25. Tagung (2005)

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25. Tagung (2005)
ERGEBNISVERMERK
25. Internationale Aus- und Fortbildungsveranstaltung
der Qualitätskontrolleure für Obst, Gemüse
und Speisekartoffeln
28. Februar – 02. März 2005
Impressum
Organisation:
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung,
Referat 413 - Qualitätskontrolle, Qualitätsnormen
Programm:
Qualitätskontrolldienste des Bundes und der Länder
der Bundesrepublik Deutschland
Tagungsort:
Gustav-Stresemann-Institut e.V. (GSI)
Langer Grabenweg 68
53175 Bonn
Herausgeber:
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
Referat 413 - Qualitätskontrolle, Qualitätsnormen
Deichmanns Aue 29
53179 Bonn
Tel.: +49 (0)228 6845 - 3429
Fax: +49 (0)228 6845 - 3945
[email protected]
www.ble.de
Redaktion:
Kerstin Funke
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Druck:
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Übersetzungen:
Ulrike Bickelmann
Kerstin Funke
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Internationale Arbeitstagung
Bonn, 2005
Inhaltsverzeichnis
Begrüßung............................................................................................................. 1
Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Qualitätssicherung,
Rückverfolgbarkeit und Zertifizierung nach QS, EUREPGAP, IFS ................... 4
Zertifizierung für verschiedene Systeme an Beispielen aus der
Praxis des Kartoffelanbaus.................................................................................. 7
Ahndung .............................................................................................................. 11
Ursprungsnachweis – Möglichkeiten und Grenzen der Isotopenanalyse...... 18
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung...................................... 22
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Kiwis ................................................. 30
Kiwis – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Frankreich .......................... 32
Ergebnis der Probenauswertung – Kiwis ......................................................... 34
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle ........... 35
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Avocados ......................................... 48
Avocados - Qualitätsproduktion und neue Sorten in Israel ............................ 53
Avocados – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Südafrika .................... 56
Ergebnis der Probenauswertung – Avocados.................................................. 61
Qualitätsbeurteilung bei Avocados mittels Trockenmasse
oder Fettgehalt .................................................................................................... 62
Normänderungen seit September 2004 ............................................................ 64
Objektive Tests zur Bestimmung der Reife bei Früchten................................ 67
Qualität von Äpfeln im Einzelhandel – ein Erfahrungsbericht ........................ 71
Sortendiagnostik bei Äpfeln .............................................................................. 74
Internationale Arbeitstagung
Bonn, 2005
Verzeichnis der Referenten
Bauer .................................................................................................................... 11
Böhme .................................................................................................................. 63
Coetzee ................................................................................................................ 60
East....................................................................................................................... 34
Egerer ............................................................................................................. 34, 60
Hickson ..................................................................................................... 52, 60, 61
Horstmann .............................................................................................................. 7
Kloos....................................................................................................................... 1
Lafitte .................................................................................................................... 32
Levin ..................................................................................................................... 48
Nelson................................................................................................................... 55
Peeters ................................................................................................................. 35
Schlüter................................................................................................................. 22
Schröder ............................................................................................................... 11
Semmelmeyer................................................................................................. 35, 66
Stark-Urnau .......................................................................................................... 73
Stevens............................................................................................... 30, 34, 35, 60
Sutor ..................................................................................................................... 70
Voerkelius ............................................................................................................. 18
Wurm ...................................................................................................................... 4
Begrüßung (Dr. R. Kloos)
Begrüßung
Dr. R. Kloos
(Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung)
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich begrüße Sie herzlich zur 25. Internationalen Arbeitstagung Qualitätskontrolle Obst und
Gemüse.
Wir feiern mit dieser Veranstaltung sozusagen ein silbernes Jubiläum. Die große Teilnahme von Vertretern aus Politik, amtlicher Kontrolle, Erzeugung und Handel zeigt, dass
es noch immer eine lebendige Veranstaltung ist.
Die Tagung findet in diesem Jahr erstmals in Bonn statt. Mit diesem Ortswechsel von
Geisenheim nach Bonn werden auch neue Ideen in der Veranstaltung aufgegriffen. Sie
erscheint nun unter einem neuen, moderneren Logo. Das Tagungszentrum bietet die
Möglichkeit, fast alle Teilnehmer unter einem Dach unterzubringen.
Der Veranstaltungsort Bonn wurde mit Bedacht gewählt. In Bonn wird ab Mai diesen Jahres der neue Dienstsitz der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, der BLE, in
der ehemaligen amerikanischen Botschaft sein.
Mit diesem Umzug der BLE von Frankfurt nach Bonn wird sich die Arbeit der BLE nicht
nur räumlich, sondern auch inhaltlich verändern. Mit dem Umzug wird die BLE umstrukturiert. So wie durch die Veränderungen in der Agrarpolitik die klassischen Aufgaben der
BLE in der Marktsteuerung über Intervention, Lagerhaltung und Beihilfen zurückgehen, so
sind wir jetzt dabei, neue Aufgaben zu übernehmen oder bestehende auszubauen in den
weit gefächerten Bereichen des Verbraucherschutzes, des Qualitätsmanagements und
bei den Kontrollen in der Wertschöpfungskette. Diese Tagung und dieser Arbeitsbereich
Qualitätskontrolle bei Obst und Gemüse sind dafür zweifellos hervorragende Anknüpfungspunkte für die BLE.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
diese Tagung wurde 1975 in Geisenheim für die deutschen Kontrolleure aus der Taufe
gehoben. Von Anfang an hatte die Tagung das Ziel, die Qualitätskontrolle soweit wie
möglich zu vereinheitlichen. Die Kontrolleure haben die Tagung stets genutzt, um voneinander zu lernen, Erfahrungen auszutauschen und Vereinbarungen zur einheitlichen Auslegung und Anwendung der Kontrollvorschriften zu treffen. Dem internationalen Angebot
bei Obst und Gemüse entsprechend öffnete sich die Tagung bereits nach wenigen Jahren
für Kollegen der europäischen Lieferländer, um schließlich ganz international zu werden.
Mit dem diesjährigen Programm wollen wir unterstreichen, dass die Vermarktungsnormen
vielfältige Funktionen wahrnehmen.
Sie dienen der Erzeugung:
Von den Erzeuger- und Lieferländern kommen die wichtigsten inhaltlichen Vorgaben für
die Vermarktungsnormen. Die Erzeuger können auf Grundlage der Vermarktungsnormen
ein abgestuftes, konkurrenzfähiges Angebot bereitstellen und ihre Kunden bedarfsgerecht
beliefern.
Sie dienen dem Handel:
Die Initiative zu diesen Normen ging vor Jahrzehnten vom Handel aus. Er sucht Kriterien,
anhand derer sich die Angebote vergleichen lassen. Er sucht Kriterien, die einen Kauf
ohne Besichtigung der Ware ermöglichen. Dieser Funktion der Vermarktungsnormen
kommt gerade im Zeitalter des E-Commerce eine besondere Bedeutung zu.
Sie dienen dem Verbraucher:
Er wird – bei Einhaltung der Mindesteigenschaften – vor nicht zum Verzehr geeigneten
Erzeugnissen geschützt und sie helfen ihm zu einem vergleichbaren Angebot.
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Begrüßung (Dr. R. Kloos)
Vermarktungsnormen dienen also allen Handelspartnern von der Erzeugung bis zum
Verbraucher, weil sie einen einheitlichen Vergleichsmaßstab bieten und für Transparenz
im Wettbewerb sorgen.
Die EG-Vermarktungsnormen sind ein geeignetes Medium zur Sicherung des Obst- und
Gemüsemarktes. Sie sind international abgestimmt. In den internationalen Gremien
UNECE, OECD und Codex Alimentarius sind die Erzeugerländer der Welt vertreten. Sie
bringen dort ihre Vorstellungen zu Qualitätskriterien ein.
Gleichzeitig stellen die an den Verhandlungen beteiligten Vertreter der Verbraucherländer
sicher, dass nicht ein Lieferland die anderen dominiert oder dass die Mindestforderungen
der Verbraucher vernachlässigt werden.
Transparenz und vergleichbare Wettbewerbsregeln auf Grundlage der Vermarktungsnormen sind allerdings nur zu gewährleisten, wenn sie auch überwacht werden. Die Überwachung schützt oder fördert indirekt die Erzeugung und den Handel.
Soweit der Staat ein Interesse daran hat, dass diese beiden Wirtschaftsteile erfolgreich
funktionieren, muss er für die Überwachung sorgen.
Die Kontrolle sollte von einer Stelle durchgeführt werden, die von wirtschaftlichen Interessen unabhängig ist. Dafür stehen die staatlichen Kontrollstellen. Einer Übertragung dieser
Funktionen auf die Wirtschaftsbeteiligten sind hier enge Grenzen gesetzt.
Ohne Zweifel: Diese staatlichen Kontrollen müssen effizient und kostengünstig durchgeführt werden. Die Möglichkeiten für eine verbesserte Zusammenarbeit von Bund und Ländern sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Wir müssen die Kräfte auch bei der Qualitätskontrolle und Überwachung zwischen Bund und Ländern bündeln und Synergien nutzen.
Die BLE und die Kontrolldienste der Länder (u. a. Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg,
Schleswig-Holstein) unterstützen sich bei der Export-Kontrolle im Rahmen der Amtshilfe.
Die Ansatzpunkte zur Zusammenarbeit sind vielfältig. Nutzen Sie diese Tagung auch, um
sich über dieses Thema auszutauschen und tragen Sie dies in Ihre oberen und obersten
Behörden. Die BLE ist auf jeden Fall zu einem Ausbau der Zusammenarbeit mit den Länderkontrollorganen – zum beiderseitigen Nutzen und insbesondere zum Nutzen des
Verbraucherschutzes – bereit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Kontrolle wird auch dann effizienter, wenn man die richtigen Methoden anwendet. Und
damit sind wir wieder beim Thema der heutigen Veranstaltung.
Das diesjährige Programm ist ganz auf die Kontrolle der inneren Qualität von frischen
Erzeugnissen verpflichtet. Die EG-Kommission hat sich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten in den letzten Jahren immer mehr darum bemüht, in die Vermarktungsnormen objektive Messkriterien aufzunehmen, mit denen die genügende Reife der Früchte gewährleistet
werden kann. Mit der entsprechenden Kontrolle dienen die Vermarktungsnormen nicht nur
der Qualitätssicherung und der Markttransparenz, sondern auch gezielt dem Verbraucherschutz.
In diesem Sinne wird heute die jüngste Revision der Vermarktungsnorm für Kiwis behandelt. Diese Norm hat eine Schlüsselstellung: 1990 war sie die erste Norm, in der ein Mindest-Brixwert zur Bestimmung der Erntereife festgesetzt wurde.
Morgen steht die revidierte Vermarktungsnorm für Avocados auf dem Programm. Auch
diese Norm wird künftig objektiv messbare Kriterien zur Gewährleistung einer genügenden Reife enthalten.
Weitere wichtige Programminhalte sind die Sortendiagnostik bei Kernobst. Hier erhoffen
sich die Kontrolleure schon seit Jahren Unterstützung durch den genetischen Fingerabdruck. Die Möglichkeiten und Grenzen einer Technik, die in den letzten Monaten ja auch
in anderem Zusammenhang heiß diskutiert wird, werden hier beleuchtet.
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Begrüßung (Dr. R. Kloos)
Der Schlussvortrag, in dem die Ergebnisse von Kontrollen im Einzelhandel am Beispiel
des Apfels dargestellt werden, wird sicher für alle Teilnehmer von großem Interesse sein.
Hier werden dann auch klare Aussagen zur Notwendigkeit von staatlichen Vermarktungsnormen, staatlicher Kontrolle und Eigenverantwortung der Wirtschaft getroffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
was wäre jedoch eine Tagung mit internationalem Standard ohne den geselligen Teil. Der
1992 ins Leben gerufene Rheingau-Abend wird am neuen Ort als Rheinland-Abend fortbestehen. Neu ins Programm genommen wurde der Begrüßungs-Umtrunk am Ende des
ersten Veranstaltungstages.
Damit werden die ernsthaften Diskussionen um die Fachthemen mit dem geselligen Beisammensein verknüpft. Sie, die Tagungsteilnehmer, sollen damit auch ein Stück der vielfach beschriebenen rheinischen Leichtigkeit erleben.
Gestatten Sie mir zum Schluss ein Wort des Dankes an die Referenten, die wesentlich
zum Gelingen dieser Veranstaltung beitragen. Sie sind aus allen Teilen der Welt angereist
und haben es auf sich genommen, in einem vollen Terminkalender die Vorbereitungen für
diese Tagung zu integrieren. Dafür danke ich Ihnen herzlich.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine gewinnbringende
Tagung.
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Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Qualitätssicherung,
Rückverfolgbarkeit und Zertifizierung nach QS, EUREPGAP, IFS (H. Wurm)
Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Qualitätssicherung,
Rückverfolgbarkeit und Zertifizierung nach QS, EUREPGAP, IFS
H. Wurm
Rückverfolgbarkeit: Seit dem 01. Januar 2005 gelten in allen Mitgliedstaaten der EU die
Grundsätze der Rückverfolgbarkeit gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002
zur Feststellung der allgemeinen Grundsätze und Erfordernisse des Lebensmittelrechts
und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit. Mit dieser Verordnung ist
gesetzlich festgelegt, dass die Rückverfolgbarkeit in allen Produktions-, Verarbeitungsund Vertriebsstufen sicherzustellen ist. Die Verordnung gilt für Lebens- und Futtermittel in
gleicher Weise. Das bedeutet für die Landwirte, dass sie die Rückverfolgbarkeit der von
ihnen erzeugten Lebensmittel (z. B. Getreide, Kartoffeln, Obst, Gemüse) durch geeignete
Systeme und Verfahren sicherstellen müssen.
Ab 01. Januar 2006 gelten in der Europäischen Union neue Bestimmungen zur
Lebensmittelhygiene. Nach fast vier Jahre währenden Verhandlungen verabschiedeten
die EU-Agrarminister das so genannte Lebensmittel-Hygienepaket, mit dem die bislang
in über 17 Richtlinien verstreuten Hygieneanforderungen durch vier Verordnungen ersetzt
werden. Die neuen Rechtstexte betreffen die allgemeine Hygiene, die Hygiene von
Lebensmitteln tierischen Ursprungs, die amtlichen Kontrollen sowie die Tiergesundheit bei
für den Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs. Eine zeitgleich
verabschiedete Richtlinie dient der Aufhebung der bisher geltenden Vorschriften.
Eckpunkt der neuen Hygienebestimmungen bildet das System kritischer Kontrollpunkte
(HACCP), das in allen Sektoren der Lebensmittelherstellung eingeführt wird – mit
Ausnahme der landwirtschaftlichen Primärproduktion. Der Agrarsektor kann jedoch
Leitlinien für die gute Verfahrenspraxis erarbeiten, in denen Verpflichtungen bezüglich der
Lebensmittelhygiene aufgeführt werden. Außerdem wird den Landwirten nahe gelegt,
soweit wie möglich die HACCP-Grundsätze anzuwenden. Dazu zählen die
Gefahrenanalyse zur Ermittlung potentieller Risiken der Lebensmittelsicherheit, die
Feststellung der kritischen Kontrollpunkte zur Vermeidung solcher Risiken, die Festlegung
kritischer Grenzwerte, die Überwachung der Kontrollpunkte sowie Abhilfemaßnahmen bei
Zwischenfällen.
Produktzertifizierung: Seit letztem Jahr fordern die großen Ketten des Lebensmitteleinzelhandels (z. B. Tengelmann, Rewe, Aldi, Lidl oder Metro) zunehmend von den Anbauern von Kartoffeln, Obst und Gemüse eine Zertifizierung nach dem QS-PrüfsiegelProgramm, EUREPGAP oder IFS (International Food Standard). In allen drei Fällen handelt es sich um eine so genannte Produktzertifizierung und nicht um Qualitätsmanagement nach der Norm ISO 9001 oder anderen Normen.
Das QS-Prüfsiegel (QS) ist ein Konzept für die verlässliche, stufenübergreifende Prozess- und Herkunftssicherung bei der Erzeugung, der Verarbeitung und der Vermarktung
von Lebensmitteln. Für den Verbraucher wird das neue Konzept durch das QSPrüfzeichen sichtbar. Lebensmittel, die das QS-Prüfzeichen tragen, werden nach verbindlichen Kriterien der einzelnen Stufen hergestellt. Der Herstellungsprozess ist durchgängig
dokumentiert und kontrolliert. Anhand des QS-Prüfzeichens kann der Verbraucher die
Qualität des Produktionsprozesses transparent vom Feld bis zur Ladentheke nachvollziehen.
Das QS-System wurde zunächst im Fleischsektor (Schweine, Rinder, Schafe) etabliert.
Jetzt erweitert sich das System auf die Bereiche Kartoffeln, Obst und Gemüse und im
laufenden Jahr auch auf Getreide und Hackfrüchte.
Das QS-Prüfzeichen steht für dokumentierte und kontrollierte Lebensmittelproduktion vom
Feld bis zur Ladentheke. Das QS-System schreibt jeder an der Lebensmittelproduktion
beteiligten Prozessstufe bestimmte Standards und Kontrollsysteme vor, die dem Verbraucher eine durchgängige Rückverfolgbarkeit vom Verkauf bis zum Erzeuger ermöglichen.
Jede Prozessstufe kann sich auf die Einhaltung der QS-Kriterien in der vorgeschalteten
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Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Qualitätssicherung,
Rückverfolgbarkeit und Zertifizierung nach QS, EUREPGAP, IFS (H. Wurm)
Produktionsstufe verlassen. Dieser systemübergreifende Ansatz schafft mehr Transparenz und Sicherheit beim Prozess der Lebensmittelerzeugung. Das Dokumentations- und
Eigenkontrollwesen der QS-Systemteilnehmer wird durch neutrale Kontrollstellen überprüft.
EUREPGAP: Einige Handelsketten fordern von den landwirtschaftlichen Anbauern von
Kartoffeln, Obst und Gemüse eine Zertifizierung nach EUREPGAP. „EUREP“ steht für
Euro-Retailer Produce Working Group (oder Arbeitsgruppe europäischer Handelsunternehmen) und „GAP“ steht für Good Agricultural Practice (gute landwirtschaftliche Praxis).
Bei EUREPGAP handelt es sich um eine länderübergreifende Handelsmarke zur Qualitätssicherung im Obst-, Gemüse- und Kartoffelbereich und anderen Produktbereichen,
initiiert vom Lebensmitteleinzelhandel, vor allem von Handelsketten aus Großbritannien.
Die Food PLUS GmbH (Köln) ist zentrale Anlaufstelle für das EUREPGAP-System. Food
PLUS ernennt Zertifizierungsstellen zur Erteilung, Bestätigung und Entzug der EUREPGAP-Lizenz an einzelne Erzeuger oder Vermarktungsorganisationen. Beim EUREPGAPSystem unterscheidet man zwischen „kritischen Muss-Kriterien“ (KO-Kriterien), „nicht kritischen Muss-Kriterien“ (Erfüllungsgrad = 95 %) und so genannten „Kann-Kriterien“ mit
Empfehlungscharakter. Im Gegensatz zum QS-Prüfsiegel-Programm werden beim EUREPGAP-System nur die Erzeugerbetriebe überprüft. Auch ist die Prüfsystematik beider
Systeme direkt nicht vergleichbar.
International Food Standard (IFS) ist ein System zur Auditierung von Eigenmarkenproduzenten. Die HDE Trade Service GmbH (Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin) ernennt
Prüfinstitute, die Eigenmarkenlieferanten zertifizieren. Die Zertifizierung erfolgt nach so
genannten IFS-Standards mit folgenden Schwerpunkten:
Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem
-
Verantwortlichkeit des Managements
-
Ressourcenmanagement
-
Herstellungsprozess
-
Messungen, Analysen, Verbesserungen
Die Inhalte für die Zertifizierung nach IFS sind:
-
Lebensmittelsicherheitsmanagementsysteme
-
Gute landwirtschaftliche Praxis
-
Gute Herstellungspraxis
-
Gute Handelspraxis
-
HACCP-Systeme
Beteiligte Unternehmen sind bisher die Metro AG, Rewe, Edeka, Aldi, Tengelmann, AVA,
tegut, Markant, Lidl, Spar und Globus. Beim IFS handelt es sich um ein umfassendes
Zertifizierungssystem im Bereich der Eigenmarkenproduzenten einschließlich der Frischwarenlieferanten. Aldi schreibt das System ab Januar 2004 verbindlich vor. Bisher sind
die landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe nur dann betroffen, wenn es sich um einen so
genannten Abpackbetrieb handelt.
Fazit: Die landwirtschaftlichen Unternehmen können sich den Fragen der Rückverfolgbarkeit und „Qualitätssicherung“ kaum noch entziehen. Zum Einen kommen die Fülle der
gesetzlichen Forderungen zum Tragen und die Regelungen von Cross Compliance (z. B.
Einhaltung bestimmter Umweltstandards). Des Weiteren liegen schon die konkreten Forderungen der Abnehmer vor. Das System EUREPGAP bezieht derzeit den Lebensmitteleinzelhandel nicht mit ein, gibt aber einen umfassenden Überblick über die kritischen und
zu beachtenden Punkte des Produktionsprozesses in klarer, übersichtlicher Form. Die von
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Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Qualitätssicherung,
Rückverfolgbarkeit und Zertifizierung nach QS, EUREPGAP, IFS (H. Wurm)
EUREPGAP vorgegebene Dokumentationspflicht des Produktionsprozesses stellt auch
eine praktisch vollständige Dokumentation der gesetzlichen Vorschriften dar. Beim QSPrüfsiegel handelt es sich um einen systemübergreifenden Ansatz. Alle an der Produktion, Weiterverarbeitung und dem Vertrieb beteiligten Unternehmen werden überprüft. Aus
landwirtschaftlicher Sicht ist die Einführung eines anerkannten Qualitätsstandards im Hinblick auf die Absatzsicherung als positiv einzustufen. Hinzu kommt die damit verbundene
Erfüllung der geforderten gesetzlichen Kriterien. Ökonomisch belastend sind der höhere
Arbeitsaufwand und die Kosten für die Zertifizierung.
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Zertifizierung für verschiedene Systeme an Beispielen aus der Praxis des Kartoffelanbaus
(I. Horstmann)
Zertifizierung für verschiedene Systeme an Beispielen aus der Praxis des
Kartoffelanbaus
I. Horstmann
Zur Zeit gibt es in Deutschland mit EUREPGAP und QS Obst und Gemüse, Kartoffeln
zwei Qualitätssicherungssysteme, nach denen sich ein Gemüse- oder Kartoffelerzeuger
zertifizieren lassen kann. Für Kartoffelerzeuger, deren Kartoffeln in die Niederlande
exportiert werden, kommt zusätzlich das VVA-(Lebensmittelsicherheits-)Zertifikat hinzu.
Seit 2002 waren es vor allem Betriebe, die Verarbeitungsware oder Speiseware für die
europäischen Nachbarn wie z. B. die Niederlande oder Belgien anbauten, die sich nach
EUREPGAP oder landeseigenen Standards zertifizieren lassen mussten. Heute müssen
sich auch Betriebe, die Speisekartoffeln für den inländischen Markt anbauen, zertifizieren
lassen.
Während große Lebensmitteleinzelhändler wie Metro auf EUREPGAP setzen, fordern
REWE und EDEKA Nord QS von ihren Erzeugern.
EUREPGAP
EUREPGAP beschreibt die gute fachliche Praxis auf der landwirtschaftlichen Stufe weltweit und ist ein Dokumentations- und Kontrollsystem, das ausschließlich für den Erzeuger
und nicht für den Handel erfasst.
Entschließt sich ein Landwirt an einer Zertifizierung teilzunehmen, ist die Teilnahme an
einer Schulung ratsam. Die Schulungen werden von den Landwirtschaftskammern,
Erzeugergemeinschaften oder Vermarktungsorganisationen angeboten.
Die Anmeldung erfolgt in der Regel direkt bei einer Zertifizierungsgesellschaft. Zur Vereinfachung kann jedoch auch eine Vermarktungsorganisation oder Erzeugergemeinschaft
Adressen von Betrieben sammeln und diese „gebündelt“ an eine Zertifizierungsgesellschaft weitergeben.
Zur Vorbereitung auf die Kontrolle muss ein Erzeuger die Anforderungen des Systems im
Betrieb umsetzen. Dass können bauliche und/oder organisatorische Maßnahmen sein.
Zusätzlich ist eine Eigenkontrolle des Betriebsleiters anhand der EUREPGAP-Checkliste
durchzuführen. Bei Nichterfüllung von Kriterien sind Korrekturmaßnahmen festzulegen
und zu dokumentieren.
Danach erfolgt die Terminvereinbarung mit dem Kontrolleur der Zertifizierungsstelle. Eine
Kontrolle vor Ort dauert in der Regel 3 bis 4 Stunden.
Die Kontrolle setzt sich aus einer Betriebsbegehung und der Einsicht in die geforderten
Unterlagen zusammen. Bei der Betriebsbegehung wird u. a. das Pflanzenschutzmittellager, ggf. das Dünge- oder Kartoffellager und die Pflanzenschutzspritze begutachtet.
Bei der Durchsicht der Unterlagen ist vor allem die Ackerschlagkartei, d. h. die
Aufzeichnungen zu Düngungs-, Pflanzenschutzmaßnahmen sowie Pflanzung und Ernte
von Bedeutung.
Der Kontrolleur füllt die Checkliste aus und teilt ein vorläufiges Ergebnis mit. Mögliche
Auflagen kann der Erzeuger innerhalb einer bestimmten Frist nachreichen. Die endgültige
Entscheidung trifft die Zertifizierungsstelle. Ist die notwendige Punktzahl erfüllt, erhält der
Betrieb ein Zertifikat.
Jährlich erfolgt die Eigenkontrolle durch den Betriebsleiter und die neutrale Kontrolle
durch die Zertifizierungsstelle. Zusätzlich erfolgt jährlich eine Rückstandsanalyse auf
Pflanzenschutzmittel am Produkt.
Bei EUREPGAP gibt es zwei Möglichkeiten der Teilnahme: die Einzelzertifizierung und
die Gruppenzertifizierung. Bei der Einzelzertifizierung bewirbt sich ein einzelner Erzeuger
um ein EUREPGAP-Zertifikat. Bei der Gruppenzertifizierung erhält eine Gruppe von Er
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Zertifizierung für verschiedene Systeme an Beispielen aus der Praxis des Kartoffelanbaus
(I. Horstmann)
zeugern ein Zertifikat, sofern gemäß Anforderungen von EUREPGAP ein Qualitätsmanagementsystem besteht und alle registrierten Mitglieder der Gruppe einer internen Kontrolle unterzogen werden.
Inhaltlich setzt sich der EUREPGAP-Kriterienkatalog aus 14 Kapiteln zusammen:
1. Rückverfolgbarkeit
2. Aufzeichnungen und Eigenkontrolle
3. Sorten und Unterlagen
4. Standorte und Bewirtschaftung
5. Boden und Substratbehandlung
6. Düngung
7. Bewässerung und Bewässerungsdüngung
8. Pflanzenschutz
9. Ernte
10. Handhabung von Erzeugnissen
11. Abfall- und Umweltmanagement, Recycling
12. Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, sowie soziale Belange
13. Umwelt
14. Beschwerdeformular
Zu jedem der 14 Punkte gibt es eine Reihe von Kriterien, die erfüllt werden müssen.
Dabei wird in „kritische Muss-Kriterien“ (KMK), „nicht kritische Muss-Kriterien“ (NKM) und
„Kann-Erfüllungskriterien“ unterschieden. Die KMK müssen zu 100 % erfüllt werden, die
NKM müssen zu 95 % erfüllt werden und die Kann-Erfüllungskriterien haben
Empfehlungsniveau.
Zu den kritischen Muss-Kriterien zählen u. a. Rückverfolgbarkeit des Produktes, Führung
der Ackerschlagkartei, Risikoanalyse des Standortes (Zupacht neuer Flächen), Einsatz
von Klärschlamm, Qualität des Bewässerungswassers, Waschwassers und der Einsatz
zugelassener Pflanzenschutzmittel.
QS Kartoffeln, Obst und Gemüse
Die Erstanmeldung für Erzeuger geht nur über den sogenannten Bündler. Die zugelassenen Bündler sind auf den Internetseiten von QS einzusehen. Bündler sind in der Regel
Erzeugergemeinschaften oder Verbände. Die Aufgabe des Bündlers sind die Beratung bei
der Umsetzung der Anforderungen, die Organisation der Audits, der Informationsaustausch und das Rückstandsmonitoring. Zur Durchführung des Rückstandsmonitorings gibt
es seit Anfang des Jahres von QS genaue Vorgaben bezüglich Probenahme, Analysenmethode und Zulassung des Labors.
Die Erstanmeldung für den Fruchthandel und den Kartoffelgroßhandel kann nur über das
Internet bei der zentralen QS-Datenbank erfolgen. Für die Auswahl des Prüfinstituts ist
der Betrieb selbst verantwortlich. Der Bündler meldet die Betriebsdaten der QSDatenbank und beauftragt ein Prüfinstitut. Alle erforderlichen Vorlagen und Anforderungen
kann sich der Betriebsleiter im Internet herunterladen. Auch bei QS muss eine Eigenkontrolle durch den Betriebsleiter anhand einer Checkliste durchgeführt werden. Danach erfolgt auch hier die neutrale Kontrolle durch ein Prüfinstitut. Ab einem Erfüllungsgrad von
70 % wird ein Betrieb zugelassen. Danach erfolgt der Vertragsabschluss und die Zeichenvergabe.
8
Zertifizierung für verschiedene Systeme an Beispielen aus der Praxis des Kartoffelanbaus
(I. Horstmann)
Bei QS ist die Kontrollhäufigkeit abhängig vom Prüfergebnis:
Prüfergebnis
70 bis < 80 %
80 bis < 90 %
90 bis 100 %
nächste Kontrolle in
1 Jahr
2 Jahren
3 Jahren
Der Anforderungskatalog setzt sich aus folgenden Punkten zusammen:
•
Standort
•
Pflanzgut
•
Bodenbearbeitung
•
Düngung
•
Pflanzenschutz
•
Erntevorbereitung
•
Ernte und Transport
•
Hygiene
•
Betriebliche Zukäufe und Lagerung
•
Fortbildung
•
Rückstandsuntersuchungen
Für einen landwirtschaftlichen Betrieb bieten sich folgende Möglichkeiten der Zertifizierung:
-
QS
-
EUREPGAP
-
Kombi-Audit QS EUREPGAP
-
EUREPGAP-Audit mit Zusatzcheckliste QS
Viele Zertifizierungsgesellschaften bieten Kombi-Audits an, bei denen beide Checklisten
in einem Audit geprüft werden.
IFS
Der Internationale Food Standard (IFS) ist für Abpackbetriebe, den Großhandel usw. und
wird z. B. von Aldi gefordert. Der IFS ist stark an ISO 9001 angelehnt.
•
Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem
QM-System, HACCP, Handbuch, Dokumentenlenkung
•
Verantwortlichkeiten auf Leitungsebene
Verantwortung, Engagement, Überprüfung der Organisationsleitung, Kundenorientierung
•
Ressourcenmanagement
Ressourcenverwaltung, Personal, Sozialeinrichtungen
•
Herstellungsprozess
Vertragsprüfung, Einkauf, Standards für Betriebsumgebung, Hygiene, Abfallentsorgung, Schädlingsbekämpfung, Allgemeine Rückverfolgbarkeit, Rückverfolgbarkeit
GVO, Allergenrisiken
•
Messungen, Analysen, Verbesserungen
Interne Audits, Prozesssteuerung, Aufspüren von Metallen, Kundenreklamationen,
Rückruf, Umgang mit nichtkonformen Erzeugnissen
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Zertifizierung für verschiedene Systeme an Beispielen aus der Praxis des Kartoffelanbaus
(I. Horstmann)
Entsprechend der Schwerpunkte sind 5 KO-Kriterien festgelegt, wobei die Prüfung nicht
erfolgreich abgeschlossen wird, wenn ein KO-Kriterium erfüllt ist:
•
HACCP: spezielle Überwachungsverfahren für jeden CCP
•
Engagement der Organisationsleitung: Organisationsleitung muss sicherstellen, dass
Mitarbeiter ihre Pflichten kennen.
•
Rückverfolgbarkeit: System zur Rückverfolgbarkeit zur Identifizierung von Produktlosen und deren Beziehung zu Chargen von Rohstoffen, Erst- und Endverbraucherverpackungen
•
Korrekturmaßnahmen: Schnellstmöglich Korrekturmaßnahmen ergreifen, um erneutes
Auftreten zu verhindern
Ein Audit dauert mindestens 1,5 Manntage vor Ort.
Bewertungssystem:
Basisniveau
Mindestanforderungen
>= 75 % Basisniveau
Gehobenes Niveau
Gute Praktiken
>= 90 % Basisniveau und
>= 70 % gehobenes Niveau
Empfehlungen
10
nachahmenswerte Praktiken
Ahndung (Dr. U. Schröder, N. Bauer)
Ahndung
Dr. U. Schröder, N. Bauer
S truktur R echtsgrundlagen
V O (E G ) 2 2 00 /9 6
V O (E G ) 1 1 4 8 /2 0 01
H a n d elskla ss en g e se tz
V O ü b e r E G -N o rm e n fü r O b st u n d G e m üs e
V O z u r D u rch füh ru n g d er M a rkto rg an isa tio n
fü r O b s t u n d G e m ü se
Vorsatz im OWiG
§ 10 OWiG Vorsatz und Fahrlässigkeit:
Als Ordnungswidrigkeit kann nur vorsätzliches Handeln geahndet werden, außer wenn
das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße bedroht.
§ 7 HKlG, § 13 HKlV Speisekartoffeln und § 7 VO über EG-Normen für O&G:
„Ordnungswidrig handelt, wer ......“
Das heißt, nach Handelsklassenrecht kann nur vorsätzliches Handeln geahndet werden.
Formen vorsätzlichen Handelns
Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges. Der Begriff des Vorsatzes leitet sich aus dem Strafrecht ab. Dort werden drei Formen unterschieden, die den
Vorsatz beschreiben.
•
Handeln in Absicht (Dolus directus 1. Grades)
•
wissentliches Handeln (Dolus directus 2. Grades)
• bedingter Vorsatz (Dolus eventualis)
---------------------------------------------------------------------------bewusste Fahrlässigkeit
11
Ahndung (Dr. U. Schröder, N. Bauer)
Handeln in Absicht
Dolus directus1 1. Grades („Absicht“):
Ich habe die Absicht und es ist mein zielgerichteter Wille, einen Verstoß zu begehen.
Beispiel:
Um Erdbeeren nach Frankreich verkaufen zu können, deklariere ich beim Umpacken
bewusst die falsche Sorte, weil diese im Empfängerland besonders gerne nachgefragt
wird und nur so der Kontrakt zustande kam.
Bedingter Vorsatz
Dolus eventualis2 („Eventual- oder bedingter Vorsatz“):
Ich halte den Taterfolg für möglich und nehme ihn billigend in Kauf. Abzugrenzen ist er
von der bewussten Fahrlässigkeit. „Na wenn schon.“
Nachweis des Vorsatzes
Der Vorsatz (subjektive Tatbestand) muss im Bußgeldbescheid nachgewiesen werden.
Mögliche Beweismittel sind:
•
Prüfbericht
•
Geständnis des Betroffenen
•
Indizien wie z.B. schriftliche Ermahnungen, Verwarnungen, Bußgeldbescheide,
Verurteilungen im Zusammenhang mit früheren Prüfungen, Mängelfeststellungen
bei früheren Prüfungen und Mitteilung darüber an Betroffene, Bestätigung des
Betroffenen, einen Gesetzestext erhalten zu haben...
Beachte: der Vorsatz muss für jeden Einzelfall nachgewiesen werden
Bewusste Fahrlässigkeit
Ich halte den Verstoß für möglich, bin aber nicht mit ihm einverstanden und vertraue
darauf, dass nichts passiert. „Wird schon gut gehen.“
Bewusste Fahrlässigkeit: ich erkenne die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung,
handele aber trotzdem entgegen meiner Einsicht pflichtwidrig.
1
Strafrecht: Dolus directus 1. Grades ("Absicht"): Die Absicht ist der zielgerichtete Wille, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.
2
Strafrecht: Dolus eventualis ("Eventual- oder bedingter Vorsatz"): nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der bedingte Vorsatz gegeben, wenn der Täter "den Taterfolg für möglich
gehalten und billigend in Kauf genommen hat". Abzugrenzen ist er von der bewussten Fahrlässigkeit. Der Eventualvorsatz ist grundsätzlich ausreichend, um den Vorsatz für eine Tat zu begründen.
12
Ahndung (Dr. U. Schröder, N. Bauer)
Eine Tat verletzt mehrere Gesetze
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Gesetze, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit
geahndet werden kann, oder ein solches Gesetz mehrmals, so wird nur eine einzige
Geldbuße festgesetzt.
(2) Sind mehrere Gesetze verletzt, so wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das
die höchste Geldbuße androht. (...)
Verwarnung
§ 56 Verwarnung durch die Verwaltungsbehörde OWiG
•
Bei geringfügigen Verstößen;
•
5 bis 35 € sofort oder mit einer angemessenen Frist;
•
Einverständnis des Betroffen vorausgesetzt;
•
Beleg aushändigen; Gebühren werden hierfür nicht erhoben;
•
Konsequenz: keine weitere Ahndung dieses Verstoßes mehr möglich.
Sperren der Ware
EG – Norm
Nationale Norm
•
Art. 9 Abs. 3 VO (EG)
Nr. 1148/2001
•
Bsp. Speisekartoffeln
•
§ 7 Abs. 1 Nr. 8 und 9
Verordnung über EGNormen für Obst und
Gemüse
•
Fakultative HKL
Nicht gleichzusetzen mit
Einziehen der Ware gem.
§ 22 OWiG
Einziehen der Ware
(1) Als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit dürfen Gegenstände nur eingezogen
werden, soweit das Gesetz es ausdrücklich zulässt.
§ 22 OWiG Einziehung
•
Im HKlG ist die Einziehung nicht ausdrücklich zugelassen.
13
Ahndung (Dr. U. Schröder, N. Bauer)
Bußgeld gegen jur. Person
§ 30 Geldbuße gegen jur. Personen und Personenvereinigungen
•
Regelverfahren (Abs. 1) Verfahren sowohl gegen handelnde Person als auch gegen
jur. Person;
•
Bußgeldrahmen aus Fachgesetz bzw. Verordnung;
•
Selbständige Festsetzung (Abs. 4);
•
Kein Verfall mehr anzuordnen aufgrund des vorliegenden Verstoßes.
Verjährung
§ 31 Verfolgungsverjährung OWiG
•
Die Verjährungsfrist richtet sich nach der Höhe des angedrohten Bußrahmens;
•
Die Verjährungsfrist beginnt zum Zeitpunkt der Beendung der Tat und nicht zum
Zeitpunkt der Feststellung;
•
Die Verfolgungsverjährung kann ruhen (§ 32 OWiG) oder unterbrochen werden
(§ 33 OWiG);
•
äußerste Grenze der Verjährungsfrist beträgt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch 2 Jahre.
Berechnung der Verjährungsfrist
•
Beispiel: Dreimonatsfrist
•
Verjährungsbeginn: 02.02. (Eintritt des Ereignisses)
•
Verjährungsende: 01.05.
•
Dies gilt auch, wenn der letzte Tag der Frist Sonn- oder Feiertag ist!
•
Fall der Unterbrechung: Bsp.: Frist wird nach 2 Monaten unterbrochen
•
→ Frist kann auch nach Unterbrechungsakt wiederholt unterbrochen werden mit der
Wirkung, dass neue Verjährung von drei Monaten beginnt, bis Zeitraum von 2
Jahren erreicht ist
14
Ahndung (Dr. U. Schröder, N. Bauer)
§ 17 (1) LMBG anwendbar
HKIG,
HKIV für SpKa
VO über EGNormen für O & G
LMBG
Schnittmenge: § 17 Abs. 1 Nr. 5 b LMBG
•
... „Es ist verboten irreführende Angaben zur Herkunft zu machen“.
- STRAFTATBESTAND lt. § 52 Abs. 1 Nr. 10 LMBG, wenn vorsätzlich begangen.
§ 17 (1) LMBG nicht anwendbar
HKIG,
HKIV für SpKa
VO über EGNormen für O & G
LMBG
Keine Schnittmenge: § 17 Abs. 1 Nr. 5 b LMBG
•
...Eine weitergehende Schnittmenge ausgehend vom Wortlaut „und andere Umstände, die für ihre Bewertung mitbestimmend sind“ ist nicht möglich, da hier der
Wert im engeren Sinne und nicht auf Größensortierung o. ä. Bezug genommen
wird.
•
Fahrlässiges Handeln bei Angabe der falschen Herkunft.
15
Ahndung (Dr. U. Schröder, N. Bauer)
Abgabe an Staatsanwaltschaft
§ 41 OWiG :
(1) Die Verwaltungsbehörde gibt die Sache an die Staatsanwaltschaft ab, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tat eine Straftat ist.
(2) Sieht die Staatsanwaltschaft davon ab, ein Strafverfahren einzuleiten, so gibt sie die
Sache an die Verwaltungsbehörde zurück.
Abgabe an die StA:
•
Vorrang der Straftat vor der OWi; Vorrang des Strafverfahrens vor dem Bußgeldverfahren (s. auch § 21 OWiG).
•
Anhaltspunkte für eine Straftat sind gegeben, wenn konkrete Tatsachen dafür vorliegen, dass eine Straftat verwirklicht ist.
•
Verfolgt die StA die Tat als Straftat, ist sie auch für die Verfolgung der Tat unter
dem Gesichtspunkt der OWi zuständig.
→ Zuständigkeit der VG endet mit der Abgabe.
Rückgabepflicht der StA, § 41 Abs. 2 OWiG:
•
StA sieht keine Anhaltspunkte für Straftat und leitet kein Ermittlungsverfahren ein.
•
StA führt Ermittlungsverfahren unter Gesichtspunkt der Straftat und OWi durch und
stellt es einheitlich ein
Rückgabe erfolgt an die VB, die abgegeben hat, durch Abgabeerklärung.
→ Folge: Zuständigkeitswechsel
Stellt die StA nur das Strafverfahren ein, gilt § 43 OWiG.
Übernahme durch Staatsanwaltschaft
§ 42 OWiG:
•
Die Staatsanwaltschaft kann bis zum Erlass des Bußgeldbescheides die Verfolgung
der Ordnungswidrigkeit übernehmen, wenn sie eine Straftat verfolgt, die mit der
Ordnungswidrigkeit zusammenhängt. Zwischen einer Straftat und einer Ordnungswidrigkeit besteht ein Zusammenhang, wenn jemand sowohl einer Straftat als auch
einer Ordnungswidrigkeit oder wenn hinsichtlich derselben Tat eine Person einer
Straftat und eine andere einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird.
•
......
16
Ahndung (Dr. U. Schröder, N. Bauer)
Abgabe an Verwaltungsbehörde
§ 43 OWiG:
•
Stellt die Staatsanwaltschaft in den Fällen des § 40 das Verfahren nur wegen der
Straftat ein oder übernimmt sie in den Fällen des § 42 die Verfolgung nicht, sind aber Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Tat als Ordnungswidrigkeit verfolgt
werden kann, so gibt sie die Sache an die Verwaltungsbehörde ab.
•
Hat die Staatsanwaltschaft die Verfolgung übernommen, so kann sie die Sache an
die Verwaltungsbehörde abgeben, solange das Verfahren noch nicht bei Gericht
anhängig ist; sie hat die Sache abzugeben, wenn sie das Verfahren nur wegen der
zusammenhängenden Straftat einstellt.
Die Ahndung der OWi unterliegt dem Opportunitätsprinzip d. h. die Ahndung liegt im
pflichtgemäßen Interesse der Behörde.
Die Verfolgung der Straftat unterliegt dem Legalitätsprinzip d. h. hier muss verfolgt
werden
17
Ursprungsnachweis – Möglichkeiten und Grenzen der Isotopenanalyse (S. Voerkelius)
Ursprungsnachweis – Möglichkeiten und Grenzen der Isotopenanalyse
S. Voerkelius
Der Authentizitätsnachweis von Lebensmitteln ist schon seit Beginn wissenschaftlicher
Lebensmittelforschung eine zentrale Fragestellung in der Lebensmittelchemie. Standen
ursprünglich der Gesundheits- bzw. der Schutz vor Täuschungen im Vordergrund, so
gewinnen Fragen nach der geographischen Herkunft – insbesondere im Zuge der
globalen Wirtschaftsweise – und Fragen nach der Produktionsweise an Bedeutung.
Die Gründe liegen zum einen darin, dass die Verbraucher bei Premiumprodukten
bestimmte regionale Herkünfte oder Produkte bestimmter Produktionsweisen besonders
schätzen und dafür höhere Preise zu zahlen bereit sind. Zum anderen ist auch nach der
EG-Verordnung 178/2002 die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln sicherzustellen.
Für den Verbraucherschutz und nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben sind deshalb
neben der Rückverfolgbarkeit auf dokumentarischem Weg objektive, analytische Methoden notwendig, um Kontrollen durchführen zu können.
Da echte und imitierte Produkte bei Berücksichtigung natürlicher Schwankungen anhand
ihrer chemischen Zusammensetzung oft nicht unterscheidbar sind, kann mit der
herkömmlichen Analytik allein ein Imitat nur schwer nachgewiesen werden. Hier sind
insbesondere als Analysenparameter die stabilen Isotopenverhältnisse geeignet, da sie
weitgehend typisch für die Authentizität sind und im Verlauf der Herstellung und
Verarbeitung meist stabil bleiben.
Die Isotopenanalytik wird deshalb seit vielen Jahren für die Authentizitätsprüfung an Wein,
Spirituosen, Fruchtsaft, Honig, Gemüse, Milchprodukten allein oder als Ergänzung zu den
konventionellen Methoden erfolgreich eingesetzt. Seit 1990 sind in der EU bereits einige
Isotopen-Methoden offiziell anerkannt worden.
Grundlage der Methode
Die Methode macht sich die variierenden Isotopen-Verhältnisse der stabilen leichten
„Bioelemente“ Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel zunutze,
welche die lebenden Systeme aufbauen. Die Variation der Isotopen-Verhältnisse ist
nämlich abhängig von der Herkunft eines Elementes und dessen Vorgeschichte bzw. den
physikalischen, chemischen oder biochemischen Umsetzungen, die von Isotopeneffekten
begleitet sind.
Die gleichzeitige Untersuchung der Isotopenverhältnisse des Kohlenstoffs, Stickstoffs,
Sauerstoffs, Schwefels und Strontiums nutzt den Vorteil, dass die spezifische Elementsignatur durch unterschiedliche Prozesse innerhalb des jeweiligen Kreislaufes geprägt
wird und somit jeder Parameter eine eigenständige Information beinhaltet.
So erlauben die an Proben durchgeführten Isotopenbestimmungen Rückschlüsse auf die
geographische Herkunft über klimatische und geographische Verhältnisse (18O, 2H und
z. T. 13C), physiologische Unterschiede (13C), die landwirtschaftliche Praxis und
Bodengegebenheiten (15N) sowie die bodenbildenden Mineral- und Umweltgegebenheiten
(34S).
Ergänzend sind in manchen Fällen auch die Isotopenverhältnisse schwerer Elemente von
Nutzen, insbesondere solcher, die Isotope radiogenen Ursprungs enthalten (z. B. Sr, Pb),
da daraus Hinweise auf die geochemischen Bedingungen des Herkunftsortes abgeleitet
werden können. Die Variation der Isotopenverhältnisse geht bei diesen Elementen auf
radioaktive Zerfallsprozesse der jeweiligen Mutternuklide zurück. Die jeweiligen Werte
spiegeln dabei die regionstypische Gesteinszusammensetzung und das geologische Alter
wider.
Die verwendeten Isotopenparameter führen also zu einer Typisierung der Proben durch
sogenannte Isotopenfingerprints.
18
Ursprungsnachweis – Möglichkeiten und Grenzen der Isotopenanalyse (S. Voerkelius)
Die gemessenen Isotopenverhältnisse eines Stoffes werden als relative Abweichungen
von den Verhältnissen einer international einheitlichen Standardsubstanz angegeben.
Für die Überprüfung der geographischen Herkunft sind neben den Mess- und Präparationsverfahren als Beurteilungsgrundlage Vergleichsdaten von Isotopenverhältnissen
authentischer Referenzproben aus den zu betrachtenden Gebieten notwendig. Die jahreszeitliche Variation der Werte oder produktionstechnischen Besonderheiten unterschiedlicher Herkunft sind zu berücksichtigen. Die Datenbanken müssen um so umfassender sein, je heterogener eine Region im Hinblick auf die klimatischen, geologischen
und anbautechnischen Verhältnisse ist.
In Ausnahmefällen kann die Überprüfung der geographischen Herkunft auf der Basis des
Isotopenverhältnisses nur eines Elementes gelingen. In der Regel ist es jedoch notwendig, mehrere Elemente einer Probe zu untersuchen.
Für Isotopenbestimmungen an mehreren Elementen einer Probe (MultielementStabilisotopen-Analyse) war deshalb die Entwicklung von Analysensystemen, die gleichzeitig an einer Probe die Isotopenverhältnisse für 2 oder 3 Elemente messen können, ein
wesentlicher Fortschritt.
Unterscheidung ökologisch bzw. konventionell angebauter Gemüse
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Anbaumethoden liegt in der Düngung.
Im integrierten Anbau basieren die am häufigsten verwendeten N-Dünger auf Ammoniumnitrat. Im ökologischen Anbau ist der Einsatz von mineralischer N-Düngung grundsätzlich nicht erlaubt. Die verwendeten N-Dünger sind entweder pflanzlicher oder tierischer
Natur.
Da die 15N-Signaturen der Düngerarten sich voneinander unterscheiden, sollten sich die
Isotopengehalte auch in der Signatur der entsprechend gedüngten Pflanzen zeigen.
In einem einfachen Vorversuch im Gewächshaus wurde in Zusammenarbeit mit dem
Institut für Gemüsebau der TU München der Einfluss von mineralischem und organischem
Dünger auf die Isotopensignatur von Pflanzen untersucht. Es konnte gezeigt werden,
dass sich die Pflanzen nach 4-wöchiger Kulturzeit anhand der 15N-Gehalte in den Blättern
den Düngern eindeutig zuordnen ließen. Für die Pflanzen, die mineralisch gedüngt
wurden, lagen die N-Isotopengehalte bei -0,5 bis +1,5 ‰ δ15N. Für jene, die mit Kompost
bzw. mit Hornmehl gedüngt wurden, dagegen bei +8 bzw. bei +10 ‰ δ15N.
Aufgrund der auf der unterschiedlichen Düngung basierenden großen Unterschiede der
Isotopengehalte in den Pflanzen, wurden die Untersuchungen auf Feldversuche ausgedehnt.
Die Ergebnisse des Feldversuchs bestätigen einen
schaftungsweise auf den 15N-Gehalt, wenngleich die
den beiden Produktionssystemen geringer sind als in
sche Anwendung ist diese Methode zur Bestimmung
nicht mehr gesichert.
signifikanten Einfluss der BewirtUnterschiede der Werte zwischen
den Vorversuchen. Für die praktiunterschiedlicher Anbaumethoden
Eine gute Einsatzmöglichkeit für sie stellt allerdings der Intensivanbau von einigen Gemüsearten im Gewächshaus dar. Im integrierten Pflanzenanbau werden z. B. Tomaten und
Paprika nahezu ausschließlich in erdelosen hydroponischen Systemen kultiviert mit Nitrat
und Ammonium als N-Quelle. Im ökologischen Anbau müssen Gewächshauskulturen im
Boden kultiviert werden. Die verwendeten Dünger sind hauptsächlich Hornmehl und seit
einiger Zeit auch vegetabile Dünger.
Bei Paprika bzw. Tomaten aus konventionellem Anbau lagen die 15N Gehalte bei +2,5 ‰
bzw. +2 ‰ δ15N, wohingegen die 15N-Gehalte ökologisch produzierter Paprika und
Tomaten bei +6 ‰ δ15N lagen.
Aus einem Untersuchungsprogramm der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft
wurden Weizenproben aus organischer Produktion bzw. konventioneller Produktion untersucht. Die Proben stammten von verschiedenen Feldern der gleichen Region in Bayern.
19
Ursprungsnachweis – Möglichkeiten und Grenzen der Isotopenanalyse (S. Voerkelius)
Die 15N-Gehalte der Proben aus ökologischer Produktion zeigten vergleichsweise hohe
Werte. Der Mittelwert aller Proben lag bei +3,6 ± 1,6 ‰ δ15N. Proben aus konventioneller
Produktion weisen Werte von ca. 2,3 ± 1 ‰ δ15N auf, aber beide Gruppen zeigen große
Variationen und die Wertebereiche überschneiden sich.
Obwohl die Erwartungen sich bestätigen, dass Produkte organischen Anbaus höhere
15
N-Gehalte zeigen, ist eine Zuordnung von unbekannten Proben zu einer Produktionsweise nicht zweifelsfrei möglich.
Die 34S- Werte waren unabhängig von der Produktionsweise und zeigen eine Korrelation
mit der geographischen Herkunft (Mittelwert: 4,7 ± 1 ‰ δ34S).
Überprüfung der geographischen Herkunft
Beispiel Gewächshausanbau: Die Besonderheit einer Produktionsweise in den Niederlanden stellt eine Möglichkeit dar, im begrenzten Umfang die Ware zu charakterisieren,
wobei nicht die Produktionsart, sondern der damit verbundene Herkunftsnachweis von
Interesse ist.
In den Niederlanden wird in den kalten Monaten häufig im Gewächshaus das Kohlendioxid der Methanverbrennung – also das „Abfallprodukt“ der Beheizung – als zusätzliche
Kohlendioxidquelle genutzt. Der Isotopengehalt dieser CO2-Quelle hat sehr niedrige
13
C-Werte (ca. -50 ‰) gegenüber dem atmosphärischen CO2 (7,5 ‰ δ13C). Pflanzen aus
dieser Produktion weisen Werte von -36 bis -44 ‰ auf und unterscheiden sich deutlich
von Pflanzen, die ohne zusätzliche CO2-Begasung produziert werden (Werte um -24 bis
-29 ‰ δ13C).
Beispiel Knoblauch: Chinesischer Knoblauch erzielt auf dem Markt niedrigere Preise als
westeuropäische Ware. Mancherorts gab es die Vermutung, dass chinesische Ware umdeklariert wurde, um die Gewinnmarge zu erhöhen. Eine der wesentlichsten Fragestellungen war deshalb, ob mittels der Bestimmung der Isotopengehalte eine Unterscheidbarkeit
von Ware aus China von solcher aus Spanien und Italien möglich ist. Mitunter bestand
auch Interesse daran, ob argentinische Ware identifizierbar ist.
An Proben aus Spanien, Italien, Argentinien, China und Ägypten wurden die Isotope von
O, C, N, S und Sr untersucht. Es zeigte sich, dass für die Identifizierung chinesischer Ware die 87Sr Isotopengehalte am besten geeignet sind.
Chinesische Ware zeigte ein 87Sr/ 86Sr-Verhältnis von etwa 0,711 und damit einen deutlichen Unterschied zu spanischer und italienischer (sizilianischer) Ware mit einem Verhältnis von 0,708. Bei den 18O-Gehalten zeigen sich zu geringe Unterschiede und mitunter
treten auch Überschneidungen der Wertebereiche auf. Deshalb ist der 18O-Isotopengehalt
für den Herkunftsnachweis nicht geeignet.
Argentinische Ware lässt sich anhand der 18O und der 87Sr-Isotopengehalte identifizieren,
wenn die Ware in der Region Mendoza angebaut wird. Die 18O-Signatur des Wassers liegt
hier besonders niedrig, weil am Fuße der Anden Schmelzwasser aus einer Höhe von
5000-6000 m zum Bewässern genutzt wird.
Beispiel Äpfel: Äpfel mit definierter geographischer Herkunft haben insbesondere in Jahren mit schlechter Ernte einen höheren Preis. Besonders zu diesen Zeiten sind falsche
Deklarationen rentabel.
Die 18O-Gehalte von Äpfeln aus Bayern sind verschieden, je nach Anbauregion wie z. B.
das Bodenseegebiet oder die fränkischen Anbaugebiete.
Wesentlicher ist jedoch, aus dem Ausland importierte Äpfel von deutschen Äpfeln zu unterscheiden. Hier zeigt es sich, dass es oft nicht zielführend ist, Äpfel mit der Herkunft
Deutschland von z. B. Äpfeln aus Polen oder Frankreich zu unterscheiden, da die jeweiligen Wertebereiche für die einzelnen Länder sehr groß sind und sich überschneiden.
Sinnvoller ist es, die Isotopensignaturen der in Frage kommenden Regionen miteinander
zu vergleichen, um die deklarierte Herkunft zu prüfen.
20
Ursprungsnachweis – Möglichkeiten und Grenzen der Isotopenanalyse (S. Voerkelius)
Beispiel Spargel: Die Konsumenten und die Presse zeigen insbesondere bei Spargel ein
erhöhtes Interesse an der entsprechenden Herkunft. Erste Untersuchungen, die vor 5
Jahren durchgeführt wurden, ließen erkennen, dass einzelne Herkünfte auf Basis der 18OGehalte überprüfbar sind.
Im zeitigen Frühjahr sind die Preise, die für deutschen Spargel erzielt werden können, am
höchsten. Insbesondere zu diesem Zeitpunkt wurde mitunter importierter Spargel als bayerischer Spargel deklariert. Es galt zu klären, ob bayerischer Spargel von griechischem
unterschieden werden kann. Gerade zu Beginn der Spargelzeit zeigt bayerischer Spargel
relativ niedrige 18O-Gehalte und lässt sich besonders gut von Spargel aus Griechenland
unterscheiden.
Neue Erfordernisse auf dem Spargelmarkt sind die Unterscheidbarkeit des deutschen
Spargels von Herkünften wie Tschechien, Polen, Ungarn. Aufgrund oft ähnlicher klimatischer bzw. geologischer Verhältnisse ist die Unterscheidung schwierig und umfangreichere Datenbanken sind notwendig.
Beispiel Orangen: Basierend auf zahlreichen Messungen von Orangen (-säften) wesentlicher Anbauregionen (Kuba, Mexiko, Brasilien Südafrika und Florida) erweisen sich insbesondere die Schwefel- und Strontium-Isotopenverhältnisse für den Herkunftsnachweis
als geeignet.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich schließen, dass die Isotopenmethode ein großes Potential
für den Ursprungsnachweis beinhaltet. In der Regel lassen sich allerdings Einzeluntersuchungen gerichtsmäßig nicht verwerten, können aber als erste Hinweise für eine Fälschung verwendet werden. Damit die Aussagen gerichtsmäßigen Bestand haben, sind
genügend umfassende Datenbanken notwendig.
Für Fragestellungen, die nicht allein auf Basis der Isotopenmethode gelöst werden können, ist oft die Kombination mit konventionellen Methoden (z. B. MultielementUntersuchung) hilfreich.
Für Produkte mit geschützter Herkunftsangabe ist es sinnvoll, als eigenes Sicherungskonzept eigene Datenbanken zu erstellen. Diese Aufgabe könnte von entsprechenden
Verbänden für die Produzenten einer Region durchgeführt werden.
21
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung
O. Schlüter
Gartenbauliche Frischmarktprodukte sind aus den verschiedensten Gründen entlang der
gesamten Wertschöpfungskette besonders empfindlich gegen Qualitätsverluste. Sie bestehen aus lebenden Zellverbunden, die die während der Vegetationsperiode angesammelten Speicherstoffe in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen nach der Ernte
mehr oder weniger schnell abbauen. In einem Wettlauf mit der Zeit gehen für die menschliche Ernährung wichtige Komponenten verloren, lange bevor äußerlich wahrnehmbare
Anzeichen (Verfärbungen, Weichwerden) die Vermarktungsfähigkeit einschränken oder
das Erreichen einer Verderbgrenze signalisieren.
Internationale Studien gehen davon aus, dass bis zu einem Drittel der angebauten Produkte nach der Ernte durch unsachgemäße Handhabung verderben, noch bevor Sie den
Verbraucher erreichen. Selbst in sehr effizient arbeitenden Ketten in den Niederlanden
wird mit Verlusten von mehr als 10 % kalkuliert. Für die Akteure entlang der Wertschöpfungskette vom Erzeuger bis zum Verbraucher ist es daher wichtig zu wissen, in welcher
Phase (Erzeugung, Transport, Großhandel, Transport, Einzelhandel, Transport, Ladengeschäft) die größten Verluste auftreten, damit wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.
Neben den bereits genannten Totalverlusten sind jedoch auch biologische
Stoffumwandlungen für Qualitätsverluste verantwortlich, die für den Verbraucher erst im
fortgeschrittenen Stadium z. B. als Farb- oder Konsistenzveränderungen wahrnehmbar
werden. Temperaturabhängige Enzymreaktionen verursachen Qualitätsverluste durch den
Abbau von ernährungsphysiologisch wichtigen Inhaltsstoffen (Vitamine, Mineralstoffe,
bioaktive Substanzen), welche in der Regel nur mit aufwendigen Messverfahren ermittelt
werden können. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher kann dieser Verlust
bereits bis zu 50 % betragen. Unter praktischen Bedingungen in der Nacherntekette kann
dieser Einfluss nur indirekt über die Temperaturabhängigkeit eingeschätzt werden. Wenn
die thermische Belastung (z. B. als Integral der Temperatur über die Zeit in Form der
Temperatursumme) bekannt ist, sind Aussagen zum Grad des Abbaus von Inhaltsstoffen
möglich.
Die theoretischen Grundlagen für den Einsatz von Zeit-Temperatur-Summenmessern
wurden vor mehr als zwanzig Jahren erarbeitet. Sie gehen davon aus, dass Stoffwechselprozesse im Nacherntebereich nach zeit- und temperaturabhängigen Gesetzmäßigkeiten
ablaufen. Dies betrifft sowohl Inhaltsstoffverluste als auch Textur-, Konsistenz- und Farbveränderungen sowie mikrobielle Aktivitäten. Die jeweiligen Ansätze enthalten produktspezifische Konstanten, die in gesonderten Versuchsanstellungen für jede Produktart, ggf.
für einzelne Sorten, zu bestimmen sind. Kleine mobile Datenerfassungseinheiten (Logger), die ebenfalls seit einigen Jahren verfügbar sind, erfüllen zwar die notwendigen funktionellen Anforderungen, sind jedoch zu teuer für eine Breitenanwendung in der Qualitätssicherung. Darüber hinaus sind zusätzliche Aufwendungen erforderlich, um die Temperatur-Zeit-Information der örtlichen Komponente (Standort) zuzuordnen.
Im Sinne der Transparenz der Kette von Erzeugung über Verarbeitung und Handel zum
Verbraucher erfordern Qualitätssicherungssysteme wie z. B. IFS und QS sowie die amtliche Forderung nach einer Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit eine kettenübergreifende Datengewinnung und Dokumentation. Dazu gehören bei gartenbaulichen Erzeugnissen – neben Informationen zu Temperatur, Ort und Zeit - auch Informationen zu:
-
Produktart, Sorte, evtl. Handelsklasse und Herkunft (Erzeuger)
-
Erntezeitpunkt
-
Angaben aus der Vorernteperiode, die in Bezug zur Nacherntequalität gesetzt werden
können (Klima, Boden, Düngung, Bewässerung usw.)
22
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
-
Aufbereitung des Produkts und die Belastungen nach der Ernte
-
Verteilung und Verbleib des Produkts nach seiner Auslieferung.
Die bisher genutzten Systeme zur Temperaturüberwachung waren stationär in
Kühlräumen oder Transportern montiert oder mobil und wurden manuell
(Einstichthermometer, Infrarotthermometer) bedient oder funktionierten automatisiert und
produktbegleitend mit Datenloggern. Diese Systeme waren personalaufwendig, konnten
nur stichpunktartig eingesetzt werden, waren unflexibel und man erhielt keine räumliche
Zuordnung zum Messwert.
Zur Produktkennzeichnung konnte bisher nur das Barcode-System eingesetzt werden,
dass leider nur eine eingeschränkte Handhabung und keinen Datenaustausch erlaubte.
Für die Kontrolle von entsprechenden Prozessabläufen sind seit kurzer Zeit elektronische
Hilfsmittel verfügbar, die auf die Umverpackung aufgeklebt werden können. Sogenannte
Etikettensensoren, die etwa die Abmessungen einer Kreditkarte haben, speichern in
wählbaren Intervallen Temperaturen. Zusätzliche Informationen über das Produkt (z. B.
Herkunft, Erntetermin usw.) und den Prozess (Zeit, Ort) können unter Verwendung von
Schreib-/Lesegeräten auf der Karte abgelegt werden.
Grundsätzlich können mit den jetzt am Markt verfügbaren Etikettensensoren sowohl die
klimatischen Belastungen nach der Ernte, als auch die Informationen zur
Rückverfolgbarkeit dokumentiert werden. Hier sollen Möglichkeiten und Grenzen des
Einsatzes dieser Hilfsmittel bei der Vermarktung von Obst und Gemüse aufgezeigt
werden.
Entwicklungsstand und technologische Aspekte
In der Literatur und insbesondere auch in zahlreichen Internetquellen werden
Bezeichnungen wie Etikettensensor, Smartlabel, RFID-Tag (Radio Frequency
Identification) und Transponder verwendet und zusätzlich meist noch mit den Prädikaten
aktiv oder passiv versehen. Deshalb sollen hier einleitend einige Begriffserklärungen und
wesentliche Unterscheidungsmerkmale gegeben werden.
Die genannten Begriffe stehen alle für kleine, drahtlose elektronische Kommunikationsgeräte, die eingehende Signale aufnehmen und automatisch darauf antworten und gleichzeitig als Medium für den Transport von Informationen genutzt werden. Sie haben unterschiedliche Erscheinungsformen (Münzen-, Pillen-, Scheckkarten-, Zylinderform) mit
Hauptabmessungen von einigen Millimetern bis zu einigen Zentimetern.
Passive Einheiten verfügen über keine eigene Energiequelle und müssen daher mit Energie versorgt werden, damit die gespeicherten Informationen übertragen werden können.
Dabei kann die aus mehreren Windungen bestehende Antenne der passiven Einheit als
Spule angesehen werden, die sich im Wirkungsbereich der Antenne eines Schreib/Lesegerätes befindet (Induktion). Auf der passiven Einheit wird ein kleiner Kondensator
aufgeladen, der anschließend als Energiequelle für die Informationsübertragung zur Verfügung steht. Passive Einheiten können nur vergleichsweise wenige Informationen aufnehmen und haben lediglich eine Reichweite von maximal einem Meter. Sie haben im
Gegensatz zu den aktiven Systemen eine nahezu unbegrenzte Lebensdauer und sind
zudem wesentlich preiswerter. Die Funktionalität der passiven Einheiten entspricht der
z. Z. weit verbreiteten Barcode-Technik, bei der jedoch der direkte optische Kontakt zwischen Code und Lesegerät sichergestellt werden muss und bereits leichte Beschädigungen der Oberfläche zu Ausfällen führen. Führende Handelskonzerne erproben derzeit die
erfolgversprechende Technologie mit passiven Transpondern (oben beschriebene Funkübertragungseinheiten) an ausgewählten Warensortimenten in Großversuchen.
Aktive Einheiten sind mit einer internen Energiequelle ausgestattet, die für die Datenübertragung und/oder für die Stromversorgung eines zusätzlich vorhandenen Sensors zur
Messung eines äußeren Parameters genutzt werden kann. Nachfolgend wird ein mit einem Temperatursensor ausgestattetes System, das kommerziell verfügbar ist (Fa. KSW
Microtec, Dresden) und für erste Testreihen verwendet wurde, als Etikettensensor be
23
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
zeichnet. Der Begriff Etikettensensor ist etwas irreführend, weil es sich hier eigentlich um
ein komplettes, wenn auch einfaches, Datenerfassungssystem mit Analogeingang für die
Temperaturmessung handelt. Zusätzlich werden Möglichkeiten eröffnet über RadioFrequenz-Identifikation (RFID-Technik) berührungslos anwenderspezifische Daten in einen Datenspeicher sowohl zu schreiben als auch zu lesen. Während die Datenübertragung zwischen der Schreib-/Leseeinheit und dem Etikettensensor über Antennen mittels
Radiowellen von der Schreib-/Leseeinheit sichergestellt wird, werden die internen Prozesse auf der Sensorkarte (einschließlich der Temperaturmessung) durch eine auf der Karte
integrierte, nicht nachladbare Flachbatterie gespeist. Abb. 1 enthält eine schematische
Darstellung der Komponenten sowohl des Gesamtsystems als auch des eigentlichen Etikettensensors.
Im Vergleich mit vorhandenen Systemen zur Prozessüberwachung (z. B.
Miniaturdatalogger) besteht die eigentliche Innovation beim Etikettensensor darin, dass
zusätzlich zu den gemessenen Werten (Temperatur, Zeit) Informationen zu der örtlichen
Komponente und zum Produkt an ausgewählten, wichtigen Punkten in der Nacherntekette
automatisiert zur Verfügung gestellt werden können.
In Abhängigkeit von dem zu überwachenden Prozess ist deshalb die auf der Sensorkarte
vorhandene Datenspeicherkapazität zuzuordnen (vorzugsweise 3 x 64 Byte-Blöcke für die
Temperaturmessung, 1 Block für die zusätzlichen Daten). Damit können derzeit zwischen
zwei Schreib-/Leseoperationen maximal 48 Temperatur-Zeit-Kombinationen abgelegt
werden. Das Messintervall ist zwischen 5 s und 43200 s (12 h) einstellbar. Dementsprechend können Zeiträume zwischen 4 Minuten und 24 Tagen kontrolliert werden. Durch die
Wahl des Überwachungsmodus (Setzen von zwei Temperaturgrenzwerten) besteht die
Möglichkeit Speicherplatz zu sparen und damit den Überwachungszeitraum zu verlängern.
Es
besteht
zusätzlich
die
Möglichkeit
zwischen
zwei
unterschiedlichen
Aufzeichnungsmodi zu wählen. Bei der linearen Aufzeichnung wird die Messung
abgebrochen, wenn der Messwertspeicher voll ist. Einmal gespeicherte Wertepaare
werden im Gegensatz zu der zyklischen Aufzeichnung nicht überschrieben. Bei der
zyklischen Aufzeichnung wird die Messung fortgesetzt und das folgende Wertepaar wird
auf der Startadresse des Datenspeicherbereiches abgelegt usw., d. h. alte Messwerte
werden überschrieben.
Die z. Z. vorhandene Software besteht aus einer Basissoftware des Herstellers, die u. a.
die Messwerterfassung und Speicherung beinhaltet, und einer speziellen Anwendersoftware, die beispielsweise die Vergabe von Schreib-/Leserechten regelt. Die verfügbare
Anwendersoftware orientiert sich an speziellen Einsatzgebieten (z. B. Überwachung von
Medikamenten), d. h. sie ist in der vorhandenen Form für die Qualitätskontrolle von gartenbaulichen Frischmarktprodukten nur mit starken Einschränkungen verwendbar. Für
den zukünftigen Einsatz sind entsprechende Software-Applikationen zu erarbeiten, die
sich insbesondere auf die Handhabung der zusätzlichen Informationen (Art, Inhalt, Verschlüsselung, Schreib-/Leserechte) beziehen.
Die RFID-Technologie erlaubt also das Lesen speziell auf Produkten und Verpackungen
angebrachter Etiketten per Funksignal. Es handelt sich damit um eine zukunftsweisende
Entwicklung, die u. a. das Warenmanagement erleichtert, eine eindeutige Identifizierung
ermöglicht, mehr Funktionalität bietet als der herkömmliche Barcode (mehr Informationen,
Datenänderungen, ohne Sichtkontakt) und eine lückenlose Verfolgung der Waren vom
Hersteller bis zum Verbraucher und damit die frühzeitige Erkennung von Problemen
ermöglicht. Darüber hinaus können beliebig viele RFID-Etiketten gleichzeitig aus bis zu
einem Meter Entfernung gelesen werden und verursachen damit einen geringen
Arbeitsaufwand bei niedriger Fehlerquote.
24
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
Kriterien für den Einsatz in der Praxis
Die Anwendbarkeit von Etikettensensoren bei der Qualitätssicherung von Obst und Gemüse unter Berücksichtigung der produktspezifischen Herausforderungen und der praxisrelevanten Bedingungen ist das Ziel von derzeit laufenden Untersuchungen am Institut für
Agrartechnik in Potsdam - Bornim.
Im Rahmen von ersten Testserien unter praktischen Bedingungen wurden zunächst Fragestellungen im Zusammenhang mit der Temperaturmessung aufgegriffen. Das Zeitverhalten der Etikettensensoren bei wechselnden Umgebungstemperaturen wurde exemplarisch anhand einer realen Nacherntekette von ökologisch erzeugtem Brokkoli untersucht.
Parallel zu dem Etikettensensor wurde ein Miniaturdatalogger (Fa. Meilhaus) eingesetzt,
der Messwerte im Intervall von 10 Minuten speicherte. Bei einem Messintervall von zwei
Stunden kann der Prozess vom Erzeuger zum Verbraucher (Erzeuger, Transport,
Großhandel, Transport, Ladengeschäft) über einen Zeitraum von 4 Tagen überwacht
werden. Prozessabschnitte, die kleiner als das Messintervall sind, können auf diese Art
und Weise nicht kontrolliert werden. Dennoch wird deutlich, dass die Sensorkarte für die
Temperaturkontrolle, selbst bei starken Temperaturwechseln (z. B. im Ladengeschäft
Präsentation bei sommerlichen Temperaturen und anschließender Kühlung) geeignet ist.
Im vorliegenden Beispiel wurden Schreib-/Leseoperationen nur am Beginn und am Ende
des zu überwachenden Prozesses durchgeführt. Bei der Anordnung von mehreren
Schreib-/Lesestationen, denen festgelegte Rechte zugeordnet werden müssen, und einer
entsprechenden Organisation der Datenhandhabung können, auf den Gesamtprozess
bezogen, mehr als 48 Temperatur-Zeit Datenpaare erfasst werden (durch mehrmaliges
Auslesen des Messwertspeichers). Prinzipiell wären somit auch kürzere Prozessabschnitte (z. B. Transport über 1 Stunde) gut kontrollierbar. Dies ist von besonderer Bedeutung, da viele Nacherntestrukturen umfangreicher als die im Beispiel dargestellte
Kette sind. Häufig sind zwei Handelsorganisationen (Großhandel, Einzelhandel) involviert.
Im genannten praktischen Beispiel wurde die Sensorkarte an die Umverpackung gesteckt,
so dass nur eine kleine Kontaktfläche direkt mit der Verpackung verbunden war. Wenn
der Etikettensensor auf die Verpackung aufgeklebt wird, treten dem veränderten Wärmespeichervermögen entsprechende zeitliche Verzögerungen der Temperaturmessung auf.
Da die Art der Anbringung des Etikettensensors an der Verpackung das Zeitverhalten des
Sensors bei wechselnden Umgebungsbedingungen beeinflusst, sollen nachfolgende
Tests klären, ob der Einfluss von Hauptabmessungen (z. B. Materialdicke) und thermischen Materialeigenschaften (Wärmeleitfähigkeiten) der Verpackung auf die Messergebnisse unter Beachtung der Kontaktflächen gesondert untersucht werden muss.
Die eigentliche Zielgröße ist jedoch die thermische Belastung des Produktes in der Verpackung. Wenn der Etikettensensor außen an der Verpackung befestigt wird, sind Wärmeleitungs- und Wärmeübergangswiderstände wirksam, die positionsbedingt zu Differenzen zwischen der interessierenden Produkttemperatur und der gemessenen Temperatur
führen. Entsprechend wurde im Rahmen weiterer Untersuchungen ein Etikettensensor auf
die Umverpackung (NAPF-Kiste) geklebt. Der nach außen geführte Temperatursensor
eines Miniaturdataloggers wurde etwa im Zentrum der Umverpackung zwischen dem geernteten Brokkoli platziert. Zusätzlich wurde die Temperatur der Umgebungsluft mit einem
stationären Datalogger aufgezeichnet. Die mit ca. 5 kg Brokkoli (Einzelgewichte um
200 g) gefüllte Kiste wurde wechselnden Umgebungsbedingungen ausgesetzt. Das Produkt stand mit einer Lochfolie abgedeckt bei ca. 3 °C im Kühlraum. Die einzeln stehende
Kiste wurde mit Zwangsluft (ca. 1-2 m/s Luftgeschwindigkeit) angeströmt. Anschließend
befand sich die Kiste im Laborraum bei durchschnittlichen Verkaufsraumbedingungen (ca.
19 °C, freie Konvektion) und wurde dann nach etwa 6 h wieder in den Kühlraum gestellt.
In Abb. 2 sind die Temperaturveränderungen während des beschriebenen Zeitraumes
dargestellt.
25
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
Während der Erwärmungsphase bei freier Konvektion zeigen sich über lange Zeiträume
(> 12 h) deutliche Temperaturdifferenzen zwischen der mit dem Etikettensensor gemessenen Temperatur und der Temperatur im Zentrum der Verpackung. Bei leichter
Zwangsluftbewegung in der anschließenden Abkühlphase gleichen sich die Temperaturen
in einem Zeitraum von ca. 5 h nahezu vollständig wieder an. Auch wenn die Temperaturdifferenz zwischen mittlerer Produkttemperatur und mit dem Etikettensensor gemessener
Temperatur geringer ausfallen wird, ist erkennbar, dass entsprechende Vorarbeiten zu
leisten sind, um mit dem außen angebrachten Sensor die thermische Belastung des innen
liegenden Produktes zu ermitteln. Nach einer Modellbildung und der notwendigen Erarbeitung einer Softwareanpassung sollen daher, beginnend im Frühjahr 2005, weitere Versuchsreihen zur Erprobung des Gesamtsystems (einschließlich Schreib-/Leseoperationen
mit differenzierten Rechten) in realen Nachernteketten durchgeführt werden.
Anwendungsmöglichkeiten im Bereich Obst und Gemüse
Der typische Einsatzfall für die Anwendung der neuen Technologie bei Obst und Gemüse
mit großen Stückzahlen ist die Überwachung von Frischmarktprodukten auf dem Weg
vom Erzeuger zum Verbraucher. Bei den meisten Produktarten wird der zu betrachtende
Zeitrahmen eine Woche nicht überschreiten. Mit den z. Z. möglichen Leistungsparametern
(Lebensdauer der Batterie) kann davon ausgegangen werden, dass etwa 40 Umläufe
erreicht werden. Wirtschaftliche Überlegungen gehen davon aus, dass die momentan für
ca. 10 Euro erhältlichen wiederverwendbaren Etiketten in absehbarer Zeit preisgünstiger
erhältlich sein werden.
Die Möglichkeiten und Grenzen für den Einsatz der Etikettensensoren werden durch den
zu überwachenden Prozess und durch die Eigenschaften des zu überwachenden Produktes vorgegeben. Gartenbauliche Produkte weisen bei ihrer Ernte art- und z. T. sortenspezifisch große Unterschiede in Bezug auf ihr Nachernteverhalten auf.
Äußerlich wahrnehmbare Frischeverluste von Obst und Gemüse sind einerseits Welkeerscheinungen (Glanz-, Konsistenz- und Formveränderungen) infolge von Transpirationsverlusten und andererseits Farb- und/oder Konsistenzveränderungen durch innere Stoffwechselvorgänge (Abbau von Inhaltsstoffen). Diese Verluste, die zudem unterschiedliche
Zeitverhalten aufweisen, sind auf verschiedene Ursachen zurückzuführen.
Auf den Abbau von Inhaltsstoffen wirkt in erster Linie die Temperatur, während Luftfeuchte und Luftströmung in der Nähe der Produktoberfläche vorrangig Transpirationsverluste (Wasserverluste) beeinflussen. In Analogie dazu werden nach einer im ATB Bornim entwickelten Methodik zwei Grenzwerte für den Verderb (für die Vermarktungsfähigkeit) betrachtet. Der erste für die Wasserseite zuständige Grenzwert wird erreicht, wenn
Welkeerscheinungen wahrnehmbar werden. Der andere produktspezifische Grenzwert,
dem Abbau der Inhaltsstoffe zugeordnet, ist temperaturabhängig. Bei seiner Überschreitung treten markante Farb- und/oder Konsistenzveränderungen auf. Welcher der beiden
Grenzwerte zuerst erreicht wird, ist vom Transpirationswiderstand (= Summe aus Gewebewiderstand und Grenzschichtwiderstand) abhängig. Besonders empfindliche Produktarten (mit kleinen Gewebewiderständen) erreichen unter normalen Nachernteklimabedingungen zuerst den wasserseitigen Grenzwert, wenn keine zusätzlichen (künstlichen) Widerstände in Form von dichteren Verpackungen, Folien o. ä., die zu einer Erhöhung des
Grenzschichtwiderstandes führen, Verwendung finden.
In Bezug auf die Anwendbarkeit der Etikettensensoren ergeben sich daraus die folgenden
Schlussfolgerungen:
-
Produktarten, die einen hohen natürlichen Transpirationsschutz aufweisen, wie
z. B. Tomaten, sind für eine Qualitätskontrolle mit Temperatursummenmessern
geeignet.
-
Produktarten, die (zusätzlich) einen hohen künstlichen Transpirationsschutz durch
Kartons, Folien und andere Verpackungen aufweisen sind ebenfalls geeignet.
26
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
-
sehr empfindliche Produkte, die keinen künstlichen Transpirationsschutz haben,
sind
nicht
ohne
weiteres
für
eine
Qualitätskontrolle
nur
mit
Temperatursummenmessern geeignet.
Die Auswahl und die Nutzung der Informationen, die auf der Sensorkarte gespeichert
werden sollen, ist eng an den Nachernteprozess gebunden. Der Informationsfluss wird in
der Regel mit bestehenden Strukturen der handelnden Akteure abzugleichen sein. Zu
berücksichtigen sind außerdem neue Anforderungen in Bezug auf die Rückverfolgbarkeit.
Im konkreten Fall werden entsprechende Anpassungsarbeiten (Software) erforderlich
sein. Da nur ein begrenzter Speicherplatz zur Verfügung steht, sind entsprechende
Kodierungen vorzunehmen, die gewährleisten müssen, dass auf minimalem Speicherplatz
eine große Menge an Informationen abgelegt werden kann.
In der Tab. 1 sind exemplarisch Produkt- und Prozessdaten aufgeführt, die über vier
angeordnete Schreib-/Lesestationen zu handhaben wären. Die Weiterverarbeitung der
gelesenen Informationen (Messwerte und sonstige Daten) ist im Rahmen einer
übergeordneten Softwarelösung vorzunehmen.
Tab. 1: Logbuch Produkt- und Prozessdaten
Schreiben/Lesen 1
1. Produzent
2. Produktart / Sorte
3. Erntetermin /-zeit
4. Bedingungen zur Erntezeit / Aufbereitung
5. Bedingungen in der Vorernte (Boden, Witterung, Düngung)
6. Zeit ab Hof
Schreiben/Lesen 2
7. Zeit an Großhandel, ggf. Kommissionierung
8. Zeit ab Großhandel
Schreiben/Lesen 3
9. Zeit an Einzelhandel, ggf. Kommissionierung
10. Zeit ab Einzelhandel
Schreiben/Lesen 4
11. Zeit an Ladengeschäft, ggf. Start Präsentation
12. Haltbarkeit / Produktzustand
Neben dem weiter oben beschriebenen und aus der Sicht der Verfasser dominierenden
Anwendungsfall für Frischmarktprodukte sind im Bereich der Verarbeitung von Obst und
Gemüse viele andere Einsatzfälle für Etikettensensoren etwa bei vorverarbeiteten
Produkten, Schnittsalaten u. ä. denkbar. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass
Anpassungen in Bezug auf die zu handhabenden Informationen (selbst bei identischen
Produktarten) erforderlich sein werden, da die Verknüpfung der beteiligten Akteure
entlang der Nacherntekette keinen einheitlichen Strukturen folgt und z. T. gegensätzliche
Interessenlagen vorliegen.
Zusammenfassung und Ausblick
Mit den vorgestellten Messwerterfassungseinheiten ergeben sich vielfältige Möglichkeiten
für die Qualitätssicherung von hochwertigem Obst und Gemüse. Gleichzeitig können sowohl qualitativ bessere Verbraucherinformationen als auch Angaben zur Rückverfolgbarkeit zur Verfügung gestellt werden.
Ein innovativer Ansatz, der verfolgt werden soll, besteht darin, dass die thermische
Belastung des Produktes in Form der Temperatursumme bestimmt wird und gleichzeitig
andere Informationen über das Produkt in der Nacherntekette über die Sensorkarte
abgerufen werden können. Aus der Temperatursumme können beispielsweise
Rückschlüsse auf den Grad des Abbaus von inneren Qualitätskenngrößen gezogen
werden. Zusätzliche Informationen aus der Vorernteperiode (Boden, Klima, Erntetermin
27
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
usw.) sowie Angaben über die zeitliche und örtliche Zuordnung der gemessenen
Temperaturwerte in der Nachernte können für die Analyse von Schwachstellen und damit
für die Verbesserung der Qualitätserhaltung genutzt werden.
Der vorliegende Beitrag verdeutlicht, dass verschiedene vor- und nachgelagerte Arbeiten
erforderlich sind, damit die neu verfügbaren Etikettensensoren zweckentsprechend für die
Qualitätskontrolle von Obst und Gemüse eingesetzt werden können.
Im Institut für Agrartechnik (ATB) Bornim liegen für viele gartenbauliche Produktarten
umfangreiche Erfahrungen zum Nachernteverhalten z. T. in Abhängigkeit von Vorerntetechnologien sowie von den Bedingungen zum Erntezeitpunkt und in den einzelnen Phasen der Nachernte vor. Unter Einbeziehung von einfachen Haltbarkeitsvorhersagemodellen, die für ausgewählte Produktarten bereits vorhanden sind, können im Rahmen von zu
erarbeitenden, zukünftigen Anwendungen an jeder Stelle in der Nacherntekette Informationen über den Grad des Abbaus von Inhaltsstoffen für weitere Verwendungen bereitgestellt werden.
28
Neuartige Etikettensensoren zur Qualitätssicherung (O. Schlüter)
Abb. 1: Schematische Darstellung des Gesamtsystems mit aktiver Transponderkarte
(Etikettensensor), Schreib-/Leseeinheit und Hostcomputer
25
-- Verkaufsraum ---->
Temperatur, °C
20
15
10
5
--- Kühlraum ---->
--------------------- Kühlraum ---->
0
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Zeit, min
Temp.-Verpackung_außen
Temp.-Zentrum
Raumtemperatur
Abb. 2: Einfluss der Messposition auf die interessierende Produkttemperatur bei wechselnden Umgebungsbedingungen (Kühlraum bei 3 °C, Verkaufsraum bei 19 °C, Kühlraum bei 3 °C)
29
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Kiwis (H. Stevens)
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Kiwis
H. Stevens
Die jährlichen Gesamteinfuhren an Kiwis in die europäische Gemeinschaft betragen ca.
500.000 t. Davon werden rund 100.000 t in Deutschland zum freien Verkehr abgefertigt
und zwar überwiegend aus Neuseeland.
Nach wie vor ist die ‘Hayward‘ im Handel und somit auch in der Konformitätskontrolle die
Hauptsorte. Einen steigenden Marktanteil konnte sich in den letzten Jahren die aus
A. chinensis entstandene Sorte ‘Hort 16A‘ erobern. Die Züchtungsarbeit zu dieser Sorte
begann 1977 in Neuseeland. Die Früchte ähneln in Form und Größe der ‘Hayward‘,
haben jedoch am Blütenende eine vorstehende, harte Ausstülpung. Die Schale ist glatt
und nur flaumig behaart. Das gelbe Fruchtfleisch weist im vollreifen Zustand 18 °Brix und
einen fast doppelt so hohen Vitamin-C-Gehalt sowie höhere Gehalte an Phosphor und
Magnesium auf als die Sorte ‘Hayward‘.
Nicht der Vermarktungsnorm für Kiwis unterliegen die aus A. arguta entstandenen Sorten,
wie beispielsweise ‘Weiki‘ oder ‘Kiwai‘, die gelegentlich unter dem nicht zutreffenden
Begriff „Wildkiwi“ vermarktet werden.
Im Folgenden werden die bei der Konformitätskontrolle von Kiwis wichtigsten Kriterien der
Vermarktungsnorm dargestellt.
Bei Kiwis sind die so genannten inneren Mängel fast immer äußerlich erkennbar. So ist z.
B. Botrytisbefall durch eine deutliche Trennlinie zwischen dem befallenen und dem
gesunden Teil der Frucht von außen festzustellen. Ebenso sind Früchte mit
Druckstellen/Quetschungen durch deutliche farbliche Veränderungen, die dunkel durch
die dünne Schale schimmern, auszumachen.
In Gärung übergegangene Früchte spielen in der Kontrolle eine untergeordnete Rolle. Die
Gärung der Früchte wird durch einen erhöhten CO2-Gehalt gefördert. Daher ist für eine
ständige Frischluftzufuhr während der Lagerung zu sorgen, um den maximal zulässigen
Wert von 5 Vol. % nicht zu überschreiten.
Schäden durch zu niedrige Temperaturen sind natürlich nicht an der Tagesordnung,
treten aber immer wieder auf. Früchte mit Frostschäden weisen im Bereich der
Samenanlagen eine milchig-weißliche Färbung auf, während der übrige Fruchtbereich
glasig wird. Kiwis sind im Langzeitlager unter CA-Bedingungen bei ca. 0 bis 1 °C zu
lagern. Ab -0,9 °C treten irreversible Schäden auf. Dies ist natürlich nicht nur beim
Schiffstransport und während der Langzeitlagerung, sondern auch beim LKW-Transport
zu beachten.
Verschmutzungen durch Rückstände sind bei der Kontrolle von Kiwis auf der Einfuhrstufe
eigentlich kein Problem. Dennoch soll hier darauf hingewiesen werden, dass eine
Toleranz im Rahmen der Klasse II nur gewährt werden kann, wenn die Verschmutzungen
durch Staub, Erde oder pflanzliche Rückstände hervorgerufen werden. Für alle anderen
Rückstände, insbesondere solche von Behandlungs- oder Düngemitteln werden keine
Toleranzen eingeräumt.
Eine unzureichende Festigkeit (weiche, welke oder wässrige Früchte) kann immer wieder
auf den verschiedenen Handelstufen festgestellt werden. Neben natürlichen Abbauerscheinungen können hierfür auch Fehler bei der Lagerung bzw. während des Transportes
verantwortlich sein. Die Kiwis zählen zu den ethylenempfindlichen Warenarten. Obwohl
Kiwis zu den klimakterischen Fruchtarten gehören, produzieren sie doch selbst wenig
Ethylen (0,1 bis 1 µl/kg*h). Durch eine zu hohe Ethylenkonzentration während der Lagerung oder des Transportes können die Früchte glasig werden.
Der Besatz der Früchte mit toten Schildläusen ist nicht gerade selten. Das Vorhandensein
von einzelnen Schildläusen auf einzelnen Früchten in den Verpackungseinheiten sollte in
keiner Klasse zu einer Beanstandung führen. In solchen Fällen ist die Mindesteigenschaft
30
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Kiwis (H. Stevens)
„praktisch frei von Schädlingen“ erfüllt. Eine größere Anzahl von Schildläusen (Kolonien)
führt allerdings immer zu einer Zurückweisung der Ware. Selbstverständlich kann hier die
Toleranz der Klasse II zur Anwendung kommen.
Auch wenn die Kiwis zu den klimakterischen Fruchtarten zählen, ist eine genügende Entwicklung Vorbedingung für eine zufrieden stellende Nachreife. 1-kg-Schalen, die 16 und
mehr Früchte enthalten, führen wegen Unterschreitung der Mindestgröße immer zu Beanstandungen.
Folgende seit 01. Oktober 2004 geltenden Änderungen der Vermarktungsnorm sind
substantieller Art und damit für die Kontrolle von Bedeutung:
In Kapitel II (Bestimmungen betreffend die Güteeigenschaften) wurde ein Abschnitt B.
(Mindestreifekriterien) eingefügt: Danach müssen die Kiwis einen ausreichenden Reifegrad aufweisen, der objektiv gemessen werden kann. Dabei müssen die Kiwis folgende
Werte erreichen:
-
bei der Verpackung in der Erzeugungsregion zur Weiterlieferung durch den
Verpackungsbetrieb und bei der Aus- und Einfuhr mindestens 6,2 °Brix oder einen
Trockenmassegehalt von durchschnittlich 15 %.
-
auf allen Vermarktungsstufen mindestens 9,5 °Brix.
In den Klassen Extra und I wurde zur Bestimmung der zulässigen Abweichungen von der
sortentypischen Walzenform ein Mindestwert für das Verhältnis zwischen dem kleinsten
und größten Querdurchmesser der Frucht – auf der Höhe des Fruchtäquators gemessen – festgelegt. Für die Klasse Extra beträgt der Quotient mindestens 0,8 und für die
Klasse I mindestens 0,7. Für die Klasse II ist kein Mindest-Quotient festgelegt. In dieser
Klasse sind flache Früchte im Rahmen der Formfehler zugelassen. Doppelfrüchte sind
jedoch – aufgrund der Vorgaben in den Mindesteigenschaften – in jedem Fall ausgeschlossen bzw. nur im Rahmen der Toleranz der Klasse II zulässig, sofern die Verzehrbarkeit gegeben ist.
Größter Querdurchmesser
Kleinster
Querdurchmesser
Im Kapitel III (Bestimmungen betreffend die Größensortierung) wurden engere Sortierspannen festgelegt, was zu einer gleichmäßiger sortierten Ware führt und damit den Gepflogenheiten im Handel entspricht.
Gemäß Kapitel VI (Bestimmungen betreffend die Kennzeichnung) Abschnitt D. Handelsmerkmale muss jetzt immer die Größe, ausgedrückt durch das Mindest- und Höchstgewicht, angegeben werden. Die Angabe der Stückzahl ist wahlfrei, d. h. sie kann zusätzlich
erfolgen.
31
Kiwis – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Frankreich (F. Lafitte)
Kiwis – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Frankreich
F. Lafitte
Die Pflanze
Die Kiwi ist eine diözische Pflanze, d. h. es gibt männliche Pflanzen, die nur als
Pollenspender dienen und weibliche Pflanzen, die die Früchte tragen.
Die Kiwi ist eine Schlingpflanze des Unterholzes im gemäßigt subtropischen Klima.
Die Kiwi ist ein wahrer Schatz an Wohltaten, sie ist:
-
ernährungsphysiologisch wertvoll
-
energiereich und reich an Vitamin C
-
reich an Ballaststoffen
-
reich an Antioxidanzien
Die Geschichte
Sie stammt aus China und ist eine Pflanze aus dem Jang tse kiang-Tal.
Sie wurde in Neuseeland heimisch. Im Jahr 1930 begann die Sortenzüchtung. Um das
Jahr 1960 begann die Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihre kommerzielle
Anpflanzung und ihre Vermarktung.
Sie ist in Europa eingewandert. Erste Pflanzungen erfolgten in Frankreich im Jahr 1965
und die Entwicklung des kommerziellen Anbaus begann um das Jahr 1980.
Kiwi-Anbaugebiete in der Welt
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Pays Producteur de Kiwi
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370 000
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185 000
37 000
Im Jahr 2003 war die Weltproduktion wie folgt verteilt: 31 % Italien, 22 % Neuseeland,
16 % China, 10 % Chile, 6 % Frankreich, 4 % Japan, 3 % Griechenland, 2 % Iran, 2 %
USA, 4 % andere Länder. In Europa werden Kiwis in Italien, Frankreich, Griechenland,
Spanien und Portugal produziert.
Seit Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts liegt die jährliche französische
Kiwi-Produktion über 70.000 t. Die Hauptanbaugebiete liegen im Süden Frankreichs in
den Departements Landes, Lot-et-Garonne, Tarn-et-Garonne, Pyrénées-Atlantiques,
Pyrénées-Or, Gard, Archèche, Drôme und Korsika.
32
Kiwis – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Frankreich (F. Lafitte)
Die Qualitätsentwicklung in Frankreich
Þ Sortenwahl: 99 % die Sorte Hayward.
Þ Eine bedarfsgerechte Düngung fördert Geschmack und den Gehalt an Inhaltsstoffen.
Überdüngung mit Stückstoff verringert die Haltbarkeit der Früchte, die ansonsten bei
6-7 Monaten liegt.
Þ Schnitttechnik: Eine optimale Belichtung der Pflanzen wird durch fachkundigen Schnitt
im Winter und im Sommer gewährleistet.
Þ Ausdünnung vor der Blüte gewährleistet eine gute Befruchtung, ein ausgewogenes
Blatt/Frucht-Verhältnis und große Früchte. Je größer die Früchte, desto besser ist ihre
Qualität.
Þ Ernte: Die Früchte haben zwei Monate nach der Blüte, die im Juli stattfindet, 80 %
ihrer Größe erreicht. Da die Pflückreife optisch nicht erkannt werden kann, wird der
optimale Erntezeitpunkt anhand von Geschmack, Gehalt an löslicher Trockensubstanz
und Stärkegehalt bestimmt. Beste Fruchtqualitäten mit guten Lagerungseigenschaften
lassen sich erzielen, wenn die Früchte bei der Ernte 6,2 °Brix aufweisen. 15 % Trockensubstanzgehalt zeigen, dass die Früchte genügend Stärke für eine befriedigende
Nachreife eingelagert haben. Die genannten Werte haben sich über die Jahre als stabile und verlässliche Qualitätsparameter erwiesen.
Þ Die Ernte erfolgt in Frankreich Ende September / Anfang Oktober. Bei Anbau in
Grenzlagen ist in einzelnen Jahren eine frühe Ernte erforderlich, um Frühfröste zu
vermeiden. Dies führt zu qualitativ minderwertigen Früchten. Gleiches gilt für Ernten
Ende August /Anfang September, die zur Erzielung von Primeur-Preisen getätigt
werden.
Þ Lagerung: Die Nachreife wird durch Kälte induziert. Die Einhaltung einer stabilen Lagerungstemperatur um 0 °C gewährleistet die Erhaltung der ernährungsphysiologischen Qualität der Früchte.
Þ Reife: Die Reifung wird kontrolliert. Für die Vermarktung werden Partien, deren
Früchte den höchsten Zuckergehalt aufweisen, ausgewählt. Qualitativ hochwertige
Früchte müssen mindestens 12 °Brix aufweisen, optimal sind 14 °Brix.
Vorschriften im Dienste der Qualität
Þ Der Brixwert zum Zeitpunkt der Ernte in Höhe von 6,2 °Brix ist Bestandteil der
Vermarktungsnorm seit 1980.
Þ Der Beginn von Ernte und Vermarktung wird für jede Saison im Rahmen einer
interprofessionellen Vereinbarung in Frankreich festgelegt.
Þ Seit 1997 werden Erzeugnisse guter Qualität zertifiziert, z. B. mit dem "Label Rouge"
in Frankreich (z. B. müssen Kiwis zur Vermarktung mindestens 12 °Brix aufweisen)
oder der Kiwi AB (Agriculture biologique). Darüber hinaus werden Betriebe zertifiziert
(z. B. FQC - Filière Qualité Carrefour).
Þ Ein Mindest-Trockensubstanzgehalt wird festgelegt.
Þ Messung der Brixwerte bei der Ankunft in den Häfen und auf den nachfolgenden
Vermarktungsstufen.
Ausblick
Þ Die aktuellen Vermarktungsnormen und die günstigen Vermarktungszeiträume werden
eingehalten.
Þ Neue frühreife Sorten stehen für den Beginn der Saison zur Verfügung, z. B. die
„Summer Kiwi“.
Þ Die Sortenvielfalt wird erweitert von der Kiwi Gold zur Kiwi Red.
33
Ergebnis der Probenauswertung – Kiwis (L. East, F. Egerer, H. Stevens)
Ergebnis der Probenauswertung – Kiwis
L. East, F. Egerer, H. Stevens
Die Zahlen in den Spalten (Extra, I, II und 0 = Ausschluss) stellen die Bewertung durch
das Publikum dar und sind Prozentangaben der abgegebenen Stimmen. Die unterlegten
Felder bezeichnen die zutreffende Bewertung.
Nr. Extra
I
II
0
Merkmal der Klasse
1
17,6
40,5
40,5
1,4
2
10,8
66,7
21,6
1
3
1
11,3
73,2
14,4 Formfehler (schiefe Schulter)
4
1,1
3,2
19,1
76,6 starke Hayward-Nähte mit Ausstülpung
5
31,1
47,1
14,3
7,6
6
0
5,1
19,5
75,4 nicht sauber
7
0,9
8,2
60,9
8
0
2,7
13,5
83,8 Schildlausbefall
9
0
1,7
6,8
91,5 nicht ganz
10
7
39,1
45,2
8,7
11
0,9
11,3
66,1
21,7 ausgeprägtere Hayward-Naht mit leichter Verdickung
12
0,9
4,3
44
13
0,9
6,5
37,4
55,1 Farbfehler (Wasserfleck)
14
0
9,9
41,4
48,6 nicht sauber, anhaftende Samenanlagen
15
0
0
2
16
0
0
0,9
99,1 starker Schalenfehler
17
0,9
0
15
84,1 Fruchtgewichte 65 g, 50 g, 27 g
18
29,2
63,3
5
2,5
praktisch frei von Schädlingen, 1 Schildlaus
19
4,5
60
30
5,5
größter Durchmesser / kleinster Durchmesser
= 0,76
20
0
0,8
7,3
91,9 starker Formfehler und Mindestgewicht unterschritten
21
0,9
16,5
28,4
54,1 leichte Druckstellen, Fruchtfleisch nicht beeinträchtigt
22
0,8
0
7,9
91,3 starker Formfehler, Fleisch nicht ohne Mängel
23
1,6
35,8
56,9
5,7
24
0,9
12,9
60,3
25,9 größter Durchmesser / kleinster Durchmesser
= 0,58, über das in Klasse II zugelassene Maß
hinausgehender Formfehler
25
1,7
24,8
38,5
34
30
ausgeprägtere Hayward-Naht
leichter Schalenfehler
leichter Formfehler (Hort 16A), 82 g
Schalenfehler
Schildlausbefall
50,9 starker Schalenfehler
98
35
nicht gesund
leichter Schalenfehler
Farbfehler
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens
Vermarktungsnormen – Begriffsbestimmung
1. Um welche Sorten handelt es sich beim sogenannten Chinesischen Knollenknoblauch, also Knoblauch mit nur einer Zehe? Wie wird bei der Kontrolle verfahren?
Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
Aus China wird gelegentlich Knoblauch eingeführt, der im Handel als „solo garlic“,
„aglio monobulbo“ oder „Knollenknoblauch“ bezeichnet wird. Die runden Bulben sind
30 bis 35 mm groß und bestehen aus nur einer Zehe.
Die Blüten der heute im Anbau befindlichen Kultursorten sind fast immer steril. Zwischen den einzelnen unfruchtbaren Blüten entwickeln sich oft kleine Brutzwiebeln mit
einem Durchmesser von bis zu 1 cm und einem Gewicht von ca. 3 g, die im Herbst oder Frühjahr gepflanzt werden können. Die daraus gewonnenen einzehigen Rundlinge
(Solo-Garlic) können vermarktet oder noch im selben Herbst oder im darauf folgenden
Frühjahr zur Knoblauchzwiebelproduktion ausgepflanzt werden. Damit ist einzehiger
Knoblauch, der aus Allium sativum L. hervorgegangen ist, normpflichtig.
Auch der Ackerknoblauch, Allium ampeloprasum L. (engl. great round-headed garlic,
elephant garlic; frz. ail d'orient), formt relativ häufig einzehige, runde Bulben. Der Ackerknoblauch steht botanisch zwischen Knoblauch und Lauch, wobei er geschmackund geruchlich dem Lauch, Allium porrum L., näher steht. Aufgrund seiner botanischen Zugehörigkeit fällt Ackerknoblauch nicht unter die Vermarktungsnorm für
Knoblauch. Er ist bei der Einfuhr unter der Warennummer 0703 90 00 (- Porree und
andere Gemüse der Allium-Arten 2. andere) anzumelden. Einzehiger, runder Knoblauch, dem der typische Knoblauchgeruch und -geschmack fehlen, ist dem Ackerknoblauch zuzuordnen und fällt damit nicht unter die Vermarktungsnorm für Knoblauch.
2. Anhand welcher Merkmale können Früchte von Mandarinen, Clementinen und Tangerinen unterschieden werden?
IJHARS, Warschau
Unterscheidungsmerkmale sind Größe, Form, Aussehen, Struktur und Farbe der
Schale, die Schälbarkeit, die Beschaffenheit des Fruchtfleisches, Anzahl der Kerne
und der Geruch und Geschmack. Darüber hinaus ist eine Kenntnis über Ernte- bzw.
Lieferzeiträume und Herkünfte hilfreich. Bei der Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Kreuzungen, die sich teilweise sehr ähnlich sehen, ist die Unterscheidung einzelner Sorten jedoch sehr schwierig.
Bildmaterial und Beschreibungen können z. B. folgenden Fachbüchern entnommen
werden:
-
Saunt J., 2000: Citrus Varieties of the World. Sinclair International Limited.
ISBN 1-872960-01-4
-
Liebster G., Levin H.-G., 1999: Warenkunde Obst und Gemüse, Band I – Obst.
Walter Hädecke Verlag. ISBN 3-7750-0301-0
35
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
3. Fallen Warenarten, die aus Artkreuzungen entstanden sind, wie z. B. Nectacot – eine
Kreuzung aus Nektarine und Aprikose – unter die Vermarktungsnormen?
BLE, München
Artkreuzungen sind ausdrücklich nur in den Vermarktungsnormen für Zitrusfrüchte und
Salate erwähnt und fallen damit ausdrücklich unter diese Normen. Andere Produkte
aus Artkreuzungen werden nicht von Vermarktungsnormen abgedeckt.
Zur Zeit sind – in begrenztem Umfang – Artkreuzungen von Aprikosen und Nektarinen
sowie Pflaumen und Aprikosen auf dem Markt. Die Kreuzungsprodukte aus diesen
Arten ähneln jedoch entweder dem einen oder dem anderen Kreuzungspartner. Die
Plumcot Flavorella® ist beispielsweise eine Arthybride aus Japanischer Pflaume und
Aprikose, deren Frucht (einschließlich Stein) wie eine Japanische Pflaume aussieht.
Bei einer Geschmacksprobe würde jedoch das leichte Aprikosenaroma bemerkt werden.
Anmerkung der Redaktion: Die UN/ECE-Sachverständigengruppe für die Normung
von frischem Obst und Gemüse hat auf ihrer Sitzung vom 8. bis 11. März 2005 beschlossen, von einer Aufnahme der Arthybriden Plumcot und Pluot in die UN/ECENorm für Pflaumen vorläufig abzusehen.
Vermarktungsnormen – Mindesteigenschaften
4. Wie sind Gurken zu bewerten, die auf der Schale Schimmelbesatz aufweisen, der
jedoch lediglich auf der Schale aufsitzt und sich leicht abwischen lässt? Die Schimmelsporen sind offenbar nur in Safttropfen gekeimt, die auf die Schale aufgetropft
sind.
BLE, Bonn
Erzeugnisse mit sichtbarem Schimmelbesatz, der gelegentlich als sogenannte. „Flugschimmel“ bezeichnet wird, sind als „nicht gesund“ zu beanstanden. Bei dieser Beurteilung wird auch berücksichtigt, dass sich Schimmel bei sensiblen Produkten wie
Gurken, Zucchini, Erdbeeren, Pfirsichen usw. – insbesondere bei hoher Luftfeuchtigkeit – sehr rasch ausbreitet und das Produkt üblicherweise mit Schale verzehrt wird.
Bei einer produktgerechten Aufbereitung der Gurken sollten Verunreinigungen durch
Safttropfen nicht vorkommen und nachfolgender Schimmelbesatz zu vermeiden sein.
Die Auffassung einiger Teilnehmer, wonach dieser sogenannte „Flugschimmel“ als
„nicht sauber“ zu bewerten ist, wird nicht geteilt, da bei Schimmel immer davon ausgegangen werden muss, dass das pflanzliche Gewebe beeinträchtigt ist.
Mit sogenannten „Flugschimmel“ befallene Ware muss aussortiert werden.
Vermarktungsnormen – Reifekriterien
5. Nach der durch Verordnung (EG) Nr. 1673/2004 revidierten Vermarktungsnorm für
Kiwis müssen die Früchte bei der Verpackung in der Erzeugungsregion zur Weiterlieferung durch den Verpackungsbetrieb und bei der Aus- und Einfuhr mindestens
6,2 °Brix und auf den weiteren Vermarktungsstufen mindestens 9,5 °Brix aufweisen.
Es ist fast unmöglich, dass sich der Brixwert innerhalb von 2 Tagen von 6,2 nach
9,5 °Brix entwickelt. Wer übernimmt die Kosten, wenn die Ware ordnungsgemäß mit
6,2 °Brix beim Versender weggegangen ist, aber nicht mit 9,5 °Brix beim Empfänger
ankommt und dann beanstandet bzw. reklamiert wird? Besser wäre es gewesen, man
hätte den extrem niedrigen Versandbrixwert heraufgesetzt!
Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
In der Vermarktungsnorm wurde festgelegt, dass Kiwis auf der Abgangsstufe sowie
beim Im- und Export einen Mindestwert von 6,2 °Brix aufweisen müssen, auf allen anderen Vermarktungsstufen 9,5 °Brix.
36
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
Der festgelegte Wert von mindestens 6,2° Brix bei Ernte bzw. Abgang garantiert, dass
die Früchte auch entsprechend nachreifen können. Dieser Wert muss „bei der Verpackung in der Erzeugerregion zur Weiterleitung durch den Verpackungsbetrieb und bei
der Aus- und Einfuhr“ gegeben sein. Auf den weiteren Vermarktungsstufen (ab Großhandel) müssen die Kiwis einen Wert von mindestens 9,5° Brix erreicht haben. Es liegt
in der Verantwortung des Vermarkters, dass dieser Wert bereits erreicht wurde. Dies
kann bedeuten, dass der Vermarkter (Verfügungsberechtigte) die Ware entsprechend
nachreifen lassen muss, bevor er sie über den Großhandel zum Verkauf anbietet.
Die Kosten, die bei einer evtl. erforderlichen Nachreife anfallen, sind vom Besitzer der
Ware zu tragen, da er gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 für die Einhaltung der Vermarktungsnorm verantwortlich ist. Die Einhaltung dieser Verpflichtung
ist – mit Blick auf den Brixwert – leichter möglich, wenn in den Kontrakten der gewünschte Mindestbrixwert spezifiziert wird.
6. Für die Brixwertmessung bei Pfirsichen/Nektarinen wird ein Refraktometer mit automatischer Temperaturkorrektur empfohlen. Ist dies nicht vorhanden, soll das Messergebnis anhand entsprechender Tabellen umgerechnet werden. Wo sind diese Tabellen zu finden?
Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
Gemäß Kapitel 2 Buchstabe e Abs. 2 des Anhang IV der Verordnung (EG) Nr.
1148/2001 sind zur Überprüfung der Kriterien betreffend Entwicklungs- und/oder Reifegrad die im Rahmen der Vermarktungsnorm vorgesehenen Geräte zu verwenden.
Für die Überprüfung des Brixwertes sollte ein Refraktometer mit Temperaturkorrekturanzeige oder ein digitales Refraktometer mit automatischer Temperaturkorrektur verwendet werden.
Grundsätzlich sind die Refraktometer bei 20 °C geeicht. Weicht die Temperatur bei
der Messung ab, so muss um einen bestimmten Wert korrigiert werden. Bei Verwendung von Refraktometern ohne Korrekturfunktion ist zusätzlich ein Thermometer erforderlich, mit dem die „Arbeitstemperatur“ (Raumtemperatur bzw. Temperatur des
Geräts) festgestellt werden kann. Anhand von Korrekturtabellen wird der gemessene
Wert auf den Wert bei 20 °C umgerechnet. Nur bei 20 °C gemessene oder auf diese
Temperatur umgerechnete Brixwerte sind vergleichbar bzw. im Rahmen der Konformitätskontrolle verwendbar.
Die Tabellen sollten beim Gerätehersteller erfragt werden. Informationen sind z. B.
auch unter www.leo-kuebler.de erhältlich.
7. In der Vermarktungsnorm für Äpfel, Verordnung (EG) Nr. 85/2004, wird im Kapitel II. A
Mindesteigenschaften gefordert: „Entwicklung und Zustand der Äpfel müssen so sein,
dass sie den Reifungsprozess fortsetzen können, damit der nach den jeweiligen Sortenmerkmalen angemessene Reifegrad erreicht werden kann. Hierzu müssen ihr Gehalt an löslicher Trockensubstanz und ihr Festigkeitswert zufrieden stellend sein.“ Ist
in absehbarer Zeit damit zu rechnen, dass dazu sortenspezifische Werte für die Kontrolle zu Grunde gelegt werden können?
Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
Die Sachverständigengruppe für die Normung und Kontrolle von Obst und Gemüse
bei der EG-Kommission hat auf ihrer Sitzung am 24./25. Januar 2005 die Vermarktungsnorm für Äpfel überarbeitet. In die Vermarktungsnorm wird ein Mindest-Brixwert
zur Bestimmung der Mindest-Reife eingeführt. Der Hinweis auf die Festigkeit wird in
der revidierten Fassung nicht mehr erscheinen. Es ist damit zu rechnen, dass die revidierte Fassung in Kürze dem Verwaltungsausschuss zur Annahme vorgelegt wird.
37
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
8. Mit welchen Methoden kann die Reife von Avocados bestimmt werden?
IJHARS, Warschau
Die in Kürze zu erwartende überarbeitete Fassung der EG-Vermarktungsnorm für Avocados enthält ein Kapitel „Mindestreifekriterien“ und setzt Mindestwerte an Trockensubstanzgehalt für bestimmte Sortengruppen fest. [Anmerkung der Red.: Verordnung
(EG) Nr. 387/2005]
Die OECD-Erläuterungsbroschüre für Avocados, Ausgabe 2004, führt hierzu Folgendes aus: „Avocados müssen bei der Ernte eine Mindestreife erreicht haben. Zur Bestimmung der Reife muss das Fruchtfleisch einen Mindest-Ölgehalt aufweisen. Der
erforderliche Ölgehalt ist von Sorte zu Sorte verschieden, in jedem Fall aber mit dem
Trockensubstanzgehalt korreliert. Daher legt die Norm Mindestwerte für den Trockensubstanzgehalt fest. Die Referenz-Labormethode und eine Schnellmethode, die ein
Mikrowellengerät nutzt, werden im Anhang vorgestellt.“
Am dritten Veranstaltungstag werden die Methoden zur Bestimmung der Reife von
Avocados vorgestellt.
9. Welche Mindestfärbung auf der Farbskala müssen Tomaten erreicht haben? Wird
während des ganzen Jahres die gleiche Mindestfärbung verlangt oder wird ein Unterschied zwischen Sommer und Winter gemacht? Welche Farbstufe auf der Farbskala
kann im Rahmen der 10 % Toleranz der Klasse II akzeptiert werden und welche Farbstufe erfüllt nicht mehr die Mindesteigenschaften?
BLE, Bonn
Tomaten reifen, eine entsprechende Entwicklung sowie Temperaturführung vorausgesetzt, nach. Früchte, deren Plazenta ein stumpfes Aussehen aufweist, sind ungenügend entwickelt und von der Vermarktung auszuschließen. Ein ausreichender Entwicklungszustand ist dann erreicht, wenn die Plazenta der Frucht eine glänzende,
gelbliche Farbe angenommen hat. Bei Beginn der Reife hellt die Frucht außen im
Blütenbereich sternförmig auf und die Wände der Fruchtkammern sind von außen
leicht zu erkennen.
In der OECD-Broschüre für Tomaten, Ausgabe 2002, wird zur Erläuterung der Mindesteigenschaft
„Entwicklung und Zustand der Tomaten/Paradeiser müssen so sein, dass sie
-
Transport und Hantierung aushalten und
-
in zufrieden stellendem Zustand am Bestimmungsort ankommen.“
Folgendes erläutert:
„Entwicklung: die Tomaten/Paradeiser müssen entsprechend der sortentypischen
Merkmale und der Anbaubedingungen genügend entwickelt sein. Auf jedem Fall müssen sie ein normales Entwicklungsstadium erreicht haben, welches einen zufrieden
stellenden Reifeprozess ermöglicht.
Reife: bei der Ernte müssen die Früchte eine physiologische Reife erreicht haben,
welche die Fortsetzung der Reife während Transport und Vermarktung und das Erreichen der sortentypischen Farbe gewährleistet. Die Reife roter Tomatensorten wird
durch die Ausfärbung bestimmt: Die Farbe dieser Tomaten muss mindestens der Färbung 2 auf dem OECD-Farbfächer entsprechen.“
Ein Unterschied zwischen Tomaten, die im Sommer oder Winter geerntet werden, wird
ausdrücklich nicht gemacht.
38
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
Vermarktungsnormen – Klassenkriterien
10. Wie ist ein erhöhter Weißanteil bei Kiwis zu werten, wenn die Frucht nicht verformt ist
wie bei Doppelfrüchten? Beeinträchtigt der Weißanteil die Genussfähigkeit und wann
ist eine Frucht ggf. auszuschließen?
Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft
Ein erhöhter Weißanteil ist kein Beanstandungsgrund, da die Verzehrbarkeit nicht
oder kaum beeinträchtigt ist.
Das weiße Mark in der Kiwifrucht ist weitgehend geschmacksneutral, d. h. es ist essbar, trägt jedoch nichts zum sortentypischen Geschmack der Früchte bei. Der Markanteil nimmt in flachen Früchten zu und erreicht hohe Werte in Doppelfrüchten. Die
Doppelfrüchte sind über die Mindesteigenschaften von der Vermarktung ausgeschlossen. Seit der jüngsten Änderung der Vermarktungsnorm werden die zu flachen
Früchte über den Quotienten aus kleinstem und größtem Querdurchmesser aus den
Klassen Extra und I ausgeschlossen.
Vermarktungsnormen – Größensortierung
11. Gibt es bei gelegten Kiwis einen Zusammenhang zwischen der Stückzahl und der
vorgeschriebenen Gewichtssortierung? Aus Frankreich ist uns bekannt, dass 42er
Früchte ein Gewicht von 70/75 g oder 33er Früchte ein Gewicht von 85/95 g aufweisen.
Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
Diese Art der Größenangabe ist ein handelsinterner Größencode. Ursprünglich waren
die Kartons/Kisten gleich groß und die angegebene Stückzahl entsprach immer einer
bestimmten Größe. Dieser „Code“ (bezogen auf die damalige Normverpackung) wird
im Handel weiter verwendet, hat aber oftmals mit der tatsächlich enthaltenen Stückzahl nichts mehr gemein, da heute andere und verschiedenartige Packungen verwendet werden. Unter Berücksichtigung des Lieferlandes und des Packstückgewichtes
kann – wie in der Frage geschehen – ein Zusammenhang zwischen Code und Größe
hergestellt werden, sofern die Früchte „passgenau“ in der dafür vorgesehenen Vertiefung liegen.
Für die Kontrolle ist dieser Code nicht relevant, sondern die Angabe der Größe, ausgedrückt durch das Mindest- und Höchstgewicht.
12. In den letzten Jahren hat die südafrikanische Avocado-Industrie zunehmend Probleme
mit dem französischen Kontrolldienst ("La Repression des Fraudes") bezüglich Untergewicht der Früchte. Die Probleme sind beim Import in andere EU-Mitgliedstaaten
nicht zu verzeichnen. Daraus schließen wir, dass der französische Kontrolldienst die
bezüglich der Fruchtgewichte bestehenden Regeln entweder strenger anwendet oder
sich mehr als die anderen europäischen Kontrolldienste auf die Überprüfung der
Fruchtgewichte konzentriert. Frankreich ist Mitglied der OECD, die Leitlinien zur Interpretation der Norm für Avocados zur Verfügung stellt. Diese Leitlinien erlauben, dass
10 % der Früchte (pro Sendung) von der angegebenen Sortierbreite (Größencodes)
abweichen, sofern sie in die nächsthöhere oder nächstniedrigere Größe eingeordnet
werden können. Darüber hinaus empfiehlt die OECD, dass Früchte, die nicht mehr als
2 % schwerer oder leichter als die Grenze der nächsthöheren oder nächstniedrigeren
Gewichtsklasse sind, noch in die fragliche Gewichtsklasse einzustufen sind. Die südafrikanische Avocado-Industrie hat über ihre Vertragspartner, in erster Linie die europäischen Einfuhragenten, erfahren, dass der französische Kontrolldienst die OECDLeitlinien nur als Empfehlung betrachtet und sich nicht verpflichtet fühlt, ihnen auch zu
folgen. Verpflichtend seien nur die in der Norm festgelegten Vorschriften, d. h. die
nach Fruchtgewicht definierten Sortierbreiten, und jede diese Sortierbreite über- oder
unterschreitende Frucht (auch wenn dies weniger als 2 % Abweichungen sein sollten)
sei nicht zulässig. Wir von der südafrikanischen Avocado-Industrie wünschen in die
39
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
sem Punkt Klarheit, weil wir glauben, dass es nur logisch wäre, wenn die OECDMitgliedstaaten bei der Anwendung der Sortiervorschriften und der zugehörigen Toleranzen die gleiche Interpretation anwenden.
SAAGA, Rungis
In der OECD-Erläuterungsbroschüre für Avocados, welche die OECD- und die textgleiche UN/ECE-Norm für Avocados erläutert, steht:
Normtext: „Für alle Klassen: 10 % nach Anzahl oder Gewicht Avocados, die in Bezug
auf die angegebene Größe der nächstniedrigeren oder nächsthöheren Größenspanne
entsprechen.“
Erläuterung: „Eine Abweichung von 2 % von der angegebenen Gewichtsspanne ist für
einige Früchte im Packstück zulässig.“
Die OECD-Erläuterungsbroschüren sind in den Mitgliedstaaten nur dann verpflichtend
anzuwenden, wenn sie Eingang in das nationale Recht gefunden haben. Wenn dies
nicht der Fall ist, können sie auf freiwilliger Basis bei der Anwendung der Normen herangezogen werden.
Die angesprochene 2 %ige Abweichung für einige Früchte kann in diesem Fall ausgenutzt werden und dürfte zu keiner Beanstandung führen. Diese hat nichts mit den
10 % Toleranz zu tun, sondern berücksichtigt lediglich die unvermeidlichen Fehler
(Messgenauigkeit) der Sortiermaschine, eventuell auch einen gewissen Gewichts/Feuchtigkeitsverlust während des Angebotszeitraumes.
13. Zur Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Fruchtgrößen bei Äpfeln in einem Packstück ist gemäß dem Normtext bei der Sortierung nach dem Gewicht der Unterschied
in einem Packstück auf 20 oder 25 % des Durchschnittsgewichts der Früchte begrenzt. Um das Durchschnittsgewicht der Früchte eines Packstücks zu bestimmen,
müssen alle Äpfel gewogen werden, und zwar jedes Packstück aus der Gesamtprobe.
Außerdem müssen alle Früchte einzeln gewogen werden, um festzustellen, ob sie in
der zulässigen Gewichtsspanne von 20 oder 25 % liegen. Für diese Kontrolle braucht
jeder Prüfer eine Präzisionswaage. Wie wird diese Kontrolle in den anderen EUMitgliedstaaten oder Liefer-Drittländern durchgeführt?
DGCCRF, Straßburg
Bei nach Gewicht sortierten Äpfeln muss zunächst festgestellt werden, ob auf dem
Packstück eine zulässige Gewichtsspanne angegeben ist. Hierzu wird das Nettogewicht des Packstücks und die Anzahl der enthaltenen Äpfel festgestellt. Aus diesen
beiden Daten wird das Durchschnittsgewicht und daraus die zulässige Gewichtsspanne errechnet. Sofern die Angabe auf dem Packstück innerhalb der errechneten Spanne liegt, ist die Angabe normgerecht.
In einem zweiten Schritt wird geprüft, ob die im Packstück enthaltenen Äpfel der angegebenen Gewichtsspanne entsprechen. Hierzu werden zunächst die kleinsten und
größten Äpfel gewogen. Liegen diese innerhalb der angegebenen Gewichtsspanne ist
die Größensortierung normgerecht. Sofern die angegebene Gewichtsspanne überoder unterschritten wird, müssen alle Früchte des Packstücks bzw. der Gesamtprobe
gewogen werden. Anhand der ermittelten Fruchtgewichte wird der Prozentsatz der
abweichenden Fruchtgrößen bestimmt.
Durchschnittsgewicht im Packstück
135 g
zulässige Gewichtsspanne
bei gelegten Äpfeln der Klasse I:
20 % vom Durchschnittsgewicht
= 27 g
= 121 – 148 g
Zur Feststellung, ob die zulässige Toleranz eingehalten ist, muss geprüft werden, ob
die abweichenden Früchte in die nächsthöhere oder nächstniedrigere Gewichtsspanne passen. Aufgrund der Definition der Gewichtsspanne ist es jedoch unmöglich, die
40
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
nächsthöhere oder nächstniedrigere Gewichtsspanne zweifelsfrei zu bestimmen. Die
Auslegung ist international zu klären.
Darüber hinaus muss bei Früchten der kleinsten Größengruppe geprüft werden, ob die
kleinsten Früchte im Packstück das in der Norm geforderte Mindestgewicht um nicht
mehr als 10 g unterschreiten.
Für die Gewichtskontrollen sind dafür geeignete (und geeichte) Waagen zu verwenden. Es können dafür natürlich die in den Betrieben vorhandenen Waagen verwendet
werden.
Vermarktungsnormen – Toleranzen
14. In den Vermarktungsnormen heißt es in Kapitel IV. Bestimmungen betreffend die Toleranzen: „Güte- und Größentoleranzen sind in jedem Packstück für Erzeugnisse zulässig, die nicht den Anforderungen der angegebenen Klasse genügen.“ Bedeutet diese
Festlegung, dass die Toleranzen bei Erzeugnissen, die im Einzelhandel lose auf einen
Tisch geschüttet angeboten werden, nicht zur Anwendung kommen? Falls ja, müssten
Erzeugnisse dieser Angebotsform zu 100 % der jeweiligen Vermarktungsnorm entsprechen.
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen, Berlin
Ware, die im Einzelhandel aus den Packstücken entnommen und lose z. B. auf einem
Verkaufstisch angeboten wird, kann als Inhalt eines Packstücks betrachtet und sollte
als Ganzes kontrolliert werden. Damit können die in den Vermarktungsnormen festgesetzten Toleranzen angewendet werden.
15. Welche Toleranzen gewähren die Kontrolldienste, wenn Erzeugnisse die Mindesteigenschaften nicht einhalten (0 %, 1 %, 2 %, 3 % ...)?
BLE, Bonn
Erzeugnisse mit Mängeln, die gegen die Mindesteigenschaften verstoßen, sind aus
allen Klassen mit 0 % Toleranz auszuschließen, wenn durch sie die Verzehrbarkeit
beeinträchtigt ist. Zu diesen Mängeln zählen z. B. Verderb, starke Quetschungen und
starke Druckstellen.
Bei einigen Warenarten sind Erzeugnisse mit Mängeln, die gegen die Mindesteigenschaften verstoßen, in definierten Prozentsätzen in den Toleranzen ausdrücklich zugelassen, z. B. 2 % Verderb (überreife, matschige, geplatzte oder ggf. madige Früchte
– ausgenommen Schimmel oder Fäulnis) bei Kirschen, Pflaumen, Erdbeeren.
Ansonsten sind Erzeugnisse mit Mängeln, die gegen die Mindesteigenschaften verstoßen, in Klasse II mit 10 % Toleranz zulässig, sofern durch sie die Verzehrbarkeit
nicht beeinträchtigt ist. Zu diesen Mängeln zählen z. B. Verschmutzungen durch
Staub.
Nachlassende Frische ist gemäß Artikel 2 der jeweiligen Verordnung, mit der die Vermarktungsnormen in Kraft gesetzt werden, in den Klassen I und II zulässig.
Vermarktungsnormen – Aufmachung
16. Nach unserer Interpretation der Vermarktungsnorm für Walnüsse in der Schale gibt es
keine Festlegung zum Alter der Nüsse, d. h. es können auch Nüsse verkauft werden,
die schon zwei Jahre oder älter sind. Vorausgesetzt natürlich, sie erfüllen die Mindesteigenschaften. Stimmt das?
Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
In der Klasse Extra dürfen nur Walnüsse in der Schale der letzten Ernte angeboten
werden. In den Klassen I und II dürfen auch Walnüsse in der Schale von weiter zurückliegenden Jahren angeboten werden, allerdings dürfen die Ernten verschiedener
Jahre gemäß Kapitel V.A. Gleichmäßigkeit nicht gemischt werden. Alterntige Erzeugnisse dürfen nur vermarktet werden, wenn sie die übrigen Anforderungen der jeweili
41
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
gen Klasse erfüllen. Die Kennzeichnung des Erntejahres ist in den Klassen Extra und I
obligatorisch und in Klasse II wahlfrei.
17. Wie sind Äpfel zu beurteilen, bei denen jede Frucht mit einem Aufkleber versehen ist,
dessen Kleberschicht verschimmelt ist? Nach Entfernen der Aufkleber waren die
Früchte völlig sauber und ohne Schimmelrückstände.
Regierungspräsidium Gießen
Für die Aufkleber dürfen nur ungiftige Farbe bzw. ungiftiger Klebstoff verwendet werden. Sie dürfen weder Klebstoffrückstände hinterlassen noch Beschädigungen hervorrufen. Aufkleber, deren Klebeschicht verschimmelt ist, sind nicht unbedenklich. Eine
Beanstandung kann mit folgendem Text erfolgen: „Aufkleber nicht frei von Fremdstoffen (Aufkleber mit unzulässigem Schimmel in der Kleberschicht)“. Eine normgerechte
Aufbereitung durch Entfernen der Aufkleber ist möglich.
Vermarktungsnormen – Kennzeichnung
18. Gemäß Kapitel VI. A. der Vermarktungsnormen muss auf jedem Packstück der Name
und die Anschrift des Packers und/oder Absenders angeben werden. „Diese Angabe
kann ersetzt werden: bei allen Verpackungen außer Vorverpackungen durch die von
einer amtlichen Stelle erteilte oder anerkannte kodierte Bezeichnung, der die Angabe
„Packer und/oder Absender“ oder eine entsprechende Abkürzung unmittelbar vorangestellt ist.“ In Belgien wird derzeit noch Verpackungsmaterial verwendet, das statt der
Angabe „Packer“ oder „Absender“ den Begriff „Reg.“ oder „Reg. Nr.“ verwendet. Ist
dies zulässig oder – wenn nicht – kann zumindest das Aufbrauchen dieses alten Verpackungsmaterials (bis Ende 2005) toleriert werden?
Federaal Agentshap voor de Veiligheid van de Voedselketen (FAVV), Brüssel
Die vorgedruckten Verpackungen sollten bis Ende 2005 aufgebraucht sein, bis dahin
können die Begriffe „Reg.“ oder „Reg. Nr.“ toleriert werden.
19. Gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 907/2004 ist auf Vorverpackungen, die mit
der Angabe „gepackt für ...“ gekennzeichnet sind, zusätzlich ein Code anzubringen,
der für den Abpacker/Erzeuger steht. Wir sind der Meinung, dass es im Rahmen einer
ordentlichen Kontrolle sinnvoll ist, wenn diesem Code „Packer“, „Absender“ oder ein
ähnlicher ggf. abgekürzter Begriff vorangestellt wird. Andernfalls besteht Verwechslungsmöglichkeit mit anderen auf dem Etikett angebrachten Codes, wie z. B. Loskennzeichnung, EAN-Codes oder Freistellungsnummern. Gibt es eine rechtliche
Grundlage, mit der diese Art der Kennzeichnung gefordert werden kann?
Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft
Im Falle der auf Fertigpackungen zulässigen Angabe „gepackt für ….“ übernimmt der
Verkäufer die Verantwortung. Diese Regelung nach Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr.
907/2004 erscheint ausreichend, da der Verkäufer verpflichtet ist, alle von den Kontrolldiensten für notwendig erachteten Informationen mitzuteilen.
20. Gemäß Kapitel VI. der Verordnung (EG) Nr. 85/2004, der Vermarktungsnorm für Äpfel, muss die Sorte gekennzeichnet werden. Wie ist damit umzugehen, wenn auf den
Packstücken nur der Handelsname gekennzeichnet wird, z. B. Pink Lady® statt
„Cripps Pink“ oder Royal Gala® statt „Tenroy“. Wird die Kennzeichnung einer Handelsmarke anstelle der Sorte als Verstoß geahndet und wenn ja, gibt es Übergangsfristen?
LEJ, Düsseldorf
In der Vergangenheit haben Handel und Kontrollstellen häufig die Angabe einer Handelsmarke statt der Sortenangabe akzeptiert. Häufig war die Handelsmarke besser
oder ausschließlich bekannt. Durch die Überarbeitung der Sortenliste in der Verordnung (EG) Nr. 85/2004 ist nun die Information verbessert worden, d. h. es wurde bekannt gemacht, bei welchen Bezeichnungen es sich um Handelsmarken und nicht um
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Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
Sortennamen handelt. Handel und Kontrollstellen sind gehalten, diese Informationen
umzusetzen und bei der Kennzeichnung der Erzeugnisse die Angabe der Sorte zu
fordern. Die Kommission will diesem Sachverhalt Rechnung tragen und bei der soeben vorbereiteten Änderung der Verordnung (EG) Nr. 85/2004 in Absatz 2 der Sortenliste für Äpfel folgende Ergänzung einfügen [Anmerkung der Red.: Verordnung
(EG) Nr. 1238/2005]:
„Einige der in der nachstehenden Liste aufgeführten Sorten können über Handelsmarken vermarktet werden, deren Schutz in einem oder mehreren Ländern beantragt oder
gewährt wurde, sofern der Sortenname oder sein Synonym auf dem Etikett angegeben wird.“
Spätestens bei In-Kraft-Treten dieser Änderung [Anmerkung der Red.: zum
01.08.2005] sollten entsprechende Kennzeichnungsverstöße geahndet werden. Auch
bei jenen Sorten, die nur unter dem Markennamen gehandelt werden, der bereits zu
einem allgemein gebräuchlichen „Synonym“ geworden ist, wie z. B. Royal Gala, Rubinette und Delbarestivale sollte diese Kennzeichnungsvorschrift – auch zur Wahrung
der Rechte im Markenrecht – durchgesetzt werden.
Bei der Kennzeichnung sollte darauf geachtet werden, dass deutlich wird, welcher
Begriff für die Sorte steht und welcher für die Marke.
21. Bei der Einfuhr entspricht das Nettogewicht der Packstücke meistens nicht der Angabe auf dem Packstück (z. B. 4,8 kg statt 5 kg). Manchmal ist die Angabe des Nettogewichts in der Vermarktungsnorm nicht vorgeschrieben (z. B. Gemüsepaprika). Prüfen
die amtlichen Kontrolldienste die Gewichtsangaben bei der Einfuhr und wenn ja, mit
welchen Toleranzen?
BLE, Bonn
Die Kontrolle des Gewichtes obliegt in Deutschland und Österreich bei der Einfuhr der
Zollbehörde und auf allen anderen Vermarktungsstufen den Ordnungsämtern / Eichämtern. Für Fertigpackungen bestehen detaillierte Vorschriften zu Probenahme und
Kontrolle in der Fertigpackungsverordnung, der nationale Umsetzung der Richtlinie
2000/13/EG in Deutschland. Für alle anderen Packstücke gibt es nur nationale Vorgaben, d. h. die Eichämter wenden die nach dem nationalen Eichgesetz zulässigen Toleranzen an. Die Vermarktungsnormen sehen jedoch keine Toleranzen für eine Überoder Unterschreitung des Nettogewichts vor.
22. Dürfen oder müssen Spargelbunde, die nur von einer Banderole zusammengehalten
werden, mit der Angabe „gepackt für ...“ gekennzeichnet werden?
BLE, Hamburg
Die Kennzeichnung „gepackt für ...“ ist gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr.
907/2004 ausschließlich bei Vorverpackungen möglich.
Fertigpackungen (Vorverpackungen) müssen gemäß Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe b
der Richtlinie 2000/13/EG die Ware auf solche Weise umschließen, dass „deren Inhalt
nicht verändert werden kann, ohne dass die Verpackung geöffnet werden muss oder
eine Veränderung erfährt.“ Aus Bündeln, die von einer Banderole zusammengehalten
werden, können jederzeit Spargelstangen entfernt und/oder wieder zugefügt (ausgetauscht) und/oder abgebrochen werden. Bei diesen Bündeln handelt es sich um eine
„Verkaufsverpackung“, nicht jedoch um eine Fertigpackung (Vorverpackung). Das
Spargelbund muss also gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 nicht mit
den in der Vermarktungsnorm vorgeschriebenen Angaben gekennzeichnet sein.
Soll jedoch von Artikel 3 der Verordnung (EG Nr. 907/2004 Gebrauch gemacht werden, d. h. die Verkaufsverpackungen werden normgerecht gekennzeichnet und die
Kennzeichnung der Transportverpackung entfällt, dann muss der Packer und/oder
Absender mit Name und Anschrift oder einer kodierten Bezeichnung gekennzeichnet
werden. Die Angabe „gepackt für ...“ könnte allenfalls (freiwillig) zusätzlich angegeben
43
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
werden. In diesem Fall gilt jedoch, dass durch „gepackt für ...“ keine Irreführung entsteht. Sofern die Umverpackung zusätzlich gekennzeichnet ist, dürfen die Angaben
nicht im Widerspruch zu den Angaben auf der offenen Verkaufsverpackung stehen.
23. Wir sind an einem Erfahrungsaustausch mit den Mitgliedstaaten und Drittländern bezüglich Kennzeichnungsmängeln bzw. bei fehlender Kennzeichnung bei Verkaufsverpackungen von Obst und Gemüse interessiert.
IJHARS, Warschau
In Deutschland werden rund 50 % der Beanstandungen wegen Kennzeichnungsmängeln ausgesprochen. Partien, die nicht normgerecht gekennzeichnet sind, werden erst
dann für den freien Verkehr (Einfuhr) oder die Vermarktung (alle anderen Handelsstufen) freigegeben, wenn die Kennzeichnungsmängel beseitigt sind. Kennzeichnungsmängel werden in Deutschland nicht als Kavaliersdelikte angesehen. Die Kennzeichnung der Packstücke dient der Information des Handels und des Verbrauchers.
Die Kennzeichnungsvorschriften bei Obst und Gemüse haben bereits mehrfach als
Vorbild für andere Warenbereiche (Etikettierung bei Rindfleisch und Fischereierzeugnissen) gedient und sollten nicht durch eine nachsichtige Kontrolle in ihrer Bedeutung
geschmälert werden.
Kontrolle
24. Wir bitten um Beispiele unter welchen Bedingungen und bei welchen Anlässen die
Abstufung bei Obst und Gemüse mit beeinträchtigter Qualität möglich ist.
IJHARS, Warschau
Eine Abstufung ist immer dann möglich, wenn die kontrollierte Ware nicht den Kriterien der angegebenen Klasse entspricht, jedoch einer niedrigeren Klasse. Eine Abstufung in Klasse II ist auch dann möglich, wenn die Mindesteigenschaften nicht eingehalten werden, die Erzeugnisse trotz der festgestellten Mängel jedoch in ihrer Verzehrbarkeit nicht beeinträchtigt sind, und diese Mängel nicht mehr als 10 % in der Gesamtprobe ausmachen.
In den genannten Fällen kann die Abstufung dazu genutzt werden, die Partie normgerecht herzurichten. Eine Abstufung kann zur Aufhebung einer Beanstandung dienen,
sie kann aber auch jederzeit von dem Besitzer der Ware vorgenommen werden, wenn
dadurch die Erzeugnisse (wieder) normgerecht werden.
Verdorbene Ware ist in keiner Klasse zugelassen, ausgenommen die zulässige Toleranz von 2 bzw. 4 % in einigen Normen wie z. B. Kirschen, Pflaumen, Erdbeeren.
Werden diese Toleranzen überschritten, so kann die Ware erst dann wieder in Verkehr gebracht werden, wenn die verdorbenen Früchte aussortiert wurden.
25. Wann ist es notwendig und üblich, Konformitätsbescheinigungen für Erzeugnisse auszustellen, die im Binnenmarkt verkauft oder angeboten werden. Wir bitten um einen
Erfahrungsaustausch.
IJHARS, Warschau
Gemäß Verordnung (EG) Nr. 1148/2001 ist für die Vermarktung von Obst und Gemüse im Binnenmarkt keine Konformitätsbescheinigung erforderlich, d. h. beim Warenverkehr zwischen und innerhalb von Mitgliedstaaten ist das Ausstellen einer Konformitätsbescheinigung nicht verpflichtend vorgeschrieben.
Bei Kontrollen auf der Großhandelsstufe kann eine Bescheinigung ausgestellt werden, wenn die Erzeugnisse den Vermarktungsnormen entsprechen. In Deutschland
stellen einige Kontrollstellen keine Bescheinigungen aus, um den verwaltungstechnischen Aufwand gering zu halten. Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr wird eine
Konformitätsbescheinigung in Deutschland und Österreich jedoch dann ausgestellt,
wenn der Besitzer dies verlangt, d. h. die Kontrolle angefordert hat und die Partie
normgerecht ist.
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Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
Erzeugnisse, die nicht den Vermarktungsnormen entsprechen und nach Aufbereitung
wieder zur Kontrolle vorgestellt werden, können mit einer Konformitätsbescheinigung
zur Vermarktung freigegeben werden.
26. Gibt es einheitliche Empfehlungen auf EU-Ebene für die Festlegung der Gültigkeitsdauer von Konformitätsbescheinigungen (Anzahl Tage gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1148/2001)?
IJHARS, Warschau
Es gibt keine schriftlich fixierten Empfehlungen oder Vorschriften. Die Gültigkeitsdauer
sollte die Warenart, die Kondition des Erzeugnisses sowie die voraussichtliche Transportdauer bis zur Verzollung berücksichtigen. In der Regel wird bei der Ein- und Ausfuhr eine Frist von 3 Tagen gegeben, bei sofortiger Verzollung genügt eine eintägige
Frist. Bei wenig sensiblen Erzeugnissen kann die Frist auch verlängert werden. Dies
gilt insbesondere für Erzeugnisse, die für den Export bestimmt sind und deren ExportKontrollbescheinigung bei der Einfuhr im Bestimmungsland Grundlage für die Verzollung sein soll. Im Übrigen ist eine Konformitätsbescheinigung, in der keine Gültigkeitsdauer eingetragen ist, nur am Tag der Ausstellung gültig.
27. Welche Möglichkeiten bestehen – unter Berücksichtigung der Verordnungen (EG) Nr.
1148/2001, 2200/1996, 103/2004 und 882/2004, Gebühren für amtliche Kontrollen bei
der Intervention zu erheben?
IJHARS, Warschau
Die Erhebung von Gebühren kann und muss national geregelt werden.
Fragen zum deutschen Recht
28. Für verschiedene Produkte gibt es UN/ECE-Normen (z. B. für Brokkoli, Chinakohl).
Trotz der bislang mehrfach in den Geisenheimer Protokollen festgehaltenen Empfehlung, die Kennzeichnung mit einer Klassenangabe zu tolerieren, kommt es immer wieder zu amtlichen Beanstandungen mit der Begründung „Kennzeichnungsmangel“.
Aufgrund der mittlerweile erheblichen Marktbedeutung – insbesondere von Brokkoli –
bitten wir um nochmalige Darstellung, wie bei einer mit Klassenangabe gekennzeichneten deutschen Ware, die die Anforderungen der UN/ECE-Normen einhält, verfahren
werden sollte. Wie verhält es sich mit UN/ECE-Ware, die mit einer Klassenangabe gekennzeichnet wurde, aber nicht die Anforderungen der angegebenen Klasse einhält?
Landwirtschaftskammer Weser-Ems
Für einige Obst- und Gemüsearten (z. B. Brokkoli, Chinakohl) bestehen weder EGVermarktungsnormen noch deutsche Handelsklassen. Diese Erzeugnisse werden jedoch häufig mit einer Klassenangabe aus EG-Mitgliedstaaten nach Deutschland verbracht. Nachfolgend wird die Rechtsauffassung des BMVEL zu diesem Sachverhalt
mitgeteilt (Anmerkung der Redaktion: siehe auch Schreiben vom 04.03.2005, Az. 415409/0000):
In Bezug auf Ware aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union (MS) verbietet Artikel 28 des EG-Vertrages im innergemeinschaftlichen Handel jede mengenmäßige
Einfuhrbeschränkung sowie Maßnahmen gleicher Wirkung. Unter Letzteres fallen
grundsätzlich alle Maßnahmen, die tatsächliche und potentielle Auswirkungen auf den
innergemeinschaftlichen Handel haben. Das bedeutet, dass z. B. Brokkoli, der in einem MS in den Verkehr gebracht wurde, im Binnenmarkt frei verkehrsfähig ist. Das
Verbot der Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels nach Artikel 28 EGV
bezieht sich auch auf besondere Kennzeichnungsbestimmungen, die nur in einzelnen
MS gelten. Ist die Angabe einer besonderen Klasse auf dem Brokkoli in einem MS
zulässig, darf die Kennzeichnung bei der Vermarktung dieses Brokkoli in einem anderen MS nicht beanstandet werden. § 7 Abs. 1 Nr. 2 des deutschen Handelsklassengesetzes (HKG), wonach derjenige ordnungswidrig handelt, der vorsätzlich ein Erzeugnis unter einer Bezeichnung vermarktet, die den Anschein einer gesetzlichen Han
45
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
delsklasse erweckt, kann auf Brokkoli aus anderen MS daher nicht angewandt werden.
Ware, die in Deutschland erzeugt wurde, darf hingegen nur unter Beachtung des
§ 7 Abs. 1 Nr. 2 HKG vermarktet werden. Die Angabe einer Handels- oder Güteklasse
auf Brokkoli („HKl. 1“, „Kl. I“) ist daher nicht zulässig, da sie den Anschein erweckt, es
bestehe für dieses Erzeugnis eine gesetzliche Handelsklasse (zu der auch die EGVermarktungsnormen zählen). Obwohl eine Absprache, eine solche Kennzeichnung
zu tolerieren, bei der Geisenheimer Tagung stattgefunden hat, können solche Kennzeichnungen beanstandet werden.
Eine Möglichkeit, z. B. Brokkoli mit einer Klasse auszuzeichnen und dabei nicht gegen
das HKG zu verstoßen, bieten die UN/ECE-Normen.
Bei einer entsprechenden Aufbereitung und Kennzeichnung des Brokkoli etwa durch
die Angabe „Klasse I“ mit dem Zusatz „UN/ECE“ besteht keine Verwechslung mit einer
gesetzlichen Handelsklasse. Eine Beanstandung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 HKG scheidet
daher aus.
Es kann gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 5 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes eine verbotene Irreführung darstellen, wenn Lebensmittel mit dem Hinweis auf die
UN/ECE-Normen gekennzeichnet sind, die deren Kriterien jedoch nicht vollständig
entsprechen.
In der Diskussion während der Tagung wurde zwar begrüßt, dass diese Rechtsauffassung es ermöglicht, deutsche Erzeugnisse, für die keine Handelsklassen oder EGVermarktungsnormen bestehen, – unter bestimmten Voraussetzungen – mit einer
Klasse zu kennzeichnen. Gleichwohl wurde hervorgehoben, dass in diesem Punkt ein
einheitliches EG-Recht die Transparenz am Markt und die Rechtssicherheit erhöhen
würde. Beispielsweise wäre eine allgemeine EG-Rahmennorm (beispielsweise entsprechend dem Anhang in der Verordnung (EG) Nr. 48/2003) als fakultative Norm
denkbar für alle Erzeugnisse, für die bisher keine speziellen Vermarktungsnormen bestehen. Wäre eine derartige EG-Rahmennorm fakultativ, wäre es auch zulässig, die
Erzeugnisse weiterhin ohne Klassenangabe zu vermarkten. Würden die Erzeugnisse
jedoch mit einer Klasse gekennzeichnet, müssten sie zumindest den in dieser Rahmennorm festgelegten Kriterien entsprechen. In diesem Fall wäre ein EG-einheitlicher
Vergleichsmaßstab gegeben und die entsprechend gekennzeichneten Erzeugnisse
könnten gemäß Verordnung (EG) Nr. 1148/2001 kontrolliert werden.
29. Die Kennzeichnung der Sorte in den Warenbegleitpapieren ist nur für bestimmte Arten
mit fakultativen deutschen Handelsklassen (Dicke Bohnen, Feldsalat, ...) gemäß § 7
der Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für frisches Obst und Gemüse vorgeschrieben. Bei den Erzeugnissen, die obligatorischen EG-Normen unterliegen, fehlt
eine entsprechende Vorschrift. Für eine Rückverfolgung und für Plausibilitätskontrollen
mittels Buchprüfungen wäre die Angabe der Sorte in den Warenbegleitpapieren jedoch erforderlich. Besteht die Möglichkeit, eine entsprechende Vorschrift in die Verordnung über EG-Normen für Obst und Gemüse aufzunehmen?
LEJ, Düsseldorf
In die Verordnung über EG-Normen für Obst und Gemüse können nur Tatbestände
als Ordnungswidrigkeit aufgenommen werden, die bereits in einer EG-Verordnung genannt sind. Die Kontrollverordnung (EG) Nr. 1148/2001 schreibt in Artikel 10 Absatz 3
jedoch lediglich vor, dass Klasse und Ursprungsland des jeweiligen Erzeugnisses in
den Warenbegleitpapieren aufgeführt werden müssen. Aus diesem Grund müsste zunächst Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1148/2001 entsprechend ergänzt
werden, bevor das nationale Recht geändert werden kann. Ein entsprechender Antrag
müsste über das BMVEL bei der Europäischen Kommission eingebracht werden.
46
Fragen der Teilnehmer zu Normenauslegung und Qualitätskontrolle
(E. Semmelmeyer, G. Peeters, H. Stevens)
30. Gemäß § 7 Abs. 2 der Handelsklassenverordnung für Speisekartoffeln dürfen Speisekartoffeln nur im Einzelhandel bzw. auf dem Wochenmarkt unverpackt angeboten
werden. Kann diese Ausnahmeregelung auch für den Ab-Hof-Verkauf und den Verkauf an der Straße bzw. den ambulanten Handel angewandt werden?
Ab welcher Gebindegröße muss das Packstück vernäht und damit als Fertigpackung
angeboten werden?
Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft
Gemäß § 3 Absatz 1 gilt die Verordnung nicht für den Ab-Hof-Verkauf, d. h. auf dieser
Vermarktungsstufe müssen die Speisekartoffeln nicht in Fertigpackungen angeboten
werden. Der Verkauf an der Straße und der ambulante Handel sind als Einzelhandel
anzusehen, d. h. die Speisekartoffeln können lose angeboten werden.
Im Zusammenhang mit der Herstellung von Fertigpackungen, d. h. dem Vernähen von
Säcken, gibt es keine Vorgaben für eine Mindest-Gebindegröße.
Allgemeine Fragen
31. Gibt es Leitlinien zu Lagerungsbedingungen für frisches Obst und Gemüse? Wenn ja,
bitten wir für bestehende und angewandte Leitlinien um Angabe der jeweiligen Quelle.
IJHARS, Warschau
Verbindliche Leitlinien sind bei frischem Obst und Gemüse nicht festgelegt. Es gibt aber Empfehlungen, die sich an den Anforderungen des Erzeugnisses orientieren. Diese sind beispielsweise in folgender Fachliteratur nachzulesen:
-
The commercial storage of fruits, vegetables, and florist and nursery stocks. Revised April 2004. http://www.ba.ars.usda.gov
-
Böttcher H., 1996:
ISBN 3-8001-5820-5
-
Liebster G., Levin H.-G., 1999: Warenkunde Obst und Gemüse, Band 1 – Obst.
Walter Hädecke Verlag. ISBN 3-7750-0301-0
-
Liebster G., 2002: Warenkunde Obst und Gemüse, Band 2 – Gemüse. Walter Hädecke Verlag. ISBN 3-7750-0309-6
-
Osterloh A., Ebert G., Held W.-H., Schulz H., Urban E., 1996: Lagerung von Obst
und Südfrüchten. Ulmer. ISBN 3-8001-5819-1.
Frischhaltung
und
Lagerung
von
Gemüse.
Ulmer.
47
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Avocados (H.-G. Levin)
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Avocados
H.-G. Levin
Die Weltproduktion steigt seit vielen Jahren kontinuierlich. Mexiko ist seit langem der
größte Produzent mit ca. 1/3 der Weltproduktion. Mehr als 65 % der Welternte der Sorte
Hass stammen aus Mexiko. Hauptanbaugebiet ist Michoacan (84 % der mexikanischen
Produktion). 95 % der Fläche entfällt auf Hass. Mexiko hat einen hohen Inlandsverbrauch
und exportiert gegenwärtig nur etwa 13 % der Ernte; allerdings mit steigender Tendenz.
Der Pro-Kopf-Verbrauch in Mexiko liegt bei 8-9 kg. Die Produktion erfolgt ganzjährig und
hat ihren Höhepunkt von August bis April.
Die USA sind zweitgrößter Produzent und Importland für Avocados. Hauptanbaugebiete
sind Kalifornien (90 %) und Florida (10 %). Die Exporte betragen mittlerweile nur noch
1 %.
Indonesien und auch andere Produktionsländer in Südostasien exportieren praktisch nicht
nach Europa. Stärker exportorientiert sind Spanien (80 %), Chile (66 %), Israel (55-60 %)
und Südafrika (45 %).
Avocado-Produktion (t)
Land
1998
2000
2004
2.305.000
2.638.000
3.187.534
1. Mexiko
876.623
907.439
1.040.390
2. Indonesien
130.950
145.795
270.000
3. USA
144.500
217.091
200.000
4. Brasilien
84.213
86.146
173.000
5. Kolumbien
74.000
131.664
158.000
6. Dominikanische Republik
85.000
81.736
140.000
7. Chile
99.000
98.000
135.000
8. Spanien
73.724
63.843
135.000
9. Peru
68.164
84.450
95.000
10. China
51.000
70.000
85.000
11. Äthiopien
0
78.032
81.500
12. Südafrika
92.161
81.512
66.500
13. Israel
65.684
81.303
65.000
Welt
Quelle: Faostat
Die deutschen Importe lagen 1980 bei 1.600 t, 1990 bei 8.435 t und 2000 bei 14.768 t,
haben sich somit in den letzten 20 Jahren nahezu verzehnfacht und scheinen sich im
Moment bei 15.000 bis 17.000 t einzupendeln. Abzüglich der Ausfuhren bleibt ein ProKopf-Verbrauch von max. 160 g. Hauptlieferant ist Israel, stark gestiegen sind die Lieferungen aus Spanien. Hauptlieferant im Sommerhalbjahr ist Südafrika, ergänzt durch Kenia. Brasilien ist neuerdings Lieferant von August bis September, Mexiko spielt keine
Rolle.
48
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Avocados (H.-G. Levin)
Deutsche Avocado-Importe (t)
Lieferland
1998
2000
2002
Lieferzeit
Israel
5.836
5.197
5.998
X–V
Spanien
3.061
4.595
4.863
X–V
Südafrika
4.348
2.861
4.268
III – X
Kenia
2.106
1.427
1.797
III – IX
7
22
259
Frankreich
581
442
189
Mexiko
143
8
118
16.428
14.768
17.710
Brasilien
Gesamt
VIII – IV
Quelle: Statistisches Bundesamt
Die Avocado stammt aus Zentralamerika und hat dort drei Genzentren, in denen drei verschiedene Rassen entstanden sind. Alle Avocado-Sorten gehören zu einer der drei Rassen oder sind aus einer Kreuzung zwischen Sorten zweier Rassen entstanden. Die Rassen sind an unterschiedliche klimatische Bedingungen angepasst: (M: subtropisch bis
mediterran, G: subtropisches Hochland, W: tropisches Tiefland). Daneben unterscheiden
sich aber vor allem die Fruchteigenschaften wie z. B. Fruchtgröße (reicht von 80 g bis
über 2 kg), Fruchtform (rund, oval, länglich, birnenförmig u. a.), Schalenbeschaffenheit
(glatt, rau, dick, dünn, grün, braun, schwarz, rot, purpurfarben), Samengröße (und damit
verbunden das Fleisch/Steinverhältnis), Ölgehalt (3 bis über 30 % bezogen auf Frischgewicht), Geschmack und Kälteempfindlichkeit (M niedrig, G mittel, W hoch).
Die nachfolgende Tabelle nennt Beispiele verschiedener Sorten, von denen die Sorte
Hass die weltweit wichtigste und in der Bedeutung noch zunehmende ist.
Mexikanische (M)
Duke
Mexicola
Northrop
Puebla
Stuart
Susan
Guatemaltekische (G)
Westindische (W)
Benik *
Doni
Edranol *
Pollock
Gwen *
Russell
Hass *
Simmonds
Nabal *
Trapp
Reed *
Waldin
Hybriden
(G x M) (M x G)
(G x W)
Ardith *
Beta
Bacon *
Black Prince
Ettinger *
Booth 8
Fuerte *
Choquette
Pinkerton *
Hall
Rincon *
Loretta
Ryan *
Miguel
Wurtz *
Monroe
Zutano *
Semil 34
*) international gehandelte Sorte
49
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Avocados (H.-G. Levin)
Die Vermarktungsnorm für Avocados wurde in Verordnung (EG) Nr. 831/97 festgesetzt
und in den letzten Jahren sechsmal geändert, die letzte Änderung wurde am 15. Februar
2005 vom Verwaltungsausschuss in Brüssel beschlossen. Diese Änderungsverordnung
soll zum 1. Mai 2005 in Kraft treten. [Anmerkung der Redaktion: Die Verordnung (EG) Nr.
387/2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 831/97 zur Festsetzung der Vermarktungsnormen für Avocados wurde am 9. März 2005 im Amtsblatt der Europäischen Union
veröffentlicht.]
Unter die Vermarktungsnorm fallen die oben genannten Sorten. Parthenokarpe Früchte
fallen jedoch nicht unter die Norm. Sie entstehen unter bestimmten klimatischen Bedingungen und bevorzugt bei bestimmten Sorten, z. B. Fuerte. In einigen Jahren ist der Anteil parthenokarper Früchte nicht unerheblich. Dieser „Mangel“ zahlt sich jedoch aus, da
solche Früchte als Cocktail-Avocados gesucht sind und höhere Preise erzielen.
Nicht ganz: Die Früchte können durch Schnittverletzungen oder herausgerissene Stiele
beschädigt sein. Der Stiel kann zwar fehlen, aber die Stielansatzstelle darf nicht beschädigt sein. Heute geht man in immer mehr Ländern vom Schneiden (Clip harvesting) zum
Pflücken, Abdrehen (Snap harvesting) über. Das Abdrehen setzt allerdings eine entsprechende Pflückreife voraus, wenn Schäden vermieden werden sollen.
Nicht gesund: Reife, weiche Früchte sind extrem gefährdet für Druckstellen, ein schonendes Hantieren ist absolut notwendig. Die Auswirkung von Druck oder Schlag auf eine
unreife Frucht zeigt sich allerdings erst beim Reifwerden durch eine graue Verfärbung des
Fruchtfleisches. Früchte mit starken Druckstellen sind als „nicht gesund“ zu werten.
Sonnenbrand, entsteht bei Früchten, die der Sonne ausgesetzt werden, z. B. durch
Schnittmaßnahmen oder Astbruch. Normalerweise sind die Früchte durch das dichte Laub
geschützt. Zunächst gibt es einen gelben Fleck, später können sich darauf braunschwarze Nekrosen bilden.
Stielendfäule ist eine Pilzerkrankung (Botryodiplodia, Phomopsis, Dothiorella). Wundparasiten infizieren die Frucht vermutlich bei der Ernte. Der Schaden wird erst bei beginnender
Reife sichtbar. Der Pilz breitet sich vom Stielende der Frucht über die Gefäßbündel aus.
Die wichtigste Krankheit ist die Anthracnose. Die Infektion erfolgt bereits in der Anlage an
gesunden Früchten, zuerst erscheinen auf der hartreifen Frucht kleine schwarze Flecken.
Mit beginnender Reife werden diese größer und sinken später ein. Im Endstadium bilden
sich dann pinkfarbene Sporenlager auf den Flecken. Kennzeichen der Anthracnose im
Fruchtfleisch ist ihre scharfe Abgrenzung zum gesunden Fruchtfleisch.
Bei der Schwarzfärbung der Schale handelt es sich um einen physiologischen Mangel.
Das Fruchtfleisch kann, muss aber nicht beeinträchtigt sein. Das gleiche Schadbild kann
auch durch Kälte hervorgerufen sein.
Nicht frei von Schäden durch Schädlinge: Eine Reihe von Schädlingen frisst an den
Früchten, z. B. Raupen, Käfer oder Fruchtfliegen, aber auch Baum kletternde Ratten. Solche Früchte werden bereits bei der Aufbereitung aussortiert. Allerdings kann es auch auf
der Großhandelsstufe durch Rattenfraß zu Schäden an reifen Früchten kommen.
Kälteschäden: Avocados sind kälteempfindlich, was bei Transport und Lagerung beachtet werden muss. In jedem Fall sollte die Luftfeuchtigkeit hoch sein (95 %), um Schäden
weitgehend zu vermeiden. Die Kälteempfindlichkeit ist abhängig von:
-
der Sorte (westindische Rasse empfindlicher als guatemaltekische oder mexikanische),
-
der Reife (hartreife Früchte empfindlicher als genussreife) und
-
dem Erntezeitpunkt in der Saison (am Anfang empfindlicher als am Ende).
50
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Avocados (H.-G. Levin)
Sorten vom westindischen Typ dürfen nicht unter 13 °C gelagert werden, früh in der Saison geerntete, voll entwickelte Früchte anderer Sorten nicht unter 7,5 °C und mittel bis
spät in der Saison geerntete Früchte anderer Sorten nicht unter 5,5 °C.
Kälteschäden zeigen sich äußerlich durch braunschwarze, flächige Verfärbungen, mit
eingesunkener Schale, Lentizellen sind oft nicht betroffen. Im Inneren verfärben sich entweder die Gefäßbündel braun oder das Fleisch ist flächig grau verfärbt.
Entwicklung und Zustand müssen so sein, dass die Früchte in zufrieden stellendem
Zustand am Bestimmungsort ankommen: Mit dieser Bestimmung werden welke, aber
auch überreife Früchte, bei denen das Fruchtfleisch bereits abbaut und sich verfärbt, von
der Vermarktung ausgeschlossen.
Mindest-Reifekriterien: Mit der jüngsten Änderungsverordnung wurde ein neues Kapitel
II. Aa. Reife eingefügt. Die Anforderungen bezüglich der genügenden Entwicklung sind
unverändert geblieben. Allerdings wurde neu ein Mindestgehalt an Trockensubstanz
festgelegt und zwar:
-
21 % für die Sorte Hass,
-
20 % für die Sorten Fuerte, Pinkerton, Reed und Edranol sowie
-
19 % für alle anderen Sorten, ausgenommen die westindischen Sorten, die einen
niedrigeren Trockensubstanzgehalt aufweisen dürfen.
Avocados reifen nicht am Baum, sondern erst nach der Trennung vom Baum bis zur Genussreife. Dies ist einerseits ein Vorteil, denn die Früchte können über Wochen sozusagen am Baum gelagert werden. Andererseits kann die Pflückreife nicht ohne weiteres
festgestellt werden. Zu früh gepflückte Früchte reifen nicht oder nur unvollständig,
schrumpeln, bleiben gummiartig und schmecken grasig. Physiologisch reife Früchte reifen
in 3 bis 8 Tagen nach der Pflücke zur Genussreife.
Die Pflückreife wurde früher über den Ölgehalt bestimmt. Da die Methode zur Bestimmung des Ölgehaltes recht aufwändig ist und der Ölgehalt mit dem leichter zu bestimmenden Trockensubstanzgehalt eng korreliert ist, wird neuerdings der Trockensubstanzgehalt gemessen, um die genügende Entwicklung und Reife der Früchte zu bestimmen.
In Florida werden überwiegend Sorten der westindischen Rasse bzw. Hybriden aus W x G
angebaut. Hier wird auch von der Industrie kein Mindest-Trockensubstanzgehalt festgelegt, sondern nach Fruchtgröße und Datum geerntet.
Die Schale reifer Früchte kann je nach Sorte grün, schwarz, purpurfarben oder rötlich
sein. Die Sorte Hass bekommt eine schwarze Farbe, wenn die Früchte reif sind.
Klasse I: Leichte Formfehler, leichte Farbfehler und leichte Schalenfehler einschließlich
Sonnenbrand sind bis zu einer Fläche von 4 cm2 zulässig. Zu den Schalenfehlern zählen
verkorkte Reibespuren, die durch Wind oder einen Ast hervorgerufen werden können oder
verkorkte Wachstumsrisse.
Klasse II: Formfehler, Farbfehler und Schalenfehler einschließlich Sonnenbrand sind bis
zu einer Fläche von 6 cm2 zulässig. Für Sonnenbrand gilt zwar auch die Flächenbegrenzung wie bei Schalenfehlern, hier sollte aber die Schwere des Mangels bei der Bewertung
stärker berücksichtigt werden als die Größe der Fläche.
Größensortierung: Die bisherige Tabelle ist unverändert, lediglich die Mindestgröße für
die Sorte Hass wurde mit der neuen Änderungsverordnung von 125 g auf 80 g abgesenkt,
wobei ebenfalls neu als kleinste Größe S mit 80 bis 125 g eingefügt wurde. Der maximale
Gewichtsunterschied zwischen den Früchten in dieser Größe darf allerdings nicht 45 g,
sondern nur 25 g betragen.
Im übrigen ist jeder Größe eine Kodenummer zugeordnet, die auch der Stückzahl der
Früchte entspricht, wenn es sich um ein 4-kg-Netto-Packstück handelt.
51
Erläuterung der Vermarktungsnorm für Avocados (H.-G. Levin)
Kennzeichnung: Neben den üblichen Angaben zu Packer oder Absender, Ursprungsland
und Klasse sind bei Avocados auch die Sorte, die Größe ausgedrückt durch Mindest- und
Höchstgewicht sowie die Kodenummer der Größenskala anzugeben. Darüber hinaus ist
die Angabe der Stückzahl erforderlich, wenn diese nicht mit der Kodenummer übereinstimmt. Alternativ zur Stückzahl kann auch das Nettogewicht angegeben werden.
52
Avocados - Qualitätsproduktion und neue Sorten in Israel (B. Hickson)
Avocados - Qualitätsproduktion und neue Sorten in Israel
B. Hickson
Die Avocados (Persea americana) haben ihren Ursprung in den tropischen Hochlagen
Mittelamerikas, Mexikos, Guatemalas und den westindischen Inseln.
Avocadoproduktion in Israel
Anbaufläche und Produktionszahlen
Saison
Fläche in ha
Gesamtproduktion in t
1993/4
7.800
43.000
20.000
1994/5
7.700
53.000
36.000
1995/6
7.500
67.000
49.000
1996/7
7.400
78.000
44.000
1997/8
6.500
50.000
35.000
1998/9
5.000
40.000
24.000
1999/00
5.000
75.000
46.000
2000/01
5.000
63.000
37.000
2001/02
5.000
75.000
45.000
2002/03
4.500
48.000
31.000
2003/04
4.400
50.000
32.000
2004/05
4.600
75.000 (geschätzt)
Export in t
50.000 (geschätzt)
In der letzten Saison wurden 70 % des Exports von der Firma AGREXCO (“Carmel”),
20 % von MEHADRIN (“Top”) und 10 % von KEDEM getätigt.
Anbaubedingungen
Klima: Das Klima ist in Israel signifikant trockener als in den meisten anderen AvocadoAnbaugebieten der Welt. Die Regenzeit ist kurz und die jährliche Niederschlagsmenge
relativ niedrig. Diese Bedingungen sind für die Entwicklung von pilzlichen oder bakteriellen Krankheiten sehr ungünstig. Es ist eine Tatsache, dass die israelische AvocadoErzeugung frei von Krankheiten am Baum und an den Früchten ist – chemische Pflanzenschutzmittel werden nicht benötigt.
Boden: Der hohe pH-Wert des Bodens in Israel ist sehr ungünstig für die Entwicklung von
bodenbürtigen Krankheiten wie Phytophthora, Rosellinia, etc., die für andere AvocadoAnbaugebiete in der Welt typisch sind.
Anbautechniken
Pflanzenschutz: Aufgrund der klimatischen Bedingungen und der Tatsache, dass die
Avocado eine relativ junge, erst seit 1955 kommerziell angebaute Frucht in Israel ist, gibt
es wenig wirtschaftlich bedeutende Schädlinge und alle können biologisch oder integriert
bekämpft werden. Beispielsweise wird Boarmia selenaria, ein Fruchtschädling, durch Bacillus thuringiensis und die Birnenlaus (Protopulvinaria pyriformis), ein Laubschädling
perfekt durch das Ausbringen ihrer natürlichen Feinde (parasitierende Schlupfwespen der
Gattung Metaphycus) kontrolliert.
53
Avocados - Qualitätsproduktion und neue Sorten in Israel (B. Hickson)
Bewässerung und Düngung: Diese Gebiete werden auf hohem agrotechnischem Niveau gemanagt. Intensive Bewässerung wird in kurzen Intervallen durchgeführt, damit nur
die obere Bodenschicht durchnässt und der Verlust des kostbaren Wassers minimiert
wird. Die Bewässerung wird über moderne Phytomonitore gesteuert. Die Bäume werden
über die Bewässerung gedüngt, so dass die Versorgung mit den Nährstoffen effizient ist
und das Grundwasser nicht durch ungenutzte Dünger kontaminiert wird. Zur Überwachung der Bewässerung und der Düngung wird die Konzentration der Nährstoffe in den
Bäumen und im Boden ständig kontrolliert.
Management: Die Avocado-Erzeuger sind über regionale Packhäuser organisiert und
erhalten ständig professionelle Beratung durch Anbauberater, die bei den Packhäusern
angestellt sind, und vom Beratungsdienst des Landwirtschaftsministeriums. Die Berater
kontrollieren gleichzeitig auch die richtige Umsetzung der gegebenen Anweisungen anhand der Schlagkartei.
Sorten
Im Gegensatz zur Mehrheit der Avocado erzeugenden Länder in der Welt, konzentrieren
sich die Erzeuger in Israel nicht auf eine Sorte (die Sorte Hass), sondern versuchen eine
gewisse Sortenvielfalt (grünschalige Sorten und Hass-Typen) zu erhalten. In den letzten
Jahren wurden zwei neue Sorten, Pinkerton und Ardith, am Markt eingeführt. Derzeit werden weitere Sorten geprüft, um die Sortenvielfalt zu erweitern. Viel versprechend sind die
grünschaligen Sorten Arad, Galil und Horshim.
Sortenspiegel
Sorte
% der Erzeugung
Ernteperiode
Ettinger
27 %
September - Dezember
Fuerte
12 %
Oktober - März
Hass
29 %
November - Juni
Pinkerton
12 %
Oktober – März
Nabal
2%
Februar - April
Reed
7%
Februar - Juli
Ardith
7%
Januar - Mai
andere
4%
Ansprüche der Früchte nach der Ernte
Sorte
Fruchttemperatur
in °C
Lufttemperatur
in °C
Ettinger
5–6
4.5 – 5
Fuerte
5–6
4.5 – 5
Ardith
5
4.5
Nabal, Reed
5
4.5
Hass
5–6
4.5 – 5
Pinkerton
7–8
6.5 – 7
54
Luftfeuchtigkeit
im Kühlraum
empfohlene
Lagerdauer
(Tage nach
dem Packen)
20
85 – 90 %
für alle
Sorten
20
24
20
24
26
Avocados - Qualitätsproduktion und neue Sorten in Israel (B. Hickson)
Technische Unterstützung
Um die Qualität der Erzeugnisse im Regal des Supermarktes zu verbessern, hat Agrexco
ein System zur technischen Unterstützung entwickelt, das dazu dienen soll, jedem Glied
der Vermarktungskette das ganze technische Know-how zur Verfügung zu stellen, damit
auftretende Probleme behoben werden können. Auf diese Unterstützung können die
technischen Kräfte der Märkte zugreifen.
Rückverfolgbarkeit
Rückverfolgbarkeit
Anzahl
Anzahl Kartons
Kartons pro
pro Palette
Palette
Im
Im Falle
Falle einer
einer Reklamation
Reklamation
Etikett
Etikett abziehen
abziehen und
und dem
dem Brief
Brief
beifügen
beifügen
Name
Name des
des Erzeugnisses
Erzeugnisses
Datum
Datum
Größe
Größe
Sorte
Sorte
Produkt
Produkt Code
Code
Packhaus
Packhaus Code
Code
Packhaus
Packhaus Name
Name
Palleten
Palleten No.
No.
Ein paar unterhaltsame Fakten zum Schluss
♦ Etwa 43,6 % aller US-amerikanischen Haushalte kaufen Avocados.
♦ Ein Avocado-Baum bringt etwa 120 Jahre Ertrag.
♦ Der Name “Avocado” leitet sich vom spanischen Wort “aguacate” ab, das sich wiederum von dem aztekischen Wort “ahuacatl” ableitet.
♦ Die Avocado wird wegen ihrer birnenförmigen Gestalt und ihrer grünen Schale auch
Alligatorbirne genannt.
♦ In Lateinamerika werden Avocados schön verpackt zur Hochzeit verschenkt.
♦ Auf den Philippinen werden Avocados mit Zucker und Milch püriert und als Erfrischung
getrunken.
♦ In Brasilien werden Avocados zu Eis verarbeitet.
♦ Einst waren Avocados ein Luxus, welcher der königlichen Tafel vorbehalten war.
55
Avocados – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Südafrika (R. Nelson)
Avocados – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Südafrika
R. Nelson
Südafrika ist eines der Hauptlieferländer für Europa, andere bedeutende Lieferländer sind
u. a. Spanien, Israel, Kenia, Mexiko, Chile und Peru. Da Europa der wichtigste Exportmarkt von Südafrika ist, bedanken wir uns für die Einladung und die Gelegenheit zum
Erfahrungsaustausch mit europäischen Behörden und Qualitätskontrolleuren.
South African Avocado Growers‘ Association (SAAGA)
Die SAAGA ist ein freiwilliger Verband, der Ende der 1960er Jahre gegründet wurde, um
die Interessen der südafrikanischen Avocado-Erzeuger zu vertreten. Verbandsmitglieder
sind etwa 420 Erzeuger, die 85 % des Avocado-Exports in Südafrika repräsentieren. Die
größten Exporteure sind ebenfalls Mitglieder des Verbandes.
Die Aktivitäten des Verbandes werden vollständig von den Mitgliedern finanziert. Aufgabe
der SAAGA ist es, im Interesse der Erzeuger die Wirtschaftlichkeit der Produktion, der
Verpackung und der Vermarktung von Avocados zu verbessern. Zu diesem Zweck finanziert der Verband Forschung und Marktentwicklung sowohl lokal als auch in der Europäischen Union und zwar in Form von generischer Werbung, Beratung und Koordination der
Exporteure.
Die Industrie Südafrikas nutzt zunehmend Managementsysteme wie HACCP und EUREPGAP. Die Techniker von SAAGA unterstützen Erzeuger und Packer dabei, die Anforderungen für die Akkreditierung zu erfüllen.
SAAGA hat einen technische Repräsentanten in Europa, der die Qualität der aus Südafrika eingeführten Avocados überwacht. Qualitätsdaten werden während der ganzen Saison
erhoben, Trends analysiert, um die Qualität der auf die europäischen Märkte gelieferten
Avocados zu verbessern. Der Vertreter wirkt auch als Mittler zwischen den Importagenten
und ihren südafrikanischen Lieferanten, falls problematische Sendungen mit südafrikanischen Avocados ankommen. Der Vortragende ist der gegenwärtige Technische Repräsentant in Europa und hat diese Position seit Februar 1997 inne.
Erzeugungsbedingungen
Die Masse der südafrikanischen Avocado-Erzeugung ist auf den nordöstlichen Teil des
Landes beschränkt. Das Klima ist im allgemeinen subtropisch mit heißen Sommern (z. B.
35 °C) und milden Wintern, wobei in einigen Gebieten auch gelegentlich mit Frost und
Temperaturen unter Null zu rechnen ist. Die Erzeugungsgebiete sind meist Gebiete mit
Sommerregenfällen. Manche Gebiete sind hagelgefährdet, wodurch große Schäden an
den Früchten und damit Verlust bei der Exportqualität entstehen können.
Grundsätzlich werden Avocados in den nördlicheren Breitengraden früher geerntet als in
den südlicheren Breitengraden (z. B. die Ernte von Fuerte findet Ende Februar in Levubu
statt und im Juni in Kwazulu-Natal). In jedem Fall, sind die Obstgärten in den höheren
Lagen später erntereif als die in den niedrigeren Lagen.
Die meisten Erzeuger bewässern ihre Anlagen, aber es gibt auch eine Reihe nicht beregneter Anlagen. Die Bodenarten reichen von sandig bis sehr lehmhaltig und reich an organischen Nährstoffen. Die Nährstoffgehalte der Böden werden sorgfältig überwacht, um die
Düngung zu bestimmen. Die weniger nährstoffreichen Böden produzieren im allgemeinen
qualitativ bessere Avocados, aber der Ertrag ist geringer als bei den nährstoffreicheren
Böden; es sei denn die Düngung wird sorgfältig gemanagt.
Etwa 6 % der Anlagen produzieren ökologische Avocados. Die Zertifizierung der organischen Anlagen wird im allgemeinen von internationalen Zertifizierungsstellen wie Ecocert
und BCS durchgeführt.
56
Avocados – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Südafrika (R. Nelson)
Verteilerkette
Die Avocados werden innerhalb von 24 Stunden nach der Ernte zum Packhaus transportiert. Nach Sortierung, Verpackung, Palettisierung werden die Avocados im Packhaus
während 24 Stunden von “Feldtemperatur” auf “Versandtemperatur” gekühlt. Vor dem
Versand wird die gepackte Ware durch das Perishable Products Export Control Board
(PPECB) kontrolliert. Der Transport der Ware erfolgt mit einem Kühlfahrzeug zum Hafen,
wo das PPECB die Temperatur kontrolliert und vor der Verladung in den See-Container
ggf. eine weitere Kühlung anordnet. Alternativ kann die Temperaturkontrolle durch das
PPECB auch im Packhaus und dort die Verladung in den See-Container stattfinden. Der
Container wird dann per LKW oder Bahn zum Hafen transportiert. Von der Verladung in
den Container bis zur Ankunft in einem europäischen Hafen vergehen +/- 14 Tage. Der
Container wird vom europäischen Hafen zum gekühlten Lagerhaus des Importeurs transportiert und die Paletten in das Kühllager entladen. Anschließend erfolgt die Verteilung
der Früchte zum Kunden.
Um die Lieferung fester Avocados nach Übersee zu gewährleisten, gilt Folgendes:
1) Kontinuierliche Kühlung vom Packhaus zum Markt (7,5 bis 4,5 °C je nach Sorte und
physiologischer Reife der Früchte)
2) Die meisten Früchte werden unter CA-Bedingungen in den See-Containern transportiert.
3) Die südafrikanische Industrie nutzt zunehmend Alternativen wie z. B. kontrollierte Atmospäre oder 1-MCP und zwar mit guten Ergebnissen.
Die wichtigsten Exportmärkte Südafrikas sind Großbritannien (31,72 %, Wachstumsmarkt), Frankreich (24,67 %), Deutschland (5,41 %) und das übrige Europa (38,21 %). Ein
Wachstum der Verkaufszahlen wird mit der Erweiterung der EU auf 25 Mitglieder erwartet.
Produktion
Avocados werden derzeit auf annähernd 12.400 ha produziert. Die Gesamterzeugung
beträgt zwischen 85.000 und 100.000 t pro Jahr. Der Export beläuft sich gegenwärtig auf
35.000 bis 43.000 t pro Jahr (hauptsächlich Europa), der Rest wird vom heimischen Markt
aufgenommen. Die Exportsaison ist von März bis Oktober. Es gibt auch einen bedeutenden Markt für verarbeitete Avocados (Öl und Guacamole – etwa 12 % der Gesamtproduktion).
Produktionstrends
Der Export sollte in den nächsten 5 Jahren jährlich etwa um 2 % wachsen, die neuen Anlagen werden hauptsächlich mit der Sorte Hass bepflanzt, da diese Sorte in Europa deutlich vor allen anderen Sorten bevorzugt wird. Es wird erwartet, dass die Sorte Hass im
Jahr 2013 etwa 60 % der gesamten Anlagen ausmacht.
1999
2004
Fuerte
39 %
34 %
Hass
36 %
41 %
Andere Sorten
25 %
25 %
57
Avocados – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Südafrika (R. Nelson)
Sortenwechsel
Sorte
Anbaufläche
Geschätzte
% Anteil an
Anbaufläche
Gesamtanbaufläche
1999
Ende 2004
Edranol
403
395
4
3
Fuerte
4465
4221
39
34
Hass
4131
5100
36
41
9
107
0
1
Pinkerton
1046
1059
9
9
Ryan
1357
1467
12
12
47
55
<0.5
<0.5
11458
12405
100
100
L/Hass
Andere
Total
1999
2004
Erwartete Exporte
50
1000 Tonnen
40
30
20
10
Grünschalige Sorten
58
Hass
20
13
20
12
20
11
20
10
20
09
20
08
20
07
20
06
20
05
20
04
0
Avocados – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Südafrika (R. Nelson)
Südafrikanische Exportvorschriften und Protokolle für Avocados
Die Verordnungen werden vom südafrikanischen Landwirtschaftsministerium veröffentlicht
und sind mit den europäischen Importbestimmungen abgestimmt. Die südafrikanischen
Bestimmungen werden jährlich in Abstimmung mit SAAGA und PPECB, der von der Regierung anerkannten und für die Überwachung der Exportbestimmung zuständigen Agentur, geprüft. Alle Avocado-Exporte müssen die Exportnormen erfüllen und vor dem
Export von den Kontrolleuren des PPECB genehmigt werden. Die ersten Kontrollen des
PPECB finden im Packhaus statt, nachdem die Früchte für den Export gepackt sind.
Vor dem Export müssen die Früchte die physiologische Mindestreife erreicht haben. Diese Normen – basierend auf dem Feuchtigkeitsgehalt des Fruchtfleisches – werden jährlich
überprüft und ihre Einhaltung wird von den Kontrolleuren des PPECB im Rahmen ihrer
Kontrollaufgaben überwacht.
Bevor die Früchte in den Container verladen werden, müssen sie die für den Transport
geforderte Fruchtfleischtemperatur aufweisen. Dies wird vom PPECB unmittelbar vor der
Verladung in den Container geprüft. Die Zahl der Sendungen, die im oder in der Nähe des
Packhauses in Container verladen werden, nimmt ständig zu. Daher wird die Temperaturkontrolle durch das PPECB auch dort vorgenommen.
Die Mehrzahl der Exportsendungen wird noch immer auf der Straße in Kühlfahrzeugen
von der Packstation zum Hafen (üblicherweise Kapstadt, gelegentlich Durban) transportiert. Die Fruchtfleischtemperatur dieser Avocados wird bei der Ankunft im Hafen vom
PPECB kontrolliert. Sofern die Ladung zu warm ist, müssen die Früchte vor der Verladung
in den Container auf die korrekte Temperatur gekühlt werden.
Die Früchte müssen innerhalb von 12 Tagen nach dem Packen auf dem Schiff verladen
sein. Folglich vergehen etwa 25 Tage vom Verpacken bis zur Ankunft in den europäischen Häfen, bei Verspätung des Schiffs auch länger. Der Schiffstransport dauert in jedem Fall länger, wenn Häfen in Großbritannien angelaufen werden als bei anderen europäischen Seehäfen wie Le Havre oder Rotterdam.
Qualitätsmängel nach dem Transport
Mängel, die nach dem Transport von Avocados auftreten, sind:
-
schwarze Flecken auf der Schale
-
Verfärbung der Schale
-
Fäulen
-
Verfärbungen des Fruchtfleischs
Anthracnose ist eine pilzliche Fäule, die hauptsächlich an reifen Früchten auftritt. Der
Befall wird durch runde Flecken charakterisiert, die im fortgeschrittenen Stadium im Zentrum ein rosa / gelbbraunes Myzel aufweisen. Ein Schnitt durch einen solchen Fleck legt
eine halbmondförmige Verfärbung im Fruchtfleisch frei.
Schwarzer Kälteschaden (Black Cold Injury) ist eine Form des Kälteschadens. Das
Symptom hat nichts mit Anthracnose zu tun, die sich jedoch besonders bei den Sorten
Pinkerton und Edranol in den davon betroffenen Stellen entwickelt. Der schwarze Kälteschaden äußert sich in unregelmäßigen, leicht eingesunkenen Flecken mit deutlichen
Rändern, hauptsächlich am Blütenende der Frucht. Hauptursache des Mangels sind niedrige Temperaturen, die zu einer “Verbrennung” der Schale führen. Das Symptom tritt an
hartreifen Früchten auf und entwickelt sich auch bei Reife nicht weiter. Weniger physiologisch ausgereifte Früchte sind empfindlicher. Der Nährstoffstatus der Böden (vor allem
Stickstoff- und Calciumgehalte) beeinflusst die Empfindlichkeit für diese Störung. Früchte
von alten, schlecht ernährten Bäumen reagieren empfindlicher.
Erstickung ist die Folge von niedrigen O2- und hohen CO2-Gehalten, die durch Fehler im
CA-System hervorgerufen werden. Die Symptome entwickeln sich erst nach mehr als 24
Stunden nach der Entladung. Die äußeren Symptome sind üblicherweise auf das Stielen
59
Avocados – Qualitätsproduktion und neue Sorten in Südafrika (R. Nelson)
de der Frucht beschränkt und äußern sich in unregelmäßigen, häufig tief eingesunkenen
Flecken. Sekundärinfektionen, wie z. B. Anthracnose sind bei befallenen Früchten häufig.
Die innere Qualität ist stark beeinträchtigt und weist hartes, trockenes, grau bis schwarz
verfärbtes Fruchtfleisch auf. Die Schwere der Symptome variiert.
Brauner Kälteschaden (Brown Cold Injury) ist eine weitere Form des Kälteschadens, der
sich in einer braunen Verfärbung der Schale mit klar abgegrenzten, aber nicht eingesunkenen Flecken äußert. Innerhalb der befallenen Stellen bleiben die Lentizellen grün und
gesund. Die Symptome entwickeln sich nur an reiferen Früchten und nach verlängerter
Kühllagerung, d. h. wenn die Früchte während der Kühlung zu reifen beginnen. Der braune Kälteschaden kann sich erst nach der Auslieferung entwickeln, selbst wenn sich die
Früchte bei der Warenannahme fest und in guter Kondition präsentiert haben. Die innere
Qualität kann ebenfalls beeinträchtigt sein.
Schwärzlich-brauner Kälteschaden (Dusky Cold Injury) äußert sich in einer schwärzlich-braunen Verfärbung der Schale, vor allem am Blütenende der Frucht. Das Symptom
tritt überwiegend an reiferen Früchten auf und entwickelt sich vorwiegend nach verlängerter Kühllagerung, wenn die Früchte während der Kühlung zu reifen beginnen. Der
schwärzlich-braune Kälteschaden kann sich erst nach der Auslieferung entwickeln, selbst
wenn sich die Früchte bei der Warenannahme fest und in guter Kondition präsentiert haben. Die innere Qualität kann ebenfalls beeinträchtigt sein.
Stielendfäule ist eine pilzliche Infektion des Fruchtfleischs am Stielende der Frucht. Das
Symptom tritt nur an reifen Früchten auf.
Graues Fruchtfleisch / Alterung äußert sich in einer grauen oder schwarzen Verfärbung
des Fruchtfleischs. Der Mangel tritt häufiger bei gegen Ende der Saison geernteten
Früchten, die physiologisch sehr reif sind, auf. Die Symptome können sich entwickeln,
wenn die Früchte nach der Auslieferung lange kühl gelagert werden. Graue Verfärbungen
des Fruchtfleischs entwickeln sich vor allem bei extrem niedrigen Transporttemperaturen.
Bei grünschaligen Sorten ist die graue Verfärbung des Fruchtfleischs häufig mit anderen
äußeren Mängeln wie braunem Kälteschaden oder schwärzlich-braunem Kälteschaden
assoziiert.
Fruchtfleischflecken (Pulp Spot) äußern sich in grauen Farbflecken im Fruchtfleisch. Die
Symptome entwickeln sich bei grünschaligen Sorten und häufiger zu Beginn der Saison,
wenn die Früchte weniger physiologisch ausgereift sind, als gegen Ende der Saison. Der
Mangel tritt bei Avocados der Sorte Hass kaum auf. Häufiger kann der Mangel beobachtet
werden, wenn die Früchte weich ankommen oder nach verlängerter Kühllagerung bereits
ausgelieferter Früchte.
Ausblick
Die südafrikanische Avocado-Industrie beabsichtigt, die guten Beziehungen zwischen
Südafrika und Europa auszubauen. Dieser Vortrag hat hoffentlich zu einem besseren
Verständnis der Produktion in Südafrika beigetragen. Insbesondere die zusammenfassende Darstellung der verschiedenen Mängel, die bei Avocados nach langem Transport
und Lagerung auftreten können, soll die europäischen Qualitätskontrolleure bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unterstützen. Dies kann nur zum Nutzen der europäischen Verbraucher und der südafrikanischen Erzeuger sein.
60
Ergebnis der Probenauswertung – Avocados
(B. Hickson, S. Coetzee, F. Egerer, H. Stevens)
Ergebnis der Probenauswertung – Avocados
B. Hickson, S. Coetzee, F. Egerer, H. Stevens
Die Zahlen in den Spalten (Extra, I, II und 0 = Ausschluss) stellen die Bewertung durch
das Publikum dar und sind Prozentangaben der abgegebenen Stimmen. Die unterlegten
Felder bezeichnen die zutreffende Bewertung.
Nr. Extra
I
II
0
Merkmal der Klasse
1
19,7
74,2
4,5
1,5
leichter Schalenfehler
2
0
22,9
75,6
1,5
Formfehler
3
1,6
14
54,3
30,2 Schalenfehler
4
0
2,2
20,6
77,2 Kälteschaden, starke Druckstelle
5
0
16,9
69,5
13,6 Schalen- und Formfehler
6
2,1
40
50,7
7,1
leichte Schalenfehler durch Reibung
7
7
64,1
20,4
8,5
verzehrsfähige (reife) Frucht der Sorte Hass
8
0,8
0
1,6
97,7 starker Sonnenbrand in Verbindung mit Kälteschaden
9
0
6
41
10
0,7
4,3
19,6
75,4 starke Druckstelle
11
0,7
0
2,9
96,4 starker Sonnenbrand
12
2,1
45,7
49,3
2,9
13
1,4
39,9
34,3
24,5 Gewicht 83 g (Sorte Hass)
14
0
5,4
27,9
66,7 Gewicht 77 g (Sorte Hass)
15
0
27,3
43,9
28,8 Gewicht 83 g (Sorte Hass) und Formfehler
16
0,7
20,6
42,6
36,2 Kälteschaden
17
0
0,7
12,3
87
Kälteschaden
18
0,7
54,7
43,2
1,4
leichter Form- und leichter Schalenfehler
19
25
59,6
10,3
5,1
leichter Schalenfehler durch Reibung
20
6,8
67,6
14,2
11,5 leichter Schalenfehler
53
Verkorkungen > 6 cm2
leichter Schalenfehler < 4cm2
61
Qualitätsbeurteilung bei Avocados mittels Trockenmasse oder Fettgehalt (B. Hickson)
Qualitätsbeurteilung bei Avocados mittels Trockenmasse oder Fettgehalt
B. Hickson
Der Reife- oder Entwicklungsgrad von Avocados wird über das Verhältnis von Trockensubstanz- zu Fettgehalt der Früchte bestimmt. Mit dem Ziel, Avocados guter Qualität zu
ernten, führt der israelische Pflanzenschutz- und Kontrolldienst (PPIS) eine Kalibrierung
seiner Reifebestimmungs-Labors durch. Hierzu muss jedes Labor die entsprechend der
Vorgaben des Herstellers durchgeführte und bestätigte Kalibrierung seiner Trockenschränke und Waagen übermitteln. Die Kalibrierungstests werden an festgesetzten Tagen
Anfang September durchgeführt.
Nachfolgend wird die Methode beschrieben, mit der das Verhältnis von Trockensubstanzzu Fettgehalt bestimmt wird.
Probenahme
Die Ernte der Testfrüchte erfolgt zur Mittagszeit des Vortages. 10 Früchte aus mindestens
2 Größengruppen und mit einem Mindestgewicht von 265 g werden pro Test benötigt. Die
Früchte müssen in 1,5 bis 2 m Höhe von allen Seiten des Baumes und von mindestens
5 Bäumen pro Feld geerntet werden.
Das Kalibrierungsprotokoll muss folgende Angaben enthalten: Bezeichnung der Farm,
Bezeichnung des Feldes, Datum der Probenahme, Name des Probenehmers. Jede
Frucht muss mit einem wasserfesten Stift von zwei Seiten mit derselben Seriennummer
(von 1 bis 10) gekennzeichnet werden.
Die Früchte werden am Tag der Probenahme gewogen, halbiert und für die Tests vorbereitet. Der Stein wird entfernt und jede Hälfte wird mit einer Klarsichtfolie umhüllt. Je eine
Hälfte der Früchte wird im Packhaus bei 4 bis 5 °C gelagert. Die zweite Hälfte wird in einer Kühltasche mit Eis zum Labor des PPIS gebracht. Die Probe muss spätestens um
15:00 Uhr beim PPIS ankommen. Am folgenden Morgen werden die Tests gleichzeitig
beim PPIS und Packhaus durchgeführt.
Geräte
-
Umluft-Trockenschrank 105 °C
-
Waagen mit einer Wiegegenauigkeit bis 0,01 g
-
Petrischalen
-
Messer
-
Sparschäler
-
Taschenrechner
-
Korrelationstabellen
Methode
1. Jedes Mal, wenn eine Probe gewogen wird, muss auf das nächste Hundertstel
Gramm genau abgelesen werden.
2. Jede Petrischale wird nummeriert und gewogen und das Gewicht (A) wird protokolliert.
3. Die Frucht wird längs in zwei Hälften geteilt. Der Stein und die Samenhaut werden
entfernt.
4. Mit dem Sparschäler wird die Schale entfernt, ohne Fruchtfleisch abzuschälen.
5. Mit dem Sparschäler wird eine Probe von 10 g (10,01 g bis 10,09 g) abgeschnitten.
Die Probe wird dadurch gewonnen, dass dünne Scheiben von der Schnittfläche der
Fruchthälften abgehobelt werden.
62
Qualitätsbeurteilung bei Avocados mittels Trockenmasse oder Fettgehalt (B. Hickson)
6. Die Scheiben werden in die Petrischale gelegt und dort in kleinere Stücke zerteilt, damit der Trocknungsprozess erleichtert wird. Das Gesamtgewicht von frischer Probe +
Petrischale (B) wird protokolliert. Die Wiegung muss sofort, nachdem die Probe in die
Schale gelegt wurde, erfolgen, um jedem Feuchtigkeitsverlust vorzubeugen.
7. Der Trockenschrank wird auf die erforderliche Temperatur vorgeheizt und die Proben
werden hineingestellt. Ein genaues Thermometer wird in einer mit pflanzlichem Öl
gefüllten Tasse in den Trockenschrank gestellt, um möglichst genaue Temperaturmessungen zu erzielen.
8. Die Probe wird in dem Trockenschrank in einem 105 °C warmen Luftstrom während
4 Stunden getrocknet. Nach der Trocknung wird die Probe gewogen und das Gesamtgewicht von getrockneter Probe + Petrischale (C) wird protokolliert. Die Wiegung sollte
innerhalb von 15 Minuten, nachdem die Probe aus dem Trockenschrank genommen
wurde, erfolgen.
9. Der prozentuale Trockensubstanzgehalt wird wie folgt berechnet:
% Trockensubstanz
=
Gewicht getrocknete Probe x 100
Gewicht frische Probe
=
(C-A) x 100
(B-A)
A = Gewicht der Petrischale
B = Gesamtgewicht der frischen Probe + Petrischale
C = Gesamtgewicht der getrockneten Probe + Petrischale
Der ermittelte Prozentsatz Trockensubstanz wird mit Korrelationstabelle, die die Kriterien
für die Reife und Ernte enthält, verglichen.
Sorte
Fettgehalt in %
Trockensubstanzgehalt in %
Ettinger
9,0
22,44
Fuerte
10,0
22,0
Hass
9,0
20,0
Pinkerton
9,0
20,4
Ardith
9,0
20,4
Nabal
5,5
14,75
Reed
12,5
22,1
Die Ergebnisse des Packhauses werden dem PPIS mitgeteilt und enthalten folgende Daten: Name des Packhauses, Seriennummer, Gewicht der ganzen Frucht und Trockensubstanzgehalt der Fruchthälfte. Die Ergebnisse der PPIS-Labors werden ebenfalls der Zentrale übermittelt und anschließend dem Packhaus mitgeteilt.
63
Normänderungen seit September 2004 (L. Böhme)
Normänderungen seit September 2004
L. Böhme
Die Vermarktungsnorm für Kirschen wurde mit Verordnung (EG) Nr. 214/2004 geändert. Neben einer Anpassung an die Rahmennorm bezüglich der Einführung der Mindesteigenschaften „praktisch frei von Schäden durch Schädlinge“ wurde die Vermarktung von
Kirschen ohne Stiel klarer geregelt. Unabhängig von der Mindesteigenschaft „mit dem
Stiel versehen“ dürfen Sauerkirschen und Kirschen des Typs Picota oder entsprechende
Typen, deren Stiel sich beim Pflücken auf natürliche Weise löst, ohne Stiel vermarktet
werden, sofern die Haut nicht beschädigt ist und kein wesentlicher Saftaustritt erfolgt. Folgende Süßkirschsorten werden unter den Anbaubedingungen einiger spanischer Anbaugebiete ohne Stiel vermarktet:
Moreau (Bigarreau Moreau)*, Reverchon*, Hedelfinger*, Ambrunesa, Pico Colorado, Pico
Negro, Pico Limón Negro, Tardiva de Vignola, Taleguera brillante. Die mit * gekennzeichneten Sorten werden in anderen Anbaugebieten nur mit Stiel geerntet. Die Sorte Ambrunesa stellt 40 % der als „Picota“ vermarkteten Süßkirschen in Spanien.
Bei den mit Stiel vermarkteten Kirschen dürfen in Packstücken der Klasse I höchstens
10 % und in Packstücken der Klasse II höchstens 20 % Kirschen ohne Stiel enthalten
sein, sofern die Haut nicht beschädigt ist und kein wesentlicher Saftaustritt erfolgt.
Darüber hinaus wurde im Kapitel VI. „Kennzeichnung“ die Angabe der Sorte wahlfrei gestellt. Die Angabe „Sauerkirschen“ muss zutreffendenfalls gemacht werden. Gleiches gilt
für Kirschen, die ohne Stiel unter der Bezeichnung „Picota“ oder einer gleichwertigen Bezeichnung vermarktet werden.
Die Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen wurde mit Verordnung (EG) Nr.
1861/2004 geändert. Neu wurde das Kapitel II. B. „Mindestreifekriterien“ eingeführt. Danach gelten Früchte als ausreichend reif, wenn sie mindestens 8 °Brix aufweisen. Die
ausreichend reifen Früchte müssen auch entsprechend weich sein, das heißt die Höchstfestigkeit darf – an zwei Stellen des größten Querdurchmessers der Frucht gemessen
[Stempel von 8 mm Durchmesser (0,5 cm²)] – 6,5 kg nicht überschreiten. Die Kennzeichnung wurde vereinfacht, um dem schnellen Sortenwechsel bei Pfirsichen und Nektarinen
Rechnung zu tragen. Danach ist die Angabe der Sorte wahlfrei, die Angabe der Fleischfarbe jedoch verpflichtend.
Die Vermarktungsnorm für Wassermelonen wurde mit Verordnung (EG) Nr. 1862/2004
geändert. Neu wurde das Kapitel II. B. „Mindestreifekriterien“ eingeführt. Danach gelten
Früchte als ausreichend reif, wenn sie mindestens 8 °Brix aufweisen. Die Kriterien der
Klassen I und II wurden an die UNECE-Rahmennorm angepasst. Die in der Klasse I zulässigen leichten Schalenfehler wurden auf maximal 1/16 und die der Klasse II auf maximal 1/8 der Fruchtoberfläche beschränkt. Um den neuen, kleinfallenden Sorten gerecht zu
werden, wurde das Mindestgewicht auf 1 kg und das im Rahmen der Größentoleranzen
zulässige absolute Mindestgewicht auf 800 g abgesenkt. Im Kapitel V. „Aufmachung“
wurde nun klargestellt, dass auch Großkisten eine Verpackung darstellen und lose
Schüttung eine direkte Verladung in ein Transportmittel meint. Im Kapitel VI. D. „Handelsmerkmale“ sind die Angabe der Stückzahl und des Nettogewichtes jetzt wahlfrei. Bei
der Vermarktung von kernlosen Wassermelonen ist neuerdings die Angabe „kernlos“ verpflichtend, wobei zu beachten ist, dass kernlose Wassermelonen nicht ausgereifte Kerne
und vereinzelt ausgereifte Kerne enthalten können.
Die Vermarktungsnorm für Kulturchampignons wurde mit Verordnung (EG) Nr.
1863/2004 geändert. Dabei wurde bezüglich der Schnittfläche bei abgeschnittenen
Kulturchampignons neu geregelt, dass diese nur noch in den Klassen Extra und I
annähernd rechtwinklig sein muss. Die Forderung nach einem „glatten Schnitt“ wird nun in
den Mindesteigenschaften gestellt. In der Klasse I wurde das bisherige Kriterium „leichte
64
Normänderungen seit September 2004 (L. Böhme)
oberflächliche Mängel, sofern sie sich nicht weiter entwickeln“ gestrichen, da diese
Mängel durch das Kriterium „leichte oberflächliche Druckstellen“ abgedeckt sind. In die
Klasse II wurden drei neue Kriterien aufgenommen:
-
leichte Beschädigung des Fußes (Übersetzungsfehler im deutschen Text: statt „Beschädigung“ steht dort „Veränderung“)
-
leichte Feuchtigkeit innerhalb des Stieles
-
verfärbte Schuppen (dieser Anstrich fehlt im deutschen Text).
Die ausgelegten Proben zu den Vermarktungsnormen für Wassermelonen und Kulturchampignons erfuhren folgende Bewertung durch die Teilnehmer:
Nr.
Extra
I
II
0
Merkmal der Klasse
1
2
12,1
57
28,9
Kulturchampignons mit schräg abgeschnittenem
Stiel
2
0
13,2
53,5
33,3
Kulturchampignons mit leicht beschädigtem Stiel
3
0
11,4
55,7
32,9
Kulturchampignons mit leichter Feuchtigkeit im
Stiel
4
1,4
2,1
0
96,5
Kulturchampignons mit Verbräunung im Stiel
5
3
42,1
54,1
0,8
Wassermelone mit leichtem Schalenfehler
6
3,5
12,7
78,2
5,6
Wassermelone mit Schalenfehler
Die Zahlen in den Spalten (Extra, I, II und 0 = Ausschluss) stellen die Bewertung durch
das Publikum dar und sind Prozentangaben der abgegebenen Stimmen. Die unterlegten
Felder bezeichnen die zutreffende Bewertung.
Mit Verordnung (EG) Nr. 907/2004 wurden alle Vermarktungsnormen geändert. Gemäß
Artikel 2 dieser Verordnung müssen Packstücke die nach der Norm erforderlichen
Kennzeichnungsangaben nicht tragen, wenn sie Verkaufsverpackungen enthalten, die
von außen sichtbar sind und jeweils die betreffenden Angaben tragen. Diese Packstücke
dürfen keine irreführende Kennzeichnung aufweisen. Befinden sich die Packstücke jedoch
auf einer Palette, so muss auf mindestens zwei Seiten der Palette ein Zettel angebracht
sein, der diese Angaben enthält.
Da die Forderung, auf Fertigpackungen die Angaben nach der Norm anzubringen, gemäß
Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 nur für den Einzelhandel gilt, ist bei
der Kontrolle auf allen dem Einzelhandel vorgelagerten Handelsstufen wie folgt zu verfahren:
-
Sofern die Verkaufsverpackungen nicht mit allen in der Vermarktungsnorm geforderten Angaben versehen sind und die Umverpackung nicht gekennzeichnet ist, müssen
diese Angaben entweder auf den Verkaufsverpackungen nachgetragen werden oder
die Umverpackung muss komplett und korrekt gekennzeichnet werden.
-
Sofern sowohl die Verkaufsverpackungen als auch die Umverpackungen gekennzeichnet sind, müssen die Angaben übereinstimmen.
Bei falschen Angaben (auf der Verkaufsverpackung oder Umverpackung) ist die Partie zu
beanstanden; eine Kontrollbescheinigung wird erst ausgestellt, wenn die falschen Angaben normgerecht nachgebessert oder entfernt wurden.
Die Angaben müssen auf einem Etikett, das fest mit der Fertigpackung verbunden ist, zu
lesen sein. Bei abgenetzter Ware können die unveränderlichen Daten wie Absender,
65
Normänderungen seit September 2004 (L. Böhme)
Ursprungsland und Warenart auf der Fahne und die variablen Daten wie Sorte und Größe
auf einem zweiten Etikett, das ebenfalls mit dem Netz verbunden ist, angegeben werden.
Offene Kleinpackungen müssen auf keiner Handelsstufe mit den von den Vermarktungsnormen geforderten Angaben gekennzeichnet sein. Sind offene Kleinpackungen wie z. B.
500-g-Tüten mit Tafeltrauben jedoch gekennzeichnet, so müssen diese Angaben zutreffend sein. Im übrigen gilt auch hier, dass eine vollständige, normgerechte Kennzeichnung
der offenen Kleinpackungen die Kennzeichnung der Umverpackung entbehrlich macht.
Darüber hinaus wurde in Kapitel V. ein Absatz angefügt, mit dem geregelt ist, wie Aufkleber beschaffen sein müssen, die auf den Erzeugnissen angebracht sind.
Ferner wird in Kapitel VI. die Vorschrift für die Angabe des Packers/Absenders neu
gefasst, um die Vorschriften mit der geltenden Regelung bei der Kennzeichnung von
Fertigpackungen zu harmonisieren.
66
Objektive Tests zur Bestimmung der Reife bei Früchten (E. Semmelmeyer)
Objektive Tests zur Bestimmung der Reife bei Früchten
– Vorstellung des überarbeiteten OECD-Leitfadens
E. Semmelmeyer
Der Obst- und Gemüsemarkt ist seit vielen Jahrzehnten international ausgerichtet. Damit
dieser internationale Handel auch problemlos funktioniert, gilt es gewisse Normen einzuhalten. Schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts entstanden die ersten Vermarktungsnormen. Die internationalen Normen geben dem Handel eine gemeinsame Basis, mit der
Verträge über die Lieferung von Obst und Gemüse in ganz bestimmten Qualitäten (Klassen), Aufmachungen und Kennzeichnungen geschlossen werden können. Sie sollen aber
auch wesentlich dazu beitragen, dass der Verbraucher vor unlauteren Angeboten geschützt und ihm eine bestimmte Qualität der angebotenen Produkte garantiert wird.
Heute haben wir es aus Sicht eines Bürgers der Europäischen Union im Wesentlichen mit
vier internationalen Organisationen zu tun, die an der Entwicklung von Vermarktungsnormen arbeiten:
UN/ECE
Für frisches Obst und Gemüse wohl am bedeutendsten ist die UN/ECE, die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa mit Sitz in Genf. In der „Arbeitsgruppe für
landwirtschaftliche Qualitätsnormen“ werden unter anderem Standards für frisches Obst,
Gemüse, Nüsse und Trockenfrüchte erarbeitet. Der UN/ECE gehören derzeit 55 Mitgliedstaaten an. Die Sitzungen sind für alle UN-Mitgliedstaaten offen, weshalb bedeutende
Exportländer wie USA, Kanada, Israel, Neuseeland, Brasilien, Chile, Thailand usw. an
den Sitzungen teilnehmen, diverse internationale Handelsorganisationen haben Beobachterstatus.
CODEX Alimentarius Kommission
Der CODEX Alimentarius Kommission (CAC), die 1962 durch die FAO (Food and Agricultural Organization) und die WHO (World Health Organization) gegründet wurde, gehören alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen an. Die CAC ist vornehmlich für hygienische und gesundheitliche Fragen zuständig und erlässt Bestimmungen hinsichtlich Kontaminationen (Schwermetalle, Pestizidrückstände) und Lebensmittelhygiene. Seit den
90er Jahren besteht auch ein Codex Komitee für die Normung von frischem Obst und
Gemüse (CCFFV), das Vermarktungsnormen für exotische Früchte, aber auch die aller
anderen Obst- und Gemüseerzeugnisse erlässt. Bereits existierende UN/ECE Normen
werden vom CCFFV angenommen und um die erwähnten gesundheitsbezogenen Bestimmungen erweitert.
OECD
Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa, arbeitet im sogenannten „SCHEMA“ (Plenary Meeting for the Application of International Standards for Fruit and Vegetables) ebenfalls an Vermarktungsnormen. Aus Gründen der Harmonisierung und Arbeitsteilung ging man in den letzten Jahren dazu über, die
UN/ECE Normen anzuerkennen und sich auf die Entwicklung von Erläuterungsbroschüren zu konzentrieren. Darüber hinaus werden Leitlinien erarbeitet, die den internationalen
Handel und die Qualitätskontrolle durch allgemein anerkannte Verfahrensweisen erleichtern sollen. So wurden vor allem die Leitlinie für die Qualitätskontrolle (inklusive eines
international standardisierten Kontrollzertifikats) und ein einheitliches Meldeschema im
Falle von Beanstandungen (Nichtkonformitätsmeldung) veröffentlicht.
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Objektive Tests zur Bestimmung der Reife bei Früchten (E. Semmelmeyer)
Europäische Union
Innerhalb der Gemeinschaft haben die EG-Vermarktungsnormen, die im Rahmen der
Gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse, Verordnung (EG) Nr. 2200/96,
erlassen werden, die größte Bedeutung. Diese Normen sind unmittelbares EG-Recht,
dessen Einhaltung von den Qualitätskontrolleuren überwacht wird. Die Gemeinsame
Marktorganisation für Obst und Gemüse legt fest, dass aus Gründen der Harmonisierung
die Vermarktungsnormen der UN/ECE weitestgehend zu übernehmen sind.
Die oben erwähnten internationalen Organisationen sind durch eine gute Zusammenarbeit
bemüht, die Vermarktungsnormen bestmöglich zu harmonisieren, damit in Zukunft weltweit nach einem allgemein gültigen Standard Obst und Gemüse gehandelt werden kann.
Die Anwendung dieser internationalen Normen fordert von den Kontrollorganen, aber
auch von den Handelspartnern, dass nach gleichen Richtlinien gearbeitet wird. Dies gilt
insbesondere für die
-
Probenziehung und die
-
Kontrolle der Ware, ob diese den Mindesteigenschaften, den speziellen Erfordernissen der Klasse und Größe, den Bestimmungen hinsichtlich Aufmachung und Verpackung und der Kennzeichnung entspricht.
Nur durch eine möglichst einheitliche Vorgehensweise bei der Kontrolle können auch
gleich lautende Ergebnisse erzielt werden. Dieser Aufgabe, gemeinsame Leitlinien für die
Kontrolle zu erarbeiten, stellt sich das SCHEMA der OECD. Eine objektive und harmonisierte Durchführung der Kontrolle ist nicht zuletzt für den Handel von großer wirtschaftlicher Bedeutung und daher Grundbedingung für die Arbeit der Kontrolleure. Wenn es um
die Qualität der Ware geht, müssen alle Beteiligten die gleiche Sprache sprechen.
Bis heute wurden vom Schema zahlreiche Erläuterungsbroschüren veröffentlicht, die bei
Bedarf überarbeitet und neu veröffentlicht werden. Diese Broschüren werden seit dem
Jahr 2000 in einem neuen Format (Ringbuch) herausgegeben und sind zudem auch auf
elektronischem Medium (CD-Rom) erhältlich. Es sind dies die Broschüren für:
Avocados (2004), Broccoli (2000), Möhren/Karotten (2000), Pflaumen (2002), Salate
(2002), Spargel (2000 – derzeit nur elektronisch verfügbar) und Tomaten (2003).
Für eine Reihe anderer Obst und Gemüsearten wurden bereits früher Erläuterungsbroschüren erarbeitet. Diese waren aber nur in gebundener Form erhältlich und sind großteils
vergriffen. Sie werden aber vom SCHEMA überarbeitet und neu aufgelegt.
Schon in nächster Zeit sollen die Broschüren für Bohnen, Kulturchampignons und Erdbeeren veröffentlicht werden. Darüber hinaus wird bereits an Erläuterungsbroschüren für Kiwis, Kartoffeln und Gurken gearbeitet, denen dann die für Zitrusfrüchte, Äpfel und Birnen
folgen werden.
Die Dokumente und Broschüren des SCHEMAS erscheinen leider nur in den offiziellen
Sprachen der OECD, dies sind Englisch und Französisch. Übersetzungen werden in Zukunft möglich sein, müssen aber vom jeweiligen Mitgliedsland in Eigenverantwortung erfolgen. In Deutschland bietet die BLE Übersetzungen der Broschüren an und wird diese
auch für den Leitfaden zur Verfügung stellen.
Die Broschüren mit dem anschaulichen Bildmaterial bekommen Sie am einfachsten über
den Online-Bestellservice der OECD. Im Internet kommt man unter www.oecd.org auf die
Website der OECD, wo nur noch der Link zum ONLINE BOOKSHOP angeklickt werden
muss. Ein weiterer Klick auf „Books“ öffnet eine Suchmaske, durch Eingabe „International
Standardisation of fruit and vegetables“ erscheint dann die Liste aller verfügbaren Broschüren.
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Objektive Tests zur Bestimmung der Reife bei Früchten (E. Semmelmeyer)
Leitfaden für objektive Tests zur Bestimmung der Reife bei Früchten
Objektiv messbare Reifekriterien finden zur Bestimmung des richtigen Ernte- und Vermarktungszeitpunkts Anwendung, unterstützen die Kontrollorgane in ihren Entscheidungen über genügende bzw. nicht genügende Entwicklung/Reife der Früchte und sind vermehrt auch im Handel Bestandteil von Lieferverträgen.
Bereits im Jahr 1998 wurde die Leitlinie für objektive Testmethoden veröffentlicht
(Guidance on objective tests for determining the ripeness of fruit).
Derzeit sind in den Standards der UN/ECE bzw. der EU für 10 Produkte verbindliche
Reifekriterien festgelegt. Es sind dies je nach Produkt der Zuckergehalt (Refraktometerwert in °Brix), die Fruchtfleischfestigkeit (Penetrometerwert), der Säuregehalt, der Saftgehalt, der Trockenmassegehalt oder im Falle von Nüssen der Feuchtigkeitsgehalt.
Der Leitfaden wird derzeit im Rahmen einer Arbeitsgruppe überarbeitet und soll folgende
Testmethoden beschreiben:
1) Bestimmung des löslichen Trockensubstanzgehalts oder Zuckers mittels
REFRAKTOMETER
2) Bestimmung der Fruchtfleischfestigkeit mittels PENETROMETER
3) Bestimmung des Säuregehalts mittels TITRATION und Berechnung des
Zucker/Säure-Verhältnisses
4) Bestimmung des SAFTGEHALTS
5) Bestimmung des TROCKENMASSEGEHALTS mittels Labormethode oder
Schnellmethode mit Mikrowellenherd
6) Bestimmung des löslichen Trockensubstanzgehalts oder Zuckers mittels
VIS-NIR (Zerstörungsfreie Methode mittels Infrarotlicht)
7) Bestimmung des Stärkegehalts bei Äpfel und Birnen mittels JOD-TEST
8) Bestimmung der SCHALENFARBE mittels OECD Farbtafeln.
Ein für alle Untersuchungen gültiges Kapitel wird sich mit der Probenahme (gemäß des
Leitfadens über die Durchführung der Qualitätskontrollen) und der Interpretation der Untersuchungsergebnisse befassen. Die für die Untersuchung benötigten Früchte sind der
reduzierten Probe zu entnehmen, wobei aber höchsten 10 % der ursprünglichen Gesamtprobe zerstört werden dürfen. Grundsätzlich sind vorerst auch alle anderen Parameter wie
Schalenfarbe, sortentypische Entwicklung, Geschmack usw. zu beurteilen, bevor die
Testmethoden angewendet werden. Bei als genügend entwickelt bzw. ausreichend reif
beurteilten Partien wird sich in der Regel eine weitere Probenahme erübrigen. Bestehen
hingegen Zweifel über die genügende Entwicklung/Reife, sind die objektiv messbaren
Reifekriterien ein geeignetes Mittel um zu einem zufrieden stellenden Kontrollergebnis zu
gelangen.
Das Kontrollergebnis sollte in Abhängigkeit der Homogenität des zu prüfenden Loses auf
zwei Arten interpretiert werden:
Bei homogener Ware:
Die einzelnen Werte der Untersuchungen werden als Durchschnittswert für die gesamte Partie berechnet.
Bei inhomogener Ware (objektiv sind große Reifeunterschiede erkennbar):
Es sind in diesem Fall verstärkt die Einzelergebnisse zu berücksichtigen. Wenn 3 oder mehr von 10 Früchten den Grenzwert um mehr als 10 % unter-/überschreiten, so
ist das Los als nicht konform anzusehen. Jene Anteile, die den Grenzwert nicht erreichen, werden gesondert im Beanstandungsbericht angeführt (z. B. 40 % der Früchte
sind nicht genügend entwickelt).
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Objektive Tests zur Bestimmung der Reife bei Früchten (E. Semmelmeyer)
Bevor eine Partie beanstandet wird, ist eine 2. und eventuell 3. Probe zu ziehen und zu
untersuchen. Der Durchschnitt aller Tests ergibt das endgültige Ergebnis.
Im Leitfaden werden die einzelnen Testmethoden ausführlich beschrieben, so dass es
jedem Kontrolleur möglich sein wird, derartige Untersuchungen vorzunehmen. Zu jeder
Untersuchungsmethode werden die erforderlichen Gerätschaften, die technischen Hilfsmittel (z. B. Laugen), die Probenvorbereitung, die Vorgehensweise bei der Untersuchung
und die Ermittlung der Ergebnisse erläutert.
Der Leitfaden soll dazu beitragen, dass unabhängig vom Ort der Kontrolle und des Kontrolleurs objektive und repräsentative Ergebnisse erzielt werden.
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Qualität von Äpfeln im Einzelhandel – ein Erfahrungsbericht (P. Sutor)
Qualität von Äpfeln im Einzelhandel – ein Erfahrungsbericht
P. Sutor
Die Gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse hat die Herstellung vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen und innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten
sowie die Sicherstellung eines ausreichenden Qualitätsniveaus zum Ziel. Fruchtartspezifische EG-Vermarktungsnormen, die in Deutschland im Rahmen des Handelsklassenrechtes vollzogen werden, sollen die Funktionsfähigkeit der Obst- und Gemüsemärkte,
den freien Wettbewerb und eine ausreichende Markttransparenz sicherstellen.
Das Institut für Ernährungswirtschaft und Markt hat im Rahmen einer dreijährigen Marktanalyse, der eine Gesamtprobenzahl von rund 450 verschiedenen Partien zugrunde liegt,
die Übereinstimmung der Normen mit der tatsächlichen Präsentation des Angebotes auf
der Lebensmitteleinzelhandelsstufe am Beispiel der Apfelnorm in Bayern überprüft. Neben der Kennzeichnung und Aufmachung wurden die äußeren Qualitäten anhand der in
der Norm festgelegten Bedingungen untersucht und die äußeren und inneren Mängel wie
der Zuckergehalt, der Vitamin C-Gehalt und zum Teil die Penetrometer- und Säurewerte
erfasst und ausgewertet. Die Einstufung der Qualitäten für die Jahre 2002 und 2003 erfolgte gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1619/2001 der Kommission vom 6. August 2001,
die Einstufung der Mängel des Jahres 2004 anhand der Verordnung (EG) Nr. 85/2004 der
Kommission, wobei letztere insbesondere bei der Bewertung von Druckstellen verschärfte
Qualitätsanforderungen aufweist. Die in der Untersuchung verwendeten Proben wurden
jeweils in der ersten Novemberwoche der Jahre 2002 bis 2004 gezogen, wo insgesamt
ein vergleichsweise hohes Risiko ungenügender Qualitäten zu erwarten ist. In der Probe
wurde sowohl die Bevölkerungsdichte als auch die Struktur des Lebensmitteleinzelhandels berücksichtigt. Es wurden der Erzeuger-Verbraucher-Direktverkehr und die ökologisch erzeugte Ware in die Auswertung einbezogen.
Es konnte festgestellt werden, dass im Bereich der konventionellen Ware vor allem die
Klasse I als Standard gilt und im Bereich der ökologisch erzeugten Ware die Klasse II. Die
wichtigsten Herkunftsländer waren in absteigender Reihenfolge Deutschland und Italien,
gefolgt von Österreich und Frankreich. Alle anderen Provenienzen hatten zu diesem Zeitpunkt nur geringe Bedeutung. Mit 17,8 % wurden überproportional viele ökologisch erzeugte Proben in die Auswertung aufgenommen, um einen repräsentativen Überblick über Preis und Qualität der ökologisch erzeugten Ware zu erhalten. Bei den Verpackungsmaterialien zeigte sich, dass der Karton mit 154 Proben von insgesamt 378 ausgewerteten Proben die häufigste Verpackungsart war. Der Anteil der Ware, die in Beuteln und
Netzen verpackt war, betrug 28,3 %, der Anteil der in Foodtainern verpackten Ware betrug 22,5 %. In den Jahren 2002 bis 2004 zeigte die Verpackungsart Foodtainer deutliche
Zunahmen.
375 Proben konnten hinsichtlich der Preisstruktur ausgewertet werden. Hierbei war der
Durchschnittspreis bei Kartons, insbesondere 3-kg-Kartons 1,45 € je Kilogramm, bei der
Beutelware 1,15 € je Kilogramm und bei Foodtainern 1,82 € je Kilogramm. Damit waren
erhebliche verpackungsbedingte Preisunterschiede erkennbar. Auch hinsichtlich der Sorten gab es Preisunterschiede. Hierbei haben die Sorten 'Elstar' und 'Cripp’s Pink' (Pink
Lady®) vergleichsweise gute Preise und die Sorten 'Idared' und 'Jonagold' geringe Preise
am Markt erzielt. Auch die unterschiedlichen Betriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels zeigten Preisunterschiede.
Zentraler Punkt der Untersuchung war die Erfassung der Qualität des kontrollierten Angebotes. Hierbei ergab sich, dass im Jahr 2002 41 % der untersuchten Proben nicht verkehrsfähig waren, im Jahr 2003 60 % und im Jahr 2004 ebenfalls 60 %.
Auffällig war, dass in allen Jahren das deutsche Angebot mit Werten zwischen 44,9 %
und 64,3 % einen hohen Anteil nicht vermarktungsfähiger Partien aufwies. Geringfügig
günstiger war die Situation für italienische Ware. Ursache für die zahlreich vorgefundenen
nicht verkehrsfähigen Partien war der extrem hohe Anteil von Haut- und Schalenfehlern in
71
Qualität von Äpfeln im Einzelhandel – ein Erfahrungsbericht (P. Sutor)
Verbindung mit Mängeln bei der Größensortierung sowie Krankheiten und Fäulnis. Zentraler Mangel waren Druckstellen in der Klasse I und durch Druckstellen hervorgerufene
Beschädigungen in der Klasse II. Alle anderen Mängel sind gegenüber diesen beiden
Mängeln zu vernachlässigen. Im Mittel wurden 2,2 Mängel je Probe gefunden. Nach Auffassung des Instituts für Ernährungswirtschaft und Markt sind die hohen Beanstandungsraten im Jahre 2003 vor allem durch die schwierigen klimatischen Bedingungen (Hitze,
Trockenheit) und im Jahr 2004 durch die in der Klasse II erfolgte Verringerung der Toleranz von Druckstellen zurückzuführen.
Bei den Größensortierungen hat sich gezeigt, dass von insgesamt 452 Proben 19,2 % die
angegebene obere Grenze und 16,8 % die angegebene untere Grenze nicht eingehalten
haben. Kennzeichnungs- und Aufmachungsmängel waren nur in geringem Umfang vorhanden. Einen deutlichen Zusammenhang zwischen nicht verkehrsfähigen Partien und
der Sorte war erkennbar. Sehr gute Qualitäten zeigten die Proben der Sorten 'Cripp’s
Pink' (Pink Lady®) und 'Rafzubin' (Rubinette®), gute Qualitäten die Sorten 'Tenroy' (Royal
Gala®), 'Gala' und 'Braeburn'.
Darüber hinaus zeigte sich, dass die Qualität des Angebotes stark abhängig von der Verpackung ist. So sind insbesondere die 3-kg-Kartons als geeignete Verpackung anzusehen, während Tüten- und Folienware zu erheblich höheren Beanstandungsraten geführt
hat. Im Bereich des konventionellen Anbaus war erkennbar, dass mit zunehmendem Preis
eine bessere Qualität am Markt verfügbar ist. Die von den Apfelabpackern gelieferten
Premiumqualitäten kommen also tatsächlich beim Verbraucher an. Demgegenüber haben
die ökologisch erzeugten Partien auch im hohen Preissegment eine deutlich höhere Beanstandungsrate.
Zu den Untersuchungszeitpunkten 2002 bis 2004 wurden die lösliche Trockensubstanz
und der Vitamin-C-Gehalt labortechnisch untersucht. Im Jahr 2002 wurden durchschnittlich 12,9, im Jahr 2003 13,8 und im Jahr 2004 12,8 °Brix erreicht. Damit war der gewünschte Mindestwert von 12 °Brix in der Regel erfüllt.
Der Vitamin-C-Gehalt belief sich im Durchschnitt der drei Untersuchungsjahre auf rund
121 mg/kg Frischmasse und erreichte im Jahr 2003 mit durchschnittlich 161,7 mg/kg einen um rund 60 % höheren Gehalt als 2003 oder 2004.
Im Jahr 2004 wurden zusätzlich noch der Penetrometerwert und die titrierbare Säure in
das Versuchsprogramm aufgenommen. Die Penetrometerwerte zeigten starke sortentypische Schwankungen und erreichten im Durchschnitt 5,85 lb/cm². Mit Hilfe der tirtierbaren
Säure konnte der Thiault-Wert bestimmt werden. Sorten mit hohem Thiault-Werten werden in der Regel am Markt gut nachgefragt.
Die Kosten je untersuchte Probe beliefen sich auf 145 € für den Einkauf der Ware, die
Probeziehung einschließlich Reisekosten, Beurteilung und Auswertung. Bei den Lohnkosten wurden die jeweiligen Personalvollkosten nach den Stundensätzen des Landes
Bayern zugrunde gelegt. Kosten für Räumlichkeiten sind nicht in Rechnung gestellt worden. Da mit den Apfelproben gleichzeitig auch Speisekartoffelproben gezogen wurden,
wurden die Kosten für Probeziehung nur anteilig berücksichtigt, so dass eine sehr günstige Kostenstruktur erreicht werden konnte.
Aus Sicht der zuständigen Stelle in Bayern kann für die letzte Handelsstufe festgehalten
werden, dass die Vermarktungsnorm, Verordnung (EG) Nr. 85/2004, in folgenden Punkten überdacht werden sollte:
-
Die Klasse „Extra“ der Apfelnorm sollte ersatzlos gestrichen werden und der Bereich
der Spitzenqualitäten durch von den Marktteilnehmern definierte „Premiumware“ ersetzt werden.
-
Die von der Norm zugelassenen Druckstellen insbesondere in der Klasse II sind zu
stringent gefasst und führen zum unnötigen Ausschluss von Partien. Hier wäre darüber nachzudenken, ob Druckstellen in der Klasse II bis zu 2,5 cm², zumindest auf der
Endhandelsstufe zulässig sind.
72
Qualität von Äpfeln im Einzelhandel – ein Erfahrungsbericht (P. Sutor)
-
Die Zulassung von Verpackungsarten wie Beuteln, insbesondere Folienbeuteln, bei
denen die Ware nicht gelegt oder fixiert wird, sollte untersagt werden.
Die Inverkehrbringer von Äpfeln sollten zusammen mit dem Lebensmitteleinzelhandel
prüfen,
-
ob statt Foodtainern nicht vermehrt Kartons auch für 4, 6, 8 oder 10 Äpfel eingeführt
werden sollten,
-
ob auf Tüten und Folienbeutel nicht gänzlich verzichtet werden könnte,
-
ob und inwieweit Druckstellen, die im Lebensmitteleinzelhandel aufgrund der höheren
Temperaturen verstärkt zur Verfärbung neigen, noch weiter vermieden werden können.
Bei den untersuchten Sorten haben sich insbesondere Sorten mit einer hohen Fleischfestigkeit bewährt. Besonders positiv aufgefallen ist 'Cripp’s Pink', die im Rahmen eines Markenprogramms vertrieben wird.
73
Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Sortendiagnostik bei Äpfeln
M. Stark-Urnau
Bislang erfolgt der Sortennachweis bei Kern- und Steinobstsorten anhand phänologischer
und morphologischer Merkmale. Dies ist sehr zeitaufwändig, da bei Kern- und Steinobst in
der Regel mindestens vier Anbaujahre erforderlich sind, bevor eine Sorte erstmalig
fruchtet und ihre Identität anhand generativer Merkmale geklärt werden kann.
Ebenso beruht die Qualitätskontrolle im Rahmen der EG-Vermarktungsnorm für Äpfel
bisher auf der phänologischen Bestimmung der Früchte. Dieses Verfahren hat jedoch
vielfach nicht die gewünschte Genauigkeit und damit weniger Rechtssicherheit. Abhilfe
kann die Verwendung von genetischen Fingerabdrücken mittels RAPD-PCR (random
amplified polymorphic DNA-Polymerase-Kettenreaktion) schaffen, weil diese Methode
unabhängig vom Entwicklungszustand des Baumes durchgeführt werden kann.
Beim RAPD-PCR-Verfahren werden zufällig ausgewählte DNA-Abschnitte mit einfachen
Primern zufälliger Nucleotidsequenz vermehrt und mittels Gelelektrophorese auf einem
Gel als Bandenmuster nachgewiesen. Anschließend können die entsprechenden
Obstsorten dann anhand dieser DNA-Sequenzunterschiede identifiziert werden. Die
RAPD-PCR-Methode kann zum Nachweis von Sorten dienen, indem DNAFingerabdrücke bereits identifizierter Sorten mit den Fingerabdrücken unbekannter Proben verglichen werden.
Mittlerweile sind die genetischen Fingerabdrücke von 135 Apfelsorten und 5 Mutanten
erstellt worden. Das Verfahren eignet sich sowohl für einzelne Blätter von Äpfeln als auch
für Apfelfrüchte ohne Kernhaus. Bereits ein einzelnes Blatt oder auch ein Stückchen Apfelfruchtfleisch reichen für eine RAPD-PCR-Analyse aus. Die Analyse kann innerhalb von
7 Tagen erfolgen. Das Verfahren wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt, ist derzeit aber kommerziell leider noch nicht verfügbar.
1. Morphologische Sortendiagnose anhand von:
•
Fruchtgröße und Form
•
Schale: Grund- und Deckfarbe sowie Bereifung, Fettigkeit, Berostung
•
Reifegruppe
•
Herkunft
•
Kelch (Kelchblätter, Kelchröhre und Kernhaus)
•
Stiel (Länge, Dicke, Farbe und Stand)
•
Fruchtfleisch (Geschmack, Säure, Zucker)
•
Kerne.
74
Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Þ Innere und äußere Gestaltungsmerkmale beim Apfel:
Abbildungen aus Farbatlas alte Obstsorten von Walter Hartmann, Ulmer Verlag 2000
Sortenbeschreibung aus Farbatlas Obstsorten von Manfred Fischer, Ulmer Verlag 1995
Þ Fruchtgröße und Form:
Fruchtgröße
sehr klein
(mm)
50
klein
50-55
mittelgroß
55-65
groß
65-75
sehr groß
75
75
Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Þ Kelch und Kernhaus:
Abb.: Kelchöffnung nach Bernkopf et al. 1991
Abb.: Formen des Kernhauses
Þ Stiellänge und Kerne:
Stiellänge
Abb.: Größe, Form und Kuppe der Kerne
nach Petzold, 1984
76
(mm)
sehr kurz
<5
kurz
5-10
mittellang
10-20
lang
20-25
sehr lang
> 25
Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Þ Beispiele von morphologischen Merkmalen ausgewählter Apfelsorten:
Gala
Braeburn
Jonagold
Größe:
mittelgroß
mittelgroß bis groß
mittelgroß bis groß
Form:
länglich – rund
langachsig, walzenförmig, rund
länglich – rund
Pflückreife:
September
Oktober
Oktober
Genussreife: ab Oktober
Oktober bis Mai
ab November
Deckfarbe:
leuchtend rot
tiefrot
leuchtend rot
Farbe:
grünlich – gelb
gelbgrün
grünlich – gelb bis gelb
Kelchgrube schüsselförmig mit leichten Höckern
mittelgroß bis groß,
geschlossen, flaumige
Kelchblätter, am Grunde
nicht verwachsen
Kelchblätter: am Ende lang, schmal
und spitz, lange Kelchröhre
Stielgrube:
tief und weit mit leichtem
Schnabel
tief und mittelweit,
Fruchtstiel mittellang,
holzig, knopfig
tief, feinschuppig,
berostet
Kernhaus:
breit bis hoch, zwiebelförmig
Lage Fruchtmitte
klein bis mittelgroß,
herzförmig, Achse und
Fächer geschlossen
Fruchtfleisch:
knackig
fest, knackig, grobe
Textur
mittelfest
Geschmack:
süß
süßsauer
süßsäuerlich
Þ Sortenbestimmung in der Praxis:
(Beispiel von Herrn Dr. Ruess)
Einsender /
Abpackbetrieb:
Herr Schmidt/ Schmidthausen
Lieferant:
Malus AG/ Straße XY/ Stadt Z
Gekennzeichnet als:
Ital. Äpfel/ Pommes, Braeburn, 65/75mm, 2000 gr.,
Losnummer xx/yx
Originalverpackt:
ja
Ungeöffnet:
ja
Gewicht:
2,0 kg
Fruchtanzahl:
16 Stück
Untersuchung auf:
Sortenechtheit
Untersuchungsmethode:
phänologische Sortenbestimmung der Fruchtmerkmale
Ergebnis:
Sortenechtheit nicht bestätigt, Sortenreinheit bestätigt,
es handelt sich um die Sorte Cripp's Pink.
Bemerkungen:
Typisch pinke Farbe, typ. Zitronenhaut, hochgebaute,
walzenförmige Form, typischer Kelch und Stielbereich,
typischer trockenfleischiger Geschmack.
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Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Þ Fazit:
Vorteile:
schnell, günstig,
Amtshilfe (z. B. Herr Dr. Ruess für Baden-Württemberg).
Nachteile:
Irrtumswahrscheinlichkeit, Mutanten können nicht unterschieden werden, Sortiermaschine kann so nach Fruchtgröße und Farbe kalibriert
werden, dass Elstar = Jonagold oder Jonagold = Jonagored.
Lösungsmöglichkeit der Zukunft:
Sortendiagnose mittels Molekulargenetik „Vaterschaftstest bei Äpfeln“.
2. Sortendiagnose mittels Molekulargenetik
•
Einleitung
•
Methode: Probenahme, DNA-Extraktion etc.
•
Ergebnisse
•
Zusammenfassung und Ausblick.
Þ Prinzip:
-
Fingerabdruck = Hautleistenmuster der Fingerbeere.
-
DNA-Fingerabdruck = Übertragung auf elektrophoretische Charakterisierung von
DNA-Molekülen, die strichcode-ähnliche Fragmentmuster ergeben.
-
Will man zwei oder mehrere Apfelsorten genetisch unterscheiden, so braucht man
einen genetischen Polymorphismus, das sind Unterschiede in der Struktur der
Erbsubstanz.
Þ Historischer Rückblick:
1944
Avery und Mitarbeiter: DNA ist Träger der genetischen Information
1945
Beadle und Tatum: ein Gen codiert ein Protein
1953
Watson und Crick: Struktur der DNA, Doppelhelix
1961
Nirenberg und Matthnei: genetischer Code AT, CG
1972
Berg und Mitarbeiter: molekulare Klonierung von DNA
1977
Sanger und Mitarbeiter: Technik der DNA -Sequenzierung
1985
Jeffreys und Mitarbeiter: Entwicklung des DNA -Fingerprinting
1990
Williams J. G. et al.: Entwicklung der RAPD/PCR
(Nucl. Acids Res. 18: 6231-6235)
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Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Þ Genom:
Mensch
3 Milliarden Buchstaben
Apfel
0,7-0,8 Milliarden Buchstaben
Pflaume
0,8 Milliarden Buchstaben
Pfirsich
0,2-0,3 Milliarden Buchstaben
Arabidopsis thaliana
0,145 Milliarden Buchstaben
Davon entsprechen nur 3 % Genen (bedeutsamer Information, d. h. der Bauanleitung für
Proteine).
Weitere Teile der DNA dienen dem An- und Abschalten von Genen.
Der Rest hat offenkundig keinen Zweck! z.B. Mikrosatelliten mit repetitiver Struktur.
Mikrosatelliten spielen dennoch eine Rolle:
-
Diagnose neurologischer Störungen und von Krebsarten,
-
Vaterschaftstest,
-
Identifikation von Straftätern.
Þ Methoden der DNA – Analyse:
Fragmentlängenpolymorphismen:
(Mini - oder Mikrosatelliten-Analyse der hochpolymorphen VNTR-Loci = variable number
of tandem repeats)
Minisatelliten 100-300 Basenpaare,
Mikrosatellten 1-6 Basenpaare,
Nachweis über DNA-Single Locus Sonden, Darstellung mit Hilfe der PCR.
Sequenzpolymorphismus:
(RAPD-PCR-Methode = random amplified polymorphic DNA Polymerase – Kettenreaktion)
Þ RAPD / PCR – Methode:
-
Gefriertrocknung von Apfelblättern oder Fruchtstücken,
-
DNA-Extraktion mittels Kit,
-
DNA-Quantifizierung im Photometer,
-
Ansatz der random primed polymorphic DANN,
-
Agarose-Gelelektrophorese,
-
Bilddokumentation,
-
Auswertung der Fragmentmuster,
-
Überprüfung der Sortenechtheit durch Vergleich des Fragmentmusters der Probe mit
den Fragmentmustern bereits identifizierter Sorten.
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Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Abb.: Schematischer Ablauf der RAPD / PCR
(nach Cooper und Krawcak, Human Gene Mutation, BIOS Scientific Publishers Ltd.,
1993)
Þ RAPD / PCR an 11 Apfelsorten:
80
Sortendiagnostik bei Äpfeln (M. Stark-Urnau)
Þ Sortendiagnostik an Apfel mittels RAPD / PCR:
Probenahme:
Als Probe dienen ganze Äpfel, evtl. Lagerung im Kühlhaus bis zur Aufarbeitung. Es
können auch Fruchtstücke ohne Schale oder Kernhaus bis zur Gefriertrocknung und
Analyse eingefroren werden. Ein Apfelblatt oder 30 mg lyophilisierte Fruchtstücke (ohne Schale und ohne Kernhausteile!) sind ausreichend!
-
relativ billig (ca. 80 € pro Analyse) - Vaterschaftstest kostet 200-400 €,
-
schnell (innerhalb von 2-7 Tagen).
Þ Zusammenfassung:
-
Die DNA-Extraktionsmethode ist etabliert für Apfelfruchtstücke oder Blätter.
-
20 mg getrocknetes Blatt- oder Fruchtmaterial ergeben mindestens 2 µg DANN,
ausreichend für 50 RAPD-Reaktionen.
-
Jeweils 3 Primer sind ausreichend für die Differenzierung aller bislang untersuchten
135 Apfelsorten und fünf Mutanten.
-
Mutanten lassen sich nur teilweise differenzieren. (Delbarestivale Ambassy, Gala
Galaxy, Jonagold BaWü, Holsteiner Cox Esselborn und Cox Orange Queen).
Þ Ausblick
-
Forschungsprojekt wird am Kompetenzzentrum in Bavendorf (BA-WÜ) fortgesetzt.
-
Eventuell Untersuchung auch beim Bundessortenamt.
81