Können Fische Treppen steigen?
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Können Fische Treppen steigen?
Können Fische Treppen steigen? Können Fische Treppen steigen? Projektdurchführung: Verband für Fischerei und Gewässerschutz in Baden-Württemberg e.V. und die angeschlossenen Fischereivereine und Einzelmitglieder Inhalt 1. Das Projekt .................................................................................................................................. 3 2. Biologische Grundlagen............................................................................................................... 6 2.1. Gewässerverbau als Gefährdungsursache für Fische ......................................................... 6 2.2. Sind Wanderhilfen nötig? ..................................................................................................... 7 3. Methodik ...................................................................................................................................... 8 3.1. Auswahl der Gewässer ........................................................................................................ 8 3.2. Erfassung der Wehre ........................................................................................................... 8 3.3. Bewertungsverfahren ........................................................................................................... 8 4. Ergebnisse ................................................................................................................................. 10 4.1. Neckar ................................................................................................................................ 11 4.2. Enz ..................................................................................................................................... 12 4.3. Jagst ................................................................................................................................... 13 4.4. Elsenz................................................................................................................................. 14 4.5. Pfinz.................................................................................................................................... 15 4.6. Würm .................................................................................................................................. 16 4.7. Brenz .................................................................................................................................. 17 4.8. Tauber ................................................................................................................................ 18 5. Weitere Ergebnisse ................................................................................................................... 19 5.1. Fischaufstiegsanlagen an der Tauber im Bereich der Tauberfischereigenossenschaft .... 19 5.2. Bewertung von Fischaufstiegsanlagen aufgrund von Gutachten oder Untersuchungen... 20 6. Meint es Brüssel gut mit den Fischen?...................................................................................... 21 Diese Studie wurde aus Mitteln der Stiftung Landesbank Baden-Württemberg Natur und Umwelt gefördert. Herausgeber: Verband für Fischerei und Gewässerschutz in BadenWürttemberg e.V. Redaktionelle Bearbeitung: Dr. Michael Schramm Geschäftsstelle: Urachstr. 34, 70190 Stuttgart www.vfg-bw.org © 2005 2 1. Das Projekt Ein Rheinsalm schwamm den Rhein bis in die Schweiz hinein. Und sprang den Oberlauf von Fall zu Fall hinauf. Er war schon weißgottwo, doch eines Tages - oh! da kam er an ein Wehr: das maß zwölf Fuß und mehr! Zehn Fuß - die sprang er gut! Doch hier zerbrach sein Mut. Drei Wochen stand der Salm am Fuß der Wasser-Alm. Und kehrte schließlich stumm nach Deutsch- und Holland um. Christian Morgenstern (1871-1914) Dass Fische im Jahreslauf Wanderungen durchführen ist vor allem vom atlantischen Lachs her allgemein bekannt. Dessen Schicksal gab schon Christian Morgenstern im vorletzten Jahrhundert Anlass zu o.g. Gedicht. Auch die meisten anderen Fischarten in Baden-Württemberg führen Wanderungen durch. In der Mitte des letzten Jahrhunderts war die schlechte Wasserqualität Hauptursache für Schädigungen der Fischfauna. Zwischenzeitlich hat das Land BadenWürttemberg viele Mittel in die Abwasserreinigung und somit in eine bessere Wasserqualität investiert (z.B. im Neckargebiet rund 3,7 Mrd. €). Heute stellen Gewässerbegradigungen, Uferbefestigungen und Wehre noch schwerwiegende und nachhaltige Eingriffe in den Lebensraum der Fische und deren Bestände dar. Nur 10-15 % unserer Fließgewässer sind naturnah. Vor diesem Hintergrund haben die Fischereivereine und Einzelmitglieder im Verband für Fischerei und Gewässerschutz in Baden-Württemberg e.V. (VFG) ein Projekt auf den Weg gebracht, die Querverbauungen zu kartieren und zu bewerten. Der Titel war „Die Durchgängigkeit unserer Bäche und Flüsse – lebensnotwendig für Fische“. Die einzelnen Ergebnisse wurden jeweils schon lokal veröffentlicht und diskutiert. Diese Broschüre fasst die erhobenen Daten zusammen und stellt sie in Bezug zu aktuellen Entwicklungen. Aufgrund der mehrjährigen Bearbeitungszeit wurde die Durchgängigkeit an manchen Stellen durch den Bau von Umgehungsgerinnen (Verbindungsgewässern) bereits wieder hergestellt. Diese Entwicklung begrüßen wir außerordentlich. Danken möchten wir den vielen ehrenamtlichen Helfern aus den Vereinen, die an den Gewässern den Hauptteil der Arbeit dieser Studie erledigt haben. Finanziert wurde das Projekt aus Mitteln der Stiftung Landesbank BadenWürttemberg Natur und Umwelt. Ebenso danken wir den Behörden, die den Fischereiverband unterstützt haben. Insbesondere den Gewässerdirektionen und der Landesanstalt für Umweltschutz in Baden-Württemberg, sowie der ESRI Gesellschaft für Systemforschung und Umweltplanung mbH. 3 Das Titelbild des Infofaltblattes zu Beginn des Projektes zeigte die Autmutmündung in den Neckar. Dieses Foto wurde damals ausgewählt, da es stellvertretend für viele Gewässerverbauungen deutlich machte, wie der Slogan der Bauindustrie „Beton – es kommt drauf an, was man draus macht“ missverstanden werden konnte: Abb. 1: Ehemalige Verbauung der Autmutmündung in den Neckar. Abb. 2: Vor der Sprengung ... Inzwischen wurde der Mündungsbereich der Autmut naturnah rückgebaut. Besonders an kleinen Fließgewässern sind häufig Querbauten zu finden, die keine Funktion mehr haben und deren Rückbau sehr kostenaufwendig ist. Einfache Lösungen können sehr praktisch sein – dass zeigt die Sprengung eines Wehres in der Aich im Jahr 2000. Diese wurde in Kooperation von Technischem Hilfswerk, Gewässerdirektion und Fischereivereinen erfolgreich durchgeführt (Abb. 2 u. 3). 4 Abb. 3: ... danach freie Bahn für Fische (Fotos Martin Lehmann) Bei vielen Verbauungen sind aber solche Maßnahmen nicht möglich. Es müssen dort naturnahe oder technische Fischaufstiegshilfen installiert werden. So konnte der VFG erfolgreich mitwirken, dass der Fischaufstieg vom Neckar in die Enz wieder möglich wurde. Allerdings hatte dies auch seinen Preis: So waren jahrelange Verhandlungen erforderlich, um die neue Konzeption umzusetzen. Nur mühevoll konnte mit dem Kraftwerksbetreiber ein tragbarer Kompromiss gefunden werden. Finanziert wurde der Fischaufstieg aus Mitteln der Fischereiabgabe des Regierungspräsidiums Stuttgart und lokalen Geldgebern. Der VFG übernahm für dieses Mustervorhaben die Planungskosten. Der Fischereiverein betreut den Fischaufstieg. Abb. 4: Wiederhergestellte Durchgängigkeit in der Enz. Es finden sich viele Ansätze, die von Seiten der Fischerei befürwortet werden. Auch kann festgestellt werden, dass durch verschiedenste Initiativen der Kenntnisstand über die Gewässer und deren Bewohner zugenommen hat. Vielerorts sind die gewässerökologischen Probleme identifiziert worden und können teilweise durch die Anwendung der gesetzlichen Regelwerke gelöst werden. Wir begrüßen diese Entwicklungen und hoffen, dass die Broschüre noch einmal mehr die zuständigen Stellen veranlasst und ermutigt, für die Belange der Gewässer Maßnahmen zu ergreifen und zu realisieren. Die vorliegende Studie ist ein Beitrag zur gemeinsamen Arbeit, der Gewässerökologie und dem Fischartenschutz den gebührenden Stellenwert einzuräumen. WOLFGANG REUTHER Präsident des Verbandes für Fischerei und Gewässerschutz in Baden-Württemberg e.V. 5 2. Biologische Grundlagen In einem technisch ausgebauten Bach ohne begleitende Strauchvegetation kommen maximal 50 Tierarten vor. Es sind überwiegend Wirbellose und Insekten. Ein naturbelassener Bach mit intakten Ufern kann hingegen bis zu 600 Arten Lebensraum bieten. Je natürlicher ein Gewässer sein kann, desto höher ist die zu erwartende Artenvielfalt, desto größer wird die biologische Selbstreinigungskraft und desto mehr wirkt das Gewässer in der Landschaft und dient es auch der Erholung des Menschen. Nutzungen durch den Menschen (Wasserbau, Energiewirtschaft) haben zu Barrieren in Bächen und Flüssen geführt. Die Unterbrechung der Durchgängigkeit durch Wanderhindernisse für Fische und Wirbellose beeinträchtigt sowohl die Aufwärts- als auch die Abwärtswanderung und führt somit zur Verkleinerung des Lebensraums. Die verminderte Fließgeschwindigkeit im Staubereich der Anlagen und die damit sich ändernden Temperatur- und Sauerstoffverhältnisse führen dazu, dass die typischen, auf Fließgewässer angewiesenen Bewohner keine geeigneten Lebensbedingungen mehr vorfinden. Im Rückstaubereich kommt es zur Ablagerung von Feinsedimenten und damit zur Schädigung des wichtigen Lückensystems in der Gewässersohle. Unter einer ökologisch notwendigen Gewässerdurchgängigkeit versteht man die 6 quantitative und qualitative Wechselmöglichkeit zwischen Teillebensräumen. Diese umfasst am bei den Fischen Laichwanderungen, Überwinterungswanderungen, Nahrungswanderungen, Drift, kompensatorische Aufwanderung und Wiederbesiedlung. Fischarten haben aufgrund beträchtlicher artspezifischer Unterschiede in den verschiedenen Alterstadien saisonal variierende Ansprüche an Fließgeschwindigkeit, Wassertiefe und Substrat. In verschiedensten fischereibiologischen Fachpublikationen werden schon Querbauwerke von 20 cm Höhe als Hindernisse bewertet und kausal mit einer sukzessiven Abnahme der Fischarten gewässeraufwärts in Verbindung gebracht. Dieses gilt auch für Strömungsgeschwindigkeiten von >1 m/s. 2.1. Gewässerverbau als Gefährdungsursache für Fische Querbauwerke behindern wanderaktive Fischarten am Erreichen ihrer Fortpflanzungs-, Nahrungs- und Aufwuchshabitate. Damit haben diese Gewässerverbauungen allgemein einen wesentlichen Anteil am Artenrückgang und auch an der Stagnation von Fischarten auf niedrigem Niveau, was die Bestandsgröße betrifft. Aus der Roten Liste der Fische BadenWürttembergs (Stand 2001) ist ersichtlich, dass die Gefährdung unserer Fischarten in den meisten Fällen mit der Weite der Wanderstrecken zu den jeweiligen Laichgebieten zunimmt (Abb. 5). 10 Langstreckenschwimmer (über 50 Km) 5 0 verschollen 10 vom Aussterben bedroht stark gefährdet gefährdet potentiell gefährdet nicht gefährdet Mittelstreckenschwimmer (bis 50 Km) 5 0 verschollen 10 vom Aussterben bedroht stark gefährdet gefährdet potentiell gefährdet nicht gefährdet Kurzstreckenschwimmer (bis 1 Km) 5 0 verschollen vom Aussterben bedroht stark gefährdet gefährdet potentiell gefährdet nicht gefährdet Gefährdungskategorien Abb. 5: Anzahl der Fischarten in Baden-Württemberg in Bezug zu ihrer Wanderleistung und ihrer Gefährdung (Stand 2001). 2.2. Sind Wanderhilfen nötig? 80 % der Fischarten in BadenWürttemberg sind in der Roten Liste der gefährdeten Arten aufgeführt. Flussregulierungen, beeinträchtigte Durchgängigkeit und Strukturverlust sind dabei wesentliche Ursachen. Wanderhilfen sind !" Beckenpässe !" Umgehungsbäche !" Raue Rampen Diese führen zu einer Vernetzung von Lebensräumen und sind daher auch dann sinnvoll und notwendig, wenn nur einzelne Abschnitte in einem mehrfach gestauten Gewässer verbunden werden. 7 3. Methodik 3.1. Auswahl der Gewässer Unter den Zuflüssen des Neckars und des Rheins wurden folgende wichtige Nebenflüsse erfasst: !" Würm !" Brenz !" Neckar !" Enz !" Jagst !" Elsenz !" Pfinz !" Tauber Die Gewässer wurden von der Mündung an flussaufwärts durch die lokalen Fischereivereine untersucht. 3.2. Erfassung der Wehre Für die Analyse der Durchgängigkeit der Gewässer erfolgte zunächst eine Erfassung der Wehre. Die Wehre wurden aufgesucht und fotografiert. Mitaufgenommen wurden die Lage sowie Dimensionierung eventuell vorhandener Fischaufstiegshilfen und die Restwasserführung. Vor Ort wurde entsprechend den nachfolgend dargestellten Kriterien die Passierbarkeit in beiden Richtungen abgeschätzt. Insgesamt wurden über 600 Wehre und Abstürze bewertet. 3.3. Bewertungsverfahren Die Beurteilung der Durchgängigkeit erfolgte anhand dem Bewertungsschemas, das der Studie „Analyse der biologischen 8 Durchgängigkeit eines Gewässerverbundsystems am Beispiel des oberfränkischen Mains“ des Bezirksfischereiverbandes Oberfranken e.V. entspricht (Dissertation von Dr. Phillip Strohmeier, 1998). Uneingeschränkte Passierbarkeit wird in dieser Untersuchung so verstanden, dass sämtliche im Gewässerabschnitt vorkommende Fischarten in allen Altersstufen ein Wehr überwinden können. Dies entspricht den aktuellen Forderungen nach einem Erhalt der biologischen Funktionsfähigkeit eines Fließgewässers. Entsprechend der Fachliteartur wurde die Passierbarkeit im Hinblick auf eine Wanderung in beiden Richtungen wie folgt klassifiziert und definiert (s. a. Tab. 1): !" Durchwanderbar - Das Bauwerk ist für alle Arten und Größenklassen ganzjährig uneingeschränkt durchwanderbar. !" Weitgehend durchwanderbar - Das Bauwerk ist für eine begrenzte Anzahl aller vorkommenden Arten und Größenklassen durchwanderbar. !" Selektiv oder nur zeitweilig durchwanderbar - Die Durchwanderbarkeit ist stark behindert. Das Bauwerk ist entweder nur zeitweilig und/oder nur für bestimmte Arten und Größenklassen durchwanderbar. !" Nicht durchwanderbar - Das Bauwerk ist generell nicht durchwanderbar. Eine vereinzelte Passage ist selten, aber nicht völlig ausgeschlossen. aufwärts • Auf dem gesamten Wehr (Rampe) existieren strömungsberuhigte Bereiche mit Nischen, Kolken und Lücken in ausreichender Zahl. • Der Einstieg von Wanderhilfen liegt so, dass er von suchenden Organismen leicht gefunden werden kann. • Technische Fischpässe mit geringen Wasserspiegeldifferenzen, hydraulisch korrekter Bauweise und rauhem Sohlsubstrat. • Die funktionsfähige Wanderhilfe kann nur von • einem Teil der Organismen gefunden werden. • Bereiche mit ausreichend niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten (bei Blocksteinrampen) werden nur von einem Teil der aufstiegswilligen Organismen gefunden. • Wehre, über die nur ein Teil des Jahres ausreichend Wasser abgegeben wurde. • Es wird nicht das ganze Jahr Wasser über das Wehr abgegeben. Senkrechte Absturzhöhen von über 0,2 m. • Der Abstieg wird von bestimmten Organismen nicht gefunden, z.B. da sie an einem Streichwehr vorbeigetrieben werden. • Das Wasser fließt bei tiefem Stauraum nur in einem dünnen Film über das Wehr. • Aufgrund großer Fallhöhen können Fische Verletzungen beim Aufprall auf z.B. einen Betonsockel erleiden. • Über das Wehr wird nur an wenigen Tagen im Jahr Wasser abgegeben, die auch nicht in der Phase liegen, in der normalerweise die Abwanderungen erfolgen. durchgängig weitgehend durchgängig • zeitweilig • oder selektiv durchgängig nicht durchgängig abwärts • Wanderhilfen ohne bodennahe Übertritte und ohne rauem Sohlsubstrat. • Senkrechte Wehre von mehr als 0,5 m Höhe, oder auch von geringerer Höhe, wenn kein Kolk zum Anlaufnehmen vorhanden ist. • Wehre mit Vorboden oder zu steile oder glatte geneigte Rampen mit einem Staubrett und/oder Überfallstrahl. • • Auf Rampen treten Strömungsgeschwindigkeiten von 2m/s und mehr flächig auf. • Bei vorhandenen Fischpässen haben die Gefällesprünge eine Höhe von 0,4 m oder mehr. • Die Abmessungen der Fischpässe ist so gering, dass für Organismen zu wenig Raum zur Verfügung steht, um Anlauf zu nehmen. • Wegen ungünstiger Lage ist der Einstieg des Fischpasses nicht auffindbar oder fast nie erreichbar. • Die Fallhöhen sind nur gering und es erfolgt keine Wasserausleitung. Es wird zwar Wasser ausgeleitet, aber das Wehr wird dennoch ganzjährig überströmt und es ist sichergestellt, dass ein erheblicher Teil der Organismen den Weg findet. Die Abgabe der Restwassermenge erfolgt über undichte Stellen in Schütztafeln u.a.. Der Weg über das Wehr kann nur von wenigen Individuen gefunden werden. Tab. 1: Beurteilung der Durchgängigkeit nach Strohmeier (1998). 9 4. Ergebnisse Im Laufe der Kartierung wurden Fotos von über 600 Wehren erstellt. Jedes Wehr und die vorhandenen Fischaufstiegsanlagen wurden anhand eines Bewertungsbogens beschrieben. Das folgende Kapitel beinhaltet einen Überblick über die biologische Durchgängigkeit dieser Wehre. Die roten Querstriche kennzeichnen die Wehre in den Abbildungen. Zu den Kriterien der Beurteilung siehe Kapitel 3.4. In den Gewässern in BadenWürttemberg stehen in kurzen Abständen viele Wehre (über 4000 nach der behördlichen Bestandsaufnahme zur Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) im Jahr 2004). In der Jagst sind dies 61 Bauwerke auf knapp 190 km Flusslänge. 75 % davon werden zur Energiegewinnung aus Wasserkraft genutzt. Diese außerordentliche Dichte an Wehren ist nicht ohne Auswirkungen auf die Abb. 6: Biologische Durchgängigkeit der untersuchten Wehre. Gewässer, da diese Barrieren zum großen Teil nicht oder nur eingeschränkt biologisch durchgängig sind (Abb. 6). Die Mehrzahl der Wehranlagen besitzt noch keine Fischaufstiegshilfen. Vorhandene Bauwerke sind zum Teil nur eingeschränkt funktionsfähig (Abb. 7). Fischaufstiegshilfensituation an den untersuchten Wehren 250 200 150 100 50 0 Mit FAH Mit FAH aber unpassierbar Ohne FAH aber passierbar Ohne FAH unpassierbar für Aufw anderung Abb. 7: Bewertung der Fischaufstiegshilfen. 10 4.1. Neckar Abb. 8: Querbauwerke im Neckar. 11 4.2. Enz Abb. 9: Querbauwerke in der Enz. 12 4.3. Jagst Abb. 9: Querbauwerke in der Jagst. 13 4.4. Elsenz Abb. 10: Querbauwerke in der Elsenz. 14 4.5. Pfinz Abb. 11: Querbauwerke in der Pfinz. 15 4.6. Würm Abb. 12: Querbauwerke in der Würm. 16 4.7. Brenz Abb. 13: Querbauwerke in der Brenz. 17 4.8. Tauber Abb. 14: Querbauwerke in der Tauber. 18 5. Weitere Ergebnisse 5.1. Fischaufstiegsanlagen an der Tauber im Bereich der Tauberfischereigenossenschaft Aufgrund struktureller Defizite der Tauber, Veränderungen des Abflussverhaltens, der Nährstoffsituation und dem Auftreten von Kormoranen hat sich der dortige Fischbestand in den zurückliegenden Jahrzehnten verringert. Die Gewässerdirektion Künzelsau, die Fischereibehörde des Regierungspräsidiums Stuttgart und die Tauberfischereigenossenschaft (TFG) haben in den letzten Jahren viele biotopverbessernde Maßnahmen realisiert. An 9 der 15 existierenden Wanderbarrieren im Bereich der TFG wurden bereits Fischaufstiegshilfen (FAH) errichtet (Beispiele s. Abb. 15, 16 u. 17 gegenüber). Zudem wurden Altarme wiederangeschlossen und damit Fischlaichgebiete neu geschaffen. Diese Aktivitäten sollen fortgesetzt werden. Die Funktionsfähigkeit der FAH wurde durch den VFG zusammen mit den Fischereivereinen Mergentheim, Weikersheim, der Taubergenossenschaft und Vertretern der Gewässerdirektion und des Landratsamtes untersucht und bestätigt. Hierfür wurden stichprobenartige elektrofischereiliche Bestandsaufnahmen in den FAH durchgeführt. Es wurden 14 Fischarten in teils erheblicher Individuenzahl nachgewiesen. 19 5.2. Bewertung von Fischaufstiegsanlagen aufgrund von Gutachten oder Untersuchungen Die Durchgängigkeit der Fließgewässer und die Funktion vorhandener Fischaufstiegshilfen (FAH) wurden ebenso in einem Projekt der Fischereiforschungsstelle des Landes Baden-Württemberg (FFS) untersucht. Auch diese behördliche Studie belegt, dass letztlich nur ein geringer Teil der FAH uneingeschränkt funktionsfähig ist. Als beeinträchtigende Faktoren werden genannt: !" Falsche Lage der FAH, !" Sackgasseneffekt im Unterwasserkanal, Auffindbarkeit, !" Dotierung der FAH zu gering oder nicht eingehalten, !" fehlender Sohlanschluss (Unter- und Oberwasser) !" in FAH kann bei Niedrigwasser nicht eingeschwommen werden, !" FAH fällt bei Niedrigwasser trocken !" Leitströmung zu gering, !" Einstieg zu weit unterhalb des Wehres, !" Wassertiefe im Einstiegsbereich (z.B. wegen Kiesauflandung) zu gering, !" Stauspiegelschwankungen im Oberwasser lassen FAH trockenfallen, !" Einlauf liegt im Sedimentationsbereich und wird zugesetzt, !" Ausstieg mündet im Triebwerkskanal zu nahe am Turbineneinlauf, !" Hochwasserschäden an der FAH, !" Freizeitnutzung (Kanueinstiegsstelle) in FAH schränkt Fischaufstieg ein. Abb. 18: Bewertung von Fischaufstiegsanlagen aufgrund von Gutachten oder Untersuchungen, 2002 (mit freundlicher Genehmigung der FFS) 20 6. Meint es Brüssel gut mit den Fischen? Man könnte meinen, Gewässer haben derzeit Konjunktur. Denn viel wird über diese diskutiert. Unter der Schlagzeile „Brüssel meint es gut mit den Fischen im Neckar“ berichtete die Presse im vergangenen Oktober mit Bezug zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Diese erweitert jetzt den wasserwirtschaftlichen Handlungsrahmen. Laut dieser EU-Richtlinie sollen Defizite in den Gewässern bis zum Jahr 2015 beseitigt sein. Das Vorkommen einer artenreichen und gewässertypischen Lebensgemeinschaft von Fischen und Kleintieren ist dann das entscheidende Maß, ob die Vorgaben der WRRL erfüllt werden. Dies beinhaltet auch die Wiederherstellung der Gewässerdurchgängigkeit für natürliche Gewässer. Bereits das preußische Fischereigesetz von 1874 forderte die Errichtung und Unterhaltung von Fischpässen. Ebenso wie ein Staatsvertrag von 1885 zur Regelung der Lachsfischerei, der dessen Aussterben verhindern sollte und der im übrigen immer noch Gültigkeit hat. Durch Wasserkraftnutzung ergeben sich Auswirkungen, die sich schädlich auf aquatische Lebensräume und deren Lebensgemeinschaften auswirken können. Durch das neue Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) der Bundesregierung soll diesbezüglich ein Ausgleich geschaffen werden. Eine erhöhte Einspeisevergütung wird mit dem Erreichen eines guten ökologischen Zustandes verknüpft. Die Frage, wie der Nachweis der Verbesserung erbracht wird, ist insgesamt unbeantwortet. Abb. 19: Aal; Teildurchtrennung in der Körpermitte durch Wasserkraftwerksturbine 21 In diesem Zusammenhang verweist der Landesfischereibeirat des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum in Baden-Württemberg auf eine Studie des Umweltbundesamtes, die zu dem Ergebnis kommt, dass bei gesamthafter Betrachtung die nachteiligen ökologischen Auswirkungen der kleinen Wasserkraft deren möglichen Nutzen deutlich übersteigen. Der Beirat erinnert ferner daran, dass die kleine Wasserkraft bis ein Megawatt Einzelleistung selbst im Mittelgebirgsland Baden-Württemberg nicht einmal ein halbes Prozent der gesamten Stromerzeugung ausmacht und damit weder zur Versorgungssicherheit noch zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes wesentlich beitragen kann. Diesem geringen Allgemeinnutzen stehen die von den etwa 1500 bestehenden Kleinwasserkraftwerken an den Fließgewässern verursachten gewässerökologischen Probleme gegenüber. Wasserkraftwerke sollten nur dann zugelassen werden, wenn deren gesamtökologische Bilanz eindeutig positiv ausfällt. Dabei sind die besondere Empfindlichkeit der kleineren Fließgewässer einerseits und der geringe Allgemeinnutzen der kleinen Wasserkraft andererseits angemessen gegeneinander aufzuwiegen. An neuen und alten Kraftwerken soll durch geeignete Schutzmaßnahmen und Wanderhilfen die ökologische Durchgängigkeit der Fließgewässer erhalten oder wiederhergestellt werden. 22 Abb. 20: Trockengefallene Ausleitungsstrecke eines Wasserkraftwerkes Aus der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU ergibt sich eine besondere Verantwortung für die Erhaltung natürlicher Lebensraumtypen (wie Fließgewässer mit Unterwasservegetation) und Fischarten (wie den Lachs). Ziel der Richtlinie ist, die entsprechenden Lebensräume zu bewahren oder wieder herzustellen. So werden z.B. bis 2020 weitere Fischpässe an den Staustufen des Rheins gebaut und die bedeutenden Nebengewässer angebunden sowie potentielle Laichgebiete und Jungfischhabitate des Lachses saniert. 23 In der Mitte des letzten Jahrhunderts war die schlechte Wasserqualität Hauptursache für Schädigungen der Fischfauna. Zwischenzeitlich hat das Land Baden-Württemberg viele Mittel in die Abwasserreinigung und somit in eine bessere Wasserqualität investiert. Heute stellen Gewässerbegradigungen, Uferbefestigungen und Wehre noch schwerwiegende und nachhaltige Eingriffe in den Lebensraum der Fische und deren Bestände dar. Nur 10-15 % unserer Fließgewässer sind naturnah. Vor diesem Hintergrund haben die Fischereivereine und Einzelmitglieder im Verband für Fischerei und Gewässerschutz in Baden-Württemberg e.V. ein Projekt auf den Weg gebracht, die Querverbauungen zu kartieren und zu bewerten. Der Titel war „Die Durchgängigkeit unserer Bäche und Flüsse - lebensnotwendig für Fische“. Diese Broschüre fasst die erhobenen Daten zusammen und stellt sie in Bezug zu aktuellen Entwicklungen.