. Ihre Keramik ist kraftvoll, aber technisch recht grob. Bemerkenswert an Vicús aber ist ihre Kunst, Metalle wie Gold-Legierungen, Kupfer und auch bereits eine arsenhaltige Bronze zu verarbeiten. Chavín 900 – 200 v. Chr. Der Frühe Horizont, also die peruanische Geschichte zwischen 900 und 200 vor Christus war geprägt durch den Stil von Chavín - benannt ist er nach der monumentalen Tempelanlage von Chavín de Huantar, die in zwei Bauabschnitten ab 900 vor Christus und ab 500 vor Christus errichtet wurde. Erstmals waren weite Teile des riesigen Andenraumes vereinigt. Chavín war kein politisches Reich, sondern ein wirtschaftliches, künstlerisches und vor allem religiöses Zentrum, das seinen enormen Einflussraum weit ausdehnte. Chavín-Keramik wurde bis in den Süden Peru s exportiert, vermutlich durch Händler und Pilger, die Chavín de Huantar als bedeutsamen Wallfahrtsort aufsuchten. Neben seiner Funktion als religiöses Zentrum, dessen Kult die Menschen aus vielen Teilen des Landes anzog, war Chavín de Huantar auch ein wichtiger Verkehrsknoten. Chavín markiert die Verbindung zwischen Küste, Bergen und Regenwald und hatte Zugang zu den Ideen und Ressourcen aller Regionen. Die religiöse Bildwelt Chavíns wird dominiert von göttlichen Mischwesen, die aus Tieren der einzelnen Öko-Zonen zusammengesetzt sind. Wichtige Symboltiere sind Raubkatzen wie der Jaguar, Schlangen wie die Anakonda, Raubvögel wie der Harpyenadler und Kaimane – alles aggressive Raubtiere, deren Krallen und Reißzähne die Gewalt der Naturmächte begreifbar machen . Krone eines Priesterfürsten mit Darstellung des Stabgottes Chavin 900 – 200 v. Chr. Gold, Breite 44 cm Larco Museum Peru Um die Bilder der Götterwelt in die verschiedenen Regionen zu exportieren, war es nötig, sie auf transportable, tausendfach vervielfältigbare Medien zu übertragen. Hierfür boten sich Textilien, Keramik und Goldschmuck an. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 17 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Paracas Die Paracas-Kultur beginnt um 800 v. Chr. und endet 200 v. Chr. Danach setzt ein allmählicher Kulturwandel ein, als dessen Endprodukt die Kultur von Nazca erscheint. Ihr geographisches Kerngebiet verlagerte sich ein wenig nach Süden an die Nebenflüsse des Rio Grande de Nazca und den Rio Ica. Die Bedingungen für Landwirtschaft sind hier sehr schwierig. Dürren, Springfluten und Erdbeben sind häufig, alle Flüsse versickern, bevor sie das Meer erreichen. Daher wurden unterirdische Wasservorkommen aufwändig erschlossen und die fruchtbaren Schwemmböden über künstliche Wasserleitungen bewässert. In Bevölkerung, Lebensstil, Technik und Religion gab es eine Kontinuität von Paracas zu Nazca in der Frühen Zwischenperiode. Doppelausgussgefäß mit Pfeife Paracas 800 – 200 v. Chr. Keramik, Höhe 13 cm Linden- Museum Stuttgart Die Gestalt der Keramik ist typisch für Paracas: ein bauchiger, kugelförmiger Gefäßkörper mit zwei konischen Ausgüssen, die durch einen Brückenhenkel als Tragegriff miteinander verbunden sind. Im Gefäß ist ein Pfeifmechanismus eingebaut, der beim Gießen und Schwenken einen durchdringenden Ton erzeugt. Er symbolisierte die Stimme des kleinen Falken, dessen Kopf oben an einem der Ausgüsse sitzt. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 18 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Frühe Zwischenperiode 200 v. Chr. bis 600 n. Chr. Nazca In der Nazca-Kultur, die zwischen 200 v. Chr. bis 600 n. Chr. an der Südküste Perus besteht, verlagert sich die religiöse Bilderwelt schwerpunktmäßig von den Textilien auf das Medium der Keramik. Lesbare, bildhafte Motive finden sich öfter in der Keramik von Nazca. Sie gilt als die feinste in Südamerika. Weltweite Berühmtheit erlangte Nazca wegen seiner „Scharrbilder“. Ein Gebiet von mehreren 1000 qkm regenloser Pampa wurde mit Linien und Bildern gestaltet, indem man die dunklen Steine von der Oberfläche absammelte. Der freigeräumte, sandig-gelbe Untergrund aus Gips bildete dann gut erkennbare Muster, die zusätzlich auch in den Boden eingescharrt wurden. Seit 1995 gehören diese Bodenbilder zum UNESCOWeltkulturerbe. Sie bestehen aus kilometerlangen, schnurgeraden Linien, geometrischen Flächen wie Trapezen und Spiralen und überdimensionalen, bis 700 m langen Tierfiguren. Einige von ihnen sind vom Boden aus kaum zu überblicken. Mundmaske Nazca 200 v. Chr. – 600 n. Chr. Gold-Kupfer -Legierung, Höhe 9,5 cm Larco Museum Peru Mundmasken sind von vielen Darstellungen der Nazca-Kultur an der Südküste Perus gut bekannt. In der farbig bemalten Nazca-Keramik sind Abbildungen von mythischen Wesen häufig, die einen solchen Schmuck um den Mund tragen. Die ungewöhnliche Form der Mundmaske erinnert an einen Bart oder die Schnurrhaare von Katzen. Das Katzenelement ist auf vielen Keramiken verbunden mit Falken und Schlangen. Auch auf dieser Mundmaske lassen sich Elemente solcher Tiere erahnen. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 19 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Recuay 200 v. Chr. – 600 n. Chr. Der Recuay-Stil verbreitete sich nach dem Ende des Chavín-Horizontes im 2. vorchristlichen Jahrhundert vom nördlichen und mittleren Hochland aus über weite Teile Perus. Einzelne Funde reichen bis ins amazonische Tiefland hinein. Gegen das Jahr 600 geht die Recuay-Kultur unter, zeitgleich mit der Moche-Kultur wohl im Rahmen der Expansion des Huari-Reiches, welches den Mittleren Horizont prägte. Zepter eines Priesterfürsten Recuay 200 v. Chr. – 600 n. Chr. Silber, Höhe 18,8 cm Larco Museum Peru Zum Ornat ranghoher Priesterfürsten in Alt-Peru gehörten neben festlicher Kleidung, Kopfschmuck, Pektoral, Ohr- und Nasenringen zuweilen auch lange Standarten oder kürzere Zepter als Zeichen ihrer Macht und Würde. Das kleine Zepter aus reinem Silber zeigt auf einem schlanken Stiel, der möglicherweise auf einen Holzstab aufgesetzt werden konnte, in eindrucksvoller Stilisierung eine sich aufrichtende Raubkatze. Sie ist geschmückt mit kugelförmigen, frei schwingenden Anhängern und einem Kopfputz, den die doppelköpfige Schlange krönt, ein gängiges Symbol vor allem auf altperuanischen Textilien. Moche 100 - 600 600 Kilometer lang erstreckte sich ab 100 nach Christus das Reich der Moche entlang der Küste im Norden Perus. Die Moche gliederten ihr Herrschaftsgebiet in regionale Staaten, es entstanden große Städte und eine Vielzahl regionaler Stile und Kulturen. Mächtige Bauwerke aus luftgetrockneten Lehmziegeln, den Adobes, wurden errichtet. Säulenartige Blöcke aus aufgeschichteten Ziegeln wurden mit genau berechneten Baufugen nebeneinander gesetzt, um den gigantischen Baukörpern die notwendige Flexibilität und Stabilität zu geben, um starken Temperaturschwankungen und Erschütterungen durch Erdbeben zu widerstehen. Die Wände waren sorgfältig mit Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 20 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Lehmputz verziert, auf dem in plastischem Relief oder farbenfroher Freskenmalerei Götter, mythische Bilder und rituelle Szenen dargestellt sind. Ohrpflöcke eines Priesterfürsten Moche 100 – 600 Gold, Muschel, Halbedelstein, Durchmesser 10 cm Larco Museum Peru Die großen Scheiben des Ohrringpaares zeigen zwei Krieger. Sie wurden in hervortretender Einlegearbeit aus verschiedenfarbigen Halbedelsteinen, roter Spondylus-Muschel, Gold und Perlmutt gestaltet und mit Naturharzen aufgeklebt. Die Moche verbesserten auch die Techniken der Metallverarbeitung. Sie verwendeten neben Gold und Silber in großen Mengen Kupfer, das zu Schmuck, Waffen und Geräten verarbeitet wurde. Metall war ein wichtiges Statussymbol und Teil jeder Grabausstattung. Berühmt wurde die Kultur der Moche durch ihre einzigartige Keramik: Götter, Menschen, Tiere, Pflanzen und auch Alltagsszenen wurden plastisch wie auch mit feinen Pinselstrichen gemalt dargestellt. Die Bandbreite der Motive, ihr Realismus, ihre Ausgewogenheit, Vitalität und Ausdruckskraft dokumentieren eindrucksvoll die Welt der Moche. Die grandiose Kultur der Moche geht zusammen mit der von Nazca um 600 nach Christus unter. Eine Serie verheerender Naturkatastrophen hatte die Macht des Adels ins Wanken gebracht. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 21 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Lima 300 - 700 An der Zentralküste Perus entstand 300 n. Chr. die Lima-Kultur. Sie reicht bis in die Zeit des Mittleren Horizontes und endet 700 n. Chr. Doppelausgussgefäß mit Hirten und Lamaherde Lima 300 - 700 Keramik, Höhe 17,5 cm Larco Museum Peru Die Keramik aus der Lima-Kultur an der Zentralküste Perus vereint Stilmerkmale von Nord- und Südküste: Der doppelte Ausguss mit Bügelgriff ist eine Variante der seit der ParacasKultur an der Südküste verbreiteten Form, während die figürliche Szene Einflüsse der Kulturen der Moche oder Chimú von der Nordküste verrät. Auf der einen Seite der Keramik ist ein Hirte zu sehen, der eine Lamaherde in Zweierreihen auf einem Weg zu einem Haus treibt. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 22 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Mittlerer Horizont 600 bis 1000 Huari 500 - 800 Der Mittlere Horizont, also die Zeit von 600 bis 1000 n. Chr., wird bestimmt durch eine gewaltige Expansionsbewegung, die von den Hauptorten Tiahuanaco und Huari ausgeht. Beide Städte gründen ab ca. 500 n. Chr. mächtige politische Reiche. Kunststile, Motive, Religion, Handel und Wirtschaft vereinheitlichen sich unter ihrer Oberhoheit in weiten Teilen des Andenraumes. Tiahuanaco war eine Großstadt südöstlich des Titicacasees mit mehreren Zehntausend Einwohnern auf einer Grundfläche von mindestens 10 qkm, einem ausgeprägten Zeremonialzentrum und einer Lama-Karawanserei als Verkehrs- und Handelsknoten. Huari liegt weiter nördlich im zentralperuanischen Hochland, etwa 25 Kilometer von der heutigen Stadt Ayacucho entfernt. Die beiden Großreiche waren Vorläufer der Inka. Sie entwickelten viele der Dinge, die die Inka später perfektionieren und überaus erfolgreich anwendeten, um ihr Imperium zu beherrschen: bewässerte Ackerbauterrassen im Hochland, Knotenschnüre (Quipus) zum Erfassen statistischer Daten, eine zentralistische Verwaltung, ein ausgeprägtes Handelssystem mit Lamakarawanen und ausgebau ten Straßen, eine klare militärische Vorgehensweise, die Herstellung von Werkzeuge und Waffen aus Bronze in größerem Umfang und schließlich ein sachlicher, fast technokratisch anmutender Stil in Kunst und monumentaler Steinarchitektur. Becher in Form eines Fußes Huari 500 - 800 Keramik, Höhe 11,7 cm Larco Museum Peru Die leicht konkave Form des Bechers wird als kero bezeichnet. Kero tauchen zunächst im Mittleren Horizont auf. Sie sind typisch für die Kultur der großen Zeremonialstadt Tiahuanaco am Titicacasee in Bolivien, und sie verbreiten sich mit dem künstlerischen Einfluss, der von den neuen Zentren Tiahuanaco und Huari ausstrahlt. Deren politische Reiche bewirken gleichzeitig auch eine politische Machtverschiebung von der Küste zum südlichen und zentralen Hochland. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 23 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Späte Zwischenperiode 1000 bis 1450 Lambayeque 750 - 1200 Eine Vielfalt verschiedener Kulturen und Kunststile kennzeichnet die Späte Zwischenperiode in der Geschichte Alt-Perus. 750 erblühten die Königreiche Lambayeque und Chimú. Die Lambayeque-Kultur erlebte ihren Höhepunkt von 900 bis 1100 n. Chr in fruchtbaren Oasentälern im äußersten Norden Perus. Danach ging sie in der Chimú-Kultur auf. Einige Elemente des zentralistisch verwalteten HuariReiches bleiben in den Kulturen der Nordküste bestehen, vor allem in der soziopolitischen Struktur und im Bereich der Kunst. Die Ausgussformen und Motive der Lambayeque-Keramik beispielsweise lassen den Einfluss von Huari erkennen. Im Vergleich zur Moche-Zeit verlieren die Darstellungen an naturalistischer Lebendigkeit, sind starrer und stärker stilisiert. In der Architektur werden Elemente der Moche-Zeremonialzentren wie Pyramiden, Plattformen, Mauern und rechteckige Höfe wieder aufgenommen und neu kombiniert. Goldbecher mit Gesicht Lambayeque 750 - 1200 Gold, Höhe 19,5 cm Larco Museum Peru Der Zeremonialbecher ist aus Gold gearbeitet und zeigt ein menschliches Gesicht mit den markanten Reißzähnen eines Raubtieres im geöffneten Mund. Raubtiere sind in vielen altperuanischen Kulturen ein göttliches Attribut und symbolisieren Macht. Da dieses Gesicht auf vielen Objekten der Lambayeque-Kultur erscheint, wird es als Darstellung des Hauptgottes dieses Volkes interpretiert. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 24 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Chancay 1000 - 1450 Die Chancay-Kultur dominierte die Späte Zwischenperiode an der Zentralküste Perus. Sie entstand 1000 und ging 1450 in die Kultur der Inka über. Kissen mit Web-Szene Chancay 1000 - 1450 Textil, Länge 60 cm Larco Museum Peru Das Kissen mit der WebSzene ist mit Blättern des Koka-Strauches, einer heiligen Pflanze, gefüllt. Es hat die Form eines liegenden Menschen, der als Basis für die figürliche Szene mit zwei Weberinnen dient. Im Zentrum der Szene steht eine Person mit feiner Tunika und Gesichtsbemalung, möglicherweise ein Würdenträger, für den die beiden Weberinnen arbeiten. Auch sie tragen typische Kleidung und Gesichtsbemalung. Chimú 1000 - 1476 An der Nordküste Perus bestand zwischen 1000 und 1476 die Kultur der Chimú. Zentrum des Chimú-Königreiches war die Hauptstadt Chan Chan. Hierher wurden die Kunsthandwerker aus Lambayeque und anderen Reichsteilen gebracht, um Waren für die Herrscher zu produzieren. Der Stand des technologischen Wissens war sehr hoch. Dies betrifft die Metallverarbeitung wie andere Kunsthandwerke, die eine neue Blüte erreichten. Die Chimú waren Meister in der Herstellung von Feder-, Muschel- und Holzarbeiten. Gräber wurden reich ausgestattet mit enormen Mengen fein ziselierter Edelmetallobjekte, riesigen Gold-Masken und luxuriösem Schmuck. Gold- und Silberbecher sind fast schon eine Massenware, die zu Hunderten stapelweise den Toten mitgegeben wurde. 1476 besetzte der Inka Pachacuti Yupanqui die Berge im Hinterland der Stadt Chan Chan und zerstörte die Kanalsysteme, die von hier das Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 25 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig lebenswichtige Wasser heranführten. Damit durchtrennte er den Lebensnerv, von dem alle Oasenkulturen an der peruanischen Küste abhängig waren. Goldene Bartpinzette Chimú 1000 - 1476 Gold, Länge 8,4 cm Linden -Museum Stuttgart Pinzetten aus Gold oder Silber waren in Alt-Peru weit verbreitet. Die Bartpinzette schmücken zwei kleine Äffchen. Affen haben eine rituelle Bedeutung und werden zum Pflücken der Früchte heiliger Bäume eingesetzt. Nachdem der ursprüngliche Wald mit seiner Fauna aus den Küstenoasen Perus verschwunden und durch Felder ersetzt war, kamen Affen vor allem an den grünen Küsten Ecuadors vor. Von hier wurden sie über Fernhandelswege importiert. Daher wurden sie mit Fruchtbarkeit, Handel und Luxusobjekten assoziiert, die ebenfalls aus Ecuador stammten. Die wichtigste Bedeutung des Affen aber war die des Schamanentiers. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 26 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Später Horizont 1450 bis 1532 Inka 1200 - 1532 Die Inka-Kultur entsteht 1200 im zentralen und südlichen Hochland Perus und breitet über das gesamte Peru und Teile Ecuadors, Boliviens und Chiles aus. Der Name „Inka“ bezeichnet kein Volk, sondern einen Abstammungsverband, später dann auch den Herrscher selber. Die mündliche Überlieferung berichtet von 13 Inka-Herrschern, von denen die ersten sieben allerdings einen eher legendären Charakter haben. Dem Mythos zufolge war es der Stammvater Manco Capac, der als Sohn des Sonnengottes Inti auf einer heiligen Insel im Titicacasee zur Erde gelangte. Als erster Inka brachte er den unzivilisierten Menschen neben dem Sonnenkult, der Staatsreligion der Inka, verschiedene Kulturgüter. Die Inka waren zunächst eine kleine Gruppe, die als Bauern im Hochtal von Cuzco siedelten und häufig in kriegerische Auseinandersetzungen mit ihren Nachbarn verwickelt waren. Erst unter Führung des 9. Inka Pachacuti Yupanqui, 1438 bis1471, und seines Sohnes Topa Yupanqui, 1471 bis 1493, gelangen entscheidende militärische Siege, die eine Phase der gezielten Expansionspolitik einleiteten. Dabei gliederten sie die unterworfenen Völker und Gebiete wie das Königreich der Chimú systematisch in ihr Staatswesen ein. Mütze eines Adligen Inka 1200 - 1532 Wolle, Pflanzenfasern, Federn, Durchmesser 31,5 cm Linden -Museum Stuttgart Feine Kleidung und prächtige Kopfbedeckungen aus Textil und bunten Federn dienten den Adligen des InkaReiches als Zeichen ihrer Würde. An ihnen konnte man ihre Stellung, Funktion und Herkunft ablesen. Die feinsten Kleider und Federarbeiten wurden von den aqllas, den so genannten „Sonnenjungfrauen„ hergestellt. Dies waren Töchter von Adligen oder besonders schöne und begabte Mädchen aus einfachen Schichten. Sie durchliefen eine exzellente Ausbildung und lebten hoch geachtet in klosterähnlichen Palästen. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 27 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Der Inka-Staat war straff organisiert: Der Inka wurde als Abkömmling der Sonne verehrt und besaß uneingeschränkte politische wie religiöse Autorität. Er verfügte als spirituelle Quelle aller Dinge frei über Land und Menschen. Aus seiner Verwandtschaft rekrutierte sich der Hochadel, der die Schlüsselpositionen in Verwaltung und Heer innehatte. Daneben existierte ein Verdienstadel, in den erfolgreiche Kriegsanführer, Baumeister und Handwerker aufsteigen konnten. Auch sie genossen Privilegien, trugen kostbare Kleider und Schmuck aus Gold und Silber und wohnten in Palästen. Figur eines Inka-Adligen Inka 1200 - 1532 Gold, Höhe 6,3 cm Linden -Museum Stuttgart Die kleine Goldfigur zeigt das realistische Abbild eines Würdenträgers aus der Inka-Zeit. Zu erkennen ist er an seinen überlangen Ohrläppchen. Adligen wurde bereits in jungen Jahren die Ohren durchstochen, um Ohrpflöcke tragen zu können. Nach und nach wurden diese Schmuckstücke als Privileg ihres Ranges immer größer und die Ohrläppchen Stück für Stück geweitet. Als die Spanier das Inka-Reich eroberten, nannten sie die Würdenträger daher Orejones – Langohren Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 28 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 6. Francisco Pizarro – der Eroberer des Inka-Reiches Francisco Pizarro wurde zwischen 1475 und 1478 in Trujillo in der Estremadura geboren, einer damals rückständigen Region in Spanien. Sein Vater, der Hauptmann Gonzalo Pizarro, entstammte dem verarmten niederen Landadel. Francisco war einer von mehreren Söhnen aus unehelichen Verbindungen seines Vaters. Seine Kindheit verbrachte er als ungebildeter Schweinehirt. Die Fremde zog Pizarro magisch an. Als junger Erwachsener nahm er an vielen Entdeckungsreisen teil, bis er von einem sagenhaften Goldreich in Südamerika erfuhr: Peru. Zwei Versuche, zum Inka-Reich vorzustoßen schlugen Fehl. Erst als er im Auftrag Spaniens erneut in See stach, erreichte er 1532 mit einer Streitmacht von 170 den Norden Perus. Von hier aus stiegen sie ins Hochland der Anden, wo der Inka-Herrscher Atahualpa sie in Cajamarca erwartete. Es gelang Pizarro, freundliche Absichten vorzutäuschen und Atahualpa in einem Hinterhalt gefangen zu nehmen. Trotz gegenteiliger Versprechungen ließ er ihn nach Zahlung eines enormen Lösegeldes in Gold und Silber hinrichten. Anschließend marschierte er in der Inka-Hauptstadt Cuzco ein. Geschickt nutzte Pizarro die Zerstrittenheit des Inka-Adels aus. Er pflegte Kontakte zu allen Seiten, ging Bündnisse ein und setzte skrupellos seine Machtinteressen durch. Die Folge: Die Eroberung Perus durch Pizarro geschah durch eingeborene Armeen. 1535 gründete Pizarro die neue Hauptstadt Lima an der Pazifikküste. Francisco Pizarros unstillbarer Ehrgeiz und seine Gier wurden schließlich auch ihm zum Verhängnis. Ein verschworener Kreis von Gegnern überfiel ihn am Abend des 26. Juni 1541 in seinem Haus in Lima. Obwohl der mittlerweile über 60-Jährige sich verzweifelt verteidigte, wurde er niedergestochen und ermordet. Steißschutz aus Gold Moche 100 - 600 Gold-Silber-Kupfer-Legierung, Länge 17,3 cm Larco Museum Peru Steißschutze, Hüft- oder Lendenprotektoren sind charakteristisch für die Kultur der Moche. Zeichnungen dieser Chalchalcha auf Keramiken zeigen, dass sie unterhalb des Rückens auf der Hüfte mit einer Art Gürtel befestigt wurden und dann frei über das Gesäß herabhingen. Am oberen Ende der Steißschutze sind jeweils drei schlaufenförmige Befestigungsmöglichkeiten zu erkennen. Einfache Hüftprotektoren aus Kupfer wurden von Kriegern getragen und dienten ihnen wie Helme und Schilde als Teil ihrer Schutzkleidung. Aus wertvollen Materialien gefertigt, gehörten sie aber auch zum Ornat von Priestern, wie der Steißschutz aus Gold-Silber-KupferLegierung. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 29 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 7. Die Eroberung Perus: Pizarro, Atahualpa und die Gier nach Gold Mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus 1492 begann die systematische Ausbeutung der Urbevölkerung und Naturreichtümer des Doppelkontinents. Von Anfang an war die Suche nach Goldschätzen neben der Verbreitung des Katholizismus eine der Haupttriebfedern der Eroberung. Gold war knapp geworden in Europa. Es hatte im Mittelalter als Währung gedient, und nun waren die Minen nahezu erschöpft. Der Transsahara-Handel mit den Goldvölkern Westafrikas stockte. Gleichzeitig floss viel Gold in den Orient, nach Indien und China ab. Über die Seidenstraße importierte Europa feine Stoffe, Gewürze und andere Luxuswaren. Die erhielt man nicht im Tausch, sondern nur gegen Edelmetall. Europäische Produkte waren im frühen Welthandel nicht konkurrenzfähig. Zur Zeit der Eroberung Perus war der Habsburger Karl V. spanischer König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Schon seine Kaiserwahl hatte er durch Bestechung finanzieren müssen. Sein weltumspannendes Reich, in dem „die Sonne nie unterging“, stand chronisch am Rande des Staatsbankrotts, da seine Hofhaltung und die vielen Kriege gegen Protestanten, Muslime und andere Gegner enorme Summen verschlangen. Aus Geldmangel musste er die Eroberung der Kolonien in Amerika und Asien im Wesentlichen privatwirtschaftlich organisieren. Goldener Kronenaufsatz eines Priesterfürsten Moche 100 - 600 Gold, Breite 30,7 cm Larco Museum Peru Prunkvoller Kopfschmuck gehörte zu den wertvollsten Accessoirs der MochePriesterfürsten. Das fein gearbeitete Exemplar ist das Stirnteil eines aufwändigen Kopfputzes. Im Zentrum der Darstellung steht das eindrucksvolle Gesicht eines Mischwesens. Es hat das Maul einer Raubkatze und den mächtigen Hakenschnabel eines Raubvogels. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 30 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Die „Conquista“ der Neuen Welt funktionierte nach folgendem Muster: Ein „Capitán“ genannter Heerführer rüstete einen Entdeckungs- und Beutezug unter seiner Leitung aus. Die spanische Krone gab ihm hierzu die Erlaubnis, reservierte sich einen Teil des Reingewinns und befreite den Capitán von Einfuhr- und Verkaufssteuern. Die erhoffte Beute musste das gesamte Geschäft finanzieren: die Ausrüstung, die Söldner, die mitzuführenden Geistlichen und Finanzbeamten der Krone und oft auch Bankiers, bei denen der Capitán Geld aufgenommen hatte. Die Teilnehmer eines solchen Unternehmens standen also unter einem existentiellen Erfolgszwang, der sich nicht selten in skrupelloser Gewalt Bahn brach. Träger der Eroberung waren vor allem die Hidalgos, wirtschaftlich ruinierte und sittlich verrohte Landadelige. Männer wie Claudio Pizarro, der 1532 die Inka-Stadt Tumbes an der äußersten Nordküste des heutigen Peru erreichte, und von dort die Eroberung des Inka-Reiches begann. Pizarros Streitmacht von angeblich nur 130 Soldaten und 40 Reitern mit Arkebusen und zwei kleinen Kanonen zieht durch die engen Schluchten der Anden zur Inka-Stadt Cajamarca im nördlichen Hochland. Sie reisen nun auf den hervorragend ausgebauten Inka-Straßen durch ein vom Bürgerkrieg verwüstetes Land. Dabei werden sie beobachtet, aber nicht behindert von den Truppen des letzten Inka-Herrschers Atahualpa. Der scheint unbekümmert und genießt die heißen Schwefelquellen bei Cajamarca. Mit einem Heer von 50.000 Soldaten lagert er auf einem Wiesengelände hinter der Stadt und nicht etwa in der nahen Festung. Goldener Becher mit Zinnoberbemalung und plastischem Dekor Lambayeque 750 - 1200 Gold, Höhe 12 cm Linden -Museum Stuttgart Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Der prunkvolle Goldbecher war einst in reicher Einlegearbeit verziert. Möglicherweise bestanden die Einlagen aus farbigen Halbedelsteinen wie Türkis, Lapislazuli und Malachit oder aus Stücken der orangeroten SpondylusMuschel. Daneben haben sich in den Vertiefungen des Reliefs Reste der ursprünglich rötlichen Zinnoberbemalung erhalten, die den plastischen Dekor eindrucksvoll hervortreten lassen. Das zentrale Motiv zeigt einen sitzenden Adligen. Sein hoher Rang lässt sich an seiner Ausstattung mit einem Häuptlingsstab und einer Krone, vielleicht mit Federn, ablesen. Seite 31 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Als Pizarro in Cajamarca eintrifft, liegt die Stadt verlassen. Am 16. November 1532 folgt Atahualpa mit 6000 kaum bewaffneten Indianern einer Einladung Pizarros auf den zentralen Platz der Stadt. Hier begegnen sich die beiden Abordnungen. Christenpriester und Inka-Herrscher halten eine unverständliche Zwiesprache und auf ein verabredetes Zeichen stürzen Pizarros Soldaten mit ihrem Schlachtruf „Sankt Jakob“ aus den umliegenden Gebäuden hervor, metzeln die wehrlosen Indianer nieder und nehmen Atahualpa gefangen. Durch diesen Hinterhalt hatte Pizarro den absoluten Herrscher des Inka-Reiches zu seiner Geisel gemacht – und mit ihm die Befehlsgewalt an sich gerissen. Trotz seiner Gefangenschaft hielt Atahualpa in Cajamarca weiter Hof und regelte die Staatsangelegenheiten. Er war hochgebildet und neugierig. Bald lernte er schreiben, was Pizarro bis zu seinem Tod nicht richtig beherrschte. Die Spanier bedrängten ihn mit Forderungen nach Gold. Als Lösegeld für seine Freilassung ließ er einen Saal von 88 Kubikmetern einmal mit Gold- und zweimal mit Silberobjekten füllen. Trotz dieser Schätze und aller Versprechungen ließ Pizarro Atahualpa am 29. August 1533 hinrichten - wohl auf Drän gen seiner meuternden Mannschaft. In den folgenden Jahren wurde das ehemalige Inka-Reich systematisch nach Gold und Silber durchwühlt. Die Goldgier der Spanier machte auch vor Grabschändungen nicht halt. Ein extra erlassenes Gesetz erlaubte es, heidnische Gräber und Tempelanlagen zu plündern, denn hier lagerte besonders viel Gold, das für die Indianer vor allem eine religiöse Bedeutung hatte. Die Chronisten berichten, alle Geräte und Wasserleitungen im Sonnentempel von Cuzco seien aus reinem Gold gewesen, seine Mauern mit goldenen Platten verkleidet, sein Garten voller Nachbildungen der Tiere und Pflanzen des Reiches aus edlem Metall. Gold- und Silberobjekte, die sie in jahrelanger Mühe erschaffen hatten, mussten die Kunsthandwerker zu Barren einschmelzen und nach Europa verfrachten. Angeblich brannten die Schmelzöfen nach der Eroberung Cuzcos einen ganzen Monat ohne Unterbrechung. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 32 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 8. Der Lebensraum Alt-Peru: Naturreichtum und Naturkatastrophen Der kulturgeographische Begriff „Alt-Peru“ bezeichnet den zentralen Andenraum in Südamerika, eine Region, die wesentliche Teile der heutigen Staaten Peru und Bolivien umfasst. Das ist das Kerngebiet des ehemaligen Inka-Reiches. Der Lebensraum der alt-peruanischen Kulturen ist gekennzeichnet durch eine Vielfalt höchst unterschiedlicher geographischer und ökologischer Zonen. Im Osten breitet sich das gewaltige Amazonas-Becken mit dem größten noch existierenden Regenwaldgebiet der Erde aus: eine grüne, von einem Geflecht an Flussläufen durchzogene Ebene, aus der nachmittags Gewitterwolken wie gewaltige Wetter-Pilze emporsteigen. Weiter nach Westen steigt der Regenwald an und geht über in den steilen Ostabhang der Anden, deren Gebirgsketten wie ein gigantisches Rückgrat den gesamten Kontinent in Nord-Süd-Richtung durchziehen. Der vom Atlantik über Amazonien wehende Passatwind regnet sich hier ab und sorgt für extreme Niederschlagsmengen von 3000 mm und mehr pro Jahr. Feuchtheißes Klima, die üppige Vegetation des immergrünen Nebelwaldes und ein steiles Gelände machen diese Gegend bis heute sehr unwegsam. Vom Andenostabhang wird es nach Westen hin kontinuierlich immer trockener. Steigbügelgefäß in Form eines LastLamas Moche 100 - 600 Keramik, Höhe 16 cm Linden -Museum Stuttgart Die Keramik zeigt ein Pack-Lama, das auf eine Weise beladen ist, die man noch heute in Peru beobachten kann. Markierungen im Ohr dienten und dienen zur Kennzeichnung des Eigentümers. An der Küste gab es damals eine besonders große und robuste Lamarasse. Sie war an das dortige Klima angepasst und ist mit dem Untergang der indianischen Kultur an der Küste ausgestorben. Bereits aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert gibt es Belege dafür, dass Lamakarawanen alle Landschaftstypen Perus miteinander verbanden. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 33 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Zunächst steigen die Kordilleren der Anden immer weiter in die Höhe. Ihre Gipfel erreichen Höhen von 6-7000 Metern. Sie schließen im Süden die Altiplano genannten weiten Hochbecken mit dem Titicaca-See ein. Auf diesen 4000 Meter hoch gelegenen, niederschlagsarmen Hochebenen wächst eine Trockengrassteppe, die als Weide für Lama- und Alpakaherden genutzt wird. Es herrscht ein raues Klima mit täglichen Temperaturschwankungen von bis zu 40 Grad Celsius. Die felsige Schwarze und die vergletscherte Weiße Kordillere schließen sich in westlicher Richtung an. Nach Westen zu werden die Anden wieder niedriger, aber auch immer öder und vegetationsärmer, menschenverlassene braune Gebirgsketten reihen sich aneinander. Lediglich das Grün einiger tief eingeschnittener Längstäler deutet auf eine dichtere Besiedlung hin. Viele Anden-Täler verfügen über gute Böden, ein gemäßigtes Klima und in höheren Lag en über ausreichend Regen, um Landwirtschaft ohne künstliche Bewässerung zu betreiben. Ansonsten bewässerte man die Felder aus Flüssen oder legte an den Hängen Ackerbau -Terrassen an. In solchen Hochtälern nahmen große Kulturen und Reiche ihren Ausgang, die weite Teile Alt-Perus in einem so genannten „Horizont“ vereinigen. Die Inka-Hauptstadt Cuzco beispielsweise liegt in einem weiten Tal auf 3400 Metern Höhe. Zum Meer hin geht die Landschaft dann in eine echte Wüste über. Der 30 bis 150 km breite Küstenstreifen am Pazifik gehört zu den trockensten Landstrichen der Erde. Während es an der Nordküste Perus noch seltene Niederschläge in den Sommermonaten der Südhalbkugel, also von Dezember bis März, gibt, regnet es an der Südküste und in Nordchile jahrelang gar nicht. Lediglich in etwa 40 Quertälern bringen Flüsse Wasser aus den Anden herab. In diesen Flussoasen finden wir Vegetation. Früher war dies dichter Wald, heute sind es bewässerte Felder, überwiegend mit Zuckerrohr. Trotz ihrer extremen Regenarmut entwickelten sich gerade hier die frühen peruanischen Hochkulturen. Ihr System von Bewässerungsanlagen war ausgeklügelt und verband in einigen Fällen Täler über mehrere Hundert Kilometer durch Wasserkanäle. Zusammen mit den angenehmen Temperaturen, die auch im Sommer selten 30 Grad übersteigen, der hohen Sonneneinstrahlung und intensiven landwirtschaftlichen Methoden waren je nach Feldfrucht zwei bis drei reiche Ernten pro Jahr möglich. Die ausgeprägte Niederschlagsarmut an der Pazifikküste ist auf den Humboldt-Strom zurückzuführen, eine von der Antarktis in Richtung Äquator fließende kalte Meeresströmung, die Regen an der Küste verhindert. Gleichzeitig aber sorgt er zusammen mit den von den Süßwasserflüssen aus den Anden eingeschwemmten Nährstoffen für eine sauerstoffreiche Nährsuppe, die eine unvorstellbare Fülle an Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 34 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Leben hervorbringt. Die Küstengewässer Perus gelten als die reichsten Fischgründe der Welt. Gefäß mit Langustenfischer Chimú 1000 - 1476 Keramik, Länge 31,5 cm Linden -Museum Stuttgart Neben Fischen zählten auch Muscheln, Meeresschnecken und Krustentiere zu den wichtigen Nahrungsquellen der Küstenkulturen. Auf der Keramik ist ein Fischer dargestellt, der seine Langustenreuse einholt. Auf ihr befindet sich wie eine Allegorie seiner Tätigkeit ein überdimensionales Exemplar seiner Beute, und auch die Reuse selbst nimmt die Form einer Languste an. Schwarze, figürliche Keramiken sind typisch für die Kultur der Chimú im Späten Horizont. Der Reichtum des Meeres wird durch regelmäßig eintretende El Niño-Ereignisse jäh unterbrochen. Dabei reißt der kalte Humboldt-Strom aus noch nicht vollständig geklärten Ursachen ab und warme, nährstoffarme Wassermassen fließen von Norden her nach. Diese Klimaphänomene bauen sich um Weihnachten herum auf, weshalb sie den Namen El Niño, das Christkind, erhielten. Für die Küstenbewohner bedeuteten sie ein Massensterben der Meerestiere und damit den Verlust ihrer Lebensgrundlage. Gleichzeitig kommt es in der Küstenwüste und auch in den Bergen zu sintflutartigen Regenfällen. Ganze Landstriche werden überschwemmt, Felder, Bewässerungskanäle und Lehmhäuser fallen den Überschwemmungen zum Opfer. Sichtbaren Ausdruck findet dieses Gefühl der Abhängigkeit von den Naturmächten, die Fruchtbarkeit und Überfluss spenden, ihre Gaben aber auch entziehen und die Menschen damit töten können, in den mächtigen Göttergestalten Alt-Perus mit ihren aggressiven RaubtierMerkmalen: Jaguarmäulern, Schlangenköpfen, Raubvogelkrallen. Um ihr Wohlwollen zu sichern und Katastrophen abzuwenden, wurden ihnen regelmäßig Opfer dargebracht. Dazu gehörten neben Feldfrüchten auch blutige Tier- und Menschenopfer. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 35 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 9. Die „Vertikale Kontrolle“ - Wirtschaftliche Grundprinzipien der andinen Zivilisation Aufgrund seines gebirgigen Reliefs und der vielfältigen klimatischen Bedingungen gleicht Peru einem Mosaik aus einigen Hundert höchst spezifischen Ökotopen Jede Höhenstufe brachte verschiedene Produkte hervor. An der Küste wurden Baumwolle in verschiedenen Farben, Mais, Maniok, Bohnen, Kürbisse, Erdnüsse und eine Vielfalt bei uns meist unbekannter Obstbäume angebaut. An Haustieren gab es eine domestizierte Entenart und den haarlosen peruanischen Nackthund, der zu den ältesten Hunderassen der Welt zählt. Das Meer lieferte Salz, Fisch, Meeresfrüchte wie Muscheln und Krustentiere, Algen und Guano (Vogelkot) als Düngemittel. Die Täler der Anden verfügen oftmals über gute Böden und ein gemäßigtes Klima. Hier wachsen Mais, Bohnen, Baumwolle, Obst und Chili, in höheren Lagen Kartoffeln, Amaranth und Quinoa, eine getreideähnliche, eiweiß- und fettreiche Pflanze aus der Familie der Meldengewächse. Die Höhenstufe zwischen 3500 und 4100 Metern war zudem wichtig als Lieferant von Holz. In den klimatisch schwierigen Hochlagen von 3500 bis 4800 Metern gedeihen noch speziell angepasste Kartoffelsorten, vor allem solche, die viele Bitterstoffe enthalten. Hier oben ist die Heimat der Lamas und Alpakas. Rock Chimú 1000 - 1476 Textil, Länge 138 cm Larco Museum Peru Die typische Kleidung der Männer Alt-Perus bestand aus einem tunikaartigen Hemd, welches Unku genannt wird, und einem kurzen Rock oder Lendentuch, das um die Hüften gebunden wurde. Das gürtelartige Stoffband, mit dem er festgebunden wurde, ist ebenfalls erhalten. Ihre Farben und Muster dürften wie in der Inka-Zeit seine Herkunft, Stellung und Funktion im Chimú-Königreich dokumentiert haben. Das Alpaka liefert eine sehr hochwertige Wolle in 16 natürlichen Farbtönen. Sein Haar ist innen hohl. Daher isoliert es hervorragend, ist leicht und weich. Das Lama hat eine Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 36 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig gröbere Wolle, die zu Seilen oder Säcken verarbeitet wird. Es ist vor allem wichtig als Lasttier. Die Lamas und Alpakas weiden die harten Büschelgräser ab, die auch als Material zum Decken der Häuser ins Tiefland exportiert wurden. Beide Arten werden auch gegessen. Die Hochgebirgsstufe ab 4800 Metern bis zur Schneegrenze weist nur noch eine kümmerliche Vegetation auf. In dieser Region werden Vicuñas gefangen. Die Herden dieser wilden Verwandten der Lamas wurden alle 2-4 Jahre zusammengetrieben und geschoren. Ihre Wolle gilt als die feinste der Welt und stand im Inka-Reich ausschließlich den Herrschern für luxuriöse Kleidungsstücke zur Verfügung. Außerdem bietet das hochalpine Klima ein Potential zum Gefriertrocknen von Kartoffeln. Bei dieser alten Konservierungsmethode machen sich die Indianer den täglichen Wechsel zwischen intensiver Sonneneinstrahlung und starken Nachtfrösten zunutze, um den Knollen das Wasser zu entziehen. Gefriergetrocknete Kartoffeln sind leicht und jahrelang haltbar. Im feuchtheißen Klima des Anden-Ostabfalls schließlich gedeihen wiederum Maniok, tropische Früchte und Gemüse. Daneben wurden wichtige Luxus-Güter produziert wie farbige Federn, vor allem von Papageien, die für den Schmuck und die Kleidung hoher Würdenträger begehrt waren. Von hier stammten Honig, Wachs, Harze, Färbemittel, Medizinalpflanzen und exotische Tiere. Federfächer Nazca 200 v. Chr. – 600 n. Chr. Baumwolle, Papageienfedern, Pflanzenfasern, Breite 28 cm Linden -Museum Stuttgart Ob der Fächer aus farbigen Papageienfedern als Kultobjekt in der Hand gehalten wurde oder an der Kleidung oder einem Kopfputz befestigt war, kann heute nicht mehr eindeutig ermittelt werden. Seit den frühesten Kulturen Alt-Perus bis zu den Inka galten bunte Papageienfedern als kostbare Handelsware, denn sie musste aus den tropischen Wäldern Amazoniens oder von der ecuadorianischen Küste eingeführt werden. Der Weg dorthin war lang und beschwerlich. Besonders wichtig waren die Blätter des Koka-Strauches. Sie wurden bei Zeremonien und zum Wahrsagen verwendet. Schon in frühester Zeit wurden die verschiedenen Höhenstufen miteinander vernetzt und die jeweils spezifischen Produkte getauscht. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 37 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Handel und Austausch sind eine der grundlegenden Voraussetzungen der andinen Zivilisation. Da die Ökozonen sich vor allem an der geographischen Höhe ausrichten, wird dieses System unter dem Stichwort der „Vertikalität“ diskutiert. „Vertikale Kontrolle“ bedeutet, dass offenbar auch die einzelnen Ethnien und Siedlungsgemeinschaften idealerweise Zugangsrechte zu den verschiedenen Höhenstufen hatte. Nur durch eine solche, den naturräumlichen Gegebenheiten angepasste Nutzung konnte man die eigene Versorgung stabilisieren, Ernteausfälle in einer Zone auffangen und einen Mehrwert erwirtschaften. Einzelne Gemeinschaften unterhielten von ihrer Kernsiedlung, dem politischen und wirtschaftlichen Zentrum aus, ständig besiedelte periphere Dörfer in den einzelnen Höhenstufen, um so einen eigenen Zugang zu den verschiedenen Ressourcen zu behalten. Dazu gehörten offenbar auch Außenstellen für Spezialisten wie Keramik- oder Metall-Handwerker. Zehntägige Fußmärsche wurden in Kauf genommen, um die Ableger in den einzelnen „ökologischen Nischen“ zu erreichen. Ein weiterer Vorteil dieses Systems war es, dass man die Agrarzyklen der verschiedenen Höhenstufen ineinander verzahnen konnte. Jede Arbeitszeit wurde so optimal ausgenutzt und die Gemeinschaft verfügte zu jeder Jahreszeit über eine Vielfalt an Produkten. Das Prinzip der Vertikalität spiegelt sich auch im religiösen Weltbild Alt-Perus. Bedeutende Kultorte lagen an Kreuzungspunkten von Handelswegen und an Übergängen zwischen Ökozonen. In vielen Kunstwerken finden sich Elemente der verschiedenen Höhenstufen, die zu einer Einheit zusammengeführt werden, sei es in Form von Mischwesen, die aus den Tieren der diversen Lebensräume bestehen, in Form von Symbolen oder Materialien. Textilien beispielsweise fügen oft Kettfäden aus Baumwolle (Küste) und Schussfäden aus Alpakafaser (Hochland) zusammen und integrieren so die ökologischen Höhenstufen der Anden, deren natürlicher Reichtum die Grundlage der andinen Zivilisation bildete. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 38 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 10. Die erotische Kunst der Moche Für die Menschen an der Nordküste Perus, im Zentrum der Moche-Kultur, hatte die Sexualität eine zentrale Bedeutung. Nicht ohne Auswirkung auf die Kunst: Darstellungen mit sexuellen Motiven sind typisch für die Keramiken der Moche aus der Frühen Zwischenperiode also der Zeit zwischen 200 vor Christus und 600 nach Christus. die Darstellung erotischer Szenen in den Keramiken der Moche ist auffallend unemotional, meist sind herrschaftlich auftretende Männer und unbeteiligt duldende und dienende Frauen dargestellt. Der Beischlaf zwischen Menschen und mythologischen Wesen verweist eindeutig auf die religiöse Sphäre und machen deutlich, wie eng die religiöse und die menschliche Ebene in Kontakt traten. Für eine religiöse Interpretation spricht auch, dass die erotischen Keramiken ausschließlich in Gräbern gefunden wurden. Wie andere getöpferte Grabbeigaben waren sie mit Wasser oder Maisbier gefüllt. Im Sinne eines den Tod durch Sexualität überwindenden Fruchtbarkeitskultes lassen sich nur die wenigsten Stücke verstehen, da sie keinen Zeugungsakt darstellen. Aber als liebevolle Wünsche und symbolische Versprechen könnte man manche schon interpretieren. Neben Nahrung und Werkzeug hat man dem Partner vielleicht auch die im Diesseits gelebte Sexualität mit ins Grab gelegt, damit sie ihm im Jenseits zur Verfügung stehe. Die Keramiken würden dann das Versprechen ausdrücken, den Toten weiterhin zu lieben und sexuell zu umsorgen. Vereinigung zwischen einer Frau und der höchsten Gottheit Moche 100 - 600 Keramik, Höhe 9,8 cm Larco Museum Peru Die Keramik zeigt in feiner Reliefarbeit den Koitus zwischen einer Frau und einer auf ihr liegenden männlichen Gestalt, die Aia Paec darstellt. Es gibt eine Reihe recht ähnlicher Abbildungen. Die gesamte Szene spielt sich in einem Tempel ab, zumindest ist eine größere architektonische Anlage mit spitzgiebeligem Dach zu erkennen. Solche Abbildungen zeigen, wie eng die religiöse und die menschliche Ebene in Kontakt treten. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 39 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 11. Die Chimú: Meister der Metallverarbeitung Die Meisterschaft der Chimú in der Metallverarbeitung lässt sich am deutlichsten an ihren fein gearbeiteten Schmuck erkennen. In Miniaturform wurden Motive und Formen ausgeschnitten und eingraviert. Zum Schneiden der Metallbögen verwendeten die alt-peruanischen Kunsthandwerker grundsätzlich feine Meißel, die aus Kupfer oder Bronze gegossen wurden. Die Chimú fertigten aber auch großformatige Objekte aus Gold, Silber und Kupfer an. Aus ihrer intimen Kenntnis dieser Materialien wussten sie um die Geschmeidigkeit des Silbers, welches gut formbar, aber eben auch sehr weich und nachgiebig ist. Also mischten sie größeren Objekten aus laminiertem Silber einen hohen Anteil Kupfer bei, um ihnen Härte und Stabilität zu verleihen. So konnte man auch größere Objekte aus recht dünnen Silberblechen formen, ohne Gefahr zu laufen, dass sie allzu leicht ihre Form verlieren. Form zur Herstellung von Metallperlen Moche 100 - 600 Stein, Kupfer, Durchmesser 18 cm Larco Museum Peru Die Treibform zeigt anschaulich die Technik, mit denen die Kunsthandwerker Alt-Perus ihren Goldschmuck produzierten. Um räumliche Objekte herzustellen, wurden sorgfältig ausgehämmerte Metallbleche erneut erhitzt und über Formen, Model oder Matrizen getrieben. Hier handelt es sich um eine Form aus Stein, in der sechs Halbkugeln gefertigt werden konnten. Dabei wurde das Blech vorsichtig mit geeigneten Hämmern immer mehr in die vorgegebene Form hineingetrieben. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 40 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 12. Die Kunst des Webens und Färbens Die Webtechniken, mit denen die Textilien herg estellt wurden, waren extrem kunstvoll und aufwändig. Dies steht in krassem Gegensatz zur Konfektion der Kleidungsstücke: Sie wurden nicht geschneidert, sondern einfach aus rechteckigen Textilien zusammengenäht. Statt Abnähern wurde die Zahl der Kettfäden erhöht oder verringert, um einen räumlichen Effekt zu erzielen. Das gewebte Textil aber blieb jedenfalls vollständig im Kleidungsstück erhalten. Die Chimú bevorzugten einheitlich gemusterte Kleidungsstücke. Wie bei den meisten Chimú-Textilien liegt ihre graphische Ausdruckskraft in der beständigen Wiederholung eines Grundmusters in verschiedensten, lebhaften Farben. Alle diese Farben wurden aus natürlichen Rohstoffen hergestellt, vor allem aus Pflanzen und Mineralien. Die Wolle des Alpaka liefert zudem 16 natürliche Grundfarben von Weiß über rötliche und bräunliche Töne bis hin zu Grau und Schwarz. Sie wandeln den beim Färbeprozeß erzielten Ton noch einmal ab. Wir kennen einzelne bestickte Textilien aus Alt-Peru, in denen bis zu 180 Farbtöne vorkommen. Muster-Webstück Chancay 1000 - 1450 Wolle, Länge 22 cm Linden -Museum Stuttgart Altperuanische Textilien gehören zu den feinsten handgefertigten Stoffen der Welt. Fast alle Webtechniken waren bekannt, und manche Methode findet man weltweit nur hier. Die Textilkunst des Andenraumes kann auf eine mindestens 10000-jährige Tradition zurückblicken. Sie steht ganz am Anfang der Kulturentwicklung. Textilien waren noch vor Gold und Keramik die ersten Träger sozialer und religiöser Botschaften und sind es teilweise bis heute. Kleidungsstoffe zeigen die bedeutsamsten Zeichen, haben einen hohen Wert als Tauschobjekte und Opfergaben, und sie drücken Identität, Funktion und Rang ihrer Träger aus. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 41 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 13. Hinweise zur Unterrichtsgestaltung Kunst • • • • • • • Außereuropäische Kunst Stilisierung und Abstraktion als Stilmittel; künstlerische Ausdrucksformen Umsetzung von abstrakten Ideen, Konzepten und Weltbildern bei der Gestaltung von Kunstwerken Künstlerische Handwerkstechniken: Keramik, Metallverarbeitung, Weberei, Textilien etc. Tiere, Zeichen, Farben, Muster und Formen als Symbole; Kodifizierung, Schrift Politische, spirituelle und wirtschaftliche Bedeutungen, Botschaften, Aussagen und Wirkungen von Kunst Verhältnis Kunst, Kunstwerk, Künstler und Gesellschaft Religion/Philosophie • • • • • • Indianische Religionen und Weltbilder Außereuropäische Religionen, Schamanismus, Polytheismus Jenseits-Vorstellungen, Umgang mit Sterben und Tod, Totenkult Schöpfungsmythen als Erklärung der Welt Fruchtbarkeits- und Opferkulte Verhältnis von Religion und Weltbild mit Natur, Siedlungsraum, Wirtschaft Gesellschaft und Politik Geschichte, Politik • • • • • • Entstehung der Zivilisationen und Staaten Außereuropäische Kulturen und Gesellschaftsordnungen Zeitalter der Entdeckungen Eroberung Amerikas, Kolonialismus Staatsformen: die „sozialistische Theokratie“ der Inka; die Klassengesellschaft der Moche Wirtschaft, Verwaltung und Organisation des Inka-Reiches Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 42 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Erdkunde • • • • Wohnen, Leben, Ernährung, Wirtschaft in außereuropäischen Kulturen Landschaftsformen und Biodiversität Perus als Grundlage der Wirtschaft und Staatskunst der Inka Extreme Lebensräume und ihre Nutzung: Wüste, Hochgebirge, Regenwald Bewässerung, Landwirtschaft, Fischfang, Viehzucht Biologie • • Darstellung von Tieren und Pflanzen, ihre Funktion für die Wirtschaft und das Leben, ihre symbolische Bedeutung in Religion und Kunst Nutz- und Nahrungspflanzen: Kartoffel, Mais, Maniok, Erdnuss, Baumwolle, Lama, Alpaka, Meerschweinchen etc. Deutsch • • Im Zusammenhang mit der Lektüre von Indianer-Literatur. Besonders geeignet: Jakob Wassermann, Das Gold von Caxamalca, mit Materialien von Gerhard Kluge, Stuttgart: Klett-Verlag 1985, 64 S., Lehrerheft, handelt von der Entdeckung und Eroberung Perus. Auch allgemeine Indianer-Literatur für Kinder: „Fliegender Stern“, „Blauvogel“ Spanisch • Spanisches Kolonialreich, südamerikanisches Spanisch, Länderkunde Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 43 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 14. Rallye durch die Ausstellung InkaGold für Kinder bis 9 Jahre Hallo! Ich bin Pedro, das kleine Lama. Ich lebe zusammen mit meiner Lama-Familie in einem Zoo in Deutschland. Aber eigentlich kommen wir Lamas aus Peru. Das ist ein Land, ganz weit weg in Südamerika. Leider war ich noch nie dort. Aber die großen Lamas haben mir viel von Peru erzählt. Und weil ich so neugierig bin, haben sie mich in diese Ausstellung geschickt. Denn hier kann man erfahren, wie Menschen und Lamas früher in Peru gelebt haben. Leider aber verstehe ich nicht alles, denn ich kann doch nicht lesen. Hilfst du mir, die Sachen au s Peru zu entdecken? Ich kann dir manches erzählen. Und zusammen können wir bestimmt ein paar Fragen beantworten, denn du kannst die Text-Tafeln ja schon lesen, oder? Du kannst auch einen Freund oder Erwachsenen mitnehmen. Dann macht unsere Entdeckungs-Reise noch mehr Spaß. Und wenn wir einmal nicht weiter wissen, hilft uns bestimmt jemand weiter... Komm, jetzt gehen wir los!!! Station 1 In Peru leben wir Lamas seit vielen Tausend Jahren mit Menschen zusammen. Diese Menschen sind Indianer. Früher bauten sie große Städte und hatten mächtige Königreiche. Den Namen des letzten und größten dieser Reiche findest du im Titel der Ausstellung. Es war das Reich der __ __ __ __ Station 2 Im ersten Raum siehst du die ältesten Gegenstände der Ausstellung. Manche sind fast 3000 Jahre alt. Schau dir mal das breite Schmuckstück zwischen den zwei TonFlaschen an! Es wurde wie eine Kette über der Brust getragen und besteht aus vielen kleinen Perlen. Aber woraus wurden die Perlen gemacht? Aus bunten Steinen und den Schalen einer __ __ __ __ __ __ __ Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 44 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Station 3 Im zweiten Raum gehst du direkt auf zwei goldene Masken zu. Sie wurden bei Festen von Priestern oder Fürsten getragen. Wenn so ein wichtiger Mensch starb, dann legte man ihm seine Maske ins Grab. Außerdem gab man ihm Essen, Trinken, Kleider, Geschirr, Schmuckstücke und Werkzeug mit. Die Menschen glaubten damals, dass jeder Mensch nach seinem Tod in eine andere Welt geht und dort weiter lebt. Kannst du mir eine der Masken abmalen, damit ich sie meiner Lama-Familie im Zoo zeigen kann? Hier hast du Platz dafür: Platz zum Malen Station 4 Rechts neben den Masken findest du den goldenen Kopf von einem Tier, dem __ __ __ __ __ Er wurde wie eine Maske auf der Stirn getragen. Die Ohren und Zunge des Kopfes sind beweglich. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 45 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Station 5 Jetzt gehen wir nach links. Kannst du ein kleines weißes Ton-Gefäß entdecken? Darauf schwirren Vögelchen. Sie saugen mit ihren langen Schnäbeln den Nektar aus einer bunten Blüte. Kennst du diesen Vogel schon? Er ist ganz bunt und kann sogar rückwärts fliegen! Er heißt __ __ __ __ __ __ __ Station 6 Als nächstes suchen wir eine Halskette mit kleinen goldenen Fröschen! Das ist nicht einfach. Kannst du sie mir zeigen? Für die Indianer, die diese Kette trugen, waren Frösche etwas Schönes. Frösche erinnerten sie an das Wasser. Und Wasser war sehr kostbar, denn sie lebten in einer Wüste. Wie viele Frösche hängen an der Kette? Kannst du sie bitte für mich zählen? Es sind __ __ Frösche Station 7 Gehe nun weiter, bis du auf einem Podest ein wunderschönes, großes Stück Stoff liegen siehst. Es ist gelb und blau gemustert. Und es wurde aus __ __ __ __ __ __ gemacht. Solche bunten Federn stammen von Papageien. Die leben in den fernen Regenwäldern Amazoniens, jenseits der hohen Berge der Anden. Von dort her mussten die Indianer Perus die Federn eintauschen. Sie waren daher sehr wertvoll. Station 8 Direkt neben dem Feder-Stoff ist ein buntes Ton-Gefäß. Darauf siehst du eine ganze Herde von meinen Verwandten, den Lamas. Sie werden von einem Hirten zu einem Haus auf einem Berg geführt. Wir Lamas leben weit oben in den Bergen. Es gibt in Peru also eine Wüste an der Küste des Meeres, hohe Berge und Regenwald. In jeder dieser Landschaften gab es andere Dinge. Wir Lamas waren dazu da, diese Dinge zwischen den verschiedenen Gegenden zu transportieren. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 46 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Hier hast du Platz, um deine eigene Lama-Herde zu malen. Vergiss nicht die Berge! Platz zum Malen Station 9 Jetzt kommt etwas ganz wichtiges, das Essen. Wir Lamas fressen Gras. Von den Indianern in Peru und anderen Ländern habt ihr Deutschen viele Pflanzen bekommen, die ihr esst. Zum Beispiel Mais, Kartoffeln, Bohnen, Tomaten, Gurken, Melonen, Zuchinis, Paprikas, Erdnüsse, Vanille und Kakao. (Wegbeschreibung) siehst du einen Ton-Krug. Auf ihm erkennst du eines der wichtigsten Nahrungsmittel aus den Bergen Perus. Es ist die __ __ __ __ __ __ __ __ __ Wusstest du, dass sie aus Peru stammt? Station 10 In der Nähe findest du ein weiteres Lama. Hier siehst du, wie wir Lamas Säcke auf unserem Rücken tragen. So brachten wir Kartoffeln und Gold aus den Bergen, Federn aus dem Regenwald, Mais, Muscheln und Fische von der Küste des Meeres. Eine Schnur zeigt, welchem Hirten ein Lama gehört. Wo ist die Schnur befestigt? Im __ __ __ Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 47 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Station 11 Unsere Verwandten, die Alpakas, geben auch warme Wolle für Kleider. Ein bisschen weiter in der Ausstellung findest du solche Kleider. Sie liegen auf einem Podest. Schau dir mal die bunten Farben und die fein gewebten Muster an! Es ist ein Rock und ein __ __ __ __ Station 12 Gegenüber den beiden großen Tongefäßen sind zwei Schalen aus Gold. Mächtige Leute wie Könige und Fürsten haben aus solchen Schalen gegessen. Es gibt meistens zwei davon. Oft waren sie Geschenke. Man bewahrte sie auf zur Erinnerung an gemeinsame Feste, oder wenn zwei Gruppen sich nach einem Streit geeinigt haben. In die Schalen sind Menschen, Affen, Vögel, Fische, Katzen, Muscheln, Eidechsen, Masken, Federn, Messer, Wellen und Hunde eingeritzt. Kannst du sie alle entdecken? Station 13 In der Nähe findest du zwei kleine goldene Pinzetten. Damit haben sich Indianer früher die Barthaare entfernt. Oben an der einen Pinzette sind zwei kleine Tiere. Erkennst du sie? Es sind __ __ __ __ __ Station 14 Siehst du die beiden großen Tongefäße? In ihnen wurden Nahrungsmittel aufbewahrt. Solch ein Tongefäß nennt man Aribalo. Kannst du dir vorstellen, welche Nahrungsmittel in den Gefäßen aufbewahrt wurden? Nenn mir Beispiele. Station 15 In den Vorrats-Lagern der Inka waren viele solche Ton-Krüge mit Mais und anderen Lebensmitteln gelagert. Auch Kleider, Waffen und Werkzeuge wurden für Notzeiten gesammelt. Wir Lamas trugen alles dort hin. Um zu zählen, wie viele Dinge in den Lagern waren, benutzten die Inka Schnüre mit Knoten. Zwei solche Knotenschnüre befinden sich rechts hinter den Ton-Krügen. Schau sie dir genau an! Jede Farbe und jeder Knoten hatte eine andere Bedeutung. Wie nennt man diese Knotenschnüre? __ __ __ __ __ Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 48 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Station 16 In der Nähe der Knotenschnüre gibt es eine Vitrine mit einem sehr schönen Goldschmuck. Siehst du die hübschen Wasservögel darauf? Dieses Schmuckstück wurde auf dem Kopf getragen. Es ist nämlich ein __ __ __ __ __ __ __ __ Damit ist unsere Reise nun beendet. Ich hoffe, es hat dir genauso viel Spaß gemacht wie mir. Jetzt muss ich mich leider von dir verabschieden, meine Lama-Familie im Zoo wartet schon auf mich. Wenn du noch ein bisschen Zeit hast, darfst du aber natürlich gerne noch weiter auf Entdeckungs-Reise gehen und dir alle Sachen in der Ausstellung gut anschauen. Also: Tschüß und Viel Spaß !! Dein Pedro, das neugierige kleine Lama Die Lösungen: Station 1 Inka Station 2 Muschel Station 4 Fuchs Station 5 Kolibri Station 6 23 Station 7 Federn Station 9 Kartoffel Station 10 Ohr Station 11 Hemd oder Unku Station 13 Affen Station 15 Quipu Station 16 Harreif Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 49 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 15. Rallye durch die Ausstellung InkaGold für Kinder ab 10 Jahre Hallo! Ich bin Rigoberto, das Lama. Möchtest Du mich auf einer Expedition in das ferne Land begleiten, aus dem ich komme? Du brauchst dazu nur einen Stift und etwas Zeit. Vielleicht hast Du auch noch ein paar Freunde oder einen Erwachsenen dabei, dann macht die Reise noch mehr Spaß. Auf deinem Erkundungsgang wirst du viele Gegenstände aus meiner Heimat entdecken. Guck sie dir ruhig alle an! Einige von ihnen will dir besonders zeigen. Zu denen gibt es ein paar Fragen. Aus den Antworten kannst du am Ende ein Lösungswort zusammensetzen. Manchmal helfen dir auch die Texttafeln weiter. Und wenn du einmal nicht weiter weißt, dann hilft dir bestimmt ein Besucher der Ausstellung weiter.... Und jetzt geht es los!!! Station 1 Das Land, aus dem ich komme, liegt weit weg in Südamerika. Es heißt Peru. In Peru leben seit vielen Tausend Jahren Indianer. Schon vor 4000 Jahren fingen sie an, große Städte zu bauen. Später gab es dann richtige Königreiche mit Tempelpyramiden und Palästen. Das letzte und größte dieser Königreiche war über 5500 km lang. Seinen Namen hast du vielleicht schon mal gehört. Ansonsten findest du ihn im Titel der Ausstellung. Es war das Reich der __ __ __ __ 11 Station 2 Dieses Reich wurde 1532 von Soldaten aus Spanien erobert. Ihr Anführer hieß Francisco Pizarro. Deshalb spricht man in Peru heute Spanisch. In Peru gibt es viele verschiedene Landschaften. Bilder davon findest du am Anfang der Ausstellung. An der Küste des Meeres erstreckt sich eine trockene Wüste. Nur wo die Flüsse etwas Wasser bringen, konnten die Indianer früher Mais, Baumwolle, Obst und Gemüse anbauen. Peru hat aber auch sehr hohe Berge, die Anden. Dort oben gibt es riesige Hochebenen, 4000 Meter über dem Meer. Dies ist die Heimat von uns Lamas und Alpakas. Indianische Hirten halten große Herden von uns. Jenseits der Anden beginnt der Regenwald Amazoniens. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 50 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Station 3 Im zweiten Raum der Ausstellung findest Du links ein Objekt aus Gold. Es ist eine 2500 Jahre alte __ __ __ __ __ 4 Wenn du genau hinschaust, kannst du in der Mitte der Krone eine Figur mit Stäben in den Händen erkennen. Es ist der „Stab -Gott“. Als Zeichen seiner Macht hat er den Mund eines Jaguars, die Füße eines Raubvogels und Schlangen auf dem Kopf. Station 4 Daneben findest du zwei goldene Masken. Sie wurden bei besonderen Festen von Würdenträgern wie Priestern oder Fürsten getragen. Wenn so ein wichtiger Mensch starb, legte man ihm seine Maske mit ins Grab. Außerdem gab man ihm Essen, Trinken, Kleider, Geschirr, Schmuckstücke und Werkzeug mit. Die Menschen glaubten damals, dass jeder Mensch nach seinem Tod in eine andere Welt geht und dort weiter lebt. Diese andere Welt, das Jenseits, stellten sich die Alten Peruaner so ähnlich vor wie diese Welt, in der wir leben. Daher ging man davon aus, dass die Menschen dort auch die gleichen Dinge brauchen wie hier. Fast alle Gegenstände, die du hier in der Ausstellung sehen kannst, wurden in Gräbern gefunden. Die Forscher, die solche Dinge ausgraben, heißen Archäologen. Manchmal ist ihre Arbeit recht abenteuerlich. Neben den Masken findest du den goldenen Kopf von einem Tier, dem __ __ __ __ __ 7 Er wurde ähnlich wie eine Maske auf der Stirn getragen. Die Ohren und Zunge des Kopfes sind beweglich. Station 5 Im nächsten Raum rechts kannst du erfahren, wie solche Gegenstände aus Gold hergestellt wurden. Die Indianer verwendeten dazu vor allem Hämmer und Ambosse aus __ __ __ __ __ 5 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 51 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Eine Reihe von Goldbarren zeigt dir, wie ein Schmuckstück mit dem Hammer in Form geklopft wurde. Du kannst dir sicher denken, dass man dafür sehr geschickt sein und lange üben musste! Station 6 Gold und Silber waren für die Indianer sehr wertvoll. Gold war für sie der „Schweiß der Sonne“. Es stand für den Tag und Männlichkeit. Silber stand für den Mond, die Nacht und Weiblichkeit. Gold und Silber waren für die Religion da, man konnte damit nicht bezahlen. Suche jetzt in der Nähe ein kleines, rundes Schmuckstück. Eine Hälfte besteht aus Gold und die andere Hälfte aus Silber. Tag und Nacht, Mann und Frau sind also beide in dem Schmuckstück verbunden. Hast du es gefunden? Dieses merkwürdige Schmuckstück wurde im Gesicht festgesteckt. Es ist ein __ __ __ __ __ __ __ __ __ 2 Station 7 Im Alten Peru trugen viele Menschen solche Nasenringe, vor allem Priester, Fürsten und andere Männer mit wichtigen Ämtern. Suche daher in der Umgebung nach weiteren Nasenringen. Wie viele findest du? Es sind insgesamt __ __ __ __ __ __ 14 Auf einem der Nasenringe ist ein kleines Tier abgebildet. Seine Augen, sein Mund, seine Krallen und auch seine Halskette sind aus Türkisen gemacht. Es handelt sich um eine Raubkatze. Du weißt jetzt schon, dass solche wilden Tiere die Macht der Götter ausdrücken sollten. Station 8 Etwas weiter hinten in der Ausstellung findest du ein Paar großer goldener Scheiben mit einem türkis-blauen Mosaik aus farbigen Halbedelsteinen und Muscheln. Es handelt sich um Ohrringe. Auf ihnen dargestellt sind prächtig geschmückte __ __ __ __ __ __ __ 3 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 52 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Sie tragen ihre wichtigsten Waffen. In der hinteren Hand kannst du eine Keule und einen Schild erkennen, in der vorderen Hand die wichtigste Fernwaffe, eine __ __ __ __ __ __ __ __ __ 6 Sogar der kleine goldene Stein ist abgebildet. An verschiedenen Stellen der Ausstellung kannst du solche Waffen im Original sehen: zwei Schleudern, eine Axt, eine Keule und einen Helm. Findest du sie alle? Gegen die Spanier mit ihren Stahlschwertern, Rüstungen und Kanonen hatten die Indianer mit diesen Waffen allerdings keine Chance. Station 9 Suche jetzt dieses schöne Schmuckstück. Es wurde über der Brust getragen und besteht aus lauter kleinen Perlen aus Gold und Halbedelsteinen. Aus welcher Kultur stammt es? __ __ __ __ __ 1 Station 10 Gehe jetzt weiter durch die Ausstellung, bis du 4 schwarze Keramik-Gefäße gefunden hast, die nebeneinander stehen. Du kannst eine Schale mit Mais sehen. Mais und Kartoffeln waren die wichtigsten Nahrungspflanzen. Wusstest du schon, dass wir neben Mais und Kartoffeln auch Tomaten, Paprika, Gurken, Zuchinis, Melonen, Kürbisse, Bohnen, Erdnüsse, Vanille und Kakao von den Indianern bekommen haben? Das gemeinsame Essen und Trinken auf Festen war für die Indianer Perus wichtig. Eine der 4 Keramiken zeigt drei Männer beim Trinken unter dem Vordach eines Hauses. Diese Keramik stammt aus der Kultur der __ __ __ __ __ 12 Daneben siehst du zwei Fischer. Das Meer lieferte ebenfalls viele Lebensmittel. Der eine Fischer rudert auf seinem Boot zum Fischfang. Der andere fängt in einer Reuse __ __ __ __ __ __ __ __ __ 9 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 53 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Station 11 Auf einem Podest ziemlich weit hinten in der Ausstellung findest du Kleider, wie die Indianer sie damals getragen haben. Dort liegen ein Hemd und ein Rock mit Gürtel. Schau dir nur einmal die feinen Muster an! So ein Hemd nannten die Indianer __ __ __ __ 15 Wenn du wissen möchtest, wie solche Kleider hergestellt wurden, dann suche nun eine Reihe von drei Objekten: ein Stück Stoff mit verschiedenen Mustern, ein Kissen mit Figuren und ein __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ __ 8 Darin sind alle Dinge, die man zum Herstellen von Kleidern brauchte: Wolle, Spindeln zum Spinnen von Garn, Nadeln zum Nähen usw. Auf dem Kissen siehst du Frauen beim Weben von Stoffen. Station 12 Gehe jetzt fast bis zum Ende der Ausstellung. Findest du das kleine goldene Figürchen eines Mannes aus dem Inka-Reich? Schau dir mal sein Gesicht an! Fällt dir auf, wie lang seine Ohrläppchen sind? Das lag daran, dass wichtige Männer große __ __ __ __ __ __ __ __ 13 trugen, als Abzeichen ihres Ranges. Kannst du dich an die großen Ohrringe mit den Kriegern erinnern? Daneben siehst du eine schöne Mütze mit bunten Papageien -Federn. Auch sie war ein Abzeichen von einem Würdenträger. Unten ist ein Muster in die Mütze geflochten. Es besteht aus einer Welle und Treppenstufen. Dieses Muster symbolisiert das Meer und die Berge. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 54 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Station 13 In der Nähe der Mütze kannst du seltsame, große Schnüre mit vielen Knoten darin entdecken. Mit solchen Knotenschnüren haben die Inka Daten festgehalten. Die Farben, Materialien, Arten von Knoten usw. haben verschiedene Bedeutungen. Ein besonderer Gelehrter konnte dann aus einer Knotenschnur lesen, zum Beispiel wie viele Menschen und wie viele von uns Lamas in den einzelnen Dörfern lebten oder wie viele Lebensmittel im Lagerhaus gespeichert waren. Man konnte auch darin lesen, was früher einmal passiert ist. Wie nennt man solch eine Knotenschnur? __ __ __ __ __ 10 Station 14 Hast du alle Fragen richtig beantwortet? Super-Toll!! Dann kannst du jetzt ein Lösungswort finden. Du musst dazu alle die markierten Buchstaben aus den Antworten in der richtigen Reihenfolge zusammensetzen. Das Lösungswort nennt dir ein anderes Tier. Du kennst es bestimmt, denn viele Menschen in Deutschland haben so ein Tier. Die wenigsten wissen allerdings, dass es wie wir Lamas ursprünglich aus Peru stammt. Die Peruaner nennen dieses Tier nach einem alten Namen aus einer Indianersprache „Cui“, denn so ähnliche Geräusche macht es. Bei uns hat es einen völlig anderen Namen. Dieser Name erzählt aber noch, dass dieses Tier einst über das ferne Meer zu uns kam. Es ist das ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ ___ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Damit ist unsere Expedition nun beendet. Ich hoffe, es hat dir genauso viel Spaß gemacht wie mir. Jetzt muß ich mich leider von dir verabschieden, meine LamaFamilie wartet schon auf mich. Wenn du noch ein bisschen Zeit hast, darfst du aber natürlich gerne noch weiter auf Entdeckungs-Reise gehen und dir alle Sachen in der Ausstellung gut anschauen. Es gibt hier noch vieles mehr zu entdecken. Wenn du Lust hast, kannst du die Gegenstände, die dir am besten gefallen, auf der Rückseite abmalen. Also: Tschüß und viel Spaß ! Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 55 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Dein Rigoberto, das Lama Die Lösungen Station 1 Station 3 Station 4 Station 5 Station 6 Station 7 Station 8 Station 9 Station 10 Station 11 Station 12 Station 13 Inka Krone Fuchs Stein Nasenring sieben Krieger Schleuder Moche Chimú Langusten Unku Webkörbchen Ohrringe Quipu Lösungswort: Meerschweinchen Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 56 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 16. Quellentext: Die Grablegung des Herrn von Sipán Auszug aus dem Ausstellungskatalog ‚Gold aus dem alten Peru - Die Königsgräber von Sipán’ Vor etwa 1700 Jahren beschritt eine große farben prächtige Prozession von Trauernden, angeführt von Priestern, die den heiligen Staub von Muscheln verstreuten, langsam und feierlich einen der Hauptwege, der durch weite, sorgfältig bebaute Felder führte. Hunderte von Teilnehmern begleiteten ernst, schweigsam und düster den Herrscher von Sipán. Nur wenige Wochen zuvor hatte er im Triumphzug in seiner vergoldeten Sänfte denselben Weg zurückgelegt, jetzt ruhte er mit rot bemaltem Antlitz und überhäuft mit goldenen, die Sonne reflektierenden Schmuckstücken auf einer Bahre, eingehüllt in ein Bündel aus Metall und Stoffen. Eine Eskorte von Kriegern mit den prachtvollen Attributen ihres Standes, mit Waffen und Trophäen, begleitete mit kriegerischen Schritten und Gesten den Trauerzug. Andere trugen feierlich die vergoldeten königlichen Standarten. Flöten (quenas), Panflöten (antaras), Trommeln und lange Rasselstäbe aus Holz mit Kupferschellen bestimmten den Rhythmus des schwermütigen Zuges, der zeitweilig von dem tiefen Brummen der Trompeten und den schrillen Schreien der Klageweiber, die als Zeichen der Trauer ihr Haar rauften, überlagert wurde. Der Herrscher war tot, und nichts konnte sie anscheinend trösten. Die Frauen marschierten in Gruppen etwas abseits der Prozession mit ihren Kindern, den Alten und Kö rperbehinderten, die mit ihren Klagen den Kummer des Volkes zum Ausdruck bringen sollten. Silberne Rassel Moche 100 – 600 Silber, Länge 31,2 cm Larco Museum Peru Rasseln sind in weiten Teilen Südamerikas die wichtigsten Musikinstrumente von Schamanen. Sie werden verwendet, um sich in einen anderen Bewusstseinszustand zu versetzen. Scheppernde Schwingungen verschiedener Frequenzbereiche, eventuell verstärkt durch monotone rhythmische Bewegungen, Trommelschlag, Gesang und Tanz, sind geeignete Mittel, um eine tiefe Trance zu erzeugen Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 57 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig An der Seite der Bahrenträger mit den bemalten Gesichtern schritten hintereinander drei gefasste und stille junge Frauen. Die erste trug eine halbmondförmige Kupferkrone auf dem Kopf, die mit einem zentralen Gesicht und vier stilisierten Schlangen verziert war. Diese Krone war das Zeichen ihres besonderen Standes. Sie war die Hauptfrau des Verstorbenen. Die hinter ihr schreitende Frau trug ein farbiges Pektoral aus Muschelperlen, und die letzte, so jung und schön wie die anderen, war in ein langes, tunikaähnliches Baumwollkleid gehüllt, das bis zu den Füßen bestickt war. Pektoral eines hohen Würdenträgers Cupisnique 1200 – 200 v. Chr. Muschel, Türkis, Breite 34,8 cm Larco Museum Peru Breite Pektorale oder Colliers bedeckten die gesamte Brust des Trägers und wurden in mühsamer Arbeit aus Hunderten oder Tausenden von Perlen gefertigt. Das Pektoral besteht aus 740 runden Türkisperlen, sorgsam eingelegt in geschnitzte Plättchen aus der Schale der Strombus-Schnecke. Türkise wurden aus Kolumbien eingehandelt. StrombusSchnecken kamen aus den warmen Gewässern vor der tropischen Küste Ecuadors und standen symbolisch für Wasser und Fruchtbarkeit. Rechts schritt der Befehlshaber der Krieger, ein kräftiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht und einer halbmondförmigen Kupferkrone, die Brust bedeckt mit einem Schuppenpanzer, ein Schild an seinem linken Arm und eine Kriegskeule in der rechten Hand. Ein langer Umhang mit kleinen vergoldeten Metallscheiben lag um seine Schultern. Sein Schritt verriet seinen Stolz, mit dem er unzählige Male dem Tod getrotzt hatte. Diesmal wusste er, dass er seinem Ende entgegenging. Zu seiner Linken schritt ein älterer, korpulenter Mann mit einem Kopfputz aus prächtigen Federn, Ohrschmuck aus bemaltem Holz und einem rotweißen Pektoral über einer kurzen, bestickten Tunika. In der rechten Hand trug er einen langen Stock, an dem ein goldener Ring mit dünnen Metallscheiben und Federschmuck hing, der die Sonne symbolisierte. Mit der Linken führte er einen nervösen, mittelgroßen, kurzhaarigen, gefleckten Hund mit langem Schwanz und kräftigen Kiefern an der Leine. Oft hatte er als Lieblingstier seines Herrn diesen bei den rituellen Treibjagden auf Hirsche und bei offiziellen Anlässen begleitet. Diesmal hatte er die Aufgabe, den Herrscher mit seinem sicheren Orientierungssinn auf die Reise in die Welt der Toten zu begleiten. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 58 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Hinter ihm und mehr in der Mitte ging ein zehnjähriger Junge mit ebenmäßigen Gesichtszügen. Seine weiße Tunika symbolisierte Unschuld, und seine Jugend sollte der Wiederverjüngung des Herrschers dienen. Neben ihm schritt ein junger kräftiger Soldat mit Helm und Schild aus vergoldetem Kupfer, während am Ende der Prozession ein Sklave mit einem verknoteten Seil um den Hals als Zeichen absoluter Unterwürfigkeit folgte. Diesem schlossen sich weitere Untergebene an, die zwei Lamas mit ungeflecktem und nie geschorenem Fell führten. Während die Menge weinte, spiegelten die Minen dieser achtköpfigen Gruppe, der bewundernd und respektvoll der Weg freigemacht wurde, weniger Trauer als den festen Willen, ihrem Herrn in die Unsterblichkeit zu folgen, um dort für ewige Zeiten seines Schutzes und seiner Gunstbezeugungen gewiss zu sein. Die Mitglieder der Priestergruppe, die der Prozession voranging, zeichneten sich durch einen großen Metallkopfschmuck aus, auf dem Uhus mit ausgebreiteten Flügeln dargestellt waren. Dieses mysteriöse Nachttier versinnbildlichte die Herren der Nacht und der Weisheit. Der Anführer der Priester saß in einer Sänfte. Auf seiner Brust prangte eine Doppelkette aus großen vergoldeten Köpfen, die Leben und Tod symbolisierten. Seine Schultern umhüllte ein langer Umhang mit silbernen Schuppen, und an den Füßen trug er Kupfersandalen. In den Händen hielt er eine Metallschüssel mit Deckel, die zur Aufnahme des Blutes hei den Menschenopfern dienen sollte. Kelch für Menschenopfer Moche 100 - 600 Silber, Höhe 16,5 cm Larco Museum Peru Bei Zeremonien im Rahmen von Fruchtbarkeitskulten wurde in dem Kelch das Blut menschlicher Opfer aufgefangen und von Priester-Göttern getrunken. Die in rituellen Zweikämpfen unterlegenen Krieger wurden in Prozessionen nackt und gefesselt zu den Opferplätzen geführt. Meistens wurden sie langsam zu Tode geblutet, indem mit einem Opfermesser ein Schnitt am Hals ausgeführt wurde, in den ein Röhrchen aus Knochen oder Metall eingeführt wurde. Das ausströmende Blut wurde sorgsam in Opferkelchen aufgefangen. Es galt als Symbol oder Essenz von Vitalität und Fruchtbarkeit. Anschließend wurde das Blut im Tempel hochrangigen Priestern und Gottheiten präsentiert und von ihnen getrunken. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 59 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Die einzige Frau in dieser Gruppe trug einen hohen typischen Kopfschmuck aus zwei Zöpfen und Metallfedern, die in zwei Schlangenköpfen endeten. Sie hielt eine Schüssel mit kleinen Gefäßen und Kelchen in den Händen, die ebenfalls Bestandteil des Opferzeremoniells waren. Diese auserwählte Priestergruppe hatte bereits einige Tage zuvor den Körper des Herrschers behan delt, um seine Verwesung zu verhindern. Nur sie wussten um die Wirkung und die Kraft der hierbei verwendeten Pflanzen, Kenntnisse, die über Generationen weitergegeben wurden. Sie standen ihrem Herrn auch in seinem Todeskampf zu Seite und hatten dem Volk den unabwendbaren Willen der Götter kundgetan, der als tiefe Nacht den Tag überschattete. Das Gleichgewicht war zerstört, und die Herren der Nacht übernahmen die Herrschaft bis zur Einsetzung des neuen Regenten, der die Macht der Sonne über die Welt wiederherstellte. Frauen und Männer hatten gefastet und während der Totenfeiern nur Meeresfrüchte zu sich genommen, um damit der Seele des Herrschers die Überfahrt über den Ozean zu erleichtern. Viele der Anwesenden konnten es kaum fassen, ihn mit geöffneten und ewigen Augen zu sehen, die mit Gold bedeckt waren und so unerschütterlich wie im Leben schienen. Die trauernde Menge folgte dem nur langsam vorankommenden Zug, der durch Dörfer und Fluren führte und immer wieder Halt machte, damit ein Erzähler die Macht und die Fähigkeiten des Herrschers lebendig in Erinnerung bringen konnte. Währenddessen kamen andere Herrscher in Sänften aus den Nachbartälern, die — umringt von ihrem Gefolge — ihre Gaben für das Begräbnis und die Trauerfeierlichkeiten mit sich führten. Diese anwachsende Menschenmenge bewegte sich zum Heiligtum, dessen Hauptpyramide teilweise in intensivem Rotbraun bemalt war und sich damit deutlich vom tiefen Grün der Felder abhob. Auf dieser Pyramide stieg eine hohe Rauchsäule von verbrannten Opfergaben empor, ein weithin sichtbares Zeichen für den Beginn der Begräbnisfeierlichkeiten. Mit der Prozession näherten sich auch die acht Personen der Hauptgruppe dem Ziel ihrer gemeinsamen Reise in die Ewigkeit. Der Mann mit der Standarte und dem Hund konnte sich nicht der Erinnerung an sein Leben im Dienst des Herrschers erwehren. Sie waren fast gleichaltrig, und schon als Kind war es seine Aufgabe gewesen, ihn zu begleiten und zu beschützen und ihm alle Wünsche zu erfüllen. Zusammen mit anderen Dienern waren sie durch Obstgärten gegangen, hatten die Früchte von lüeuma (Lueumct bifera), guavci (Psidium guajava) und ehirimoya (Annona eherimoha) gepflückt und die dichten Wälder der algarrobos (Prosopis pailida), zapotes (Capparis seabrida) und vielzayos (Capparis ovahifolia) gemieden, die sich hinter den Kanälen erstreckten, wo Eidechsen, Füchse und Vögel im Wasser des Flusses Schutz vor der Hitze suchten. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 60 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Als der junge Herrscher heranwuchs, war ein verehrungswürdiger Meister zur Gruppe gestoßen, der ihn in vielen Stunden in das Wirken der Natur einweihte, in die Wachstumszyklen der Pflanzen, Tiere und der Sterne, die von Göttern gelenkt wurden, die sowohl im Himmel wie in der Unterwelt und im Meer weilten. Er hatte den Herrscher auch über die schrecklichen und guten Götter in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und über die Mischwesen aus Tieren und Menschen aufgeklärt, von denen der Herrscher abstammte. Ihm war ein anderer Lehrer gefolgt, der dem Herrscher in mühsamen Übungen die Handhabung von Kriegskeule und Schild, von Lanzen und Pfeilsehleudern beibraehte. Sie mußte jeder Moehiea-Mann von Rang beherrschen, bevor er zu den Initiationsriten zugelassen wurde. Auf diese bereitete man sich in Gruppen vor, um am rituellen Wettlauf durch die Wüstenehenen teilnehmen zu können, bei dem man kleine Beutel mit markierten Bohnen trug, aus denen das künftige Schicksal gelesen wurde. Speerschleuder mit Kondor Moche 100 - 600 Gold, Holz, Länge 65 cm Larco Museum Peru Speerschleudern waren seit den frühesten Zeiten der Großwildjäger viel benutzte Jagdwaffen. Später wurden sie auch von Kriegern verwendet. Die Schleuder wird am oberen Ende in die Hand genommen und der Speer auf dem Haken am unteren Ende aufgelegt. Auf diese Weise kann man den Arm beim Wurf künstlich verlängern. Vergrößerte Hebelkräfte bringen eine höhere Reichweite und Durchschlagskraft bei erstaunlicher Zielgenauigkeit. Die Haken sind bei altperuanischen Speerschleudern meist in der Form kleiner Miniaturen gehalten, die wie ein Talisman Glück und Stärke beschwören. Die Speerschleuder ziert ein Kondor. Der treue Begleiter erinnerte sich auch an die Jahre seiner Jugend, die er damit zugebracht hatte, protokollarischen Pflichten nachzukommen und sehnen Herrn beim Besuch der Kupfer- und Goldschmiede zu begleiten, um die Herstellung wertvoller und symbolträchtiger Schmuckstücke und Rangabzeichen zu überwachen, die er später, nach der Machtübernahme, tragen sollte. Zu seinen schönsten Erinnerungen aber gehörten die rituellen Jagden. Im Morgengrauen hatten Dutzende von Jägern die weiten waldigen Ebenen erreicht, die etwa fünf Wegstunden von Sipán entfernt lagen. Bedienstete bewegten sich lautlos mit großen Netzen zu den bevorzugten Pfaden der Hirschrudel, die von den Hunden und dem Lärm von Trommeln und Trompeten Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 61 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig zusammen getrieben wurden. Der im Gebrauch der Pfeilschleuder bereits erfahrene junge Herrscher mit Fuchskopfschmuck erlegte nur die erwachsenen Hirsche und ließ die Rehe frei, um den Arterhalt zu gewährleisten. Die kräftigsten Tiere wurden den Ahnen dargebracht, die übrigen verteilte er unter den Familien der Jäger. Unter stillen Erinnerungen, öffentlichen Rezitationen und lautem Klagen betrat die Menge den nördlichen Bereich des Heiligtums, sammelte sich auf dem Vorplatz und längs der unteren Plattform, um mit den Totenfeierlichkeiten zu beginnen, die noch mehrere Tage bis zum Erscheinen des Vollmonds andauern sollten. Das Ritual begann mit der Tötung der drei jungen Frauen. Betäubt von einem Trank, den sie von den Priestern erhielten, verbluteten sie schmerzlos. Ihre leblosen Körper wurden sofort auf die Pyramide gebracht, wo die Geier, die heiligen Vögel, sie von ihrem Fleisch befreiten. Opfermesser Tumi Moche 100 - 600 Kupfer/Silber, Länge 17,7 cm Larco Museum Peru Das Opfermesser wurde aus Kupfer gefertigt, um ihm Härte und Schärfe zu geben, und mit Silber überzogen, um ihm Glanz und Würde zu verleihen. Solche Opfermesser werden tumi genannt. Ihre Grundform mit der sichelförmigen Schneide und einem unterschiedlich langen Griff bleibt durch die altperuanische Geschichte erhalten und findet sich mit Varianten auch in den Kulturen von Lambayeque, bei den Chimú und Inka wieder. Mit solchen Messern wurden die Opfer – Tiere oder Menschen – getötet und bisweilen auch zerteilt. Das Messer ziert ein so genannter „Enthaupter“, ein Opferpriester oder ein göttliches Wesen. In der linken Hand hält er ein tumi, in der rechten den abgetrennten Kopf des Opfers. In der Nähe bearbeiteten Zimmerleute eilig dicke Algarrobo-Stämme, um den Sarg herzustellen. In einer anderen Werkstatt waren Töpfer damit beschäftigt, in Modeln Dutzende von Gefäßen mit den symbolischen Darstellungen von Adoranten, Gefangenen, Soldaten usw. zu formen. Der kleine, rot bemalte und mit Tonfiguren geschmückte Tempel auf der Plattform, in dem vormals der Herrscher auf dem Thron saß, um seine Untertanen zu empfangen und Ehren und Geschenke entgegen zunehmen, so llte unwiderruflich zerstört und niemals wieder benutzt werden. Unten Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 62 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig öffnete sich die große, sorgfältig hergerichtete Grube mit der Grabkammer. Schritt für Schritt näherte sich der Zeitpunkt des Begräbnisses, und die Herrscher aus den Nachbartälern, Priester und Gefolge aus allen gesellschaftlichen Gruppen defilierten am Totenbündel vorbei, trugen ihre Bitten vor und erbrachten Ehrbezeugungen. Erstere erinnerten an frühere Bankette, die sie aus gegenseitiger Wertschätzung veranstaltet hatten und bei denen nur das Beste an Mais, Bohnen, Kartoffeln, Fisch und Meeresfrüchten gereicht wurde, an die erbitterten rituellen Kämpfe, an denen die besten Krieger jedes Fürstentums teilnahmen und in denen das Blut der Besiegten befruchtend auf die Erde floss, um so das Fortbestehen des agrarischen Zyklus sicherzustellen. In der Nacht ertönten die Chöre der Klageweiher, die unter Schluchzen die Heldentaten und Tugenden des Verstorbenen priesen. Die Ältesten und Weisen versammelten aus diesem Anlass die Jugendlichen um sich, um sie in ihren Pflichten, dem Respekt und der Verehrung der Ahnen und der Herrscher, zu unterweisen. Gefäß mit einem knienden Krieger in Trance Moche 100 - 600 Keramik, Höhe 28 cm Linden -Muse um Stuttgart Die Keramik zeigt einen Krieger in Zeremonialkleidung. Seinen individuellen Zügen nach zu urteilen, könnte es sich um ein realistisches Portrait handeln. Sein Gesichtsausdruck deutet darauf hin, dass er berauschende Drogen eingenommen hat und sich nun in Trance befindet. In der linken Hand trägt der Krieger einen kleinen Schild. Die Kriegskeule in seiner Rechten bestand vermutlich aus Holz und hat sich daher nicht erhalten. Auf dem Kopf trägt er einen halbmondförmigen Kopfputz mit Keulenköpfen als Zierelementen. Der hohe Rang des Kriegers ist auch an seinen Schmuckstücken erkennbar wie den großen Zierscheiben seiner Ohrpflöcke und den schwarz eingelegten Zeichen auf seiner Kleidung. Der ehrwürdigste unter ihnen zeichnete sich durch einen komplizierten Kopfschmuck aus, der halb aus Gold und halb aus Silber bestand. Er war es, der dem Herrscher in langen Jahren die philosophischen Grundgedanken nahe gebracht hatte, während sein Vater ihn in die Regierungsgeheimnisse eingeweiht hatte: Auf diese Weise hatte der Herrscher gelernt, dass die Welt aus zwei entgegen gesetzten und komplementären Hälften bestand; die eine konnte nicht ohne die andere existieren, so wie der Tag nicht ohne die Nacht, das Gute nicht ohne das Böse, das Männliche nicht ohne das Weibliche, der Körper nicht ohne den Geist sein kann. Im Gleichgewicht beider Kräfte Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 63 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig vollzog sich der Lauf der Welt, die aus verschiedenen übereinander liegenden Welten bestand, in denen Götter und Ahnen lebten. Von diesen stammte der Herrscher ab, und deshalb war es seine Pflicht, das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und in die verschiedenen Welten hinauf- und hinab zu steigen, um Kräfte zu sammeln oder die Wünsche seiner Untertanen zu übermitteln. Die vorbereitenden Riten, die ihm diese Fähigkeiten verliehen, bestanden aus langwierigen und anstrengenden geistigen und körperlichen Übungen. Lange Fastenperioden, der Genuss von Drogen und tiefe Meditationen öffneten ihm den Weg zu dieser Zwiesprache. Äußerlich demonstrierten die symbolträchtigen Schmuckstücke und die Kleidung allen Menschen die Macht des Herrschers. Der erwähnte Alte hatte ihn immer wieder darauf hingewiesen, dass seine heilige irdische Pflicht ein Ende haben könnte, wenn das Gleichgewicht, für das er verantwortlich war, zerbrechen würde. Dies hätte unwiderruflich seinen Opfertod zur Folge. Diadem eines Priesterfürsten Moche 100 - 600 Gold-Silber-Kupfer-Legierung, Breite 26,6 cm Larco Museum Peru Die Moche-Kultur erlangte vor allem durch den Fund des Fürsten-Grabes von Sipán für ihren wertvollen Gold- und Silberschmuck weltweite Berühmtheit. Die Gottkönige der Moche – weltliche Herrscher, Kriegsführer und Hohepriester zugleich – trugen den Schmuck, um ihre Abstammung von den Gottheiten Sonne und Mond, symbolisiert durch Gold und Silber, zu demonstrieren. Angelegt wurde er zu besonderen Opferzeremonien, die die allmächtigen, über Fruchtbarkeit und Dürre, Gedeih und Verderb bestimmenden Naturgottheiten gütig stimmen sollten. Den Erzählungen war zu entnehmen, dass seine Herrschaft etwa zwei Jahrzehnte gedauert hatte, die sich durch Glanz, Heldentaten und das Errichten von Bauwerken für die Gemeinschaft auszeichneten. Die Äcker erstreckten sich vom Meer bis zum Talende. Befestigte Zentren kontrollierten die Wasserverteilung und schützten vor möglichen Überfällen. Somit war die Herrschaft sowohl politisch als auch geistig gefestigt, aber sein Geschlecht schien seinem Ende entgegenzugehen. Man konnte sich noch gut an die Machtübernahme des Herrschers in einer entsprechenden Zeremonie erinnern, als die Priester ihm die halbmondförmige Goldkrone auf den Kopf setzten, ihm seine anderen königlichen Embleme überreichten und sich zu fortwährender Ehrerbietung und Gehorsam verpflichteten. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 64 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Am Ende des rituellen Zyklus stand der Tag der Bestattung. Die vom Fleisch befreiten Knochen der drei Frauen wurden in Tüchern zum Grab getragen und in Särge gelegt. Der Herrscher wurde auf den Schultern der Träger zur Plattform gebracht, wo alles bereitstand. Der Militärbefehlshaber, der Standartenträger, der Sklave, der Soldat und das Kind stiegen hinauf, ihrem Opfertod entgegen. Vor dem offenen Grab verstreute der oberste Priester erneut Muschelstaub, und die Klagen der Frauen gingen in schrille Schreie über, die ihrer Trostlosigkeit Ausdruck verliehen und dem Wunsch, den Verstorbenen auf seiner Reise zu begleiten. Schalenhälfte einer Spondylus-Muschel Moche 100 - 600 Muschel, Länge 11,2 cm Linden -Museum Stuttgart Die Spondylus-Muschel war für die Indianer Alt-Perus ein heiliges Tier mit vielen praktischen und symbolischen Bedeutungen. Diese Meeresmuschel mit ihrer stacheligen Schale kommt nicht in den kalten Küstengewässern Perus, sondern an der tropischen Küste Ecuadors und noch weiter nördlich vor. Von hier aus wurde sie seit frühester Zeit über Fernhandelswege nach Peru transportiert. Ein anderer, als morrtip verkleideter Priester, der den Leguan-Gott verkörperte, befand sich im Inneren der Grabkammer und half heim Übergang der Toten in die Unterwelt, indem er Muscheln als Gabe für die Götter, Waffen, Schmuckgegenstände und Embleme in den Sarg legte; andere Kostbarkeiten waren bereits in das Totenbündel gewickelt. In den Seitennischen stellte man die skulptierten Gefäße auf, die Getränke und Speisen enthielten. Diese Figurengefäße waren symbolische Begleiter des Herrschers, aufgestellt in szenischen Ensembles nach festen Regeln. Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 65 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig Steigbügelgefäß „Mondtier“ mit Perlmutteinlagen Moche 100 - 600 Keramik, Perlmutt, Türkis, Höhe 20,1 cm Larco Museum Peru Neben den typischen rot-weiß bemalten Gefäßen haben die Töpfer der Moche auch viele Kunstwerke aus schwarzer Keramik produziert. Das Gefäß ist zusätzlich verziert mit Einlagen aus Perlmutt und Türkis. Sie heben die Konturen und wichtige Elemente wie Augen, Krallen, Zähne, Nüstern sowie das Macht oder Heiligkeit symbolisierende Treppenmotiv auf dem Kopf hervor. Die Keramik stellt ein mythologisches Wesen dar. Es wird „Mondtier“ genannt, da es in manchen Abbildungen auf einer Mondsichel steht oder von Sternen umgeben ist. Soldaten, ihre Befehlshaber und das einfache Volk, bewegt von Trauer und der festlichen Stimmung, wohnten der Zeremonie auf der oberen Plattform und auf dem Vorplatz bei, während sich die Musik zu tellurischen Klängen steigerte. Das Bündel wurde nun langsam zu seiner letzten Ruhestätte hinabgesenkt. Nachdem man den Sarg geschlossen hatte, wurde den Lamas mit präzisem Schnitt die Kehle durchtrennt. Schließlich opferte man das Kind, das man in eine Ecke setzte, und die beiden hochgestellten Männer, die in zwei Rohrsärgen beigesetzt wurden. Der zur Linken der Hauptbestattung liegende erhielt den getöteten Hund als Beigabe, der zur Rechten wurde mit seinen Militärabzeichen und seinen unbrauchbar gemachten Waffen bestattet, die nur für die Welt der Lebenden gedacht waren. Dann legte man dicke Algarrobo-Stämme als Dach über die heilige Kammer. Lehmziegel und Erde bildeten die erste Versiegelung, auf die der mit einem kleinen Knochendolch geopferte Soldat gelegt wurde. Direkt nach der Opferung schnitt ihm einer der Priester die Füße ab, um ihn so symbolisch am Verlassen des Ortes zu hindern. In die Südwand platzierte man einen Diener als Wache in einer Nische. Nun füllte man die gesamte Grabgrube bis zur Oberfläche mit Erde. Dort wurden in einem weiteren kleinen Raum Hunderte von mit Speisen gefüllte Keramikgefäße aufgestellt, einige davon verziert, bewacht von einem weiteren geopferten Mann. Quelle: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) Gold aus dem Alten Peru. Die Königsgräber von Sipán Bonn & Ostfildern 2001, S. 42 – 47 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 66 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 16. Literatur William H. Prescott Die Eroberung Perus München 1965 Laurette Séjourné (Hg.) Altamerikanische Kulturen Fischer Weltgeschichte Band 21 Frankfurt am Main 1971 Lieselotte Engl, Theodor Engl (Hg.) Eroberung Perus in Augenzeugenberichten, München 1975 Hans-Dietrich Disselhoff Leben im alten Peru München 1981 Dieter Eich Ayllú und Staat der Inka Frankfurt 1982 Armin Bollinger So kleideten sich die Inka Dissenhofen 1985 Gordon R. Willey Das alte Amerika Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1985 Ulrich Köhler (Hg.) Altamerikanistik. Eine Einführung in die Hochkulturen Mittel- und Südamerikas Berlin 1990 Haus der Kulturen der Welt, Berlin (Hg.) Inka – Peru. 3000 Jahre indianische Hochkulturen Tübingen 1992 Museum zu Allerheiligen Schaffhausen (Hg.) Idole Masken Menschen. Frühe Kulturen – Alte und Neue Welt Schaffhausen 1992 Best Ideas! Medienproduktion GmbH Oro del Perú. Schätze aus dem Land der Inka Böblingen 1996 Evamaria Grün (Hg.) Die Entdeckung von Peru 1526 – 1712 Stuttgart, Wien 1996 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Wissenschaftliche Beratung: Dietmar Neitzke Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Karen Wiese Die Sonnenstätte der Inka, Mysterien und Monumente Rastatt 1998 Walter Alva Die Inka und weitere bedeutende Kulturen des Andenraumes Erlangen 1999 Judith Rickenbach (Hg.) Nazca. Geheimnisvolle Zeichen im alten Peru Zürich & Wien 1999 Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) Gold aus dem Alten Peru. Die Königsgräber von Sipán Bonn & Ostfildern 2001 Ludwig Wamser, Rupert Gebhard (Hg.) Gold. Magie Mythos Macht Gold der alten und neuen Welt Stuttgart 2001 Rolf Seeler Peru und Bolivien Indianerkulturen, Inka-Ruinen und barocke Kolonialpracht der Andenstaaten Köln 2001 Doris Kurella, Dietmar Neitzke (Hg.) AmazonasIndianer. LebensRäume, LebensRituale, LebensRechte Berlin & Stuttgart 2002 Fernando Elorrieta Salazar, Edgar Elorrieta Salazar Cusco und das Heilige Tal der Könige Cusco 2003 Meinrad Maria Grewenig (Hg.) InkaGold 3000 Jahre Hochkulturen Meisterwerke aus dem Larco Museum Peru Völklingen 2004 Seite 67 Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur Generaldirektor Dr. Meinrad Maria Grewenig 17. Links Hier finden Sie Informationen speziell zur Ausstellung InkaGold www.inkagold-voelklingen.org Die Homepage des Larco Museum Peru mit vielen Informationen zur Kultur der Andenvölker http://museolarco.perucultural.org.pe Informationen zu den Kulturen Lateinamerikas und der restlichen Welt www.lindenmuseum.de Weiter Informationen zum Thema Inkas und Peru www.indianer-welt.de Informationen zum Weltkulturerbe Völklinger Hütte www.voelklinger-huette.org Hier finden Sie viele Informationen zu Technik und Geschichte www.deutsches-museum.de/bildung Interessante Suchmaschinen für Kinder und Jugendliche www.blinde-kuh.de www.kinderweb.de www.kidsweb.de www.internet-abc.de www.wasistwas.de Weltkulturerbe Völklinger Hütte Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur 66302 Völklingen / Saar Redaktion: Peter Backes, Julia Wittwer Tel. 06898/9100-135, Fax 06898/9100-111 [email protected] Seite 2 66