Erwachsene mit angeborenem Herzfehler

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Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
Erwachsene mit angeborenen
Herzfehlern (EMAH)
PD Dr. Gerhard-Paul Diller
Klinik für angeborene (EMAH) und erworbene Herzfehler. Department für Kardiologie und
Angiologie.
EMAH in (prä-)historischer Zeit
3. Jahrtausend v. Chr. (Ägypten)
5-6 Jh. v. Chr. (Italien)
Cirrani R, Virchows Arch. 2006
Rashkind WJ, Circulation 1983
EMAH in der Kunst
Dick Ket (1902 – 1940)
Unkorrigierte Fallot’sche Tetralogie – Tod mit 37 Jahren
Hohe Sterblichkeit im Kinder- und Jugendalter
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
10
20
30
40
50
60 Years of age
Campbell M, Br. Heart J 1972
Die Entwicklung der Behandlung AHF
1900
1910
1920
1930
1940
1950
1960
1970
1980
1990
2000
>90%
Überlebensrate
15%
PDA-Verschluss
BT-Shunt
Fontan-Operation
Herzchirurgie
Fallot-Korrektur
EKG Röntgen
Fluoroskopie
Angiographie
Echo
(Kinder)kardiologie
Rashkind
Valvuloplastie
Kinderkardiologie
Helen B. Taussig
1898-1986
1930
Verschluss eines
offenen Ductus arteriosus
Robert E. Gross
PDA
Boston, 1938
Blalock-(Thomas)-Taussig Shunt
1944
Alfred Blalock
Helen Taussig
Vivien Thomas
Eileen Saxon
Offene Herzchirurgie
Verschluss eines Vorhofseptumdefektes
29°C
Systemische
Hypothermie
John Lewis, Minnesota 1952
Ernst Derra, Düsseldorf 1955
Offene Herzchirurgie
Fallot-Korrektur
Kreuzzirkulation
C. Walton Lillehei, Minnesota 1954
Interventionelle (Kinder-)kardiologie
William Rashkind
1966
Kurt Amplatz
1996
Überlebensrate
Fallot'sche Tetralogie
Überlebensrate [ % ]
100
100
80
80
60
60
40
40
20
20
ø OP
00
00
55
10
10
15
15
20
20
Jahre
25
25
30
30
35
35
40
40
Hu
JACC 1985
Überlebensrate
Fallot'sche Tetralogie
Überlebensrate [ % ]
100
100
80
80
OP
Garson
Circ 1979
60
60
40
40
20
20
ø OP
00
00
55
10
10
15
15
20
20
Jahre
25
25
30
30
35
35
40
40
Hu
JACC 1985
Überlebensrate
Fallot'sche Tetralogie
Überlebensrate [ % ]
100
100
80
80
OP
60
60
Neue EMAH Patientenpopulation
Garson
Circ 1979
40
40
20
20
ø OP
00
00
55
10
10
15
15
20
20
Jahre
25
25
30
30
35
35
40
40
Hu
JACC 1985
EMAH Zahlen
USA – jährlich 9000 – 15000 neue EMAH Patienten
400 000
2005
2020
Patients
350 000
300 000
EMAH
250 000
200 000
150 000
100 000
50 000
Years
Adults with CHD
Children with CHD (90% of live births with CHD)
18 years old with CHD (80% of children with CHD)
Live births with CHD (0.8% of live births)
Kaemmerer et al. DMW 2005
Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
• Bis vor kurzem erreichten wenige
•
•
Patienten mit angeborenen
Herzfehlern das Erwachsenenalter.
Heute kann man das bei ca. 8590% der Patienten erwarten.
Wir sind mit einer neuen Patientengruppe konfrontiert mit ganz
besonderen Anforderungen.
Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
• Selbst bei zeitgerechter Intervention
•
„Heilung“ nur bei unkompliziertem
offenen Duktus arteriosus und
Vorhofseptumdefekt
Folgeprobleme im Erwachsenenalter
chronische Veränderungen
akute Komplikationen
Re-operationen / Reinterventionen
Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
Was sind die Herausforderungen?
• Zeitpunkt für Intervention und Re-Intervention
• Management von chronischen Veränderungen
Rhythmusstörungen
Pulmonale Hypertension, (Hypertonie bei CoA)
Herzinsuffizienz (Druck-, Volumsbelastung, Ischämie/
Narben)
Zyanotische Patienten
• Management von akuten Komplikationen
EMAH Versorgung Indikation und optimaler
Zeitpunkt für (Re-)Intervention
ZIEL
• Verbesserung von Beschwerden / Lebensqualität
• Früh genug um irreversible Schäden zu verhindern
(Herzmuskel, Lungengefäße)
• So spät wie möglich, um die Zahl von Eingriffen so
gering wie möglich zu halten
• Risiko / Nutzen Abwägung
EMAH Versorgung Indikation und optimaler
Zeitpunkt für (Re-)Intervention
2 Beispiele
• Vorhofseptumdefekt (ASD)
• Fallot‘sche Tetralogie
EMAH Erstdiagnose im Erwachsenenalter
Initial diagnosis
in 61 adult
Patients (*)
Primary corrective
surgery in 178
adult
Patients (†)
ASD
39 %
57 %
VSD
15 %
3%
Valve / subaortic stenosis
5%
5%
APVD
4%
3%
AVSD
4%
5%
Arterial duct
4%
3%
Coarctation
3%
7%
Ebstein’s anomaly
1%
3%
Tetralogy of Fallot
<1 %
3%
Univentricular heart
<1 %
1%
Corrected TGA
<1 %
<1 %
Houston A, Heart 1998; * Berdjis F, Herz 1996; † Eichhorn P, Schweiz Med Wochenschr 1990
%
Klassifikation der Vorhofseptumdefekte (ASD)
Secundum (oval fossa) Defekt
80%
Primum (atrioventrikulärer Defekt)
10 – 15%
Oberer sinus venosus Defekt
5-10%
Unterer sinus venosus Defekt
Selten
Coronary sinus Defekt
Selten
„Common atrium“
Selten
Pathophysiologie
L-R Shunt auf atrialer Ebene:
Volumensüberlastung des rechten Vorhofs und der rechten Kammer
-> Dilatation der rechten Herzhöhlen
Birckner, NEJM 2000
ASD II – Substanzdefekt im Bereich der Fossa ovalis ~ 80 %
Anderson R, Paediatric Cardiology 3rd Edition
ASD II – Substanzdefekt im Bereich der Fossa ovalis ~ 80 %
Transthorakales Echo
Transoesophageales Echo
Patrick J. Lynch, medical illustrator; C
. Carl Jaffe, MD, cardiologist.
ASD I – Substanzdefekt im Bereich der AV Klappenebene
ca. 10-15 %
ASD I – Substanzdefekt im Bereich der AV Klappenebene ca. 10-15 %
Sinus venosus Defekt – Substanzdefekt im Bereich der Mündung der
V. Cava ca. 5 – 10 %
Lungenvenenfehlmündung !
Fallbeispiel - Hintergrund
 44 jährige Frau
 Leere kardiale Anamnese. Keine Medikation.
 Vorstellung beim niedergelassenen Kollegen bei Brustschmerzen.
 Keine Dyspnoe, keine Palpitationen oder Synkope.
Vorstellung EMAH Zentrum
 Seit ca. 2-3 Monaten, wiederkehrende atypische Brustschmerzen sowie leichte
Luftnot bei Belastund
 Palpitationen (selten, für wenige Minuten, ca. 1x/Woche).
Untersuchungsbefund:
 Azyanotisch, guter AZ, EZ
 RR 110/64 mmHg Hf 69/min
 Normaler Jugularvenendruck, keine peripheren Ödeme
 SaO2 99%.
 Normal erster und fixiert gespaltener zweiter Herzton, 2/6 Systolikum am linken
Sternalrand.
EKG
Invasive Diagnostik
Mittlerer Pulmonalarteriendruck 18 mmHg (keine pulmonale Hypertonie)
Normales LVEDP.
 Qp/Qs 3:1.
 Normale Koronarien
Therapie
• ASD II
•
Interventionell (ITN und TEE) bei ASD II mit ausreichendem
Randsaum sowie Grösse <36-38 mm. Erfolgrate ca. 95%,
Komplikationen Embolisation, Perforation <1%)
•
Chirurgisch bei sinus venosus und primum ASD (Operative Mortalitaet
unkompl. ASD II<1 %)
• ASD I/AVSD oder Sinus Venosus-Defekte
•
Chirurgisch
Webb G, 2006
Video ASD Verschluß
Ergebnis - 3D Echo
Courtesy of S. Orwat
Therapieeffekte
RA und RV “Remodelling”
Davlouros P, Gatzoulis MA, Heart 2006
Verbesserte aerobe Kapazität
Brochu, Circ 2002
Atriale Arrhythmien
Gatzoulis, NEJM 1999
Prognoseverbesserung
Überlegenheit der operativen gegenueber der konservativen
Therapie bei Patienten > 40 Jahre bzl. Überleben bislang
nicht nachgewiesen, wohl aber Morbidität
Konstantinides, NEJM 1995; Attie F, JACC 2001
Murphy, NEJM 1990
Vorhofseptumdefekt im
Erwachsenenalter
• Rechtsventrikelgröße und Pulmonalisdruck
ebenso wie die Morbidität bessern sich in jedem
Alter noch.
• Lediglich die Häufigkeit von Rhythmusstörungen
wird bei Verschluss >40. Lj. nicht mehr statistisch
signifikant beeinflusst.
• Ergebnis umso besser je jünger der Pat., je
niedriger der Pulmonalisdruck und geringer die
Symptome zum Zeitpunkt der Intervention sind.
• Eingriffsrisiko ist sehr niedrig, Folgeprobleme
selten
• Verschluss in jedem Alter so früh als möglich.
Korrekturoperation bei Fallot’scher Tetralogie
Folgeprobleme
Fallot'sche Tetralogie
Dick Ket (1902 – 1940)
Unkorrigierte Fallot’sche Tetralogie – Tod mit 37 Jahren
Pathologische Anatomie Symptome
13 Jahre alter Junge mit Fallot‘scher Tetralogie
„…seine Gesichtsfarbe war immer dunkel, fast
schwarz […]
Am bedrohlichsten aber waren die
Anfälle. Er wurde dann schwach, grau und von
dunkler Farbe. Schließlich fiel er um und war
bewusstlos.“
William Hunter
1718-1783
„Der Durchlass vom rechten Ventrikel
zur Pulmonalarterie war nicht weiter als ein
Federkiel und es gab ein großes Loch in der
Trennwand zwischen den beiden
Herzkammern.“
1783
Fallot'sche Tetralogie
Überlebensrate [%]
100
80
60
40
20
Alle angeborenen Herzfehler
Fallot’sche Tetralogie
10
20
30
40
Jahre nach Operation
Nieminen et al., Circulation 2001
Korrekturoperation bei Fallot’scher Tetralogie
W. Lillehei, 31 August 1954
Fallot'sche Tetralogie
Fallot'sche Tetralogie
Residuelle Pulmonalinsuffizienz
Fallot'sche Tetralogie
Isolierte Pulmonalinsuffizienz
Shimazaki et al., Thorac Cardiovasc Surg 1984
Residuelle Pulmonalinsuffizienz
Belastungsintoleranz
Carvalho et al., Br Heart J 1992
Residuelle Pulmonalinsuffizienz
Vergrößerung des rechten Ventrikels
MRI
n = 28
RVEDV [ ml/m 2 * 1.219 ]
140
120
100
80
60
40
r = 0.55
p < 0.01
20
0
0
20
40
60
80
Pulmonary regurgitant fraction [ % ]
Uebing et al., Heart 2002
Residuelle Pulmonalinsuffizienz
Rechtsventrikuläre Dysfunktion
60
[mmHg]
Pressure
D ruck [ m
mH g ]
50
Elastance ES [mmHg/ml]
2
r = -0.64
P= 0.0005
1.6
40
Pressure ES = -90 + 1.32 x Volume ES
30
20
10
0
60
70
80
90
Volum e
100
110
120
130
[ ml ]
1.2
0.8
0.4
0
0
20
40
60
80
RV ESV Index [mmHg/m2x1.17]
Uebing et al., Int J Cardiol 2010
Residuelle Pulmonalinsuffizienz
Plötzlicher Herztod
Plötzlicher
Herztod
Gatzoulis et al., Lancet 2000
Residuelle Pulmonalinsuffizienz
Elektrische Instabilität
QRS-Dauer > 180 ms
ist
Risikofaktor für eine
anhaltende VT
und den
plötzlichen Herztod
Gatzoulis et al., Circulation 1995 and Lancet 2000
Jones M, AJC 1977
Kalman J, Circulation 1996
Narben und Fremdmaterial – Substrat für Arrhythmien
Fallot’sche Tetralogie
Korrigierende Operation nicht kurativ
• Residuelle Pulmonalinsuffizienz
• Ventrikuläre Rhythmusstörungen
• Plötzlicher Herztod
• Belastungsintoleranz
Verbesserung
der OP-Technik
• Ventrikelvergrößerung
• Ventrikelfunktionsstörung
Zunehmende Zahl von Pulmonalklappenersatz-OPs
Central Cardiac Audit Database NHS
2010
30 Tages-Mortalität 0,9 % (landesweit)
Interventionelle Pulmonalklappenimplantation
Pulmonalklappenersatz und plötzlicher Herztod
Harrild DM. Circulation 2009
ICD nicht immer indiziert
Risikostratifizierung schwierig
Gatzuolis et al., Circulation 1995 and Lancet 2000
EMAH Patienten sind nicht geheilt
Lebenslange Nachsorge erforderlich