Gegen Billigflaggen und unternormige Schifffahrt
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Gegen Billigflaggen und unternormige Schifffahrt
Seeleute Bulletin Internationale Transportarbeiter Föderation Nr. 21 / 2007 Gewerkschaftliche Kampagne: Für Menschenrechte auf See G De erm ut an sc / h Gegen Billigflaggen und unternormige Schifffahrt Halvard Aasjord Überlebenshilfe aufSee: Die ITF-Billigflaggenkampagne Schwerpunkt der ITF-Aktivitäten in der Seeschifffahrt ist die weltweite Kampagne von Seeleute- und Hafenarbeitergewerkschaften gegen den Transfer von Schiffen hin zu Billigflaggen, um dadurch nationale Gesetze, Bedingungen und Gewerkschaften zu umgehen. Die Kampagne geht zweigleisig vor: politisch setzt sich die ITF gemeinsam mit Regierungen und internationalen Gremien dafür ein sicherzustellen, dass eine „echte Verbindung“ zwischen der Nationalität eines Schiffes und dessen Eigentümer besteht; in der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber haben ITF-Gewerkschaften für die Festlegung von akzeptablen Mindestheuern und Sozialnormen auf allen Billigflaggenschiffen gekämpft. Dies bedeutet, dass die Gewerkschaften des Staates, in dem die nutznießende Eigentümerschaft des Schiffes liegt, die Bedingungen vereinbaren müssen. Diese müssen mindestens den Normen entsprechen, die durch den ITF-FairPractices-Ausschuss festgelegt wurden, dem gemeinsamen Gremium für Seeleute und Hafenarbeiter, welches die gewerkschaftliche Kampagne beaufsichtigt. In jüngster Vergangenheit hat die ITF mit einer großen und wachsenden Gruppe von Schiffsbetreibern innerhalb des Internationalen Verhandlungsforums einen internationalen Kollektivvertrag ausgehandelt, der vergleichbare Normen bei mehr Flexibilität vorsieht. Seeleuten, die auf Billigflaggenschiffen angeheuert werden, wird es oft strengstens untersagt, mit der ITF Kontakt herzustellen. Einige werden sogar gezwungen, Verträge zu unterschreiben, in denen sie sich verpflichten, keine Verbindung zur ITF aufzunehmen. Es gibt sogar Arbeitgeber, die ITF-Verträge unterschreiben und dann ihre Besatzungen betrügen, indem sie niedrigere Heuern bezahlen – eine Praxis, die als doppelte Buchführung bekannt ist. Seeleute auf Billigflaggenschiffen, die Probleme mit ihren Heuern oder Arbeitsbedingungen haben bzw. andere Beschwerden über ihre Behandlung vortragen möchten, können entweder mit der ITF direkt Verbindung aufnehmen (siehe unsere Adressen und Telefonnummern auf Seite 21) oder mit einem unserer Inspektoren weltweit in vielen Häfen in Kontakt treten (siehe Weltkarte im Mittelteil und weitere Einzelheiten auf der Rückseite der Weltkarte). www.itfglobal.org/flags-convenience ITFSeeleute Bulletin Q Q Q Q Nr. 21/2007 4-13 30-31 Kurzmeldungen Ratschläge zum Heuervertrag Zusammenfassung von Nachrichten, einschließlich der ITF-Kampagne gegen Billigflaggen und unternormige Schifffahrt Vor dem Anheuern durchlesen! 14-19 Menschenrechte auf See Warum Seeleute und Fischer zu den schutzlosesten und ausgebeutetsten Gruppen von Arbeitnehmern gehören 20 Verstecken zwecklos 32-34 HIV/Aids Die Mauer des Schweigens durchbrechen 35-37 Angebot an Arbeitskräften Können die Philippinen Schritt halten mit der globalen Nachfrage? Billigflaggen-Checkliste 37 21-24 Mord in Guatemala ITF-Inspektoren Zum Heraustrennen: 4-seitiger Führer zur Kontaktaufnahme mit der ITF 25 Information Equasis: gratis Online-Schiffsinformationsdienst, sowie Ratschläge zur Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen Hafenarbeiter 38-39 Arbeitskampf Nach 30 Stunden gerechte Heuern durchgesetzt 40-41 Gesundheit Die Bedeutung körperlicher Bewegung 26-27 41-42 Fakten und Zahlen ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute Weltflottentabelle 28-29 Tagebuch Eine Woche im Leben eines verärgerten polnischen Seemannes Hilfe, damit der Kontakt aufrechterhalten bleibt 43 Brauchen Sie Hilfe? Der freephone-Beratungsdienst für Seeleute Im März 2007 von der Internationalen Transportarbeiter Föderation (ITF), 49/60 Borough Road, London SE11DR, Großbritannien veröffentlicht. Telefon: +44 (20) 74 03 27 33 Fax: +44 (20) 73 57 78 71 E-Mail: [email protected] Website: www.itfglobal.org Weitere Exemplare des SeeleuteBulletins (in englischer, arabischer, chinesischer, deutscher, indonesischer, japanischer, polnischer, russischer, spanischer und türkischer Sprache sowie in Tagalog) sind bei der ITF unter obiger Adresse erhältlich. Titelfoto: Portpictures.nl Bei den Fotos auf Seiten 2, 30-31 und 43 (deren Quellen einzeln angegeben wurden) handelt es sich um Teilnahmen am Fotowettbewerb 2005 des Norwegischen Maritimen Direktorats. Oben: Besatzungsmitglieder der Coral Sea mit ITF-Inspektor Adrian Mihalcioiu im rumänischen Hafen von Constanta. Siehe Bericht auf Seite 11. Internationale Transportarbeiter-Föderation Q Ladungsumschlag Seemann in niederländischem Hafen getötet Bei der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) handelt es sich um einen internationalen Gewerkschaftsdachverband, der 4,5 Millionen Beschäftigte in der Verkehrswirtschaft in 148 Staaten vertritt. Sie wurde 1896 gegründet und gliedert sich in acht Fachsektionen auf: Seeschifffahrt, Eisenbahn, Straßentransport, Zivilluftfahrt, Häfen, Binnenschifffahrt, Fischereiwirtschaft und Fremdenverkehrsdienste. Die ITF vertritt weltweit Arbeitnehmer im Verkehrssektor und fördert ihre Interessen durch globale Kampagnen und Solidarität. Sie ist eine von zehn Globalen Gewerkschaftsföderationen, die dem Internationalen Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) angeschlossen sind und zur Globalen Gewerkschaftsgruppe gehören. Ein philippinischer Seemann an Bord eines unter der Flagge von Antigua & Barbuda fahrenden Schiffes wurde während eines Aufenthalts seines Schiffes im niederländischen Hafen von Rotterdam von einem acht Tonnen schweren Container erdrückt. Als sich das tragische Unglück im Januar 2007 ereignete, war die Besatzung gerade mit dem Laschen der Ladung beschäftigt. Der philippinische Seemann Glenn Cuevas stand bei dem auf Zypern ansässigen Unternehmen Marlow Navigation unter Vertrag. Wie die, der ITF angeschlossene, niederländische Gewerkschaft FNV Bondgenoten mitteilte, ereignete sich der Unfall an Bord der MS Eucon Leader der deutschen Reederei Bernd Becker KG im Rotterdam Shortsea Terminal, wo das Schiff festgemacht hatte. Für das Schiff galt ein Kollektivvertrag, der den Einsatz von Seeleuten zu Ladungsumschlags- und Lascharbeiten verbietet, soweit nicht die örtliche Gewerkschaft der Hafenbeschäftigten ihre Zustimmung dazu gegeben hat – was in diesem Fall nicht geschehen war. Bereits zuvor hatte die Gewerkschaft die Schiffsverwaltung mehrmals an die Ladungsumschlagsklausel erinnert, allerdings ohne Erfolg. Die Gewerkschaft ist entschlossen, Maßnahmen zu ergreifen, wenn in diesem Punkt keine Abhilfe geschaffen wird. Die ITF hat das Unternehmen unterdessen aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Schiffsverwaltung ihre Verpflichtungen laut IBF-Vertrag kennt. Frank Leys, Sekretär der ITF-Hafensektion, meinte in einer Stellungnahme: „Die Seeleute leiden aufgrund ihrer langen Arbeitszeiten ohnehin unter Stress und Übermüdung. Wenn sie dazu noch zu Arbeiten gezwungen werden, die traditionell und historisch von Hafenbeschäftigten verrichtet werden – wie z. B. das Laschen und Sichern von Containern – dann erhöht sich das Risiko, dass sich solch tragische Unfälle ereignen, leider enorm.“ Die ITF wird den Hinterbliebenen des getöteten Besatzungsmitglieds bei der Vertretung ihrer Ansprüche gegenüber dem Unternehmen helfen. Kollektivverhandlungen Indische Gewerkschaften erwirken massive Heuernachzahlungen Die Auszahlung erheblicher Heuerrückstände konnten indische Seeleutegewerkschaften für ihre Mitglieder durchsetzen, nachdem sie die Reeder durch Androhung eines Streiks zum Nachgeben gezwungen hatten. Die der ITF angeschlossenen Seeleutegewerkschaften National Union of Seafarers of In- Kurzmeldungen dia und Forward Seamen’s Union of India hatten angemessene Heuernachzahlungen für Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere sowie eine Beteiligung an den Gewinnen der Reeder gefordert. Durch lange Verzögerungen beim Abschluss eines Kollektivvertrages waren den Seeleuten Nachteile entstanden, da sie lediglich Übergangszahlungen erhielten, die sich für Mannschaftsdienstgrade auf 1.500 Rupien (25 Euro) und für Unteroffiziere auf 2.000 Rupien (34 Euro) im Monat beliefen. Trotz der Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und dem indischen Reederverband (Indian National Shipowners’ Association – INSA) Ende April waren die Arbeitgeber erst zum Einlenken bereit, als die Gewerkschaften für den 29. August 2006 auf allen Schiffen unter indischer Flagge Streikmaßnahmen ankündigten. Im Rahmen des ITF-Kongresses im August 2006 in Durban/Südafrika wurde darüber hinaus eine Entschließung zur Unterstützung des Streiks verabschiedet. ITF-Generalsekretär David Cockroft hatte den Reederverband bereits vorher dazu aufgefordert, einen Kollektivvertrag mit den Gewerkschaften abzuschließen. Dieser hat sich nun damit einverstanden erklärt, den Mannschaftsdienstgraden Heuerrückstände in Höhe von monatlich 1.400 Rupien (23 Euro) und den Unteroffizieren in Höhe von monatlich 1.900 Rupien (32 Euro) auszuzahlen. Diese Zahlungen erfolgen zusätzlich zu den Übergangszahlungen, die die Seeleute bereits erhalten, und gelten rückwirkend für den gesamten Beschäftigungszeitraum, für den kein Kollektivvertrag galt. Zudem werden bei den Behörden Sonderzahlungen in den Versorgungsfonds für Seeleute und Gratifikationen hinterlegt. Russland Einheitliche Gewerkschaft ist das Endziel Vertreter zweier russischer maritimer Gewerkschaften sind sich darüber einig, dass man mit dem Zusammenschluss zu einer einzigen Gewerkschaft für die Zukunft besser gewappnet sein wird. Mitglieder der Gewerkschaftsräte der ITF-Mitgliedsgewerkschaften Seafarers’ Union of Russia (SUR) und Water Transport Workers’Trade Union of Russia (WTWUR) kamen im Dezember 2006 in St. Peterburg/Russland zusammen. Nach Diskussionen über gewerkschaftliche Aktivitäten und die Zukunft der Gewerkschaftsbewegung im Wasserverkehrssektor kamen die Parteien überein, dass die Bildung einer einheitlichen Gewerkschaft sowohl für Seeleute als auch für Beschäftigte im Wasserverkehrssektor erforderlich sei und vereinbarten den Zusammenschluss. ➡ Heuernachzahlungen 160.000 $ für Filipinos Nachdem die ITF ihnen im September 2006 Heuernachzahlungen in Gesamthöhe von 160.000,– US$ sichern konnte, war der philippinischen Besatzung der unter der Flagge Panamas fahrenden Evangelistria nach Feiern zumute. Der Massengutfrachter war Ziel einer Inspektion in Liverpool/Großbritannien, nachdem bei einem anderen Schiff desselben griechischen Eigentümers zu Beginn des Jahres eine Unterbezahlung der Besatzung in Höhe von insgesamt 40.000,– US$ aufgedeckt worden war. Laut ITF-Inspektor Tommy Molloy hatte man die Besatzung der Evangelistria „systematisch betrogen“. Zusätzlich zum Bargeld auf die Hand erhielten die Seeleute auch unterschriebene Freizeichnungsbriefe, in denen festgehalten wurde, dass die Besatzungsmitglieder bei ihrer Rückkehr auf die Philippinen keinerlei Maßnahmen gegen sie zu erwarten hätten. ITF Seeleute Bulletin 2007 5 Kurzmeldungen ➡ Zur Vorbereitung von Entwürfen sowie Ausarbeitung von Einzelheiten des Zusammenschlusses wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe gebildet. Die Gruppe wird in nächster Zukunft ihre Arbeit aufnehmen. Mikhail Lyakhov, ITF-Koordinator in Russland und den GUS-Staaten, wurde von beiden Parteien übereinstimmend mit den Koordinierungsaufgaben betraut. ITF-Generalsekretär David Cockcroft, der die Konferenz leitete, schlug vor, die Vereinbarung der beiden Führer V. Kepp und I. Pavlov mit einem freundschaftlichen Handschlag zu besiegeln und bemerkte hierzu: „Heute sind wir Zeugen eines historischen Ereignisses. Ihr Beide habt mit höchster Priorität die Entscheidung gefällt, euch zu vereinigen. Und das wird langfristig für alle von Vorteil sein – für Seeleute und Arbeitnehmer im Wasserverkehrsbereich.“ ISPS-Code Neues Meldesystem für Landurlaub Staaten, die sich über die Bestimmungen eines im Jahr 2004 in Kraft getretenen Sicherheitskodex hinwegsetzen und Seeleuten den Landgang verweigern, werden ins Visier eines von der ITF neu geschaffenen Meldesystems geraten. Im Rahmen dieses kurz vor seiner Einführung stehenden Systems sollen die ITF-InspektorInnen Fälle melden, in denen Seeleuten der Landurlaub verweigert wird oder Seeleute am Verlassen ihres Schiffes gehindert werden. Als Konsequenz aus dem 2005 von der ITF veröffentlichten Untersuchungsberichts über die Auswirkungen der strikteren Sicherheitsmaßnahmen gemäß dem „Internationalen Code für die Sicherheit von Schiffen und Hafenanlagen vor Gewalttaten“ (ISPS-Code) soll auf diese Art und Weise eine umfassende Informationsdatenbank aufgebaut werden. Etwa 58 Prozent der im Rahmen der Untersuchung befragten Seeleutegewerkschaften berichteten über Fälle, in denen Landurlaub verweigert worden war; spezielle Probleme gab es in US-amerikanischen Häfen. Dies steht im Widerspruch zu den eindeutigen Vorgaben des ISPS-Code, wonach die Staaten gefordert sind, „in angemessener Weise (zu) berücksichtigen“, dass Seeleute die Möglichkeit zum Landgang sowie Zugang zu den landgestützten Wohlfahrtseinrichtungen für Seeleute einschließlich der Gesundheitsfürsorge haben müssen. Der Sekretär der ITF-Seeleutesektion, Jon Whitlow, meinte dazu: „Bei der Einführung von Verbesserungen bei der Sicherheit vor Gewalttaten im maritimen Sektor müssen die Menschenrechte der Seeleute respektiert werden. Dazu zählt auch die Gewährleistung ihres Anspruchs auf Landurlaub. Das neue Meldesystem wird uns Aufschluss über das Ausmaß des Problems geben und uns dabei helfen, für die ord- 6 ITF Seeleute Bulletin 2007 nungsgemäße Umsetzung des ISPS-Code sowie anderer Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu sorgen.“ Seychellen Heuernachzahlung für gestrandete Besatzung Dank Intervention der ITF wurden die Ansprüche auf Heuernachzahlungen einer 18-köpfigen Besatzung, die in einem Hafen der Seychellen im Stich gelassen wurde, im August 2006 in einem Gerichtsentscheid bestätigt. Besatzungsmitglieder an Bord des in St. Kitts und Nevis registrierten Frachters Al Manara waren seit Februar 2006 ohne Lebensmittel oder Trinkwasser in Port Victoria gestrandet. Dorthin war das nach einem Maschinenschaden auf dem Meer treibende Schiff schließlich nach 18 Tagen von den Behörden der Seychellen verbracht worden. Das Schiff gehört einem irakischen Staatsbürger mit Wohnsitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten und befand sich mit einer Ladung Kohle an Bord auf der Fahrt von Somalia nach Dubai. Die Besatzung bestand aus Seeleuten unterschiedlicher Nationalität, u. a. aus Äthiopien, Indien und Sudan. Berichten zufolge war dem Reeder, der von der ITF kontaktiert wurde, das Wohlergehen der Besatzung „gleichgültig“. Die unmittelbaren Bedürfnisse der Besatzung konnten allerdings mit Hilfe von Apostolatus Maris ebenso wie der ITF „Angesichts der enormen Geld- und sogar Haftstrafen, die den Betroffenen drohten, kann man den Besatzungsmitgliedern nur zu ihrem Mut gratulieren.“ befriedigt werden. Das internationale Schiffsregister von St. Kitts und Nevis, unter dessen Flagge der Frachter fuhr, erklärte sich auf Druck der ITF zu einer Spende an Apostolatus Maris bereit. Mit Unterstützung der ITF, die einen Rechtsanwalt als Vertreter ihrer Interessen bestellt hatte, klagten die Besatzungsmitglieder im Juni 2006 auf Auszahlung ausstehender Heuern. Am 18. August sprach ein Gericht auf den Seychellen der Besatzung Heuernachzahlungen in einer Gesamthöhe von 107.000,– US$ zu. Die meisten Besatzungsmitglieder wurden sofort heimgeschafft; zwei von ihnen blieben bis zum Verkauf des Schiffes gegen Ende September 2006 an Bord. Aus dem Erlös – Gutachter schätzen den Wert auf 558.000 ,– US$ werden die Heuerrückstände beglichen. Australien Disput wegen Flaggenwechsel sichert Arbeitsplätze Ein im Juli 2006 ausgebrochener Konflikt wegen der Entlassung von Seeleuten nach dem Ausflaggen eines australischen Schiffes konnte schließlich mit einer Vereinbarung beendet werden. Die australische Besatzung des Frachters Stolt Australia organisierte an Bord des Schiffes Protestmaßnahmen gegen Pläne, an ihrer Stelle schlechter bezahlte Arbeitskräfte aus dem Ausland einzusetzen und das Schiff unter der Billigflagge des Steuerparadieses Kaimaninseln zu registrieren. Dank einer zwischen Stolt und der der ITF angeschlossenen Maritime Union of Australia (MUA) ausgehandelten Vereinbarung, aufgrund derer das Schiff nach Singapur ins Trockendock überführt werden sollte, können die Besatzungsmitglieder bis zu ihrer Heimschaffung aus Singapur ihre Arbeitsplätze behalten. Später sollen sie auf anderen Schiffen der von der zuständigen Schiffsverwaltung, ASP Ship Management Pty. Ltd., betreuten Flotte weiterfahren. Gerichtliche Schritte und die Drohung mit finanziellen Sanktionen gegen die Besatzung aufgrund der neuen Arbeitsgesetzgebung in Australien wurden zurückgezogen. Auch in einer Reihe weiterer Schlüsselfragen konnte eine Einigung erzielt werden. So sagte Stolt beispielsweise zu, in Zusammenarbeit mit der MUA, dem australischen Gewerkschaftsdachverband ACTU und der ITF eine Strategie zur Sicherung seiner fortgesetzten Betätigung in der australischen Schifffahrtswirtschaft unter Einsatz von in Australien zugelassenen und mit australischen Besatzungen ausgestatteten Schiffen zu entwickeln. Paddy Crumlin, nationaler Sekretär der MUA, ITF-Vizepräsident und Vorsitzender der ITF-Sektion Häfen, sagte dazu: „Angesichts der enormen Geld- und sogar Haftstrafen, die den Be- ➡ Justin Tallis/reportdigital.co.uk Gesundheit und Sicherheit ITF drängt Arbeitgeber und Regierungen, das Übermüdungsproblem endlich auf die Tagesordnung zu setzen Ein Bericht des Zentrums für Arbeits- und Gesundheitspsychologie an der Universität von Cardiff in Großbritannien unterstreicht das Besorgnis erregende Bild einer maritimen Wirtschaft, in der Besatzungen, Schiffe und Umwelt durch Übermüdung gefährdet sind. Der von der ITF in Auftrag gegebene Bericht „Adequate Manning and Seafarers’ Fatigue: the International Perspective (Angemessene Besatzungsstärke und Übermüdung der Seeleute: Eine internationale Perspektive)“ wurde dem Ausschuss „Ausbildungs- und Wachgangsnormen (STW)“ der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) im Januar 2007 in London vorgestellt. Der Bericht deckt auf, dass die Seeschifffahrt im Vergleich mit anderen Industriezweigen noch weit davon entfernt ist, das Problem anzugehen. Er erweitert die Perspektive der jüngsten Forschungen, indem internationale Ergebnisse sowie die Vorgehensweise anderer Verkehrsbereiche bei der Annäherung an das Problem untersucht werden. Festgestellt werden überwältigende Indizien für die Existenz von Übermüdung in der Seeschifffahrt; doch die Wirtschaft ist nur sehr zögerlich bereit, Geld in Maßnahmen zur Überwachung bzw. Verhütung zu investieren. Dem Bericht zufolge wird z. B. die Flugdienstzeit in der Zivilluftfahrt durch die Internationale Zivilluftfahrtsorganisation ICAO reguliert, wobei die Grenzen zwischen 70 und 100 Flugstunden im Zeitraum eines Monats liegen (die Zeiten variieren je nach unterschiedlichen staatlichen Vorschriften). Die maritimen Vorschriften hingegen erlauben 98 Arbeitsstunden pro Woche. Der Bericht wurde von der ITF als Teil einer neuen Kampagne gegen Übermüdung auf See in Auftrag gegeben, die im August 2006 initiiert wurde. Die ITF konzentriert sich auf die Notwendigkeit neuer Vorschriften, um das Übermüdungsproblem auf See – und die dafür größtenteils verantwortliche Unterbemannung – in den Griff zu bekommen. Ziel ist es, eine ausreichende Anzahl von Regierungen von der Notwendigkeit des Einschreitens der IMO zu überzeugen. Enttäuscht Bei der Vorstellung der Initiative erklärte der stellvertretende Sekretär der ITF-Seeleutesektion John Bainbridge, dass die ITF über die Art und Weise, wie bestehende Vorschriften durchgesetzt werden, außerordentlich enttäuscht sei, besonders nachdem immer mehr Staaten inzwischen erkannt haben, dass Übermüdung bei vielen Unfällen auf See eine Hauptrolle spielt. Zu den offensichtlichsten Beispielen unrealistischer Besatzungsstärken, die zu Übermüdung führen, zählen die ZweierBrücke oder Solo-Wachdienstverfahren, so Bainbridge. Viele Unternehmen seien sich der Probleme bewusst, die durch höhere Arbeitsbelastung und schnellere Umkehrzeiten für See- leute entstünden, fügte er hinzu. „Leider ignorieren jedoch viel zu viele Flaggenstaaten und Reedereien diese negativen Belastungen für Seeleute und legen die Besatzungsstärken auf Basis von Wettbewerbsüberlegungen fest.“ Bainbridge forderte die Mitgliedsgewerkschaften auf, der ITF Einzelheiten über Unfälle oder Verletzungen von Seeleuten zu übermitteln, falls diese mit Übermüdung in Zusammenhang standen. Laut dem von der ITF in Auftrag gegebenen Bericht sind nur äußerst dürftige Fortschritte bei der Regulierung und Durchsetzung von Arbeitszeiten in der Seeschifffahrt erzielt worden. Dies geschieht ungeachtet der langen Zeiträume, die fernab der Heimat verbracht werden und der eindeutigen Risiken für den langfristigen Gesundheitszustand von Seeleuten sowie der offenkundigen Verbindung zwischen Übermüdung und Unfällen. Besorgniserregend Im Bericht wird auch das Besorgnis erregende Phänomen falscher Aktenaufzeichnungen hervorgehoben, wobei Seeleute sich einem Druck unterordnen, der Sicherheit und Gesundheit an Bord untergräbt. Der Bericht fordert einen ganzheitlichen Ansatz im Kampf gegen Übermüdung im Seeverkehr, der darauf angelegt sein sollte, das Sicherheitsbewusstsein an Bord von Schiffen zu schärfen. Voraussetzung sind dabei realistische Besatzungsstärken und striktere Regulierung. In einer Stellungnahme zu den Forschungsergebnissen erklärte John Bainbridge: „Dieser Bericht bestätigt nur das, was wir ohnehin bereits wissen. Seeleute arbeiten routinemäßig länger als sie sollten und gefährden damit sich selbst und die Meeresumwelt. Es ist an der Zeit, von den Beispielen für modellhafte Praktiken in anderen Branchen zu lernen und das Leben der Seeleute nicht länger zu gefährden.“ „Adequate Manning and Seafarers’ Fatigue: the International Perspective“ ist auf der ITF-Webseite erhältlich durch Anklicken von „Related Documents“ unter: www.itfglobal.org/ press-area/index.cfm/pressdetail/1133 „Viel zu viele Flaggenstaaten und Reedereien ignorieren diese negativen Belastungen für Seeleute und legen die Besatzungsstärken auf Basis von Wettbewerbsüberlegungen fest.“ ITF SEAFARERS’ BULLETIN 2007 7 Kreuzschifffahrt Teurer Besuch in niederländischem Hafen 575,– US$ monatlich statt der im Vertrag festgelegten 1.550,– US$. Mit dem Schiffsmanagement und der PNO wurde sofort Verbindung aufgenommen, und für die 52 betroffenen Seeleute reichte man eine Forderung ein. Die Eigentümer des Kreuzfahrtschiffes Mona Lisa (siehe oben) werden das erste und einzige Anlaufen des Kreuzfahrthafens von Amsterdam in den Niederlanden im Jahr 2006 so schnell nicht vergessen. Im Rahmen einer Routine-Inspektion durch den ITF-Koordinator in Rotterdam, Ruud Touwen, wurde festgestellt, dass der gültige ITF-Vertrag für Kreuzfahrtschiffe zwischen der griechischen Seeleutegewerkschaft PNO und den Eigentümern nicht eingehalten wurde. Die mehrheitlich indonesischen und philippinischen Besatzungsmitglieder an Deck und im Maschinenraum erhielten knapp ein Drittel der ihnen zustehenden Heuern. Im Falle eines Matrosen bedeutete dies Die Forderung belief sich auf die Gesamtsumme von knapp 100.000,– US-Dollar für nur zwei Monate, nicht inbegriffen die Urlaubsansprüche, die nach Beendigung der Verträge geregelt werden sollen. Zwei volle Wochen später wurde die Forderung im Beisein von Touwen in Cuxhaven erfüllt. Das Schiff ist von Holiday Kreuzfahrten in Deutschland gechartert und fährt in den Sommermonaten in der Ostsee und entlang der norwegischen Küste. ➡ troffenen aufgrund der neuen Arbeitsgesetze der Regierung Howard drohten, kann man den Besatzungsmitgliedern nur zu ihrem Mut gratulieren. Sie sind für die australische Seeschifffahrt und australische Seeleute eingetreten und haben dabei in den Medien, der Bevölkerung und in der Politik großes Interesse geweckt und Unterstützung gefunden.“ Unter der Regierung Howard hat sich die Zahl der unter australischer Flagge fahrenden Schiffe von 78 auf 52 fast halbiert – damit werden pro Jahr durchschnittlich zwei Schiffe auf Billigflaggen umgeflaggt. Kampagne Bessere Arbeitsbedingungen auf EU-Schiffen Die ITF und die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) haben eine umfassende Kampagne gegen die schlechten Arbeitsbedingungen und die Diskriminierung eingeleitet, denen Seeleute an Bord von europäischen Schiffen ausgesetzt sind. Der Start der Kampagne wurde im November 2006 auf der Europäischen Fährschiffskonferenz bekannt gegeben, zu der GewerkschaftvertreterInnen aus 17 europäischen Ländern sowie Arbeitgeber, Beamte der Europäischen Kommission und Europaparlamentsabgeordnete nach Brüssel/Belgien gereist waren. Gegenstand ihrer Beratungen war die ungesicherte Zukunft des europäischen Fährensektors. Joel Decaillon, Verbandssekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), mehrere Europaparlamentsabgeordnete und andere politische Entscheidungsträger gaben der Initiative ihre uneingeschränkte Unterstützung. Mit Blick auf den zentralen Schwerpunkt der Kampagne diskutierten die Delegierten über diskriminierende Heuern und Bedingungen auf einigen Schiffen unter EU-Flaggen, den 8 ITF Seeleute Bulletin 2007 Gesamtsumme drohenden Verlust der Qualifikationsbasis im maritimen Sektor der EU und die Ausweitung des Geltungsbereichs der Sozialvorschriften zum Schutz der Beschäftigten an Land auf die Seeleute als unverzichtbare Voraussetzung, wenn menschenwürdige Arbeitsbedingungen garantiert sein sollen. „Nachdem wir die politischen Entscheidungsträger wiederholt auf die Folgen des zunehmenden Einsatzes von Aushilfskräften für die Arbeitsbedingungen der europäischen Seeleute hingewiesen haben, könnte es sein, dass den Gewerkschaften nun bald der Geduldsfaden reißt. Wenn wir mit sanften Methoden nichts erreichen, werden wir über durchgreifendere Maßnahmen nachdenken,“ so ETF-Generalsekretär Eduardo Chagas. „Wir müssen die Vorstellung löschen, dass es sich bei Seeleuten um Bürger dritter Klasse handelt.“ Ostsee Heuernachzahlungen nach Blitz-Inspektionen Zweihundert Schiffe wurden besichtigt, drei Kollektivverträge abgeschlossen und ausstehende Heuerzahlungen in Höhe von 471.000 US-Dollar für Besatzungsmitglieder eingetrieben: Dies ist das Ergebnis der ITF-Aktionswoche im Ostseeraum vom 9. – 13. Oktober 2006. Im vergangenen Jahr stand die Ostsee-Aktionswoche im Rahmen der Billigflaggenkampagne unter dem Slogan „Die Ostsee sauber halten!“. Damit waren die unternormige Schifffahrt und eine Stärkung der gewerkschaftlichen Mitgliederbasis gemeint. Durchgeführt wurden die Maßnahmen von ITF-Mitgliedsgewerkschaften in neun Ländern – Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Russland, Estland, Lettland, Litauen und Polen. Ein Mix aus unterschiedlichen Nationalitäten bei den VertreterInnen von Seeleutegewerkschaften ebenso wie von Hafenarbeitergewerkschaften bildeten die Inspektionsteams. In der estnischen Hauptstadt Tallinn wurde eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die für die regelmäßige Veröffentlichung von Berichten und Einsatzunterlagen zuständig war. „Pro Tag führte jedes Team im Durchschnitt 40 Inspektionen durch – das ist eine gute Leistung,“ erklärte Jaanus Kuiv, ITF-Inspektor in Estland. „Die reibungslose Kommunikation mit den InspektorInnen sowie die Unterstützung seitens der Koordinierungsstelle gewährleisteten den Erfolg einer sehr positiv verlaufenen Aktion.“ Indien Seeleute erhalten 21 Mio US$ für Rentenfonds Nach vierjährigem Kampf um die Ersatzleistung von ca. 21 Mio US-Dollar, die bei einem Betrugsfall verloren gingen, können sich Tausende von Seeleuten über die Rückerstattung ihrer Rentengelder freuen. Die ITF-Mitgliedsgewerkschaften National Union of Seafarers of India und Forward Seamen’s Union of India hatten sich dafür eingesetzt, dass die Einlagen des Versorgungsfonds für Seeleute erstattet werden. Der von den Seeleuten durch Beitragszahlungen unterhaltene Fonds war als Unterstützungskasse für ihre Zeit als Rentner gedacht. Doch im März 2002 kam ans Licht, dass das Geld veruntreut worden war; der Fondsverwalter wurde später verhaftet und angeklagt. Im November 2006 beugte sich die indische Regierung schließlich der anhaltenden Gewerkschaftskampagne und dem Druck der ITF – ITFGeneralsekretär David Cockcroft hatte das Thema bei der indischen Regierung zur Sprache gebracht – und versprach, das Geld zu erstatten. Mahendra Sharma, stellvertretender ITF-Regionalsekretär für Asien und den pazifischen Raum, erklärte hierzu: „Die Rückerstattung der Gelder des Versorgungsfonds bedeutet einen großen Sieg für indische Seeleute. Die hartnäckige Kampagne beider Gewerkschaften hat sich letztendlich gelohnt.“ Kurzmeldungen Argentinien Sieg für Beschäftigte auf Kasino-Schiff Der langwierige Kampf einer Seeleutegewerkschaft um die Vertretungsrechte für Beschäftigte an Bord eines argentinischen Kasino-Schiffes hat sich bezahlt gemacht. Die betroffenen Arbeitnehmer sind endlich als Seeleute anerkannt worden und durften der Gewerkschaft beitreten. Die der ITF angeschlossene Sindicato de Obreros Marítimos (SOMU) hatte dafür gekämpft, Mannschaftsdienstgrade, die an Bord der Estrella de la Fortuna beschäftigt sind, vertreten zu können. Bei dem Schiff handelt es sich um ein schwimmendes Kasino, Eigentum der Casino Buenos Aires SA, Teil des spanischen Multis CIRSA. Verhandlungen mit dem Arbeitgeber führten schließlich im Mai 2006 zu einer Vereinbarung, wonach den Beschäftigten das Recht eingeräumt wird, von SOMU vertreten zu werden, und die ihnen die gleichen Heuer- und Arbeitsbedingungen wie Seeleuten sichert. Davor waren sie von einer nicht-maritimen Gewerkschaft vertreten worden, die Bedingungen abgeschlossen hatte, welche weit unter dem internationalen Mindestsätzen für Seeleute lagen. Im April 2005 hatte die ITF-Seeleutesektionskonferenz in Rio de Janeiro/Brasilien einen Dringlichkeitsantrag zur Unterstützung von SOMU und ihren Bemühungen um die Anerkennung der Beschäftigten als Seeleute verabschiedet. Auch forderte die ITF die argentinische Re- gierung auf, Mannschaftsdienstgraden an Bord der schwimmenden Kasinos den Status als Seeleute einzuräumen und sich für Verhandlungen zwischen SOMU und Casino Buenos Aires SA einzusetzen. Darüber hinaus wurden die der ITF angeschlossenen Seeleutegewerkschaften aufgefordert, Solidaritätsmaßnahmen zu ergreifen, indem sie Unterstützungsbriefe an das argentinische Arbeitsministerium versenden. Hierzu erklärte SOMU-Generalsekretär Enrique Omar Suárez: „Durch die Unterstützung der maritimen Gewerkschaften, dem Gewerkschaftsdachverband und dem Bund Argentinischer Transportarbeiter einerseits sowie der unschätzbaren Hilfe der ITF bei unserem Anliegen können wir unseren sechsjährigen Kampf nun beenden.“ Verhandlungen über den endgültigen Tarifvertrag werden in den kommenden Wochen abgeschlossen sein. Solidaritätsmaßnahme Philippinische Besatzung erfolgreich dank Unterstützung von Hafenarbeitern Nachdem ihr Arbeitskampf in einem US-Hafen zum Erfolg führte, konnte eine philippinische Besatzung ausstehende Heuern in Höhe von insgesamt 200.000,– US$ in Empfang nehmen. US-Hafenarbeiter unterstützten den Streik vor Ort, indem sie sich weigerten, die Streikpostenkette der Seeleute zu überschreiten. Im September 2006 begannen 18 philippinische Seeleute an Bord der unter der Flagge Panamas fahrenden Endless einen viertägigen Streik im Hafen von Long Beach/Kalifornien. Sie protestierten wegen ausstehender Heuern. Mitglieder der der ITF angeschlossenen Gewerkschaft International Longshore and Warehouse Union (ILWU), die mehr als 7.000 USamerikanische Hafenarbeiter vertritt, sowie die gesamte maritime Gemeinschaft in den Häfen von Los Angeles und Long Beach unterstützten die Protestaktion. Die in Long Beach beschäftigten ILWU-Mitglieder achteten auch die Streikposten, indem sie sich weigerten, die Ladung des Massengutfrachters anzurühren. Laut ITF-Inspektor Stefan Mueller-Dombois hatte der griechische Eigentümer Vertragsbruch begangen, weil er die für die Seeleute anzuwendenden Heuern und Arbeitsbedingungen laut gültigem ITF-Vertrag nicht einhielt. Im Anschluss an ein Wochenende voller mühseliger Verhandlungen wurde berichtet, dass der Eigentümer sich zur Zahlung einer Gesamtsumme in Höhe von 227.000,– US$ an die Besatzung bereiterklärt hatte und deren Heimschaffung organisieren werde, wobei er versprach, dass sie nicht auf die Schwarze Liste gesetzt würden. Frank Leys, Sekretär der ITF-Hafenarbeitersektion, erklärte: „Hafenarbeiter werden den Seeleuten immer eine helfende Hand reichen. Wir haben es diesmal getan, und wir werden es nächstes Mal wieder tun, wenn es notwendig sein sollte.“ ➡ ITF in Aktion Mehr als130.000,– $ für unterbezahlte Besatzung Einige der 28 Besatzungsmitglieder des unter Panama-Flagge fahrenden Chemietankers Nicos A (links) sind in Feierlaune, nachdem die ITF für sie Heuernachzahlungen in Höhe von insgesamt 130.146,– US$ sicherstellen konnte. Nachdem das Schiff griechischer Eigentümer in den argentinischen Hafen von San Lorenzo eingelaufen war, entdeckte ITF-Inspektor Rodolfo Vidal, dass die Seeleute unterbezahlt wurden. Die ITF stellte fest, dass den vier verschiedenen Nationalitäten an Bord (Seeleute aus den Philippinen, Russland, Sri Lanka und der Ukraine) diskriminierende Heuern gezahlt wurden und dass diese in einigen Fällen sogar unter den Mindestheuern der Internationalen Arbeitsorganisation IAO lagen. ITF SEAFARERS’ BULLETIN 2007 9 Kurzmeldungen ➡ Stephen Cotton, Sekretär der ITF-Sonderabteilung der Seeleute, fügte hinzu: „ Die Solidarität der Hafenarbeiter ist das Herz der ITF-Billigflaggenkampagne. Ihre Unterstützung war und ist entscheidend, um Seeleuten beim Eintreiben der ihnen zustehenden Heuern zu helfen.“ Jordanien Solidarität der Hafen arbeiter sichert ausstehende Heuern für Seeleute Solidaritätsmaßnahmen von Hafenarbeitern in einem jordanischen Hafen haben dazu geführt, dass eine beträchtliche Summe an ausstehenden Heuern für Seeleute gesichert werden konnte. Die 15-köpfige arabische, ukrainische und lettische Besatzung erhielt die Gesamtsumme von 103.000,– US$ nachdem Mitglieder der der ITF angeschlossenen Port Workers’ Union of Jordan im September 2006 auf einen Unterstützungsappell der Seeleute an Bord der Magic Swan reagierten. Sie waren nach den im ITF-SeeleuteBulletin dargelegten Einzelheiten zur Kontaktaufnahme vorgegangen und hatten in Port Said/Ägypten Alarm ausgelöst. Ihre spätere Ankunft im jordanischen Hafen von Aqaba wurde von streikenden Hafenarbeitern begleitet, die sich weigerten, die Ladung zu löschen und das Schiff zu betanken, bis die Seeleute ihre Heuern erhielten. Diese Maßnahme löste dreitägige Verhandlungen mit dem Arbeit- geber aus und führte schließlich dazu, dass der Besatzung ihre vollen Bezüge gezahlt wurden. Die schnelle Reaktion der Hafenarbeiter, so Mohammed Khraisat, Präsident der Port Workers’ Union, war unmittelbares Ergebnis der Teilnahme der Mitglieder an einem Seminar über Billighäfen, in dessen Verlauf die Bedeutung von Solidaritätsmaßnahmen hervorgehoben wurden. Bilal Malkawi vom Arabischen Weltbüro der ITF bemerkte hierzu: „Die Aktivitäten der ITF in dieser Region tragen zum Aufbau der gewerkschaftlichen Fähigkeiten bei, sich auf globaler Ebene durch Solidaritätsmaßnahmen wie diese einzumischen.“ ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute Baubeginn für neues Seeleutezentrum in Sierra Leone Örtliche Honoratioren und GewerkschaftsvertreterInnen waren im Dezember 2006 in Sierra Leone unter den Gästen bei einer Feier anlässlich des Baubeginns für ein neues Seeleutezentrum. Die Aufnahme der Arbeiten an dem Zentrum im Hafen von Freetown bildet den erfolgreichen Abschluss der über zwei Jahre andauernden Planungsarbeiten des Nationalen Wohlfahrtskomitees für Sierra Leone, in dem Gewerkschaften, Kirche, Regierung und Hafenbehörde vertreten sind. Das mit einem Zuschuss aus der ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute (ITF Seafarers’ Trust) unterstützte neue Zentrum wird Seeleuten bei kurzen Hafenaufenthalten eine Reihe von Serviceleistungen bieten, u. a. Zugang zum Internet, ein Restaurant mit Bar sowie Spiele und andere Freizeiteinrichtungen. Mit seiner Fertigstellung wird vor Jahresende gerechnet. Tom Holmer von der ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute meinte in einer Stellungnahme: „Dieses Zentrum ist typisch für die aktuellen Bemühungen um die Ausweitung des Angebots an sozialen Betreuungseinrichtungen für Seeleute in Westafrika. Ein Zusammenschluss verschiedener Gruppierungen, die in der einen oder anderen Form im maritimen Sektor tätig sind, sorgt dafür, dass Seeleuten, die sich nur kurz im Hafen aufhalten, in kleinen Gebäuden mit entsprechenden Einrichtungen ein herzlicher Empfang bereitet wird.“ Ähnliche Zentren wurden bereits in PointeNoire/Kongo und San Pedro/Elfenbeinküste gebaut. Ein weiteres Zentrum soll 2007 in Monrovia/Liberia entstehen. IAO Forderung nach Ratifizierung des neuen „Grundrechtekatalogs“ für Seeleute Regierungen weltweit werden von der ITF aufgefordert, ein Übereinkommen zu ratifizieren, das die Arbeitsbedingungen der Seeleute entscheidend verbessern könnte. Sobald es von den IAO-Mitgliedsstaaten durch Eingliederung in die jeweilige nationale Gesetzgebung umgesetzt ist, wird das von der Internationalen Arbeitsorganisation verabschiedete Seearbeitsübereinkommen 2006 als umfassende und Sit-In in Australien Philippinische Besatzung demonstriert ihre Dankbarkeit 10 Die Besatzungsmitglieder der in Kuwait registrierten Mawashi al Gasseem, im Eigentum und betrieben von Kuwaiti Saudi Livestock, zeigten sich hocherfreut, als sie nach einem epischen, achtmonatigen Sit-In im Jahr 2005 in Adelaide/Australien bei ihrer Rückkehr auf den Philippinen endlich ihre ausstehenden Heuern in Empfang nehmen konnten. Ihr Fall wurde schließlich von einem Bundesgericht entschieden, und man sprach ihnen Heuern und Heimreisekosten in Höhe von insgesamt 700.000,– US$ zu. Die meisten Besatzungsmitglieder stammten aus Cebu, und der örtliche ITF-Inspektor Joselito Pedaria berichtete, dass die Besatzung, die zwecks Entgegennahme ihrer ausstehenden Heuern sein Büro aufsuchten, unbedingt ihre Dankbarkeit gegenüber der ITF und der Maritime Union of Australia (MUA) zum Ausdruck bringen wollten. „Einige kamen mehrmals ins Büro, um der ITF und der MUA zu danken,“ so Pedaria. ITF Seeleute Bulletin 2007 durchsetzbare „Grundrechtecharta“ für Seeleute dienen. Weltweit finden derzeit eine Reihe von Gesprächen auf höherer Ebene mit Regierungsvertretern statt – bei denen die ITF eine aktive Rolle spielt – um zur Beschleunigung des Ratifizierungsprozesses beizutragen. Das Übereinkommen wird die Befugnisse der Hafenstaatenkontrollbeamten stärken, Schiffe aufgrund von unbefriedigenden Arbeits- und Lebensbedingungen für ihre Besatzungen an die Kette zu legen. Gemäß den Vorschriften des Übereinkommens muss der Kapitän des Schiffes vom Flaggenstaat ausgestellte Bescheinigungen vorweisen können, die beweisen, dass der Arbeitgeber die vereinbarten Arbeitsnormen eingehalten hat. Ebenfalls muss der Nachweis erbracht werden, dass Seeleute mindestens einmal monatlich bezahlt werden und täglich wenigstens 10 Stunden Ruhezeit erhalten (77 Ruhestunden pro Woche). Das Übereinkommen beinhaltet genaue Bestimmungen über Unterkunft, einschließlich Größe der Kammern sowie Normen über Heizung und Belüftung. Es berechtigt Seeleute zu angemessener medizinischer Versorgung und zur Heimschaffung, z. B. bei Krankheit, Verletzung oder Insolvenz des Reeders. Wenn alles gut läuft, wird das Übereinkommen in den nächsten Jahren in Kraft treten. Ausstehende Heuern Wichtige Einigung für russische Besatzung Ein langwieriger Konflikt zwischen einem lettischen Schiffsverwaltungsunternehmen und seiner russischen Besatzung ist seiner Beilegung einen Schritt näher gekommen, nachdem die aus- stehenden Heuern im Februar 2007 an die Seeleute ausgezahlt wurden. Der Arbeitskonflikt erreichte einen Höhepunkt, als sich Seeleute, unterstützt von zwei ITF-Inspektoren, weigerten, die unter JamaikaFlagge fahrende Merchant Brilliant zu verlassen, bis die Zahlung der ausstehenden Heuern in einer Gesamthöhe von 293.000 US-Dollar erfolgt sei. Die beiden Inspektoren, Ken Fleming und Bill Anderson, blieben auf Wunsch der Besatzung ebenfalls an Bord des Schiffes, das vor dem britischen Hafen Heysham auf Reede lag. Das Unternehmen ADG Shipmanagement SIA und die Besatzung konnten sich mit Hilfe der ITF in Verhandlungen über Heimschaffung und geschuldete Heuern einigen. Allerdings wurde das Verhandlungsergebnis nicht wie erwartet umgesetzt, als das Schiff in Heysham einlief und Vertreter der Reeder warteten. Sie zahlten nicht, sondern begannen stattdessen, die Besatzungsmitglieder einzuschüchtern. In den Worten von Ken Fleming wurden die Seeleute „von Pontius zu Pilatus“ geschickt. Schließlich erhielten sie jedoch Heuerzahlungen in Höhe von 137.000,– US-Dollar, weniger als der ursprünglich geforderte Betrag, da sieben Besatzungsmitglieder ihre Forderungen zurückgezogen hatten. Die ITF begrüßte die Entscheidung des Schiffscharterers, Norfolkline, sich vom Verhalten der ADG Shipmanagement SIA zu distanzieren. Ken Fleming, ITF-Inspektor in der irischen Hauptstadt Dublin, sagte dazu: „Dies ist der erste entscheidende Schritt, diesen hässlichen Konflikt beizulegen und die Sache hinter uns zu lassen. Als nächsten Schritt müssen wir dafür sorgen, dass alle Besatzungsmitglieder die Heimreise antreten können.“ Arbeitskampf Solidarität am Schwarzen Meer Die ecuadorianische Besatzung der unter der Flagge der Bahamas fahrenden Coral Sea feiert in Constanta/Rumänien ihren Sieg nach einem Streik wegen Heuern, Arbeitsbedingungen und ungerechter Behandlung. Nach fünftägiger Arbeitseinstellung im November 2006, in deren Verlauf Lastwagen den Liegeplatz blockierten, konnten die Seeleute folgende Forderungen durchsetzen: Bargeldzahlungen für geleistete Überstunden, einen Freizeichnungsbrief für ihre Streikaktion, die Zusicherung besserer Verpflegung sowie die Ablösung des Kapitäns und des Ersten Ingenieurs. Besonders dankbar war die oben abgebildete Besatzung für die Unterstützung der rumänischen Gewerkschaften und des ITF-Inspektors Adrian Mihalcioiu. ➡ ITF Seeleute Bulletin 2007 11 ITF-Kampagne gegen Billigflaggen und unternormige Schiffahrt: Fakten und Zahlen 2006 ➨Besatzungen auf 12.335 Schiffen der Weltflotte hatten im Laufe des Jahres 2006 Kontakt irgendeiner Art mit der ITF-Sonderabteilung der Seeleute und deren Inspektorenteam. ➨Die Inspektoren besuchten 2006 insge- ➨Die Anzahl der Seeleute im Geltungs- bereich von ITF-Kollektivverträgen lag 2006 bei 193.325. ➨Insgesamt 8.161 Schiffe unterliegen einer samt 10.557 Schiffe, im Vergleich zu 9.860 im Jahr zuvor. ITF-Vereinbarung. Im Verlauf des Jahres 2006 wurden in 36 Ländern 1.386 Neuverträge abgeschlossen. ➨Mit der ITF-Kampagne konnten Heuer- ➨Die ITF beschäftigt 129 Inspektoren in den nachzahlungen und Schadenersatzforderungen in Höhe von 18,71 Millionen US$ sichergestellt werden. ➨Vierundachtzig Prozent der Inspektionen wurden auf Billigflaggenschiffen durchgeführt, wobei Schiffe, die negativ aufgefallen waren, besondere Aufmerksamkeit erhielten. Häfen von weltweit 42 Staaten. ➨Im Jahr 2006 führten Mitglieder der ITF- Mitgliedsgewerkschaften und Besatzungen auf Billigflaggenschiffen zur Unterstützung der ITF-Kampagne Arbeitskampfmaßnahmen in 23 Staaten auf vier Kontinenten durch. Kurzmeldungen ➡ Globale Solidarität Vertrag für chilenische Flotte abgeschlossen Als Höhepunkt einer ITF-Kampagne fanden über einen Monat verteilt intensive Aktivitäten auf drei Kontinenten statt, die zum Abschluss neuer Arbeitsverträge für 19 Schiffe der chilenischen Reederei Companía Sudamericana de Vapores (CSAV) führten. Dank der ITF-Initiative im November und Dezember 2006 ist die Zahl der Seeleute, die ITFVerträgen für die CSAV-Billigflaggenflotte unterstehen, um 40 Prozent gestiegen. Auf über der Hälfte der betroffenen Schiffe – hauptsächlich Containerschiffe, die man langfristig von deutschen Reedern charterte – gelten jetzt ITF-Bedingungen. ITF-Gewerkschaften konzentrierten ihre Aktivitäten auf die 130 Schiffe der Flotte, nachdem sich die Reederei im Juni 2006 geweigert hatte, für die Besatzungen an Bord der von ihr gecharteterten Schiffe Mindestnormen zu garantieren. Ihre eigenen Schiffe betreibt CSAV entweder unter nationaler Flagge oder mit ITF-Verträgen. Im Rahmen der Aktionen koordinierten Gewerkschaften in den Häfen von Rotterdam, Hamburg, Antwerpen und Le Havre im Dezember 2006 eine Kampagne für Mindestarbeitsnormen. Unter anderem handelten Hafenbeschäftigte von der deutschen Gewerkschaft ver.di mit dem Reeder Oskar Wehr einen ITF-Vertrag für drei unter der Flagge der Marshall-Inseln betriebene Schiffe aus, nachdem die CSAV Rio Baker von TeilnehmerInnen der Kampagne empfangen worden war. Mitglieder der niederländischen Gewerkschaft FNV Bondgenoten sowie Hafenbeschäftigte von ver.di sorgten außerdem in Rotterdam bzw. Hamburg dafür, dass die unter Liberia-Flagge fahrende Christiane Schulte nur mit Verzögerung auslaufen konnte. Um sich weiteren Aktionen in Antwerpen und Le Havre zu entziehen, änderte das Schiff daraufhin seinen Kurs. Auch für ein weiteres CSAV-Schiff konnte nach Aktionen in Rotterdam ein ITF-Vertrag abgeschlossen werden. Im Verlauf des Monats fanden zudem im Fer- Deutsche Hafenarbeiter boykottieren ein von CSAV betriebenes Schiff. Siehe „Vertrag für chilenische Flotte abgeschlossen“. nen Osten und auf dem gesamten amerikanischen Kontinent nicht ganz so öffentlichkeitswirksame Protestaktionen statt. Dennoch hatten sie Verzögerungen zur Folge, beispielsweise für die unter Zypern-Flagge fahrende Libra Ecuador, die in Buenos Aires aufgehalten wurde, und die auf den Marshall-Inseln registrierte CSAV Callao, deren Auslaufen sich in Yokohama und Pusan verzögerte. „Dies sollte allen Charterern als Mahnung dienen sicherzustellen, dass die Schiffe auch wirklich gewerkschaftlichen Verträgen unterliegen.“ Wie der Sekretär der ITF-Sonderabteilung der Seeleute, Stephen Cotton, feststellte: „Dies war eine erfolgreiche Kampagne, aber natürlich gibt es noch mehr zu tun. Die ITF wird bei CSAV auf die Unterzeichnung einer Absichtserklärung drängen, in der die gleichen Schutzregelungen für die von CSAV gecharterten Schiffe gefordert werden, wie sie auch auf den eigenen Schiffen der Reederei gelten. Bis dahin werden CSAVSchiffe, die keinem ITF-Vertrag unterstehen, weiterhin im Brennpunkt des Interesses von ITFGewerkschaften weltweit stehen.“ Weiter erklärte Cotton: „Dies sollte allen Charterern als Mahnung dienen sicherzustellen, dass die Schiffe wirklich gewerkschaftlichen Verträgen unterliegen. Weitere Charterer werden wir im Verlauf des Jahres 2007 unter die Lupe nehmen.“ ●Zugang zu aktuellen Nachrichten über die ITF und gewerkschaftliche Aktivitäten in Bezug auf Seeleute unter: www.itfglobal.org/seafarers/index.cfm ITF Seeleute Bulletin 2007 13 Menschenrechte Seeleute gehören zu den am meisten ausgebeuteten und misshandelten Beschäftigtengruppen auf der Welt. Doch ihre Lage wird von den vorherrschenden Medien und der öffentlichen Meinung kaum wahrgenommen, so ein neuer ITF-Bericht: „Aus den Augen, aus dem Sinn“. 14 ITF Seeleute Bulletin 2007 Aus den Augen Aus dem Sinn von Martin Whitfield B ei der Seeschifffahrt handelt es sich um den ersten globalen Wirtschaftszweig der Welt. Lange, bevor die moderne Logistik und Versorgungskettenverwaltung erfunden wurden, waren sich Seeleute der Auswirkungen der Globalisierung bereits bewusst. Für Nicht-Seeleute bietet ein Spaziergang zu irgendeinem Hafen die Gelegenheit, das internationale Flair und exotische Image der Namen zu genießen, die auf das Heck der Schiffe im Hafen aufgemalt sind. Auch die Besatzung an Bord ist höchstwahrscheinlich international, eine Mischung von Nationalitäten mit einer wunderbaren Vielfalt von Kulturen. Doch die meisten Seeleute wissen, dass diese romantische Vorstellung über das Leben an Bord – auf hoher See von einem einladenden Hafen zum nächsten zu segeln – ein Mythos ist. Die Seeschifffahrt ist ein großes Geschäft. Mehr als 90 Prozent des Welthandelsvolumens wird auf dem Seeweg transportiert. Die Versorgungskettenverwaltung ist nicht nur eine Wirtschaftstheorie; darunter versteht man, dass Container von dem Moment an verfolgt werden, in dem sie eine Fabrik in China verlassen, bis zu dem Tag, an dem sie in Europa oder in den USA geöffnet werden. Kohle, Eisenerz, Stahl, Pkws, Papier, Zement, Öl und Gas kreuzen den Globus für Konsumenten auf der ganzen Welt. Fast unvermeidlich bleiben die Arbeitsmethoden und -bedingungen derer an Bord dabei größtenteils unbemerkt. Nur bei bedeutsamen Zwischenfällen oder weit verbreiteter Meeresumweltverschmutzung kommt die öffentliche Aufmerksamkeit ins Spiel. Doch auch in diesen Fällen liegt das Hauptaugenmerk auf der dramatischen Rettungsaktion oder den mit Öl verschmierten Meeresvögeln. Hinter den Kulissen findet man jedoch ein erschreckendes Szenario von Ausbeutung, Miss- handlung und Korruption. Das Leben auf See ist das schneidende Ende des multinationalen Kapitalismus – der von der Leine gelassene freie Markt mit wenigen Einschränkungen und zeitweise fast ohne Moral. Ein von der ITF vorbereitetes Hintergrundpapier, das für eine maritime Konferenz der Vereinten Nationen zusammengestellt wurde, behandelt einige der Schwierigkeiten, die regelmäßig von Seeleuten angetroffen werden. Zurzeit hat die ITF z. B. Kenntnis von rund 20 Fällen von Schiffsbesatzungen, die in Häfen weitab der Heimat im Stich gelassen wurden. Zweifelsfrei gibt es noch viele weitere solcher Fälle in weltweiten Gegenden, wo keine ITF-Inspektoren zu finden sind. Deren Schiffe werden eine teure Panne gehabt, die Eigentümer Bankrott gemacht oder Schulden angehäuft haben, die höher sind als der Schrottwert des Schiffes – und all dies zu einer Zeit, in der die Seeschifffahrt boomt. In harten Zeiten sind die Zahlen noch viel höher. Der 35 Jahre alte, auf den karibischen Inseln St. Kitts & Nevis registrierte Rosteimer Al Manara, der zwischen Somalia und den Vereinigten Arabischen Emiraten fuhr, trieb Anfang 2006 nach einem Maschinenschaden 18 Tage lang abseits vom Kurs, bevor er schließlich von der Hafenbehörde der Seychellen gerettet wurde. Das Schiff besaß keine gültigen Zeugnisse und es wimmelte von Ratten und Kakerlaken. Die gemischte Besatzung aus Indien, Burma, Somalia, Irak, Ukraine, Sudan und Äthiopien hatte seit sieben Monaten keine Heuern erhalten und war ohne Verpflegung im Stich gelassen worden. Ein solcher Fall unterstreicht das alltägliche Problem von Seeleuten, die sich in Schwierigkeiten befinden – ihre rechtliche Lage ist sehr viel vielschichtiger als die eines Arbeitnehmers an Land. „Hinter den Kulissen findet man jedoch ein erschreckendes Szenario von Ausbeutung, Misshandlung und Korruption. Das Leben auf See ist das schneidende Ende des multinationalen Kapitalismus – der von der Leine gelassene freie Markt mit wenigen Einschränkungen und zeitweise fast ohne Moral.“ ➡ ITF Seeleute Bulletin 2007 15 Menschenrechte Der im Jahr 2006 veröffentlichte Bericht der ITF „Out of Sight, Out of Mind“ (Aus den Augen, aus dem Sinn) informiert ausführlich über die von Seeleuten erlittenen Menschenrechtsverletzungen. Beispielhaft erläutert werden auch einige Misshandlungsfälle aus jüngster Zeit, wie die auf dieser Seite beschriebenen. Der vollständige Bericht (nur in englischer Sprache erhältlich) ist als Download unter www.itfglobal.org/ infocentre/pubs.cfm/detail/2259 abrufbar. Brutale Behandlung chinesischer Fischereibeschäftigter Sechs chinesische Fischereibeschäftigte desertierten in Amerikanisch-Samoa von ihrem Schiff und versteckten sich aus Angst vor Verfolgung durch den Kapitän einige Tage lang in den Bergen. Vergeblich baten sie einen Agenten ihres Arbeitgebers um Hilfe. Auch auf der Polizeistation wurden sie abgewiesen, bis sie schließlich im Seeleutezentrum von Pago Pago Zuflucht fanden, das die ITF von ihrer Notlage informierte. Die Männer berichteten aus eigener Anschauung von extremen körperlichen Misshandlungen, denen die Besatzungsmitglieder der Tunago #61 ausgesetzt waren. Je nach Lust und Laune des Kapitäns und seines Bruders, des Chef-Ingenieurs, wurden sie „sporadisch und systematisch jeden Tag geschlagen“. Zudem bedrohte der Kapitän sie mit dem Tode, sagte ihnen, dass er ein Gewehr habe und dass man sie mit der Erklärung, sie seien über Bord gegangen, leicht „abschreiben könne“. Entführt oder im Stich gelassen? Ohne Lebensmittel, Wasser oder Treibstoff, und bei Sommertemperaturen in den 40ern waren neun indische und ukrainische Besatzungsmitglieder des Tankers Arabian Victory 45 Tage lang in Dubai gestrandet. Wiederholte Rufe des Kapitäns nach frischen Vorräten fielen auf taube Ohren, und dringende Hilfsgesuche an die örtliche Hafenbehörde und Polizei blieben auch unbeantwortet. Unterstützung leistete lediglich die Seemannsmission in Dubai, die Lebensmittel und Wasser zur Verfügung stellte. Schließlich gab der Kapitän den Eigentümern mit einer 48-stündige Vorlaufszeit bekannt, dass er beabsichtige auszulaufen, um in irgendeinem indischen Hafen Zuflucht zu suchen, und verließ mit Treibstoff und Vorräten, die die Mission geliefert hatte, den Hafen. Bei der Ankunft in Mumbai wurde dem Schiff jedoch das Einlaufen 16 verweigert. Der Eigentümer hatte eine Beschwerde eingelegt und behauptet, dass die Besatzung das Schiff entführt hätte. Erst nach Intervention der ITF beim Hohen Gericht in Kerala wurde der Arabian Victory später erlaubt, in Kochi anzulegen, wo das Schiff von der indischen Küstenwache inspiziert wurde. Dabei stellte man in der Tat fest, dass weder Lebensmittel noch Wasser vorhanden waren und die Besatzung sich in einem schlechten Gesundheitszustand befand. Zusätzlich zu den furchtbaren Zuständen auf See, die sie erleiden mussten, waren den Besatzungsmitgliedern auch keine Heuern bezahlt worden; die ausstehende Forderung belief sich auf insgesamt 250.000,– US$. Sie mussten gegen eine Bank in Kuwait, die eine Hypothek in Höhe von 10 Mio. US-Dollar auf das Schiff hatte und einen vorrangigen Anspruch bei Verkauf behauptete, um ihr Geld kämpfen. Es dauerte über ein Jahr, bis die Heuern der Besatzung aus dem Verkaufserlös des Schiffes eingetrieben werden konnten. Besatzung skrupellos ausgebeutet Zehn indonesische Fischereibeschäftigte kletterten über den Sicherheitszaun des Hafenunternehmens von Port Nelson/Neuseeland und suchten Zuflucht vor den Misshandlungen und unmenschlichen Bedingungen an Bord des über 30 Jahre alten, in Korea registrierten Fangschiffs Sky 75. Die Besatzungsmitglieder klagten über ständige Beschimpfungen, körperliche Misshandlungen und überlange Arbeitszeiten. Die Verpflegung war ungenießbar; sie bestand aus verdorbenem Fleisch und Gemüse sowie Produkten, de- ITF Seeleute Bulletin 2007 ren Verfallsdatum überschritten war. Sie mussten zu zwölft in einer Kammer schlafen, Decken gab es keine, zum Waschen sollten sie auf dem Deck in den Wellen „duschen“. Medizinische Versorgung gab es an Bord genauso wenig wie Schutzkleidung, und so berichtete die Besatzung von einem Kollegen, der ohne Behandlung weiterarbeiten musste, nachdem sein Arm in einer Maschine eingequetscht worden war. Über die unerträglichen und erniedrigenden Arbeits- und Lebensbedingungen hinaus hatte die Besatzung seit Antritt des Dienstes auf dem Schiff keine Heuern erhalten. Jedes Besatzungsmitglied hatte einer in Jakarta ansässigen Bemannungsagentur über 600,– US$ gezahlt, um die Arbeit zu bekommen. Keine Heuern, aber ins Gefängnis geschickt Die Besatzung der Capbreton 1 traf eine schlechte Entscheidung, als sie beschloss, an Bord zu bleiben, nachdem ihr Schiff von einer französischen Reederei an neue nigerianische Eigentümer verkauft worden war. Während des gesamten ersten Jahres erhielten sie keine Heuern, und dann wurde das Schiff im Juli 2003 wegen fehlender Genehmigungen und Zeugnisse in nigerianischen Gewässern arrestiert. Die Eigentümer überredeten die Besatzung, bis zur Klärung der Angelegenheit an Bord zu bleiben, doch man ließ sie dann ohne reguläre Verpflegung, Wasser und Treibstoff im Stich. Sie blieben an Bord mit dem Ziel, ihre ausstehenden Heuern zu sichern, bevor sie in ihre Heimat – Elfenbeinküste, Benin, Togo und Burkina Faso – zurückkehrten. Mit Erfolg konnten sie die Aufmerksamkeit der Lokalpresse und sogar des BBC auf sich richten. Doch sechs Monate später verschlechterte sich die Lage, als sie verhaftet, ins Gefängnis gebracht und angeklagt wurden, illegales Öl aus beschädigten Pipelines abgezapft und geladen zu haben. Im Gefängnis, fern der Heimat und ohne Geld, musste sich die Besatzung um Hilfe bei den Ausgaben für ärztliche Versorgung und sogar für den Transport zum Gericht und zurück bemühen. Als Folge der Rechtsstreitigkeiten vor Gericht, wo die Besatzung von der ITF unterstützt wurde, mussten die Seeleute 21 Monate im Gefängnis verbringen. Im November 2005 wurden sie schließlich aus der Haft entlassen, mit einem Teil ihrer Heuern und ihren Heimreisetickets, doch eine Entschädigung oder Entschuldigung für die ungerechte Behandlung wurde ihnen nicht zuteil. Terrorregime von Schlägern Die Besatzung der unter der Flagge Belizes fahrenden Salus legte in Rønne/Dänemark an, um dort Sprotten zum Verkauf in Russland einzufrieren. Sie nahmen Kontakt mit der ITF auf und erklärten, dass keiner von ihnen seit der Ankunft auf dem Schiff, die für einige schon zwei Jahre zurücklag, bezahlt worden sei. Der Geschäftsführer des in Kalingrad ansässigen Schiffsbetreibers erschien in Rønne, drohte mit Gewalt und verlangte von den Besatzungsmitgliedern, eine Erklärung gegen die ITF zu unterzeichnen. Später wurde er polizeilich belangt, weil er einen ITF-Inspektor geschlagen hatte. Die Besatzungsmitglieder berichteten der Polizei, man hätte ihnen mit der Ankunft zweier neuer „Besatzungsmitglieder“ gedroht, die sie „in ihrem eigenen Blut schwimmen lassen würden“, wenn sie sich nicht kooperativ zeigten. Ein Besatzungsmitglied wurde von den beiden Neuankömmlingen an Deck getreten und zusammengeschlagen, während der Geschäftsführer und der Leibwächter ihn an der Flucht hinderten. Als die Polizei eintraf, fanden sie ihn eingesperrt in einer Kabine, Mund und Kopf mit Klebeband umwickelt, die Arme hinter dem Rücken und die Füße mit Klebeband aneinander gefesselt. Erol Kahveci Aus den Augen, aus dem Sinn ➡ Seit dem Zweiten Weltkrieg ist es zur üblichen Praxis geworden, Schiffe in Staaten zu registrieren, die nicht die Heimatstaaten der Eigentümer sind. Anfänglich von US-amerikanischen Reedern als Flucht genutzt, um in den 1930ern die AlkoholProhibitionsvorschriften zu umgehen, ist das so genannte „Billigflaggen“-System inzwischen weit verbreitet und wird für mehr als die Hälfte der Weltflotte angewandt. Eines der Probleme mit Billigflaggen besteht darin, dass der betreffende Staat bei Reedern, die kein Vermögen im Flaggenstaat besitzen, keine Möglichkeit hat, Vergehen zu verfolgen. In einer ganzen Reihe von Staaten, in denen das Schiffsregister hauptsächlich als Beschaffer harter Währungen dient, würden es die gültigen Rechtssysteme in der Tat unmöglich machen, Seeleute zu schützen, die auf die Zuständigkeit des Flaggenstaats angewiesen sind. Ein solches Register ist jedoch sehr bequem und attraktiv für einen Reeder, der daran interessiert ist, internationale Vorschriften und Arbeitsgesetze zu umgehen, und der nach den niedrigsten Gebühren und Steuern Ausschau hält. Im Falle ausstehender Heuern, mangelhafter Verpflegung oder Unterkunft, oder wenn sie weitab der Heimat im Stich gelassen werden – an wen sollen Seeleute sich wenden, wenn der Reeder kein Interesse zeigt? Der Flaggenstaat ist oft nicht willens oder nicht in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Der Heimatstaat des Seefahrers wird manchmal einschreiten; dies hängt jedoch davon ab, ob es in der Nähe eine Botschaft gibt und ob diese ausreichende Mittel hat, um ihre Seeleute zu unterstützen. Kurz gesagt stehen nicht allzu viele Möglichkeiten offen. Am besten nimmt man Verbindung mit einem Gewerkschaftsvertreter wie einem ITF-Inspektor oder mit jemandem von der Seemannsmission oder einer ähnlichen Wohlfahrtseinrichtung auf. A us dem ITF-Bericht geht hervor, dass die einzigartig schwache Situation der Seeleute längst erkannt wurde, und dass die Internationale Arbeitsorganisation schon 1920 Sonderkonferenzen für Seeleute durchgeführt und Sondervorschriften erlassen hat. Sie betreffen Mindestnormen für Unterkunft und Verpflegung, Zugang zu ärztlicher Versorgung, Arbeitsstunden und Landgang. Es herrscht Verständnis dafür, dass Seeleute mit zusätzlichem Stress zu kämpfen haben, weil sie monatelang in Gesellschaft der immergleichen Gruppe von Menschen auf See sind, wobei der Arbeitsplatz gleichzeitig den Wohnsitz darstellt. Weitere internationale Vorschriften beschäftigen sich mit Sicherheit auf See, Schutz vor erniedrigender Behandlung und dem Recht auf ungehinderten Beitritt in eine Gewerkschaft. Internationale Instrumente müssen jedoch der nationalen Gesetzgebung einverleibt und dann um- und durchgesetzt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass das Billigflaggensystem just deswegen eingerichtet wurde, um Vorschriften zu umgehen, haben diejenigen Reeder, die in Ausbeutung und Misshandlung verwickelt sind, eine perfekte Zuflucht. Im Extremfall hat die Struktur als Deckmantel für Kriminalität gedient. In der Fischereiwirtschaft spielen Billigflaggen eine Hauptrolle beim schwerwiegenden Problem der illegalen Fischerei, deren Anteil am Weltfang inzwischen auf 20 Prozent geschätzt wird. Die Betroffenen benutzen Billigflaggen, um ihre Spuren zu verwischen, wobei sie ihre Schiffe immer wieder auf See umflaggen. Es überrascht nicht, dass Unternehmer dieser Art ebenfalls willens sind, jegliche Sozialvorschriften für die Besatzung zu ignorieren. Unternormige Schiffe werden oft mit unerfahrenen Seeleuten bemannt, die häufig Opfer körperlicher Misshandlung sind. Der ITF-Bericht erzählt von sechs chinesischen Fischereibeschäftigten, die in Amerikanisch-Samoa von ihrem Schiff desertierten und von systematischer Verprügelung, langen Arbeitszeiten ohne Pause und Bestrafung durch Entzug von Verpflegung und Wasser berichteten. Im dänischen Hafen von Rønne wurden russische Besatzungsmitglieder eines unter BelizeFlagge fahrenden Frosttrawlers von zwei Schlägern verprügelt, die von den Eigentümern an Bord geschickt wurden, nachdem sich die Besatzung wegen der seit zwei Jahren ausstehenden Heuern beschwert hatte. Auch ohne Gewaltandrohung und Ausbeutung kann das Leben eines Seefahrers hart und auszehrend sein, mit langen Zeiten auf See und einer unerbittlichen Routine. Die Umkehrzeiten im Hafen sind auf vielen Schiffen kürzer geworden, da Containerkräne die Schiffsladung in Stunden – nicht Tagen – löschen können. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nach dem 11. September 2001 haben dazu geführt, dass wertvoller Landgang verweigert wurde, besonders in den USA. Eine Umfrage unter philippinischen Seeleuten (die größte Gruppe der Arbeitskräfte auf See) hat ergeben, dass 70 Prozent der Befragten in den vergangenen zwölf Monaten eine Verweigerung des Landgangs hinnehmen mussten, wodurch sie kaum Möglichkeiten hatten, mit ihren Familien zu telefonieren oder mit Menschen über den Kreis ihrer Besatzungskollegen hinaus zu sprechen. Es sind bereits mehrere Versuche unternommen worden, die Bedingungen, unter denen Seeleute arbeiten, zu verbessern und zu reformieren, doch die Entwicklung wird durch die Vorherrschaft wirtschaftlicher Überlegungen über sozialen Interessen der Seeleute untergraben. Hierbei sollte man nicht über die Tatsache hinwegsehen, dass die Mehrzahl der Arbeitskräfte aus ärmeren, eher machtlosen Ländern stammen, während die Mehrzahl der Schiffe letztendlich im Eigentum und unter der Kontrolle von Reedern in den einflussreichen und industrialisierten Wirtschaftsmächten liegen. „Auch ohne Gewaltandrohung und Ausbeutung kann das Leben eines Seefahrers hart und auszehrend sein, mit langen Zeiten auf See und einer unerbittlichen Routine.“ Martin Whitfield ist ein auf Verkehrs- und Arbeitsthemen spezialisierter freiberuflicher Journalist. ITF Seeleute Bulletin 2007 17 Menschenrechte Einige der schlimmsten Fälle von Menschenrechtsverletzungen auf See entdeckt man in der Fischereiwirtschaft, so KATIE HIGGINHBOTTOM. D ie Fischereiwirtschaft ist zum Teil Schauplatz von Schikanen am Arbeitsplatz, die zu den extremsten Fällen überhaupt zu zählen sind. Während im Seeverkehr das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und das Internationale Übereinkommen über Normen zur Ausbildung von Wachdienstleistenden gelten, beide ratifiziert von Staaten, die zusammen 99 Prozent der Weltflotte repräsentieren, ist die Ratifizierung entsprechender Übereinkommen für den Fischereisektor bei Weitem nicht in Sicht. Darüber hinaus macht der Fischereiwirtschaft auch die Billigflaggenproblematik zu schaffen. Besonders belastend ist die illegale, unregulierte und nicht gemeldete (IUU) Fischerei, mit der sich zahlreiche skrupellose Reeder die Anonymität des Billigflaggensystems zunutze machen. Nach Schätzungen der britischen Consultingfirma Marine Resources Assessment Group (MRAG) entstehen den Staaten aufgrund illegaler Fangtätigkeit auf allen Meeren zusammen Steuereinbußen zwischen 4,2 und 9,5 Mrd. USDollar jährlich. Das entspricht 20 Prozent vom Wert des weltweiten Fangaufkommens. Zu den negativen Auswirkungen für die dezimierten Fischbestände und die Bestrebungen zum Aufbau einer nachhaltigen Fischereiwirtschaft kommt hinzu, dass die Bedingungen auf illegalen Fangschiffen oft gefährlich unter den Normen liegen. Die Besatzungsmitglieder, die ImTrübenfischen häufig aus ländlichen Regionen stammen und wenig Erfahrung in der Seefahrt mitbringen, leiden nicht nur unter miserablen Arbeitsbedingungen, sondern sind zudem vielfach Opfer körperlicher Misshandlung und völliger Gleichgültigkeit seitens krimineller Arbeitgeber. Nicht reguliert Beim Vergleich der internationalen Hochseefischereiflotte mit der internationalen Handelsflotte stellt eine ministerielle Sonderarbeitsgruppe in Großbritannien fest, dass Erstere „verhältnismäßig unreguliert ist und unter fehlender Transparenz hinsichtlich der Identität von Eignern und Betreibern dieser Schiffe leidet. Für die Schiffsklasse Fangschiff haben viele Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) für die Handelsschifffahrt keine Gültigkeit. Eine solche Situation ist anormal und besorgniserregend und passt nicht in eine Welt, in der das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Sicherheit und Gefahrenabwehr in der Seeschifffahrt und der Achtung der Menschenrechte wächst“. Ein Bericht, der vor kurzem vom australischen Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft, der ITF und WWF International unter dem Titel „The Changing Nature of High Seas Fishing“ („Der Wandel in der Hochseefischerei“) herausgegeben wurde, zeigt, wie Billigflaggen der IUU-Fischerei einen Deckmantel bieten. Der Bericht verweist auf die hohe Anzahl indus- Justin Tallis/reportdigital.co.uk „Besatzungsmitglieder, die angeblich ,zu wenig Leistung bringen‘ oder ,Probleme machen‘, werden manchmal in fremden Häfen ausgesetzt.“ 18 ITF Seeleute Bulletin 2007 triell betriebener Fangschiffe, die unter Billigflaggen registriert sind, und die Leichtigkeit, mit der sie von einer Flagge zur anderen wechseln können, um gesetzliche Vorschriften zu umgehen oder neue Fanggründe zu erschließen: „Das Billigflaggensystem bedroht nicht nur die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände in internationalen Gewässern, sondern beeinträchtigt darüber hinaus massiv die internationalen Bemühungen um Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs zur Hochseefischerei und begünstigt auch weiterhin die im Verborgenen stattfindenden Menschenrechtsverletzungen.“ Am 10. Oktober 2000 sank der unter der Flagge von São Tomé & Principe fahrende Langleiner Amur vor der subantarktischen Inselgruppe Kerguelen. Die mangelnde Seetüchtigkeit des Schiffes war bekannt, zudem hatten die meisten Besatzungsmitglieder weder korrekte Verträge noch waren sie versichert. Die Rettungsausrüstung an Bord funktionierte nicht, und 14 der 40 Besatzungsmitglieder ertranken, weil sie in ihren Kabinen in gefährlichen Bereichen des Schiffes festsaßen. Als das Schiff aus dem Hafen von Montevideo/Uruguay ausgelaufen war, hieß es noch Sils und fuhr unter der Flagge von Belize. Auf See änderte es Namen und Flagge und sank beim illegalen Fang von schwarzem Seehecht. Im Juni 2005 geriet die unter ukrainischer Flagge fahrende Simiez in Montevideo unter mysteriösen Umständen in Brand. Die elf Besatzungsmitglieder – neun Chinesen, ein Indonesier und der ukrainische Kapitän – kamen in den Flammen um. Berichten zufolge vermuteten die Hafenbehörden von Montevideo, dass die Seeleute in ihren Kabinen eingesperrt waren, als das Feuer ausbrach. Es ist zwar schwierig, die Bedingungen an Bord von IUU-Schiffen zu belegen, aber der Bericht „The Changing Nature of High Seas Fishing“ enthüllt, dass die Missachtung von Menschenund ArbeitnehmerInnenrechten alltäglich ist. Er zitiert die Erfahrungen der chilenischen Gewerkschaft für Fischereibeschäftigte Sintoners: „Wenn Beschäftigte auf IUU-Fangschiffen überhaupt Verträge haben, so sind diese von fingierten Unternehmen unterzeichnet, die nicht ausfindig zu machen sind, wenn ArbeitnehmerInnen- oder Menschenrechte verletzt werden, die Besatzung verhaftet wird oder das Schiff sinkt . . .“ „Besatzungsmitglieder, die angeblich ,zu wenig Leistung bringen‘ oder an Bord von IUUSchiffen ,Probleme machen‘, werden manchmal in fremden Häfen ausgesetzt und müssen sich auf eigene Faust bei Botschaften, örtlichen Fischereigewerkschaften, Kirchen oder Hilfsorganisationen um Hilfe bemühen, um wieder nach Hause zu gelangen…“ „Darüber hinaus macht der Fischereiwirtschaft auch die Billigflaggenproblematik zu schaffen. Besonders belastend ist die illegale, unregulierte und nicht gemeldete (IUU) Fischerei, mit der sich zahlreiche skrupellose Reeder die Anonymität des Billigflaggensystems zunutze machen.“ „Häufig kommt es zu körperlicher und/oder psychischer Misshandlung der Besatzungsmitglieder auf IUU-Schiffen . . .“ „Es sind sogar Fälle von Zwangsarbeit bekannt, bei denen asiatische Beschäftigte auf IUU-Schiffen in ihren Unterkünften eingesperrt oder in Ketten gelegt wurden.“ Erpressung Die indonesische Stadt Tual beherbergt seit mehr als zwei Jahren etwa 1.000 burmesische Fischereibeschäftigte. Sie wurden von ihren un- ter thailändischer Flagge fahrenden Schiffen entlassen und haben meist keine Reisedokumente, da diese von den Reedern oder den Vertretern der thailändischen Fischereiunternehmen in Tual einbehalten wurden. Dadurch werden sie für die Beamten örtlicher Sicherheits- oder Einwanderungsbehörden zu leichten Erpressungsopfern. Sie waren ohne Einzelarbeitsverträge angeheuert worden, wurden nicht angemessen bezahlt und häufig unmenschlich behandelt. Die meisten der Burmesen waren ursprünglich keine Fischer, sondern Bauern, die als Flüchtlinge von Burma nach Thailand gekommen waren. Ihre aktuelle Situation wird von der indonesischen Seeleutegewerkschaft Kesatuan Pelaut Indonesia (KPI) überwacht, ist aber dadurch belastet, dass sie offiziell nicht als Flüchtlinge anerkannt sind. Es liegen Berichte vor, wonach auch indonesische Beschäftigte bei ausländischen Fischereiunternehmen aufgrund von unzureichenden Arbeitsverträgen keinen ausreichenden gesetzlichen Schutz genießen. Die KPI untersucht einen weiteren Fall, bei dem 28 Fischereibeschäftigte von der Agentur PT Baruna Siwa in Bali für das Fangschiff Lanthe angeheuert wurden, das von der Micronesia Longline Fishing Company betrieben wird. Während ihrer dreijährigen Beschäftigung erhielten sie weder Heuern, noch haben sie Kollektiv- oder Einzelarbeitsverträge. Während Seeleute ganz offensichtlich schon übermäßig unter den Machenschaften skrupelloser Arbeitgeber und den Folgen wirkungsloser Vorschriften leiden, ereignen sich einige besonders extreme Fälle von Misshandlung im Fischereisektor. Ein Wirtschaftszweig, der eine solche Bandbreite von Aktivitäten umfasst, von Fangfabrikschiffen bis hin zum Familienbetrieb, ist letzten Endes schwer zu organisieren und zu reglementieren. Im Juni 2005 fehlten auf der Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zur Arbeit im Fischereisektor nur wenige Stimmen, um das geplante Übereinkommen zur Regulierung und Verbesserung der Bedingungen der Fischereibeschäftigten zu verabschieden. Die Konferenz wird im Mai/Juni 2007 erneut zusammentreten, und es besteht Hoffnung, dass das Ergebnis dieses Mal positiver ausfallen wird und dass die Mitgliedsstaaten die Bestimmungen des Übereinkommens dann zügig ratifizieren und umsetzen. Nächste Schritte Die der ITF angeschlossenen Gewerkschaften der Fischereibeschäftigten haben im August 2006 auf dem ITF-Kongress in Durban eine Reihe strategischer Schwerpunkte gesetzt. Dazu gehört: ● Unterstützung nationaler Gewerkschaften bei ihren Bemühungen um Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen aller Fischereibeschäftigten. ● Fortsetzung der politischen Kampagne für die Abschaffung des Billigflaggensystems und die Gewährleistung einer „echten Verbindung“ zwischen Schiffseigentümer/Unternehmen und Flagge. ● Erarbeitung eines Strategiepapiers zur nachhaltigen Fischerei unter angemessener Berücksichtigung von ökologischen und Umweltgesichtspunkten. Beibehaltung und Ausweitung von Bündnissen mit Umweltorganisationen, die sich mit Fischereifragen beschäftigen. Katie Higginbottom ist leitende Forschungsbeauftragte der ITF-Seeleutesektion in London. Sie ist die Autorin des Berichts „Out of Sight, out of Mind“ („Aus den Augen, aus dem Sinn“). ITF Seeleute Bulletin 2007 19 ANTIGUA & BARBUDA BAHAMAS BARBADOS BELIZE BERMUDA BOLIVIEN BURMA/MYANMAR KAMBODSCHA KAIMANINSELN KOMOREN ZYPERN ÄQUATORIAL-GUINEA FRANKREICH (Zweitregister) GEORGIEN DEUTSCHLAND (Zweitregister) GIBRALTAR HONDURAS JAMAIKA LIBANON LIBERIA MALTA MARSHALL-INSELN s o l k c e w z n e k c e t s Ver Billigflaggen MAURITIUS MONGOLEI NIEDERLÄNDISCHE ANTILLEN NORDKOREA PANAMA SÃO TOMÉ & PRINCIPE SRI LANKA ST. VINCENT & DIE GRENADINEN TONGA VANUATU Dies sind die von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation erklärten BILLIGFLAGGEN Zusätzlich zu diesen Flaggen gibt es bestimmte Schiffsregister, dessen Schiffe auf einer Schiff-für-Schiff-Basis als Schiffsbetrieb unter Billigflagge eingestuft werden können. ITF HOUSE, 49-60 BOROUGH ROAD, LONDON SE1 1DR TEL: +44 (0)20 7403 2733 FAX: +44 (0)20 7357 7871 E-MAIL: [email protected] INTERNET: WWW.ITFGLOBAL.ORG Zum Heraustrennen: 4-seitiger Führer zur Kontaktaufnahme mit der ITF ITF-Inspektoren HAUPTVERWALTUNG 49/60 Borough Road, London SE1 1DR, United Kingdom Tel: +44(0)20 7403 2733 Fax: +44(0)20 7357 7871 Telex: 051 8811397 ITF LDN G Email: [email protected] Website: www.itfglobal.org AFRIKANISCHES REGIONALBÜRO PO Box 66540, Nairobi, Kenya Tel: +254(0)20 444 80 19 Fax: +254(0)20 444 80 20 Email: [email protected] BÜRO FÜR DIE FRANZÖSISCHSPRACHIGEN LÄNDER AFRIKAS 1450 Avenue Kwame Nkrumah, 11 BP832, CMS Ouagadougou 11, Burkina Faso Tel: +226(0)50 30 19 79 Fax: +226(o)50 33 31 01 Email: [email protected] ARABISCHES WELTBÜRO PO Box 925875, Amman 11190, Jordan Tel/Fax: +962(0)6 569 94 48 Email: [email protected] REGIONALBÜRO FÜR ASIEN UND DEN PAZIFISCHEN RAUM Tamachi Kotsu Building 3-2-22, Shibaura, Minato-ku, Tokyo 108-0023, Japan Tel: +81(0)3 3798 2770 Fax: +81(0)3 3769 4471 Email: [email protected] SUBREGIONALBÜRO FÜR ASIEN 12D College Lane, New Delhi 110001, India Tel: +91(0)11 2335 4408/7423 Fax: +91(0)11 2335 4407 Email: [email protected] EUROPÄISCHES REGIONALBÜRO European Transport Workers’ Federation (ETF), Rue du Midi 165, B-1000 Brussels, Belgium Tel: +32(0)2 285 4660 Fax: +32(0)2 280 0817 Email: [email protected] SUBREGIONALBÜRO FÜR EUROPA 21/1 Sadovaya Spasskaya, Office 729, 107217 Moscow, Russia Tel: +7 495 782 0468 Fax: +7 095 782 0573 Email: [email protected] Website: www.itf.ru INTERAMERIKANISCHES REGIONALBÜRO Avenida Rio Branco 26-11 Andar, CEP20090-001 Centro, Rio de Janeiro, Brazil Tel: +55(0)21 2223 0410/2233 2812 Fax: +55(0)21 2283 0314 Email: [email protected] Website: www.itf-americas.org SUBREGIONALBÜRO FÜR DIE KARIBIK 198 Camp Street, Cummingsburg, Georgetown, Guyana Tel: +592(0)22 71196/54285 Fax: +592(0)22 50820 Email: [email protected] SUBBÜRO FÜR DIE KAMPAGNE AUF KREUZFAHRTSCHIFFEN Crew Member Club, c/o Hotel Barracuda, Avenida Rafael E Melgar 628, Cozumel, Quintana Roo 77600 Tel/Fax: +52(01)987 869 1929 Email: [email protected] Nehmen Sie mit einem unserer Inspektoren Verbindung auf, falls Sie Hilfe benötigen und entweder auf einem Billigflaggenschiff oder auf einem Schiff unter ausländischer Flagge fahren, für das kein Tarifvertrag mit einer Gewerkschaft abgeschlossen wurde. Sollte kein Inspektor zur Verfügung stehen, treten Sie mit der „Actions Unit“ bei der ITF-Hauptverwaltung oder mit dem nächsten ITF-Büro (siehe links) in Verbindung. ARGENTINIEN Buenos Aires ●Roberto Jorge Alarcón* Tel/Fax: +54(0)11 4331 4043 Mobile: +54(0)11 4414 5687 Email: [email protected] Rosario ●Rodolfo Vidal Tel/Fax: +54(0)341 425 6695 Mobile: +54(0)11 4414 5911 Email: [email protected] AUSTRALIEN Fremantle ●Ross Storer Tel: +61(0)8 9335 0500 Fax: +61(0)8 9335 0510 Mobile: +61(0)401 692 528 Email: [email protected] Melbourne ●Matt Purcell Tel: +61(0)3 9329 5477 Fax: +61(0)3 9328 1682 Mobile: +61(0)418 387 966 Email: [email protected] Sydney ●Dean Summers* Tel: +61(0)2 9267 9134 Fax: +61(0)2 9267 4426 Mobile: +61(0)419 934 648 Email: [email protected] Townsville ●Graham Bragg Tel: +61(0)7 4771 4311 Fax: +61(0)7 4721 2459 Mobile: +61(0)419 652 718 Email: [email protected] BELGIEN Antwerp ●Joris De Hert* Tel: +32(0)3 224 3413 Fax: +32(0)3 224 3449 Mobile: +32(0)474 842 547 Email: [email protected] ●Marc Van Noten Tel: +32(0)3 224 3419 Fax: +32(0)3 224 3449 Mobile: +32(0)475 775 700 Email: [email protected] Zeebrugge ●Christian Roos Tel: +32(0)5 549 1103 Fax: +32(0)5 549 1104 Mobile: +32(0)486 123 890 Email: [email protected] BRASILIEN Paranaguá ●Ali Zini Tel/Fax: +55(0)41 3423 5005 Mobile: +55(0)41 9998 0008 Email: [email protected] Rio de Janeiro ●Luiz Fernando Duarte de Lima* Tel: +55(0)21 2233 2812 Fax: +55(0)21 2283 0314 Mobile: +55(0)21 9480 5336 Email: [email protected] ●Airton Vinicius Broto Lima Tel: +55(0)21 2233 2812 Fax: +55(0)21 2283 0314 Mobile: +55(0)21 9480 5337 Email: [email protected] Santos ●Renialdo Donizete Salustiano de Freitas Tel/Fax: +55(0)13 3219 1843 Mobile: +55(0)13 9761 0611 Email: [email protected] ●Antonios Maounis Tel: +30(0)210 411 6610 / 6604 Fax: +30(0)210 413 2823 Mobile: +30(0)69 44 57 0910 Email: [email protected] Q KANADA Halifax ●Gerard Bradbury Tel: +1(0)902 455 9327 Fax: +1(0)902 736 1366 Mobile: +1(0)902 441 2195 Email: [email protected] Hamilton ●Mike Given Tel: +1(0)905 227 5212 Fax: +1(0)905 227 0130 Mobile: +1(0)905 933 0544 Email: [email protected] Montreal ●Patrice Caron Tel: +1(0)514 931 7859 Fax: +1(0)514 931 3667 Mobile: +1(0)514 234 9962 Email: [email protected] Vancouver ●Peter Lahay* Tel: +1(0)604 251 7174 Fax: +1(0)604 251 7241 Mobile: +1(0)604 418 0345 Email: [email protected] CHILE Valparaiso ●Juan Luis Villalon Jones Tel: +56(0)32 221 7727 Fax: +56(0)32 175 5703 Mobile: +56(0) 9250 9565 Email: [email protected] KOLUMBIEN Cartagena ●Miguel Sanchez Tel: +57(0)5 666 4802 Fax: +57(0)5 658 3496 Mobile: +57(0)3 10 657 3399 Email: [email protected] KROATIEN Dubrovnik ●Vladimir Glavocic Tel: +385(0)20 418 992 Fax: +385(0)20 418 993 Mobile: +385(0)98 244 872 Email: [email protected] Rijeka ●Predrag Brazzoduro* Tel: +385(0)51 325 343 Fax: +385(0)51 213 673 Mobile: +385(0)98 211 960 Email: [email protected] Sibenik ●Milko Kronja Tel: +385(0)22 200 320 Fax: +385(0)22 200 321 Mobile: +385(0)98 336 590 Email: [email protected] ESTLAND Tallinn ●Jaanus Kuiv Tel: +372(0)6 116 392 Fax: +372(0)6 116 390 Mobile: +372(0)523 7907 Email: [email protected] FINNLAND Helsinki ●Simo Nurmi* Tel: +358(0)9 615 202 55 Fax: +358(0)9 615 202 27 Mobile: +358(0)40 580 3246 Email: [email protected] ●Ilpo Minkkinen Tel: +358 (0)9 615 202 53 Fax: +358 (0)9 615 202 27 Mobile: +358 (0)40 728 6932 Email: [email protected] Kotka ●Markku Uimonen Tel: +358(0)5 213 855 Fax: +358(0)5 213 881 Mobile: +358(0)40 096 9619 Email: [email protected] Turku ●Jan Örn Tel: +358(0)9 613 110 Fax: +358(0)9 739 287 Mobile: +358(0)40 523 3386 Email: [email protected] FRANKREICH Dunkirk ●Pascal Pouille Tel: +33(0)3 28 66 45 24 Fax: +33(0)3 28 21 45 71 Mobile: +33(0)6 80 23 95 86 Email: [email protected] Le Havre ●François Caillou* Tel: +33(0)2 35 26 63 73 Fax: +33(0)2 35 24 14 36 Mobile: +33(0)6 08 94 87 94 Email: [email protected] Marseille ●Yves Reynaud Tel: +33(0)4 91 54 99 37 Fax: +33(0)4 91 33 22 75 Mobile: +33(0)6 07 68 16 34 Email: [email protected] St Nazaire ●Geoffroy Lamade Tel: +33(0)2 40 22 54 62 Fax: +33(0)2 40 22 70 36 Mobile: +33(0)6 60 30 12 70 Email: [email protected] Sète ●Stéphanie Danjou Tel: +33(0)1 48 18 84 21 Fax: +33(0)1 48 51 59 21 Email: [email protected] DEUTSCHLAND Bremen ●Ali Memon* Tel: +49(0)421 330 3333 Fax: +49(0)421 330 3366 Mobile: +49(0)171 571 2388 Email: [email protected] ●Michael Blanke Tel: +49(0)421 330 3330 Fax: +49(0)421 330 3366 Mobile: +49(0)171 641 2693 Email: [email protected] Hamburg ●Ulf Christiansen Tel: +49(0)40 2800 6811 Fax: +49(0)40 2800 6822 Mobile: +49(0)171 641 2694 Email: [email protected] ●Udo Beyer Tel: +49(0)40 2800 6812 Fax: +49(0)40 2800 6822 Mobile: +49(0)172 971 0254 Email: [email protected] Rostock ●Hartmut Kruse Tel: +49(0)381 670 0046 Fax: +49(0)381 670 0047 Mobile: +49(0)171 641 2691 Email: [email protected] GRIECHENLAND Piraeus ●Stamatis Kourakos* Tel: +30(0)210 411 6610 / 6604 Fax: +30(0)210 413 2823 Mobile: +30(0)69 77 99 3709 Email: [email protected] INDIEN Calcutta ●Chinmoy Roy Tel: +91(0)332 2459 7598 Fax: +91(0)332 2459 6184 Mobile: +91(0)98300 43094 Email: [email protected] Kochi ●Thomas Sebastian Tel: +91(0)484 233 8249 / 8476 Fax: +91(0)484 266 9468 Mobile: +91(0)98950 48607 Email: [email protected] Mumbai ●Hashim Sulaiman Tel: +91(0)22 2261 8368 / 8369 Fax: +91(0)22 2261 5929 Mobile: +91(0)9967 218893 Email: [email protected] Tuticorin ●DM Stephen Fernando Tel: +91(0)461 2326 519 / 2339 195 Fax: +91(0)461 2311 668 Mobile: +91(0)94431 59137 Email: [email protected] Visakhapatnam ●BV Ratnam Tel: +91(0)891 2502 695 / 2552 592 Fax: +91(0)891 2502 695 Mobile: +91(0)98481 98025 Email: [email protected] INDONESIEN Jakarta ●Abdul Mahdi Tel: +62(0)21 314 1495 Mobile: +62(0)811 896 243 Email: [email protected] IRLAND Waterford ●Ken Fleming Tel: +353(0)1 874 3735 Fax: +353(0)1 874 8927 Mobile: +353(0)87 647 8636 Email: [email protected] ITALIEN Genoa ●Piero Luigi Re Tel: +39(0)10 25 18 675 Fax: +39(0)10 25 18 683 Mobile: +39(0)335 707 0988 Email: [email protected] Leghorn/Livorno ●Bruno Nazzarri Tel: +39(0)58 68 25 251 Fax: +39(0)58 68 96 178 Mobile: +52(0)998 874 0476 Email: 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cozumel +52 (01)987 869 1929 Valparaiso U +56(0)32 221 7727 rch Rosario +54(0)341 425 6695 U U Buenos Aires +54(0)11 4331 4043 za Cape TownU +27(0)21 461 9410 U Durban +27(0)31 909 1087 EUROPÄISCHES REGIONALBÜRO brussels +32 (0)2 285 4660 SUBREGIONALBÜRO FÜR EUROPA moscow +7 495 782 0468 Detaillierte Informationen zur Kontaktaufnahme mit ITF-Inspektoren unter www.itfglobal.org/seafarers/msg-con Q Q Q UMurmansk rus Mosjøen U s fin Gävle Kotka U Turku U U St Petersburg Oslo U U Helsinki Stockholm U UTallinn Porsgrunn U est U Gothenburg U Stavanger U Aberdeen U URiga Helsingborg lv U U Klaipeda lt South Shields Rostock U U Gdynia Liverpool U Hamburg U U gb irl nl UU Bremen Szczecin Waterford U pl U Rotterdam BristolU Tilbury U UZeebrugge Dunkirk U U b Antwerp ua d Le HavreU Odessa U USt Nazaire n tarbeiter-Föderation f hr Ravenna URijeka U U Sibenik Marseille Genoa U U Dubrovnik U i Sète U U Livorno e U Rome U Barcelona Naples U U Taranto Valencia U gr Vigo U Lisbon U Bilbao U p PalermoU U Algeciras o für europa rus Vladivostock +7(0)423 251 2485 U Taipei +886(0)2251 50302rcUU Taichung U Keelung +886(0)2251 50302 +886(0)2658 4514 +91(0)332 2459 7598 Calcutta U Mumbai U ind +91(0)22 2261 8368 U Piraeus Algeciras +34(0)956 657 046 subregionalbüro für asien R U Constanta Aberdeen +44(0)1224 582 688 Chiba +81(0)50 1291 7326 regionalbüro für asien und den pazifischen raum RU Tokyo +81(0)35 410 8330 j UU Seoul+82(0)2 716 2764 Yokohama +81(0)45 451 5585 UU UOsaka +81(0)66 612 1004 Inchon rok U +82(0)32 881 9880 Pusan +82(0)51 469 0401/463 4828 s weltbüro ro Palermo +39(0)91 32 17 45 Piraeus +30(0)210 411 6610 Bilbao +34(0)94 493 5659 Porsgrunn +47(0)35 548 240 Bristol +44(0)151 427 3668 Dubrovnik +385(0)20 418 992 U Cebu City +63(0)32 256 16 72 Kochi U UTuticorin +91(0)461 2326 519 +9(0)484 233 8249 Dunkirk +33(0)3 28 66 45 24 rp Gävle +46(0)26 65 72 06 o Gdynia +48(0)58 661 60 96 Genoa +39(0)10 25 18 675 ri sa 1 2495 244 U Jakarta +62(0)21 314 1495 Gothenburg +46(0)31 339 59 96 ARABISCHES WELTBÜRO amman +962 (0)6 569 94 48 U Townsville +61(0)7 4771 4311 AFRIKANISCHES REGIONALBÜRO nairobi +254 (0)20 444 80 19 BÜRO FÜR DIE FRANZÖSISCHSPRACHIGEN LÄNDER AFRIKAS ouagadougou +226 (0)50 30 19 79 REGIONALBÜRO FÜR ASIEN UND DEN PAZIFISCHEN RAUM tokyo +81 (0)3 3798 2770 SUBREGIONALBÜRO FÜR ASIEN new delhi +91 (0)11 2335 4408/7423 ntacts.cfm aus Melbourne +61(0)3 9329 5477 U U Sydney +61(0)2 9267 9134 nz Wellington +64(0)4 801 7613 U Ravenna +39(0)54 45 91 852 Riga +371(0)7 073 436 Rijeka +385(0)51 325 343 Rome +39(0)64 42 86 317 Rostock +49(0)381 670 0046 Rotterdam +31(0)10 215 1166 St. Nazaire +33(0)2 40 22 54 62 St. Petersburg +7(0)812 714 9732 Hamburg +49(0)40 2800 6811/6812 Sète +33(0)1 48 18 84 21 Helsingborg +46(0)31 42 95 31 South Shields +44(0)191 455 1370 Helsinki +358(0)9 615 202 55 Stavanger +47(0)51 840 500 Klaipeda +370(0)46 410 447 Fremantle +61(0)8 9335 0500 U Oslo +47(0)22 825 835 Barcelona +34(0)93 481 2766 Bremen +49(0)421 330 3333 U Manila +63(0)2 536 82 87 Odessa +380(0)482 429 901 Antwerp +32(0)3 224 3413 Constanta +40(0)241 618 587 UVisakhapatnam +91(0)891 2502 695 Naples +39(0)81 26 50 21 Sibenik +385(0)22 200 320 Stockholm +46(0)8 791 4100 Kotka +358(0)5 213 855 Szczecin +48(0)91 423 97 07 Le Havre +33(0)2 35 26 63 73 Tallinn +372(0)6 116 392 Lisbon +351 21 391 8150 Taranto +39(0)99 47 07 555 Liverpool +44(0)151 639 8454 Tilbury +44(0)20 8989 6677 Livorno +39(0)58 68 25 251 Turku +358(0)9 613 110 Valencia +34(0)96 367 1263 Marseille +33(0)4 91 54 99 37 Vigo +34(0)986 221 177 Mosjøen +47(0)75 175 135 Waterford +353(0)1 874 3735 Murmansk +7(0)815 242 2860 Zeebrugge +32(0)5 549 1103 Zum Heraustrennen: 4-seitiger Führer zur Kontaktaufnahme mit der ITF ITF-Inspektoren ➡ Q JAPAN Chiba ●Shigeru Fujiki Tel: +81(0)50 1291 7326 Fax: +81(0)3 3733 2627 Email: [email protected] Osaka ●Mash Taguchi Tel: +81(0)66 612 1004 / 4300 Fax: +81(0)66 612 7400 Mobile: +81(0)90 7198 6721 Email: [email protected] Tokyo ●Shoji Yamashita* Tel: 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Mobile: +370(0)699 28198 Email: [email protected] MEXIKO Cozumel ●Bruno Nazzarri Tel/Fax: +52(01)987 869 1929 Mobile: +52(01)998 874 0476 Email: [email protected] Manzanillo ●Honorio Alberto Galván Aguilar Tel: +52(01)314 332 8834 Fax: +52(01)229 931 6797 Mobile: +52(01)229 929 9031 Email: [email protected] Veracruz ●Enrique Lozano Tel/Fax: +52(01)229 932 1367 / 3023 Mobile: +52(01)229 161 0700 Email: [email protected] NIEDERLANDE Rotterdam ●Ruud Touwen* Tel: +31(0)10 215 1166 Fax: +31(0)10 423 3933 Mobile: +31(0)65 331 5072 Email: [email protected] ●Ed Booister Tel: +31(0)10 215 1166 Fax: +31(0)10 423 3933 Mobile: +31(0)65 331 5073 Email: [email protected] ●Debbie Klein Tel: +31(0)10 215 1166 Fax: +31(0)10 423 3933 Mobile: +31(0)65 318 2734 Email: [email protected] ●Aswin Noordermeer Tel: +31(0)10 215 1166 Fax: +31(0)10 423 3933 Mobile: +31(0)65 333 7522 Email: [email protected] NEUSEELAND Wellington ●Kathy Whelan* Tel: +64(0)4 801 7613 Fax: +64(0)4 384 8766 Mobile: +64(0)21 666 405 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Koscik Tel: +48(0)58 661 60 96 Fax: +48(0)58 661 60 53 Mobile: +48(0)602 233 619 Email: [email protected] Szczecin ●Adam Mazurkiewicz Tel: +48(0)91 423 97 07 Fax: +48(0)91 423 93 30 Mobile: +48(0)501 539 329 Email: [email protected] PORTUGAL Lisbon ●João de Deus Gomes Pires Tel: +351 21 391 8150 Fax: +351 21 391 8159 Mobile: +351 91 936 4885 Email: [email protected] PUERTO RICO San Juan ●Angel Felipe Garcia-Cortijo Tel: +1787(0)783 1755 Fax: +1787(0)273 7989 Mobile: +1787(0)410 1344 Email: [email protected] RUMÄNIEN Constanta ●Adrian Mihalcioiu Tel: +40(0)241 618 587 Fax: +40(0)241 616 915 Mobile: +40(0)722 248 828 Email: [email protected] RUSSLAND Murmansk ●Konstantin Krivenko Tel: +7(0)815 242 2860 / 2821 Fax: +7(0)815 242 2860 Mobile: +7(0)911 300 0807 Email: [email protected] St Petersburg ●Victor Soloviov Tel/Fax: +7(0)812 714 9732 Mobile: +7(0)812 965 5224 Email: [email protected] Vladivostock ●Petr Osichansky Tel/Fax: +7(0)423 251 2485 Mobile: +7(0)423 270 6485 Email: [email protected] SÜDAFRIKA Cape Town ●Cassiem Augustus Tel: +27(0)21 461 9410 Fax: +27(0)21 462 1299 Mobile: +27(0)82 773 6366 Email: [email protected] Durban ●Sprite Zungu* Tel/Fax: +27(0)31 909 1087 Mobile: +27(0)82 773 6367 Email: [email protected] SPANIEN Algeciras ●José M Ortega Tel: +34(0)956 657 046 Fax: +34(0)956 632 693 Mobile: +34(0)699 436 503 Email: [email protected] Barcelona ●Joan Mas García Tel: +34(0)93 481 2766 Fax: +34(0)93 298 2179 Mobile: +34(0)629 302 503 Email: [email protected] Bilbao ●Mohamed Arrachedi Tel: +34(0)94 493 5659 Fax: +34(0)94 493 6296 Mobile: +34(0)629 419 007 Email: [email protected] Las Palmas ●Victor Conde del Hoyo Tel: +34(0)928 467 630 Fax: +34(0)928 465 547 Mobile: +34(0)676 057 807 Email: [email protected] Valencia ●Miguel Coronado* Tel: +34(0)96 367 1263 / 0645 Fax: +34(0)96 367 1263 Mobile: +34(0)608 510 778 Email: [email protected] Vigo ●Luz Baz Tel/Fax: +34(0)986 221 177 Mobile: +34(0)660 682 164 Email: [email protected] SCHWEDEN Gävle ●Peter Lövkvist Tel: +46(0)26 65 72 06 Fax: +46(0)26 65 72 18 Mobile: +46(0)70 626 77 89 Email: [email protected] Gothenburg ●Göran Nilsson Tel: +46(0)31 339 59 96 Fax: +46(0)31 13 56 77 Mobile: +46(0)76 100 65 12 Email: [email protected] ●Göran Larsson Tel: +46(0)31 701 24 14 Fax: +46(0)31 13 28 06 Mobile: +46(0)70 626 7788 Email: [email protected] Helsingborg ●Sven Save Tel: +46(0)31 42 95 31/ 42 37 43 35 Fax: +46(0)42 37 43 45 Mobile: +46(0)70 57 49 713 Email: [email protected] Stockholm ●Carl Tauson* Tel: +46(0)8 791 4100 Fax: +46(0)8 212 595 Mobile: +46(0)70 59 26 896 Email: [email protected] ●Annica Barning Tel: +46(0)8 454 8405 Fax: +46(0)8 411 6940 Mobile: +46(0)70 57 49 714 Email: [email protected] TAIWAN Keelung ●Huang Yu-Sheng Tel: +886(0)2251 50302 / 50259 Fax: +886(0)2250 61046 / 78211 Mobile: +886(0)933 906 398 Email: [email protected] Taichung ●Sanders Chang Tel: +886(0)2658 4514 Fax: +886(0)2658 4517 Mobile: +886(0)955 415 705 Email: [email protected] Taipei ●Hsieh Cheng Chuan* Tel: +886(0)2251 50302 Fax: +886(0)2250 61046 Mobile: +886(0)933 906 298 Email: [email protected] UKRAINE Odessa ●Nataliya Yefrimenko Tel: +380(0)482 429 901 / 902 Fax: +380(0)482 429 906 Mobile: +380(0)503 366 792 Email: [email protected] GROSSBRITANNIEN Aberdeen ●Norrie McVicar* Tel: +44(0)1224 582 688 Fax: +44(0)1224 584 165 Mobile: +44(0)7768 652 257 Email: [email protected] Bristol ●Bill Anderson Tel/Fax: +44(0)151 427 3668 Mobile: +44(0)7876 794 914 Email: [email protected] Liverpool ●Tommy Molloy Tel: +44(0)151 639 8454 Fax: +44(0)151 346 8801 Mobile: +44(0)7764 182 768 Email: [email protected] South Shields ●Keith Jobling Tel: +44(0)191 455 1370 Fax: +44(0)191 456 1309 Mobile: +44(0)7860 385 247 Email: [email protected] Tilbury ●Chris Jones Tel: +44(0)20 8989 6677 Fax: +44(0)20 8530 1015 Mobile: +44(0)7921 022 600 Email: [email protected] USA Baltimore ●Arthur Petitpas Tel: +1(0)410 882 3977 Fax: +1(0)410 882 1976 Mobile: +1(0)443 562 3110 Email: [email protected] Houston ●Shwe Tun Aung Tel: +1(0)713 659 5152 Fax: +1(0)713 650 8629 Mobile: +1(0)713 447 0438 Email: [email protected] Los Angeles ●Stefan Mueller-Dombois Tel: +1(0)562 493 8714 Fax: +1(0)562 493 7190 Mobile: +1(0)562 673 9786 Email: [email protected] Miami ●Hans Saurenmann Tel: +1(0)321 783 8876 Fax: +1(0)321 783 2821 Mobile: +1(0)305 360 3279 Email: [email protected] Morehead City ●Tony Sacco Tel: +1(0)252 726 3033 Fax: +1(0)252 726 9796 Mobile: +1(0)252 241 2396 Email: [email protected] New Orleans ●Dwayne Boudreaux* Tel: +1(0)504 581 3196 (ext 7) Fax: +1(0)504 568 9996 Mobile: +1(0)504 442 1556 Email: [email protected] New York ●Enrico Esopa* Tel: +1(0)212 244 4000 Fax: +1(0)718 768 5058 Mobile: +1(0)201 417 2805 Email: [email protected] Portland ●Martin Larson Fax: +1(0)503 286 1223 Mobile: +1(0)503 347 7775 Email: [email protected] Puerto Rico See separate listing for Puerto Rico San Francisco ●José Perez Tel: +1(0)209 462 3525 Fax: +1(0)209 941 2406 Mobile: +1(0)209 969 0596 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Die ITF hat sich dazu verpflichtet, Seeleuten auf Billigflaggenschiffen zu gerechten Heuern und anständigen Tarifverträgen zu verhelfen. Manchmal müssen Seeleute zu Rechtsverfahren bei örtlichen Gerichten greifen. In anderen Fällen kann ein Boykott gegen ein Schiff eingeleitet werden. Die bestmögliche Aktionsform wechselt von Ort zu Ort. Die richtige Aktion in einem Land kann in einem anderen Land ganz falsch sein. Auf jeden Fall muss zuerst mit dem örtlichen ITF-Vertreter Kontakt aufgenommen werden. E-Mail-Kontaktadressen und Telefonnummern sind im Mittelteil dieses Bulletins angegeben. Vor Einleitung irgendwelcher Maßnahmen sollten Ratschläge vor Ort eingeholt werden. In einigen Staaten behindern Gesetze den Streik von Seeleuten. In diesem Fall werden die örtlichen ITF-Gewerkschaftsvertreter dies erklären. In vielen Staaten kann man jedoch durch einen Streik einen Konflikt für sich entscheiden – hier ist wiederum die örtliche Beratung ausschlaggebend. Ein Streikrecht genießen Sie in vielen Staaten, solange Ihr Schiff im Hafen liegt und nicht auf See ist. Bei jeglicher Streikmaßnahme ist es wichtig, diszipliniert, friedlich und einig zu bleiben. Denken Sie daran: Das Streikrecht ist ein Grundrecht, das in vielen Staaten gesetzlich bzw. verfassungsrechtlich garantiert ist. Egal, für welche Vorgehensweise Sie sich entscheiden – vergessen Sie nicht, vorher mit den örtlichen ITF-Vertretern Rücksprache zu halten. Gemeinsam können wir den Kampf um Gerechtigkeit und Einhaltung von Grundrechten für Seeleute gewinnen. Kostenlose Schiffsinformationen online ● Möchten Sie mehr wissen über das Schiff, auf dem Sie arbeiten? ● Möchten Sie wissen, ob Ihr Schiff unter einem von der ITF genehmigtenTarifvertrag fährt? ● Möchten Sie Einzelheiten über dieVorgeschichte Ihres Schiffes in punkto Sicherheit wissen? In diesem Fall möchten Sie vielleicht www.equasis.org besuchen, um kostenlose Schiffsinformationen online einzuholen. Diese Webseite stellt kostenlose recherchierbare Schiffsinformationen wie Einzelheiten über Eigentumsverhältnisse und Inspektionen der Hafenstaatenkontrolle (PSC) zur Verfügung. Ebenso erscheinen wichtige ITF-Informationen wie Einzelheiten über eventuell an Bord gültige ITF-Verträge, eine Zusammenfassung der zuletzt verzeichneten Besatzungsliste sowie Datum und Ort der letzten ITF-Inspektion. Um an diese Informationen zu gelangen, müssen Sie sich lediglich registrieren. Das ist kostenlos und sehr einfach. Wie man sich registriert ● Rufen Sie www.equasis.org auf. ● Wählen Sie „Registration“ auf der Bildschirm-Leiste oben. ● Wenn Sie den Bedingungen zustimmen, wählen Sie „Accept“ am Seitenende unten. ● Es erscheint jetzt ein Registrierungsformular. Tragen Sie Ihren bevorzugten Benutzernamen („username“) und Ihr Passwort ein, sowie Name, Adresse, E-Mail-Adresse und alle weiteren Einzelheiten. ● Nachdem Sie diesen Vorgang abgeschlossen haben, werden Sie eine Bestätigung über Ihre Registrierung erhalten. Jetzt können Sie den Schiffssuchdienst nutzen. Wie man den Informationsdienst nutzt Sie können für Ihre Schiffssuche den Namen, das Rufzeichen oder die IMO (Internationale Seeschifffahrtsorganisation)-Nummer des Schiffes angeben. Bei der Suche nach dem Schiff findet man auf der Startseite folgende Angaben: ● Schiffsinformationen: Name, Schiffstyp, Flagge, Baujahr. ● Verwaltung: Einzelheiten zur Eigentümerschaft. ● Klassifikationsgesellschaften ● Sicherheitsmanagement. ● P & I – Versicherungsinformationen. Sie finden auf der Menüleiste oben folgende Aufrufmöglichkeiten: ● Zertifikate und Zeugnisse. ● Inspektionen und Bemannung – Inspektionen der Hafenstaatenkontrolle (PSC), PSC Faktor Mensch, Internationale Arbeitsorganisation, ITF usw. ● Geschichte: Flagge, Vorgeschichte zu Eigentumsverhältnissen, usw. Weltflotte: Fakten und Zahlen Die 35 größten Flotten, nach Flagge Die 35 wichtigsten Staaten nach Schiffseigentümerschaft Anzahl BruttoBruttoSchiffe tonnage tonnage (über 100BRT) (in Millionen) (M) 1.1.2005 (nach Tonnage, Stand: 1. Januar 2006) Durchschnittsalter (nach Tonnage, Stand: 1. Januar 2006) Anzahl Schiffe Ladetonnen (über (in Millionen) 1.000 BRT) % ausl. Flagge 1 Panama* 6. 838 141,8 131,5 18 1 Griechenland 3.027 163,4 71 2 Liberia* 1. 653 59,6 53,9 12 2 Japan 3.091 131,7 91 3 Bahamas* 1. 361 38,4 35,4 15 3 Deutschland 2.786 71,5 82 4 Singapur 1. 977 31,0 26,3 11 4 China 2.893 65,5 54 5 Griechenland 1. 491 30,1 32,0 23 5 USA 1.679 46,9 78 6 Hongkong (China) 1. 128 29,8 26,1 12 6 Norwegen 1.665 45,4 70 853 29,2 22,5 11 7 Hongkong (China) 663 43,8 59 8 Malta* 1. 220 23,0 22,4 17 8 Südkorea 993 29,7 57 9 China 3. 590 22,2 20,4 23 9 Taiwan 553 24,4 80 10 Zypern* 992 19,0 21,3 15 10 Singapur 754 23,0 36 11 Norwegen (NIS Zweitregister) 629 14,2 15,4 16 11 Großbritannien 779 21,3 58 12 Japan 6. 842 12,8 13,2 15 12 Dänemark 744 19,6 53 13 Italien 1. 539 11,6 11,0 22 13 Russland 2.157 16,7 30 894 11,5 8,2 20 14 Italien 702 14,4 15 15 Großbritannien 1. 563 11,2 11,1 20 15 Indien 406 13,8 9 16 USA 6. 472 11,1 10,7 25 16 Schweiz 372 11,8 93 17 Südkorea 2. 778 9,3 7,8 24 17 Belgien 203 11,6 49 362 8,4 7,2 9 18 Saudi Arabien 134 11,4 91 19 Russland 3. 772 8,3 8,6 22 19 Türkei 801 10,3 34 20 Indien 1. 096 8,1 7,5 19 20 Iran 179 9,8 10 21 Dänemark (DIS Zweitgister) 437 7,8 7,3 17 21 Malaysia 325 9,6 43 22 Bermuda (Großbritannien)* 136 7,3 6,2 14 22 Niederlande 722 8,8 49 23 Antigua und Barbuda* 1. 030 7,2 6,9 12 23 Kanada 356 6,5 61 24 St. Vincent* 1. 044 5,9 6,3 24 24 Schweden 343 6,4 73 25 Niederlande 1. 257 5,7 5,6 17 25 Indonesien 711 6,2 39 26 Malaysia 1. 052 5,6 6,1 16 26 Kuwait 69 5,0 27 453 5,3 5,3 22 27 Philippinen 312 5,0 19 28 Philippinen 1. 866 5,2 5,1 28 28 Frankreich 290 4,8 55 29 Türkei 1. 156 5,0 4,2 25 29 Brasilien 147 4,8 46 30 Indonesien 3. 214 4,3 4,1 25 30 Ver. Arabische Emirate 186 4,5 88 31 Franz. Antarktisgebiet 145 4,2 3,5 7 31 Spanien 310 4,1 78 32 Schweden 567 3,8 3,7 32 32 Thailand 318 3,2 14 69 3,3 2,4 18 33 Israel 72 2,7 68 1. 439 3,3 3,5 26 34 Kroatien 110 2,7 37 636 3,2 3,6 24 35 Australien 80 2,6 48 7 Marshall-Inseln* 14 Deutschland 18 Insel Man (Großbritannien) 27 Iran 33 Kuwait 34 Norwegen 35 Taiwan 26 Source: Lloyd’s Register of Shipping / * Denotes flag of convenience. ITF Seeleute Bulletin 2007 Quelle: Lloyd’s Schifffahrtsregister. Billigflaggen behalten ihren Anteil an einer expandierenden globalen Flotte M it Beginn des Jahres 2006 ist die Weltflotte um 7,2 Prozent (960 Millionen Ladetonnen) angewachsen, die größte Zunahme seit 1989. Containerschiffe waren für den höchsten Tonnagezuwachs (+ 13,3 Prozent) verantwortlich, doch Tanker und Massengutfrachter legten ebenfalls um mehr als fünf Prozent zu. Der Bau neuer Schiffe – ausgeliefert wurden Schiffe mit einer Gesamtladetonnage von 70,5 Mio. – übertraf die Zunahme des weltweiten Seehandelsvolumens von 3,8 Prozent, während das Durchschnittsalter der Schiffe auf 12,2 Jahre fiel (2005: 12,3 Jahre). Billigflaggen behaupteten ihren Anteil an der Weltflotte (ca. 45 Prozent der Gesamtflotte). Die fünf größten Billigflaggenstaaten nach Tonnage (Panama, Liberia, Bahamas, Marshall-Inseln und Malta) verzeichneten alle eine Vergrößerung ihrer Flotten, doch Zypern und St. Vincent erlebten Abnahmen. Der Tabelle der nutznießenden Eigentümerschaft auf der gegenüberliegenden Seite kann jedoch entnommen werden, dass Griechenland, Japan, Deutschland, China und die USA weiterhin die mächtigsten Schifffahrtsnationen sind; alle haben beträchtliche Teile ihrer Flotte ausgeflaggt. Griechenland und Japan zeichnen sogar für fast 40 Prozent der Welttonnage unter ausländischer Flagge verantwortlich. Der weltweite Containerverkehr expandiert weiterhin, wobei der Hafen von Singapur mit 23,3 Mio. TEUs (20-Fuß-entsprechende Einheiten) das größte Handelsvolumen aufweist, gefolgt von Hongkong und Shanghai. Wachstum derWeltflotte Jahr (am 1. Januar) Anzahl Schiffe Bruttotonnage (Mio) 2006 2005 2004 2003 2002 2001 92.105 89.960 89.899 89.010 87.939 87.546 675,1 633,3 605,2 585,6 574,6 558,1 Quelle: Übersicht des Maritimen Transports 2006, Unctad. ITF Seeleute Bulletin 2007 Durchschnittsalter (nach Tonnage) 12 12 11 11 10 10 27 1. Tag Als ich in dem schottischen Hafen nicht weit von Aberdeen ankam, wo ich meinen Dienst auf dem Schiff antreten sollte, für das ich in Polen angeheuert hatte, war der erste Eindruck ganz schön deprimierend. Ich dachte: „Wo zum Teufel bin ich diesmal wieder reingeraten?“ Der Rumpf, die Lukensülle, das Deck und die Lukendeckel waren mit so dickem Rost überzogen, dass er schon von alleine abbröckelte. Im Laderaum und im Vorpiek hing der Boden durch. Zwischen dem Achterpiek und dem Maschinenraum war ein Loch, das von der Besatzung zubetoniert worden war. An der Hauptmaschine war eine Reparaturkolonne gerade mit Schweißarbeiten beschäftigt, während die Besatzung das Schiff strich. Dazu musste erst einmal der Rost abgeklopft werden. Diese Arbeit erledigten wir unter miserablen Bedingungen in 12-Stunden-Schichten mit Hilfe von zwei Presslufthammern und einem Hochdruckreiniger. Nach fünf Tagen hatten wir gerade einmal die Bugwände entrostet und gestrichen. Mit starken Winden und Regengüssen – es war Herbst in Schottland – war das Wetter nicht gerade hilfreich. Den Kapitän traf ich am ersten Tag: dünnes, langes Haar, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war, Brille auf der langen Nase und ständig eine Halbliterdose Bier in der Hand. Der Mann ernährte sich ausschließlich von seiner „Hopfensuppe“ und schaffte mindestens 15 Dosen täglich. Zwanzig Paletten davon standen im Gang vor seiner Kabine. Das war der Mann, dem das Kommando über das Schiff und die Sicherheit der Besatzung anvertraut waren. 2. Tag Der Kapitän erwartete, dass wir in unserer Freizeit und sonntags arbeiteten. Er behauptete, das stünde so in unseren Verträgen. Von einer Zulage von US$ 55,- pro Kopf, die uns für die Arbeit an freien Tagen zustand, wollten weder er noch der Reeder etwas wissen. 3. Tag Um 8:00 Uhr war Arbeitsbeginn. Wir machten uns an die Pressluftgeräte und den Hochdruckreiniger, während unser Kapitän sich weiter seinen Bierdosen widmete. Wenn wir eine Pause einlegten, beschimpfte er uns ununterbrochen mit den übelsten Schimpfwörtern. Er drohte uns mit der Polizei und beleidigte uns. Je mehr Bier er intus hatte, umso mehr fluchte er herum. Um 18:00 Uhr schließlich riefen wir die Polizei. 28 ITF Seeleute Bulletin 2007 Tagebuch eines v Der polnische Seemann JERZY TYCHOWSKI beschreibt seine Erfahrungen, nachdem er in einem schottischen Hafen auf einem Schiff (oben abgebildet) anheuerte. Wir waren uns darüber im Klaren, dass dies eine Kriegserklärung war. Bevor wir die Polizei verständigten, riefen wir einen der Reeder an und informierten ihn über die Situation. Er sagte, dass er uns sofort Flugtickets für die Heimreise besorgen würde. Wir erklärten dem Reeder auch, dass wir die ITF verständigen würden, und setzten uns mit der Küstenwache in Verbindung. Die Polizei kam um 22:30 Uhr. Unser Kapitän schlief, als zwei uniformierte Polizeibeamte an seine Kabinentür klopften. Zu dieser Zeit saßen wir – die Besatzung, bestehend aus vier Polen – im Mannschaftsraum, erleichtert, dass wir ihn endlich loswürden. Zwei Mitglieder der Besatzung hatten Kapitänspatente, die auch in Großbritannien galten. Wir gingen davon aus, dass einer von ihnen die Führung des Schiffes übernehmen würde, insbesondere, weil der Reeder dies vorher versprochen hatte. Aber nichts dergleichen geschah. Einer der Polizisten teilte uns mit, dass unser Kapitän nüchtern sei. Na klar, nüchtern, nach 17 Dosen Bier! Er informierte uns, dass sein Alkoholspiegel gerade noch unter der in Großbritannien zulässigen Höchstgrenze lag. Er könne sogar noch Auto fahren. Und wir hätten den Anordnungen des Kapitäns Folge zu leisten, da das Schiff unter britischer Flagge führe. Nachdem die Polizei um 23:40 Uhr von Bord gegangen war, verließen wir das Schiff, um uns nicht vom Alten provozieren zu lassen, der nun Nachforschungen anstellte, wer die Polizei gerufen habe. Wir gingen zum Büro des Hafenkapitäns und fragten nach einer Kontaktnummer der ITF, aber niemand konnte uns weiterhelfen. 4. Tag Wir begannen wie üblich um 8:00 Uhr mit der Arbeit, aber in den Pausen, die wir zwischen der Schufterei einlegten, mussten wir den Psychoterror des Kapitäns und des Reeders ertragen. Ich bin Mitglied der Ortsgruppe Kolberg der Gewerkschaft Solidarnosc und rief in deren Büro an. Da es Samstag war, war das „Die Polizeibeamten setzten sich mit der ITF in Verbindung und ließen sich von ihr unsere Version der Ereignisse bestätigen. Sie wünschten uns Glück . . .“ ITF-Rettungsaktion verärgerten Seemannes Büro nicht besetzt, aber über Anrufbeantworter wurde mir eine Notrufnummer mitgeteilt. Um es kurz zu machen: Ich erreichte den ITF-Vertreter in Gdingen und erzählte ihm die ganze Geschichte. Er gab mir die Telefonnummer des ITF-Sekretariats in London. Wir riefen den ITF-Koordinator für Schottland an, der sich unseres Falles annahm und uns erklärte, wie wir uns verhalten sollten. Wir sollten bis Montag an Bord des Schiffes bleiben und auf keinen Fall irgendwelche Papiere unterschreiben oder Geld annehmen. Sollte die Polizei kommen, sollten wir ihr die Telefonnummer des Inspektors geben. Von diesem Moment an, so erfuhren wir, stünden wir unter dem Schutz der ITF. 5. Tag Am Sonntag um 7:30 Uhr erschien eine Eignerin des Schiffes in Begleitung der Polizei. Die Polizei – zwei Wagen und sechs Beamte – warteten am Kai. Die Eignerin ging von Kabine zu Kabine und rief: „Packt eure Sachen, euer Flugzeug geht um halb zehn, ich habe euch einen billigen Flug gebucht.“ Von unseren Heuern war keine Rede. Wir teilten ihr mit, dass wir nach den Anweisungen der ITF nirgendwohin gehen und bis Montag an Bord bleiben würden, und dass wir von nun an von der ITF vertreten würden. Sie versuchte, die Polizei davon zu überzeugen, dass die ITF nicht für das Schiff zuständig sei, insbesondere, da es unter britischer Flagge fahre. Das war natürlich völliger Blödsinn. Die Polizeibeamten setzten sich mit der ITF in Verbindung und ließen sich von ihr unsere Version der Ereignisse bestätigen. Sie wünschten uns Glück und zogen ab. Erst jetzt wurde der Eignerin klar, dass sie das eine Stange Geld kosten könnte. Als letzten Versuch wollte sie uns die Kündigung in die Hand drücken. Darin hieß es zur Begründung: Befehlsverweigerung, Verweigerung von Sonntagsarbeit und Gefährdung der Schiffssicherheit. Die ganze Zeit über versuchte sie, uns unter Druck zu setzen. Sie ließ uns mit der Agentur, die uns angeheuert hatte, telefonieren. Sie versuchte, uns zu spalten, indem sie einem Teil der Besatzung mehr Geld versprach. Sie drohte, uns auf eine Schwarze Liste zu setzen, sodass wir nie wieder irgendwo anders Arbeit finden würden. Aber wir hielten zusammen. Solidarität ist nicht nur der Name einer Gewerkschaft, sondern auch eine Verhaltensweise von Menschen in schwierigen Situationen. Jerzy Tychowski (zweiter von links) mit ITF-Koordinator Norrie McVicar (Mitte) und weiteren Besatzungsmitgliedern. 6. Tag Um 11:30 Uhr trafen der ITF-Inspektor und die Inspektoren von der Küstenwache ein. Wir vier Besatzungsmitglieder erwarteten sie am Kai. Trotz der Drohungen der Eignerin, den Inspektor nicht auf das Schiff zu lassen, kam er in aller Ruhe an Bord. Nachdem er mit uns gesprochen hatte, konnte er die Eignerin mit einem ganzen Strauß von Klagepunkten konfrontieren. Unter anderem fehlten eine Versicherung für die Besatzung und ordnungsgemäße Arbeitsverträge, wie sie für britische Schiffe vorgeschrieben sind. Außerdem hatte die Eignerin ganz klar einen unzulässigen Kündigungsgrund angegeben: Weder der Kapitän noch die Eignerin konnten den Nachweis erbringen, dass die Besatzung, wie von ihnen behauptet, zur Sonntagsarbeit verpflichtet war. Zudem konnten wir Zeugen benennen, die bestätigen konnten, dass wir hart gearbeitet hatten, während der Kapitän literweise Bier in sich hineingekippt hatte: Das waren die Leute von der Reparaturkolonne und die Schweißer, die unseren Protest voll und ganz unterstützten. Wir verlangten die Bezahlung für unsere an Bord verrichtete Arbeit bar auf die Hand, eine Abfindung und Flugtickets für die Heimreise. Insgesamt belief sich der Betrag auf ca. 31.000,– US-Dollar. Falls sie nicht zahle, das machte der ITF-Inspektor der Schiffseignerin klar, würde das Schiff in die Kette gelegt. Dann könne sie die Aufträge zur Beförderung der Ladung nicht erfüllen und begehe Vertragsbruch. Damit sei erhebliches Interesse seitens der Medien praktisch vorprogrammiert. 7. Tag Um 10:00 Uhr brachte die Eignerin das Geld und zahlte uns im Beisein des ITF-Inspektors aus. Um 11:00 Uhr waren wir in unserem Hotel, dass der Reeder bezahlte. Als ehemalige Besatzungsmitglieder danken wir der Ortsgruppe Kolberg der Gewerkschaft Solidarnosc, dem ITF-Vertreter in Gdingen und dem ITF-Koordinator in Großbritannien für ihre Unterstützung. ITF Seeleute Bulletin 2007 29 Q Erst sorgfältig durchlesen, dann unterschreiben A A Unterschreiben Sie niemals einen Blanko-Vertrag oder einen Vertrag, der Sie an nicht näher erläuterte oder Ihnen nicht vertraute Bedingungen bindet. A Überprüfen Sie, ob sich der von Ihnen abzuschließende Vertrag auf einen Kollektivvertrag (CBA) bezieht. Falls dies der Fall sein sollte, vergewissern Sie sich, dass Ihnen die Bedingungen dieses CBA bekannt sind und bewahren Sie eine Kopie davon zusammen mit Ihrem Vertrag auf. Ratschläge der ITF A zum Heuervertrag A Die beste Garantie für anständige Arbeitsbedingungen auf See besteht darin, nur einen solchen Vertrag zu unterschreiben, der in Übereinstimmung mit einem von der ITF genehmigten Kollektivvertrag steht. Sollte das nicht möglich sein, können Sie nach folgender Checkliste vorgehen: 30 ITF Seeleute Bulletin 2007 Nehmen Sie ohne schriftlichen Vertrag keine Arbeit auf einem Schiff auf. Überzeugen Sie sich, dass die Vertragsdauer deutlich festgelegt ist. Unterschreiben Sie keinen Vertrag, der es in alleinigem Ermessen des Reeders stellt, Änderungen bezüglich der Vertragsdauer vorzunehmen. Jegliche Änderung der vereinbarten Vertragsdauer sollte in gegenseitigem Einvernehmen erfolgen. A Stellen Sie sicher, dass der Vertrag klare Angaben über die zu zahlende Grundheuer enthält und dass die regelmäßige Arbeitszeit klar definiert ist (z. B. 40, 44 oder 48 Stunden pro Woche). Gemäß Internationaler Arbeitsorganisation sollte die regelmäßige Arbeitszeit bei maximal 48 Stunden pro Woche (208 pro Monat) liegen. Stig Rødhyll A Q Stellen Sie sicher, dass im Vertrag klar definiert ist, wie Überstunden bezahlt werden und zu welchem Tarif. Dies kann ein einheitlicher Stundentarif sein, der für alle Stunden bezahlt wird, welche über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet werden. Oder es wird ein fester monatlicher Betrag für eine garantierte Anzahl von Überstunden gezahlt; in diesem Fall sollte der Tarif für alle Stunden, die über die garantierten Überstunden hinaus geleistet werden, klar definiert sein. Gemäß IAO sollten alle Überstunden zu einem mindestens 1,25fachen des normalen Stundenlohns entgolten werden. A Vergewissern Sie sich, dass im Vertrag klar festgelegt ist, wie viele bezahlte monatliche Urlaubstage Sie erhalten werden. Gemäß IAO sollte der jährliche bezahlte Urlaub nicht weniger als 30 Tage (2,5 Tage pro Kalendermonat) betragen. A Vergewissern Sie sich, dass die Bezahlung der regelmäßigen Arbeitsstunden, der Überstunden und der Urlaubstage eindeutig und separat im Vertrag aufgeführt werden. A Unterschreiben Sie keinen Vertrag, der es dem Reeder gestattet, während der Laufzeit des Vertrages einen Teil Ihrer Heuern zurückzuhalten oder einzubehalten. Sie sollten ein Recht auf Auszahlung Ihrer gesamten Heuer am Ende jedes Kalendermonats haben. A Unterschreiben Sie niemals einen Vertrag, der eine Klausel enthält, nach der Sie zur Zahlung eines Anteils Ihrer Anreise- oder Heimreisekosten herangezogen werden können. A Unterschreiben Sie keinen Vertrag, der eine Klausel enthält, wonach Ihr Recht auf Mitgliedschaft in, Kontakt zu, Beratung mit oder Vertretung durch eine(r) Gewerkschaft Ihrer Wahl eingeschränkt wird. A Berücksichtigen Sie, dass ein individueller Arbeitsvertrag nicht immer Details über Zusatzleistungen enthält. Daher sollten Sie versuchen, eine Bestätigung (vorzugsweise in Form einer schriftlichen Vereinbarung oder eines vertraglichen Anspruchs) über die finanziellen Zuwendungen in folgenden Fällen zu erhalten: ●Krankheit oder Verletzung während der Laufzeit des Vertrags ●Tod (zu zahlender Betrag an Familienangehörige) ●Schiffsuntergang ●Verlust von persönlichem Besitz aufgrund von Schiffsuntergang ●Vorzeitige Beendigung des Vertrags. A Sorgen Sie dafür, dass Ihnen eine Kopie des von Ihnen unterschriebenen Vertrags ausgehändigt wird und dass Sie diesen sicher aufbewahren. A Bedenken Sie: Unabhängig von den Bedingungen wird jeder Vertrag/jede Vereinbarung, den/die Sie freiwillig abgeschlossen haben, bei den meisten zuständigen Gerichten als rechtsverbindlich betrachtet. ITF Seeleute Bulletin 2007 31 Die Beratung von Seeleuten zum Thema HIV fiel bisher sehr dürftig aus – sowohl was Vorbeugung als auch Rechte betrifft. Das muss sich ändern, meint Dr. ROB VERBIST. S eeleutezentren und Schiffsbesucher haben regelmäßig mit Seeleuten zu tun, die ärztliche Beratung zu HIV/Aids und anderen Fragen benötigen. Die Seeleute müssen ihre Vorbehalte bei der Einholung medizinischer Beratung überwinden, den sie aufgrund von Ängsten um den Verlust des Arbeitsplatzes bei jeder Geschlechtskrankheit hegen, insbesondere bei HIV/Aids. Es ist kaum verwunderlich, dass die meisten Seeleute nicht mit anderen über ihre sexuellen Erfahrungen sprechen, am wenigsten mit ihrem Arbeitgeber. In einigen Regionen sträuben sich die Behörden, Seeleute vor den HIV-Risiken in ihrem Hafen zu warnen, weil sie durch solche Warnungen ein negatives Image für ihr Land befürchten. Geeignetes Material zur Verteilung ist oft nicht vorhanden, was weit verbreitete Unwissenheit über entscheidende Fragen zur Gesundheit und Lebensführung von Seeleuten zur Folge hat. Gewerkschaften, Bemannungsagenturen und Reedereien, Versicherungsgesellschaften und andere Beteiligte sollten alle eine aktive Rolle bei der Aufklärung von Seeleuten über HIV und andere gesundheitliche Risiken einnehmen. Die traditionelle Wahrnehmung von Seeleuten als betrunkene Männer mit einer Frau in jedem Hafen spiegelt nicht die heutige Realität wider. Viele Menschen auf See haben wenig Freizeit; sie verbringen möglicherweise ihre gesamte Vertragszeit an Bord, ohne auch nur einmal ihren Fuß an Land gesetzt zu haben. Jedenfalls bedeuten Liegezeiten im Hafen oft zusätzliche Arbeit und lassen wenig bis gar keine Zeit übrig, um mit der örtlichen Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Nichtsdestoweniger sind Seeleute mobile Wanderarbeitnehmer und sollten sich dessen bewusst sein, dass sie auf der gleichen Risikostufe wie die mobile Bevölkerung im Allgemeinen stehen, da sie über längere Zeiträume von der Heimat sowie ihrer festen sozialen Kontrolle entfernt sind. Das Thema HIV für Seeleute beginnt mit der medizinischen Untersuchung vor Abschluss des Heuer- HIV/Aids vertrags. In vielen Staaten ist die Auswahl von Beschäftigten unter Berücksichtigung des HIV-Befunds nicht akzeptabel oder sogar gesetzeswidrig. Der Zweck der Seetauglichkeitsuntersuchung liegt einzig und allein darin sicherzustellen, dass der Gesundheitszustand keinerlei Risiken für Schiff, Ladung oder andere Menschen birgt, und dass dem Einzelnen bei der Arbeit auf See kein größeres persönliches Risiko durch seine gesundheitliche Lage droht. Dies sind die einzigen Kriterien, die bei der Tauglichkeitseinschätzung des Einzelnen eine Rolle spielen sollten. Trotzdem werden viele Seeleute im Rahmen ihrer Seetauglichkeitsuntersuchung vor der Einstellung bzw. bei turnusmäßigen Zwischenuntersuchungen getestet. Der Befund „HIV-positiv“ führt unter Umständen nicht nur zu persönlichen Angstzuständen und seelischem Schock für die Betroffenen, sondern auch zu Diskriminierung, entweder in Form von Beschäftigungsverweigerung oder Schikane seitens anderer Arbeitnehmer. Ein solches Verhalten ist völlig inak- Verbreitung auf See zeptabel, und alle Vorfälle dieser Art sollten sofort der Gewerkschaft des Seefahrers zur Kenntnis gebracht und der Arbeitgeber zur Rede gestellt werden. Faire Untersuchung HIV-positive Seeleute, die sich ihrer Lage bewusst sind und ihren Status angegeben haben, haben das Recht auf eine faire Untersuchung, der rationale und gerechte Kriterien zu Grunde liegen. Bei dieser Untersuchung wird festgestellt, ob der Betroffene tauglich, nicht tauglich, vorübergehend untauglich oder eingeschränkt tauglich für seine Arbeit ist. Die weithin angewandten HIV/Aids-Einstufungskategorien der Weltgesundheitsorganisation WHO (www.who.int) stellen eine wichtige Grundlage für Tauglichkeitskriterien dar. Diese sollten jegliche Entscheidung prägen, z. B. zur vorübergehenden Untauglichkeit eines Seefahrers, und ob eine Rückkehr Das Gesundheitsministerium der Philippinen – woher die weltweit höchste Anzahl von Seeleuten stammt – führte zwischen Januar 1984 und Dezember 2003 eine Untersuchung zur Verbreitung von HIV durch und stellte fest, dass 12 Prozent von ca. 2.001 HIV-positiven Personen Seeleute und 10 Prozent Prostituierte waren. Der Hauptübertragungsweg in der Mehrheit aller Fälle (85 Prozent) war Geschlechtsverkehr. Von den Arild Lillebøe Der Mauer des Schweigens entgegentreten „Die traditionelle Wahrnehmung von Seeleuten als betrunkene Männer mit einer Frau in jedem Hafen spiegelt nicht die heutige Realität wider.“ ➡ 2.001 Personen stammten 32 Prozent aus den Philippinen und arbeiteten in Übersee. Seeleute, die 38 Prozent der HIV-positiven Arbeitnehmer aus den Philippinen in Übersee darstellten, waren dabei am meisten betroffen. Das Kien-Giang-Provinzkomitee in Vietnam kam zu ähnlichen Ergebnissen und berichtete von 1.239 HIV-positiven Personen in der Provinz im Jahr 2002; 10 Prozent davon waren Seeleute. ITF Seeleute Bulletin 2007 33 Jess Hurd/reportdigital.co.uk HIV/Aids Der Mauer des Schweigens entgegentreten ➡ zur Arbeit auf See nach Untersuchung und Behandlung möglich ist. Der Krankheitsverlauf von symptomatischer Infektion bis zum Aids-Syndrom, wo ernsthafte Komplikationen auftauchen, kann sehr langsam vonstattengehen (abhängig von Lebensführung und Behandlung) und wird wahrscheinlich nicht zwischen einer Tauglichkeitsuntersuchung und der nächsten stattfinden. Zeichen und Symptome der bereits fortgeschrittenen Erkrankung, wie z. B. anhaltende Infektionen, beachtlicher Gewichtsverlust und ernsthafte Nebenwirkungen durch Medikamente, führen normalerweise zur Arbeitsunfähigkeit des Seefahrers. Es fehlen immer noch Richtlinien, die bei der Bestimmung der möglichen Krankheitsfolgen und der Behandlung während des Zeitraumes bis zur nächsten Tauglichkeitsbeurteilung eine Hilfe bieten. Die Wahrscheinlichkeit letztendlicher Seeuntauglichkeit sollte in einem klinischen Rahmen erwogen Riskantes Verhalten 34 werden, damit Betroffene über den Zeitpunkt beraten werden können, wann der Beruf auf See möglicherweise gegen eine Alternative an Land eingetauscht werden sollte. Als Teil des von der ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute (ITF Seafarers’Trust) finanzierten Programms zur Gesundheitsaufklärung für Seeleute (SHIP) – siehe auch www.seafarershealth.org – erstellt der Internationale Ausschuss für Seeleutewohlfahrt (ICSW) ein aus Flugblättern, Broschüren, DVDs, und Plakaten bestehendes Paket über HIV/ Aids und Geschlechtskrankheiten für Seeleute. Betont werden darin die Verantwortung des Einzelnen, der unterstützende Einfluss einer guten Schiffsführung und die Rolle des Gesundheitsberaters. Dr. Rob Verbist ist Projektkoordinator der SHIP-Kampagne (Programm zur Gesundheitsaufklärung für Seeleute). Durch die Tätigkeit in seiner Praxis im Hafen von Antwerpen sowie seine Verbindung zum Internationalen Verbund für Gesundheit auf See (International Maritime Health Association) verfügt er über beträchtliche Erfahrungen im Umgang mit Gesundheitsproblemen bei Seeleuten. Eine Kontaktaufnahme mit Dr. Verbist ist unter [email protected] möglich. Sicher entsprechen nicht alle Seeleute dem Klischee „eine Frau in jedem Hafen“, doch können flüchtige sexuelle Beziehungen häufig vorkommen, vor allem aufgrund der Isolation, der starken Präsenz der Sexindustrie in vielen Anlaufhäfen sowie der begrenzten Freizeitmöglichkeiten oder Gelegenheiten, Geld auszugeben während der Zeit auf See. Untersuchungen zur Lebensführung zeigen, dass Seeleute aus den gleichen Gründen mehr als die allgemeine Bevölkerung zu einer Reihe von riskanten Verhaltensweisen – z. B. Trunkenheit – neigt, was wiederum sehr leicht zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr führen kann. Nur wenige Seeleute sind sich der mit HIV in Verbindung stehenden Risiken bewusst, die mit Trunkenheit und der damit verbundenen Hemmungslosigkeit einhergehen. In betrunkenem Zustand können Menschen eher den Mut zum Besuch von Prostituierten aufbringen, ihr Risikobewusstsein verlieren und somit vergessen, Kondome zu benutzen. Zu den weiteren Risikofaktoren gehören die Einnahme von Drogen, Fehlinformatio- ITF Seeleute Bulletin 2007 nen oder ganz einfach Mangel an Informationen. Auch wenn Seeleute sich bemühen, gesund zu leben und riskante Aktivitäten zu vermeiden, könnte ein Mangel an Wahlmöglichkeiten bzw. Zugängen zu anderen Freizeitaktivitäten sie überrumpeln. Weibliche Seeleute berichten regelmäßig von sexueller Belästigung und gelegentlich von Vergewaltigung. Heterosexuelle Beziehungen unter Seeleuten auf Kreuzfahrtschiffen sind im Rahmen des Lebens an Bord weit verbreitet, und bei langen Fahrten lässt die Benutzung von Kondomen oft nach. Eingeschränkter sowie für Besatzungsmitglieder häufig nicht vertraulicher Zugang zu Schiffsärzten – die im Interesse der Reeder tätig sind – könnten kritische Faktoren für die von weiblichen Seeleuten angetroffenen Schwierigkeiten darstellen, Diagnose und Behandlung von Geschlechtskrankheiten sowie HIV zu bekommen. Auszüge aus „HIV/Aids und Arbeit in einer sich globalisierenden Welt“, IAO, 2005. „HIV-positive Seeleute, die sich ihrer Lage bewusst sind und ihren Status angegeben haben, müssen eine faire Untersuchung erhalten, der rationale und gerechte Kriterien zu Grunde liegen. Dabei wird festgestellt, ob der Betroffene tauglich, nicht tauglich, vorübergehend untauglich oder eingeschränkt tauglich für seine Arbeit ist.“ Oben: Demonstrant beim Weltsozialforum in Porto Alegre/Brasilien. SchwerpunktPhilippinen Bewältigung der globalen Nachfrage nach Seeleuten TM MARAGTAS SV AMANTE von der Universität der Philippinen stellt die Frage, ob maritime Ausbildungs- und Bemannungsagenturen auf den Philippinen weiterhin die Nachfrage nach Arbeitskräften in der weltweiten Seeschifffahrt erfüllen können. frage nach gut ausgebildeten Decksoffizieren und Ingenieuren weiterhin ansteigt, doch bei kleinerer Besatzungsstärke mit weit weniger Nachfrage nach Mannschaftsdienstgraden. Der aktuelle Arbeitskräfte-Stand des Ostseeund Internationalen Schifffahrtsrates sowie des Internationalen Reederverbands vom Dezember 2005 weist einen Offiziersdefizit von 10.000 (oder zwei Prozent des Personals) pro Jahr aus. Es mag unlogisch erscheinen, dass ein solcher Mangel nicht von den Seeleute-anbietenden Ländern – wo Arbeitslosigkeit in großem Ausmaß besteht – bedient werden kann. Viele durchaus willige Seeleute müssen jedoch feststellen, dass der Aufstiegsweg zum Offizier mit Hürden übersät ist. Philippinische Seeleute stammen hauptsächlich aus den armen Küstengebieten der Visayasund Mindanao-Inseln. Sie kommen aus großen Familien und ihre Eltern waren entweder Fischer, Bauern oder selbstständige Arbeiter. Die Wahl eines Berufes auf See mag als Ausweg aus der Armut betrachtet werden. Eltern opfern ihr Einkommen, um das Schulgeld in Höhe von US$ 5.000,– sowie weitere Schulkosten zu bezahlen, die bei einem vierjährigen Programm zusammenkommen. Brüder, Schwestern und andere Ver- ➡ Olivier Aubert Kalaw Street im Herzen des Bemannungsbürogebietes von Manila ist inzwischen als „Rizal Park Arbeitsmarkt für Seeleute“ berühmt. Junge, unbezahlte Lehrlinge, die sich in maritimer Ausbildung befinden, laufen mit Plakaten mit der Aufschrift „dringende Heuergesuche“ umher und füllen die Papiere maritimer Bemannungsagenturen aus. Diese müssen verzweifelt eine Quote dringender offener Stellen besetzen, die ihnen per Fax oder E-Mail von Reedereien rund um die Welt zugesandt werden. Eine Menge Offiziere und Mannschaftsdienstgrade – deren Zahl bis zur Mittagszeit auf einige Tausend ansteigt – laufen umher und informieren sich über Heuerangebote und erforderliche Qualifikationen. Sie stellen fest, dass die Nachfrage nach Schiffsoffizieren größer ist als die nach Mannschaftsdienstgraden. Viele Seeleute in Rizal Park bezweifeln, ob sie die Voraussetzungen hinsichtlich Altersgrenze, Ausbildung und Erfahrung erfüllen können. Führungskräfte in der Seeschifffahrt behaupten, dass die heutigen Schiffe spezialisierter und „intelligenter“ geworden sind; sie strotzen vor neuer Technologie und erfordern neue Befähigungen und Fertigkeiten von jüngeren Offizieren. Schifffahrtsmanager bestätigen, dass die Nach- Rechts: Suche nach Arbeit auf See in Manila. Filipinos stellen weiterhin die weltweit größte Einzelgruppe von Seeleuten dar. In jüngsten Jahren ist jedoch eine Abnahme der Anzahl von Absolventen der Offiziersfachschulen zu verzeichnen. ITF Seeleute Bulletin 2007 35 SchwerpunktPhilippinen „Seeleute beschweren sich über kostspielige, zeitintensive und überschneidende Verfahren sowie Bürokratismus bei der Papierjagd nach Nachweisen und Dokumenten.“ Bewältigung der globalen Nachfrage nach Seeleuten ➡ wandte werden finanziell zwecks Unterstützung einbezogen. Die Kosten für den Abschluss einer maritimen Ausbildung auf Offiziersebene belaufen sich auf etwa das fünffache durchschnittliche Jahreseinkommen auf den Philippinen. Die Philippinische Verwaltung für Arbeit in Übersee (POEA – Philippine Overseas Employment Administration) berichtet, dass der globale Einsatz von philippinischen Seeleuten um ca. 8,18 Prozent oder fast 18.749 angestiegen ist, d. h., von 229.002 im Jahr 2004 auf 247.751 in 2005. Aufgrund des Wachstums in der globalen Seeschifffahrt und der Bevorzugung gut ausgebildeter philippinischer Seeleute setzt sich der Trend fort. Der philippinische Minister für Arbeit und Beschäftigung Arturo D Brion erwähnt die wachsende Nachfrage der japanischen Schifffahrtsindustrie, die 8.000 philippinische Offiziere und Mannschaftsdienstgrade benötigt, um die 600 neuen Schiffe zu bemannen, die bis 2010 gebaut werden. Die Regierung bestätigt, dass japanische Reedereien hohe Investitionen in die Ausbildung philippinischer Seeleute tätigen, um deren Fertigkeiten anzugleichen und aufzubauen. Reedereien und Bemannungsunternehmen haben durch den Internationalen Maritimen Arbeitgeberausschuss (International Maritime Employers’ Committee IMEC) maritime Aus- und Fortbildungsinstitutionen aufgefordert, die Ausbildung philippinischer Seeleute zu verbessern, besonders in Mathematik, Naturwissenschaften und Kommunikationsfähigkeiten, einschließlich Englisch. Der IMEC ist eine Organisation von ca. 100 Reedern, die 5.870 Schiffe betreiben, welche in mehr als 40 Ländern registriert sind. Es handelt sich dabei um die größte Arbeitgebergruppe von philippinischen Seeleuten. Vom IMEC wurde eine strengere College-Aufnahmeprüfung für Schüler gefordert, die den Beruf des Seefahrers anstreben. Robuste Anforderungen 36 Ohne eine Verbesserung der Fertigkeiten und Befähigungen durch ein strengeres Aus- und Fortbildungssystem – so die Warnung der Arbeitgeber in der Schifffahrtswirtschaft – könnten die Filipinos den ersten Rang verlieren, den sie in der Seeschifffahrt einnehmen. Filipinos stehen für die weltweit größte Anzahl von Seeleuten, mit 230.000 auf See zu jeder beliebigen Zeit. Die Philippinische Kommission zur höheren Schulbildung berichtet von einem abnehmenden Trend bei Absolventen der Studiengänge für Offiziere. Im Jahr 1997 verzeichnete man 15.754 Absolventen; die Zahl verringerte sich im Jahr 2000 auf 11.149; und 2004 gab es nur 3.667 Absolventen. Seit 2000 nimmt die Zahl der Absolventen jährlich um durchschnittlich 16,5 Prozent ab. Bei den Schiffsingenieuren ist der Rückgang des Angebots mit 19 Prozent noch stärker. ITF Seeleute Bulletin 2007 Nach College-Studien und einer Lehrzeit an Bord müssen maritime Schulabsolventen eine Leistungsprüfung ablegen, um ihre Offizierspatente zu erhalten. Seit 1991 ist die Zahl der bestandenen Prüfungen zurückgegangen und liegt weit unter dem Durchschnitt von 50 Prozent für alle Berufe. Nur 47,2 Prozent der Prüflinge bestehen ihre Schiffsingenieursprüfung, und bei den Decksoffizieren liegt die Erfolgsrate bei 40,5 Prozent. Mit anderen Worten: Das derzeitige Angebot an Offizieren umfasst weniger als die Hälfte der Absolventen. Mehr als die Hälfte derer, die die Bedingungen nicht erfüllen, treten mit Anderen in Wettbewerb als Mannschaftsdienstgrade, und die Zahlen steigen von Jahr zu Jahr. Zwischen der Anzahl neuer Studierender und der Absolventenzahl dieser Einrichtungen besteht eine beachtliche Lücke, was auf eine hohe Abbruch- oder Schwundquote hindeutet. Viele Studierende stellen fest, dass sie die Kosten nicht schultern können, und brechen gezwungenermaßen ab. Andere können keinen Kadettenplatz oder Ausbildungsplatz an Bord ergattern. Die Forderung nach Umsetzung der Ausbildungsnormen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), um STCW95 (Übereinkommen zu Ausbildung, Befähigungsnachweise und Wachdienst) einhalten zu können, hat den Druck auf die Schifffahrtsschulen erhöht. Als Reaktion darauf ist deren Anzahl zurückgegangen, was wiederum zu einer verringerten Absolventenzahl führte, zwischen 1997 und 2001 um fast die Hälfte. Viele Schulen beanspruchten später die Einhaltung der Normen zu Einrichtung und Lehrpersonal gemäß STCW95 und wurden wieder auf die Liste anerkannter Institutionen gesetzt. Die auf der IMO-Webseite enthaltene „Zusammenfassung maritimer Ausbildungseinrichtungen“ zeigt, dass die Philippinen die weltweit größte Zahl (98) von Schifffahrtsausbildungseinrichtungen vorzuweisen hat: 20,3 Prozent der globalen Gesamtzahl. Was muss getan werden? Mit ihrer Politik möchte die philippinische Regierung dafür sorgen, dass „qualifizierte, kompetente und global wettbewerbsfähige philippinische Seeleute bereitstehen“, während gleichzeitiger „Schutz der Arbeitnehmerschaft“ zugesichert wird. Seeleute beschweren sich jedoch über kostspielige, zeitintensive und überschneidende Verfahren sowie Bürokratismus bei der Papierjagd nach Nachweisen und Dokumenten. Vorschläge für eine einheitliche Schifffahrtsbehörde wurden nicht verwirklicht, und überschneidende Funktionen führen zu betrügerischer Ausstellung von Befähigungsnachweisen, korrupten Beschaffern oder Vermittlern, Erpressung und widersprüchlicher Verfahren bei der politischen Umsetzung. Mehrere staatliche Stellen sind in das komplexe Vorschriftennetz für Ausbildung, Erstellung von Zeugnissen und Beschäftigung von Seeleuten auf dem globalen Arbeitsmarkt einbezogen. Viele dieser Behörden verlangen von Seeleuten die Beantragung von Papieren, um wiederum Hafenarbeiter andere Nachweise zu erlangen: zur Beantragung eines polizeilichen Führungszeugnisses müssen sie das Nationale Kriminalamt oder die philippinische Nationalpolizei aufsuchen; die Geburtsurkunde muss beim Nationalen Statistikbüro beantragt werden; das Gesundheitsamt bescheinigt die Arbeitstauglichkeit; das Außenamt gibt den Pass heraus; POEA bearbeitet den Heuervertrag des Seefahrers; und die Arbeiterwohlfahrtsverwaltung für Beschäftigte in Übersee bescheinigt die Zahlung von Gebühren in ein Wohlfahrtsfonds. Ausweisdokumente müssen ebenfalls als Voraussetzung für die obligatorische Sozialversicherung, Krankenversicherung und für den Finanzierungsplan bei einer Eigenheim-Hypothek vorgelegt werden. In den Schulen beschweren sich viele Studierende maritimer Ausbildungsgänge über unzureichend belüftete und überfüllte Klassenzimmer sowie außerordentlich begrenzte praktische Lernmöglichkeiten mit modernen Simulatoren und anderer Navigationsausrüstung neueren Datums. Angebote auf Kadettschiffen oder Ausbildungsplätze an Bord sind extrem begrenzt. Schifffahrtsschulen beachten keine gemeinsamen Standards zur akademischen oder körperlichen Tauglichkeit von Bewerbern, die maritime Studiengänge besuchen möchten. Es kommt vor, dass ein Bewerber für maritime Studien an einer Schule abgelehnt und an der nächsten genommen wird. Während einige Schifffahrtsschulen der Spitzenklasse starke Verbindungen zu Arbeitgebern in der Seeschifffahrt pflegen, nehmen die meisten Einrichtungen allein nach quantitativen Gesichtspunkten Schüler auf, ohne Berücksichtigung von Stellenbesetzungen für Absolventen. Unternormige Ausbildung Besondere Anstrengungen müssen die philippinischen Regulierungsbehörden unternehmen, um solchen Schulen die Anerkennung zu entziehen, die unternormige maritime Ausbildung und mangelhafte Lerneinrichtungen anbieten. Auch muss von Polizei und Rechtsbehörden mehr getan werden, um gefälschte Befähigungsnachweise für Seeleute aufzudecken und zu beseitigen. Die Anheuerungspolitik von Schifffahrts- und Bemannungsunternehmen trägt möglicherweise zum Mangel an Offizieren bei – z. B. durch eine Altersgrenze bei der Rekrutierung. So gibt ein Vertreter einer Bemannungsagentur zu, dass „die Praxis des Wirtschaftszweigs hinsichtlich des Alters der Seeleute diskriminierend ist. Eine Altersgrenze wird nicht eindeutig angegeben, aber körperliche Fitness ist eine wichtige Voraussetzung.“ Aufgrund des Mangels werden jedoch pensionierte Offiziere zu einer Rückkehr ins Arbeitsleben aufgefordert. Führende Personen und Beamte des philippinischen Industriezweigs bringen ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass das Land seine Spitzenposition wahren oder sogar seinen Anteil am globalen Arbeitsmarkt für Seeleute noch ausbauen kann. Sie sollten daher höchstes Interesse daran haben, Verbesserungen im Ausbildungs- und Schulungssystem – das zur Bereitstellung dieses wertvollen menschlichen Kapitals beiträgt – durchzusetzen. Wegen Gewerkschaftstätigkeit ermordet ITF fordert, dass die Mörder eines Gewerkschaftsführers der Hafenarbeiter in Guatemala vor Gericht gebracht werden. P edro Zamora (oben) wurde am 15. Januar 2007 vor den Augen seiner beiden Kinder in der Hafenstadt Quetzal erschossen. Der Mord trägt alle Merkmale eines gezielten Attentats von Todesschwadronen. In Guatemala – wie auch in einigen anderen mittelamerikanischen Staaten – unterhalten geheimnisvolle Todesschwadronen Verbindungen zu Militär und Polizeikräften und genießen praktisch Straffreiheit. Zamora war Generalsekretär von STEPQ, einer Gewerkschaft, die Hafenarbeiter in Quetzal vertritt. Seine Gewerkschaft hatte sich gegen Pläne gestellt, die Hafeneinrichtungen zu privatisieren. Man befürchtete bei einem Verkauf eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten sowie eine Mindereinnahme öffentlicher Einnahmen, die für örtliche Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Als Anführer der Antiprivatisierungskampagne hatte Zamora zuvor anonyme Morddrohungen erhalten, und die Aktivitäten seiner Gewerkschaft hatten die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich gezogen. Empörung Der Mord provozierte einen Aufschrei der Empörung in der internationalen Gewerkschaftsbewegung. Die ITF und der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) forderten die Behörden Guatemalas auf, tätig zu werden, und schickten umgehend eine Untersuchungsmission auf den Weg. Auch wurde eine formale Beschwerde bei der Interna- tionalen Arbeitsorganisation IAO eingereicht. Man teilte der Mission der ITF und des IGB mit, dass es die Polizei versäumt hatte, den Tatort ordnungsgemäß zu sichern und wichtige Beweismittel übersehen wurden. Auch sind die Ermittler Informationen nicht nachgegangen, die zu den eigentlichen Tätern hätten führen können. Nach Erkenntnissen der Mission herrscht in Guatemala ein Klima der Straffreiheit, wobei viele Hundert Mordfälle der letzten Jahre ungelöst bleiben. Nur wenige Wochen nach Zamoras Tod wurden zwei weitere Gewerkschafter in anderen Teilen des Landes ermordet. Kampagne Die ITF und der IGB führen weiterhin eine internationale Solidaritätskampagne für Gerechtigkeit für Pedro Zamora, und für den Schutz weiterer STEPQ-Vertreter, die Morddrohungen erhalten haben. Ihre Forderung nach Wiedereinstellung von neun Beschäftigten, die nach einem Disput zur Zukunft des Hafens 2006 entlassen worden waren, ist zumindest erfüllt worden, was eine Stärkung der Gewerkschaft zu einem kritischen Zeitpunkt bewirkte. Dazu ITF-Generalsekretär David Cockroft: „Diese Wiedereinstellung ist aufgrund internationaler gewerkschaftlicher Aktivität zustande gekommen. Eine unserer berechtigten Forderungen ist erfüllt worden. Die anderen – dass die Mörder und diejenigen, die den Auftrag dazu gaben, strafrechtlich verfolgt werden, und dass die Sicherheit der anderen Gewerkschaftsführer gewährleistet wird – sind noch auf dem Tisch. Wir beabsichtigen, einen Präzedenzfall zu schaffen, damit Mörder nicht mehr davon ausgehen, straffrei töten zu können.“ Für weitere Informationen zur ITF-Kampagne siehe: www.itfglobal.org/campaigns/zamora.cfm ITF Seeleute Bulletin 2007 37 „Wir mussten mit dem schlimmstmöglichen Fall rechnen – die Reederei könnte versuchen, sie alle zu entlassen und eine neue Besatzung einzufliegen.“ Wie der mutige Entschluss einer Besatzung sowie koordinierte Anstrengungen in Japan, Mexiko und den USA zu gerechten Heuern und einem ITF-Vertrag an Bord der Shima führten. ITF-Inspektor STEFAN MUELLER-DOMBOIS berichtet. nfang 2006 erhielt ich die fotokopierte Nachricht einer Warnung, die der ITF-Koordinator Shoji Yamashita den japanischen Eigentümern der unter der Flagge Panamas fahrenden Shima zugesandt hatte. Im darauf folgenden September erhielt ich die fotokopierte Nachricht einer weiteren Warnung bezüglich der Shima, diesmal von meinem Kollegen Honorio Galván, Inspektor in Mexiko. Ich kannte dieses Schiff, da ich die Besatzung einst besucht hatte, während es in meinem Hafen von Los Angeles/Long Beach (USA) lag. Ich beschloss, dass es an der Zeit sei, der Reederei eine letzte Warnung zukommen zu lassen. Die Lebensbedingungen an Bord dieses Schiffes konnten als anständig beschrieben werden, aber die Heuertarife waren extrem niedrig: zwischen US$ 305,- für einen einfachen Seemann und US$ 590,- für einen ausgebildeten Matrosen. A Gespräche mit der Besatzung Nach ständigem SMS-Kontakt mit der Besatzung bezüglich ihres nächsten Hafenaufenthalts besuchte ich das Schiff um die Mittagszeit am 16. Dezember 2006. Ich sprach mit den Besatzungsmitgliedern über ihre niedrigen Heuern und welche Heuern ihnen zustünden, wenn das Schiff unter einem ITF-Vertrag fahren würde. Wir diskutierten auch, was ihnen alles blühen könnte, falls sie sich in Arbeitsstreitigkeiten mit dem Unternehmen begaben. Sollte dies geschehen, versprach ich ihnen, die ganze Zeit über bei ihnen zu bleiben. Wir mussten mit dem schlimmstmöglichen Fall rechnen – die Reederei könnte versuchen, sie alle zu entlassen und eine neue Besatzung einzufliegen. Nun ging ich einen Kaffee trinken und ließ der Besatzung Zeit, die Lage untereinander zu besprechen. Gegen 16:00 Uhr suchte ich sie erneut auf, und sie versicherten mir, den Abschluss eines ITF-Vertrags anstreben zu wollen. Ich rief Shoji Yamashita an, der übers Wochenende seine Handynummer bei der Reederei hinterlassen hatte. Ebenfalls telefonierte ich mit meinem Koordinator Jeff Engels, der mich bei der Angelegenheit Schritt für Schritt begleitet hatte. 38 Samstag, 17:00 Uhr – der Arbeitskampf beginnt Die Besatzung bat mich, in ihrem Auftrag mit dem Kapitän zu sprechen. Das tat ich auch, indem ich ihm erklärte, dass die Besatzung gerechte Heuern erhalten und möglichst unter ITFITF Seeleute Bulletin 2007 Vertrag fahren wollte. Ich bat den Kapitän, mit allen Personen Verbindung aufzunehmen, die seiner Meinung nach von der Lage informiert werden müssten, z. B. Eigentümer, Charterer oder Betreiber und Schiffsverwaltung. Danach rief ich den Leiter der Hafenstaatenkontrolle unter seiner Handynummer zuhause an und setzte ihn vom Disput auf dem Schiff in Kenntnis. Die U.S.-Küstenwache schickte zwei Inspektoren der Hafenstaatenkontrolle auf das Schiff. Nachdem sie mit dem Kapitän und einigen Besatzungsmitgliedern gesprochen hatten, stellten sie die Mangelanzeige „nicht seetüchtig“ aus. Dabei handelte es sich um einen wichtigen Schritt in diesem Disput. Mit nur ein paar protestierenden Besatzungsmitgliedern hielt das Schiff nicht mehr die rechtlich vorgeschriebene Mindestbemannungsstärke ein. Der Kapitän wollte unbedingt wissen, wer sich an der Arbeitsniederlegung beteiligte und verlangte mehrmals die Nennung der Namen der Anführer. Die Inspektoren verhielten sich jedoch außerordentlich fair, indem sie erklärten, rechtlich gehindert zu sein, Informationen über Einzelne preiszugeben. Diese Entwicklungen gaben der Besatzung starke Druckmöglichkeiten in die Hand, während sie gleichzeitig ein gewisses Maß an Schutz genossen. Die Besatzung entschied, es sei in ihrem Interesse, ihre Unterstützung oder anderweitige Haltung zu diesem Arbeitskampf anonym zu handhaben, und ich erklärte mich mit dieser Vorgehensweise einverstanden. Als ich die Hafenzentrale anrief, um in Erfahrung zu bringen, wann das nächste Schiff am Liegeplatz erwartet werde, sagte man mir, dass man das nächste Schiff am folgenden Tag um 18:00 Uhr erwarte. Das bedeutete, dass weniger als 24 Stunden Zeit blieben, bevor das Hafenterminal zusätzlichen Druck auf das Schiff ausüben würde, auszulaufen. Die Mannschaftsmesse wurde zum zentralen Treffpunkt für weitere Versammlungen der Besatzung. Der Schiffsagent kam im Auftrag des Kapitäns an Bord, und ich klärte ihn über den Stand der Dinge auf. Er verließ das Schiff mit dem Versprechen, per E-Mail und Telefon Kontakt mit allen betroffenen Parteien aufzunehmen. Lange Nacht der Versammlungen Auf Wunsch der Besatzung wurde mir während der Nacht eine Kammer an Bord des Schiffes zugewiesen. Immer wieder suchten mich be- Arbeitskampf 30 Stunden Zeit, um gerechte Heuern durchzusetzen sorgte Besatzungsmitglieder auf und fragten, ob man sie verhaften, entlassen oder auf die Schwarze Liste setzen würde. Gegen Mitternacht wurde mir mitgeteilt, dass der Kapitän eine Gruppenversammlung einberufen habe. Ich wartete mit der Besatzung in der Messe, bis der Kapitän kam. Er befand sich in einer sehr schwierigen Lage, nachdem er von der Schiffsverwaltung angewiesen worden war, einzelne Seeleute unter Druck zu setzen und herauszufinden, wer die Anführer waren. Man hatte ihn sogar aufgefordert, die Besatzungsmitglieder zur Unterschrift unter einen Brief zu bewegen, mit dem sie entweder ihre Beteiligung zugaben oder dementierten. Als er auftauchte, teilte ich ihm mit, dass die Besatzung der Meinung sei, mit dieser mitternächtlichen Zusammenkunft beabsichtige man, sie einzuschüchtern und umzustimmen, und dies sei nicht akzeptabel. Ich erinnerte ihn daran, dass die Hafenvertreter ihm gegenüber zuvor geäußert hatten, dass sie keinerlei Einzelheiten über die Besatzung preisgeben würden. Bei weiteren Einschüchterungsversuchen seinerseits gegenüber der Besatzung würde ich, so erklärte ich ihm, die zuständigen Behörden einschalten. Ein ruhiger Sonntagvormittag Der Kapitän bat mich daraufhin, mit der Schiffsverwaltung in Japan zu reden. Ich sprach mit einem Vertreter des Unternehmens und erklärte ihm meine Sichtweise, dass es nicht rechtmäßig sei, einzelne Personen herauszugreifen, und dass die Besatzung mich gebeten habe, in ihrem Auftrag zu sprechen, da sie sich davor fürchte, dies selbst zu tun. Falls er weiterhin auf diese Art und Weise agiere – so fügte ich hinzu – würde ich die Hafenbeamten am nächsten Tag davon unterrichten, dass niemandem ausreichende Ruhezeit gewährt worden war. Daraufhin herrschte von 2:00 Uhr bis zum nächsten Tag um die Mittagszeit vollkommene Ruhe. Gegen Spätnachmittag am Sonntag war es in Tokio bereits Montagmorgen, und die Firmen hatten schon einige Zeit geöffnet. Im Auftrag der Besatzung nahm ich mit Charterer und Eigentümer Verbindung auf und wiederholte die Forderungen der Seeleute. 20:00 Uhr – Vereinbarung in Japan erreicht Gegen 20:00 Uhr Lokalzeit in Kalifornien rief mich Shoji an und sagte, sie hätten einen Abschluss erreicht – ich möge bitte die Besatzung „Es gibt da draußen viele knapp bemannte Schiffe wie die Shima. Falls sich dann an Bord eine Arbeitsstreitigkeit entwickelt, könnte es zu der Feststellung kommen, dass die Mindestbemannungsstärke nicht mehr gegeben ist.“ entsprechend informieren. In Japan war die Mittagszeit inzwischen verstrichen. Ich nahm mit der Schiffsverwaltung Kontakt auf, damit diese eine Bevollmächtigung für den Kapitän, Freizeichnungsbriefe für die Besatzungsmitglieder zu unterschreiben, sowie einen Brief per Fax an uns leitete, worin die Vereinbarung skizziert war, insbesondere drei Punkte: 1. Zustimmung zum Abschluss des ITF-Vertrags, 2. Zahlung der Heuerdifferenz zur ITF-Heuerskala vom Zeitpunkt des Anheuerns an für jedes Besatzungsmitglied und 3. Zahlung der ausstehenden Heuern an die Besatzung bei Ankunft in Yokohama/Japan. Ich versprach dem Unternehmen, die Behörden im Auftrag der Besatzung über den Abschluss der Vereinbarung zu informieren, sobald die Briefe per Fax angekommen waren. Während wir auf die Ankunft der Beamten warteten, kam ich noch ein letztes Mal mit der Besatzung in der Messe zusammen. Jedes Besatzungsmitglied erhielt einen Original-Freizeichnungsbrief, unterschrieben, mit Stempel und Kopie, sowie eine Kopie der Vereinbarung mit den neuen Heuertarifen der All-Japan Seamen’s Union/International Bargaining Forum, die nun für sie galten. 23:00 Uhr – Beschlussfassung, klar zum Auslaufen Die Beamten der U.S.-Küstenwache kehrten gegen 22:20 Uhr zurück und befragten jeden Seemann einzeln. Gegen 23:00 Uhr gaben sie das Schiff frei zum Auslaufen, und ich ging gleich nach den Beamten von Bord. Die Shima-Aktion hatte insgesamt ca. 30 Stunden in Anspruch genommen. Es gibt da draußen viele knapp bemannte Schiffe wie die Shima. Falls sich dann an Bord eine Arbeitsstreitigkeit entwickelt, könnte es zu der Feststellung kommen, dass die Mindestbemannungsstärke nicht mehr gegeben ist. In diesem Fall kamen der Besatzung die unparteiische Haltung der Hafenbeamten und ihre eigene Entschlossenheit zugute, einig zu bleiben und einander zu schützen. Zahlung ausstehender Heuern in Yokohama Am 3. Januar 2007 lief die Shima im Hafen von Yokohama ein. Unternehmensvertreter gingen an Bord des Schiffes, und Shoji Yamashita sowie Shigeru Fujiki (ITF-Inspektor) begaben sich ebenfalls an Bord. Sie bestätigten die Auszahlung der ausstehenden Heuern an die Besatzungsmitglieder. ITF Seeleute Bulletin 2007 39 U ntersuchungen zum Gesundheitszustand von Seeleuten haben einige übereinstimmende Trends zutage gebracht: Beschäftigte auf See neigen dazu, mehr zu rauchen, mehr zu trinken und sich weniger zu bewegen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ihr Gesundheitszustand schlechter ist als der der Durchschnittsbevölkerung. Anhand einer Studie mit 1.250 dänischen Seeleuten wurde festgestellt, dass diese einen höheren Anteil an Herzkrankheiten, Spätausbrüchen von Diabetes und Lungenkrebs haben. Auch war ihr Übergewicht in allen Altersgruppen bedeutend höher, wobei 75 Prozent der über 45-Jährigen sich oberhalb des Normalgewichts befanden. „Abgesehen vom gesundheitlichen Effekt kann Fettleibigkeit auch ein Sicherheitsthema auf See sein. Für fettleibige Personen kann es im Notfall schwierig werden, Sicherheitsaufgaben auszuführen, Fluchtwege und -leitern zu benutzen sowie in Rettungsboote oder -floße einzusteigen. Dies kann sich nicht nur für die fettleibigen Personen als kritisch erweisen, sondern auch für diejenigen, die sich auf ihr Handeln verlassen oder damit beschäftigt sind, sie zu unterstützen“, so der Bericht dänischer Fachleute für Gesundheit am Arbeitsplatz Berücksichtigt man weitere Faktoren des Lebensstils wie überdurchschnittlich hoher Stresspegel und Schlafqualität an Bord, so wird die Bedeutung der Gesundheitspflege auf See noch wichtiger. Gute Ernährungsgewohnheiten, das Rauchen aufgeben, den Alkoholkonsum begrenzen – das alles führt zu einem besseren Gesundheitszustand. Dazu gehört auch regelmäßige körperliche Bewegung und Gymnastik. Das Leben auf See bringt natürlich eine gewisse Begrenzung sportlicher Möglichkeiten mit sich, aber der Internationale Ausschuss für die Wohlfahrt von Seeleuten (www.seafarershealth.org) hat einen Leitfaden zum Fitbleiben entwickelt; darüber hinaus wurden Merkblätter veröffentlicht, die eine ganze Reihe von Übungsmöglichkeiten an Bord beschreiben. Darin heißt es: „Sportliches Training wirkt sich auf viele Bereiche positiv aus: ● Körper und Geist werden stärker; 40 ITF Seeleute Bulletin 2007 Körperliche Bewegung stärkt die Gesundheit ● Man wird ausgeglichener, ohne Stress oder körperliche Hindernisse; ● Verdauung wird besser; ● Gewicht bleibt unter Kontrolle; ● Blutzuckerwerte stabilisieren sich (verhindert Diabetes); ● Konzentrationsvermögen verbessert sich, Selbstbewusstsein nimmt zu; ● Knochen und Muskeln werden stärker, Verletzungs- und Krankheitsgefahr nimmt ab; ● Blutdruck wird stabilisiert, Menge ,guten‘ Cholesterins nimmt zu, Herzerkrankungsrisiko nimmt ab.“ Der Ausschuss rät Seeleuten, ihre Kondition zu überprüfen, bevor sie mit dem Training beginnen, und ihre Pulsfrequenz zu überwachen. Der Pulsschlag im Ruhezustand ist ein guter allgemeiner Anzeiger der körperlichen Kondition eines Menschen, und das vorteilhafteste Fitnesstraining findet bei 60 Prozent der „maximalen Herzfrequenz“ statt. Diese Schwelle errechnet man, indem man das Alter in Jahren von 220 abzieht (d. h., ein 45-Jähriger hat eine Maximalschwelle von 220-45=175 Herzschlägen pro Minute). Das Training sollte daher nicht 60 Prozent von 175 = 105 Schläge pro Minute übersteigen. Es ist auch wichtig zu lernen, dass man sich nicht gleich zu Beginn zuviel zumuten sollte. „Man kann nicht in ein paar Tagen oder Wochen das wiedererlangen, was man durch jahrelange sportliche Untätigkeit verloren hat, aber mit Ausdauer und Beharrlichkeit führt der Weg dorthin zurück. Und der Gewinn ist auf jeden Fall die Mühe wert“, so der U.S.-amerikanische Rat des Präsidenten zu Körperlicher Fitness und Sport. „Gute Ernährungsgewohnheiten, das Rauchen aufgeben, den Alkoholkonsum begrenzen – das alles führt zu einem besseren Gesundheitszustand. Dazu gehört auch regelmäßige körperliche Bewegung und Gymnastik.“ ITF-Wohltätigkeitsstiftung fürSeeleute Hilfe, damit der Kontakt zu Familie und Freunden aufrechterhalten bleibt Oben links: Basketballspiel im neu eröffneten Seeleutezentrum in Cebu/Philippinen. Das Zentrum wird von der ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute finanziert. Oben: Tischtennisturnier für Seeleute in Paranaguá/Brasilien. Der Rat empfiehlt folgende notwendige Trainingsmengen für einen gesunden Menschen, um ein Mindestmaß an gesamtkörperlicher Fitness zu erreichen: AUFWÄRMEN: 5–10 Minuten Übungen wie Walking, langsames Joggen, Knie anheben, Armkreisen oder Rumpfbeugen. Wenig anstrengende Bewegungen, welche die Bewegungen des späteren Trainings nachempfinden, können auch in der Aufwärmphase eingesetzt werden. MUSKELKRÄFTIGUNG: Mindestens zwei 20-minütige Einheiten wöchentlich, wobei Übungen für alle Hauptmuskelgruppen zu berücksichtigen sind. Gewichtheben ist die effektivste Art, Kraft aufzubauen. MUSKELAUSDAUER: Mindestens drei 30-minütige Einheiten wöchentlich, wobei für alle Hauptmuskelgruppen kalisthenische Übungen, Liegestützen, Sit-ups, Klimmzüge und Gewichttraining berücksichtigt werden sollten. HERZ-LUNGEN-AUSDAUER: Mindestens drei 20minütige Einheiten ununterbrochener aerobischer (Aktivität, die Sauerstoff benötigt), rhythmischer Übungen pro Woche. Diese Art von sportlicher Bewegung auf See umzusetzen, gehört vielleicht zu den schwierigsten Übungen, da darunter Sportarten wie schnelles Walken, Joggen, Schwimmen, Fahrradfahren, Seilspringen und Rudern zu verstehen sind. FLEXIBILITÄT/DEHNUNG: Täglich 10–12 Minuten Dehnübungen, die langsam und ohne zu federn ausgeführt werden. Zeitpunkt: nach dem Aufwärmen oder während der Ausklangphase. AUSKLANG: Mindestens 5–10 Minuten langsames Walken, leichte Gymnastik, kombiniert mit Dehnübungen. S eeleute haben während ihrer Abwesenheit von zuhause ständig das Bedürfnis, mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben. Sozialarbeiter für Seeleute und Seemannsmissionen standen schon immer mit ihrer Unterstützung bei der Aufrechterhaltung von Kontakten an vorderster Front, zuerst mit der Versendung von Briefen und Paketen, später mit Telegrammen und Telefonaten. Auch die weit verbreitete Nutzung des Internets wurde mitgetragen, und in den vergangenen 12 Monaten hat sich die Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute – von der ITF unterstützt - die Verbesserung der Kommunikationsmittel zum Schwerpunkt gesetzt. Laut Tom Holmer, Verwaltungsbeamter der Stiftung, sind Pastoren und Sozialarbeitern Zuschüsse zur Modernisierung der Technologie sowie zur Einführung von VoIP (Voice over Internet Protocol) gewährt worden, um billige Telefonverbindungen per Internet zu ermöglichen. Zwecks Weiterentwicklung der erfolgreichen Internationalen Telefonkarte der Seemannsmissionen mit dem leicht wieder zu erkennenden Leuchtturm auf der Vorderseite, „Ein Seemann aus den Philippinen war zu Weihnachten sehr glücklich, weil er zum ersten Mal ein Bild seines neugeborenen Sohnes bei uns im Internetraum sah!“ kam eine Gruppe von Seemannspastoren mit Plänen auf die Stiftung zu, ein VoIP-System in Seeleutezentren zu installieren. Mit einem Zuschuss in Höhe von US$ 90.000,- für ein Pilotprojekt konnte die Ausrüstung weltweit in 20 Zentren installiert werden. ➡ Internetraum in der Seemannsmission Duckdalben/Hamburg. ITF Seeleute Bulletin 2007 41 Knut Revne Die ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute finanziert den Kauf von Minibussen für Seeleutezentren, um Seeleuten zu helfen, die oft weiten Entfernungen vom Liegeplatz zu örtlichen Einrichtungen zu überwinden. Im Uhrzeigersinn abgebildet beginnend oben sind die Fahrzeuge in Liverpool/Großbritannien, Réunion/Indischer Ozean und Berdyansk/Ukraine. Laptops werden Kommunikationslücke schließen Einen Zuschuss in Höhe von US$ 17.703,– hat die ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute der Portland Seemannsmission im U.S.-amerikanischen Westküstenhafen von Portland gewährt, um mit dem Kauf von Mobiltelefonen und Laptop-PCs Besatzungsmitgliedern die Aufrechterhaltung des Kontakts zu ihren Familien zu ermöglichen. Jährlich besuchen mehr 42 als 20 000 Seeleute Portland, und die Mehrheit können ihre Schiffe aufgrund der Visaeinschränkungen und der begrenzten Zeit im Hafen nicht verlassen. Seemannspastor Jun Pioquinto erklärte, die Telefone im Hafenterminal könnten die Anforderungen der Seeleute nicht erfüllen. Seit 2003 nehmen Missionsvertreter daher Mobiltelefone mit an Bord ITF Seeleute Bulletin 2007 und teilen die monatlich 6000 Tagesminuten sowie unbegrenzten Zugang in der Nacht und am Wochenende. Nach Gewährung des ITF-Zuschusses bietet die Mission nun Internetzugang mit Laptop-PCs an, die mit an Bord genommen werden können. Die gesamte Arbeit der Mission für Seeleute wird mit Freiwilligen sichergestellt. Hilfe, damit der Kontakt aufrechterhalten bleibt ➡ VOiP-zu-VOiP-Telefonverbindungen mit jedem Provider sind normalerweise kostenlos, während die Verbindungen von VOiP zu normalen Telefonnummern im Allgemeinen einen Bruchteil der üblichen Kosten verschlingen. Vom Blickwinkel eines Seefahrers aus macht sich VOiP in Gebieten wie Südamerika wirklich bezahlt, da dieser Kontinent in Bezug auf internationale Telefonverbindungen unerschwinglich teuer ist. In nur einem einzigen Seeleutezentrum bedeutete die Installation eines VOiP-Telefonsystems mit vier Zugängen eine riesige Erleichterung für Seeleute, die z. B. in die Philippinen telefonieren wollten, da sich die Gesprächszeit einer Telefonkarte in Höhe von US$ 10,- von 25 auf 63 Minuten erhöhte. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die Zahl der Seeleute, die das System nutzen, vervielfacht hat. Das Zentrum hat kürzlich die Installation eines zweiten Systems mit vier Leitungen beantragt, um die Kapazität von vier auf acht Telefone zu verdoppeln. Laut Jan Oltmanns, Zentrumsleiter der Deutschen Seemannsmission Duckdalben in Hamburg, nutzen viele Seeleute die neuen VOiP-Telefone. „Im vergangenen Dezember rief ein deutscher Kapitän Heiligabend in unserem Klub an. Er wollte mit seiner Familie sprechen, aber sie war noch nicht angekommen. Wenige Minuten später kamen seine Frau und seine Kinder zur Tür hinein, und ein Mitarbeiter half ihnen, den Ehemann auf seinem Schiff mitten im Ozean anzurufen. Alle im Klub Anwesenden (an dem Abend ca. 260 Seeleute und 16 MitarbeiterInnen) erkannten, wie wichtig dieser Anruf war; man musste nur den fünfjährigen Sohn des Kapitäns ansehen, der immer wieder sagte: „Ich habe mit Papa gesprochen.“ Im Dezember telefonierten die Seeleute 74.580 Minuten von unserem Klub aus – das sind ca. 40 Stunden pro Tag. Ein Seemann aus den Philippinen war zu Weihnachten sehr glücklich, weil er zum ersten Mal ein Bild seines neugeborenen Sohnes bei uns im Internetraum sah! Dank des Projekts der ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute haben wir acht E-MailComputer und 17 Telefone für unsere Gäste.“ Das VOiP-Telefonsystem der Seemannsmission wird in Einheiten von jeweils vier Telefonleitungen hergestellt und kann immer um vier Leitungen erweitert werden. Daher kann das System für die Bedürfnisse jedes Zentrums maßgeschneidert werden. Die Systeme werden bereits erfolgreich in Brasilien, Finnland, Deutschland, Litauen, Polen, Großbritannien und den USA betrieben, und Anträge werden derzeit von anderen Zentren entgegengenommen, wo ein Breitband-Anschluss zur Verfügung steht. Weitere Informationen sind per E-Mail unter [email protected] erhältlich. BrauchenSie Hilfe? Egal, welchesProblem: freephone .. . ✱-800-seafarer ✱-800-73232737 kostenlose Telefon✱ siehe nummern weiter unten oderTelefon ... +44-20-73232737 oderSMS... +44-7624-818405 und wirrufen sofortzurück SeafarerHelp ist ein völlig kostenloser und vertraulicher telefonischer Beratungsdienst, der allen Seeleuten und ihren Familien von ISAN (Internationales Unterstützungsnetzwerk für Seeleute) zur Verfügung gestellt wird. Ob Sie nun ein Problem haben, über das Sie reden müssen, oder einfach nur wissen möchten, wo sich das nächstgelegene Seeleutezentrum befindet: Wir weisen Ihnen den Weg in die richtige Richtung. Egal, was Sie wissen möchten; egal, welche Sprache Sie sprechen, wo Sie sind, wie spät es ist: Wir sind für Sie da, rund um die Uhr und an allen sieben Wochentagen. www.seafarerhelp.org Kostenlosaus: ✱ Australien: 0011 ✱ Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Island, Irland, Italien, Luxemburg, Macao, Malaysia, Niederlande, Neu Seeland, Norwegen, Portugal, Spanien, Schweden, Schweiz, Taiwan, Großbritannien: 00 ✱ Brasilien: 0800-8919181 ✱ Kanada, USA: 011 oder 1-877-3-737283 (1-877-3-rescue) ✱ China: 1-0800-4410168 ✱ Hong Kong, Singapur: 001 ✱ Indien: 1-1 800 ✱ Israel: 012, 013oder014 ✱ Japan: 001, 0041oder0061 ✱ Korea: 001, 002oder008 ✱ Mexiko: 01-800-33-73232737 (komplett) ✱ Philippinen: 00-800-73728300 ✱ Russland: 810-800-21362044 ✱ Südafrika: 09 ✱ Thailand: 001-800-442096 ✱ UAE: 800-0440104 Rufen Sie uns unter ✱-800-73232737 (seafarer) oder +44-20-73232737 an. ITF Seeleute Bulletin Nr. 21/2007 Internationale Transportarbeiter-Föderation Bleiben Sie über Kampagnen wie dem Kampf gegen Billigflaggen und die Verbesserung der Bedingungen an Bord für Seeleute auf dem Laufenden. Erfahren Sie, wie man Solidarität zur Unterstützung von Arbeitnehmern, die sich gegen die Missachtung von Menschen- und Gewerkschaftsrechten wehren müssen, mobilisieren kann. Informationen über die ITF-Wohlfahrtsstiftung für Seeleute, Frauenfragen sowie Rechtsberatung und Schulungsangebote der ITF stehen auch jederzeit online zur Verfügung. Weitere Tipps, Informationen und Nachrichten über ITF-Aktivitäten in der Seeschifffahrt sowie über die globale Gewerkschaftsbewegung im Verkehrssektor erhält man auf der Webseite . . . www.itfglobal.org