Mutmacher vor Ort - Mittelbayerische

Transcription

Mutmacher vor Ort - Mittelbayerische
Objekt: HORX - Ausgabennummer: 121 - Seite: X006/ 54 - Datum: 16.05.03 - Uhrzeit: 15:46’42’’ - Belichter: DIERICH- Farbigkeit: CMYK- Weitere Auszüge: Diese Farbe: Cyan
Black
Yellow
Magenta
54
22. Mai 2003
HORIZONT 21/2003
R E P O R T
STANDORT BAY ERN
Mutmacher vor Ort
Mit Themenbeilagen wollen die Zeitungsverlage für positive
Grundstimmung sorgen – und neue Anzeigenkunden locken.
B
esondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Angesichts
von Konjunkturkrise und Konsumflaute sehen sich insbesondere regionale Zeitungsverleger in einer neuen Rolle. „Wir wollen Mut machen, die Zukunft für die Menschen in Mainfranken erfolgreich zu gestalten,“ erklärt
David Brandstätter, Geschäftsführer
der „Mainpost“. Anfang des Jahres
starteten die Würzburger mit anderen
Zeitungen des Holtzbrinck-Konzerns
das Projekt „Die Mutmacher“. Ergebnis: Eine Beilage, prall gefüllt mit Erfolgsgeschichten über Menschen aus
der Region, die Ihre Zukunft selbst in
die Hand genommen haben, und über
ansässige Unternehmen, die auch im
Euro-Zeitalter bestehen können.
Bei den Anzeigenkunden kam die
frohe Botschaft gut an. Laut Matthias
Faller, Geschäftsleitung Anzeigen der
„Mainpost“, schalteten sie in der ersten Ausgabe 141 Anzeigenseiten. Vor
allem aber freuen sich die Mainfranken über das Neukundengeschäft. Faller: „Im Bereich Sonderthemen konnten
wir durch unsere Aktion das
Volumen in den ersten vier
Monaten gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent steigern.“
Der warme Geldregen tut
gut, hat sich doch im vergangenen Jahr auch bei bayerischen
Zeitungen das Gesamtvolumen
im Anzeigengeschäft weiter
rückläufig entwickelt. Die größten Verluste treten nach wie vor
bei den Stellenanzeigen auf, deren
Entwicklung weiter von der anhaltend miserablen Lage am regionalen Arbeitsmarkt geprägt ist. Stefan Hilscher, Verlagsleiter „Augsburger Allgemeine“, warnt: „Der
Stellenmarkt ist 2003 noch nicht an
der Talsohle angekommen.“ Der
Verlust bewegt sich seiner Aussage
nach noch immer in einer Größenordnung von bis zu 40 Prozent.
Weitere
Negativentwicklungen:
Immer mehr Beilagen wandern in die
Direktverteilung ab, zudem befindet
sich das Kfz- und Immobiliengeschäft
noch immer unter Druck. Und auch die
Reiseanzeigen verzeichnen anders als
2002 eine leicht rückläufige Tendenz.
Hilscher will deshalb noch nicht von
einer Stabilisierung sprechen: „Die anhaltende Konsumschwäche drückt auf
Anzeige
die Werbeetats bei fast allen Unternehmen. Wir verlieren die Tageszeitungskunden sehr selten, jedoch werden die
Anzeigen kleiner, die Frequenzen reduziert oder kleinere Belegungseinheiten
gewählt.“
Kein Wunder, dass die Verlage weiter auf Sondereinnahmen angewiesen
sind. In Würzburg will die „Mainpost“
das Konzept der „Mutmacher“ in naher Zukunft für die Lokalausgaben
umsetzen. Damit, so, Anzeigenchef
Faller, „werden einzelne Landkreise in
unserem Verbreitungsgebiet in Szene
gesetzt“. Auch andernorts in Bayern
hat man die Zugkraft von Themenbeilagen in Tageszeitungen entdeckt. In
Regensburg startete die „Mittelbayerische Zeitung“ bereits mit der SilvesterAusgabe ihr „Mutmacher“-Konzept,
das im April mit zwei 112 Seiten umfassenden Beilagen fortgesetzt wurde.
Für Chefredakteur Gerd Otto ist
eine solche
bayerische Zeitung“ werden sich die
„Mutmacher“ deshalb wie ein roter Faden durch die weitere Arbeit in diesem
Jahr ziehen, wobei, so Otto, nicht überall „Mutmacher“ draufstehen muss,
wo dieser Aspekt tatsächlich drin ist.
uch in Augsburg hat „Die Mutmacher“-Aktion für Aufmerksamkeit gesorgt. Verlagsleiter Hilscher sieht darin die Möglichkeit, insbesondere in lokalen Märkten Kunden zu gewinnen und zu binden. Deshalb lag Bayerns größter Abozeitung
am 14. Mai der erste Teil von „Signale
2003“ bei, Teil 2 soll Ende Juni folgen.
Auch Hilscher sieht in Projekten wie
„Mutmacher“ oder „Signale“ nur ein
Beispiel für die Kreativität und Innovationskraft der Verlage. Für ihn stehen
individuelle Produkte und Paketlösungen – zugeschnitten auf Kunden, Wirtschaftsräume oder auch besondere Anlässe – im Fokus. Dazu gehören beispielsweise crossmediale Messepakete,
vom Ausstellungsführer bis zum Internetauftritt. „Aber auch eine oder zwei
Nummern kleiner muss es Angebote
geben“, so Hilscher.
Denn neben den Angeboten für
Kunden mit den entsprechenden Einzugsgebieten ist der lokale Markt, bei-
A
spielsweise für den inhabergeführten Einzelhandel um die
Ecke, ein wichtiger Bestandteil der Verkaufsstrategie der Schwaben. Crossmediale Produkte im Stellenmarkt
wurden bereits realisiert, demnächst
werden solche Projekte auch im Immobilienmarkt umgesetzt – wieder in Kooperation mit anderen Verlagshäusern.
Denn gerade mit der früher kaum
denkbaren Zusammenarbeit mit anderen bayerischen Regionalzeitungen hat
die „Augsburger Allgemeine“ gute Erfahrungen gemacht.
Sehr erfolgreich gestaltet sich die BYReisekombi mit den Partnern
„Münchner Merkur“, „Oberbayerisches Volksblatt“, „Donaukurier“,
Bewegung in Oberfranken
Beilage „keine
Eintagsfliege oder gar nur die Konsequenz aus einem offensichtlich dem
Zeitgeist entsprechenden Trend“. Lokale und regionale Medien unterscheiden sich für ihn ja gerade dadurch von
nationalen Anbietern, dass sie neben
der Wächterfunktion stets auch das
Ziel im Auge haben sollten, für eine
Region und die dort lebenden Menschen einzutreten. Für die „Mittel-
Seit Januar 2003 heißt die Oberfranken
Presse Plus „Oberfranken Kombi“ und
besteht nur noch aus den beiden Titeln
„Frankenpost“ und „Neue Presse“.
Gleichzeitig wechselte der „Fränkische
Tag“ zum „ZRO Zeitungsring Oberfranken“ und gesellte sich zu „Bayerische
Rundschau“, „Coburger Tageblatt“,
„Nordbayerischer Kurier“ und „Obermain-Tagblatt“. Die erweiterte Kombi
erzielt eine tägliche Auflage von über
160000 Exemplaren und erreicht damit über 400000 Leser im nördlichsten Teil Bayerns. Für ZRO-Anzeigenchef
Michael Rümmele war der Wechsel die
logische Konsequenz aus der geographischen Lage des „Fränkischen Tag“: „Es gibt
für den FT wesentlich mehr Gemeinsamkeiten zu den Regionen Bayreuth, Coburg, Kulmbach und Lichtenfels als in die
Region Hof/Suhl.“ Die neue Einheit habe
eine höhere Wertigkeit im Preis-Leistungs-Verhältnis und greife besser in den
Planungsprogrammen der Agenturen.
Auch im weiteren Verlauf des Jahres sorgte der „Fränkische Tag“ für Furore. Mit der
Einweihung des dritten Druckturms
brachten die Bamberger Ende Februar
das Projekt „Integrierte Verlagssysteme“ (VIS) zum Abschluss. 13,5 Millionen
Euro investierte das mittelständische Unternehmen, um die komplette Produktion von der redaktionellen Texterstellung
über Anzeigenerfassung und Plattenherstellung bis zum Druck in einen digitalen
Workflow einzubetten. Reichlich Geld in
die Hand nahm „FT“-Geschäftsführer Helmut Jungbauer auch, um dem Prozess
der Medienkonzentration in Oberfranken
entgegenzutreten. Im Januar verkündete
er die Beteiligung am Kulmbacher Verlagshaus Baumann, das die Titel „Bayerische Rundschau“ und „Coburger Tageblatt“ verlegt. Mit diesen beiden Zeitungen, die ihre Selbstständigkeit behalten,
erhöht sich die Gesamtauflage des „Fränkischen Tag“ auf 106000 Exemplare
täglich.
hof
„Passauer Neue Presse“ und
„Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung“, die über 3,1
Millionen Leser erreicht und
Süddeutschlands größten Reisemarkt darstellt. Zusammen mit
der „Süddeutschen Zeitung“
und dem „Donaukurier“ betreiben die Augsburger seit Oktober
2002 die Bayern-Stellen-Kombi,
kurz BSK, die Jobsuchende nicht
nur in den Ballungsräumen Augsburg, München und Ingolstadt,
sondern über die „Süddeutsche“
auch bundesweit erreicht.
Knapp eine Million Exemplare
verkaufen die drei Titel jeden Samstag und erreichen damit knapp 2,4
Millionen Menschen. Hilscher
denkt selbstverständlich über weitere Kombiprojekte nach: „Die bisherigen Beispiele zeigen, dass Märkte
sinnvolle und für Kunden zu Ende gedachte Produkte annehmen und sich
sehr positiv entwickeln können – auch
in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.“
Mit neuen Seitenformaten will man
einige 100 Kilometer nördlich den Erfolg finden. Für Würzburger Hofbräu
klappten die Macher der „Mainpost“
zwei Zeitungsblätter zur Hälfte zusammen und kreierten einen hochformatigen achtseitigen Werbefolder. Vierfarbig und auf hochwertigem Valsa-MattPapier gedruckt erhielt der Werbekunde eine echte Alternative zur normalen
1/1-4c-Anzeige, die beigelegt oder getrennt vertrieben werden kann. Das
bundesweit bekannte Rhön-Klinikum
in Bad Neustadt wird 2003 drei Gesundheitsjournale in diesen Formaten
produzieren. Das erste Produkt erschien bereits im April in einer Auflage
von 170000 Exemplaren.
it der „Kurier-Card“ hat der
„Nordbayerische Kurier“ Anfang Mai ein Projekt gestartet, das lokale Anzeigenkunden und Leser in ein
Vorteilsprogramm einbeziehen soll.
Michael Rümmele, Anzeigenleiter von
„Nordbayerischer Kurier“ und Zeitungsring Oberfranken: „Wir schaffen
damit die Klammer um die beiden
Kundengruppen einer Tageszeitung.“
Bereits fünf Tage nach dem Start hatte
sich über ein Viertel der knapp 40000
Abonnenten für die Kurier-Card beworben. Über 100 Anzeigenkunden
haben sich dem Projekt angeschlossen:
Sie gewähren den Abonnenten Rabatte
bis zu 11 Prozent, die das Blatt am Ende
des Monats an die Card-Besitzer auszahlt. Auch kleinste Unternehmen
können so an einem Kundenbindungsprojekt ohne Investitionskosten teilnehmen und sich im Marketing neue
Wege erschließen. Auch für den Verlag
soll sich die Kurier-Card auszahlen –
nicht zuletzt durch eine deutliche Erhöhung der Abo-Laufzeiten.
Thomas Hoffmann
M