Herdformige symmetrische Hirngewebsnekrosen bei Hunden mit

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Herdformige symmetrische Hirngewebsnekrosen bei Hunden mit
Path. vet. I: 133-160 (1964)
Aus der Abteilung fur vergleichende Neurologie (Prof. Dr. E. FRAUCHIGER)
der veterinar-ambulatorischen Klinik Bern (Prof. Dr. W. HOFMA")
Herdformige symmetrische Hirngewebsnekrosen bei
Hunden mit epileptiformen Krampfen
KARINFISCHER
Bestimmte durch Enzephalo- oder Myelomalazie gekennzeichnete
Krankheitsbilder lassen sich bei Pferd, Rind, Schaf und Schwein histopathologisch abgrenzen, obwohl ihre Genese unbekannt ist (INNES
und SAUNDERS).
Dagegen sind Hirngewebserweichungen des Hundes
als Folge von Staupe-Virusinfektionen oder Vergiftungen verschiedenster Art bekannt. Ober spontane Enzephalomalazien anderer
Atiologie ist selten berichtet worden.
Bei Hunden mit epileptiformen IG-ampfen fand HARTLEY
diffus
uber die Grosshirnrinde ausgebreitete Lasionen. ANDERSONund
OLSSON
konnten bei einem 3 1/2jahrigenPudel eine bilaterale Zerstorung
des Ammonshorns beobachten. In einem Fall von SCHERER
herrschten
auffZLlig symmetrische diffuse Proliferationen der kleinen Rindengefasse und geringfugige pseudolaminiire Erbleichungen vor.
Nach Art und Lokalisation sind die beschriebenen Veranderungen
mit Befunden bei Menschen und Tieren zu vergleichen, deren gemeinsame Ursache Storungen der energieliefernden Prozesse des Hirngewebes darstellen. Obwohl die unterschiedlichsten Faktoren bekannt
sind, die an ihrer Entstehung beteiligt sein konnen, bleiben sie in
vielen Fallen ungekliirt. HARTLEY
sieht die von ihm beobachteten Gewebsprozesse als Ausdruck einer diopathischen n Polioenzephalomalazie an. SCHERER
betont, dass in seinem Fall klinisch kein Anhaltspunkt fur eine Staupe-Virusinfektion zu ermitteln war. ANDERSON
und OLSSON
konnten bei h e m Hund nicht ausschliessen, dass eine
vorausgegangene Meningitis durch Staupe-Virus vemsacht war.
Aus dem Material unserer Sammlung sollen die Befunde von 10
Hunden beschrieben werden, die Ubereinstimmungen und Besonderheiten gegenuber den von HARTLEY,
ANDERSON
und OLSONsowie
SCHERER
dargestellten Fdlen zeigen.
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Material
Das Untersuchungsmaterial stammt von 10 Hunden beiderlei Geschlechts, im Alter von 9 Monaten bis zu 13Jahren und verschiedener
Rassen [Dackel (3), Zwergschnauaer (2),Boxer, Schaferhund, Pudel,
Zwergpudel, Laufhund-Bastard].
Die histologischen Schnitte wurden von den in frontale Scheiben
aerlegten Gehirnen hergestellt. Es kamen folgende F ~ b u n g e nzur
Anwendung : Hamalaun-Eosin (HE), van Gieson, Trichrom nach
Goldner, Retikulin nach Wilder, Luxolblau-Cresyl, Luxolblau-Silber,
Fettdarstellung mit Sudan.
Die Ordnung der einzelnen Falle folgt hier nach dem Alter der
Tiere. Die in Klammern angegebenen Nummern entsprechen denen
der Institutssammlung.
Die Hunde Nr. 1 (4747) und Nr. 8 (4805) wurden uns in freundlicher Weise von den Herren Dr. GUARDA
(Turin) und Dr. SCHIEFER
(Munchen) uberlassen.
Klinik und patho1.- anatomische Befunde
Bei den folgenden klinischen, teilweise auch patho1.-anatomischen
Angaben mussen wir uns weitgehend auf die Aussagen der Tierbesitzer und der praktizierenden Tierarzte stiitzen. Dass diese Angaben
teilweise mit Vorsicht zu bewerten sind, zeigen die Befunde bei Hund
Nr. 3: bei dem angeblich stets gesunden Tier, das 2 Tage nach Auftreten epileptiformer Anfalle verendet sein SOU, konnten Atrophie der
Schliifenmuskeln und subakute histologische Veranderungen im ZNS
festgestellt werden.
Ubereinstimmend wird bei allen Hunden uber epileptiforme Anfalle berichtet. Nur in einem Fall (ausser dem bereits erwahnten Hund
Nr. 3) traten die Krampfanfdle bei einem vorher scheinbar stets gesunden Hund auf. Vier Hunde (Nr. l, 5, 6, 10) waren 2-3 Tage vor
Beginn der A n f i e an Gastroenteritis erkrankt. Als fruhere Krankheiten werden Staupe, Hepatitis contagiosa (ohne serologische Untersuchungen) sowie haufige enterale Storungen erwahnt. Bei Hund Nr. 8
wurden ein (< Staupegebiss)) und eine chronisch-interstitielleNephritis
festgestellt. Zwei weitere Hunde (Nr. 4 und 9) hatten eine katarrhalische, und eine chronische Gastroenteritis im Zusammenhang mit
Staupe bzw. Urknie gezeigt. Ein anderes Tier (Nr. 2), das mit 3 Monaten an staupehlichen Symptomen und einer chronisch verlaufenden
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Enteritis erkrankt war, blieb stets kriinklich und im Wesen verandert.
Es gelangte aber erst 9 Monate spater wegen epileptiformer Anfdle
zur Totung. Aus dem Vorbericht ist nicht eu ersehen, ob bereits bei
der Ersterkrankung Krampfe aufgetreten waren. Nach den histologischen Befunden erscheint diese Moglichkeit gegeben.
Die Krampfanfalle traten mit unterschiedlichen Zwischenpausen
auf und konnten iiber Zeitraume von nur 12 Stunden bis zu 7 Tagen
beobachtet werden. In 3 weiteren Fdlen wiederholten sie sich mit
Intervallen von 3 bis 6 Wochen und kamen 1,2 und 6 Monate lang zur
Beobachtung, bis die Tiere der Euthanasie zugefiihrt wurden. Entsprechend der Vielfalt der klinischen Diagnosen hatten z. T. bereits
vor Auftreten der Anfalle Behandlungen mit einem bekannten Darmantiseptikum, mit Staupeserum und den unterschiedlichsten Medikamenten, vor allem Antibiotika eingesetzt. Da bei den meisten Hunden
erhohte Korpertemperaturen wahrend der K r a m p f a d i e auftraten,
wurde die Antibiotika-Therapie fortgesetzt. Ausserdem kamen Leberextrakte, isotonische Zucker- und Salzlosungen, Tranquilizer, Narkotika und physikalische Massnahmen zur Anwendung.
Im Gefolge der Anfdle fielen bei allen Hunden allgemeine Affektabstumpfung, Charakterveriinderungen und Minderung der instinktgebundenen cc InteUigenzleistungenB auf. Auch die Tiere, bei denen
lhgere anfallsfreie Intervalle bestanden, machten einen ccautomatenhaften)) Eindruck. Sie wanderten ziellos umher, rannten an Gegenstande, zeigten zeitweise Furchtsamkeit oder WutanfaUe, nahmen
grosse Mengen Futter und dann tagelang keines auf, erkannten ihren
Besitzer nicht, waren ungehorsam und im Gegensatz zu friiher unsauber. In 3 Fallen dominierten ausser den psychischen Veranderungen
Lahmungserscheinungen aller 4 Gliedmassen.
Befunde am Zentralnervensystem
FaZZ Nr. I (4747). Schon bei der Zerlegung des Gehirns konnten ausgedehnte Nekroseherde mit auffalliger Symmetrie an der Basis des Grosshirns und in
der dorsomedianen Rinde beobachtet werden (Abb. 1). Auch die Basalganglien,
der Bulbus olfactorius und das Ammonshorn sind in Mitleidenschaft gezogen,
wahrend der restliche Hirnstamm und das Kleinhirn unverandert erscheinen.
Histologisch fmdet sich ausser den bereits makroskopisch erkennbaren Gewebsdefekten ein Oedem der grauen und weissen Substanz. Besonders die Marksubstanz und die tieferen Rindenschichten sowie die Rindenabschnitte der Hirnfurchen weisen einen ausgepragten Status spongiosus auf. Von den Ganglienzellen
dieser Bezirke sind nur mit einem schmalen Plasmasaum umgebene Kerne innerhalb runder Gewebslucken zu erkennen (Abb. 4). Einzig in den lateralen Rinden-
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gebieten bleiben die oberen Schichten der Hirnwindungskuppen verschont. Die
subpialen Gliakammern erscheinen ausgeweitet. Die Maschen der weichen Hirnhaut sind ebenfalls weit auseinander gedrangt und zeigen stellenweise vermehrte
Kollagenfasern und Arachnoidalzellen.
M e nekrotischen Gewebsdefekte weisen histologisch einen einheitlichen
Charakter auf. Den grossten Umfang nehmen die zentralen Gebiete mit totalem
Substanzverlust ein. Sie werden von Zonen rnit locker angeordneten Gewebsbestandteilen in Form von amorphen Massen und einem vielfach unterbrochenen
Faserwek umgeben (Abb. 2-3). In seinen Maschen finden sich Phagozyten, Retikulinfasern und kapillare Gefasse. Die gegen die Defektrander gelegenen dichteren
Bezirke des Fasernetzes enthalten auch Arterien und Venen mittlerer Weite. In
gleicher Weise wie die Kapillaren fallen sie durch starke Hyperamie auf und lassen
weder deutliche Schwellung noch Vermehrung ihrer Endothel- oder Adventitialzellen erkennen. Nur ausnahmsweise finden sich geringgradige Blutaustritte.
Unter den grosseren Parenchym- und Meningealgefassen weisen die Arterien im
Gegensatz zu den Venen meist eine starke Fullung auf. Der ubergang zu dem
weitgehend erhaltenen Gewebe wird weder durch vermehrte Gliaelemente noch
durch Fettkornchenzellen markiert. Auch die zwischen den grossen Zerstorungsgebieten gelegenen Bezirke erscheinen stark spongios und zellarm. Sie werden
von hyperamischen Gefassen und einzelnen phagozytaren Elementen durchsetzt
(Abb. 5). Stellenweise sind alle Schichten der Hirnrinde so stark geschadigt, dass
die Pia-Gliamembran als einzig intakte Oberflachenbegrenzung ubrig bleibt.
Meist sind jedoch die obersten Schichten wenigstens in ihrer groben Struktur erhalten. Die weisse Substanz wird dagegen in auffalliger Weise von den Gewebszerstorungen verschont. Das schon makroskopisch erkennbare unterschiedliche
Betroffensein von grauer und weisser Substanz macht sich besonders im Corpus
striatum bemerkbar. Trotz schwerster Substanzverluste des umgebenden Gewebes bleiben die Faserbundel der Capsula interna ausgespart (Abb. 2). Dem
makroskopischen Befund entsprechend sind der restliche Hirnstamm und das
Kleinhirn bis auf eine geringgradige Odematisierung unverandert.
Abb. 1. Hund Nr. 1 (4747). Frontalscheiben des fixierten Gehirns in Hohe des
kranialen und des kaudalen Endhirns mit ubergang zum Thalamus. Ausgedehnte
nekrotische Gewebsdefekte mit auffalliger Symmetrie an der Basis des Grosshirns
und im Bereich der dorsomedianen Rinde. (Foto Dr. GUARDA).
Abb. 2. Gleicher Fall wie Abb. 1. Kraniales Endhirn rnit ausgedehnten Nekroseherden in der basalen und dorsomedianen Rinde, sowie im Bereich der Basalganglien und des Septum pellucidum. Generalisiertes Odem. Masson Goldner ;
3,5 x .
Fig. 1. Dog. No. 1. Frontal sections of the fixed brain at the cranial and caudal
levels of the telencephalon extending into the thalamus. Extensive necrotic lesions
with conspicuous bilateral symmetry in the cortex.
Fig. 2. Same case as in previous figure. Level of cranial telencephalon. Extensive
necrotic areas in the basal and dorsomedian cortex as well as in the region of the
basal ganglia and septum pellucidum; generalized oedema.
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Fall Nr. 2 (2336). Bei der Entnahme des Gehirns fand sich im Lobus
piriformis eine mit klarer Fliissigkeit gefiillte Cyste. Im Frontalschnitt auf der
Hohe der Corpora habenulae nimmt sie etwa die Halfte und weiter kaudal ZUsammen mit einer zweiten Cyste dreiviertel des Lobus piriformis-Gebietes ein.
Beide Cysten weisen glatte Wande auf und werden durch gefassfiihrende
Gewebsstrange in zwei bzw. mehrere Kammern abgeteilt. Die Abgrenzuag gegen
die basale Hirnoberflache und die Fissura rhinalis post. erfolgt durch einen schmalen, faserreichen Gewebsstreifen, in dem vereinzelte Ganglienzellen als Reste der
oberen Rindenschichten nachzuweisen sind. Die Umgebung der cystischen Defekte
zeichnet sich iibereinstimmend mit dem restlichen Gewebe des Lobus piriformis
durch mangelnde Anfarbbarkeit, Verlust an Ganglienzellen und geringgradige
Zunahme glioser Elemente aus. Makro- und Oligodendrogliazellen zeigen auch
in der weissen Substanz Schwellung und leichte Vermehrung. An den hyperamischen Kapillaren macht sich eine Zubildung argyrophiler Fasern bemerkbar;
Arterien und Venen mittlerer Weite weisen ebenfalls verbreiterte Wande auf. In
ihren adventitiellen Raumen finden sich fast regelmassig einzelne Fettkornchenzellen. Letztere kommen in geringer Menge auch innerhalb eines stark aufgelockerten Gewebsbezirkes zwischen beiden Cysten vor.
Das Ammonshorn zeichnet sich besonders im inneren Bereich ebenfalls
durch schlechte Anfarbbarkeit aus. Im Endblatt ist ein Ausfall kleiner Pyramidenzellen festzustellen. Die Gefasse weisen mit Ausnahme des Fehlens von Fettkornchenzellen Proliferationen wie im Lobus piriformis auf.
Die Leptomeninx erscheint im Bereich der Gewebsdefekte durch Einagerung kollagener Fasern und vermehrter Arachnoidalzellen verbreitert.
A b b . 3. Gleicher Fall wie Abb. 2. Ubergangsgebiet Endhirn-Thalamus. Gleiche
Art und Lokalisation der Veranderungen wie in Abb. 2. Masson Goldner; 5 x .
A b b . 4. Gleicher Fall wie Abb. 2. Ausschnitt aus dem Praparat zu Abb. 2. Status
spongiosus der Hirnrinde mit Ganglienzellresten innerhalb runder Gewebsliicken.
Masson Goldner; 70 x .
A b b . 5. Ausschnitt aus dem Praparat zu Abb. 2. Stark odematoses zellarmes
Gewebe zwischen den Zerstorungsherden, das von hyperamischen Kapillaren
durchzogen wird. Masson Goldner; 70 x .
Fig. 3. Same case as in Fig. 1. Level of transition from telencephalon to thalamus.
Similar kind and localization of lesions as in Fig. 2.
Fig. 4. Same case as in Fig. 1. Section from lesion depicted in Fig. 2 showing
spongy state of cerebral cortex with remnants of ganglion cells inside of circular
tissue lacunae.
Fig. 5. Higher magnification of area intervening between the necrotic foci shown
in Fig. 2, with severe oedema, paucity of cells and traversed by congested capillaries.
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Im Kleinhirn deuten enzephalitische Herdchen im Mark und Reste meningealer Infiltration auf einen iiberstandenen entziindlichen Prozess hin. Leider
konnte bei diesem Hund nur eine Hirnhalfte untersucht werden, so dass Aussagen
iiber die Symmetrie der Veranderungen nicht moglich sind.
Fall Nr. 3 (5118). Im gesamten Bereich der basalen und dorsalen Grosshirnrinde beider Hemispharen fallt als erstes die starke Odematisierung der
untersten Rindenschicht auf. Mit ortlich wechselnder Intensitat werden auch alle
anderen Rindenschichten und die weisse Substanz in Mitleidenschaft gezogen.
Nicht minder adallig ist die Proliferation der Wandelemente zahlreicher kleinerer
Gefasse. Viele Kapillaren lassen auch nur eine Endothelzellschwellung erkennen.
Im adventitiellen Raum der Gefasse finden sich ausnahmsweise Phagozyten und
Infiltratzellen. Ausserdem konnen in der Marksubstanz Diapedesisblutungen von
geringem Umfang beobachtet werden. Sie finden sich ausser in den Rindengebieten auch im Ammonshorn und in Mittelhirn und Medulla oblongata. Gewebsodematisierung und Gefasswandproliferationen gehen mit mehr oder weniger
intensiven Parenchymschaden einher. Allgemein ist nach kaudal eice Zunahme der
Prozessintensitat zu verzeichnen. In der stark odematisierten tiefsten Rindenschicht
ist die Mehrzahl der Ganglienzellen bis auf pyknotische Zellreste fast vollstandig
verschwunden. Die oberen Zellschichteii weisen zahlreiche eosinophil-pyknotische
oder geschwollene Ganglienzellen auf.
A b b . 6. Hund Nr. 4 (4091). Starke Odematisierung des Gewebes im Lobus piriformis mit Zusammenhangstrennungen und Ganglienzellschaden. HE; 70 x .
A b b . 7. Hund Nr. 5 (4453). Herdformiger nekrotischer Beairk in den tieferen
Schichten des Lobus piriformis. Luxolblau-Cresyl; 10 x
.
A b b . 8. Ausschnitt aus dem Praparat zu Abb. 7. Nekrotischer Herd, der von
Fettkornchenzellen und einzelnen Gefassen mit proliferierten Wandelementen
durchsetzt wird. In der Umgebung des Herdes macht sich ein Nervenzellausfall
bemerkbar. Luxolblau-Cresyl; 75 x .
A b b . 9. Gleicher Fall wie Abb. 8. Dichte Infiltration von Fettkornchenzellen im
Bereich der zerstorten grossen Pyramidenzellschicht des Ammonshorns LuxolblauCresyl; 450 x
.
Fig. 6. Dog. No. 4. Severe oedema of tissue in the piriform lobe with separation
of fibers and ganglion cell damage.
Fig. 7. Dog. No. 5 . Circumscribed necrotic area in the deeper layers of the piriform
lobe.
Fig. 8. Higher magnification of part of lesion depicted in Fig. 7. Necrotic focus
containing gitter cells and proliferating blood vessels with a paucity of nerve
cells discernible in its environs.
Fig. 9. Same case as in previous figure. Dense infiltration of fat granule cells in
damage region of pyramidal cell layer of hippocampus.
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Das Ammonshorn wird ebenfalls von einer grossen Anzahl von Gefassen
mit Proliferationen der Wandelemente durchzogen. Der Bereich der grossen
Pyramidenzellen ist zu einer breiten spongios aufgelockerten Zone umgewandelt.
Die Zellen weisen die gleichen Veranderungen wie in den anderen Rindengebieten
a d . Nicht veranderte grosse Pyramidenzellen sind in der Minderzahl. Die
Schicht der kleinen Pyramidenzellen erscheint ebenfalls stark aufgelockert, aber
von weniger schwerem Zelluntergang betroffen. Weder im Ammonshorn noch
in den iibrigen veranderten Rindengebieten ist eine nennenswerte Gliavermehrung
nachzuweisen. Von den lateralen Hirnrindenbezirken bleiben der Gyms sylvius
und der Gyms ectosylvius bis auf geringfiigige Gefassveranderungen verschont.
Diese finden sich auch im Bereich des Stammhirns und im Kleinhirn.
Die Leptomeninx ist an der Basis des Grosshirns und im dorsalen Hemispharengebiet besonders in den Piasepten stark verbreitert. Es finden sich zahlreiche
Infiltratzellen,unter denen histiozytare Zellen vorherrschen. Daneben sind Lymphozyten und phagozytare Elemente zu erkennen. Ausserdem finden sich in ortlich
wechselnder Menge eingelagerte Kollagenfasern. Arterien und Venen erscheinen
regelmassig stark blutgefiillt und weisen geschwollene Endothelien auf. An den in
das Parenchym iibertretenden Gefassen sind Mitosen als Anzeichen aktiver Proliferation zu erkennen. Die Plexus chorioidei sind in gleicher Weise dicht infiltriert.
Fall Nr. 4 (4091). Makroskopisch waren Gewebsauflockerungenim Bereich
der basalen Grosshirnrinde und des Ammonshorns zu erkennen.
Histologisch handelt es sich um herdformig-symmetrische Gewebsnekrosen,
die im Lobus piriformis in den tieferen Rindenschichten lokalisiert sind (Abb. 6).
In den erkrankten Gewebsbezirken finden sich grosse Liicken und restliches Hirngewebe, das von einzelnen proliferierenden Gefassen, sparlichen Fettkornchenzellen und fettnegativen Phagozyten durchsetzt wird. Das umgebende Gewebe ist
in eine breite Odemzone einbezogen und weist eine kleine Anzahl stabchenformiger Mikrogliazellen auf (Abb. 6). Ausserdem sind geschwollene Oligodendrozyten zu erkennen. Im kaudelen Lobus piriformis bleibt nur die oberste Rindenschicht a l s basale und laterale Begrenzung erhalten.
In der Hippocampusformation sind samtliche Zellen der kleinen Pyramidenzellschicbt verschwunden. Von den grossen Pyramidenzellen sind abschnittsweise
unversehrte zu erkennen und abschnittsweise pyknotische Zellreste. Das vom
Zelluntergang betroffene Gewebe erscheint stark aufgelockert. Wie im Lobus
piriformis sind phagozytare Elemente oder proliferierende Gefasse nur sparlich
vorhanden. Die Anordnung der Ganglienzellschaden des Ammonshorns weist
in beiden Hemispharen eine iiberraschende Symmetrie auf.
Ausser den geschilderten Veranderungen finden sich in weisser und grauer
Substanz kleinere und grossere nicht regelmassig symmetrische Gewebsbezirke,
in denen massive Gefassinfiltrate mit Gewebszerstorungen vergesellschaftet sind.
Betroffen ist die Fimbria des Ammonshornes, das Corpus geniculatum laterale,
der Bruckenfuss und der Nucleus dentatus. Im Thalamus, Mittelhirn und Kleinhirnmark werden vorzugsweise die periventrikularen Gebiete in Mitleidenschaft
gezogen. Die Plexus chorioidei, der Fasciculus opticus und die basalen Meningen
weisen Gefassinfiltrate auf. Sie werden von Lymphozyten und Plasmazellen gebildet. In den entzundlichen Herdgebieten durchsetzen sie zusammen mit vermehrten Gliazellen das perivaskulare Gewebe. Die weniger umfangreichen Ne-
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krosebezirke sind mit Fettkornchenzellen angefiillt. In den weniger stark infiltrierten Randgebieten lassen sich vereinzelt homogene eosinophile Einschlusskorperchen in den geschwollenen Astrozytenkernen nachweisen. Sie sind dagegen
nicht im Bereich der Lasionen von Lobus piriformis oder Ammonshorn zu finden.
FaZZ Nr. 5 (4453). Im Ammonshorn und Lobus piriformis sind symmetrische
Gewebserweichungen von erheblichem Umfang zu beobachten. Ausserdem findet
sich im Septum pellucidum auf der Hohe der vorderen Kommissur ein weiterer
kleiner Herd. Er ist direkt unterhalb des Balkens lokalisiert. Die nekrotischen
Bezirke dehnen sich im Lobus piriformis iiber die tieferen Rindenschichten aus
(Abb. 7, 8). Nach kaudal zu werden auch die oberen Zellschichten mit geschadigt.
Im Ammonshorn und Subiculum sind die grossen Pyramidenzellen bis auf wenige
Ausnahmen verschwunden. Der geringgradige Ausfall der kleinen Pyramidenzellen verursacht dagegen nur abschnittsweise eine wabige Gewebsauflockerung.
Die nekrotischen Gewebsbezirke werden von grossen Mengen Fettkornchenzellen und Gefassen mit proliferativen Vorgangen an den Wandelementen
durchsetzt (Abb. 8, 9). Trotz der Verengerung erscheinen die Gefasslichtungen
stark mit Blut gefiillt. Im adventitiellen Raum liegen zahlreiche Gitterzellen und
gelegentlich einzelne Lymphozyten und Plasmazellen. Die Achsenzylinder bleiben
im Gegensatz zu den Markscheiden in geringem Umfang erhalten. Sie erscheinen
aber schlecht impragnierbar. In der Umgebung der Herde machen sich Odematisierung des Gewebes und Nervenzellschwund bemerkbar (Abb. 8). Die Gefasse
weisen hier meist nur Schwellung der Endothelzellen, Hyperamie und einzelne
Infiltratzellen a d . Die gliosen Elemente erscheinen aktiviert.
FaZZ Nr. 6 (5094). Bei diesem Hund, der nach Beobachtung der ersten
Krampfanfalle noch 6 Monate gelebt hatte, waren makroskopisch symmetrische
Nekroseherde an der Basis des Grosshirns zu erkennen. Sie erstreckten sich vom
Tuberculum olfactorium bis zum kaudalen Lobus piriformis.
Histologisch handelt es sich um cystische Gewebsdefekte, die streifenformig
den Bereich der mittleren Rindenschicht einnehmen. Die Cysten werden von
zahlreichen gefassfiihrenden Gewebsstrangen mit vermehrten Retikulin-positiven
Fasern durchzogen, in denen ausnahmsweise noch Ganglienzellen erkennbar sind.
Stellenweise breitet sich um die Gewebsbalken ein netzartiges Faserwerk rnit
phagozytaren Elementen aus (Abb. 10, 11). Die Gefasse der Gewebsstrange und
in der Nachbarschaft der Defekte werden von Makrophagen und einzelnen
lymphozytaren Elementen umgeben. Ihre Endothelzellen erscheinen kaum geschwollen. Die cystischen Hohlraume werden von einer breiten, stark aufgelockerten Gewebszone eingefasst. Sie ist zellarm und von einzelnen Gefassen rnit
proliferierten Endothel- und Adventitialzellen durchsetzt.
In der Hippocampusformation wird das Band der grossen Pyramidenzellen
von einem starken Zellverlust betroffen. Abschnittsweise sind keine oder nur
wenige pyknotische Zellen erkennbar. Auch in der Umgebung der Zellschicht ist
das Gewebe leicht odematos. Die Gefasse verhalten sich wie im Lobus piriformis.
Die Leptomeninx, die den Bereich der Defekte iiberzieht, erscheint etwas
verbreitert. Im Gegensatz zu den Parenchymgefassen weisen die Meningealarterien und das Stroma der Plexus chorioidei eine Zunahme an Kollagensubstanz
auf. Ausserdem finden sich vermehrte Gefassphagozyten.
A b b . 10. Hund Nr. 6 (5094). Cystischer Gewebsdefekt im Lobus piriformis mit
gefassfiihrenden Gewebsstrangen, die von einem netzartigen Faserwerk mit
phagoxytaren Elementen umgeben werden. Rechts im Bild sind noch die Reste
von 2 Ganglienzellen in einem Gewebsstrang zu erkennen. HE; 180 x .
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Abb. 11. Gleicher Fall wie Abb. 10. Im Bereich des cystischen Gewebsdefektes
lassen die noch erhaltenen Gefasse eine Zunahme der Retikulin-positiven Fasern
erkennen. Wilders Retikulin; 310 x
.
Abb. 12. Hund Nr. 7 (4776). Das stark odematose Gewebe im inneren Bereich des
Ammonshorns wird von zahlreichen Gefassen mit proliferierten Wandelementen
durchzogen. HE; 75 x
.
Abb. 13. Gleicher Fall wie Abb. 12. Proliferation von Endothel- und Adventitialzellen kleinerer Gefasse des Ammonshorns. In dem stark odematosen Gewebe
machen sich Nervenzellschaden und das Auftreten von Fettkornchenzellen bemerkbar. H E ; 130 x .
Fig. 10. Dog. No. 6. Cystic defect in piriform lobe traversed by a network of
tissue strands and vessels surrounded by phagocytes. Remnants of two ganglion
cells are at right of figure.
Fig. 11. Same case as in previous figure. Remaining blood vessels in the region of
the cystic defect are demonstrable as reticulin-positive fibres.
Fig. 12. Dog. No. 7. The inner region of the hippocampus is very oedematous
and contains numerous vessels with proliferation from their walls.
Fig. 13. Same case as in previous figure. Proliferation of endothelid and adventitial
cells of small vessels in the hippocampus. Damaged nerve cells and fat granule
cells are present in the oedematous brain tissue.
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Abb. 14. Gleicher Fall wie Abb. 13. Stark aufgelockerte Schicht der grossen
Pyramidenzellen mit Zellschwund und zahlreichen eosinophilen Zellen, die Cytoplasmavakuolen zeigen. HE; 180 x .
Abb. 15.Hund Nr. 8 (4805). Im Ammonshorn wird das zerstorte Band der grossen
Pyramidenzellen dicht von Fettkornchenzellen infiltriert. Luxolblau-Cresyl; 35 x .
A b b . 16. Gleicher Fall wie Abb. 15. Ausgedehnter hamorrhagischer Infarkt im
Temporallappen. Rechts ist das Ammonshorn mit der von Fettkornchenzellen
infiltrierten Pyramidenzellschicht zu erkennen. Luxolblau-Cresyl; 35 x .
Fig. 14. Same case as in Figs. 12 and 13. Layer of large pyramidal cells in the
hippocampus with disrupted tissue, disappearance of cells and numerous eosinophilic cells with cytoplasmic vacuoles.
Fig. 15.Dog. No. 8. The damaged layer of large pyramidal cells in the hippocampus is densely infiltrated with fat granule cells.
Fig. 16. Same case as in previous figure. Extensive haemorrhagic infarct in the
temporal lobe. On the right is the hippocampus with its pyramidal cell layer
infiltrated by fat granule cells.
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Fall Nr. 7 (4776). Die makroskopische Untersuchung hatte keine Besonderheiten ergeben. Histologisch konnen symmetrische auf das Ammonshorn beschrankte proliferative Vorgange an den Gefassen und Parenchymlasionen festgestellt werden. In den kranialen Ammonshornabschnitten sind die Veranderungen
insgesamt geringgradig. Mit nach kaudal zunehmender Intensitat werden alle
Schichten des leicht aufgelockerten oder auch starker odematosen Gewebes von
Gefassen mit Proliferationen der Wandelemente und leicht vermehrter Mikroglia
durchsetzt (Abb. 12, 13). Am starksten ist das Band der grossen Pyramidenzellen
geschadigt. Von den zahlenmassig stark reduzierten Zellen sind nur wenige unversehrt erhalten. Die iibrigen erscheinen pyknotisch oder weisen ein eosinophiles
Cytoplasma mit vielen kleinen Vakuolen auf (Abb. 14). Von den progressiven
Vorgangen an den Gefassen sind wie bei den anderen Hunden vor allem Kapillaren
und kleinere bis mittelgrosse Arterien und Venen betroffen. Die Gefasslichtungen
erscheinen haufig weitgehend verengert. In den Adventitialraumen finden sich
gelegentlich einzelne Phagozyten. Sie sind aber auch in nicht veranderten Rindengebieten an kleineren und grosseren Gefassen zu erkennen. Letztere weisen wie
die Meningealgefasse und das Stroma der Plexus chorioidei eine Zunahme der
kollagenen Substanz auf. Diese Veranderungen konnen rnit dem Alter des Tieres
(8 Jahre) in Zusammenhang gebracht werden.
Fall N r . 8 (4805). Makroskopisch hatte sich ein Erweichungsherd im
rechten Lobus piriformis gefunden. (Leider stand uns nur eine Hirnhalfte zur
Verfiigung. Es erscheint jedoch berechtigt anzunehmen, dass auch in diesem Fall
die Veranderungen symmetrisch ausgebildet waren). Histologisch ist in Ammonshorn und Lobus piriformis eine weitgehende ifbereinstimmung rnit den bei
Fall Nr. 5 geschilderten Veranderungen zu verzeichnen (Abb. 15).
Abweichend von den bisher beschriebenen Fallen sind an der Medianseite
des Gyms sylvii mehrere Nekroseherde von unterschiedlicher Grosse zu erkennen.
Die gegen den Seitenventrikel gelegene weisse Substanz bleibt trotz starker
Schaden des umgebenden Gewebes unverandert. Ein dorsaler und ein ventraler
Erweichungsherd umfassen ausgedehnte seros durchtrankte Gebiete, die dicht
mit Fettkornchenzellen infiltriert und von proliferierenden Gefassen durchsetzt
sind (Abb. 16).Viele auch unveraaderte kapillare bis mittelgrosse Gefasse werden
A b b . 17. Gleicher Fall wie Abb. 16. Grosse Meningealvene im basalen hamorrhagischen Infarktgebiet. HE; 75 x .
Abb. 18. Gleicher Fall wie Abb. 17. Breiter Wall aus Fettkornchenzellen und Gefassen mit proliferierten Wandelementen, der das nekrotische Gebiet gegen das
unveranderte Gewebe abgrenzt. H E ; 120 x .
Fig. 17. Same case as in Figs. 15 and 16. Large meningeal vein in the region of the
haemorrhagic infarct.
Fig. 18. Same case as in previous figure. A thick border of fat granule cells and
proliferating blood vessel elements walls off the necrotic region from the unaffected
tissue.
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FI s c H E R Hirngewebsnekrosen bei Hunden
von massiven Erythrozytenextravasaten umgeben. Gleiches gilt fur eine grosse
Meningealvene im basalen Herdgebiet (Abb. 17). Die Abgrenzung der ausgedehnten hamorrhagisch nekrotischen Bezirke erfolgt durch einen breiten Wall
aus Fettkornchenzellen und Gefassen mit proliferativen Wandveranderungen
(Abb. 18). In ihrer Nachbarschaft finden sich mehrere kleinere und grossere
Nekroseherde, die ebenfalls dicht von Gitterzellen und Gefassen mit proliferierenden Wandelementen durchsetzt sind (Abb. 19). Die stabchenformige Mikroglia
ist schwach vermehrt, wahrend Astro- und Oligodendrozytenkerne geschwollen
erscheinen.
Die schon bei Hund Nr. 7 beschriebenen altersmassig bedingten Veranderungen sind wiederum erkennbar.
Fall Nr. 9 (4053). Trotz makroskopisch fehlender Veranderungen konnen
histologisch sehr umfangreiche symmetrische Gewebsnekrosen festgestellt werden. Sie erstrecken sich vom medialen Anteil des Bulbus olfactorius und kranial
gelegenen Abschnitten der Riechhirnrinde bis zum kaudalen Ende des Lobus
piriformis. Ausserdem sind das Seputm pellucidum, das Ammonshorn und die an
den Lobus piriformis angrenzenden Rindengebiete in Mitleidenschaft gezogen.
In den genannten Gebieten macht sich eine diffuse Gewebsauflockerung bemerkbar. Dagegen ist das Hemisphiirenmark insgesamt odematos. Die Veranderungen
der grauen Substanz werden mit etwas wechselnder Intensitat in den einzelnen
Gebieten durch starke Gefassproliferationen und Ganglienzellschaden charakterisiert. Fettkornchenzellen und vermehrte gliose Elemente sind nur in geringem
Ausmass festzustellen. Grobere Zusammenhangstrennungen des Gewebes fehlen.
Am schwersten werden die kaudalen Abschnitte von Ammonshorn und Lobus
piriformis einschliesslich der angrenzenden Rindengebiete in Mitleidenschaft gezogen. Durch den starken Ganglienzelluntergang biissen sie weitgehend ihre
Struktur ein. Die noch erhaltenen grossen Pyramidenzellen des Ammonshornes
weisen zum Teil - wie bei Tier Nr. 7 - ein eosinophiles Cytoplasma mit zahlreichen Vakuolen auf. In allen geschadigten Gewebsgebieten sind die Gefasse
hyperamisch; nur selten finden sich minimale Blutungen.
Auch das Gebiet des Bruckenfusses erscheint stark aufgelockert. Altersmassig bedingte Veranderungen sind wie bei Fall Nr. 7 vorhanden.
Fall Nr. 10 (5065). Makroskopisch war eine massige Erweiterung der
Ventrikel zu sehen. Wie bei Hund Nr. 7 und Nr. 9 herrschen Veranderungen an
den Gefassen und Ganglienzellen vor. Sie sind in erster Linie im Ammonshorn
lokalisiert. Es besteht im gesamten Bereich der Grosshirnrinde ein leichter Status
spongiosus der tieferen und stellenweise auch der oberen Rindenschichten sowie
der Mark-Rindengrenzgebiete. Eine breite aufgelockerte Zone in der Schicht der
grossen Pyramidenzellen des Ammonshornes weist auf den bestehenden Zellausfall hin. Eine nennenswerte Reaktion der gliosen Elemente wird vermisst.
Viele Gefasse der Hippocampusformation weisen progressive Veranderungen auf.
Gleiche aber leichtere Gefassveranderungen lassen sich auch im Lobus piriformis
und den benachbarten Rindenbezirken nachweisen. Der Ganglienzellausfall ist
in diesen Gebieten aber weniger eindeutig.
Die bereits mehrfach erwahnten altersbedingten Veranderungen sind ebenfalls erkennbar.
FI s c H E R Hirngewebsnekrosen bei Hunden
151
A b b . 19. Gleicher Fall wie Abb. 18. Kleinerer nekrotischer Herd durchsetzt von
Fettkornchenzellen und Gefassen mit proliferierten Wandelementen. HE ; 75 x
.
Fig. 19. Same case as in Figs. 15-18. Small necrotic focus infiltrated by fat granule
cells and vessels with proliferating walls.
Diskussion
Bei der Halfte der untersuchten Hunde waren bereits makroskopisch Veranderungen am ZNS zu erkennen. Die histologischen Gewebsprozesse werden durch herdformige, symmetrische Nekrosen der
grauen Substanzcharakterisiert. Odem und proliferative Vorgange an
den Gefassen sind bei den einzelnen Tieren in unterschiedlichemAusmass beteiligt, wahrend Astro- und Oligodendroglia keine nennenswerte Vermehrung zeigen.
Auffdlig an den geschilderten Verhderungen ist nicht nur die
symmetrische Lokalisation, sondern das gesetzmassige Befallensein
des Riechhirns. Mit einer Ausnahme sind bei allen Hunden Lobus
piriformis und Ammonshorn gleichzeitigbetroffen. Ausserdem weisen
in 3 F a e n der Bulbus olfactorius und das Septum pellucidum Verhderungen auf. Bei umfangreichen Gewebsprozessen werden auch
dorsomediane Rindenabschnitte, die Basalganglien und Anteile der
lateralen Hirnrinde in Mitleidenschaft gezogen. Der ubrige Hirnstamm und das Kleinhirn bleiben dagegen fast vollig verschont.
152
FISCH E R Hirngewebsnekrosen bei Hunden
Nach Art und Lokalisation gleiche Veranderungen haben unseres
Wissens bisher nur ANDERSONund OLSSONbeschrieben. Gewebsschaden gleicher Art konnen bei Uberdosierung von Insulin oder
durch Vergiftung mit Kohlenmonoxyd, Blausaure und anderen Giften
entstehen, deren toxische Wirkung auf Storung der nervalen Stoffwechselvorgange beruht.
Bei Kohlenmonoxydvergiftung des Hundes finden sich analog
menschlichen Fdlen symmetrische Nekrosen des Globus pallidus
(MEYER;PENTSCHEW).
Gleichartige Veriinderungen lassen sich unter
besdmmten Versuchsbedingungen auch durch Blausaure und Atemstillstand bei Narkosen erzeugen (MEYER
;MEYERund BLUME).
Hunde
zeigten nach zufalliger Aufnahme von Zyankali kontinuierlich uber
die oberen Schichten von Gross- und Kleinhirnrinde ausgebreitete Nekrosen (HARTLEY),
wahrend in einem entsprechenden Fall
beim Menschen die Veranderungen herdformig und symmetrisch
waren (ULEund PRIBILLA).
Es bestehen keine vergleichbaren Befunde
bei Hunden, die mit Strychnin, Blei oder chlorierten Kohlenwasserstoffen vergiftet waren (HARTLEY).
Dagegen konnten als Folge von
Stickstofftrichloridvergiftung (NCL) unregelmassig uber die tieferen
Schichten der Grosshirnrinde verteilte Nekrosen beobachtet werden.
Ausserdem fanden sich Schaden an den Pyramidenzellen des Ammonshorns und den Purkinjeschen Zellen der Kleinhirnrinde (LEWEY;
SILVER).Diese mit epileptiformen Krampfen einhergehende Erkrankung - auch als Hundehysterie bezeichnet - wurde fruher in einzelnen
Landern haufiger beobachtet, da das Stickstofiichlorid zum Bleichen
von Mehl Verwendung fand. BENTLEY
und Mitarb. stellten fest, dass
das toxische Agens ein Antagonist des Glutamins und Methionins ist.
Bei thiophenvergifteten Hunden wird nach SCHOLZund CHRISTOMONAS bevorzugt die Kleinhirnrinde ergriffen. Ausnahmsweise findet
sich ein symmetrischer Ausfdl der unteren Oliven. Die Gewebsdefekte werden ahnlich wie bei der Wernickeschen Erkrankung des
Menschen von Proliferationen des Gefassbindegewebes und der
gliosen Elemente durchsetzt (PENTSCHEW).
Gleiches &if€t auch fur
die Chastek Paralyse der Fuchse und die Thiaminmangel-Encephalopathie der Katze eu. Beide Krankheiten werden durch bilaterale symmetrische Erweichungen bestimmter Kerngebiete, verbunden mit
Hamorrhagien, gekennzeichnet (INNES
und SAUNDERS
;JUBB,SAUNDERS
und COATES).
OBERDISSE
und SCHALTENBRAND
konnten mit Insulin epileptiforme Krampfanfie bei Hunden auslosen, denen in den meisten
FI s c H E R Hirngewebsnekrosenbei Hunden
153
Fillen das Pankreas entfernt war. Bei der Einfuhrung des Insulins in
die Therapie hatte man toxische Wirkungen des Insulins angenommen
(COURVILLE).
Die neurologischen Symptome der Versuchstiere werden
von OBERDISSE
und SCHALTENBRAND
jedoch nach entsprechenden Erfahrungen beim Menschen als Ausdruck einer smmmen, klinisch nicht
nachweisbaren Hypoglykamie angesehen. Die beschriebenen Veriinderungen weisen m m Teil weitgehende Ubereinstimmungen mit
unseren Befunden auf. Leider wird von OBERDISSE
und SCHALTENBRAND nicht erwahnt, ob die in der Hknrinde (Area endorhinica und
basal) und im Sommerschen Sektor des Ammonshorns lokalisierten
Veriinderungen ebenfalls symmetrisch sind. Beim Menschen wurden
nach hypoglykamischem Koma bilaterale Schaden der Hippocampusformation beschrieben (GRUNTHAL).
Abweichend sind dagegen die
Befunde von KROOK
und KE”EY
an Hunden mit spontanem Hyperinsulinismus infolge metastasierender Inselzellkarzinome.
Bei unseren Hunden ist keine Alters-, Geschlechts- oder Rassedisposition festzustellen. Mehr als die H a t e der Tiere hatten eine
Gastroenteritis teil s im Zusammenhang mit Staupe, Uramie oder
Hepatitis contagiosa gezeigt, sodass Storungen des Wasser- und
Ionenhaushaltes anzunehmen sind. Nach zahlreichen Untersuchungen
(Literaturauswahl siehe bei FANKHAUSBR)
wird die Entstehung von
Hirnodemen durch Storungen des Wasser- und Ionenhaushaltes begunstigt. Alle von uns untersuchten Hunde lassen Odematisierung
des Hirngewebes erkennen. Aber nur bei den Hunden, die bis zu 5
Tagen nach Beobachtung von Krampfanfallen zur Untersuchung gelangten, ist das Odem diffus ausgebreitet. Die iibrigen Hunde, die liingere Zeit nach Auftreten der Anfde am Leben blieben, zeigen dagegen eine auf die veriinderten Gebiete und deren Nachbarschaft beschriinkte Odembildung.
Bei Hund Nr. 1 ist eine starke Odematisierung des gesamten
Grosshirns zu erkennen. Ausserdem finden sich massive Gewebsdefekte und fast volliges Fehlen reparativer Gewebsvorgange. Die
neben der Gastroenteritis beobachtete weitgehend symmetrische
Alopezie deutet moglicherweise auf hormonelle Krankheitsfaktoren
hin.
Aus einem Vergleich der klinischen Daten mit dem Alter der
histologischen Gewebsprozesse (Tab. I) ergibt sich fur die im akuten
Krankheitsstadiumuntersuchten Hunde, dass die Krampfanfdle nicht
die Ursache der geweblichen Veranderungen sein konnen. Damit ist
der geausserte Verdacht auszuschliessen, dass bestimmte Medika14 Path. vet., Vol. 1, No. 2 (1964)
154
F I S C H E RHirngewebsnekrosen bei Hunden
mente fur die Entstehung der Krampfe verantwortlich sind. Es kann
dagegen nicht entschieden werden, in welchem Umfang die festgestellten Gewebsschaden durch die Anfde sekundar beeinflusst sind.
In der Humanpathologie sind Ammonshornsklerosen als Folge von
Durchblutungsstorungenbei allgemeinenKrampfenbekannt(SCHOLZ),
wahrend Erweichungen, Hamorrhagien, cystische Defekte und gliosmesenchymale Gewebsreaktionen nicht mehr zu den Krampfschadigungen gerechnet werden (PEIFFER).
Histologisch handelt es sich bei
den Ammonshornsklerosen urn elektive Parenchymnekrosen mit
glioser Reaktion. Aber auch diese Veranderungen sind keine spezifischen Krampffolgen. Sie konnen bei Tentoriumshernien,nach Geburtstraumen und durch arterielle Kompression infolge von Hirnschwellungen sehr verschiedener Genese entstehen (EARLEund Mitarb. ;
LINDENBERG).
Bei den vorliegenden Befunden deutet die symmetrische und anatomisch gleichformige Lokalisation der Veranderungen auf das Betroffensein bestimmter arterieller Versorgungsgebiete hin. Nahere anatomische Angaben uber die cerebrale Gefassversorgung des Hundes
sind nur vereinzelt vorhanden (ASK-UPMARK
; FAZZARI
; FRAUCHIGER
und FANKHAUSER;
JENKE; JEWELL; DE LA TORRE
und Mitarb.; REINHARD und Mitarb.; SCHUMMER
und ZIMMERMANN;
WORTHMAN;
ZIMMERMANN).
Es kann daher nicht. beantwortet werden, ob die
Lokalisation der Veriinderungen z. B. von bestimmten Gefassversorgungs-Grenzgebieten abhhgig ist, wie man es in der menschlichen
Neuropathologie durch zahlreiche Untersuchungen iiberzeugend dargestellt hat (LINDENBERG;
J.-E. MEYER;ZULCH).
BECKERkonnte Hirngewebsnekrosen durch Paraffininjektion in
die A. carotis interna 4-7 Tage alter Hunde erzielen. Bei lhgerer
Uberlebenszeitder Versuchstiere kam es zur Hohlenbildung (Porencephalie und Hydranencephalie) mit volIst5ndigem Gewebsschwund im
Versorgungsgebiet des blockierten Gefasses. Bevorzugt waren an der
Injektionsseite die lateralen Anteile der Grosshirnhdften betroffen, die
von BECKER
als Versorgungsgebiet der A. cerebralis media angesehen
werden. Vom Riechhirn bleiben haufig Ammonshorn und Lobus
piriformis verschont, die bei unseren Hunden Pradilektionsstellen der
Gewebsschaden darstellen. Da bei unseren spontan erkrankten Hunden auch dorsomediane Rindenabschnitte und caudale Anteile von
Ammonshorn und Lobus piriformis in Mitleidenschaft gezogen sein
konnen, sind offenbardie Versorgungsgebiete von 2 oder sogar allen 3
grossen Hirnarterien betroffen.
Staupe
keine
keine
1%
2
3
3
8
8
10
13
3
4
5
6
7
8
9
10
Gastroenteritis,
Alopezie
(1) leere Felder: Angaben fehlen
keine
Hepatitis
contag.
Enteritis
haufig
Gastroenteritis
(2)
++
+
+++ +++
+++
+++
++
+
+++
+++
+
+
+++ +++
++
++
+++
+
+++
keine
Diapedesisblu tun gen
hamorrhag.
Infarkte
keine
keine
Staupe-Enzeph.
EK
kine
keine
Fehlen reparat.
Gewebsvorg.
Gefasspro- Besonderheiten
liferation
+, + + und + + + : Grad der Prozessintensitit
keine Zusammenhangstrennung
Erweichung
keine Zusammenhangstrennung
cystische Defekte
Erweichung
Erweichung
hangstrennung
keine Zusammen-
5
6
1-2
(2)
cystische Defekte
massiv
keine Zusammenhangstrennung
8
12
2
9
1
beobachteter Parenchymnekrose Odembildung
ortlich difftrs
Zeitraum des
Anfallsleidens
Tage Monafe
Histologische Befunde
Gastroenteritis, 4
Uramie
chron.-interst.
Nephritis
keine
Gastroenteritis
Gastroenteritis
Gastroenteritis,
Staupe
Schlafenmusk.,
Zungen-ulcera
staupeahnl. chronische
Symptome Enteritis
Atrophie
1
2
(1)
%
angegebene aktuelle Min.
friihere
Symptome bei
Krankheiten Anfallsbeginn ;
oder path.-anat.
Befunde
1
Fall Nr. Alter
Hunde Jahre
Klinische Befunde
TabeZZe I. Zusammenstellung der klinischen und histopathologischen Befunde der untersuchten Hunde mit epileptiformen Anfallen.
Ln
Ln
+
2
!-?-
D
2
E
P
B
P;
ZT
2
w
Ec
$.
2c
c)
y1
156
F I s c H E R Hirngewebsnekrosen bei Hunden
Ausser der Abhkgigkeit der Verhderungen von der Gefassversorgung muss auch die Vulnerabilitat der Zellen gegenuber Sauerstoffmange1 u. a. metabolischen Storungen berucksichtigt werden. Ein
gutes Beispiel dafiir sind die symmetrischen Nekrosen des Globus
pallidus bei verschiedenartigen Vergiftungen von Mensch und Tier.
Aufgrund experimenteller Untersuchungen nimmt BECKER
an, dass
alle Zellen des Hirnparenchyms eine gleiche Empfindlichkeit gegenuber akutem Sauerstoffmangel bei vermindertem Sauerstoffangebot
besitzen. Unterschiede dagegen sollen im Hinblick auf die Regenerationsfiihigkeitnach kurzdauernder vollstandiger Aufhebung der Sauerstoffversorgung bestehen. Ob die verhderten Hirngebiete bei unseren
Hunden irgendwelche biologische oder funktionellenBesonderheiten
aufweisen, kann ebensowenig wie die Frage einer erhohten Vulnerabilitat der Zellen beantwortet werden. Moglicherweise bestehen Zusammenhange zwischen Empfindlichkeit und Stoffwechselumsatz der
Zellen. Nach COGGESHALL
und MACLEANzeichnet sich der Hippocampus gegeniiber anderen Abschnitten der Grosshirnrinde durch
Zellen mit gesteigertem Proteinstohechsel aus. FRIEDEweist auf die
spezifischen histochemischen Verhdtnisse von Hippocampus, Bulbus
olfactorius und Lobus piriformis hin.
Es ist festzustellen, dass zwischen den vorliegenden Befunden an
Hunden mit epileptiformen Krampfen und der Ammonshornsklerose
des Menschen wesentliche Unterschiede bestehen. Das Vorliegen einer
exogenen Intoxikation kann zwar nicht ausgeschlossen werden, doch
weisen - abgesehen von den negativen klinischen Vorberichten - die
beschriebenen Verbderungen Abweichungen gegenuber den Befunden nach Vergiftungen der verschiedensten Art auf. Die Koinzidenz n i t einer Staupe-Encephalitis in nur einem von 10 Fallen spricht
gegen eine entscheidende Bedeutung der Staupe-Virusinfektion. Das
trif€tumgekehrt ebenso fur das regelmassige Fehlen dieser Koinzidenz
bei der Staupe-Encephalitis zu. Die Gesamtheit der histologischen
Veranderungen bei den ubrigen 9 Fallen schliesst die Moglichkeit aus,
dass ein encephalitischer Prozess die Grundlage der Hirngewebsnekrosen darstellt. Das gleiche gilt fur die geschilderten proliferativen
Vorghge an den Gefassen, die als sekundare Gewebsreaktionen anzusehen sind. Gefassprozesse im Sinne einer Atherosklerose, Arteriosklerose, Hyalinose oder thrombotische Gefassverschlusse sind ebenfalls nicht nachzuweisen.Ausserdem hatte keiner der Hunde Anzeichen
einer Erkrankung des Kreislaufapparates gezeigt wie Herzmissbildungen, erworbene Herzinsufkienz, generalisierte Arteriosklerose.
FIs c H E R Hirngewebsnekrosen bei Hunden
157
Die klinischen und histologischen Untersuchungsergebnisse
sprechen fur eine Beteiligung verschiedener pathogenetischer Faktoren, die zu morphologisch gleichartigen Veranderungen durch Storung der energieliefernden Prozesse bzw. Verminderung der oxydativen Gewebsvorgiinge fiihren (Hypoxydosen nach STRUGHOLD).
Bei
allen Hunden ist ein umschriebenes oder generalisiertes Odem nachzuweisen. Als Folge von Odemen tritt eine ungenugende Sauerstoffversorgung des Hirngewebes auf (Sauerstoffmangelhypoxydose).Zusatzlich konnen Schaden nach Art der Hypoglykamie (Nahrstoffmangelhypoxydose) und des Thiaminmangels (Wirkstoffmangelhypoxydose) eine Rolle spielen, die die Regulations- und Kompensationsmoglichkeiten des Hirngewebes hemmen. Ausserdem miissen auch
histotoxische Faktoren beriicksichtigt werden, die in ahnlicher Weise
wie die Blausaure eine Blockierung von Fermentsystemen veranlassen
(Wirkstoffmangelhypoxydose). Die pathogenetischen Faktoren, die
zur Ausbildung der beschriebenen Gewebsschaden gefiihrt haben,
sind nicht bekannt. Die Frage, warum in bestimmten Fallen symmetrisch lokalisierte Hirngewebsnekrosen bei Hiinden entstehen konnen,
die weder klinisch noch patho1.-anatomisch ein einheitliches Bild
zeigten, muss daher vorlaufig unbeantwortet bleiben.
Zweck dieser Arbeit war, auf spontane Lasionen im Gehirn voa
Hunden hinzuweisen, deren Pathogenese ungeklart ist. Klinisch hatten
die Hunde epileptiforme Krampfe, psychische Veranderungen und
fast regelmassig gastrointestinale Storungen gezeigt. Der Hirnbefund
ist im wesentlichen gekennzeichnet durch herdformige, symmetrische
Nekrosen im Bereich von Ammonshorn und Lobus piriformis.
Zm-ammenfassung
Es werden die histologischen Befunde am ZNS von 10 Hunden beschrieben,
bei denen epileptiforme Krampfe mit psychischen Veranderungen beobachtet
wurden. Bei der Mehrzahl der Tiete hatten vor Auftreten der Krampfe Gastroenteritiden offensichtlich heterologer Btiologie bestanden.
Die histopathologischen Gewebsprosesse werden durch herdformige, symmetrische Nekrosen der grauen Substanz charakterisiert. Odembildung und proliferative Vorgange an den Gefassen sind bei den einzelnen Fallen in unterschiedlichem Ausmass feststellbar. Astro- und Oligodendroglia zeigen keine nennenswerte Vermehrung. Auffallig ist nicht nur die symmetrische Lokalisation der
Veranderungen, sondern auch der gesetzmassige Befall des Riechhirns im weiteren
Sinne. In fast allen Fallen sind Ammonshorn und Lobus piriformis gleichzeitig
betroffen. Ausserdem konnen Bulbus olfactorius, Septum pellucidum und dorso-
158
F I s c H E R Hirngewebsnekrosen bei Hunden
medianer Cortex, ab und zu auch laterale Rindenabschnitte sowie die Basalganglien in Mitleidenschaft gezogen werden. Der iibrige Hirnstamm und das
Kleinhirn bleiben fast vollstandig verschont.
Die Atiologie der beschriebenen Veranderungen ist ungeklart. Exogene
Intoxikationen sind nicht mit Sicherheit auszuschliessen, besitzen aber wenig
Wahrscheinlichkeit. Die klinischen und histologischen Befunde sprechen mehr
fur eine Beteiligung uneinheitlicher und bei den einzelnen Tieren unterschiedlicher pathogenetischer Faktoren. Sie fiihren zu morphologisch gleichartigen Veranderungen, die als Ausdruck einer mangelhaften Versorgung des Hirngewebes
mit Sauerstoff, Nahr- oder Wirkstoffen angesehen werden konnen.
Summar3,
The histologic changes in the CNS of 10 dogs with epileptiform cramps
and psychic alterations are described. Most of the animals had gastroenteritis of
apparently diverse aetiology prior to the onset of the nervous signs.
The lesions are characterized by bilaterally symmetrical focal necroses in the
grey matter. Oedema and proliferation of blood vessels were present to varying
extents in individual cases. What is conspicuous is not only the symmetrical
localization of the lesions but also the invariable damage of the rhinencephalon in
the broad sense. There was no significant increase of oligo- or astroglia. In almost
all cases Ammon’s horn and the piriform lobe were simultaneously affected. In
addition the olfactory bulbs, septum pellucidum, dorsomedian cortex, and now
and then also the lateral cortical layers and basal ganglia might show accompanying
lesions. The remaining brain stem and the cerebellum remained almost entirely
spared.
The aetiology of the lesions described is undetermined. Exogenous intoxication does not appear likely although it cannot be excluded with certainty. The
clinical and histologic findings rather suggest the action of diverse pathogenetic
factors. These lead to morphologically similar alterations, which may be a consequence of a deficient provision of the brain tissue with oxygen or with nutrient
substances.
Unterstutzt durch Grant NB-1916 des National Institute of Neurological
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