Roulette mit unseren Rechten
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Seeleute-Bulletin Internationale Transportarbeiter-Föderation Nr. 22/2008 Roulette mit unseren Rechten G De erm ut an sc / h ITFeilt zuHilfe Paul Carter/reportdigital.co.uk Überlebenshilfe aufSee: Die Billigflaggenkampagne Schwerpunkt der ITF-Aktivitäten in der Seeschifffahrt ist die weltweite Kampagne von Seeleute¬und Hafenarbeitergewerkschaften gegen den Transfer von Schiffen hin zu Billigflaggen, um dadurch nationale Gesetze, Bedingungen und Gewerkschaften zu umgehen. lungsforums einen internationalen Kollektivvertrag ausgehan- Die Kampagne geht zweigleisig vor: politisch setzt sich die ITF gemeinsam mit Regierungen und internationalen Gremien dafür ein sicherzustellen, dass eine „echte Verbindung“ zwischen der Nationalität eines Schiffes und dessen Eigentümer besteht; in der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber haben ITF-Gewerkschaften für die Festlegung von akzeptablen Mindestheuern und Sozialnormen auf allen Billigflaggenschiffen gekämpft. terschreiben, in denen sie sich verpflichten, keine Verbindung In der Tat streben die Gewerkschaften die Vereinbarung von Bedingungen an, welche mindestens den Normen entsprechen, die durch den ITF-Fair-Practices-Ausschuss festgelegt wurden, dem gemeinsamen Gremium für Seeleute und Hafenarbeiter, welches die gewerkschaftliche Kampagne bewilligt. In jüngster Vergangenheit hat die ITF mit einer großen und wachsenden Gruppe von Schiffsbetreibern innerhalb des Internationalen Verhand- delt, der vergleichbare Normen bei mehr Flexibilität vorsieht. Seeleuten, die auf Billigflaggenschiffen angeheuert werden, wird es oft strengstens untersagt, mit der ITF Kontakt herzustellen. Einige werden sogar gezwungen, Verträge zu unzur ITF aufzunehmen. Es gibt sogar Arbeitgeber, die ITF-Verträge unterschreiben und dann ihre Besatzungen betrügen, indem sie niedrigere Heuern bezahlen – eine Praxis, die als doppelte Buchführung bekannt ist. Seeleute auf Billigflaggenschiffen, die Probleme mit ihren Heuern oder Arbeitsbedingungen haben bzw. andere Beschwerden über ihre Behandlung vortragen möchten, können entweder mit der ITF direkt Verbindung aufnehmen (siehe unsere Adressen und Telefonnummern auf Seite 21) oder mit einem unserer Inspektoren weltweit in vielen Häfen in Kontakt treten (siehe Weltkarte im Mittelteil und weitere Einzelheiten auf der Rückseite der Weltkarte). www.itfglobal.org/flags-convenience ITF-Seeleute-Bulletin Q Q Q Q Nr. 22/2008 4-13 Kurzmeldungen Mit Nachrichten über die ITF-Kampagne gegen Billigflaggen und unternormige Schifffahrt 14-17 Titelgeschichte Der Bericht über die Fiesta Casino und über Arbeitgeber, die die Rechte der Seeleute verspielen 18-19 Philippinische Seeleute 20 Die Lage ist ernst, aber nicht verloren, so eine neue wissenschaftliche Untersuchung Fischereibeschäftigte Einige werden eher wie Sklaven statt Seeleute behandelt, so ein ITF-Inspektor in Schottland 21-24 ITF-Inspektoren Zum Heraustrennen: 4-seitiger Führer zur weltweiten Kontaktaufnahme mit der ITF 25 Verstecken zwecklos Ein posterähnlicher Führer zur Identifizierung von Billigflaggen 26 Fakten und Zahlen Die Weltflotte auf einen Blick 27-29 Organisation ankurbeln 30 31 Fallstudien zur Hilfestellung der ITF bei der Gründung von nationalen Seeleutegewerkschaften Faxformular Sie brauchen Hilfe? Ausfüllen und uns zusenden Ratschläge zum Heuervertrag Durchlesen, bevor Sie für eine Beschäftigung auf See anheuern 32-34 Seearbeitsübereinkommen Regierungen zur Ratifizierung des „Grundrechtekatalogs für Seeleute“ bewegen 35-36 Wohlfahrt Halten Hafeneinrichtungen für Seeleute Schritt mit dem Wandel in der Schifffahrtsindustrie? 37-39 Kulturen durchqueren Maritime Traditionen, Sprachgebrauch und Legenden rund um die Welt 40 Brief Ein Kapitän bereut seine Nichtteilnahme an einer ITF-Aktion 40-42 Gesundheit auf See Mit wiederholt auftretenden Leiden umgehen Im Mai 2008 von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF), 49/60 Borough Road, London SE11DR, Großbritannien veröffentlicht. Telefon: +44 (20) 7403 2733 Fax: +44 (20) 7357 7871 E-Mail: [email protected] Website: www.itfglobal.org Weitere Exemplare des SeeleuteBulletins (in englischer, arabischer, chinesischer, deutscher, indonesischer, japanischer, polnischer, russischer, spanischer und türkischer Sprache sowie in Tagalog) sind bei der ITF unter obiger Adresse erhältlich. Titelfoto: Eddy Gómez, Kapitän der Fiesta Casino, von Ana Lilia Pérez. Siehe Bericht auf S. 14-17. Besatzungsmitglieder des Fischereifahrzeugs Enxembre danken der ITF, nachdem ihre ausstehenden Heuern eingetrieben wurden. Siehe vollständigen Bericht „Sind wir Seeleute oder Sklaven?“ auf Seite 20. InternationaleTransportarbeiter-Föderation Q Heuernachzahlungen Gestrandete Crew erhält Heuern Bei der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) handelt es sich um einen internationalen Gewerkschaftsdachverband, der 4,5 Millionen Beschäftigte in der Verkehrswirtschaft in 148 Staaten vertritt. Sie wurde 1896 gegründet und gliedert sich in acht Fachsektionen auf: Seeschifffahrt, Eisenbahn, Straßentransport, Zivilluftfahrt, Häfen, Binnenschifffahrt, Fischereiwirtschaft und Fremdenverkehrsdienste. Die ITF vertritt weltweit Arbeitnehmer im Verkehrssektor und fördert ihre Interessen durch globale Kampagnen und Solidarität. Sie ist eine von zehn Globalen Gewerkschaftsföderationen, die dem Internationalen Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) angeschlossen sind und zur Globalen Gewerkschaftsgruppe gehören. Fünfundzwanzig Seeleute, die an Bord eines Schiffes im spanischen Hafen von Santander im Stich gelassen worden waren, haben ihren Kampf um die Auszahlung ausstehender Heuern gewonnen. Nach Intervention seitens der ITF und zwei der ihr angeschlossenen spanischen Gewerkschaften – ELA-hainbat und der örtlichen Verwaltung der CC.OO – erhielten die Besatzungsmitglieder an Bord des unter Panama-Flagge fahrenden Frachtschiffs Meugang 1 vom neuen Eigentümer des Schiffes ihre seit Oktober 2006 ausstehenden Heuern in einer Gesamthöhe von 187.000 Euro (264.000 US-Dollar), womit die Heuern bis 11. September abgedeckt waren. Vierundzwanzig Seeleute wurden in ihre Heimatländer – Kamerun und Ghana – zurückgeschafft. Der Kapitän des Schiffes verblieb noch einige Zeit im Seeleutezentrum von Santander, wo er ärztlich versorgt wurde; mittlerweile ist auch er in seine Heimat zurückgekehrt. „Wir hoffen, dass dies in gewisser Weise eine Entschädigung für die harten Bedingungen darstellt, die die Besatzung an Bord des Schiffes ertragen musste,“ so ITF-Inspektor Mohamed Arrachedi. Piraterie ITF unterstützt Maßnahmen vor der Küste Somalias Die ITF unterstützt Maßnahmen zur Bekämpfung von Piraterie und bewaffneten Überfällen auf Schiffe vor der Küste Somalias und befürwortet nachdrücklich den Vorschlag, den UNSicherheitsrat mit der Problematik zu befassen. Der Vorschlag wurde vom Generalsekretär der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) eingebracht und auf der 98. Sitzung des IMO-Rates vom 25. bis 29. Juni 2007 in London (Großbritannien) verabschiedet. Im Hintergrund steht die Hoffnung, dass die Übergangsregierung von Somalia nun dazu aufgefordert wird, Maßnahmen zur Verhinderung von Piraterie und bewaffneten Überfällen zu ergreifen. Unter anderem soll sie solchen Schiffen den Zugang zu ihren Hoheitsgewässern gestatten, die Piraterie und bewaffneten Überfällen ausgesetzt sind, welche die Sicherheit der Besatzungsmitglieder bedrohen. Der Vorschlag bezieht sich insbesondere auf Schiffe, die humanitäre Hilfe nach Somalia bringen. Mit der aktuellen instabilen Lage in Somalia häufen sich Berichte über Angriffe auf Schiffe. Jon Whitlow, Sekretär der ITF-Seeleutesektion, erklärte: „Die ITF begrüßt die Initiative der IMO und hat sie Kurzmeldungen auf der Sitzung des IMO-Rates unterstützt. Wir hoffen, dass nun rasch reagiert wird, damit die Seeleute nicht länger solchen Angriffen zum Opfer fallen und in Geiselhaft geraten, aus der sie nur gegen die Zahlung eines Lösegeldes wieder freikommen.“ Fischerei Erfolg für geschundene Crews Die ITF begrüßt nachdrücklich die Verabschiedung des Übereinkommens über die Arbeitsbedingungen in der Fischereiwirtschaft durch die Internationale Arbeitsorganisation (IAO), ein Schritt, für den sich die ITF und die ihr angeschlossenen Gewerkschaften schon seit langem eingesetzt haben. Das Übereinkommen, dessen Verabschiedung im Juni 2007 bekannt gegeben wurde, wurde mit 437 Stimmen, zwei Gegenstimmen und 22 Enthaltungen angenommen. Der Sekretär der ITF-Seeleutesektion Jon Whitlow erklärte dazu: „Vor zwei Jahren war die Verabschiedung des IAO-Übereinkommens für den Fischereisektor aus formalen Gründen gescheitert, weil eine Stimme zur erforderlichen Mehrheit gefehlt hatte. Seitdem haben wir unsere Anstrengungen verdoppelt, den Schutz der Fischereibesatzungen über den sozialen Dialog mit verantwortlichen Arbeitgebern und besorgten Regierungen zu erwirken. Mit der Verabschiedung dieses Übereinkommens sind wir im Hinblick auf die Durchsetzung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen für Fischereibeschäftigte und die Einführung einer internationalen Mindestnorm für den Sektor einen großen Schritt weitergekommen. Das Übereinkommen bietet zudem ein Instrument zur Einschränkung illegaler, nicht gemeldeter und nicht regulierter Fangtätigkeit und zur Verhinderung einiger der schlimmsten Fälle von Misshandlungen, die, wie wir wissen, in diesem Sektor vorkommen. Damit ist unser Einsatz aber noch nicht beendet. Wir müssen nun dafür sorgen, dass das Übereinkommen ratifiziert und umgesetzt wird, sodass sich das Arbeitsleben der Fischereibeschäftigten wirklich nachhaltig zum Besseren wendet.“ Anfang des Monats hielt ITF-Generalsekretär David Cockroft eine Rede auf der InternationalenArbeitskonferenz, in der er das Übereinkommen begrüßte: „Die Fischereibeschäftigten brauchen dieses Übereinkommen dringend. Die Fischereiwirtschaft ist der gefährlichste Wirtschaftszweig der Welt, und es herrschen hier mit die schlimmsten Bedingungen. Uns liegen Berichte vor, nach denen Eigentümer von Fischereifahrzeugen auf die Organisierungsbe- ➡ ITF-Inspektor Shwe Tun Aung (Zweiter von links) mit der Besatzung der Safmarine Texas. Verhandlungen in den USA Heuernachzahlungen in Höhe von $40.000,– für philippinische Besatzung Heuernachzahlungen in Höhe von mehr als $40.000,– konnten ITF-Inspektoren der nordamerikanischen ITF-Mitgliedsgewerkschaft SIU für acht philippinische Besatzungsmitglieder auf der Safmarine Texas sicherstellen. Das Schiff mit 18.030 LT, 1987 gebaut, ist Eigentum von Swiss Marine in Piraeus/Griechenland. Obwohl für das Schiff ein ITF-Vertrag abgeschlossen worden war, wurden der Besatzung nicht die geltenden ITF-Heuertarife, sondern philippinische Heuern gezahlt. statten und mit Kapitän und Unternehmen verhandeln solle. Petitpas führte die Verhandlungen und erreichte Heuernachzahlungen in Höhe von US$ 27.548,– an die acht Besatzungsmitglieder. Darüber hinaus erhielten zwei von ihnen zusätzlich US$ 12.889,– für die Dienstzeit an Bord während einer früheren Fahrt. Der Safmarine Texas wurde die Rückkehr nach Houston gestattet, wo das Geld auf die Besatzung wartete. Routine Während einer Routineinspektion in Houston wurde ITF-Inspektor Shwe Tun Aung auf die Diskrepanz aufmerksam gemacht. Da das Schiff nach Baltimore auslaufen sollte, schlug er vor, dass ITF-Inspektor Arthur Petitpas dort einen Bordbesuch ab- ITFSeeleuteBulletin2008 5 Kurzmeldungen Billigflaggenkampagne Eigentümer von nicht unter ITF-Verträgen fahrenden Billigflaggenschiffen Land Schiffe ohne ITF-Vertrag USA 270 Tidewater Government of Democratic People’s Republic of Korea Nord Korea 161 Archirodon Construction Overseas Vereinige Arabische Emirate 106 Seacor Holdings USA 77 Ofer Brothers Group Israel 66 Rickmers Reederei Deutschland 66 Peter Dohle Schiffahrts-KG Deutschland 63 Transocean USA 62 Bernhard Schulte Group Deutschland 59 Mitsui OSK Lines Japan 56 Government of the People’s Republic of Myanmar Burma 54 Groupe Bourbon Frankreich 54 China Ocean Shipping Group China 52 Egon Oldendorff KG Deutschland 51 Government of the People’s Republic of China China 49 Smit International Niederlande 49 Carnival USA 46 Laskaridis Shipping Griechenland 46 Lamnalco Group Vereinigte Arabische Emirate 44 Jan de Nul NV Belgien 42 Schiffseigner ITF ruft zu Aktionen auf Quelle: ITF, 2007 ➡ mühungen seitens der Besatzungsmitglieder reagierten, indem sie die Verantwortlichen über Bord warfen.“ Seeleuteheuern Erhebliche Anhebung ab 1.Januar Für 70 000 Seeleute könnte eine Vereinbarung, die im Rahmen einer Sitzung des Internationalen Verhandlungsforums (IBF) getroffen wurde, eine erhebliche Erhöhung der Heuern und eine bedeutende Verbesserung der Vertragsbedingungen bringen. Das IBF, das sich aus Vertreter/innen der ITF und der Gemeinsamen Verhandlungsgruppe (JNG) der Arbeitgebergruppen zusammensetzt, trat im September 2007 in London zusammen. Auf der Sitzung vereinbarten die Delegierten Änderungen im Hinblick auf Heuern und Beschäftigungsbedingungen, die ab 1. Januar 2008 in Kraft treten sollen. Die IBF-Vereinbarungen gelten für zirka 70 000 Seeleute aller Nationalitäten an Bord von mehr als 3 500 Schiffen.Die Vereinbarung beinhaltet eine achtprozentige Anhebung der Heuern und die Änderungen der Verträge in 6 bedeutenden Fortschritt. Sie betrachten die IBF-Verträge als richtungsweisend, um im gesamten Sektor die besten und modernsten internationalen Arbeitsnormen für Seeleute in die Praxis umzusetzen. Der Vorsitzende der ITF-Seeleutesektion, Brian Orrell, äußerte sich besonders zufrieden hinsichtlich eines weiteren Verhandlungsergebnisses, nämlich einer Vereinbarung über einen Fonds, der vom IBF für Mannschaftsdienstgrade aus Industrienationen eingerichtet wird. Dieser würde Unternehmen einen Anreiz geben, Seeleute aus traditionellen Schifffahrtsnationen anzuheuern, die im Verlauf der letzten 20 Jahre umfangreiche Arbeitsplatzverluste hinnehmen mussten. „Damit zeigt sich, dass das IBF in der Lage ist, innovative Lösungen für Probleme zu entwickeln und die allgemeinen Normen in der Branche zugunsten aller Beteiligten zu verbessern,“ so Orrell. Der Sprecher der Gemeinsamen Verhandlungsgruppe Ian Sherwood erklärte, dass das IBF eine Reihe von Maßnahmen beschlossen habe, die auch den Arbeitgeberorganisationen zusagen. Die Vereinbarungen zur effizienteren und flexibleren Umsetzung der IBF-Verträge seien besonders wichtig und sehr begrüßenswert. ITFSeeleuteBulletin2008 Übereinstimmung mit dem Seearbeitsübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO). Vertreter/innen der ITF und der Arbeitgebergruppen erklärten die vollständige Anpassung der Besatzungsverträge an die Bestimmungen des Übereinkommens für einen „Die Reeder dieser Billigflaggenschiffe machen sich offenbar größere Sorgen um die Einforderung ihrer Versicherungsansprüche als darum, den Angehörigen der Seeleute bei der Aufklärung der Vorfälle zu helfen.“ Verschwundene Schiffe: Aufklärung gefordert Die ITF rief im Oktober 2007 zu Aktionen im Falle eines Schiffes auf, das Berichten zufolge seit dem Verlassen des Hafens von Dubai mit Kurs auf die Seychellen im Juni verschollen ist. An Bord sollen sich 14 Besatzungsmitglieder befunden haben. Die Reef Azaria, die in St. Vincent und den Grenadinen registriert ist und von dem in den Vereinigten Arabischen Emiraten beheimateten Unternehmen Zambezi Shipping Agency betrieben wird, war am 18. Juni aus dem Hafen von Dubai ausgelaufen. Der letzte Kontakt des Agents zum Schiff fand vermutlich am 24. Juli statt, als sich das Schiff vor der Küste von Somalia befand. An Bord waren acht Besatzungsmitglieder aus Tansania sowie jeweils zwei aus Burma, Indien und Pakistan. Die ITF reagierte auf den alarmierten Hinweis der ihr angeschlossenen Gewerkschaft Pakistan Merchant Navy Officers’ Association (PMNOA) und setzte sich mit der Schifffahrtsagentur in Verbindung, um diese zu „Offenheit und Zusammenarbeit“ aufzufordern. Sie verlangte zudem weitere Informationen über die ➡ Die Besatzungsmitglieder der Marybelle freuten sich riesig, als sie ihre ausstehenden Heuern erhielten. Aktion in Liverpool Reeder zur Heuerauszahlung für fünf Schiffe gezwungen von Tommy Molloy, ITF-Inspektor in Liverpool (Großbritannien) Maryville Maritime aus Griechenland ist ein Unternehmen, das im vergangenen Jahr im Hafen von Liverpool herzlich willkommen geheißen wurde, jedoch Schwierigkeiten hatte, sich wieder zu verabschieden, bis ihre Besatzungen die ihnen zustehenden Heuern erhalten hatten. Das erste der von mir im Jahr 2007 inspizierten Schiffe der Reederei war die Smart. Ausstehende Heuern in einer Gesamtsumme von US$ 46.000,-wurden für die Besatzung eingefordert und ohne viel Aufhebens von der Reederei gezahlt. Auch musste ich ITF-Verträge für alle Besatzungsmitglieder ausfüllen, da diese nicht existierten. Die an Bord vorhandenen Verträge wiesen sehr viel niedrigere Heuertarife aus als diejenigen, die mit dem Unternehmen vereinbart worden waren. Einige Monate später stattete die Evangelista dem Hafen einen Besuch ab, und die gleichen Probleme traten erneut auf. Diesmal wurden ausstehende Heuern in Höhe von US$ 160.000,¬eingetrieben. Das nächste Schiff war die Princess 1. Als ich an Bord kam, begrüßte mich der Hafenkapitän des Schiffes, der aus Griechenland eingeflogen worden war, um sich meiner Inspektion zu widmen. Diesmal befanden sich die schriftlichen Unterlagen an Bord in einem anderen Zustand. Fast alles entsprach den Bedingungen des ITF-Vertrags für das Schiff. Nur die Kleinigkeit der Beschäftigung von zwei Decksjungen und zwei Messejun- gen, die alle über 21 Jahre alt waren (einer war sogar über 30) musste geregelt werden. Neue ITF-Arbeitsverträge wurden erstellt, und die Seeleute wurden zu Matrosen bzw. Messestewards befördert. Für einen der Messestewards wurden fast 3.000,-US-Dollar errechnet, aber die anderen drei waren erst wenige Tage zuvor an Bord gekommen. Ein paar Tage später besuchte ich die Renuar und wurde wiederum vom Hafenkapitän begrüßt, der erneut nach Liverpool eingeflogen worden war um sicherzustellen, dass alles im Reinen war. Ich stellte jedoch fest, dass die Überstunden weder ordentlich erfasst noch vertragsgemäß bezahlt worden waren. Ich errechnete ausstehende Überstunden in Höhe von US$ 13.504,-. Die Forderung wäre noch sehr viel höher ausgefallen, wenn nicht ein großer Teil der Besatzung ein paar Tage zuvor ausgezahlt worden wäre. Von der Reederei wurden Vorkehrungen getroffen, die ausstehenden Heuern umgehend auszuzahlen. Der Hafenkapitän teilte mir mit, dass zwei weitere Schiffe des Unternehmens im Laufe des Aprils Liverpool anlaufen würden und dass man – obwohl er die Feiertage lieber mit seiner Familie verbringen würde – zweifellos von ihm verlangen werde, nochmals nach Liverpool zu fliegen. Ein paar Tage nach Ostern lief das Schiff Marybelle in Liverpool ein. Als ich an die Gangway kam, versicherte mir der Hafenkapitän, dass diesmal alles an Bord in perfektem Zustand sei und ich definitiv keine Probleme vorfinden würde. Leider tauchten auf diesem Schiff Bewei- „Auf diesem Schiff tauchten Beweise auf, dass die Besatzungen von der Reederei in Wahrheit systematisch um ihre rechtmäßigen Heuern betrogen wurden.“ se auf, dass die Besatzungen von der Reederei in Wahrheit systematisch um ihre rechtmäßigen Heuern betrogen wurden. Eine auf den 31. Dezember 2006 datierte Liste der Auszahlungen (Gesamtsumme 89.000,US-Dollar) an alle Besatzungsmitglieder wurde mir ausgehändigt. Es handelte sich dabei um die Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlungen des Unternehmens und den laut ITF-Vertrag vorgesehenen Heuern. Jedes Besatzungsmitglied hatte den Erhalt des Geldes quittiert, und mit einer Erklärung unten auf der Auszahlungsliste wurde bestätigt, dass die Besatzungsmitglieder keine ausstehenden Forderungen hätten. Es lag eine ähnliche Liste mit Datum vom 31. März über insgesamt 53.000,-US-Dollar vor, und alle Besatzungsmitglieder hatten wiederum den Erhalt mit ihrer Unterschrift bestätigt. Ich teilte dem Hafenkapitän mit, dass ich weder an die Auszahlung der angegebenen Summen an die Besatzung noch an die Echtheit der Heuerabrechnungen für Januar, Februar und März glaubte. Er erwiderte, dass er zahlen würde, wenn ich ein einziges Besatzungsmitglied fände, das behaupte, kein Geld erhalten zu haben. Was er nicht wusste, war, dass ich bereits einen Satz der echten Heuerabrechnungen gefunden hatte. Als ich ihm diese vorlegte und der Reihe nach die philippinischen Besatzungsmitglieder hinzurief, erklärten diese tapfer, die Heuern nicht erhalten zu haben, zu deren Quittierung man sie gezwungen hätte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als meiner Kalkulation der ausstehenden Heuern, die sich diesmal auf US$ 96.000,- belief, zuzustimmen. Bislang musste diese Reederei im Hafen von Liverpool in etwas mehr als einem Jahr über 300.000,¬US-Dollar für ihre Schiffe auszahlen. Das war jedoch kein Pfennig mehr, als sie ohnehin bereits vereinbart hatte. ITFSeeleuteBulletin2008 7 ➡ Federico Arogante (rechts) mit ITF-Inspektor Ulf Christiansen vor der Hamburger Klinik, wo die Handverletzung des philippinischen Seemannes behandelt wurde. VerletzungaufSee Mehr als eine hilfreiche Hand Nach einem Unfall auf See stand ein philippinischer Seemann fast dem Verlust seines seemännischen Berufes gegenüber, als die rasche Intervention der ITF doch noch die notwendige medizinische Versorgung sicherte. Federico Arogante, Schmierer auf einem Schiff unter griechischer Flagge, nahm im Februar 2007 mit dem Hamburger ITF-Inspektor Ulf Christiansen Verbindung auf, da er außerordentlich in Sorge war, aufgrund des Unfalls möglicherweise niemals wieder als Seemann arbeiten zu können. Während eines Schiffsaufenthalts im russischen Hafen von Primorsk hatte er vier Wochen zuvor seine linke Hand verletzt, als er bei der Arbeit im Maschinenraum von einer Leiter stürzte. Man schickte ihn damals in ein Krankenhaus in Primorsk, wo seine Hand in Gips gelegt worden war. Als sein Schiff vier Wochen später ins Hamburger Trockendock verholt wurde, schickte man den Seemann zur Nachuntersuchung in ein Krankenhaus. Die Hamburger Ärzte stellten fest, dass Arogante in Russland falsch behandelt worden war – seine linke Hand hätte operiert statt in Gips gelegt werden müssen. Dieser Fehler hatte sich auf seine Hand ausgewirkt und deren Beweglichkeit bereits eingeschränkt. „Herr Arogante zeigte sich außerordentlich beunruhigt ob des möglichen Verlustes seiner Fähigkeit, zukünftig als Seemann arbeiten zu können, und bat in der ITF-Geschäftsstelle in Hamburg um Unterstützung,“ so Ulf Christiansen. Die ITF bat die Ärzte des allgemeinen Krankenhauses in Hamburg, Arogante in eine Hamburger Spezialklinik für Arbeitsun- fälle zu überweisen. Sie erklärten sich mit dieser Überweisung einverstanden, wie auch der Kapitän seines Schiffes, der Propontis. Auch der örtliche Agent wurde über die geplante Überweisung von der ITF informiert. „Ich begleitete Herrn Arogante bei seinen mehrfachen Untersuchungen im Krankenhaus,“ erzählt Christiansen. „Er wurde von Spezialisten für Handverletzungen untersucht, die zu der Entscheidung kamen, dass seine Hand operiert werden müsse, um eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden.“ Arogante wurde erfolgreich operiert und zweieinhalb Monate lang im Krankenhaus behandelt, einschließlich umfassender Therapie für seine linke Hand. „Herr Arogante erhielt regelmäßig Besuch von seinen ehemaligen Besatzungskollegen, der Seemannsmission und von mir,“ sagt Christiansen. „Die griechische Reederei kümmerte sich darum, dass seine Ehefrau einige Wochen bei ihm in Hamburg verbringen konnte.“ Nach seiner langwierigen Behandlung im Krankenhaus konnte Arogante schließlich seine linke Hand bewegen und für Arbeiten einsetzen. Die Ärzte zeigen sich optimistisch, dass er seinen Beruf als Seemann weiter ausüben kann. Im Mai wurde er zur weiteren Behandlung auf die Philippinen zurück befördert, und Ende 2007 sollte er sich wieder in der Hamburger Klinik melden, um eine Platte aus seiner Hand entfernen zu lassen. Bevor er im Mai Hamburg verließ, sandte Arogante eine Karte an das ITF-Büro. „Ich möchte mich bei Ihnen herzlich für die ganze Zeit bedanken, die Sie aufgebracht haben, um mich zu unterstützen,“ schrieb er Christiansen. „Sie sind Teil meines zweiten Lebens gewesen; ich darf wohl sagen, Sie sind mein Held. Meine ganze Familie und ich bedanken uns sehr bei Ihnen.“ „Er war außerordentlich in Sorge, aufgrund des Unfalls möglicherweise niemals wieder als Seemann arbeiten zu können.“ 8 ITFSeeleuteBulletin2008 Suche nach dem vermissten Schiff, um sie an die Familien der Besatzungsmitglieder weiterzuleiten. Finlay Mcintosh von der ITF Actions Unit (Unterabteilung Maßnahmen gegen Schiffe) äußerte sich dazu wie folgt: „Es gibt noch immer zahlreiche ungelöste Fragen, und wir fordern das Unternehmen dazu auf, ihnen nachzugehen. Die Familien der vermissten Seeleute leiden, weil sie nichts über das Schicksal ihrer Angehörigen wissen. Unsere größte Sorge gilt der Frage, wo die Seeleute sind und was unternommen wird, um sie wieder zu finden.“ Bis jetzt gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass das Schiff gesunken oder der Piraterie zum Opfer gefallen ist. Die PMNOA berichtete außerdem über ein zweites vermisstes Schiff, die unter Panama-Flagge fahrende Infinity Marine 1, die dem Unternehmen Infinity Marine Services in Dubai gehört. An Bord befinden sich vermutlich 23 Seeleute. Der Generalsekretär der Gewerkschaft, Sheikh Mohammad Iqbal, erklärte: Die Reeder dieser Billigflaggenschiffe geben nur sehr zögerlich Informationen weiter. Sie machen sich offenbar größere Sorgen um die Einforderung ihrer Versicherungsansprüche als darum, den Angehörigen der Seeleute bei der Aufklärung der Vorfälle zu helfen.“ Wohlfahrt Südostasiatisches Projekt erhält grünes Licht Ein großes Projekt, das die soziale Versorgung von Seeleuten in ganz Südostasien deutlich verbessern soll, hat nun grünes Licht erhalten. Vertreter/innen von Organisationen für Seeleutewohlfahrt, die im September 2007 an einer Konferenz des Internationalen Ausschusses für Seeleutewohlfahrt (ICSW) in Singapur teilnah- „Die Fischerei ist der gefährlichste Wirtschaftszweig der Welt, und es herrschen hier mit die schlimmsten Bedingungen.“ Kurzmeldungen men, sprachen dem Programm ihre Unterstützung aus. Im Rahmen der Initiative werden vier Jahre lang Mittel für die Untersuchung, Aktualisierung und Ausdehnung von sozialen Diensten in der Region bereitgestellt. In der Hauptrede auf der Konferenz führte Kapitän Derrick Atkinson von BW Shipping in Singapur Beweise an, dass die meisten Seeleute in Südostasien keinerlei Kontakt mit Sozialarbeiter/innen haben; zwei Seeleute aus Burma sprachen von ihren eigenen, ähnlichen Erfahrungen. Ein jüngster Bericht des Internationalen Seeleute-Forschungszentrums (SIRC) über soziale Dienste in Häfen bestätigt diese Eindrücke. Vertreter/innen von Schiffseignern, Gewerkschaften, religiösen Organisationen, Hafenbehörden und Regierungen werden nun einen regionalen Wohlfahrtsausschuss bilden, um die Umsetzung des Programms in die Wege zu leiten. Diese Initiative folgt ähnlichen Aktionen, die bereits in Osteuropa, Afrika und Lateinamerika organisiert wurden; es ist vorgesehen, dass sie von der ITF-Seeleute-Stiftung finanziert und vom ICSW kontrolliert wird. Dazu Tom Holmer, Sekretär der ITF-SeeleuteStiftung: „In den anderen Regionen haben solche Programme zur Entwicklung eines Netzwerks von Seeleutezentren und -diensten beigetragen, die genau das bieten, was für die Seeleute nach eigenen Angaben am wichtigsten ist. Wir alle sind überzeugt, dass das Gleiche auch in dieser Region möglich ist.“ Fischerei Proteste gegen „schrecklicheTodesfälle“aufSee In einer Erklärung zum Tod von 39 burmesischen Besatzungsmitgliedern an Bord von Schiffen der thailändischen Fischereiflotte prangerte die ITF die „skrupellose Ausbeutung von Wanderarbeitnehmern“ an. Die Fischer waren 75 Tage lang ohne frische Lebensmittel und Trinkwasser. Wie es heißt, wurden ihre Leichen auf Anordnung des Reeders und Kapitäns über Bord geworfen. In der im April 2007 veröffentlichten Erklärung äußerte sich der ITF-Sektionsausschuss Fischereiwirtschaft zutiefst besorgt über den schrecklichen Tod der Fischer an Bord von sechs Fangschiffen in indonesischen Gewässern. Sie hatten keinen Zugang zu Nahrungsmittelnachschub, während sie auf die Verlängerung ihrer Arbeitserlaubnisse warteten. Angehörige der Toten und Überlebende wollen mit einer am 26. März eingereichten Klage Gerechtigkeit erwirken. Einer der Überlebenden, Soe Moe, erklärte in seiner Aussage vor dem Gericht in Mahachai (Thailand): "Es gab kein Essen, kein Gemüse, nur übelriechenden Reis, und überall um mich herum Streik in der Türkei Reeder ausgesperrt, bis Heuern an Besatzung ausgezahlt wurden Dank Unterstützung durch die örtliche ITFMitgliedsgewerkschaft Dad-der konnte ein im November letzten Jahres eingeleiteter Streik von Besatzungsmitgliedern der Sky Sea (oben) im türkischen Hafen von Tuzla erfolgreich beendet werden. Die 10 Streikenden – von insgesamt 12 Besatzungsmitgliedern – teilten sich die Summe von US$ 50.612,– an ausstehenden Heuern. Die Besatzung hatte fünf Monate ohne Bezahlung an Bord verbracht. Zwei von ihnen schuldete man sogar die Heuern von neun Monaten. Im Oktober wurde Dad-der um Unterstützung gebeten. Das Schiff war mit Eisenschrott beladen und wartete auf einen Liegeplatz. Zuerst weigerte sich der Eigentümer, auf dem Verhandlungswege eine Einigung zu erzielen. Daraufhin folgten die Besatzungsmitglieder – mit Ausnahme des Kapitäns und des Ersten Ingenieurs – dem Rat der Gewerkschaft Dad-der und weigerten sich, lagen Leichen. Ich hatte Angst, wusste aber nicht, was ich tun sollte, oder ob ich selber sterben würde, denn zu dem Zeitpunkt war ich so schwach, dass ich noch nicht einmal laufen konnte." Die ITF stellte fest: "Es ist zu hoffen, dass das Gerichtsverfahren diese moderne Form der Sklavenarbeit ans Licht bringt und die Verantwortlichen strafrechtlich belangt werden. Der Ausschuss appelliert darüber hinaus an die indonesische Regierung, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um solche ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen in ihren Gewässern zu verhindern. An die Behörden in Thailand appelliert der Ausschuss, geeignete Sanktionen gegen die Staatsbürger ihres Landes zu verhängen, die an der skrupellosen Ausbeutung von vom Ankerplatz in den Hafen zu fahren. Sie nahmen die Gangway auf das Schiff und erklärten, außer der ITF niemanden an Bord zu lassen. Sogar der Reeder wurde abgewiesen, als er das Schiff betreten wollte. Dad-Der warnte den Agenten und den Eigentümer, dass man das Schiff arrestieren würde, wenn das Geld nicht innerhalb einer Woche ausgezahlt werde, woraufhin sich der Agent meldete und die vollständige Auszahlung innerhalb der nächsten Tage ankündigte. „Sie nahmen die Gangway auf das Schiff und erklärten, außer der ITF niemanden an Bord zu lassen.“ Wanderarbeitnehmern mitwirken." Die Erklärung erinnerte auch an die unveränderte Situation der Fischereibeschäftigten aus Burma, die ohne Reisedokumente in Tual (Indonesien) aus ihren Beschäftigungsverhältnissen an Bord von Schiffen unter thailändischer Flagge entlassen wurden. Obwohl sie sich in der Region eingelebt haben, werden sie wegen der fehlenden Anerkennung ihres Status als Flüchtlinge zu hilflosen Opfern von Erpressungsversuchen der örtlichen Sicherheitsdienste und Beamten der Einwanderungsbehörden. Die ITF appelliert daher an die indonesische Regierung, die Betroffenen als Flüchtlinge anzuerkennen. ➡ ITFSeeleuteBulletin2008 9 Kurzmeldungen ITFbenachrichtigt Philippinische Seeleute nach Einatmen von Rauch im Maschinenraum erkrankt Als die philippinische Besatzung der griechischen Eigentümern gehörenden Evangelia im August 2007 in Hamburg (Deutschland) anlegte, wandte sie sich Hilfe suchend an die ITF, um mit den haarsträubenden Bedingungen an Bord fertig zu werden. Die meisten Seeleute waren krank und hatten eine ärztliche Untersuchung nötig, und einige baten aufgrund der gesundheitsschädlichen Bedingungen an Bord – besonders im Maschinenraum – um Rückführung in die Heimat. Und was das Ganze nur noch schlimmer machte: Sie waren nicht gemäß dem von den Eigentümern unterzeichneten ITF/PNO (Pan-Hellenic Seamen's Federation)-Vertrag bezahlt worden, und keiner besaß einen ITF-Arbeitsvertrag. Die griechische Reederei Hellas Marine hatte das Schiff im Februar 2007 in Malta übernommen, und die Probleme im Maschinenraum begannen zwei Monate später. Dort trat aufgrund undichter Rohre ständig Rauchbildung auf. Die Besatzungsmitglieder atmeten diesen Rauch die nächsten vier Monate lang ein – bis das Schiff in Hamburg einlief. Dort sandten sie eine Mitteilung an das ITF-Büro: „Abgasleitung Hauptantriebsmaschine: starker Kohlenmonoxidaustritt bei Betrieb. Dies verursacht Atemschwierigkeiten bei der Maschinenraumbesatzung.“ Die ITF nahm umgehend Verbindung mit der Hafenstaatenkontrolle und der Hafengesundheitsbehörde in Hamburg auf und leitete die Angaben über diese alarmierenden Umstände weiter. Da die Hafenstaatenkontrolle zuvor Informationen über das Schiff aus dem letzten Anlaufhafen – Amsterdam – erhalten hatte, hatte sie es bereits in die Kette gelegt – und mehr als 40 Mängel festgestellt. Die Hafengesundheitsbehörde besuchte das Schiff am Morgen, nachdem sie tags zuvor von der ITF alarmiert worden war, und untersuchte die meisten Besatzungsmitglieder. Einigen Seeleuten wurde ein Arztbesuch empfohlen, da sie „aufgrund der Raucheinwirkung unter Husten, Halsschmerzen, dunklem Auswurf und Schmerzen im Brustkorb“ litten. Vom Arzt wurden vier Besatzungsmitglieder für arbeitsunfähig erklärt und auf Kosten des Reeders aus Hamburg in die Heimat nach Manila (Philippinen) zurückbefördert. ITF-Inspektor Ulf Christiansen weist darauf hin, dass auch weitere Besatzungs- 10 ITFSeeleuteBulletin2008 mitglieder ärztliche Hilfe benötigt hätten, aber „es schien klar, dass sich die meisten Seeleute keiner ärztlichen Untersuchung unterziehen wollten, da sie wahrscheinlich befürchteten, als arbeitsunfähig erklärt und in die Heimat zurückgeschickt zu werden“. Nachdem die Ladung gelöscht worden war, hielt man das Schiff in Hamburg zurück, und im Maschinenraum wurden umfangreiche Reparaturarbeiten durchgeführt. Eine Endkontrolle durch die Hafenstaatenkontrolle ergab keine weitere Rauchbildung im Maschinenraum. Alle Besatzungsmitglieder wurden während des Schiffsaufenthalts im Hafen zwei Mal von der Hafengesundheitsbehörde untersucht. Während die Evangelia in Hamburg lag, stellte die ITF fest, dass die Crew nicht gemäß gültigem ITF-Vertrag bezahlt worden war. Die Reederei wurde aufgefordert, der Besatzung die ausstehenden Heuern während des Schiffsaufenthalts im Hafen zu zahlen. Nach einigen Gesprächen erklärte sich das Unternehmen schließlich hierzu bereit, und die errechnete Summe wurde auf das Bankkonto des örtlichen Agenten überwiesen und an das Schiff weitergeleitet. Während ihres Aufenthaltes in Hamburg konnten der Besatzung somit ausstehende Heuern in einer Gesamthöhe von US$ 28.336,-für die Monate Juni und Juli 2007 ausgezahlt werden. Der Reeder wurde von der ITF aufgefordert, zukünftig die Besatzung nach gültigem ITF/PNO-Vertrag zu bezahlen, und der Kapitän erklärte sich darüber hinaus bereit, ITF-Arbeitsverträge auszufüllen und an die Seeleute zu verteilen. „Es schien klar, dass sich die meisten Seeleute keiner ärztlichen Untersuchung unterziehen wollten, da sie wahrscheinlich befürchteten, als arbeitsunfähig erklärt und in die Heimat zurückgeschickt zu werden.“ ➡ Maritime Politik Europas „verpasste Chance“ Die ETF, die europäische Regionalorganisation der ITF, kritisiert Vorschläge für eine Seeverkehrspolitik der Europäischen Union dahingehend, dass sie eine Reihe von zentralen, Seeleute betreffenden Fragen nicht aufgreifen. Das von der Europäischen Kommission am 10. Oktober 2007 verabschiedete Papier für eine integrierte maritime Politik der EU, auch bekannt als „Blue Paper“, wird von der ETF in einer Stellungnahme als „verpasste Chance“ bezeichnet. Die darin enthaltenen Vorschläge entsprechen bei Weitem nicht den Erwartungen für eine Lösung der dramatischen Beschäftigungskrise, von der EU-Seeleute betroffen sind, sondern unterstützen den Abbau von Regulierung und verstärkte Selbstregulierung ohne jegliche Maßnahmen zur Abfederung der Wettbewerbsauswirkungen auf die Beschäftigung. Zwar begrüßte die ETF das Vorhaben, die Sozialpartner zur vorgeschlagenen Überprüfung der Frage, inwieweit Seeleute von bestimmten sozialen EU-Richtlinien ausgeschlossen sind, zu konsultieren, zeigte sich aber gleichzeitig besorgt über eine Reihe weiterer Probleme, die nach wie vor ungelöst sind. Unter anderem verwies sie darauf, dass jeglicher Bezug auf die Diskriminierung, der Seeleute aufgrund ihres Wohnsitzes oder ihrer Nationalität auf EU-Schiffen ausgesetzt sind, fehlt und die Auswirkungen von Billigflaggen und unternormiger Seeschifffahrt auf Seeleute unerwähnt bleiben. USA Für Erleichterung des Landurlaubs Ein Ausschuss der Handelsmarine fordert die US-Regierung mit Nachdruck dazu auf, die Bedingungen für den Landgang der Seeleute entsprechend den Anforderungen einer wesentlichen Seerechtsbestimmung zu erleichtern. Auf einer Sitzung des Merchant Marine Personnel Advisory Committee, die im April 2007 in Seattle (USA) stattfand, sprach der Ausschuss eine Reihe von Empfehlungen zur Lockerung der Bestimmungen für den Landurlaub der Seeleute aus. Die teilnehmenden Vertreter/innen von Gewerkschaften und der katholischen Seemannsmission Apostulatus Maris, die ein weltweites Netz von Seelsorger/innen für Seeleute unterhält, betonten ferner die Notwendigkeit von Erleichterungen des Zugangs zu Schiffen für Hafenkaplane und Gewerkschaftsvertreter/innen. Die Empfehlungen, die sich auf Informationen der ITF-Veröffentlichung Access de- nied stützen, heben hervor, dass die Unterzeichnerstaaten nach dem Internationalen Code für die Sicherheit von Schiffen und Hafenanlagen vor Gewalttaten (ISPS-Code) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) dazu verpflichtet sind, Erleichterungen für den Landurlaub einzuführen. Unter anderem forderte der Ausschuss, den ISPS-Code in wesentlichen Aspekten zu überarbeiten. Reeder und Schiffsbetreiber sollen zudem dafür sorgen, dass Schiffsbesatzungen das Recht auf Landgang haben und an Bord besucht werden dürfen, so z.B. auch von Vertreter/innen von Arbeitnehmerorganisationen und sozialen Betreuungseinrichtungen für Seeleute. In einer weiteren Empfehlung wurde die USamerikanische Küstenwache aufgefordert, Pläne zur Gefahrenabwehr in den Hafenanlagen nicht zu akzeptieren, wenn sie keine Vorkehrungen für die Genehmigung von Landurlaub und den Zutritt von Besucher/innen enthalten. Jeff Engels, ITF-Koordinator in Seattle, der an der Sitzung teilnahm, stellte fest: „Hoffentlich wird die US-Küstenwache sich an diese Empfehlungen halten. Die Einhaltung des Rechts der Seeleute auf Landgang ist unerlässlich, damit sie soziale Betreuungseinrichtungen und medizinische Versorgungszentren aufsuchen können.“ Europa Aktionswoche erzielt nachhaltige Ergebnisse Die einwöchige ITF-Kampagne gegen unternormige Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen im nordeuropäischen Seeverkehr wurde zu einem überwältigenden Erfolg erklärt, der die Lebensbedingungen der Seeleute nachhaltig beeinflussen wird. Während der ITF-Aktionswoche, die am 8. Juni 2007 endete, besichtigten ITF-Inspektor/innen sowie Funktionäre von Gewerkschaften für Hafenbeschäftigte und Seeleute Billigflaggenschiffe und Schiffe unter nationaler Flagge, um für die Durchsetzung menschenwürdiger Bedingungen an Bord zu sorgen. Die Kampagne erstreckte sich auf Belgien, Dänemark, Während der Nordeuropäischen Aktionswoche vom 4. bis 8. Juni 2007 bereiten sich örtliche Gewerkschaftsaktivisten in Heysham (Großbritannien) auf ihren Einsatz vor. Viele Billigflaggen¬sowie unternormige Schiffe wurden zur Zielscheibe von Inspektionen. Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Lettland, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Polen, Russland und Schweden. Zu den wichtigsten Erfolgen zählt der Abschluss von zwölf neuen Verträgen für Schiffe in Deutschland, die zum Teil nach Maßnahmen, wie den Boykotts an Bord der beiden unter Liberia-Flagge fahrenden Schiffe CMA CGM Iguacu in Hamburg und MSC Bremen, zustande kamen. Weitere Solidaritätsaktionen fanden in Cherbourg (Frankreich) statt, wo die Blockade des Fährschiffs Normandy aufgehoben wurde, nachdem Irish Ferries und Celtic Link sich zu Gesprächen über einen Kollektivvertrag bereit erklärt hatten. In Polen nahmen Gewerkschaften und die Eigner der Eleni K (Panama-Flagge) derweil Verhandlungen über einen ITF-Vertrag auf, und der Reeder Columbia Shipmanagement Ltd. sicherte die Unterzeichnung eines ITF-Kollektivvertrags für die auf den Marshallinseln registrierte Cape Fulmar zu. Der ITF-Koordinator für Maritimes, Steve Cotton, beschrieb die Aktionswoche als „überragend“ und erklärte in einer Stellungnahme: „In ganz Europa wurden Hunderte von Schiffen kontrolliert und Aspekte wie Sicherheit, ausstehende Heuern und schlechte Arbeitsbedingungen in Angriff genommen. Die grenzüberschrei- „Die Einhaltung des Rechts der Seeleute auf Landgang ist unerlässlich, damit sie soziale Betreuungseinrichtungen und medizinische Versorgungszentren aufsuchen können." tende Unterstützung seitens der Hafenbeschäftigten und der Gewerkschaften war beeindruckend. Die Erfolge dieser Kampagne werden noch lange nachwirken.“ Ladungsumschlag ITF empört über Selbstabfertigung Nach einem Zwischenfall im australischen Port Kembla im Mai 2007 äußerte sich die ITF empört über den Einsatz von Seeleuten zur Durchführung qualifizierter Hafenarbeit. Der in Malta registrierte Massengutfrachter Capo Noli einer italienischen Reederei stand im Mittelpunkt örtlicher und internationaler Proteste, nachdem die Besatzung angewiesen worden war, unter Einsatz des Bordkrans die Gipsladung des Schiffes zu löschen. Die Capo Noli tritt an die Stelle eines Schiffes unter australischer Flagge und mit australischer Besatzung, das nicht als Selbstabfertiger ausgewiesen war, und lief erstmals unter Charter für Canada Steamship Lines (CSL) in Port Kembla ein. Die philippinische Besatzung an Bord wurde angewiesen, die Ladung mit der an Bord befindlichen Ausrüstung zu löschen – dies ist ein unmittelbarer Verstoß gegen die Bestimmungen des für das Schiff geltenden, von der ITF genehmigten Vertrages. Darin heißt es, dass weder die Besatzung des Schiffes noch andere an Bord befindliche Personen ohne vorherige Zustimmung der örtlichen Gewerkschaft der Hafenbeschäftigten aufgefordert werden dürfen, Ladungsumschlagsarbeiten zu verrichten. Traditionell wird diese Arbeit von Mitgliedern der der ITF angeschlossenen Maritime Union of Australia (MUA) ausgeführt. Zudem wurde dem ➡ ITFSeeleuteBulletin2008 11 ITF-KampagnegegenBilligflaggenundunternormigeSchiffahrt FaktenundZahlen2007 ➨ITF-Inspektoren be- suchten 2007 insgesamt 9.545 Schiffe – im Durchschnitt mehr als eines jede Stunde an jedemTag des Jahres. ➨In657Häfenrundum dieWeltfandenInspektionenstatt. ➨MitderITF-Billigflag- genkampagnekonnten 2007HeuernachzahlungenundSchadenersatzforderungeninHöhe vonmehrals16,6 MillionenUS-Dollarfür Besatzungensichergestelltwerden. ➨Zweiundachtzig ProzentdervonderITF durchgeführten Inspektionenfandenauf Billigflaggenschiffen (sieheListederBilligflaggenaufSeite25)statt, wobeiSchiffe,dienegativ aufgefallenwaren,be- 12 ITFSeeleuteBulletin2008 sondereAufmerksamkeit erhielten. ➨DieITFbeschäftigt120 InspektorenindenHäfen vonweltweit43Staaten. Im Jahr 2007 führten seefahrende Mitglieder der ITF-Mitgliedsgewerkschaften und Besatzungen auf Billigflaggenschiffen zur Unterstützung der ITF-Kampagne Arbeitskampfmaßnahmen in 21 Staaten auf vier Kontinenten durch. ➨DieAnzahlder Seeleuteim GeltungsbereichvonITFKollektivverträgenlag 2007bei209.950(im Vergleich2006:193.325). ➨Insgesamt9.105Schiffe,dieunterBilligflagge registriertsind,unterlagen2007einerITFVereinbarung(im Vergleich2006:8.161). Kurzmeldungen ➡ örtlichen ITF-Inspektor der Zugang zu den Besatzungsmitgliedern verweigert, ein weiterer Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen. Spontan stellte die örtliche Bevölkerung eine Mahnwache auf, um die Gewerkschaft zu unterstützen, während aus ganz Australien Solidaritätsbotschaften für die Beschäftigten in Port Kembla eintreffen. Befürchtet wurde, dass der Zwischenfall den Auftakt zu einer neuen Runde von Übergriffen auf menschenwürdige Bedingungen in den australischen Häfen bildet. „ITF-Gewerkschaften weltweit sind über den Vorfall empört,“ so ITF-Generalsekretär David Cockroft. „Den Hafenbeschäftigten kommt eine wichtige Rolle im Kampf um Seeleuterechte zu – aber auch sie selbst haben Anspruch auf menschenwürdige Arbeit und sichere Bedingungen. Die ITF stellt sich uneingeschränkt hinter die MUA und die Anwohner in Port Kembla, die für die gerechte Behandlung der Hafenbeschäftigten ebenso wie der Seeleute eintreten.“ AP Moller-Maersk ITF begrüßt Dialog mit globalem Betreiber „Der Anfang einer Reise, die sich hoffentlich zum Nutzen sowohl für das Unternehmen als auch für dessen Beschäftigte erweisen wird“, so die Worte der ITF nach Abschluss einer im April 2007 in Kopenhagen (Dänemark) stattgefundenen Konferenz zwischen dem dänischen Schifffahrtsgiganten AP Moller-Maersk und den Arbeitnehmer in 22 Staaten vertretenden ITF-Mitgliedsgewerkschaften. Vertreter/innen von 32 Gewerkschaften nahmen an der Konferenz teil, die von der dänischen Gewerkschaft 3F organisiert wurde. Knud Pontoppidan, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von AP Møller-Maersk, begrüßte die Versammlung und nahm an der abschließenden Pressekonferenz teil. ITF-Präsident Randall Howard erklärte auf der Pressekonferenz: „Wir stehen auf dem Standpunkt, dass die Gewerkschaften im Zeitalter der Globalisierung effektiver zusammenarbeiten müssen, gleichzeitig aber auch konstruktive Beziehungen zu großen Unternehmen wie AP Møller-Maersk, die zur Aufnahme eines Dialogs bereit sind, aufbauen müssen. Das kann sowohl den Beschäftigten als auch dem Unternehmen Vorteile bringen.“ ●Aktuelle Nachrichten über ITF-und Gewerkschaftsaktivitäten in Bezug auf Seeleute können auf folgenderWebseite abgerufen werden: www.itfglobal.org/seafarers/index.cfm Estland Schiffe arrestiert: Zwei Besatzungen teilen Summe von $ 648.236, von Jaanus Kuiv, ITF-Inspektor in Tallinn Im Juli 2006 erhielt ich die ersten Beschwerden von Seeleuten auf der unter maltesischer Flagge fahrenden Isis über ausstehende Heuern. Ich nahm mit der estnischen Reederei Janifeld Shipping Company Verbindung auf und informierte sie über die ausstehenden Heuern und ihre Verantwortung. Das Unternehmen kündigte die Auszahlung der Heuern an die Besatzungsmitglieder an, sobald der Verkauf eines seiner Schiffe erfolgt sei. Doch es geschah nichts. Von August bis Oktober 2006 erhielt ich weitere Beschwerden über ausstehende Heuern. Schließlich erreichte uns im Oktober die Nachricht, dass das Schiff an einen neuen Eigentümer – Nordic Shipping Group – verkauft worden sei. Diese Reederei schloss dann in Frankreich einen ITF-Vertrag für die ebenfalls in Malta registrierteFiona ab und zahlte die ausstehenden Heuern an die Familien der Besatzungsmitglieder in Estland sowie Heuern an die Crew bis Oktober 2006 aus, insgesamt 97.161,- USDollar. Wir trafen uns mit Besatzungsmitgliedern an Bord der Fiona und der Isis, wo der Reedereivertreter Oleg Balabanov uns über die Eigentumsverhältnisse sowie über die Zahlung ausste- hender Heuern ab 4. Oktober 2006 informierte. Im Laufe des Novembers 2006 erfolgten weitere Treffen mit Balabanov. Zum Ablauf der Auszahlungen an die Besatzungsmitglieder schlossen wir sogar eine Absichtserklärung ab. Auch die Bank wurde über die ausstehenden Heuern und unsere Vereinbarung informiert. Doch Ende November hörten wir von der Bank, dass der Kredit Balabanovs für den Kauf der Schiffe nicht genehmigt worden sei. Wir nahmen sofort mit unseren Anwälten Verbindung auf, um die Schiffe arrrestieren zu lassen. Die Fiona wurde am 15. Dezember 2006 in die Kette gelegt, um die Forderung von 11 Seeleuten über ausstehende Heuern in Höhe von insgesamt ca. 100.000,-US-Dollar sicherzustellen.Drei Tage später wurde die Isis im Namen der 27 Seeleute arrestiert, denen man ca. 150.000,-US-Dollar schuldete. Wir brachten die Fälle vor Gericht, und am 18. Januar 2007 urteilte das Gericht zu unseren Gunsten. Die Schiffe wurden versteigert. Am 23. April wurde die Isis und am 4. Juni die Fiona an die Reederei Evir Shipping Company verkauft. Die Gesamtsumme der ausstehenden Heuern bis Juni 2007, die errechnet und an die Besatzungen ausgezahlt wurde, betrug 333.966,-US-Dollar für die Isis und 314.270,- US-Dollar für die Fiona. „Ende November hörten wir von der Bank, dass der Kredit für den Kauf der Schiffe nicht genehmigt worden sei.“ Jaanus Kuiv neben einem der arrestierten Schiffe. ITFSeeleuteBulletin2008 13 Achtungalle ehemaligen Besatzungsmitgliederder EnchantedCapri (IMO7359474) Die ITF hält Ausgleichszahlungen für bestimmte ehemalige Besatzungsmitglieder der unter der Flagge der Bahamas fahrenden Enchanted Capri bereit, die nach einem Gerichtsverfahren in den USA sichergestellt werden konnten. Wenn Sie in den Jahren 2000 und 2001 auf der Enchanted Capri gedient und ausstehende Heuern zu beklagen haben, nehmen Sie bitte sobald wie möglich mit der ITF Verbindung auf. Man wird dann überprüfen, ob Ihnen Ausgleichszahlungen zustehen. Bitte nehmen Sie wie folgt Kontakt zu uns auf: Head of Actions Unit ITF ITF House 49-60 Borough Road London SE11DR Großbritannien Tel.: +44(0)2074032733 Fax: +44(0)2073577871 E-Mail: [email protected] Internet: www.itfglobal.org Als korrupte Geschäfte der Eigentümer zur Aufgabe des Betriebs führten, überließ man die Besatzung eines im Golf von Mexiko vor Anker liegenden Casino-Schiffs ihrem Schicksal. ANA LILIA PÉREZ berichtet. B ei der zur U.S.-Unternehmensgruppe Fiesta Cruise Lines gehörenden Fiesta Casino handelte es sich um das erste Schiff dieser Art, das in Mexiko betrieben wurde. Doch nun verrottet es im Golf von Mexiko, nachdem die Besatzung ohne Treibstoff, Trinkwasser oder Lebensmittel im Stich gelassen wurde. Von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation als aufgegebenes Schiff registriert, musste die 15-köpfige Besatzung – hauptsächlich Mexikaner – zusammen mit U.S.-Kapitän Eddy Narciso Gómez an Bord bleiben. Alle waren sie Opfer korrupter mexikanischer Beamter und wurden von den Eigentümern im Stich gelassen. Die Lage spitzte sich zu, nachdem die Besatzung gegen Fiesta Cruise Line mit ihren Tochtergesellschaften Trident Gaming Development, MHD Enterprise LLC und MHD Mexicana Beschwerde wegen seit Monaten nicht bezahlter Heuern eingelegt hatte. Als das Schiff Gegenstand einer gerichtlichen Verfügung wurde, durfte es weder bewegt noch von der Besatzung verlassen werden. Moderne Piraten Seitdem die Fiesta Casino vor mehr als zwei Jahren in mexikanische Gewässer kam, war sie von einem Korruptionsnetz umgeben. Der damalige Innenminister versprach Fiesta Cruise Line die Erteilung einer Lizenz für den Betrieb Seeleute-Bulletin Internationale Transportarbeiter-Föderation Nr. 22/2008 Titelgeschichte Roulette mit unseren Rechten Kapt. Eddy Gómez (links) an Bord der Fiesta Casino. Zusammen mit der restlichen Besatzung wurde er von Reeder und Hafenbehörde praktisch im Stich gelassen. G De erm ut an sc / h ITFeilt zuHilfe Casino derSchande von Casino-Schiffen in mexikanischen Gewässern. Als jedoch MHD im August 2005 das Schiff in küstennahe Gewässer leitete, wurden falsche Dokumente vorgelegt, die vom Kommunikations-und Verkehrssekretariat (SCT) ausgefertigt worden waren, sowie eine von der Verwaltung der Handelsmarine (DGMM) erstellte Fahrtgenehmigung. Obwohl der Hafenkapitän in Puerto Juárez feststellte, dass die Papiere gefälscht worden waren, erlaubte er dem Schiff die Weiterfahrt nach Cozumel und Playa del Carmen, wo der Betrieb als CasinoSchiff aufgenommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt, so der mexikanische ITF-Inspektor Enrique Lozano, hatte der Eigentümer an die mehrheitlich philippinische Be- satzung seit Monaten keine Heuern bezahlt und sie weder mit Treibstoff, Lebensmitteln noch Trinkwasser versorgt. Darüber hinaus durften sie als Ausländer das Schiff nicht verlassen. Von der ITF unter Druck gesetzt, zahlte das Unternehmen schließlich im Januar 2006 die ausstehenden Heuern in Höhe von mehr als 81.000,– US-Dollar an die Besatzungsmitglieder. Doch mit der Abreise des Kapitäns drei Monate später verschlimmerte sich die Lage. Der Hafenkapitän weigerte sich einzuschreiten, obwohl das Handelsgesetz sowie internationale Übereinkommen ihn dazu verpflichteten. Erneut mischte sich die ITF ein, und die Besatzung ging von Bord. Das Schiff zog nach Pro- „Seitdem die Fiesta Casino vor mehr als zwei Jahren in mexikanische Gewässer kam, war sie von einem Korruptionsnetz umgeben.“ greso, Yucatán, wo es illegal anlegen und eine mexikanische Besatzung anheuern durfte. Im August 2006 genehmigte der Hafenkapitän das Anlegen des Schiffes in Veracruz. Die panamesische Flagge wurde durch die Flagge Belizes ersetzt. Dann ging es vor der Isla de Sacrifícios vor Anker, nachdem es 12.000 nautische Meilen zurückgelegt hatte, und nahm den Geheimbetrieb als Casino auf. Vier Wochen lang stand das Casino nur „besonderen Gästen“ zur Verfügung: Beamten der Staatsregierung sowie des SCT. Die für 280 Passagiere ausgelegte Tórtola Fast Ferry – ebenfalls im Eigentum besagten Unternehmens – wurde für den Transport der Glücksspieler eingesetzt. Am 14. Oktober 2006 – als der Kapitän einen freien Tag hatte – lief die Fähre auf Grund. Innerhalb von Minuten erschienen zwei Barkassen der mexikanischen Marine, um die „besonderen Gäste“ einzusammeln. Die Besatzung der Fähre (fünf Seeleute, zwei Ingenieure und der Steuermann) wurden an Bord zurückgelassen und verbrachten dort 15 Tage ohne Lebensmittel, Wasser oder Unterkünfte. Wie Steuermann Carlos Anaya erklärte, haben die Eigentümer sie auf unmenschliche Weise ihrem Schicksal überlassen. „Wir hatten nichts. Wir schliefen auf Stühlen. Manchmal kamen sie vorbei mit Wasser und Lebensmit- ➡ ITFSeafarers’Bulletin2008 15 ●WollenSieArbeitskampfmaßnahmen einleiten? ●Wasjedervorher wissenmuss! Die ITF hat sich dazu verpflichtet, Seeleuten auf Billigflaggenschiffen zu gerechten Heuern und anständigen Tarifverträgen zu verhelfen. Manchmal müssen Seeleute zu Rechtsverfahren bei örtlichen Gerichten greifen. In anderen Fällen kann ein Boykott gegen ein Schiff eingeleitet werden. Die bestmögliche Aktionsform wechselt von Ort zu Ort. Die richtige Aktion in einem Land kann in einem anderen Land ganz falsch sein. Auf jeden Fall muss zuerst mit dem örtlichen ITF-Vertreter Kontakt aufgenommen werden. E-Mail-Kontaktadressen und Telefonnummern sind im Mittelteil dieses Bulletins angegeben. Auf Seite 30 finden Sie zusätzlich ein Faxformular. Vor Einleitung irgendwelcher Maßnahmen sollten Ratschläge vor Ort eingeholt werden. In einigen Staaten behindern Gesetze den Streik von Seeleuten. In diesem Fall werden die örtlichen ITF-Gewerkschaftsvertreter dies erklären. In vielen Staaten kann man jedoch durch einen Streik einen Konflikt für sich entscheiden – hier ist wiederum die örtliche Beratung ausschlaggebend. Ein Streikrecht genießen Sie in vielen Staaten, solange Ihr Schiff im Hafen liegt und nicht auf See ist. Bei jeglicher Streikmaßnahme ist es wichtig, diszipliniert, friedlich und einig zu bleiben. Denken Sie daran: Das Streikrecht ist ein Grundrecht, das in vielen Staaten gesetzlich bzw. verfassungsrechtlich garantiert ist. Egal, für welche Vorgehensweise Sie sich entscheiden – vergessen Sie nicht, vorher mit den örtlichen ITF-Vertretern Rücksprache zu halten. Gemeinsam können wir den Kampf um Gerechtigkeit und Einhaltung von Grundrechten für Seeleute gewinnen. ➡ CasinoderSchande teln, aber es war fast nichts.“ Nach dem dramatischen Unfall der Fähre musste die Staatsregierung die Existenz des Casino-Schiffes in den Gewässern vor Veracruz eingestehen. Der stellvertretende Direktor der Handelsmarine, Raymundo Mata Contreras, forderte Kapitän Gómez auf, die Besatzung zum Verlassen des Schiffes zu drängen. Nachdem die Besatzung von Bord gegangen war, veranlasste die Staatsregierung die Verlegung des Schiffes an eine private Anlegestelle. Der Gouverneur ordnete einen Neuanstrich der Fiesta Casino an, ersetzte die Flagge Belizes mit dem Wappen seiner Regierung und änderte den Namen. Das Schiff wird nun für Privatveranstaltungen verwendet. Besatzung im Stich gelassen Am 22. Februar 2007 weigerte sich die Schifffahrtsagentur Rojas Vela & Associates, weiterhin als Adressreeder für MHD Mexicana aufzutreten. Die 15-köpfige Besatzung der Fiesta Casino, einschließlich derer der auf Grund gelaufenen Fähre, wurde daraufhin ihrem Schicksal überlassen, wobei das Schiff zur Ausführung von Reparaturarbeiten an der Werft Gulf Naval Workshops (TNG) festgemacht hatte. Eddy Gómez bat den Hafenkapitän um Unterstützung, doch dieser lehnte eine Einmischung ab. Nach Aussage des Kapitäns trug die Vernachlässigung durch die Hafenbehörde zu den Problemen der Besatzung bei. Am 4. Mai konnten die Seeleute schließlich vor dem Vermittlungs-und Schlichtungsrat des Bundes die Anerkennung ihrer „Beschlagnahmung“ des Schiffes durchsetzen, bis der Fall vor Gericht verhandelt würde. Für diese Vorsichtsmaßnahme mussten sie jedoch einen hohen Preis zahlen: Sie konnten nicht von Bord gehen, da dies als „Verlassen des Schiffes“ ausgelegt und sie viele Monatsheuern verlieren würden. Bis zum 15. Juni, als sie endlich von Bord gehen konnten, musste die Besatzung ohne Lebensmittelvorräte -mit Ausnahme von alkoholfreien Getränken und Brot, die ihnen von Gewerkschaften überbracht wurden – überleben und das Leben an Bord völlig ohne künstliches Licht ertragen. Trotz der Entbehrungen arbeitete die Besatzung hart, um die Teppiche, Lichter und Bars „Die Besatzung musste ohne Lebensmittelvorräte – mit Ausnahme von alkoholfreien Getränken und Brot, die ihnen von Gewerkschaften überbracht wurden – überleben und das Leben an Bord völlig ohne künstliches Licht ertragen.“ Kostenlose Schiffsinformation ●MöchtenSiemehrwissenüberdasSchiff,aufdemSiearbeiten? ●MöchtenSiewissen,obIhrSchiffuntereinemvonderITFgenehmigtenTarifvertragfährt? des einst prachtvollen Schiffes, das 1986 in Norwegen gebaut und bis 2004 an der Küste Floridas als Casino genutzt wurde, instandzuhalten. Doch bei der Fiesta Casino handelte es sich bereits um ein aufgegebenes Schiff. Der Kapitän beschrieb die Lage wie folgt: „Gestern war es wie an allen anderen Tagen, die wir hier verbracht haben: voller Sorge, Angst und Leid. Der Wind frischte auf 80 km/h auf und stieß voll auf unser Schiff, das seit dem 14. März von einem Stromausfall betroffen ist . . . Seit November 2006 haben wir keinen Tropfen Treibstoff bekommen; Trinkwasser-und Lebensmittelvorräte sind auf dem Nullstand. Seit Monaten haben wir keine Heuern mehr erhalten. Der Hafenkapitän wurde informiert, aber er hat nicht reagiert. Die TNG und der Reeder verstoßen gegen und missachten den Internationalen Code für die Sicherheit von Schiffen und Hafenanlagen vor Gewalttaten.“ Enrique Lozano gab den Beamten des SCT die Hauptschuld: „Unterlassung und Versäumnis seitens des SCT führten zur Mittäterschaft.“ Gómez, der schon 30 Jahre als Kapitän – sieben davon bei der Unternehmensgruppe Fiesta Cruise Line – dient, wies darauf hin, dass er sogar von seiner Botschaft ignoriert wurde, als er um Hilfe bat. Er hatte im Februar versucht, nach Florida zurückzukehren, doch zwei Tage vor seinem geplanten Abflug hielt ein staatlicher Migrationsdienstbeamter seinen Pass zurück. Die Auseinandersetzung um das Schiff verwickelte sich laut Gómez in die Korruptionshandlungen von Bundes- und Landesbeamten. „Es ist eine Schande,“ sagt er. „Schändliches Casino.“ Ana Lilia Pérez arbeitet als Journalistin für die aufklärerische mexikanische Zeitschrift Contralinea. Es handelt sich hierbei um eine überarbeitete Version eines Artikels, der in Contralinea erschienen ist. Kapt. Eddy Gómez ist inzwischen nach Miami zurückgekehrt. ●MöchtenSieEinzelheitenüberdieVorgeschichteIhresSchiffesin PunktoSicherheitwissen? In diesem Fall möchten Sie vielleicht www.equasis.org besuchen, um kostenlose Schiffsinformationen online einzuholen. Diese Webseite stellt kostenlose recherchierbare Schiffsinformationen wie Einzelheiten über Eigentumsverhältnisse und Inspektionen der Hafenstaatenkontrolle (PSC) zur Verfügung. Ebenso erscheinen wichtige ITF-Informationen wie Einzelheiten über eventuell an Bord gültige ITF-Verträge, eine Zusammenfassung der zuletzt verzeichneten Besatzungsliste sowie Datum und Ort der letzten ITF-Inspektion. Um an diese Informationen zu gelangen, müssen Sie sich lediglich registrieren. Das ist kostenlos und sehr einfach. Wie man sich registriert ● Rufen Sie www.equasis.org auf. ● Wählen Sie „Registration“ auf der Bildschirm-Leiste oben. ● Wenn Sie den Bedingungen zustimmen, wählen Sie „Accept“ am Seitenende unten. ● Es erscheint jetzt ein Registrierungsformular. Tragen Sie Ihren bevorzugten Benutzernamen („username“) und Ihr Password ein, sowie Name, Adresse, E-Mail-Adresse und alle weiteren Einzelheiten. ● Nachdem Sie diesen Vorgang abgeschlossen haben, werden Sie eine Bestätigung über Ihre Registrierung erhalten. Jetzt können Sie den Schiffssuchdienst nutzen. Wie man den Informationsdienst nutzt Sie können für Ihre Schiffssuche den Namen, das Rufzeichen oder die IMO(Internationale Seeschifffahrtsorganisation)-Nummer des Schiffes angeben. Bei der Suche nach dem Schiff findet man auf der Startseite folgende Angaben: ● Schiffsinformationen: Name, Schiffstyp, Flagge, Baujahr. ● Verwaltung: Einzelheiten zur Eigentümerschaft. ● Klassifikationsgesellschaften ● Sicherheitsmanagement. ● P & I – Versicherungsinformationen. Sie finden auf der Menüleiste oben folgende Aufrufmöglichkeiten: ● Zertifikate und Zeugnisse. ● Inspektionen und Bemannung – Inspektionen der Hafenstaatenkontrolle (PSC), PSC Faktor Mensch, Internationale Arbeitsorganisation, ITF usw. ● Geschichte: Flagge, Vorgeschichte zu Eigentumsverhältnissen, usw. Steve McKay PhilippinischeSeeleute Eindrücke desLebens aufSeemit denProfis von STEVEN McKAY (Verfasser der unten zusammengefassten Studie über philippinische Seeleute) „Das Leben als Seemann ist wie ein bezahlter Gefängnisaufenthalt mit guten Aussichten zu ertrinken.“ Hierbei mag es sich um ein Cliché unter Seeleuten handeln, aber als ich zum ersten Mal einen Seemann hörte, der mit ironischem Unterton auf diese Weise sein Leben an Bord zusammenfasste, traf es mich schlagartig, wie kurz und bündig er das Einzigartige des Lebens und Schaffens auf See eingefangen hatte. Als Wissenschaftler verbrachte ich insgesamt nur zweieinhalb Monate an Bord. Doch dabei bekam auch ich einen Geschmack von den ein- samen, isolierten und oft gefährlichen Bedingungen, einerseits durch Handlangerdienste an Deck, doch hauptsächlich durch Zuhören, während Seeleute mir über ihr Leben, ihre Familie und ihre Arbeit erzählten. Ein Grund, warum Seeleute mir bereitwillig ihre Geschichten erzählten, lag darin, dass ich mich gut in sie hinein versetzen konnte: Mein eigener Vater ist pensionierter Seemann der Handelsschifffahrt, der es in 35 Dienstjahren vom Schmierer zum Zweiten Ingenieur gebracht hat. Als ich die Seeleute an meinen eigenen Erinnerungen an das Aufwachsen mit einem abwesenden Vater teilhaben ließ, gaben auch sie ihre Geschichten preis. Ihre allgemein größte Kla- ge galt wohl der bitteren Ironie, dass sie zur See gegangen waren, um ihre Familien zu unterstützen, doch aufgrund dieser Entscheidung nun so viele wesentliche familiäre Ereignisse verpassten: die ersten Worte eines Sohnes, die Hochzeit einer Tochter, der Tod eines Elternteils. Trotz der Härte entdeckten diese Seeleute Wege, einen wirklichen Sinn in ihrer Arbeit und ihrem Leben an Bord zu finden. Ob es nun das Navigieren durch einen Sturm Windstärke 11 war, die Lösungsfindung bei einem ärgerlichen Maschinenproblem oder auch nur die Zubereitung eines köstlichen Essens bei knappem Budget: Sie verhielten sich alle wie Profis und nannten sich stolz „Philippinische Seemänner“. Angeschlagen,abernichtverloren F ast ein Drittel aller Arbeitnehmer auf See stammt aus den Philippinen. Filipinos bestreiten mit mehr als einer Viertel Million Menschen in der Seeschifffahrt die größte nationale Gruppe von Seeleuten. Eine neue wissenschaftliche Studie von Steve McKay, Assistenz-Professor der Soziologie an der Universität von Kalifornien in Santa Cruz, befasst sich damit, wie sich philippinische Seeleute selbst sehen. Auf der Grundlage von 100 zweistündigen Interviews mit Seeleuten aus den Philippinen im Jahr 2003 enthält die Studie einige aufklärende Einsichten darüber, wie Seeleute ihre Identität aufbauen. Eine lange Tradition Die Studie McKays hebt die lange Tradition philippinischer Seeleute in der Handelsschifffahrt seit der Zwangsarbeit auf spanischen Galleonen im 16. Jahrhundert hervor. Nach 1936, als die USA Ausländer von ihren Schiffen verbannten, verschwanden die Filipinos nahezu aus der internationalen Handelsschifffahrt. Nichtsdestotrotz überschwemmten sie in den 70er Jahren den Arbeitsmarkt, als die Billigflaggen aufkamen und die Suche nach billigen Arbeitskräften begann. Aufgrund ihrer Ausbildung in englischer Sprache und ihrer auf amerikanischen Normen basierenden Befähigungszeugnisse, waren Filipinos für die Reedereien sehr attraktiv, so McKay. Im Laufe eines einzigen Jahres in den 18 ITFSeeleuteBulletin2008 Eine wissenschaftliche Studie zeigt auf, wie philippinische Seeleute ihr Image als unterwürfige ,Helden‘ abschütteln 80ern stieg die Zahl philippinischer Seeleute auf Schiffen europäischer Eigentümer von 2.900 auf 17.057. Weltweit nahm ihre Anzahl weiterhin steil zu, bis sie 255.000 im Jahr 2001 erreichte. Filipinos bilden nun mit 28,1 Prozent die größte nationale Gruppe in der Seeschifffahrt, und die Summe von zwei Milliarden USDollar, die sie jedes Jahr nach Hause schicken, macht fast 30 Prozent aller offiziellen Überweisungen im Ausland beschäftigter Filipinos aus. Doch trotz ihrer bedeutenden Anzahl und ihres wirtschaftlichen Beitrags nehmen philippinische Seeleute nach wie vor einen unteren Rang auf der Karriereleiter ein. Bis 2000 waren nur 15 Prozent von ihnen Offiziere. Image des „Filipino-Seins“ Die Filipinos und ihre nationale Regierung haben hart an der Differenzierung philippinischer Seeleute von anderen Nationalitäten gefeilt, sagt McKay. Der Staat hebt die Rolle der Übersee-Beschäftigten, einschließlich Seeleute, als Bagong Bayani oder „neue Helden“ der Nation hervor und zelebriert sie u. a. mit einem Nationalen Tag der Seeleute seit 1995. Sowohl Staat als auch die Migrationsindustrie formen ein Image des „Filipino-Seins“, um die Rolle der Arbeitnehmer im Ausland zu verstärken und den Fluss der unerlässlichen Geldsendungen fortzusetzen, so McKay. Bei Seeleuten liegt die Betonung auf traditionellen philippinischen „Familienwerten“ und der männlichen Geschlechtsrolle. Um eine aggressivere Männlichkeit herunterzuspielen, betont der Staat gleichzeitig Opferbereitschaft, aufgeschobene Befriedigung und die Fähigkeit des beschwerdefreien Umgangs. Zwischenzeitlich bewegen sich die philippinischen Seeleute selbst jenseits dieser ImageZwänge und schmieden ihre eigenen Identitäten, um den Sinn ihres Zweitstatus' an Bord und auf dem Arbeitsmarkt zu erfassen. Eigene Geschichten schreiben Den befragten Filipinos widerstrebte im Allgemeinen ihr Ruf als unterwürfige und leicht zu lenkende Arbeitnehmer. Stattdessen erklärten sie, stolz auf ihre Arbeitsleistung zu sein, und betonten nachdrücklich ihre Erfahrung, ihren Scharfsinn und ihr Improvisationstalent. Ein Ingenieur betonte die Überlegenheit ihrer praktischen Fertigkeiten: „Während meiner Zeit an Bord hatte ich einen ausländischen (deutschen) Ersten Ingenieur. Als wir ein Problem lösen mussten, nahm er ein Buch und gab Anweisungen nach den schriftlichen Vorgaben. Die Filipinos lachten ihn aus, weil es sich um ein so einfaches Problem handelte und er ein Buch zu Rate zog... Sie verlassen sich zu sehr auf Bücher und können nicht mit Werkzeugen umgehen.“ Der größte Teil der Befragten betonte die Vorzüge, welche die Arbeit auf See ihnen in der Heimat bringe. Ein Seemann erklärte: „Wir werden Bagong Bayani geannt, weil wir opferbereit sind und an andere Menschen denken. Wir schätzen uns glücklich, unsere Familien unterstützen zu können. Auch helfen wir der Regierung mit den Geldüberweisungen, die wir für unser Land tätigen.“ Während viele die öffentliche Anerkennung genießen, betrachten einige die heldenhafte Sprache des Staates mit Argwohn. So stellte ein Seemann fest: „ . . . der Staat bietet uns keine Hilfe . . . Er schmeichelt nur dem Seemann und hebt unseren Wert für andere Menschen hervor.“ Die befragten Seeleute nutzten trotzdem den Vorteil ihres Images als „heroischer Seemann“, abgehärteter Abenteurer, sexuell erfahren, Ernährer und Familienoberhaupt, Vater und Ehemann, um ihren Status zu verstärken. Einer erzählte: „Die Leute in der Nachbarschaft in der Provinz neigen dazu, dich zu vergöttern, weil du immer viele Geschichten erzählen kannst über bestimmte Erfahrungen, Frauen usw. . . . So wird z.B. das Überleben eines Sturms mitten im Ozean zu einem packenden Drama, wenn man es mit anderen Menschen teilen kann.“ Auch ihre materiellen Verhältnisse erhöhen ihren Status. Ein Seemann prahlte: „Ich bin stolz, weil ich durch die Seeschifffahrt in der Lage war, ein Haus zu bauen sowie ein Auto und Möbel für das Haus zu kaufen.“ Durch die Seeschifffahrt werden Männer auch zur guten Ehepartie. „Heutzutage sind Frauen auf der Suche nach Sicherheit. Sie wissen, dass sie bei Seeleuten diese Sicherheit bereits gefunden haben,“ so ein jungverheirateter Zweiter Offizier. Diese Interviews ließen darauf schließen, dass philippinische Seeleute ihrer Arbeit einen Sinn gegeben hatten, der sich der staatlichen philippinischen Reklame als symbolische, jedoch unterwürfige „neue Helden“ entgegen stellt, so McKay. Doch während diese Taktik ihnen half, ihre untergeordnete Stellung zu ertragen, lehnten sie sich damit nicht direkt gegen Ausbeutung und offenen Rassismus an Bord oder auf dem Arbeitsmarkt auf. „Wir schätzen uns glücklich, unsere Familien unterstützen zu können. Auch helfen wir der Regierung mit den Geldüberweisungen, die wir für unser Land tätigen.“ „Philippinische Seemänner: Die Bildung männlicher Geschlechtsrollen in einer ethnologischen Arbeitsnische“ von Steve McKay, erschienen im Journal of Ethnic and Migration Studies (Band 33, Nr. 2, Mai 2007:617-633). ITFSeeleuteBulletin2008 19 Fischereiwirtschaft SindwirSeeleuteoderSklaven? Der schottische ITF-Koordinator NORRIE McVICAR musste feststellen, dass manche Arbeitnehmer auf See Sklavenbedingungen erdulden müssen. D er Fall des Fischereifahrzeugs Enxembre, das kürzlich in Ullapool (Schottland) vor Anker lag, trägt alle Merkmale von Seeleuten, die nach der von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) geschaffenen Definition für Sklaverei beschäftigt werden: „Zwangsarbeit“. Nachdem sie ihrem Agenten in Djakarta je 500,-US-Dollar für einen Job gezahlt hatten, traten sechs indonesische Fischereiarbeiter im Oktober 2006 ihren Dienst auf der spanischen Eigentümern gehörenden, unter der Flagge Großbritanniens mit einem chilenischen Kapitän fahrenden Atalaya an. Obwohl es sich dabei um übliche Praxis in Indonesien handelt, stellt dies einen klaren Verstoß gegen das IAO-Übereinkommen C179 zur Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten aus dem Jahr 1996 dar, das von der britischen Regierung leider immer noch nicht ratifiziert wurde. Die Besatzungsmitglieder hatten in Indonesien einen Arbeitsvertrag unterschrieben, den sie nie wieder zu Gesicht bekamen, da der Agent sich weigerte, ihnen eine Kopie auszuhändigen. Sie hatten den Vertrag jedoch lange genug gesehen, um zur Kenntnis zu nehmen, dass eine Monatsheuer von 800,-Euro für einen 18-monatigen Heuervertrag gezahlt werden sollte. Dies war der Anreiz gewesen, in Spanien an Bord zu gehen. Doch im Verlauf der nächsten zehn Monate zahlte man ihnen jeweils nur 241,- Euro (ca 320,- US-Dollar) pro Monat aus. Im Juli 2007 teilte man der Besatzung mit, dass die Atalaya an einen neuen Eigentümer – den in Großbritannien beheimateten Elcon Lei- Die Besatzung der Enxembre in Ullapool, nachdem ihre ausstehenden Heuern durch die ITF sichergestellt wurden 20 ITFSeeleuteBulletin2008 sure – verkauft worden sei, den neuen Namen Enxembre trage und unter der Flagge St. Kitts und Nevis fahre. Zu diesem Zeitpunkt war die Besatzung auf das Schlimmste gefasst. Als sie sich um weitere Informationen bemühten, teilte man ihnen mit, dass sie an Bord bleiben oder ihre eigene Heimreise sowie die Anreise der Ersatzcrew selbst finanzieren müssten, da sie gegen ihre Verträge verstoßen würden. Als sich die Besatzung der Enxembre im August 2007 in Ullapool aufhielt, überprüfte die ITF ihre Forderungen und bat die örtlichen Agenten und das Unternehmen um Heuerabrechnungen sowie Kopien der Arbeitsverträge. Doch unsere Bitte fiel ebenfalls auf taube Ohren. Von den Besatzungsmitgliedern erfuhr die ITF, dass sie während des Fangs durchschnittlich 20 Stunden täglich arbeiteten, mit gelegentlich nur zwei Stunden Schlaf und höchstens vier Stunden Ruhezeit. Ihre Fangfahrten dauerten drei Monate; dazwischen waren nur wenige Ruhetage im Hafen vorgesehen. Es gab keine Stundennachweise. Darüber hinaus erklärte der Erste Ingenieur, dass man für den Posten „Betriebsversicherung“ monatliche Abzüge von seiner Heuer tätigen würde, insgesamt 1.450,-US-Dollar während der vergangenen 23 Monate. Dies sei in seinem Vertrag nicht vereinbart worden. Am 16. August versuchte der Agent, die Besatzung in ein Taxi zu zwingen, um sie ohne Geld und Auszahlung der Heuern zum Flughafen zu bringen. Die Schiffseigentümer brachten darüber hinaus drei portugiesische Seeleute an Bord des Schiffes und beabsichtigten, es nach Spanien zu verbringen, mit oder ohne derzeitiger Besatzung. A ufgrund dieser Schritte und der Einschüchterungsversuche des Unternehmens und Agenten haben wir die Besatzung bei der Arrestierung des Schiffes am 17. August unterstützt. Die Schiffseigentümer lehn- ten weiterhin jede Verantwortung für die Heuern der Besatzung und ihre Heimreisekosten ab. Doch schließlich zahlten die Eigentümer am 29.August 75.000,-US-Dollar in ein gemeinsames Konto der ITF-und Reederanwälte ein, so dass die Arrestierung des Schiffes aufgehoben und Verhandlungen über die Forderungen der Seeleute aufgenommen werden konnten. Die Enxembre verließ Ullapool mit Kurs Vigo (Spanien), und der Eigentümer übernahm Unterkunfts- und Heimreisekosten für die Besatzung. Während ich mich in Ullapool um die Beschwerden der Enxembre-Besatzung kümmerte, traten drei weitere Indonesier der unter britischer Flagge fahrenden Atlanttic E an mich heran und berichteten von ähnlichen Bedingungen. Der Unterschied bestand darin, dass die Besatzungsmitglieder tatsächlich Arbeitsverträge mit einer monatlichen Gesamtheuer in Höhe von 315,-US-Dollar unterschrieben hatten. Einer der Seeleute auf der Atlantic E wurde nach nur zweimonatiger Dienstzeit auf dem Schiff nach Indonesien zurück geschafft, weil er nicht 20 Stunden pro Tag arbeiten konnte. Da er seinen 18¬monatigen Vertrag nicht erfüllt hatte, wurde er mit den eigenen Flugkosten sowie denen seines Ersatzes belastet. Darüber hinaus hatte er dem Agenten 600,-US-Dollar für den Arbeitsplatz zahlen müssen. Das Widerlichste an dieser Geschichte ist, dass die moderne Form von Sklaverei in europäischen Gewässern unter den Augen der EU-Fischereikommission durchgeführt wird. Die Kommission ist für die Lizenzvergabe an Fischereifahrzeuge verantwortlich. Hierbei werden die Größe des Schiffes, die Maschinenkapazität, die Größe des Netzes, die Fangmenge und die technische Ausrüstung berücksichtigt, doch nach Unterstützung für die Menschen-und Gewerkschaftsrechte der Seeleute und Fischereibeschäftigten oder auch nur dem Versuch der EU, Zwangsarbeitspraktiken gemäß IAO-Prinzipien auszumerzen, sucht man vergeblich. „Von den Besatzungsmitgliedern erfuhr die ITF, dass sie während des Fangs durchschnittlich 20 Stunden täglich arbeiteten, mit gelegentlich nur zwei Stunden Schlaf und höchstens vier Stunden Ruhezeit.“ Zum Heraustrennen: 4-seitiger Führer zur Kontaktaufnahme mit der ITF ITF-Inspektoren HAUPTVERWALTUNG 49/60BoroughRoad,London SE11DR,UnitedKingdom Tel:+44(0)2074032733 Fax:+44(0)2073577871 Telex:0518811397ITFLDNG Email:[email protected] Website:www.itfglobal.org AFRIKANISCHES REGIONALBÜRO POBox66540,Nairobi,Kenya Tel:+254(0)204448019 Fax:+254(0)204448020 Email: [email protected] BÜROFÜRDIEFRANZÖSISCHSPRACHIGENLÄNDERAFRIKAS 1450AvenueKwameNkrumah, 11BP832,CMSOuagadougou11, BurkinaFaso Tel:+226(0)50301979 Fax:+226(o)50333101 Email:[email protected] ARABISCHESWELTBÜRO POBox925875,Amman11190, Jordan Tel/Fax:+962(0)65699448 Email:[email protected] REGIONALBÜROFÜRASIEN UNDDENPAZIFISCHENRAUM TamachiKotsuBuilding3-2-22, Shibaura,Minato-ku,Tokyo 108-0023,Japan Tel:+81(0)337982770 Fax:+81(0)337694471 Email:[email protected] SUBREGIONALBÜROFÜRASIEN 12DCollegeLane,NewDelhi 110001,India Tel:+91(0)1123354408/7423 Fax:+91(0)1123354407 Email:[email protected] EUROPÄISCHES REGIONALBÜRO EuropeanTransportWorkers’ Federation(ETF),RueduMidi 165,B-1000Brussels,Belgium Tel:+32(0)22854660 Fax:+32(0)22800817 Email:[email protected] SUBREGIONALBÜRO FÜREUROPA 21/1SadovayaSpasskaya,Office 729,107217Moscow,Russia Tel:+74957820468 Fax:+70957820573 Email:[email protected] Website:www.itf.ru INTERAMERIKANISCHES REGIONALBÜRO AvenidaRioBranco26-11Andar, CEP20090-001Centro,Riode Janeiro,Brazil Tel:+55(0)2122230410/2233 2812 Fax:+55(0)2122830314 Email:[email protected] Website:www.itf-americas.org SUBREGIONALBÜRO FÜRDIEKARIBIK 198CampStreet, Cummingsburg,Georgetown, Guyana Tel:+592(0)2271196/54285 Fax:+592(0)2250820 Email:[email protected] Nehmen Sie mit einem unserer Inspektoren Verbindung auf, falls Sie Hilfe benötigen und entweder auf einem Billigflaggenschiff oder auf einem Schiff unter ausländischer Flagge fahren, für das kein Tarifvertrag mit einer Gewerkschaft abgeschlossen wurde. Sollte kein Inspektor zur Verfügung stehen, treten Sie mit der „Actions Unit“ bei der ITF-Hauptverwaltung oder mit dem nächsten ITF-Büro (siehe links) in Verbindung. ARGENTINIEN BuenosAires ●RobertoJorgeAlarcón* Tel/Fax:+54(0)1143314043 Mobile:+54(0)91144145687 Email:[email protected] Rosario ●RodolfoVidal Tel/Fax:+54(0)3414256695 Mobile:+54(0)91144145911 Email:[email protected] AUSTRALIEN Fremantle ●AdrianEvans Tel:+61(0)893350500 Fax:+61(0)893350510 Mobile:+61(0)401692528 Email:[email protected] Melbourne ●MattPurcell Tel:+61(0)393295477 Fax:+61(0)393281682 Mobile:+61(0)418387966 Email:[email protected] Sydney ●DeanSummers* Tel:+61(0)292679134 Fax:+61(0)292674426 Mobile:+61(0)419934648 Email:[email protected] Townsville ●GrahamBragg Tel:+61(0)747714311 Fax:+61(0)747212459 Mobile:+61(0)419652718 Email:[email protected] BELGIEN Antwerp ●JorisDeHert* Tel:+32(0)32243413 Fax:+32(0)32243449 Mobile:+32(0)474842547 Email:[email protected] ●MarcVanNoten Tel:+32(0)32243419 Fax:+32(0)32243449 Mobile:+32(0)475775700 Email:[email protected] Zeebrugge ●ChristianRoos Tel:+32(0)25491103 Fax:+32(0)25491104 Mobile:+32(0)486123890 Email:[email protected] BRASILIEN Paranaguá ●AliZini Tel/Fax:+55(0)4134220703 Mobile:+55(0)4199980008 Email:[email protected] RiodeJaneiro ●LuizFernandoDuartedeLima* Tel:+55(0)2122332812 Fax:+55(0)2122830314 Mobile:+55(0)2194805336 Email:[email protected] ●AirtonViniciusBrotoLima Tel:+55(0)2122332812 Fax:+55(0)2122830314 Mobile:+55(0)2194805337 Email:[email protected] Santos ●RenialdoDonizeteSalustianode Freitas Tel/Fax:+55(0)1332191843 Mobile:+55(0)1397610611 Email:[email protected] INDIEN Calcutta ●ChinmoyRoy Tel:+91(0)3324597598 Fax:+91(0)3324596184 Mobile:+91(0)9830043094 Email:[email protected] Chennai ●KSreeKumar Tel:+91(0)4425223539/5983 Fax:+91(0)4425263343 Mobile:+91(0)449381001311 Email:[email protected] Haldia ●NarainChandraDasAdhikary Tel:+91(0)3224252203 Fax:+91(0)3224253577 Mobile:+91(0)9434517316 Kandla ●MLBellani Tel:+91(0)2836226581 Fax:+91(0)2836220332 Mobile:+91(0)9825227057 Email:[email protected] Kochi ●ThomasSebastian Tel:+91(0)4842338249/8476 Fax:+91(0)4842669468 Mobile:+91(0)9895048607 Email:[email protected] Mumbai ●KersiParekh Tel:+91(0)2222616951/6952 Fax:+91(0)2222659087 Mobile:+91(0)9820504971 Email:[email protected] ●HashimSulaiman Tel:+91(0)2222618368/8369 Fax:+91(0)2222615929 Mobile:+91(0)9967218893 Email:[email protected] Tuticorin ●DMStephenFernando Tel:+91(0)4612326519/2339195 Fax:+91(0)4612311668 Mobile:+91(0)9443159137 Email:[email protected] Visakhapatnam ●BVRatnam Tel:+91(0)8912502695/2552592 Fax:+91(0)8912502695 Mobile:+91(0)9848198025 Email:[email protected] Q KANADA Halifax ●GerardBradbury Tel:+1(0)9024559327 Fax:+1(0)9024549473 Mobile:+1(0)9024412195 Email:[email protected] Hamilton ●MikeGiven Tel:+1(0)9052275212 Fax:+1(0)9052270130 Mobile:+1(0)9059330544 Email:[email protected] Montreal ●PatriceCaron Tel:+1(0)5149317859 Fax:+1(0)5149310399 Mobile:+1(0)5142349962 Email:[email protected] Vancouver ●PeterLahay* Tel:+1(0)6042517174 Fax:+1(0)6042517241 Mobile:+1(0)6044180345 Email:[email protected] CHILE Valparaiso ●JuanLuisVillalonJones Tel:+56(0)322217727 Fax:+56(0)322755703 Mobile:+56(0)92509565 Email:[email protected] KOLUMBIEN Cartagena ●MiguelSánchez Tel:+57(0)56664802 Fax:+57(0)56583496 Mobile:+57(0)3106573399 Email:[email protected] KROATIEN Dubrovnik ●VladimirGlavocic Tel:+385(0)20418992 Fax:+385(0)20418993 Mobile:+385(0)98244872 Email:[email protected] Rijeka ●PredragBrazzoduro* Tel:+385(0)51325343 Fax:+385(0)51213673 Mobile:+385(0)98211960 Email:[email protected] Sibenik ●MilkoKronja Tel:+385(0)22200320 Fax:+385(0)22200321 Mobile:+385(0)98336590 Email:[email protected] ESTLAND Tallinn ●JaanusKuiv Tel/Fax:+372(0)6116390 Mobile:+372(0)5237907 Email:[email protected] FINNLAND Helsinki ●SimoNurmi* Tel:+358(0)961520255 Fax:+358(0)961520227 Mobile:+358(0)405803246 Email:[email protected] ●IlpoMinkkinen Tel:+358(0)961520253 Fax:+358(0)961520227 Mobile:+358(0)407286932 Email:[email protected] Turku ●JanÖrn Tel:+358(0)9613110 Fax:+358(0)9739287 Mobile:+358(0)405233386 Email:[email protected] FRANKREICH Dunkirk 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regionalbüro R U Mombas +254(0)41 HAUPTVERWALTUNG london +44 (0)20 7403 2733 br interamerikanisches regionalbüro Santos +55(0)13 3219 1843U RU Rio de Janeiro +55(0)21 2233 2812 U Paranaguá +55(0)41 3423 5005 INTERAMERIKANISCHES REGIONALBÜRO rio de janeiro +55 (0)21 2223 0410 SUBREGIONALBÜRO FÜR DIE KARIBIK georgetown +592 (0)22 71196 EUROPÄISCHES REGIONALBÜRO brussels +32 (0)2 285 4660 ra Valparaiso U +56(0)32 221 7727 rch Rosario +54(0)341 425 6695 U U Buenos Aires +54(0)11 4331 4043 za Cape TownU +27(0)21 461 9410 U Durban +27(0)31 909 1087 SUBREGIONALBÜRO EUROPA moscow +7 495 782 0468 Detaillierte Informationen zur Kontaktaufnahme mit ITF-Inspektoren unter www.itfglobal.org/seafarers/msg-con Q Q Q rus Mosjøen U s fin Gävle U Turku U St Petersburg Oslo U U U Stockholm U Helsinki Tallinn Porsgrunn U est U Gothenburg U Aberdeen Stavanger U lv URiga U Helsingborg U U Klaipeda lt Liverpool Rostock U irl Gdynia Hamburg U U USzczecin DublinU gb U nl U Bremen pl BristolU Tilbury U Rotterdam U UZeebrugge U b Antwerp ua Dunkirk U d Odessa Le HavreU U USt Nazaire n tarbeiter-Föderation f Trieste ro hr U Constanta RavennaUURijeka Genoa U U U Sibenik Bilbao U MarseilleU U Dubrovnik U i Sète U Livorno U Istanbul Rome U p e U Lisbon Barcelona Naples U tr U Taranto U Valencia U gr U Piraeus PalermoU U Algeciras Vigo U rus o für europa Vladivostock +7(0)423 251 2485 U Aberdeen +44(0)1224 582 688 Chiba +81(0)50 1291 7326 regionalbüro für asien und den pazifischen raum RU Tokyo +81(0)35 410 8330 j UU Seoul+82(0)2 716 2764 Yokohama +81(0)45 451 5585 UU UOsaka +81(0)66 612 1004 Inchon rok U +82(0)32 881 9880 Pusan +82(0)51 469 0401/0294 s weltbüro subregionalbüro für asien R Kandla +91(0)28 3622 6581 U U ind Mumbai +91(0)22 2261 6951 UVisakhapatnam +91(0)891 2502 695 Chennai +91(0)44 2522 3539 U Kochi UTuticorin +9(0)484 233 8249 U +91(0)461 2326 519 Algeciras +34(0)956 657 046 Odessa +380(0)482 429 901 Antwerp +32(0)3 224 3413 Oslo +47(0)22 825 835 Barcelona +34(0)93 481 2766 Palermo 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Dubrovnik +385(0)20 418 992 Gävle +46(0)10 480 37 62 ARABISCHES WELTBÜRO amman +962 (0)6 569 94 48 Piraeus +30(0)210 411 6610 Porsgrunn +47(0)35 548 240 Dublin +353(0)1 874 3735 Dunkirk +33(0)3 28 66 45 24 sa 1 2495 244 Mosjøen +47(0)75 175 135 Naples +39(0)81 26 50 21 Istanbul +90(0)216 347 3771 Klaipeda +370(0)46 410 447 Rostock +49(0)381 670 0046 Rotterdam +31(0)10 215 1166 St Nazaire +33(0)2 40 22 54 62 St Petersburg +7(0)812 718 6380 Sète +33(0)6 27 51 35 78 Sibenik +385(0)22 200 320 Stavanger +47(0)51 840 549 Stockholm +46(0)8 791 4100 Szczecin +48(0)91 423 97 07 Tallinn +372(0)6 116 390 Taranto +39(0)99 47 07 555 Le Havre +33(0)2 35 26 63 73 Tilbury +44(0)20 8989 6677 Lisbon +351 (0)21 391 8150 Trieste +39(0)40 37 21 832 Liverpool +44(0)151 639 8454 Turku +358(0)9 613 110 Livorno +39(0)58 68 25 251 Marseille +33(0)4 91 54 99 37 Valencia +34(0)96 367 1263 Vigo +34(0)986 221 177 Zeebrugge +32(0)2 549 1103 Zum Heraustrennen: 4-seitiger Führer zur Kontaktaufnahme mit der ITF ITF-Inspektoren ➡ Q Ravenna ●GiovanniOlivieri* Tel:+39(0)544423842 Fax:+39(0)544591852 Mobile:+39(0)3355268464 Email:[email protected] Rome ●CarlaMarchini Tel:+39(0)644286317 Fax:+39(0)64402991 Mobile:+39(0)3356449980 Email:[email protected] Taranto ●GianbattistaLeoncini Tel/Fax:+39(0)994707555 Mobile:+39(0)335482703 Email:[email protected] Trieste ●PaoloSiligato Tel/Fax:+39(0)403721832 Mobile:+39(0)3484454343 Email:[email protected] JAPAN Chiba ●ShigeruFujiki Tel:+81(0)5012917326 Fax:+81(0)337332627 Mobile:+81(0)9098269411 Email:[email protected] Osaka ●MashTaguchi Tel:+81(0)666121004/4300 Fax:+81(0)666127400 Mobile:+81(0)9071986721 Email:[email protected] Tokyo ●ShojiYamashita* Tel:+81(0)354108330 Fax:+81(0)354108336 Mobile:+81(0)9034063035 Email:[email protected] Yokohama ●FusaoOhori Tel:+81(0)454515585 Fax:+81(0)454515584 Mobile:+81(0)9069495469 Email:[email protected] KENIA Mombasa ●JumaKhamis Tel:+254(0)412495244 Fax:+254(0)412495117 Mobile:+254(0)721738053 Email:[email 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Mobile:+1(0)2063312134 Email:[email protected] Tampa ●TonySasso Tel:+1(0)3217840686 Fax:+1(0)3217840522 Mobile:+1(0)3212588217 Email:[email protected] *ITFKoordinator ANTIGUA & BARBUDA BAHAMAS BARBADOS BELIZE BERMUDA BOLIVIEN BURMA/MYANMAR KAMBODSCHA KAIMANINSELN KOMOREN ZYPERN ÄQUATORIAL-GUINEA FRANKREICH (Zweitregister) GEORGIEN DEUTSCHLAND (Zweitregister) GIBRALTAR HONDURAS JAMAIKA LIBANON LIBERIA MALTA MARSHALL-INSELN s o l k c e w z n e k c e t s r Ve Billigflaggen MAURITIUS MONGOLEI NIEDERLÄNDISCHE ANTILLEN NORDKOREA PANAMA SÃO TOMÉ & PRINCIPE SRI LANKA ST. VINCENT & DIE GRENADINEN TONGA VANUATU Dies sind die von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation erklärten BILLIGFLAGGEN Zusätzlich zu diesen Flaggen gibt es bestimmte Schiffsregister, dessen Schiffe auf einer Schiff-für-Schiff-Basis als Schiffsbetrieb unter Billigflagge eingestuft werden können. ITF HOUSE, 49-60 BOROUGH ROAD, LONDON SE1 1DR TEL: +44 (0)20 7403 2733 FAX: +44 (0)20 7357 7871 E-MAIL: [email protected] INTERNET: WWW.ITFGLOBAL.ORG Weltflotte Die35wichtigstenStaaten nachSchiffseigentümerschaft Die 35 größten Flotten, nach Flagge Anzahl Schiffe (über1o0BRT) BruttoBrutto- Durchschnitts tonnage tonnage(M) alter (inMillionen) 1.1.2006 (Schiffe) Anzahl BruttoDurchschnittsSchiffe tonnage alter (über1,000BRT) (inMillionen) (Schiffe) 1 Panama* 7,183 155,0 141,8 18 1 Griechenland 3.084 100,6 17 2 Liberia* 1,907 68,4 59,6 12 2 Japan 3.330 99,8 9 3 Bahamas* 1,402 40,8 38,4 15 3 Deutschland 2.965 62,1 8 4 Marshall-Inseln* 853 32,8 29,2 10 4 China 3.184 44,9 20 5 Hong Kong (China) 1,179 32,7 29,8 12 5 USA 1.763 39,1 18 6 Singapur 2,079 32,2 31,0 11 6 Norway 1.810 34,6 16 7 Hong Kong (China) 689 27,7 13 1.041 20,9 17 856 20,1 14 7 Griechenland 1,455 32,0 30,1 23 8 Malta* 1,294 24,8 23,0 17 8 Südkorea 9 Großbritannien 9 China 10 Zypern* 11 Norwegen (NIS Zweitregister) 12 Japan 3,695 23,5 22,2 23 971 19,0 19,0 14 10 Dänemark 783 17,1 12 11 Taiwan 574 16,5 13 617 14,8 14,2 16 6,731 12,8 12,8 15 12 Singapur 794 15,8 15 Russland 2.157 14,0 23 Italien 739 13,2 16 13 Italien 1,566 12,6 11,6 22 13 14 Großbritannien 1,598 12,1 11,2 20 14 894 11,4 11,5 21 15 Schweiz 370 10,7 15 16 Indien 456 8,8 18 15 Deutschland 16 USA 6,437 11,1 11,0 26 17 Südkorea 2,820 10,5 9,3 25 18 Isle of Man (Großbritannien) 360 8,6 8,4 9 19 Bermuda* (Großbritannien) 136 8,4 7,3 13 1,181 8,4 8,1 19 421 8,2 7,8 17 22 Russland 3,656 8,0 8,3 23 23 Antigua undnd Barbuda* 1,086 7,9 7,2 11 20 Indien 21 Dänmark (DIS Zweitregister) 17 Belgien 226 7,4 14 18 Türkei 874 7,1 19 19 Saudi Arabien 150 6,7 16 20 Niederlande 739 6,5 13 21 Schweden 346 6,4 15 22 Malaysia 357 6,2 16 23 Frankreich 309 5,8 11 24 Iran 184 5,8 16 25 Vereingte Arabische Emirate 366 5,0 22 26 Indonesien 793 5,0 23 24 Malaysia 1,101 6,4 5,6 16 25 St Vincent* 1,064 6,1 5,9 25 26 Niederlande 1,258 5,8 5,7 17 475 5,2 5,3 22 27 Kanada 340 4,6 25 28 Philippinen 1,840 5,1 5,2 29 28 Spanien 349 3,5 18 29 Türkei 1,184 4,8 5,0 25 29 Kuwait 68 3,1 18 30 Indonesien 4,271 4,3 4,3 22 30 Brasilien 151 2,9 21 31 Schweden 564 3,9 3,8 32 31 Kroatien 110 2,7 37 32 Norwegen 1,461 3,4 3,3 26 32 Australien 85 2,5 16 33 Kaimaninseln* (Großbritannien) 157 2,9 2,8 15 33 Philippinen 256 2,2 24 34 Thailand 789 2,9 3,0 25 34 Ukraine 445 2,2 25 35 Taiwan 628 2,8 3,2 25 35 Thailand 298 1,9 23 94,936 721,9 675,1 22 39.209 703,3 22 27 Iran Summe weltweit Quelle: Lloyds Schifffahrtsregister, * kennzeichnet Billigflagge, 26 ITFSeeleuteBulletin2008 Summe weltweit Quelle: Lloyd’s Schifffahrtsregister, Sichorganisieren Wie baut man eine Gewerkschaft in unbefahrenen Gewässern auf? MARK DAVIS vom Internationalen Entwicklungsprogramm für Seeleutegewerkschaften der ITF berichtet über die Starthilfe der ITF beim Aufbau von Seeleutegewerkschaften in vier vormals nicht organisierten Ländern. Im Anschluss erklärt AHMET DEMIRSAR im Detail, wie dies in der Türkei verlief. Oben: Gewerkschaftliche Schulung im Freien durch aktive Mitglieder der türkischen Gewerkschaft Dad-Der. D er Schutz von Arbeitnehmern in der maritimen Wirtschaft beruht im Wesentlichen auf gewerkschaftlichem Einsatz, heute wahrscheinlich mehr denn je. Die ITF hat das Motto „global organisieren“ zum Kernstück ihrer Arbeit erklärt. Doch wie baut man eine Seeleutegewerkschaft dort auf, wo es niemals zuvor eine gegeben hat? Es gibt kein einheitliches Rezept für die erfolgreiche Entwicklung einer neuen Gewerkschaftsorganisation. Jeder Staat hat seine eigenen nationalrechtlichen Rahmenbedingungen und politischen Umstände. Aus der erfolgreichen Gründung neuer maritimer Mitgliedsgewerkschaften in Malaysia, Sri Lanka, Timor Leste und der Türkei mit Unterstützung des Internationalen Entwicklungsprogramms für Seeleutegewerkschaften der ITF (ISUDP) hat sich jedoch eine gemeinsame Vorgehensweise (siehe Kasten auf der nächsten Seite) herauskristallisiert. Malaysia Im Jahr 1997 gab es zwar ca. 10.000 malaysische Seeleute, doch keine Seeleutegewerkschaft – und dies trotz niedriger Heuern und schlechter Arbeitsbedingungen auf Schiffen unter malaysischer Flagge. Es gab jedoch eine gute Organisationsbasis. Diese bestand aus einem funktionierenden Koordinierungsausschuss für ITF-Mitgliedsgewerkschaften, politischem Einfluss im nationalen Gewerkschaftsdachverband, dem MTUC, sowie der Bereitschaft einiger ITF-Mitgliedsgewerkschaften, bei der Gründung einer Seeleutegewerkschaft mitzuwirken. Mit Unterstützung des MTUC, der Gewerkschaft für Beschäftigte im Transportwesen der Halbinsel Malaysia und der Port Kelang Gewerk- schaft für Hafenbeschäftigte konnte die National Union of Seafarers of Peninsular Malaysia (MSU) Ende 1997 registriert werden. Die MSU stellt das seltene Beispiel einer nationalen Gewerkschaft in einem Staat dar, wo es laut Gesetz nur Betriebsgewerkschaften gibt. Die 2003 der ITF beigetretene Gewerkschaft organisiert inzwischen 800 Mitglieder und beschäftigt einen Vollzeit-Sekretär für die Mitgliederwerbung namens Rafiq Ramoo. Bei der ITFKampagne gegen Billigflaggenschiffe steht Rafiq an vorderster Front der Solidaritätsaktionen in Malaysia, und vor kurzem wurde er zum ITFBilligflaggeninspektor ausgebildet. Die MSU unterhält inzwischen eine besondere Partnerschaft mit der malaysischen Schifffahrtsbehör- ➡ „Aus der erfolgreichen Gründung neuer maritimer Mitgliedsgewerkschaften in Malaysia, Sri Lanka, Timor Leste und der Türkei hat sich eine gemeinsame Vorgehensweise herauskristallisiert.“ ITFSeeleuteBulletin2008 27 Sichorganisieren DieerstenSchritte... ● Definition dessen, wer was auf globaler und national Ebene erledigt, und Koordinierung des Gründungsprojekts, um Lücken bei den erforderlichen Mitteln zu füllen, Bildungspläne zu formulieren, Initiativen zu organisieren und eine erfolgreiche Umsetzung sicherzustellen. Die Rolle der nationalen Gewerkschaftsorganisationen hängt von ihren Kapazitäten und der Bereitwilligkeit ab, sich dem Projekt zu verpflichten. ● Für die Anwerbung von Neumitgliedern und Unterrichtung müssen aktive, ausgebildete Mitglieder von nationalen Gewerkschaften zur Verfügung stehen. ● Kenntnis von und Verbindung zu anderen maßgeblichen und nutzbringenden nationalen, subregionalen oder regionalen Bildungsinitiativen. ● Gründung von dauerhaften gewerkschaftlichen Partnerschaften oder beratenden Beziehungen mit nahestehenden Gewerkschaften des Sektors, um sicherzustellen, dass sich die neue Gewerkschaft weiterhin positiv entwickelt. „Nie zuvor gab es eine engagierte Seeleutegewerkschaft in Sri Lanka – und dies trotz der 14.000 arbeitsfähigen Seeleute, gut organisierten Hafenbeschäftigten und erheblichen Ausbeutung an Bord.“ 28 ITFSeeleuteBulletin2008 ➡ de, wodurch Schiffsstreitigkeiten verfolgt und zu zufrieden stellenden Ergebnissen geführt werden können. Das Projekt zur Gründung der neuen Gewerkschaft wurde von der ITF finanziert; die volle finanzielle Eigenständigkeit der MSU sollte den Erwartungen nach bis Ende 2007 erreicht sein. Sri Lanka Wie in Malaysia, hatte es auch in Sri Lanka niemals zuvor eine engagierte Seeleutegewerkschaft gegeben – und dies trotz 14.000 arbeitsfähiger Seeleute, gut organisierter Hafenbeschäftigter und erheblicher Ausbeutung an Bord. Frühere ITF-Bemühungen, eine SeeleuteAbteilung in eine allgemeine Gewerkschaft zu integrieren, hatten zu keinem Erfolg geführt. Im Oktober 2005 bot die der ITF angehörende Gewerkschaft JSS an, eine Seeleutegewerkschaft zu organisieren. Da die JSS bereits Hafenbeschäftigte organisierte, hatten ihre Mitglieder im Hafen die notwendige Sicherheitserlaubnis, um Häfen zu betreten und Schiffe zu besuchen – und Ranjan Perera, ex-Seemann und aktives Mitglied, übernahm die Aufgabe der Mitgliederwerbung. Für Mannschaftsdienstgrade unter den Seeleuten und mögliche Vorstandsmitglieder der Gewerkschaft wurden 2006 drei Seminare zur Gewerkschaftsgründung durchgeführt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass sie statt einer Seeleute-Abteilung in einer Branchen übergreifenden Gewerkschaft eine selbständige Seeleutegewerkschaft bevorzugten. Dieser Wunsch wurde von der JSS respektiert, und ein Arbeitsausschuss entwarf daraufhin eine Satzung. Im Jahr 2006 wurde die National Union of Seafarers Sri Lanka (NUSS) registriert. Die NUSS wurde im April 2007 in die ITF aufgenommen und hat nun ca. 1.000 Mitglieder, wobei die JSS weiterhin eine beratende Rolle spielt. Auch Ranjan Perera hat inzwischen seine Ausbildung als ITF-Inspektor beendet. Timor Leste Als Osttimor im Jahr 2000 unabhängig von Indonesien wurde, erkannte die Maritime Union of Australia (MUA), dass eine maritime Gewerkschaft dort von größter Priorität sei. Vor der Unabhängigkeit war die an Bodenschätzen reiche Öl-und Gasindustrie der Meeresgewässer um Timor reguliert, um die ausschließliche Teilhabe Indonesich-Osttimors und Australiens sicherzustellen. Der Wirtschaftszweig wurde jedoch von der australischen Regierung dereguliert. Der MUA wurde klar, dass eine Organisation für Offshore-Beschäftigte im kürzlich unabhängig gewordenen Timor Leste ein wertvoller nördlicher Partner sein würde, um eine Wieder-Regulierung der Zone zu verfolgen, Ausbildung und Arbeitsplatzsicherung zu fördern und – sehr wichtig – aufeinen gerechten Anteil der Öl-und Gaseinnahmen für die Entwicklungsbeschleuni- gung des neuen Staates zu drängen. Die MUA sandte den aktiven Mitgliederwerber Mick Killick 2002 nach Dili, und die ISUDP koordinierte fortan das Projekt der MUA/ITF, eine Seeleutegewerkschaft zu gründen. Mit Unterstützung des nationalen Gewerkschaftsdachverbandes KSTL konnte die Uniaun Maritime no Transporte Timor Lorosa'e (UMTTL) 2003 ihren Gründungskongress durchführen. Im Jahr 2004 wurde sie mit rund 80 Mitgliedern in die ITF aufgenommen. Die Internationale Arbeitsorganisation stellte im Zeitraum 2004/2005 Geldmittel zur Festigung der UMTTL zur Verfügung. Seit 2005 finanzieren die schwedischen Dachverbände LO/TCO unter den widrigen Umständen ziviler Unruhen die Expansion der Gewerkschaft; diese Finanzierung soll bis 2009 fortgesetzt werden. Unter der Verwaltung des Sekretärs Paulino da Costa sind die Mitgliederzahlen der UMTTL auf 350 gestiegen. Nach den tragischen Todesfällen mehrerer UMTTL-Mitglieder im Hafen von Dili führte die Gewerkschaft im Juli 2007 ein Seminar zu Gesundheit und Arbeitssicherheit von Hafenbeschäftigten durch, wobei Spezialisten der indonesischen ITF-Mitgliedsgewerkschaft Trade Union of Jakarta International Container Terminal (SPJICT) einen Beitrag leisteten. Nun kann sich die UMTTL in ihrer Aufbauphase sowohl an die SPJICT als auch an die MUA wenden, wenn sie Solidarität und Unterstützung benötigt. Türkei Mit über 1.000 Schiffen unter türkischer Flagge und 60.000 Seeleuten in einer weitgehend privatisierten Schifffahrtsindustrie war es überraschend, dass es in der Türkei keine Seeleutegewerkschaft gab. Der Umschwung begann jedoch im Jahr 2001, als Dozenten an Schifffahrtsuniversitäten und ein großes Team gewerkschaftlich aktiver Seeleute aus dem privaten Sektor mit der ITF zwecks Gründung eines Vertretungsgremiums zusammentrafen. Im April 2002 stimmte die ITF dem Vorhaben der schwedischen Mitgliedsgewerkschaft für Seeleute Seko zu, die Einrichtung des türkischen Kontaktzentrums für Seeleute in Istanbul zu sponsern, um dieses als als Träger für die Entwicklung einer gewerkschaftlichen Organisation zu nutzen. Das Kontaktzentrum beherbergte Bildungsund Organisationsinitiativen, die zu dem Ruf nach Berücksichtigung gewerkschaftlicher Bildungsthemen im nautischen Fachlehrplan und schließlich zur Gründung von Dad-Der (Solidaritätsverband der Seebeschäftigten) führten. Im Jahr 2006 schloss sich Dad-Der der ITF an. Intensive Teamarbeit im Zeitraum 2006-2007 hatte den Abschluss von Tarifverträgen für mehr als 80 Schiffe und 1.500 Seeleute zur Folge; darüber hinaus wurde ein Netzwerk geknüpft, das Solidarität und Unterstützung für im Arbeitskampf befindliche Seeleute in türkischen Häfen leistet. Seko spielt dabei weiterhin eine wichtige beratende und politisch unterstützende Rolle Gewerkschaftliche Schulungen für Aktivisten und Mitglieder erweisen sich als wichtiger Bestandteil der Erfolgsgeschichte der türkischen Seeleutegewerkschaft Dad-De VomTraumzurWirklichkeit W ir gründeten Dad-Der 2004, ein Jahr nachdem eine Änderung in den türkischen Gesetzen es uns ermöglichte, uns zu organisieren und als Vereinigung zu konstituieren. 2006 sind wir der ITF beigetreten. Wir arbeiten jedoch schon seit etwa zehn Jahren am Aufbau der Solidarität unter türkischen Seeleuten. Wir begannen als eine Gruppe von 16 sehr engen Freunden, die sich während ihres Studiums an der Schifffahrtshochschule kennen gelernt hatten. Wir träumten davon, eine Gewerkschaft für Seeleute zu gründen. Aber nach dem Militärputsch in der Türkei 1980 legte das Gesetz den Gewerkschaften enorme Hürden in den Weg, insbesondere die Gründung neuer Gewerkschaften unterlag erheblichen Restriktionen. Heute haben wir über 1.800 Mitglieder, von denen sich mindestens 400 aktiv an der Gewerkschaftsarbeit beteiligen. Sie stehen ständig mit uns in Kontakt, informieren sich über die aktuelle Situation, halten uns umgekehrt über die Situation auf ihren Schiffen auf dem Laufenden und erhalten von uns Beratung, was sie tun und wie sie vorgehen sollen. Sie werben neue Mitglieder und melden uns ihre Beschwerden über Reeder. Unsere Stärke beruht auf unseren freiwilligen Mitarbeiter/innen und den aktiven Gewerkschaftsmitgliedern an vorderster Front, die schon seit langem für uns arbeiten. Unser Leitungsgremium, genannt "das Team", besteht aus jungen und entschlossenen Menschen, die engagiert für unsere Sache eintreten. Der älteste ist 38 Jahre alt. Wir bringen umfangreiche Seeerfahrung mit, sind gut ausgebildet und verfügen alle über ein starkes Kontaktnetzwerk innerhalb des Sektors. Wir setzen uns auf jede erdenkliche Weise dafür ein, die Position der Seeleute zu stärken. Wir führen Schulungen durch, um die Beschäftigten über ihre Rechte und die internationale Gewerkschaftsbewegung aufzuklären. Wir bilden möglichst viele aktive Gewerkschaftsmitglieder aus, um unser Angebot an Betreuungsdiensten und unseren Einfluss auszubauen. Dabei kommt es im Wesentlichen darauf an, die jungen Seeleute zu ausreichender Geduld zu mahnen, damit sie sich im Rahmen des Gesamtbildes korrekt verhalten, gleichzeitig aber zu verhindern, dass die Geduld nicht das Feuer in ihren Herzen löscht. Meiner Meinung nach können wir uns wirklich glücklich schätzen, z. B. unter den Universitätsdozent/innen junge aktive Mitglieder zu haben, ohne die wir das alles unmöglich erreichen könnten. AHMET DEMIRSAR, Generalsekretär von Dad-Der, des Solidaritätsverbands der Seeschifffahrtsbeschäftigten in der Türkei, schildert, wie sich die junge türkische Seeleutegewerkschaft dank ehrenamtlichen Engagements von einem Traum unter Freunden zu einem mächtigen Instrument der Solidarität entwickelt hat „Unsere Stärke beruht auf unseren freiwilligen Mitarbeiter/innen und den aktiven Gewerkschaftsmitglieder n an vorderster Front, die schon seit langem für uns arbeiten.“ Alle Mitarbeiter/innen unserer Gewerkschaft sind in fast alle Tätigkeitsbereiche eingebunden. Wir sind aber dabei, uns umzustrukturieren, um professioneller zu arbeiten. Unsere Aufgaben untergliedern sich in vier Hauptbereiche: Verwaltung, Verträge, Bildungsarbeit und Inspektionstätigkeit. Von November 2006 bis September 2007 setzte unsere Abteilung Verträge ungefähr 90 Vertragsabschlüsse durch. In diesem Zeitraum haben wir erreicht, die Fälle "doppelter Buchführung" um 20 Prozent zu senken, gleichzeitig wurde auf den 90 Schiffen, für die Verträge abgeschlossen wurden, die Bezahlung der Mannschaftsdienstgrade um ca. 70 Prozent und die der Offiziere um 30 Prozent angehoben. Zur Zeit entwickeln wir in Zusammenarbeit mit der ITF einen nationalen Vertrag, der uns einen entscheidenden Schritt voranbringen wird. Wir hoffen, dass er uns helfen wird, die Rechte türkischer Seeleute an Bord von Billigflaggenschiffen zu verbessern, indem er einen systematischeren Ansatz zur Lösung der regelmäßig auftretenden Probleme bietet. Unser Team in der Bildungsarbeit organisiert unterschiedliche Programme. 2007 waren das beispielsweise monatliche hausinterne Schu- lungen für aktive Mitglieder, zwei ausgelagerte Seminare für Seeleute, ein Bord-Schulungsprogramm für Schiffe, die einem Vertrag unterstehen, eine halbstündige Informationsveranstaltung über die Vorschriften der IAO für Hafenbehörden in der Marmararegion und ein Seminar für Vertreter/innen der Reeder über den neuen nationalen Vertrag. Einer unserer Kollegen, ein leitender Ingenieur, koordiniert unser lokales Inspektor/innen-Team und eine Gruppe aktiver Mitglieder. In der Schwarzmeerregion treten häufig Probleme im Zusammenhang mit unternormigen Schiffen auf, und die Inspektor/innen haben in erster Linie mit Streiks und Beschwerden wegen ausstehender Heuern zu tun. Von Januar bis August 2007 trieb es über 800.000,- US-Dollar an Heuernachzahlungen ein. W ir sorgen dafür, dass unsere Mitglieder über die Situation an Bord eines Schiffes und über die Situation jedes Reeders informiert sind, bevor sie einen Vertrag unterzeichnen. Zudem stellen wir sicher, dass sie bei der Arbeit an Bord vor rechtswidrigen Maßnahmen des Reeders geschützt sind. Generell glauben wir, dass sich die Bezahlung und die Bedingungen dank des Einsatzes der Gewerkschaft verbessern, und zwar nicht nur auf den Schiffen, die Verträgen unterstehen. Aktuell bieten wir keine sozialen Betreuungsdienste an. Im ersten Quartal 2008 wollen wir jedoch in der Region Tuzla, wo soziale Einrichtungen für Seeleute dringend benötigt werden, ein kleines Café mit Internetzugang eröffnen. Unsere zentrale Aufgabe besteht jetzt darin, für noch weitere ehrenamtlich Engagierte eine professionelle Basis zu schaffen. Zur Zeit haben wir nur fünf hauptamtlich bezahlte Mitarbeiter/innen. Am Anfang war es einfacher, die Arbeit mit Ehrenamtlichen zu erledigen. Die Erwartungen waren damals so niedrig, dass alles, was wir erreichten, ein riesiger Erfolg war. Jetzt müssen wir unsere Organisation aber unbedingt professionalisieren, ohne dabei das leidenschaftliche Engagement unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen aufs Spiel zu setzen. ITFSeeleuteBulletin2008 29 Internationale Transportarbeiter-Föderation BrauchenSieHilfe? Fallsja:SendenSieuns diesesFax... An: ITF Actions Unit (Fax: +44 20 7940 9285 oder +44 207357 7871 Betr.: Hilfeersuchen eines Beschäftigten auf See Ihre Angaben Ihr Name (wird vertraulich behandelt) Ihre Kontaktnummer(n) Ihr Dienstgrad an Bord (z. B. Matrose) Ihre Staatsangehörigkeit Angaben über das Schiff Name des Schiffes Schiffstyp Flagge IMO-Nummer Derzeitige Position des Schiffes Nächster Anlaufhafen und voraussichtliche Ankunftszeit Besatzungsstärke / Nationalitäten Ladungsart / Menge an Bord Name des Reeders / Betreibers Worin liegt das Problem? Beschreiben Sie das Problem (bitte soweit wie möglich im Detail) Wie lange haben Sie schon dieses Problem? Haben Andere ähnliche Probleme an Bord? (bitte im Detail) Wie lange sind Sie bereits auf diesem Schiff? Wie soll man Ihnen behilflich sein? (z. B. Sicherstellung von Heuern, Heimschaffung, usw.) Steve McKay Q Erst sorgfältig durchlesen, dann unterschreiben: Ratschläge der ITF zum Heuervertrag Die beste Garantie für anständige Arbeitsbedingungen auf See besteht darin, nur einen solchen Vertrag zu unterschreiben, der in Übereinstimmung mit einem von der ITF genehmigten Kollektivvertrag steht. Sollte das nicht möglich sein, können Sie nach folgender Checkliste vorgehen: A A Nehmen Sie ohne schriftlichen Vertrag keine Arbeit auf einem Schiff auf. Unterschreiben Sie niemals einen BlankoVertrag oder einen Vertrag, der Sie an nicht näher erläuterte oder Ihnen nicht vertraute Bedingungen bindet. A Überprüfen Sie, ob sich der von Ihnen abzuschließende Vertrag auf einen Kollektivvertrag (CBA) bezieht. Falls dies der Fall sein sollte, vergewissern Sie sich, dass Ihnen die Bedingungen dieses CBA bekannt sind und bewahren Sie eine Kopie davon zusammen mit Ihrem Vertrag auf. A A Überzeugen Sie sich, dass die Vertragsdauer deutlich festgelegt ist. Unterschreiben Sie keinen Vertrag, der es ins alleinige Ermessen des Reeders stellt, Änderungen bezüglich der Vertragsdauer vorzunehmen. Jegliche Änderung der vereinbarten Vertragsdauer sollte in gegenseitigem Einvernehmen erfolgen. A Stellen Sie sicher, dass der Vertrag klare Angaben über die zu zahlende Grundheuer enthält und dass die regelmäßige Arbeitszeit klar definiert ist (z. B. 40, 44 oder 48 Stunden pro Woche). Gemäß Internationaler Arbeitsorganisation sollte die regelmäßige Arbeitszeit bei maximal 48 Stunden pro Woche (208 pro Monat) liegen. A Stellen Sie sicher, dass im Vertrag klar definiert ist, wie Überstunden bezahlt werden und zu welchem Tarif. Dies kann ein einheitlicher Stundentarif sein, der für alle Stunden bezahlt wird, welche über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet werden. Oder es wird ein fester monatlicher Betrag für eine garantierte Anzahl von Überstunden gezahlt; in diesem Fall sollte derTarif für alle Stunden, die über die garantierten Überstunden hinaus geleistet werden, klar definiert sein. Gemäß IAO sollten alle Überstunden zu einem mindestens 1,25fachen des normalen Stundenlohns entgolten werden. A Vergewissern Sie sich, dass im Vertrag klar festgelegt ist, wie viele bezahlte monatliche Urlaubstage Sie erhalten werden. Gemäß IAO sollte der jährliche bezahlte Urlaub nicht weniger als 30 Tage (2,5 Tage pro Kalendermonat) betragen. A Vergewissern Sie sich, dass die Bezahlung der regelmäßigen Arbeitsstunden, der Überstunden und der Urlaubstage eindeutig und separat im Vertrag aufgeführt werden. A Unterschreiben Sie niemals einen Vertrag, der eine Klausel enthält, nach der Sie zur Zahlung eines Anteils Ihrer Anreise- oder Heimreisekosten herangezogen werden können. A Unterschreiben Sie keinen Vertrag, der es dem Reeder gestattet, während der Laufzeit des Vertrages einen Teil Ihrer Heuern zurückzuhalten oder einzubehalten. Sie sollten ein Recht auf Auszahlung Ihrer gesamten Heuer am Ende jedes Kalendermonats haben. A Unterschreiben Sie keinen Vertrag, der eine Klausel enthält, wonach Ihr Recht auf Mitgliedschaft in, Kontakt zu, Beratung mit oder Vertretung durch eine(r) Gewerkschaft Ihrer Wahl eingeschränkt wird. A Berücksichtigen Sie, dass ein individueller Arbeitsvertrag nicht immer Details über Zusatzleistungen enthält. Daher sollten Sie versuchen, eine Bestätigung (vorzugsweise in Form einer schriftlichen Vereinbarung oder eines vertraglichen Anspruchs) über die finanziellen Zuwendungen in folgenden Fällen zu erhalten: ● Krankheit oder Verletzung während der Laufzeit des Vertrags ● Tod (zu zahlender Betrag an Familienangehörige) ● Schiffsuntergang ● Verlust von persönlichem Besitz aufgrund von Schiffsuntergang ● Vorzeitige Beendigung des Vertrags. A Sorgen Sie dafür, dass Ihnen eine Kopie des von Ihnen unterschriebenen Vertrags ausgehändigt wird und dass sie diesen sicher aufbewahren. A Bedenken Sie: Unabhängig von den Bedingungen wird jeder Vertrag/jede Vereinbarung, den/die Sie freiwillig abgeschlossen haben, bei den meisten zuständigen Gerichten als rechtsverbindlich betrachtet. ITFSeeleuteBulletin2008 31 I m Februar 2006 begrüßte die maritime Welt die historische Verabschiedung eines Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation, das praktisch alle Mindestnormen vorgibt, die zur Gewährleistung zufrieden stellender Beschäftigungsbedingungen für die Seeleute weltweit erforderlich sind. Schwarz auf weiß gab es hiermit endlich einen Rechtekatalog für Seeleute, der über 54 internationale Normen zusammenfasst und aktualisiert und überdies ein Zertifizierungs-und Kontrollsystem zu seiner Durchführung vorsieht. Zugleich wird das Änderungsverfahren für die technischen Aspekte des Übereinkommens vereinfacht, so dass es leichter überarbeitet und neuen Entwicklungen angepasst werden kann. Wie jedes andere IAO-Übereinkommen kann das „Seearbeitsübereinkommen“ (Consolidated Maritime Labour Convention -MLC) jedoch nicht sofort in Kraft treten, sondern muss zunächst von einer bestimmten Anzahl von Unterzeichnerstaaten ratifiziert werden. In diesem Fall sind dies mindestens 30 Staaten, die zusammen mindestens 33 Prozent der Gesamttonnage der Weltflotte repräsentieren. Bis September 2007 hatten nur Liberia und die Marshall-Inseln, Billigflaggenstaaten, auf die mehr als 10 Prozent der weltweiten Tonnage entfallen, die Ratifizierung vollzogen. In vielen anderen Staaten waren die Vorbereitungen jedoch weit gediehen. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments beschlossen im März in einer Abstimmung, bei den Staaten der Europäischen Union auf 2008 als Termin für die Ratifizierung des Übereinkommens zu drängen. Ob dieser Termin eingehalten wird, ist aber alles andere als sicher. Die Sozialpartner der IAO, also Regierungen, Arbeitgeber und von der ITF angeführte Gewerkschaften, sind weiter bemüht, die Ratifizierung so schnell wie möglich zuwege zu bringen, um die Chance zur Schaffung einer neuen „unverzichtbaren Komponente der Qualitätsschifffahrt“, wie es die Direktorin der IAO-Abteilung Internationale Arbeitsnormen Cleopatra Doumbia Henry ausdrückte, nicht zu verspielen. Sie haben eine Reihe „hochrangiger Missionen“ in die wichtigsten Schifffahrtsnationen entsandt, sich an regionalen Seminaren beteiligt, die von interessierten Staaten organisiert wurden, und engagierte Diskussionen mit führenden Regierungs-und Wirtschaftsvertreter/innen geführt. Wenn die erforderliche Anzahl von Ratifikationen erreicht ist, wird es keine Vorzugsbehandlung für Schiffe geben, deren Länder das Abkommen nicht unterzeichnet haben. Auch die Schiffe dieser Staaten werden in den Häfen der Unterzeichnerstaaten kontrolliert und im Fall, dass sie nach dem Urteil der Inspektor/innen die geltenden Normen nicht erfüllen, arrestiert. Parallel zu dem Ratifizierungsprozess in den einzelnen Staaten stehen die ITF und ihr europäischer Arm, die ETF, in Verhandlungen mit dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA), um sich über die Umsetzung der wichtigsten Aspekte des Übereinkom- 32 ITFSeeleuteBulletin2008 Auf Ratifizierung drängen Die Gewerkschaften arbeiten an vorderster Front daran mit, dass das Potenzial des bahnbrechenden Seearbeitsübereinkomens – des Grundrechtekatalogs für Seeleute – zur Verbesserung ihrer Lebensqualität weltweit wirklich ausgeschöpft wird, berichtet KAY PARRIS. mens auf europäischer Ebene zu einigen, soweit diese noch nicht im vorhandenen EU-Recht geregelt sind. Alle so erzielten Vereinbarungen würden in eine EU-Richtlinie einfließen und damit in ganz Europa Rechtskraft erlangen, selbst in Häfen von Mitgliedstaaten, die das IAO-Übereinkommen selbst nicht ratifiziert haben. Potenzial für Wandel Die auf höchster Ebene laufenden Bemühungen, das Übereinkommen so weit voranzubringen, dass es sinnvoll umgesetzt werden kann, verdeutlichen, welch ein enormes Potenzial alle Akteure des maritimen Sektors ihm beimessen, in der Schifffahrtswirtschaft einen positiven Wandel zu bewirken. IAO-Generaldirektor Juan Somavía lobte das Übereinkommen als „wegweisende Entwicklung in der Welt der Arbeit“. Dierk Lindemann vom Verband Deutscher Reeder erklärte: „Dieses Übereinkommen wird die Lücke in den internationalen Vorschriften zu den Arbeitsbedin- gungen schließen. Die Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen ist von essenzieller Bedeutung.“ Nach Meinung von Efthimios E. Mitropoulos, Generalsekretär der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), erhebt das Übereinkommen den „Faktor Mensch“ zur vierten Säule des Regulierungssystems für die internationale Seeschifffahrt, neben den drei zentralen IMOÜbereinkommen für die Bereiche Sicherheit, Ausbildung und berufliche Normen sowie Umweltaspekte*. Nach dem Zertifizierungssystem sind Reeder dazu verpflichtet, ein „Seearbeitszeugnis“ und eine „Seearbeits-Konformitätserklärung“ mitzuführen, die vom Flaggenstaat autorisiert sind. Aus letzterer muss hervorgehen, wie der Reeder die Erfüllung der relevanten, zur Umsetzung des Übereinkommens notwendigen nationalen Vorschriften während der Fahrt gewährleistet. Die Kapitäne müssen also anhand von Aufzeichnungen dokumentieren, dass sie das Übereinkom- WichtigsteVorschriftendesneuenÜbereinkommens Ein Beschäftigungsvertrag, der menschenwürdige Arbeits-und Lebensbedingungen an Bord garantiert und von dem Beschäftigten und dem Reeder oder einem Vertreter des Reeders unterzeichnet werden muss. Monatliche Bezahlung in voller Höhe, entsprechend dem Beschäftigungsvertrag und allen maßgeblichen Kollektivverträgen Arbeitszeitbegrenzung auf maximal 14 Stunden innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden bzw. maximal 72 Stunden innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen. Verpflichtung des Reeders, im Falle von Krankheit, Verletzungen, Schiffbruch, Insolvenz, Verkauf des Schiffes usw. für die Heimschaffung der Seeleute aufzukommen. Besondere Auflagen für die Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen der Seeleute, einschließlich Mindestraumgröße sowie ausreichende Heizung, Lüftung, sanitäre Einrich- tungen, Beleuchtung und Krankenräume. Zugang zu umgehender medizinischer Betreuung an Bord und im Hafen. Maßnahmen zur effektiven Durchsetzung und Einhaltung schließen ein Zertifizierungssystem für Arbeitsnormen ein. Der Flaggenstaat muss ein „Seearbeitszeugnis“ und eine „Seearbeits-Konformitätserklärung“ ausstellen, die zur Einsicht bei Kontrollen der Hafenstaaten an Bord des Schiffes mitzuführen sind. Rob Bremner/reportdigital.co.uk RechtefürSeeleute tigsten Länder, darunter die Philippinen, Panama und Russland, und an regionalen Seminaren in Japan, Argentinien und Bulgarien. Die Missionen werden fortgesetzt und waren bislang weitgehend erfolgreich, da die Regierungen aller Länder ihre Bereitschaft bekräftigten, die notwendigen Gesetzesänderungen zu vollziehen. Hartnäckiger Einsatz Das Seearbeitsübereinkommen schreibt vor, dass Seeleute einem Arbeitsvertrag unterliegen müssen, der ihnen menschenwürdige Arbeitsbedingungen garantiert. men zu jedem Zeitpunkt einhalten. Darüber hinaus sind Beschwerdeverfahren an Bord und an Land vorgesehen, um schnelle Problemlösungen zu erleichtern. Brian Orrell, Generalsekretär der britischen Gewerkschaft Nautilus UK (ehemals NUMAST) und Vorsitzender der ITF-Seeleutesektion, war der erste, der das Übereinkommen als „Menschenrechtserklärung für Seeleute“ rühmte. „Wir wollen, dass Seeleute ihre Rechte kennen, auf ihre Einhaltung achten und im Falle ihrer Missachtung Rechtsmittel in Anspruch nehmen können,“ so Orrell. „Damit meinen wir das Recht auf regelmäßige Bezahlung, gegebenenfalls auf Heimschaffung, das Recht auf angemessenen Urlaub und den Zugang zu Kommunikationsmitteln sowie das Beschwerderecht.“ Die europäische Dimension Nach der letzten Verhandlungsrunde mit ECSA über den möglichen Wortlaut einer europäischen Vereinbarung haben sich laut Brian Orrell nun beide Parteien darauf geeinigt, auf eine zentrale Vereinbarung hinzuarbeiten, die die wichtigsten Aspekte des Seearbeitsübereinkommens enthalten und zu einem späteren Zeitpunkt als EU-Richtlinie übernommen werden soll. Als EU-Richtlinie hätten die Vorschriften des Übereinkommens in Europa zusätzliche Rechtswirkung, insbesondere wenn Mitgliedstaaten das Übereinkommen nicht unterzeichnet haben. Dabei legen die Gewerkschaften jedoch großen Wert darauf, dass die EU-Richtlinie auf keinen Fall Gesetz werden darf, bevor die erforderliche Zahl an Ratifikationen für das Inkrafttreten des Übereinkommens selbst erreicht ist. Dazu Orrell: ,Die Mitgliedstaaten könnten glauben, dass sie ihre Verpflichtungen mit der Einhaltung der EU-Richtlinie erfüllt haben, und eine Ratifizierung des Übereinkommens für überflüssig halten. In vielen EU-Ländern ist die Mehrzahl der Seeleute jedoch auf Schiffen unter ausländischer Flagge beschäftigt, für die die EU-Richtlinie nicht gilt.“ Nach Orrells Überzeugung wird die gemeinsa- me Arbeit am Text einer zukünftigen Richtlinie entscheidend dazu beitragen, dass zentrale Teile des Übereinkommens ins europäische Recht übergehen und als solches kontrolliert werden. Vor allen Dingen sendet sie laut Orrell „ein klares Signal an die EU-Mitgliedstaaten aus, dass die Sozialpartner auf der Umsetzung dieser Klauseln bestehen.“ Fortschritte bei der Ratifizierung Bis dahin muss für alle Akteure die Ratifizierung des eigentlichen Übereinkommens im Vordergrund stehen. Ein ganz wichtiges Motiv für die Erarbeitung des Übereinkommens war der Wunsch, die Schwierigkeiten der Regierungen bei der Ratifizierung und Umsetzung der bestehenden Rechtsinstrumente im maritimen Sektor zu beheben. Das neue Übereinkommen will dies durch die Festlegung von Grundrechten für Seeleute erreichen. Gleichzeitig lässt es den ratifizierenden Staaten einen gewissen Spielraum für ein flexibleres Vorgehen bei der Umsetzung dieser globalen Normen für menschenwürdige Arbeit in ihr nationales Recht. Natürlich stellt dies die Rechtssysteme der ratifizierenden Staaten vor zahlreiche Herausforderungen, die bewältigt werden müssen.. So muss zum Beispiel einem Schiff, bevor es in See sticht, eine nationale „Konformitätserklärung“ ausgestellt werden, die bestätigt, dass es unter anderem die Mindestnormen für Bezahlung, Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen der Seeleute erfüllt. Welche Behörde soll vom Flaggenstaat zur Ausstellung einer solchen Erklärung befugt werden? Und welche Behörden in den Hafenstaaten wären berechtigt, Kontrollen durchzuführen? Die Staaten, die den Ratifizierungsprozess einleiten, müssen eine Vielzahl rechtlicher Probleme lösen. Die Sozialpartner sind entschlossen, sie in ihren Anstrengungen zu bestärken und zu unterstützen, insbesondere die Staaten mit großen Handelsflotten. Dies war der Grund für die Teilnahme von ITF-Vertreter/innen aus dem maritimen Sektor an Missionen in die wich- Ziel einer der ersten Missionen war im Februar 2007 Panama, der größte Flaggenstaat mit einem Register von 7.000 Schiffen. Nach dem Besuch der Delegation versprach die Regierung die Umsetzung eines Aktionsplans mit Maßnahmen auf rechtlicher, administrativer und praktischer Ebene, um eine rasche Ratifizierung zu gewährleisten. Die IAO sicherte ihre Hilfe in Form von technischer Unterstützung bei der Festlegung von Normen und „der Schaffung von Beratungsund Schulungsmechanismen“ zu. Es war aber deutlich, dass Panama bereits ausreichend motiviert war,das Übereinkommen mitzutragen. Der an der Mission beteiligte ITF-Regionalsekretär für die Amerikas, Antonio Fritz, erklärte sich diese Motivation nicht nur mit den Interessen Panamas als weltweit größtes Schiffsregister, sondern auch damit, dass die Seeleutegewerkschaften des Landes die Möglichkeit der Schaffung neuer Arbeitsplätze im maritimen Sektor erkannten, die sich aus einer Angleichung der Rahmenbedingungen in Bezug auf die Arbeitsnormen ergeben würden. „Die Schifffahrtsindustrie muss sich auf eine gemeinsame Position verständigen, um unlauteren Wettbewerb zu verhindern,“„ so Fritz. „Normalerweise zielen Maßnahmen zur Kostenreduzierung in erster Linie auf den Faktor Arbeit, sehr oft zu Lasten der Sicherheit. Die staatlichen Stellen in Panama haben anscheinend jedoch verstanden, dass sich an dem System, das der Ausbeutung der Seeleute diente, jetzt mit Sicherheit etwas ändern wird. Die Gewerkschaften der Seeleute in Panama sehen das Seearbeitsübereinkommen als eine Chance, die Zahl einheimischer Seeleute auf Schiffen unter Panama-Flagge zu erhöhen, wofür sich die Schifffahrtsbehörde bisher nicht eingesetzt hat.“„ Die Frage, wie sich das Übereinkommen auf die wirtschaftlichen Faktoren des Arbeitsmarktes auswirken könnte, spielt derzeit eine große Rolle in dem Land, das über das größte Arbeitskräfteangebot weltweit verfügt: den Philippinen. Dieser Aspekt steht zwar nicht unbedingtim Vordergrund des Übereinkommens, das in erster Linie darauf abzielt, den Machenschaften skrupelloser Reeder und Charterer einen Riegel vorzuschieben und die für sie arbeitenden Seeleute zu schützen. Im Rahmen der IAO-Mission in den Philippinen konnte Brian Orrell jedoch dazu beitragen, die möglichen Konsequenzen der Durchsetzung von Mindestarbeitsnormen in einem Land zu ➡ ITFSeeleuteBulletin2008 33 RechtefürSeeleute „Wirargumentiertenso: AuchinZukunftwerden philippinischeBesatzungsmitgliederaufSchiffen gefragtsein.Abersobald dasÜbereinkommenin Kraftist,müssendieReeder sicherstellen,dassdieSeeleuteaufihrenSchiffen gemäßdenBestimmungen desÜbereinkommensangeheuertwurden.“ ➡ AufRatifizierungdrängen verdeutlichen, das mit seinem Arbeitskräfteangebot an Seeleuten weltweit konkurrenzlos dasteht. Orrell: „Wir argumentierten so: Auch in Zukunft werden philippinische Besatzungsmitglieder auf Schiffen gefragt sein. Aber sobald das Übereinkommen in Kraft ist, müssen die Reeder sicherstellen, dass die Seeleute auf ihren Schiffen gemäß den Bestimmungen des Übereinkommens angeheuert wurden. Die entsprechende Bescheinigung muss der Flaggenstaat ausstellen, und die Reeder müssen sich davon überzeugen, dass alle Verfahren vorschriftsgemäß eingehalten wurden. Letztendlich wird es für sie möglicherweise einfacher, sich an ein anderes Land zu wenden, das das Übereinkommen ratifiziert hat und durch geeignete Mechanismen gewährleistet, dass die Vorschriften des Seearbeitsübereinkommens erfüllt werden. Für die Philippinen könnte das bedeuten, dass sie ihre führende Position allmählich einbüßen.“„ Die Philippinen demonstrierten ihre Entschlossenheit zur Mitwirkung an dem IAO-Prozess, indem sie dafür sorgten, dass alle staatlichen Stellen mit Zuständigkeit für den Verkehr mit den Delegierten der Mission zusammentrafen. Die Gespräche stärkten die Position der Regierung gegenüber derLobby der einheimischen Reeder, die befürchteten, dass ihre Flotten die in dem Übereinkommen geforderten neuen Normen nicht erfüllen könnten. „Wir konnten deutlich machen,“„ so Orrell, „dass sich das Übereinkommen in erster Linie auf die internationale Seeschifffahrt und nur teilweise auf den Schiffsverkehr innerhalb des philippinischen Archipels bezieht, und dass ein großer Teil der einheimischen Flotte, einschließlich Holzboote, davon ausgenommen ist. Damit konnten wir eine größere Hürde ausräumen.“„ Mission nach Russland 34 In Russland erhielt die IAO-Delegation bei ihren hochrangigen Treffen mit Regierungsvertreter/innen, darunter der Verkehrsminister, der Leiter der Abteilung für Internationale Zusammenarbeit und Öffentlichkeitsarbeit sowie ein Berater des Präsidenten, eindeutig positive Signale im Hinblick auf den politischen Willen zur Ratifizierung des Übereinkommens. Bezüglich der Umsetzung sind jedoch noch zahlreiche Fragen offen, deren Lösung bis zu fünf Jahre in Anspruch nehmen kann. Das Verkehrsministerium hat einen Aktionsplan verabschiedet, der allerdings verschiedene politische Probleme aufwirft, darunter die Notwendigkeit, zunächst Strukturen zu schaffen, damitdie bestehenden, von Russland ratifizierten IAO-Übereinkommen in der Praxis angewandt werden können. So wurde z.B. keiner Behörde die Überwachung des Übereinkommens ITFSeeleuteBulletin2008 179 über die Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten übertragen. Das hat zur Folge, dass die Einhaltung der Vorschriften auf freiwilliger Basis erfolgt und die Bemannungsagenturen nicht vorschriftsgemäß kontrolliert werden. Zuerst einmal müsste hier für Abhilfe gesorgt werden, bevor man sich dem Seearbeitsübereinkommen und seinen Bestimmungen zum Thema Anwerbung zuwendet. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Russische Föderation ein bedeutender Flaggen- und Hafenstaat ist, der über ein großes Angebot an Arbeitskräften verfügt. Eine weitere Herausforderung bildet sicherlich der erhebliche zusätzliche Schulungs-und Ausbildungsbedarf für die Inspektor/innen der Flaggen-und Hafenstaatenkontrolle. Die russischen Reeder boten trotz allem ihre Unterstützung für das Übereinkommen an, und das gewählte Unterhaus des Parlaments, die Staatsduma, machte seine starke Zustimmung deutlich. Nach einem Treffen mit dem Arbeits-und Sozialausschuss der Duma wurde eine Empfehlung zur schnellen Ratifizierung und Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens ausgesprochen, die dem russischen Präsidenten vorgelegt werden soll. Jon Whitlow, der für die ITF an der Delegation teilnahm, erklärte: „Diese Mission war lohnend und produktiv. Sie hat uns zahlreiche Türen geöffnet, um den Ratifizierungsprozess in Russland weiterzuverfolgen. Beeindruckend war zudem, welche Schritte die Russische Föderation zur Inkraftsetzung des IAO-Übereinkommens 185 über Ausweise für Seeleute unternommen hat.“„ Auch Gewerkschaftsmitglieder in vielen anderen globalisierten Wirtschaftszweigen beobachten mit Spannung den Prozess, der aus dem Seearbeitsübereinkommen ein durch und durch gerechtes und effizientes Regulierungssystem zum Schutz von 1,2 Millionen Arbeitskräften macht, die 90 Prozent des Welthandels bewältigen. Wenn sich die Hoffnungen der Sozialpartner erfüllen, können alle Gewerkschaften wohl viel aus den praktischen Erfahrungen mit der Umsetzung eines so ehrgeizigen globalen Systems auf nationaler Ebene lernen, mit dem die Arbeitnehmer/innenrechte in den Mittelpunkt der wirtschaftlichen Agenda rücken. *Diese sind das Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS), dasÜbereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW) und das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL). Kay Parris war bis Dezember 2007 Redakteur der ITF-Zeitschrift Transport International. Wohlfahrtsdienste Rettungsleinen für Seeleute Da Seeleute immer mehr Zeit auf See verbringen, werden soziale Betreuungsdienste in Häfen den Bedürfnissen nicht mehr gerecht, so eine neue Studie für die ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute. S chnelle Umkehrzeiten, kleinere Besatzungen, und verkürzter Landurlaub -das sind die Auswirkungen des zunehmenden Wettbewerbs in der Seeschifffahrt. Der Druck auf die Seeleute wird erhöht, doch der Zugang zu den sozialen Betreuungsdiensten, den sie als Ausgleich benötigen, wird eingeschränkt. Dieses düstere Bild ergibt sich aus einer einjährigen, für die ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute in Auftrag gegebenen Studie des Internationalen Seeleute-Forschungszentrums an der Universität von Cardiff /Großbritannien: „Port based welfare services for seafarers“ (Soziale Betreuungsdienste für Seeleute in Häfen) stützt sich auf 4.000 Antworten zu einer Erhebung über die sozialen Bedürfnisse von Seeleuten (Download unter www.itfglobal.org/seafarerstrust/welfarerpt.cfm). Es stellte sich heraus, dass die traditionellen sozialen Einrichtungen in den Häfen (wie z. B. Seeleutezentren) heutzutage nicht mehr genutzt werden, da Seeleute in zunehmendem Maße länger auf See sind und weniger Zeit im Hafen verbringen. Gleichzeitig haben es die Arbeitgeber versäumt, ihre eigenen unternehmensseitigen sozialen Einrichtungen zu entwickeln, um den veränderten Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Sozialarbeit und Bereitstellung sozialer Einrichtungen Der Landgang wird durch neue Arbeitspraktiken und unzureichende Verkehrsanbindung eingeschränkt, so die ITF-Studie. Die Mehrheit der Seeleute – 72 Prozent – gab an, während der Laufdauer ihres derzeitigen Vertrags keinen Sozialbetreuer für Seeleute an Bord ihres Schiffes gesehen zu haben, und wenige hatten überhaupt einen Schiffsbesucher gesehen. Auch gingen ihre Erwartungen und Bedürfnisse über derzeitige Dienstleistungen hinaus. Die Mehrheit – 82 Prozent – reagierte positiv auf die Idee eines mobilen Seeleutezentrums mit Einrichtungen wie E-Mail und einem kleinen Laden, das in die Nähe der Gangway fahren könnte. Die Befragten waren bei mehr als 100 Unternehmen beschäftigt, die mit einer ganzen Bandbreite von Methoden bruchstückhafte soziale Einrichtungen geschaffen hatten. Im Allgemeinen herrschte in den Unternehmen ein begrenztes Gespür für die Wohlfahrt von Seeleuten, das sich meist auf Unterhaltungseinrichtungen beschränkte. Doch sogar diese Vorsorge unterlag wesentlichen Schwankungen: Während die eine Reederei eine monatliche Sozialzahlung von US$150,– pro Schiff für DVDs, Sportgeräte usw. vorsah, zogen andere Zwangsbeiträge für Wohlfahrtsfonds an Bord von Überstundenzuschlägen oder Zusatzleistungen ab. Die aus der Studie hervorgegangene Analyse verschiedener Unternehmenspolitik sowie Interviews mit Reedern und Vertretern von Betreibergesellschaften wiesen auf „eine Feinabstimmung zwischen den Kosten für Sozialeinrichtungen und dem Gewinn“ hin. Hafeneinrichtungen Die meisten Seeleute schätzten die Seeleutezentren im Hafen, aber bei den Gefahren, die beim Spaziergang in Hafengebieten lauern, sowie den zunehmenden Sicherheitsmaßnahmen, wünschten sie kostenlosen Transport in die Zentren. Die besten Zentren, die von den Seeleuten benannt wurden, waren ökumenisch und lagen in britischen Häfen sowie anderen Teilen Westeuropas und Nordamerikas. Die schlechtesten lagen am Schwarzen Meer und auf dem indischen Subkontinent. Seeleute frequentierten vermehrt kommerzielle Zentren wie Geschäfte, Karaoke-und andere Seeleutekneipen, besonders bei kostenlosem Transportangebot. In Verbindung bleiben Den meisten Mannschaftsdienstgraden wird weiterhin der Zugang zu E-Mails auf See verweigert; somit steht ihnen eine wichtige Rettungsleine zu Familie und Freunden nicht zur Verfügung. Nur 16 Prozent der Seeleute gaben an, Zugang zu E-Mails an Bord zu haben; bei den Mannschaftsdienstgraden waren es nur 3 Prozent. Doch auch bei Zugangsmöglichkeit wurden Anzahl und Länge der Mails begrenzt, die Privatspähre eingeschränkt und sogar Kosten für einund ausgehende Mails berechnet. Obwohl Briefe die billigste Alternative darstellten, gaben viele an, dass ihre begrenzte Freizeit und der notwendige Aufwand das Briefeschreiben weniger attraktiv erscheinen ließen. ➡ ITFSeeleuteBulletin2008 35 Wohlfahrtsdienste Rettungsleinen fürSeeleute ➡ Interviews mit Reedereivertretern brachten zu Tage, dass einige es vorziehen, ihre Besatzungen von Nachrichten aus der Heimat fernzuhalten, statt über E-Mails an Bord unmittelbaren Zugang zu bieten. „Der Kerl wird sich darüber Sorgen machen, was zu Hause los ist,“ erklärte einer. Landgang Der für die körperliche und seelische Gesundheit der Seeleute so wichtige Landgang hatte unter den veränderten Umständen in der Seeschifffahrt gelitten. Laut Bericht gaben 64 Prozent an, seit einiger Zeit keinen Landurlaub mehr erhalten zu haben, und 36 Prozent derer, denen er gewährt wurde, konnten ihn im Durchschnitt lediglich zwei Stunden auskosten. Hauptgründe für nicht gewährten Landgang waren das Arbeitspensum im Hafen und schnelle Umkehrzeiten, doch es mangelte den Seeleuten auch an Transportmöglichkeiten, Informationen über die Häfen, und sie wurden durch den ISPS-Code (Internationaler Code für die Sicherheit von Schiffen und Hafenanlagen vor Gewalttaten) eingeschränkt. Letztere Einschränkung wurde auch von Reedereivertretern erwähnt, die einstimmig die Bedeutung des Landgangs für die Wohlfahrt der Seeleute herausstellten. Was Seeleute wollen Viele Seeleute meinten, ihre Wohlfahrt könnte wie folgt verbessert werden: kostenloser Transport zu Wohlfahrtseinrichtungen an Land (einschließlich Kommunikationsmittel, Einkaufsmöglichkeiten und Andachtsraum); Schiffsbesuche durch Sozialbetreuer/innen; Informationen über die von ihnen angelaufenen Häfen; ein Abwägen zwischen der Anwendung des ISPS-Code und den sozialen Bedürfnissen der Seeleute; sowie Zugang zu E-Mail-Einrichtungen an Bord. ITF-Generalsekretär David Cockroft, der zugleich auch Sekretär der ITF-Wohltätigkeitsstiftung für Seeleute ist, erklärt, dass die Stiftung „an Stelle der früheren Finanzierung größerer Bauprojekte dazu übergegangen ist, kleine, mobile Einrichtungen zu unterstützen, die mit intensiven Schiffsbesuchen verbunden sind“. Die Stiftung hatte sich darüber hinaus zum Ziel gesetzt, soziale Vorkehrungen für möglichst viele Seeleute zu verbessern, indem Projekte unterstützt werden, die die Kommunikationseinrichtungen an Bord sowie den freephoneDienst des Internationalen Unterstützungsnetzwerkes für Seeleute ISAN fördern. Der vollständige Bericht (nur in englischer Sprache) kann unter www.itfglobal.org/seafarerstrust/ welfarerpt.cfm eingesehen werden. 36 ITFSeeleuteBulletin2008 ➨„SeeleutezentrenindenHäfensindsehrwichtig.Unter anderemgibtesdortdieMöglichkeitzutelefonieren. AußerdemkannmanLeutevonanderenSchiffentreffen.“ ➨„IchbenutzenurdasSatellitentelefon,dassehrteuer ist.WirhabenE-MailanBord,aberesdarfnurbetrieblich genutztwerden.SogarmiralsErsterIngenieuristdieprivateNutzunguntersagt.“ ➨„DerLandgangistsehrwichtig,weilwirnurdannunserenStressabbauenkönnen.AnBordsindwirwieGefangene.WirmüssenunsmitanderenMenschenaustauschen undandereGesichtersehenkönnen.“ ➨„WennwirContainerlaschen,bekommenwireinen DollarproContainer;jedenMonatgehenzehnProzentdes LaschgeldesindenWohlfahrtsfondsdesSchiffes.“ ➨„SeeleutebrauchenimAllgemeinenSeelsorge. Vielleichtnichtalle,aberphilippinischeSeeleutesehrwohl. EsistTeilunseresSeelenlebens.“ ➨„WirbrauchenMenschen,diezuunsanBordkommen, umunsereIsolationzulindern.Jemand,derunsbesucht undfragt:'Wiegehteseuch?WielebtIhrhier?Istallesin Ordnung?'“ ➨„InvielenHäfengibteskeineTelefonzellen.VorInkraft- tretenderISPS-RegelungkamenmanchmalVerkäufermit HandysinsHafengebiet,dieeinenDollarproMinuteberechneten,aberjetztsiehtmansienichtmehr...DieKommunikationmitunserenFamilienistsehrschwierigfüruns, besondersindenHäfen,wowirnurwenigeStundenverbringen.“ ➨„NurwenigeDingekönnenunserLebenaufSeeverbes- sern...mankanndasGlücknichtkaufen,dasmanempfindet,wennmandieStimmenderFamilienmitgliederhört.“ Illustrations by Clive Wakfer Kulturenverbinden Wenn man in der Schifffahrtsindustrie arbeitet, trifft man höchstwahrscheinlich ständig auf Seeleute mit anderweitigem kulturellen Hintergrund. Wir haben hier einige Fakten, Geschichten, Ausdrücke und andere kulturelle Besonderheiten gesammelt, um einen Eindruck der Seefahrtstraditionen einiger wichtiger Schifffahrtsnationen – China, die englisch sprachigen Länder, die Philippinen, Island und Russland – wiederzugeben. YASMIN PRABHUDAS berichtet. China China blickt auf eine 7.000 Jahre alte Seefahrtstradition zurück, die ihre Blütezeit während der Ming-Dynastie von 1368 bis 1644 erreichte. Heute zählen wir fast eine halbe Million chinesische Seeleute. Die Legende des chinesischen Seemannshelden Zheng He Zheng He lebte während der Ming-Dynastie. Seine Flotte umfasste über 300 Schiffe mit 27.000 Seeleuten, die Berichten zufolge von 1405 bis 1433 in mehr als 30 Länder und Regionen Asiens und Afrikas gesegelt sind. Man geht davon aus, dass die von ihm gewählten Fahrtrouten den westlichen Pazifik mit dem Indischen Ozean verbanden, und er westlich bis zum Persischen Golf und Madagaskar segelte. Seine Reisen wurden 87 Jahre vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus dokumentiert. Einige Sprichwörter aus der chinesischen Seefahrt ● Hisst man das Segel einen Fuß, bekommt man zehn Fuß Wind. ● Große Schiffe segeln oft mit großen Schulden. ● Baue kein neues Schiff aus altem Holz. ● Das Herz ist nur der Strand neben dem Meer, das die Welt ist. ● Man kann kein kleines Boot mit schwerer Fracht beladen. Philippinen Die Philippinen gehören mit ca. 250.000 aktiven philippinischen Seeleuten auf allen Arten von Schiffen zu den größten Schifffahrtsnationen der Welt. Obwohl sie nur 15 Prozent der philippinischen Auslandsbeschäftigten darstellen, bringen diese Seeleute mehr Dollar ins Land als jede andere Gruppe von Beschäftigten. Freizeit Im Allgemeinen spielen philippinische Seeleute ● lieber Basketball als Fußball, und ● lieber Billard als Snooker. Philippinische Sage Vor langer Zeit herrschten drei verschiedene Götter über Erde, Meer und Himmel. Der Sonnengott, der über den Himmel herrschte, hatte eine wunderschöne Tochter: Mond Luna. Eines Tages nahm sie einen Weg, der sie außerhalb ihres Königreiches führte. Sie wanderte weiter, bis sie den Ort erreichte, wo der Himmel auf das Meer trifft. Als sie die schönen Dinge um sie herum bewunderte, hörte sie eine Stimme und erschrak. Die Stimme fragte: „Woher kommst du, du Allerschönste?“ Sie drehte sich um und erblickte einen jungen Mann, der sie anlächelte. Sie antwortete: „Ich bin Luna, die Tochter des Sonnengotts.“ Der Mann erwiderte: „Und ich bin Mar, der Sohn des Meeresgottes. Willkommen in unserem Königreich.“ Bald wurden die Zwei gute Freunde, die sich gegenseitig viele interessante Geschichten zu erzählen hatten. Als es für Luna Zeit wurde, sich zu verabschieden, versprachen sich die Beiden, sich so oft wie möglich zu sehen. Sie trafen sich immer wieder und verliebten sich schließlich ineinander. Eines Tages, nach einem geheimen Treffen mit Mar, kehrte Luna voller Freude in den Himmel zurück. Sie war so glücklich, dass sie ihr Geheimnis einer Kusine anvertraute. Die Kusine war neidisch auf ihre Schönheit und ihr Glück und enthüllte Lunas Geheimnis gegenüber dem Sonnengott, der sehr zornig wurde, weil seine Tochter gegen die ewigen Gesetze ➡ ITFSeeleuteBulletin2008 37 Kulturenverbinden „Die Fischer am Meer glauben, dass die See immer rau wird, wenn Mond Luna erscheint. 'Es ist Mar, der versucht, seiner Höhle zu entfliehen,' sagen sie.“ ➡ verstoßen hatte. Er schloss sie im Garten ein und sandte einen Boten an den Meeresgott, der diesem mitteilte, dass auch sein Sohn Mar gegen die ewigen Gesetze verstoßen habe. Der Meeresgott kerkerte seinen Sohn in eine seiner Meereshöhlen ein. Luna sehnte sich sehr nach Mar, und ihr gelang eines Tages die Flucht aus dem Garten. Sie eilte zu ihrem Treffpunkt. Von der Höhle aus konnte Mar sehen, wie sie sich im Wasser spiegelte. Seine Bemühungen, der Höhle zu entkommen, führten dazu, dass die See rau wurde. Luna wartete und wartete, aber Mar erschien nicht. Sehr traurig kehrte sie nach Hause zurück. Noch einige Male ging sie zum Treffpunkt, um ihn wieder zu sehen, aber er tauchte nie auf. Die Fischer am Meer glauben, dass die See immer rau wird, wenn Mond Luna erscheint. „Es ist Mar, der versucht, seiner Höhle zu entfliehen,“ sagen sie. Einige gebräuchliche philippinische Ausdrücke apat = Kapitän hepe= Chief hepe kubierta = Erster Offizier hepe makinista = Erster Ingenieur maestro amo = Bootsmann makina = Maschine kubierta = Deck pabor = Hafen estrebor = Steuerbord tali = Taue baldeyo = Deck/Laderaum reinigen kargada = Ladung kain = essen puerto = Hafen/Anlegestelle kaibigan = Freund kabayan/kababayan = mein Landsmann kumusta = Wie geht es Ihnen? / Hallo maalon = hohe Wellen / schlechtes Wetter walang sahod = keine Heuern walang pera = kein Geld 38 ITFSeeleuteBulletin2008 yosi = Zigarette alak = Spirituosen / Wein / Alkohol Island Es gibt wenige Traditionen, die die Isländer mehr pflegen, als den alljährlich stattfindenden Tag der Seeleute, eine Huldigung der Helden der Meere, die großzügig das Fundament lieferten, auf dem der Staat gegründet wurde. Der Tag der Seeleute in Island geht zurück auf das Jahr 1937, als die Seeleutegewerkschaften in der Hauptstadt Reykjavík und im angrenzenden Hafnarfjördur den Rat des Tages der Seeleute ins Leben riefen. Damit sollten „die Seeleute Islands gefeiert werden, indem man ihnen einen Tag im Jahr widmete“. Der erste Tag der Seeleute wurde im darauf folgenden Jahr – 1938 – gefeiert, und seitdem findet er an jedem ersten Sonntag im Juni statt. Er hat einen so wesentlichen gesellschaftlichen Platz eingenommen, dass er im Jahr 1987 in die Verfassung aufgenommen und einer von nur 11 nationalen Feiertagen in Island wurde. An diesem Tag gedenken die Isländer der Gründungsindustrie ihres Staates. Zu den Feierlichkeiten in den Orten und Dörfern entlang der Küste des Landes gehören Einführungen in die Arbeit der Seeleute, Gedenkfeiern für diejenigen, die ihr Leben auf See gelassen haben und Anerkennung für pensionierte Seeleute sowie Pioniere der Seeschifffahrt. Zudem erfreut sich die Bevölkerung an Ruderwettbewerben, Handwerksausstellungen, Liedern und Tänzen. Alle Fischereifahrzeuge liegen an diesem Tag im Hafen, während die Seeleute mit Freunden, Familie und allen Einwohnern an den Veranstaltungen teilnehmen. Im Jahr 1939 vergrößerte der Rat des Tages der Seeleute seinen Tätigkeitsbereich. Der Ausschuss wollte die Seeleute auf jede erdenkliche Weise unterstützen und machte sich Sor- gen darüber, dass ihr Berufsleben aufgrund ihrer harten Arbeit relativ kurz war. „Um sie zu entlasten, beschloss der Rat den Bau und Betrieb eines Altenheimes in Reykjavík; somit wurde 1957 das Seniorenheim für Seeleute eröffnet,“ so Gudmundur Hallvardsson, Ratsvorsitzender des Tages der Seeleute. „1977 wurde in Hafnarfjördur ein weiteres Heim eröffnet. Heute leben rund 700 Menschen in den DASHeimen, die sich als Vorreiter für die heutige Altenpflege in Island erwiesen haben.“ Russland Die russische Seefahrtstradition geht auf die Zeit Peters des Großen im späten 17. Jahrhundert zurück. Heute gibt es mehr als 120.000 russische Seeleute. Spezielle russische Feiertage Am 16. Juni feiern Russen den Neptuntag. Traditionsgemäß müssen Seeleute beim erstmaligenÜberkreuzen des Äquators einen Ritus über sich ergehen lassen. Der Anfänger muss im Meer baden oder von Anderen in ein Schwimmbad geworfen werden. Der unglückselige Seefahrer muss dann durch einen Raum an Bord des Schiffes kriechen, der zuvor absichtlich mit Maschinenöl beschmiert wurde. Nachdem er diese Prozedur hinter sich gebracht hat, erhält der Seefahrer den "Neptun"-Stempel und eine Urkunde. Wenn er wieder einmal den Äquator kreuzt, kann er diesen Ritus durch Vorlage der Urkunde vermeiden! Darüber hinaus feiern Beschäftigte der Handels-und der Binnenschifffahrt den ersten Sonntag im Juli als ihren Tag. Toast auf Seeleute Für Russen ist es üblich, bei einer Feierlichkeit einen Toast auf Seeleute auszubringen. Dies geschieht meist nach dem Haupttrinkspruch im Rahmen des Ereignisses. Russian proverb Bier ohne Wodka zu trinken ist wie Geld in den Wind zu werfen. Einige gebräuchliche russische Wörter und Phrasen privet = Hallo Rossiia = Russland kak dela? = Wie geht es Ihnen? droog = Freund do svidaniia = Auf Wiedersehn kapitan = Kapitän shef = Chief port = Hafen poidiom vypiem = Lass' uns einen trinken gehen vodka = Wodka / Alkohol pivo = Bier baksy = Dollar Yasmin Prabhudas ist Redakteurin des ITF-Online-Nachrichtendienstes. UnterenglischsprachigenSeeleuten... Seeleutesprache Seeleute aus englischsprachigen Ländern wie Australien, England, Neuseeland und den USA haben eine Seeleutesprache entwickelt, die einen gewissen Reim enthält. Hier einige Beispiele: ● old man = Kapitän ● Harry Tate = Steuermann/nautischer Offizier ● ginger beer = Ingenieur ● leckie = Elektriker ● sparky = Funkoffizier ● babbling brook = Koch ● crumb catcher = Caterer / Steward ● scalyback = Matrose / Mannschaftsdienstgrad an Deck ● donkeyman = Anführer der Mannschaftsdienstgrade im Maschinenraum ● firemen = Mannschaftsdienstgrade im Maschinenraum ● channels = dies beschreibt die Gefühle der Seeleute an den Tagen vor dem Urlaub, wenn sie eine Weile auf See verbracht haben ● starboard list = das hat ein Seefahrer, wenn er zuviel getrunken hat (es gibt keinen Preis für das Erraten des Reims!) ● pump the bilges = wenn man die Toilette aufsuchen muss ● going ashore gear = die Kleidung, die man anzieht, um an Land unter die Leute zu gehen ● pit = Koje oder Bett ● doebie = Wäsche ● job and knock = wenn man nach erfolgreicher Beendigung einer Aufgabe den restlichen Tag frei bekommt ● bell to bell = Arbeit gemäß normalem Dienstplan ● ringbolt = einer oder etwas, der/das sich an Bord des Schiffes befindet, aber dort nichts zu suchen hat ● docking bottle = die verzollte Flasche Alkohol ● black pan = eine Abendmahlzeit, die man meist gegen 22:00 Uhr einnimmt ● cowboy hitch = ein falscher oder nicht wiederzuerkennender Knoten. Seemannslieder (Shanties) Dabei handelt es sich um Lieder, die von Seeleuten gesungen werden, um das Arbeitsleben etwas leichter zu gestalten. Es sind oft Wechselgesänge zwischen Vorsänger und Chor, die meist ein ganzes Team von Seeleuten mit einbeziehen. Entsprungen ist der Brauch den anglo-irischen und afrikanisch-karibischen Kulturen. Die Lieder entwickelten sich aus dem Kontakt der Seeleute mit anderen Kulturen, so dass irische Melodien mit afrikanischen und polynesischen Rhythmen verbunden und dann mit amerikanischen Geschichten vermischt wurden. Welche Art von Shanty gesungen wurde, hing von der Arbeit ab, die man zu erledigen hatte, z. B.: Kurze Hol-Shanties, wenn Seeleute schnelle Arbeiten – wie Segel kürzen oder beschlagen – zu erledigen hatten. Halyard-oder Fall-Shanties bei schwereren und langwierigen Arbeiten wie Segel setzen. Der Refrain am Ende jede Strophe ermöglichte es den Seeleuten, zwischen den Zügen eine Verschnaufpause einzulegen. Gangspill-oder Windlassshanties bei langen, sich wiederholenden Tätigkeiten, die einen anhaltenden Rhythmus erforderten -z. B. das Aufwinden der Ankerkette beim Holen oder Setzen des Ankers. Forebitter-Shanties abends nach getaner Arbeit. Meist drehten sich diese Lieder um Liebe, Abenteuer, Schlachten oder Witz. Walfangshanties an Bord von Walfangschiffen. ITFSeeleuteBulletin2008 39 Leserbrief Eswardummvonmir,dieITFnichtumHilfezubitten Ich bin der ehemalige Kapitän der Captain Kharlamov (vormals Strelets). Die ITF besuchte dieses Schiff in den letzten Junitagen, während es in Niigata (Japan) lag. An den Maßnahmen meiner Besatzungsmitglieder nahm ich nicht teil, da ich leider den Zusagen des Betreibers -Drakar Marine – und des Eigentümers - SVS Shipping & Trading – Glauben geschenkt habe. Das Schiff lief am 30. Juni 2007 mit einer unzureichenden Menge Dieselöls und nur wenigen Nahrungsvorräten aus Niigata aus. Ich hatte mich zum Auslaufen entschlossen, da die finanzielle Lage des Eigentümers nach dem langen Aufenthalt in Niigata (25 Tage) wegen der von der Hafenstaatenkontrolle festgestellten ernsthaften Mängel sowie der darauf folgenden Umbenennung des Schiffes und dem Flaggenwechsel nicht rosig war. Ich hatte mit dem Eigentümer SV Strokulya aus Petropavlovsk-Kamchatskiy (obwohl das Unternehmen in Belize registriert ist) vereinbart, dass das Schiff aufgrund der hohen Treibstoff-und Dieselölkosten in Japan auf den Südkurilen oder auf Sakhalin bunkern würde. Als sich das Schiff auf Höhe des nordöstlichen Zipfels Hokkaidos befand, schlug mir der Reeder zwei Auswahlmöglichkeiten vor: – Weiterfahrt mit Kurs Nordkurilen, um dort per Bunkerboot Dieselöl zu erhalten; – Weiterfahrt zur Bucht von Aniva auf der Insel Sakhalin, obwohl dies zusätzliche 2,5 Tage Fahrtzeit bedeuten würde. Ich wies die erste Option zurück, weil sie mir zu riskant erschien – niemand erlaubt einem Bunkerboot das Auslaufen bei schlechtem Wetter – und fuhr stattdessen zur Bucht von Aniva zum Bunkern. Meiner Meinung nach war der Eigentümer davon ausgegangen, dass ich mich schämen würde, die längere Fahrt anzutreten. Am 3. Juli übersandte ich dem Reeder einen Antrag auf Beendigung des Heuerverhältnisses in Petropavlovsk-Kamchatskiy aufgrund gesundheitlicher Probleme. Bezüglich des Bunkerns habe ich Recht behalten. Das Schiff traf auf Sturmwetter beim Ansteuern der Nordkurilen und musste 3,5 Tage lang liegen bleiben. Nach Ankunft in Petropavlovsk-Kamchatskiy am Abend des 13. Juli waren 8 mt der in der Bucht von Aniva gebunkerten 15 mt Dieselöl verblieben, und die Fahrt hatte 14 statt der geplanten 8 Tage gedauert! Wir waren knapp an Vorräten und Trinkwasser. Am 14./15. Juli gab es einen Kapitänswechsel. Alle Versprechen des Eigentümers, den abmusternden Besatzungsmitgliedern in Petropavlovsk-Kamchatskiy 40 ITFSeeleuteBulletin2008 die ihnen zustehenden Heuern in vereinbarter Höhe auszuzahlen, wurden ignoriert, ungeachtet der schriftlichen Zusagen des Betreibers. Auch wurden die Verträge nicht geändert. In Japan hatte der Eigentümer häufig mit mir telefoniert, doch bei unserer Ankunft in Petropavlovsk-Kamchatskiy konnte er offensichtlich keine Minute erübrigen, um mich anzurufen. Scheinbar hatte der Kapitänswechsel zur Folge, dass ich nicht mehr existierte; er hatte mich und seine Zusagen bezüglich meiner Heuer völlig vergessen. Ich war im Verlauf eines einzigen Tages in Petropavlovsk-Kamchatskiy angeheuert worden, und zur Erledigung aller Formalitäten war keine Zeit verblieben, weil das Schiff sofort auslaufen sollte. Aufgrund dessen hatte ich die Heuerbedingungen mündlich mit dem Reeder vereinbart. Nach Ankunft in Pohang (Korea) sandte mir Drakar Marine jedoch einen unterschriftsreifen Vertrag zu, der bei mir Enttäuschung hervorrief. Ich beschloss, ihn nicht zu unterzeichnen und hatte vor, ihn bei meiner Rückkehr nach PetropavlovskKamchatskiy mit dem Reeder zu besprechen. Die Reise dauerte jedoch drei Monate statt des geplanten einen Monats. Alle Versuche meinerseits, ein Treffen mit dem Reeder zu vereinbaren, um über Vertrag und Heuer zu reden, blieben erfolglos. Ich sehe ein, dass mir die ITF in dieser Lage nicht helfen kann, weil ich so dumm war, mich nicht meiner Besatzung anzuschließen und schon früher die ITF um Unterstützung zu bitten. Mir ist jetzt bewusst, dass wir es die ganze Zeit über nicht mit einem ehrlichen Reeder und Betreiber zu tun hatten. (Name von der ITF vorenthalten) Ehemaliger Kapitän der Captain Kharlamov „Ich sehe ein, dass mir die ITF in dieser Lage nicht helfen kann . . . Mir ist jetzt bewusst, dass wir es die ganze Zeit über nicht mit einem ehrlichen Reeder und Betreiber zu tun hatten.“ M anche Dinge wiederholen sich einfach immer wieder, so auch viele Krankheiten. So oder so müssen wir mit ihnen zurecht kommen – indem wir unser Verhalten ändern, uns Behandlungen unterziehen oder uns auf einen weiteren Krankheitsschub vorbereiten. Eine solche Verfassung kann sich auf die Arbeitsfähigkeit auf See auswirken. Periodisches Wiederauftreten kann unsere Fähigkeit, den Anforderungen der Tätigkeit gerecht zu werden, beeinträchtigen. Der von einer nationalen Schifffahrtsbehörde zugelassene Vertrauensarzt wird die Aktivitäten eines Seefahrers, der an einer solchen Krankheit leidet, auf irgendeine Art und Weise einschränken. Besteht das Risiko eines plötzlichen Zusammenbruchs, wird der Seedienst wahrscheinlich untersagt. Nach einem Erstvorfall schmälert sich das Risiko oft mit zunehmender Zeit (so z. B. bei einigen Formen von Herzkrankheit). In diesem Fall würde die Tauglichkeit zur Ausführung von Tätigkeiten, die Schiffsschäden oder -untergang bei einem körperlichen Zusammenbruch zur Folge haben könnten, wahrscheinlich auf Dauer verboten oder für einen längeren Zeitraum eingeschränkt werden als andere. Viele Krankheiten wie Zahnschmerzen, Nieren-oder Gallensteine, Komplikationen mit einem Bruch oder Magengeschwür treten innerhalb von wenigen Stunden auf. Die Arbeit in fernen Gewässern wird wahrscheinlich untersagt, bis die Krankheit behandelt wurde, aber eine begrenzte Tätigkeit in Küstengewässern könnte möglich sein. Zu den üblichen Beispielen solcher Krankheiten gehören: Krampfanfälle und Bewusstlosigkeit Ein epileptischer Anfall auf See könnte ein großes Risiko für die darunter leidende Person darstellen und den anderen Besatzungsmitgliedern, die sich um die betroffene Person kümmern müssen, massive Schwierigkeiten bereiten, da erneute Krampfanfälle auftreten können. Falls der Betroffene sicherheitskritische Tätigkeiten ausführen muss, könnte das Schiff gefährdet sein. Ein früherer Anfall ist ein Hauptanzeichen für erneutes Auftreten, obwohl das Rsisiko auch durch Alkoholexzess, Kopfverletzungen, Schlaganfall, Gehirnoperationen und einige Medikamente steigt. GesundheitaufSee Vorsichtbeiwiederholt auftretendenLeiden TIM CARTER, medizinischer Berater beim britischen Amt für Seeschiffahrt und Küstenwache, stellt Überlegungen an, wie die durch wiederkehrende Krankheiten auftretenden Risiken durch gründliche ärztliche Untersuchung, gute Behandlungsmethoden und effektive Vorsorgemaßnahmen minimiert werden können Ein weit verbreitetes Problem ist das Auftreten von Bewusstlosigkeit, wobei niemand anwesend war und keine einleuchtende Erklärung vorliegt. Die Ursache kann sowohl eine einfache Ohnmacht, ein Herzproblem oder ein Krampfanfall sein. Eine eingehende klinische Untersuchung ist erforderlich; wenn dabei keine klare und behandelbare Ursache entdeckt wird, ist die vorübergehende Einstellung des Dienstes auf See für den Fall eines wiederholten Auftretens unerlässlich. Diabetes Die Tauglichkeit für sicherheitskritische Aufgaben bei jemandem mit Diabetes ist kompliziert. Das Hormon Insulin regelt die Zufuhr von Zucker an die Körperzellen. Bei Diabetes tritt ein Mangel an Insulin auf, was zur Folge hat, dass die Zellen regelrecht eines wichtigen Nährstoffes beraubt werden. Dies kann sowohl zu kurzfristigen als auch langfristigen Problemen führen. Ein akuter Mangel kann früh im Leben auftreten, aber viele Fälle ergeben sich aus einer verhältnismäßigen Unterversorgung in den mittleren Lebensjahren. Im ersteren Fall muss das Insulin fast immer durch Spritzen zugeführt werden. Der letztere Fall kann -zumindest im Anfangsstadium -mit Diät und Gewichtskontrolle behandelt werden, möglicherweise ergänzt durch Tabletten und Insulinspritzen. Sowohl die Diabetes selbst als auch die Behandlung mit Insulin kann zu Komplikationen führen. Kurzfristig können akute Fälle unbehandelter links: Regelmäßige Zahnvorsorge an Land kann zur Vermeidung schmerzhafter Probleme mit Zähnen oder Zahnfleisch auf See beitragen. Diabetes zu stunden-oder tagelagem Koma führen. Bei weniger akuten Fällen geht der Zucker, der von den Zellen nicht verwendet werden kann, im Urin verloren und führt zu ständigem Harndrang und Durst. Langfristig werden die Blutgefäße eschädigt – was zu erhöhtem Risiko bei Herz-und Kreislauferkrankungen, Wundbrand an den Zehen und Erblindung führt. Eine erfolgreiche Behandlung kann die kurzfristigen Probleme verhindern und die langfristigen verzögern oder deren Schweregrad verringern, doch beim Einsatz von Insulin hat dies seinen Preis. Eine zuverlässige Regulierung des Blutzuckers erhöht die Wahrscheinlichkeit des Missverhältnisses, was zu einer Verknappung des zirkulierenden Zuckers führt. Dies kann eine plötzliche Auswirkung auf das Gehirn haben, da es viel Zucker verbraucht und wenig Speicherkapazität hat. Akuter Mangel kann zu einem Zusammenbruch führen, aber weniger akute Zustände können die Gehirnfunktion beeinträchtigen und schließlich zu Verhaltens-und Auffassungsveränderungen führen. Abhilfe dagegen bietet Glukose oder die Injektion eines anderen Hormons – Glucagon – das den Folgen des Insulins entgegenwirkt. Welche Auswirkungen hat diese komplizierte Krankheit auf die Seediensttauglichkeit? Im Allgemeinen erachtet man die von einer Insulinbehandlung Abhängigen aufgrund der plötzlichen und möglicherweise einschneidenden Folgen von Unterzuckerung bei u. U. nicht vorhandener Notfallunterstützung als seedienstuntauglich. Die Beeinträchtigung der Auffassungsgabe und des Verhaltens bei weniger akuten Überdosen von Insulin kann sich auf das Urteilungsvermögen derjenigen auswirken, die sicherheitskritische Aufgaben zu erledigen haben. Darüber hinaus muss zwischen Nahrungsmitteln und Insulin ein sorgfältiges Gleichgewicht eingehalten werden, was bei Seekrankheit, wechselnden Arbeitszeiten und in Notfällen schwierig werden kann. Diejenigen, die mit oder ohne Tabletten Diät einzuhalten haben, werden normalerweise als tauglich erachtet, müssen aber häufiger ärztlich untersucht werden -möglichst immer vom selben Arzt, damit die Entwicklung überwacht werden kann. Wichtig ist auch die Beurteilung von Füßen, Augen und Herz, um sicherzustellen, dass diese Organe in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt sind. Steine Steine, die sich in Gallenblase, Niere und Harnblase bilden, können zu plötzlichen Schmerzattacken (Koliken) führen, wenn sie in den schmalen Röhren stecken bleiben, die von diesen Organen wegführen. Auch können sie sich zum Infektionsherd entwickeln. Der Vorgang der Steinbildung in Galle und Urin verläuft auf unterschiedliche Weise. Aus diesem Grund kann nur der Harnsteinbildung durch mehr Flüssigkeitszufuhr entgegengesteuert werden und stellt daher in tropischem Klima, wo Austrocknung eher vorkommt, ein größeres Problem dar. Patienten an Land mit diesen Krankheitsbildern werden oft eine Zeitlang überwacht um festzustellen, ob es sich um ein ständiges Problem handelt, oder ob ein chirurgischer Eingriff vorgenommen werden muss. Diese Vorgehensweise mag bei den wenigen Seeleuten angebracht sein, die nur in der Nähe ihres Heimathafens arbeiten, aber nicht für diejenigen, für die ärztliche Betreuung in weiter Ferne liegt. Unter Umständen kann es wichtig sein, dass eine endgültige Behandlung im frühen Stadium durchgeführt wird, wenn unbegrenzte Seetauglichkeit notwendig ist, da bei Untauglichkeit ein langer symptomfreier Zeitraum unerlässlich ist, bevor eine solche Bescheinigung ausgestellt wird. Brüche und Magengeschwüre Hier kommen ähnliche Kriterien wie die bei Steinen zur Anwendung. Sowohl bei Brüchen als auch bei Magengeschwüren können seltene aber vorhersehbare und möglicherweise massive Komplikationen auftreten. Behandlungsverzögerungen an Land, wo man diese Notfälle in den Griff bekommen kann, mögen akzeptabel sein, doch diese Option gilt nicht für Seeleute, die normalerweise strengen Einschränkungen unterliegen, bis die Krankheit vollständig auskuriert ist. Zähne Zahngesundheit mag für ein scheinbar belangloses Thema gehalten werden, aber Zahn- ➡ rechts: Test auf Diabetes. ITFSeeleuteBulletin2008 41 ➡ WiederholtauftretendeLeiden FitbleibeninGeorgien Das von der georgischen Seeleutegewerkschaft organisierte Dritte Internationale Sportfest für Seeleute fand am 24. Oktober 2007 in georgischen Häfen statt. An der Batumi Schifffahrtsakademie nahmen Kadetten der Akademie, Hafenbeschäftigte des Hafens Batumi und die ukrainische Besatzung der unter der Flagge Maltas fahrenden Zografia teil, wobei Fußball und Tischtennis besonders hoch im Kurs standen. Das Fußballspiel zwischen den Mannschaften der Hafenbeschäftigten und der Besatzung der Zografia endete mit einem 7-2 Sieg für die Hafenbeschäftigten. Wie der ITF-Kontaktmann im Hafen, Merab Chijavadze, berichtete, erhielten die Besatzungsmitglieder gleichwohl die von der Gewerkschaft gespendeten Fußball-T-Shirts, Souvenirs und Sportschuhe. Auch wurden sie zu einer kleinen Party im örtlichen Seeleute-Klub eingeladen, wo sie sich das köstliche georgische Bier munden lassen konnten. schmerzen und die damit einhergehenden Dentalleiden verursachen oft ärztliche Notfälle auf See und können zu kostenträchtigen Umwegen führen. Einst stellten sie den am häufigsten vorkommenden Grund für medizinische Evakuierungen in der europäischen Offshore-Industrie der Nordsee dar. Regelmäßige Zahnvorsorge mit Behandlung jeglicher Probleme kann die Häufigkeit von Notfällen erheblich reduzieren. Dabei handelt es sich um einen Bereich, für den Seeleute persönlich verantwortlich sind, doch die überarbeiteten ärztlichen Normen verlangen inzwischen eine Erklärung, dass Seeleute in den vergangenen 12 Monaten einen Zahnarzt aufgesucht und notwendige Behandlungen durchgeführt haben, statt der früheren Zahn-und Zahnfleischkontrolle durch den Vertrauensarzt. Ein solcher Zahnarztbesuch muss in die Urlaubszeit gelegt werden, wobei ein nicht eingehaltener Vorsorgetermin zu größeren Schwierigkeiten führen kann, wenn dies erst beim Anmustern festgestellt wird. D ies sind nur einige Beispiele für die Art und Weise, wie Tauglichkeitsentscheidungen im Falle vorhersehbarer Wiederholungsrisiken gefällt werden. Bei der Beurteilung von Gesundheitszustand und Tauglichkeit müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden. Einige beziehen sich auf die Sicherheit des Schiffes und der Besatzung: schlechtes Sehvermögen oder plötzliche Handlungsunfähigkeit auf der Brücke, Tauglichkeit in Notfallssituationen, Ansteckungsrisiken. Einige stehen in Zusammenhang mit den Kosten und Risiken durch Fahrtroutenänderungen oder Rettungsdienste, wenn eine Behandlung an Land schnellstens sichergestellt werden muss. Schließlich kann eine gute Vorsorgeberatung die Risiken zukünftiger Erkrankungen bei Seeleuten reduzieren und somit die Aussicht auf volle Berufsfähigkeit bei gleichzeitiger Verminderung des Risikos plötzlicher Erkrankung an Bord erhöhen. Eine Variante dieses Artikels erschien erstmals in The Telegraph, der Zeitschrift der der ITF angehörenden britischen Seeleutegewerkschaft Nautilus UK. „EineguteVorsorgeberatung kanndieRisikenzukünftiger ErkrankungenbeiSeeleuten reduzierenundsomitdieAussichtaufvolleBerufsfähigkeit beigleichzeitigerVerminderungdesRisikosplötzlicher ErkrankunganBorderhöhen.“ 42 ITFSeeleuteBulletin2008 g n u t SCHIFFS- Ach eSe e! UNGLÜCKE leut Falls Ihr Schiff in einen Unfall verwickelt wird, sollte ihnen bewusst sein, dass dafür internationale Leitlinien zur Anwendung kommen, die Ihnen eine faire Behandlung bei der Durchführung von Ermittlungsverfahren und/oder Verhaftung durch den Staat nach dem Unfall zusichern. Es handelt sich dabei um die Leitlinien der IMO/IAO für die faire Behandlung von Seeleuten im Anschluss an Schiffsunglücke. Die Leitlinien schreiben vor, dass Seeleute vom Hafen-oder Küstenstaat, Flaggenstaat, Seeleute-Staat und Reeder fair behandelt werden sollen. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Rechte nach den Leitlinien verstehen, damit Sie wissen, was Sie bei einem Verhör oder einer Verhaftung nach einem Schiffsunfall tun müssen und wie Sie Ihre Interessen schützen können. Falls Sie zu einem Schiffsunfall verhört werden, an dem Ihr Schiff beteiligt war: ■ Sollten Sie es als notwendig erachten, verlangen Sie einen Anwalt, bevor Sie gegenüber Ermittlern des Hafen-, Küsten-oder Flaggenstaats Fragen beantworten oder Erklärungen abgeben, da diese in zukünftigen Straf- oder anderen Rechtsverfahren gegen Sie verwendet werden könnten. ■ Nehmen Sie zwecks Beratung und Unterstützung mit Ihrer Reederei und/oder Gewerkschaft Verbindung auf. ■ Vergewissern Sie sich, dass Sie alle Fragen genau verstehen. Weitere Informationen über die Leitlinien zur fairen Behandlung können unter www.itfglobal.org/fairtreatment oder www.marisec.org/fairtreatment abgerufen werden. ■ Falls Sie etwas nicht verstehen: ● verlangen Sie den Abbruch des Verhörs durch die Behörden ● verlangen Sie gegebenenfalls die Hilfestellung eines Dolmetschers. Es ist wichtig sicherzustellen, dass Sie an erster Stelle Ihre Interessen schützen. Leisten Sie daher den Ratschlägen Ihrer Reederei, Gewerkschaft oder Ihres Anwalts Folge und -sehr wichtig -seien Sie ehrlich zu den Ermittlerin, wenn Ihnen geraten wird, Auskunft zu geben. Schützen Sie Ihre Interessen nach einem Schiffsunfall. Lesen Sie die Leitlinien zur fairen Behandlung. Kennen Sie Ihre Rechte. Im Zweifel um Rat bitten! ITF Seeleute Bulletin Nr. 22/2008 Internationale Transportarbeiter-Föderation Bleiben Sie über Kampagnen wie dem Kampf gegen Billigflaggen und die Verbesserung der Bedingungen an Bord für Seeleute auf dem Laufenden. Erfahren Sie, wie man Solidarität zur Unterstützung von Arbeitnehmern, die sich gegen die Missachtung von Menschen- und Gewerkschaftsrechten wehren müssen, mobilisieren kann. Informationen über die ITF-Wohlfahrtsstiftung für Seeleute, Frauenfragen sowie Rechtsberatung und Schulungsangebote der ITF stehen auch jederzeit online zur Verfügung. Steve McKay Weitere Tipps, Informationen und Nachrichten über ITF-Aktivitäten in der Seeschifffahrt sowie über die globale Gewerkschaftsbewegung im Verkehrssektor erhält man auf der ITF-Webseite: www.itfglobal.org