29. Tagung (2013) PDF
Transcription
29. Tagung (2013) PDF
Tagungsband 25. - 27.02.2013, Bonn, Deutschland 29. Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle Obst & Gemüse © BLE, IAT - 2013 Herausgegeberin Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Anstalt des öffentlichen Rechts Deichmanns Aue 29 53179 Bonn Deutschland E-Mail: [email protected] Internet: www.ble.de Telefon: +49 (0)2 28 68 45 - 3357 Fax: +49 (0)2 28 68 45 - 3945 Redaktion Referat 223 Der Tagungsband der Internationalen Arbeitstagung Qualitätskontrolle Obst und Gemüse ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil des Tagungsbands der Internationalen Arbeitstagung Qualitätskontrolle Obst und Gemüse darf in irgendeiner Form ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung reproduziert, übersetzt oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Stand Frühjahr 2013 Veranstaltung 29. Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle Obst und Gemüse, 25. – 27. Februar 2013, Bonn, Deutschland © BLE, IAT - 2013 3 Inhalt Begrüßung Volker Raddatz 5 Eröffnung Armin Döhler 6 Auf den Punkt gereift - Qualität zum Anbeißen Sophie Bliedung 8 Frischeterminal - Entscheidungshilfe am POS Martin Geyer 11 Qualitätserzeugung bei Strauchbeeren Ludger Linnemannstöns 15 Qualitätserzeugung bei Kulturheidelbeeren Felix Koschnik 19 Cranberries: die gesunden Power-Beeren – die Frucht, die Geschichte, die Industrie Jeffrey LaFleur 24 UNECE-Norm für Beerenfrüchte Reinhild Fänger 30 Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten Franz Egerer, Carmen Jakobs-Lang, Heinrich Stevens 37 Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake & Co. - Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Ulrich Groos 45 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika Thanos Papageorgiou 54 Ananas - Qualitätsproduktion in Ghana Abena Safoa Osei 65 UNECE-Norm und Erläuterungsbroschüre für Ananas Ian Hewett 68 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Frankreich Karl-Eric Chéron 72 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Chile Juan Pablo Zoffoli 76 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien Francisco Guerra 80 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche/Nektarinen Heinrich Stevens 87 © BLE, IAT - 2013 4 Kontrollerfahrung im Jahr 2012 in Deutschland Franz Egerer 97 Kontrollerfahrung in 2012 in Großbritannien Ian Hewett 99 Kontrollerfahrung im Jahr 2012 in Marokko Najib Layachi 100 Kontrollerfahrung im Jahr 2012 in Spanien Francisco Guerra Sarabia 101 Allgemeine Vermarktungsnorm – Entwicklung eines Erläuterungsdokuments Fred Jacobs 103 OECD-Leitfaden zu Konformitätskontrollen bei Obst und Gemüse Ulrike Bickelmann 106 Referenten 109 © BLE, IAT - 2013 5 Begrüßung Volker Raddatz Meine sehr geehrten Damen und Herren, an diesem schönen Montag darf ich Sie – auch im Namen von Herrn Dr. Eiden, dem Präsidenten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, herzlich hier in Bonn begrüßen. Wir treffen uns heute zum 29. Mal zur Internationalen Arbeitstagung Qualitätskontrolle Obst und Gemüse. Mit 210 Experten aus 22 Ländern zeigen Sie wieder in beeindruckender Weise, dass die Qualitätskontrolle lebt und aktiv ist. Von 27 EU-Mitgliedstaaten sind 14 hier vertreten. Außerdem dürfen wir Kollegen aus Chile, Ghana, Malaysia, Marokko, Russland, der Schweiz, der Türkei und den USA begrüßen. Sie werden in den nächsten Tagen einen interessanten Bogen im Angebot von Obst und Gemüse schlagen. Sie befassen sich mit den Grundlagen der Qualität – der Produktion – aber auch mit den Problemen und ihren Folgen – den Beanstandungen im Rahmen der Konformitätskontrolle. Sie nutzen dieses Forum zum Austausch von Informationen. Sie sprechen sachgerechte und fachlich fundierte Auslegungen von Vermarktungsnormen und Kontrollvorschriften ab und sorgen so für eine harmonisierte, koordinierte Anwendung der Vorschriften. Kurz und gut – Sie bauen weiter an Ihrem Netzwerk, das die Durchsetzungsfähigkeit Ihrer Kontrollen stärkt. Ich will nicht verkennen, dass in Deutschland – und sicher nicht nur hier – darum gerungen wird, wie weit man Vorschriften zurückfahren kann, um Verwaltung und Wirtschaft von staatlichen Kontrollen zu entlasten. Dabei wird bei uns auch diskutiert, ob man die staatlichen Anforderungen an die Qualität oder Beschaffenheit von Obst und Gemüse vollständig abschaffen kann, damit die Verbraucher auch schwächere Qualitäten zu günstigen Preisen kaufen können. Der jüngste Skandal um die Beimischung von preisgünstigem Pferdefleisch in teurere Rindfleischprodukte zeigt, dass auch im Billigpreissegment eine Basisqualität notwendig ist – wie sie durch die allgemeine Vermarktungsnorm bei Obst und Gemüse gewährleistet wird. Alles © BLE, IAT - 2013 andere wäre ja auch zynisch gegenüber den Verbrauchern mit kleinem Geldbeutel. Wahrheit und Klarheit sind die Grundlage des Vertrauens beim Lebensmittelkauf. Die Ursprungskennzeichnung bei Obst und Gemüse ist da ein wesentliches Element. In den Medien ist in letzter Zeit immer wieder zu hören oder zu lesen, die Einfuhr aus den israelischen Siedlungen in den Besetzten palästinensischen Gebieten sei verboten. Das ist sie keineswegs. Aber eine korrekte Kennzeichnung ist erforderlich. Diese wird – entsprechend den Vermarktungsnormen – bei der Einfuhr von der BLE und anderen Kontrolldiensten der Mitgliedstaaten auch umgesetzt. Auf nachfolgenden Handelsstufen ist dies zugegebenermaßen kaum zu prüfen, aber deshalb gibt es ja ein abgestuftes System der Kontrollen. Für die Verbraucher kaum nachvollziehbar ist die Tatsache, dass Datteln nicht gekennzeichnet sind bzw. diesbezüglich nicht geprüft werden. Sie fallen aber nicht unter die Vermarktungsnormen. Qualitäten und Informationen, die für Verbraucher wichtig sind, sind – meine Damen und Herren – Ihr Metier. Ich kann Ihnen nur zurufen „Halten Sie das Niveau Ihrer Arbeit und Ihrer Auslegungen so, dass Sie jedes Erzeugnis, das sie für konform befinden, auch gerne selbst kaufen, essen und ihren Gästen anbieten wollen.“ Und damit möchte ich das Mikrofon an Herrn Döhler übergeben. Herr Döhler ist Leiter der Abteilung „Vollzug, Agrarrecht und Förderung“ im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Er ist damit der Chef einer sehr engagierten und fachlich qualifizierten Gruppe von Kontrolleuren, die in Sachsen das Qualitätsniveau schützt und hochhält. Bitte, Herr Döhler, eröffnen Sie nun diese Tagung. Ihnen allen wünsche ich drei interessante und fruchtbare Tage. 6 Eröffnung Armin Döhler Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus unserer schönen Landeshauptstadt Dresden des Freistaates Sachsen kommend entbiete ich Ihnen zur Internationen Arbeitstagung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Qualitätskontrolle Obst und Gemüse ein herzliches Willkommen. Nicht zuletzt ist es unserer geographischen Lage zu verdanken, dass wir mit den benachbarten Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bayern sowie Tschechien und Polen einen regen Handel betreiben, wirtschaftlich eng verbunden sind. Deshalb ist aus meiner Sicht ihre zahlreiche Teilnahme, ihr Interesse international und aus den deutschen Bundesländern sehr erfreulich. Auf der Internationalen Grünen Woche 2013, der weltgrößten Messe der Agrar- und Ernährungswirtschaft, konnten wir eine eindrucksvolle Genussvielfalt erleben. „Die Welt im Einkaufskorb“, „Unsere Lebensmittel sind sicher“, „Spezialitäten aus der Region“ waren und sind einige Slogans denen wir täglich begegnen können. Vielfalt und Qualität der Lebensmittel wünscht der Verbraucher – gleichfalls aber auch Sicherheit in der Sorge um sein Bestreben gesund zu bleiben. So betrachtet ist die Bedürfnishierarchie von Maslow auch für die Sicherheit der Lebensmittel zu interpretieren, wo wir einen Beitrag zu gewährleisten haben, dass Qualitätskontrollen diesem Anliegen gerecht werden können. Die von mir geleitete Abteilung „Vollzug Agrarrecht, Förderung“ im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie hat mit dem Referat 35 „Kontrolldienst Agrarwirtschaft“ auch die Kontrolle der Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse zu gewährleisten. Unsere Einrichtung ist als obere Behörde dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft unterstellt. Unsere Organisationsstruktur gewährleistet einen zügigen Informationsfluss mit allen Beteiligten und ein einheitliches Verwaltungshandeln. Dabei geht es uns nicht darum, Misstrauen durch © BLE, IAT - 2013 Kontrollen zu entfachen, sondern darum, Vertrauen durch eine qualifizierte Kontrolltätigkeit aufzubauen, die letztendlich allen zugutekommt. Wir alle wissen, dass Fehleinschätzungen, kriminelles Handeln einzelner ganze Wirtschaftszweige ruinieren können – dies gilt es zu minimieren, ganz ausschließen mag ich es nicht. Denn der Spruch gilt auch für uns: „Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch!“ Das interessante Tagungsprogramm soll dazu beitragen, Fragen zu beantworten, Probleme zu diskutieren, auch voneinander zu lernen. Aus sächsischer Sicht ist anzumerken: • die EU fordert in der Verordnung 1234/2007 die Handelsklassenkontrollen bei Obst & Gemüse auf allen Handelsstufen. • Meine Mitarbeiter kontrollieren die Waren vom Erzeuger über die Großhandelsstufe bis zum Lebensmitteleinzelhandel. Vorteil: Der Kontrolleur bekommt direkt Informationen von aktuellen Problemen des Erzeugers, z. B. witterungsbedingte Mängel wie Hagelschäden oder Hitzeschäden, aber auch von Mängeln, die beim Produkt durch mangelhaften Umgang im Handel entstehen. Diese können zum Teil durch Vermittlungsgespräche zwischen Vertragsbeteiligten abgestellt werden. Im Jahr 2012 haben die durchgeführten Kontrollen ergeben, dass im Großhandel bei 45 % der Kontrollen Beanstandungen ermittelt wurden, im Lebensmitteleinzelhandel sogar 72 %. Die Kontrollen auf allen Handelsstufen ist somit sehr wichtig. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen der Lebensmittelkontrolle, den Marktämtern der Kommunen sowie dem Sächsischen Zoll wurde intensiviert und verbessert. Kennzeichnungsmängel werden direkt mit dem Erzeuger abgeklärt. Eröffnung Der Sächsische Kontrolldienst beanstandet nicht nur die ermittelten Mängel, sondern führt Beratungen auf allen Handelsstufen durch, um diese Mängel nicht erneut entstehen zu lassen. Ausgabe von Merkblättern und Hinweisflyern. Neue Vermarktungsmöglichkeiten haben sich für die Erzeuger aufgetan: Abokisten, Internethandel – eine Abstimmung der Kontrollen des Internethandels sollte in dieser Tagung angeregt werden. Diese Tagung soll auch dazu genutzt werden, Einblicke in die Produktion und Vermarktung von Beerenfrüchten, Ananas, Nektarinen & Pfirsichen sowie Kulturpilzen zu erhalten. Ananas kommt häufig bereits in Sachsen mit Kälteschäden an. Die Einhaltung der Mindesttemperatur (7 °C) für dieses sensible Produkt ist eine Forderung unseres Kontrolldienstes. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Obst und Gemüse bietet mit seiner Frische und Vielfalt auch aus ernährungsphysiologischer Sicht beste Voraussetzungen für eine gesunde Ernährung. Unsere Arbeit soll dazu beitragen, dass diese Produkte den gewünschten Ansprüchen der Verbraucher gerecht werden. Vielen Dank! © BLE, IAT - 2013 7 8 Auf den Punkt gereift – Qualität zum Anbeißen Sophie Bliedung Das hier vorgestellte Forschungsprojekt „Verbraucherinformationssystem zur Nutzung am Point of Sale (POS) zu Shelflife und Produkteigenschaften für Obst und Gemüse am Beispiel der Kiwi“ beschäftigt sich mit den Möglichkeiten, Verbrauchern bessere Informationen zur Qualität von Obst und Gemüse bereitzustellen. An dem hier vorgestellten Projekt sind ein Großhändler, das Max Rubner-Institut für Sicherheit und Qualität von Obst und Gemüse sowie die Hochschule Weihenstephan-Triersdorf beteiligt. Künftig sollen vor dem Einkauf im Lebensmitteleinzelhandel qualitätsbezogene und allgemeine Daten mit Hilfe des mobilen Internets, d. h. per Smartphone abrufbar sein. Das Informationsmodell wird hier für kleinere Chargen bzw. für Einzelfrüchte exemplarisch an Kiwis Actinidia deliciosa (A. Chev.) var. deliciosa (C. F. Liang, A. R. Ferguson) der Sorte ‚Hayward‘ entwickelt. Kiwis eignen sich für dieses Projekt besonders gut, da sie mit einer Hauptsorte aus allen Anbauländern verfügbar sind und ganzjährig angeboten werden. Qualitätsbestimmung Die Vermarktungsnorm für Kiwis enthält äußere Qualitätsmerkmale, die in der OECD-Erläuterungsbroschüre (Ausgabe 2008, http://www.oecd. org/agr/fv) visuell dargestellt werden. Doppelfrüchte, sehr flache Früchte oder verschrumpelte Früchte sind weder nach der Norm noch im Handel erwünscht. Auch glasige Früchte sind nicht erwünscht, wobei es oft nicht einfach ist, von außen das Ausmaß der Schäden zweifelsfrei festzustellen. Innere Mängel – Glasigkeit 0 1 2 3 4 5 Abb. 6: Innere Mängel: 0=keine, 1=kleine Stellen, 2=mehrere Stellen; 2-5=nicht vermarktungsfähig © BLE, IAT - 2013 Glasigkeit kann – wie im Bild dargestellt – bis Stufe 1 im Rahmen der Klasse II akzeptiert werden, während alle stärker geschädigten Früchte auszuschließen sind. Darüber hinaus definiert die Vermarktungsnorm Anforderungen an die innere Qualität wie z. B. Mindestanforderungen an die Reife, die in Form eines Mindest-Brixwertes von 6,2° bzw. einer Mindest-Trockenmasse von 15 % zum Zeitpunkt der Ernte bzw. eines Mindest-Brixwertes von 9,5° beim Eintritt in die Lieferkette festgelegt sind. Für die Bewertung der inneren Qualität ist entscheidend, wie viel Trockenmasse, hauptsächlich Stärke, die später in Zucker umgewandelt werden kann, die Frucht während ihrer Entwicklung einlagern konnte. Die lösliche Trockenmasse, hauptsächlich Zucker und etwas Pektine, kann als Brixwert gemessen werden. Ein weiteres Qualitätskriterium ist die Fruchtfestigkeit, die mit einem Penetrometer gemessen wird. Kiwis und Reifung Kiwis sind klimakterische Früchte, die hartreif geerntet werden und – den richtigen Erntezeitpunkt und die richtige Nacherntelagerung vorausgesetzt – ihren Reifeprozess fortsetzen können. Durch eine Begasung mit Ethylen (C2H4) reifen sie schneller nach. Kiwis werden in der nördlichen Hemisphäre angebaut. Die wichtigsten Lieferländer sind Italien und Frankreich mit einer Erntezeit im November/Dezember und einer Lieferzeit bis April/Mai. Die Kiwis der Südhalbkugel aus Neuseeland, Chile und Australien werden im März/April geerntet und kommen bis November auf unseren Markt. Die Früchte werden bei 0-1 °C 6 Monate und länger gelagert. Kontrollierte Atmosphäre ist ebenfalls geeignet und wird z. B. während des Schiffstransportes aus der südlichen Hemisphäre eingesetzt. Auch bei den niedrigen Lagertemperaturen setzt sich der Reifeprozess, allerdings verlangsamt, fort und die Fruchtfleischfestigkeit nimmt ab. Die Grafik zeigt, dass die Kiwis in den ersten 5 Wochen Lagerung sehr stark an Festigkeit verlieren. Die Reife der Früchte hängt sehr stark von ihren Ausgangsbedingungen ab. Bei einer kontrollierten Reifung muss der Reifemeister genau den Status der Kiwis beim Eingang in die Reifekammer kennen, d. h. Festigkeit, Brix-Wert und vor- Auf den Punkt gereift – Qualität zum Anbeißen herige Lagerzeit im Kühllager. In Abhängigkeit von den Ausgangsbedingungen werden Temperatur und Ethylengabe für die kontrollierte Reifung eingestellt. Je nach Einstellung verläuft der Reifeprozess schneller oder langsamer. Die Ethylengabe ist übrigens je nach Fruchtart sehr unterschiedlich, Bananen und Avocados vertragen relativ hohe Gaben (bis 900 ppm), während Mangos ganz ohne Ethylen kontrolliert nachgereift werden können. Kiwis sind sehr ethylenempfindlich. Sie lassen sich schon durch 0,03 ppm Ethylen zur Reifung anregen und vertragen 100-150 ppm sehr gut. Die Anbaubedingungen wie z. B. Bewässerung, Düngung und Gaben von Wachstumshormonen haben übrigens einen großen Einfluss auf die Reifung der Früchte. Eines der wichtigsten Kriterien ist jedoch der Erntezeitpunkt. Kiwis, die z. B. zwei Wochen später geerntet werden, konnten einen höheren Brix-Wert (7-9 oder 10) entwickeln, haben eine höhere Fruchtfleischfestigkeit und sind länger lagerfähig. Nicht-invasive Methoden zur Qualitätsbestimmung Eine Qualitätsbestimmung ist mit nicht-invasiven Verfahren möglich. Zum einen sind dies bildgebende Verfahren, die z. B. Färbung und äußere Mängel feststellen. Zum anderen sind dies Verfahren im Nahinfrarot-Bereich, die hauptsächlich auf Wasserstoffverbindungen reagieren. Ein NIR-Spektrometer besteht aus Halogenlampe, Sensor zur Erfassung der reflektierten und transmittierten Strahlung im Bereich zwischen 303 und 1136 nm, einem an einen PC via analogdigital Konverter gekoppelten Spektrometer zur Datenerhebung sowie einer Software zur Datenauswertung. Die Kiwis werden mit Halogenlampen beleuchtet; das Licht wird reflektiert, absorbiert und transmittiert. 9 Chemometrie Spektren oder Messdaten aus der NIR-Spektroskopie können nur mittels Chemometrie ausgewertet werden. Dabei werden nicht-invasiv gewonnene NIR-Messwerte mit Messergebnissen aus zerstörenden, chemischen und/oder physikalischen Messungen korreliert. In diesem Projekt werden die NIR-Daten mit Trockenmasse, Brix-Wert und Fruchtfleischfestigkeit korreliert und kalibriert. Zur Erstellung des Korrelationsmodells werden bei mehreren hundert, sehr unterschiedlich reifen Früchten der Brix-Wert, die Festigkeit und die inneren Mängel sowohl mit dem NIR-Verfahren als auch mit den herkömmlichen, zerstörenden Methoden ermittelt. Für ein gutes, zuverlässiges Korrelationsmodell ist es sehr wichtig, dass die untersuchten Früchte praktisch die gesamte Bandbreite der Reife und Abstufung von inneren Mängeln abbilden. Jedes typische NIR-Messsignal wird den entsprechenden destruktiven Messwerten zugeordnet. Aus diesen Daten wird eine Regressionsfunktionsgleichung errechnet. Sobald dieses Kalibriermodell erstellt ist, können auch unbekannte Proben gemessen und anhand des Modells bewertet werden. Abb. 18: Allgemeines Schema chemotrischer Messverfahren Quelle: R. Winzen (2002): Chemometrische Auswertung – Besonderheit bei der Anwendung im Prozess, Symposium Prozessanalytik 22.-23.10.2002 in Burghausen Anwendung in der kommerziellen Qualitätsbestimmung Vergleich der Spektren einer überreifen und einer unreifen Kiwi 25000 Signal a/c 20000 15000 10000 5000 0 300 360 420 480 540 600 660 720 780 840 900 960 1020 1080 1140 Wellenlänge ʄ in nm Abb. 16: überreife Kiwi (blaue Linie), unreife Kiwi (lila Linie) © BLE, IAT - 2013 In einer kommerziellen Sortieranlage mit NIREinheit können z. B. 600 Früchte pro Minute nicht-invasiv nach Zuckergehalt, Fruchtfestigkeit und inneren Mängeln untersucht werden. In der kommerziellen Sortierung werden bestimmte Grenzwerte für die einzelnen Qualitätsparameter festgelegt; z. B. sollen essreife Kiwis mindestens 11 °Brix aufweisen. Auch für die Festigkeit und die inneren Mängel werden bestimmte Limits festgelegt. Früchte, die alle drei Limits erfüllen, Auf den Punkt gereift – Qualität zum Anbeißen werden auf dem Sortierband in die Ausgabe für die vermarktbaren Früchte entlassen. Früchte, die zu weich und/oder glasig sind, sind nicht mehr vermarktungsfähig und werden aussortiert. Früchte, die zu unreif und zu hart sind, werden separat aufgefangen und zur Nachreife zurück in die Reifekammer gegeben. Früchte, die bei der Messung nicht erfasst wurden, werden zurück an den Anfang des Sortierbandes geschickt und durchlaufen das Mess- und Sortierverfahren noch einmal. Voraussagen zur Haltbarkeit Die Veränderung der Qualitätsparameter wurde – bei unverpackten und in MAP (modified atmosphere packaging) verpackten Kiwis – unter verschiedenen Lagerbedingungen, welche den haushaltsüblichen Lagerungsmöglichkeiten im Kühlschrank (bei 10 °C, 55 % relativer Luftfeuchte), bei Raumtemperatur (20 °C, 55 % relative Luftfeuchte) und bei der Lagerung innerhalb der Lieferkette (0,5 °C, 95 % relative Luftfeuchte) untersucht. Anhand dieser Versuche wurde die optimale und maximale Haltbarkeit der Früchte bei den verschiedenen Lagerungsbedingungen ermittelt. Ziel ist es, den Verbrauchern mit einem maximalen Verzehrsdatum („beste Genussreife bis tt.mm.jj“) so zu informieren, dass die Früchte in ihrer optimalen Reifephase verzehrt werden. Neben den Messungen werden auch sensorische Untersuchungen durchgeführt, die die Aussage der Messwerte absichern. Verbraucher und Information Zunächst wurden an verschiedenen Orten in Süddeutschland in Kooperation mit einer Lebensmittelkette Verbraucher befragt, um zu erfahren, welchen Informationsbedarf die Verbraucher bei Obst und Gemüse haben und welche Informationskanäle derzeit aktiv genutzt werden. Es wurden auch Produzenten zu den Anbaubedingungen der Kiwis und deren Erntezeitfenstern befragt. Die Antworten der Produzenten werden – ebenso wie Bilder von Kiwis an den Reben, Anbauflächen aber auch Informationen zur maximalen Haltbarkeit etc. – in eine Datenbank eingegeben. Die Informationen sollen durch die Verbraucher aus der Datenbank über einen QR-Code (quick response code) mit dem Smartphone abgerufen werden können. Aktuell werden zwar noch überwiegend die klassischen Informationsmedien wie Zeitschriften und Werbeprospekte als In© BLE, IAT - 2013 10 formationsquelle genutzt. Die Umfrage hat aber auch ergeben, dass schon 31,8 % der Verbraucher ein Smartphone besitzen und nutzen. Bis zum Abschluss des Projektes wird sich die Verbreitung des Smartphones sicher noch ausgeweitet haben, so dass der QR-Code eine weitere wichtige Quelle zur Informationsbeschaffung darstellen wird. Die Verbraucher sind in erster Linie an Informationen zur Schadstoffbelastung der Früchte interessiert. Eine Information, die mit der NIRMethode nicht gewonnen werden kann und aus diesem Forschungsprojekt ausgeklammert werden muss. Zum Ende des Forschungsprojektes soll eine zweite Befragung durchgeführt werden, in der geprüft wird, ob die Verbraucher mit dem QR-Code klar kommen und ob die gewünschten Informationen in der Datenbank enthalten sind bzw. nachgebessert werden muss. 1. Befragung Produzenten/ Konsumenten Sensorik NIR Allgemeine Infos Haltbarkeitsmodelle 2. Befragung Datensammlung Datenbanken 11 Frischeterminal – Entscheidungshilfe am POS Martin Geyer Das Frischeterminal (FT) soll dem Kunden Informationen zur Historie, zum aktuellen Zustand des Produkts sowie zum optimalen Handling nach dem Kauf bereitstellen und als Bindeglied zwischen ihm und dem Prozess der Erzeugung und Distribution fungieren. So sollen Abfälle und Qualitätsverluste bei Obst und Gemüse reduziert werden. Die Arbeit wird unter dem Titel „Frischeterminal-System für Obst und Gemüse – ein Werkzeug für Konsumentenentscheidungen“ unter dem BLE Geschäftszeichen: 511-06.01-281-67.010-10 von Manfred Linke, Guido Rux, und Martin Geyer am Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim durchgeführt. Obst und Gemüse sind im Hinblick auf Qualitätsverluste sehr empfindlich. So beginnt bereits nach der Ernte der Abbau angesammelter Speicherstoffe und wertgebender Substanzen, welcher sich bis hin zum Verzehr fortsetzt. Die verantwortlichen chemischen, enzymatischen aber auch mikrobiologischen Abbaureaktionen folgen in Abhängigkeit der jeweiligen Prozessbedingungen einem unterschiedlichen kinetischen Verlauf. Dabei gehen für die menschliche Ernährung wichtige Inhaltsstoffe wie beispielsweise Vitamine, Polyphenole, Mineralstoffe und Spurenelemente verloren. Und zwar lange bevor äußerlich wahrnehmbare Anzeichen (Verfärbungen, Weichwerden) die Vermarktungsfähigkeit einschränken oder das Erreichen einer „Verderbgrenze“ signalisieren. Lebensmittelverluste Neben diesen häufig äußerlich nicht messbaren Verlusten an wertgebenden Inhaltsstoffen, wird in internationalen Studien davon ausgegangen, dass bis zu einem Drittel des angebauten Obst und Gemüses durch unsachgemäßes Handling nach der Ernte verderben bevor sie den Verbraucher erreichen. Zudem bestehen knapp die Hälfte aller Lebensmittelabfälle der Verbraucher aus Obst und Gemüse, was oft ebenfalls auf unsachgemäßes Handling und falsche Lagerung zurückzuführen ist. © BLE, IAT - 2013 Lebensmittelverluste beim Verbraucher Vermeidbare und teilweise vermeidbare Lebensmittelabfälle vom Verbraucher (http://www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/WvL/Studie_Lebensmittelabfaelle_Faktenblatt.pdf?__blob=publicationFile, 2012) 1 Transparenz schafft Vertrauen Derzeit kann der Verbraucher nur eine sehr grobe und je nach Produktart teils ungenügende Beurteilung des aktuellen Produktzustandes anhand äußerer Merkmale wie dem der Farbe oder der Konsistenz sowie evtl. des Geruchs vornehmen. Es ist aber wichtig zu wissen, wie weit das Produkt bereits auf der „Verderbskala“ voran geschritten ist. Denn nur so kann der Kunde die tatsächliche Qualität der Ware richtig beurteilen, um anhand eines Preis-Leistungs-Verhältnisses seine Kaufentscheidung zu fällen. Auf der anderen Seite würden einzelne Marktteilnehmer profitieren, wenn sie die bessere Qualität und höhere Frische ihrer Produkte für den Kunden sichtbar machen könnten. Weiter führt das Herstellen von Transparenz zu einem stärkeren Vertrauensverhältnis zwischen Erzeuger/Einzelhändler und dem Kunden, von dem letztlich beide profitieren. Da der immer „bewusster“ einkaufende Kunde nicht nur weiß was er kauft, sondern auch bei wem. Informationsfluss Das Projekt beinhaltet die Entwicklung eines innovativen Informationssystems, auf dessen Basis alle produktrelevanten Informationen zur Herkunft (Erzeuger, Sorte, Anbaumethoden, Erntetermin, u.a.) und zum aktuellen Frischezustand zusammengetragen und bereitgestellt werden können. Alle erfassten Informationen sollen letztlich über ein berührungsempfindliches Bedienterminal am Verkaufsort, aber auch über Mobiltelefon mittels QR– oder Strichcode sowie im Internet vom Kunden abrufbar sein. Hierzu gehören neben den Informationen zur Herkunft eben auch Aussagen zum aktuellen Frischezu- Frischeterminal – Entscheidungshilfe am POS 12 stand, welche über die erfassten Klimadaten berechnet werden können. D. h. am Verkaufsort stehen neben den historischen auch aktuelle Informationen zum Produkt und somit zur tatsächlichen Qualität des Produkts zur Verfügung. Die Voraussetzung für Aussagen zum Frischezustand sind allerdings Daten über die klimatische Belastung des Produkts entlang des Weges vom Erzeuger bis zum Verbraucher. Hierbei erfasst ein zum Terminal gehörender Datenlogger als letzter Logger in der Prozesskette die aktuellen Klimadaten während der Präsentation. Dafür können bereits heute unterschiedliche bestehende Kontrollsysteme verwendet werden. Optional ist ein von uns konzipiertes Datenloggersystem, welches im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojektes entwickelt wurde, verfügbar. Verbrauchererwartung Bei einer Kundenbefragung in Biomärkten durch die Humboldt Universität zu Berlin wurde deutlich, dass sich ein Großteil (74 %) der Kunden mehr Informationen wünscht. Allerdings können die Kunden nicht sofort benennen, welcher Art diese Informationen sein sollen. Einige Kunden kaufen (auch im Bioladen) nur nach Preis und Aussehen. Kundenbefragung in Biomärkten In welcher Form wünschen Sie sich diese Informationen? (Anett Kuntosch, Bettina König, Wolfgang Bokelmann) 3 Bei einer Befragung entlang der Wertschöpfungskette im Biohandel nannten die einzelnen Beteiligten folgende Bedenken hinsichtlich einer Bereitstellung zusätzlicher Information: Erzeuger: Zusätzlicher Aufwand, Bedienbarkeit, Informationsbereitstellung (wie werden Informationen innerhalb der Kette transportiert?), Dateneingabe bei der Ernte. Großhandel: Regionalität und Kundenbindung, Transparenz, Interessenskonflikt MHD, Plattformpflege, Kontrolle, Aufdecken von Schwachstellen. Einzelhandel, Ladner: Aufwand gegen Nutzen, Zuverlässigkeit des Frischeterminals, Waren werden am POS gemischt, Schulung der Mitarbeiter, Dateneingabe. Kundenbefragung in Biomärkten Welche Informationen sollte ein Frischeterminal bieten? Kunde: Durchgehende Transparenz in der Kette, verbesserte Kommunikation, Nutzen und Mehrwert durch mehr und produktspezifische Informationen (Produktzustand). (Anett Kuntosch, Bettina König, Wolfgang Bokelmann) 2 Bei der Befragung, über welches Medium sie vorzugsweise informiert werden wollten, waren die Möglichkeiten „am Produkt/Schild“ und „Papier“ nicht vorgegeben. Dennoch wurden sie von den Kunden selbstständig benannt. © BLE, IAT - 2013 Auf der Internationalen Grünen Woche wurden in der Sonderschau des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 100 Besucher gefragt, welche Informationen sie beim Einkauf von Obst und Gemüse wünschten. Sie konnten drei von acht Kategorien wählen und nannten mit 75 % Herkunft (Erzeuger), 57 % Frische (Haltbarkeit) und 54 % (Produktionsweise). Frischeterminal – Entscheidungshilfe am POS 13 Befragung - Internationale Grüne Woche 2013 Woher kommt das Produkt? Wer hat es angebaut? Zertifizierungen/Soziale Standards der Erzeuger? Wie wurde das Produkt erzeugt? Ist gerade "Saison" für dieses Obst oder Gemüse? Wie frisch ist das Produkt? Wie lange ist es noch haltbar? hersage erarbeitet werden, welche Aussagen über den aktuellen Produktzustand wie der Frische des Produkts, dem Grad des Inhaltsstoffabbaus, oder der Resthaltbarkeit bei unterschiedlichen Temperaturen u. a. zulassen. Shelf life von Brokkoli Wie waren die Lager- und Transportbedingungen? Wie wird dieses Produkt am besten zu Hause gelagert? Wie kann man das Produkt zubereiten? *Insgesamt 100 Befragte die jeweils 3 von 8 bevorzugte Informationen wählten Die Verbraucher möchten besser informiert werden. Sie möchten keine „Mogelpackung“ wie z. B. unreife (nie reifende) Mango, schwarzfleckige Kartoffeln, saure Kiwi, geschmacklose Erdbeeren oder überlagerten Brokkoli. Der Produktzustand ist also entscheidend oder wie ein Unbekannter sagte „Qualität ist, wenn der Kunde wieder kommt und nicht das Produkt“. Frischeterminal Am Frischeterminal sollen Angaben zum Produkt (Art, Herkunft, Regionalität), zum aktuellen Produktzustand, Angaben zum optimalen Produkthandling, Zusatzinformationen (z. B. Rezepte) bereitgestellt werden. Diese Informationen sollen über Display am POS oder über Handy/ Smartphone mittels QR-Code abgerufen werden können. Ernte Dateneingabe: - Fruchtart/Fruchtsorte - von Feld (Feldteil) - Erntedatum / Erntezeit - Art der Verpackung - Start Temperatur-Logger Transport Daten auslesen Dateneingabe: - Ankunftszeit - Standort - Lagerbedingungen Zwischenlager Bluetooth Daten auslesen Dateneingabe: - Auslagerungszeit Transport Data-Logger Feld Onlineverbindung Datenbasis Server Verwaltung aller Produktdaten Simulationsrechnungen Daten auslesen Dateneingabe: - Ankunftszeit - Standort - Lagerbedingungen Supermarkt Fruchtart/Fruchtsorte Anbauort Erntedatum Erntequalität Verpackungsart Temperaturbelastung Standort aktueller Frischgrad Resthaltbarkeit Sorte ļ Qualität Anbauort ļ Qualität aktuelle Produktinformation Erstellung eines Haltbarkeitsmodels Wichtigstes Kriterium für die Haltbarkeit ist die thermische Belastung in der Nachernte, da die wesentlichen, enzymatisch gesteuerten Abbauprozesse stark temperaturabhängig sind. Temperatur und Zeit sind die Parameter, die den Ab- und Umbau von Inhaltsstoffen maßgeblich beeinflussen. Im Rahmen der Arbeiten sollen möglichst genaue Modelle zur Haltbarkeitsvor© BLE, IAT - 2013 Die Erstellung eines zuverlässigen Haltbarkeitsmodels verlangt die Erfassung oder das Schätzen von Klimadaten von der Ernte bis zum POS. Mit diesen Daten kann/soll produktspezifisch das Shelf-Life (MHD) modelliert werden. Entsprechende Daten müssen also entlang der Handelskette erfasst werden. Und nach dem Kauf? Für die Zeit nach dem Kauf wollen wir dem Kunden wichtige Informationen mit auf den Weg geben. Dies sind z. B. Angaben zum optimalen Produkthandling zu Hause – also die optimale Form der Aufbewahrung (Kühlschrank oder nicht, offen oder in Folie verpackt, Ethylenempfindlichkeit) – bis zur Zubereitung oder dem Verzehr, damit das Obst und Gemüse auch möglichst lange frisch und gesund bleibt. So soll der Kunde auch die Möglichkeit haben, über Eingabe seiner Zuhause bestehenden Lagerbedingungen den aktuellen Zustand seines Produkts zu erfahren. Auch Tipps zum richtigen Waschen, Schälen und Nachreifen noch nicht reifer Früchte, zum Gesundheitswert oder Rezeptvorschläge sollen nicht fehlen. Dies ist gerade bei exotischen Früchten, mit denen mancher Kunde nicht so vertraut ist, interessant. Zusätzlich könnten Informationen zu Sonderangeboten im Geschäft oder zum ausgewählten Obst/Gemüse passenden Produkten gegeben werden. Darüber hinausgehend soll der Verbraucher auch die Möglichkeit erhalten, dem Erzeuger sein Feedback zu geben. Frischeterminal – Entscheidungshilfe am POS Technische Umsetzung Zusammenfassung • Der Verbraucher erwartet mehr Informationen. • Regionalität, Erzeugung und Frische sind gefragt. • Neue Medien können helfen, die Kommunikation zwischen Handel und Verbraucher zu verbessern. • Das Frischeterminal soll Informationen zum Produktzustand und Handling anbieten. • Schwierig und aufwändig ist die Datenerhebung. © BLE, IAT - 2013 14 15 Qualitätserzeugung bei Strauchbeeren Ludger Linnemannstöns Die Verbrauchernachfrage bei Strauchbeeren, insbesondere bei Himbeeren, ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Neben einem guten Image des Beerenobstes haben dazu auch Änderung in der Vermarktung und der Produktion beigetragen. Strauchbeeren sind heute ganzjährig, meist gekühlt im Handel. Außerhalb der eigenen Saison spielen Importe eine erhebliche Rolle. Die inländische Saison ist deutlich verlängert worden. Die im Handel verfügbaren Beeren sind von deutlich besserer Qualität als noch vor einigen Jahren. Qualität: Konsument und Handel haben häufig etwas unterschiedliche Qualitätsvorstellungen. Vorrangig beim Konsumenten ist der Geschmack, während andere Aspekte wie gutes Aussehen, eine schützende Verpackung und eine Verzehrzeit bis zu einigen Tagen vorausgesetzt werden. Beim Handel stehen Aussehen und Shelf-Life an vorderster Stelle, während die Bedeutung des Geschmacks etwas in den Hintergrund rückt. Der Produzent versucht mit seinen Anbauverfahren einen Kompromiss zwischen diesen Anforderungen zu finden, wobei für ihn natürlich die Wirtschaftlichkeit der Produktion im Vordergrund steht. Kurz gesagt: Qualität ist, wenn der Kunde zurückkommt und nicht die Ware. Was ist Qualität? Aussehen Verzehr-Zeit Gesundheit Konsument Aussehen Geschmack Händler Bei den Herbsthimbeeren oder zweimaltragenden Himbeeren ist ‚Polka‘ und ‚Himbo-Top‘ nach wie vor Standard. ‚Polka‘ ist eigentlich etwas zu dunkel, aber früh bei sehr gutem Geschmack. ‚Himbo-Top‘ etwas zu weich. Neuere Sorten z. B. ‚Sugana‘ oder ‚Rubyfall‘ werden auch in die Praxis eingeführt. Die dominierende Sorte bei Importen ist ‚Maravilla‘ von der Firma Driscoll’s, die allerdings nicht frei verfügbar ist. Neuzüchtungen, wie z. B. Kwanza, sollen dieser Sorte in Zukunft Konkurrenz machen. Himbeeren – Sommersorten Glen Ample (Glen Prosen x Meeker, Schottland): Ertragreich ( ca. 10 bis 20 % höher als Tulameen); früh (ca. 4 -7 Tage vor Tulameen); rundliche, große, mittelrote, stabile und gut pflückbare Frucht; mittlerer bis guter Geschmack; wenig Stacheln; zum Teil zu kurze Jungruten; Anzucht schwierig. Tulameen (Nootka x Glen Prosen, Kanada 1980): Guter Ertrag; mittlerer Erntetermin; längliche konisch zulaufende, große, mittelrote, stabile, gut bis mittel pflückbare und sehr schöne Frucht; sehr guter Geschmack; bestachelt. Malahat (Meeker x Selektion, Kanada 1985): Mittlerer Ertrag; früh (ca. 7 - 10 Tage vor Tulameen); länglich-konische, mittelgroße bis große, stabile (etwas weicher als Tulameen) Frucht; Ruten mit wenig Stacheln. Geschmack Haltbarkeit Sorten: Bei Sommerhimbeeren dominieren ‚Tulameen‘ und ‚Glen Ample‘. Aufgrund etwas höherer Erträge und einer um eine Woche früheren Ernte hat der Anteil von ‚Glen Ample‘ zugenommen. Ertrag Haltbarkeit Aussehen Geschmack Produzent Tula Magic (Fruatfri) (Autumn Bliss x Tulameen, Schweiz): Hoher Ertrag; früh (ca. 7 – 10 Tage vor Tulameen); herzförmige, mittelrote bis dunkelrote, mittelfeste (zu weich für LEH) und gut pflückbare Frucht; guter Geschmack; starke Bewehrung. Himbeeren Himbeeren – Herbstsorten Himbeeren werden in Deutschland überwiegend in Baden-Württemberg, gefolgt von Niedersachsen und – in geringerem Maß – in Bayern und Nordrhein-Westfalen angebaut. Polka (Autumn Bliss x Rubus crataegifolius, Polen): Mittlerer Ertrag; früh; länglich-konische, mittelgroße bis große, dunkelrote und stabile (zum Teil schlechte Lösbarkeit vom Zapfen) Frucht; guter Geschmack; stachelbewehrt. © BLE, IAT - 2013 16 Qualitätserzeugung bei Strauchbeeren Himbo Top (Rafzaqu) (Autumn Bliss x Himboqueen, Hauenstein, Schweiz, 1990): Hoher Ertrag; mittelspät (eine Woche nach Polka), konischherzförmige, mittel- bis hellrote (kaum nachdunkelnd), mittelfeste und gut pflückbare Frucht; mittlerer Geschmack; leichte Bewehrung. Traditionelle Anbauverfahren (mehrjähriger Anbau im Boden): Sommerhimbeeren: Gute Bodenstruktur, keine Staunässe, Dammkultur, Anreicherung mit organischen Materialien; mehrjährig; Abstand zwischen den Reihen 2,50 m – 3,00 m und 40 cm in der Reihe, Gerüst (4 Drähte, oberster Draht auf 1,80 bis 2 m, Stützgerüst oder Netz für Laterale), 8-10 Ruten/m; Düngung (ca. 80 kg N in zwei Gaben Mitte März bis Ende April oder Fertigation mit ca. 6 kg N/ Woche); Pflanzenschutz (Rutenkrankheiten, Botrytis, Läuse, Spinnmilben); Bewässerung (2 Schläuche im Abstand von 25 cm zur Reihe); möglichst windgeschützte Lagen oder Windschutz; Rutenmanagement (ersten Jungrutenaustrieb mit Herbizid kurz vor der Blüte entfernen; nach der Ernte Altruten zügig entfernen auf 6 bis 10 Jungruten vereinzeln; nach der Ernte der Jungruten anbinden; ausgangs Winters Einkürzen auf Endhöhe); Regenkappen (ab Mai bis nach der Ernte als Einzelreihenüberdachung oder Tunnel); Ertrag ca. 6-10 t/ha (mit Regenkappe 8-14 t; Tulameen 15./20. Juni bis 20. Juli); zum Teil Dammbau. Himbeeren auf Damm Raspberries in ridge planting Einjähriger Anbau: Im ersten Jahr werden im Boden, in einem leichten Damm mit Mulchfolie und Tropfschlauch, Ruten hochgezogen, im 2. Jahr wird geerntet (6 Ruten/m). Nach der Ernte Rodung. Ertrag 12-18 t/ha, gute Qualitäten, große Früchte, gute Pflückleistung. Sommerhimbeeren – einähriger Anbau im Boden Raspberries – annual production in soil Verfrühter Anbau: Einjähriger Anbau im Substrat in Containern, vereinzelt mehrjähriger Anbau im Boden, Sommersorten oder Frühjahrsernte von Herbstsorten, geschlossene ungeheizte Folienhäuser, Erntebeginn: 20. Mai, Ertrag: 12-18 t/ha. Terminierter Anbau: im 1. Jahr Anzucht der Jungruten von Sommersorten mit 2 Ruten in einem 2 l Topf, Höhe 1,80 m, Lagerung der Ruten bei -1,5° C ab Dezember; im zweiten Jahr Aufstellung der gekühlten Ruten je nach gewünschtem Erntetermin zwischen 15. April und 01. Juni, Pflanzung in 7,5 l Container, Substratkultur, 3 Töpfe mit jeweils 2 Ruten/m, Entfernen aller Jungruten, Überdachung mit Tunnel (im Sommer als Regenkappe oder zur Verfrühung im geschlossenen Tunnel), Erntebeginn ab Anfang Juli (ca. 70 bis 80 Tage nach dem Pflanzen) bis Anfang Oktober, Ertrag 14-20 t/ha, hervorragende Qualitäten auch außerhalb der Hauptsaison, hohe Pflückleistungen, lange am Markt. Himbeeren – traditionell Raspberries - traditionally Herbsthimbeeren werden genauso angebaut, aber zum Teil Stützung der Ruten durch Schnüre oder Maschendraht; Vereinzeln der Ruten Mitte Mai, nach der Ernte alle Ruten entfernen; Ernte ab Anfang August bis zum Frost; Überdachung besonders wichtig; Frühjahrsernte vor allem bei Himbo-Top (Ernte ab Anfang Juni, Altruten werden dann unmittelbar nach der Ernte entfernt und diesjährige Jungruten werden freigestellt, für Herbsternte). Sommerhimbeeren – terminierter Anbau mit gekühlten Ruten Raspberries, floricane – scheduled production with cooled canes © BLE, IAT - 2013 Qualitätserzeugung bei Strauchbeeren 17 guter Ertrag, mangelnde Ausreife im Herbst, mittlerer Geschmack, bessere Winterfrosthärte. 1. Jahr – Anzucht für gekühlte Ruten 1st year – production for cooled canes 2. Jahr – Aufstellung zur Fruchtproduktion 2nd year – in the field for fruit production Terminierter Anbau von Himbeeren mit gekühlten Ruten "Long Canes", einjähriger Anbau Pflanzung Ernte Verfahren 20. Januar 05. Mai – 15. Juni Glashaus, geheizt 8° C 20. Februar 25. Mai – 10. Juli Folienhaus, geschlossen 20. Februar 10. Juni – 20. Juli Regenkappe 25. April 10. Juli – 10. September Regenkappe 05. Mai 15. Juli – 15. September Regenkappe 15. Mai 20. Juli – 20. September Regenkappe 25. Mai 28. Juli – 30. September Regenkappe 05. Juni 05. August – 15.Oktober Regenkappe Verspäteter Anbau: Herbstsorten werden mit geschlossenen Tunneln überdacht, Ernte bis Mitte November, Ertrag 8-10 t/ha. Die neuen Anbauverfahren nehmen deutlich zu. Das Produktionsvolumen aus diesen Verfahren dürfte inzwischen bei etwa 30 % der Gesamtmenge liegen. Traditionelle Anbauverfahren sind rückläufig. Hier gibt es erhebliche Probleme mit der Rutengesundheit. Anbautechnik: Mehrjähriger Anbau im Boden (gute Bodenstruktur, keine Staunässe, Dammkultur, Anreicherung mit organischen Materialien), Gerüst (4 Drähte, oberster Draht auf 1,80 bis 2 m, Stützgerüst für Laterale), Pflanzabstand 1,00 m in der Reihe und 2,50 m bis 3,00 m zwischen den Reihen, Bewässerung (1-2 Schläuche im Abstand von 25 cm zur Reihe), Düngung (ca. 100 kg N in zwei Gaben Mitte März bis Ende April oder Fertigation mit ca. 6 kg N/Woche), Pflanzenschutz (Rutenkrankheiten, Falscher Mehltau, Brombeergallmilbe, Botrytis, Läuse), möglichst windgeschützte Lagen oder Windschutz, Rutenmanagement (Jungruten ca. Mitte April bei 10 cm Höhe mit Herbizid entfernen; bei zu geringer Jungrutenbildung können die Neuruten auf ca. 60 cm eingekürzt werden; vorzeitige Seitentriebe der Jungruten auf ca. 25 cm einkürzen; nach der Ernte Altruten zügig entfernen und Jungruten auf 4 - 5 Ruten/m vereinzeln, bevorzugt die stärksten und zu schwachen Ruten entfernen; ausgangs des Winters Einkürzen der Ruten auf Endhöhe = 10 cm über obersten Draht; Seitentriebe einkürzen auf 3-5 cm), Regenkappen (ab Mai bis nach der Ernte); vereinzelt Verfrühung in geschlossenen Folienhäusern; Hummeln bzw. Bienen zur Befruchtung (1 Volk/1.000 m²); erster vorsichtiger Anbau mit gekühlten Ruten; geschützter Anbau auf 10-20 % der Fläche; Ernte (Regenkappe: 10. Juli bis Anfang Oktober; Verfrühung: 20. Juni bis Mitte September); Ertrag 10-25 t/ha. Brombeeren Brombeeren werden in Deutschland überwiegend in Baden-Württemberg angebaut. Sorten: Standardsorte ist ‚Loch Ness‘, daneben wird als Frühsorte etwas ‚Loch Tay‘ und als Spätsorte ‚Chester‘ angebaut. Loch Ness (Schottland): Aufrecht wachsend, stachellos, mittelfrüh, ertragreich, große Früchte, reife Früchte mit sehr gutem Geschmack, empfindlich gegen Winterfrost. Brombeeren – Container im Tunnel Blackberries – containers in tunnel Brombeeren – Kultur als Longcane Blackberries – production of longcanes Probleme: Winterfrost, Gallmilben (Acalitus essigi). Vermarktung: werden aufgrund der Anfor- derung des Handels leider meist unreif gepflückt. Loch Tay (Schottland): Neuere Sorte, aufrecht wachsend, stachellos, früh (10-14 Tage vor Loch Ness), mittlerer Ertrag, mittlerer Fruchtgröße, guter Geschmack. Johannisbeeren Chester Thornless (USA): Aufrecht wachsend, stachellos, mittelspät (2 Wochen nach Loch Ness), Rote Sorten: Früh: ‚Jonkheer van Tets‘; mittel: ‚Rotet‘ und ‚Rolan‘; spät: ‚Rovada‘. Schwarze © BLE, IAT - 2013 Johannisbeeren werden in Deutschland überwiegend in Baden-Württemberg angebaut. Qualitätserzeugung bei Strauchbeeren Johannisbeeren haben für den Frischmarkt keine Bedeutung. Jonkher van Tets: Sehr frühe Sorte (Mitte-Ende Juni), mittlerer Ertrag, Neigung zum Verrieseln. Rotet: Mittelfrühe Sorte (Ende Juni – Anfang Juli), robust, hoher Ertrag, lange Trauben. Rovada: Späte Sorte (Mitte Juli – Ende Juli), hoher Ertrag, sehr lange Trauben, etwas platzanfällig. Anbautechnik: Freilandanbau im Boden (gute Bodenstruktur, keine Staunässe, eventuell Dammkultur, Anreicherung mit organischen Materialien); Pflanzabstand 2,50 m – 3,00 m zwischen den Reihen und in der Reihe 40 – 50 cm bei 1-Triebern (50 – 60 cm bei 2-Triebern, 60 – 80 cm bei 3-Triebern); 2- oder 3-Ast Hecke am Drahtgerüst; Düngung (ca. 80 -120 kg N in zwei - Gaben ab Mitte März oder Fertigation mit ca. 6 kg N/Woche); Bewässerung (1-2 Schläuche im Abstand von 25 cm zur Reihe); Pflanzenschutz (Läuse, Blattfallkrankheiten, Echter Mehltau, Spinnmilben, Colletotrichum, Botrytis); möglichst windgeschützte Lagen oder Windschutz; vereinzelt Einzelreihenüberdachung (für Lagerware bzw. für eine längere Vermarktungszeit vom Feld, preiswerte kurzzeitige Einzelreihenüberdachung; Verfrühung möglich, im kalten Haus eher geringer Effekt, ca. 1 Woche); Schnitt (Winterschnitt: Konsequenter Schnitt auf einjähriger Seitentriebe mit eine Länge von 20 bis 40 cm; Zapfenschnitt (auf 2 bis 4 cm), pro Gerüstast verbleiben 6 bis 10 einjährige Seitentriebe. Sommerschnitt: beim Umfärben der Früchte zu steile und zu lange Triebe auf Zapfen, zur Förderung der gleichmäßigen Abreife Einkürzen der diesjährigen Triebe am Fruchtholz auf 15 bis 20 cm hinter der letzten Traube); Lagerung von Roten Johannisbeeren bis November; Ertrag 8-14 t/ha. Rote Johannisbeeren – scharfer Fruchtholzschnitt auf einjähriges Holz, Sorte Rovada Rote Johannisbeeren – 1-Trieber-Erziehung, Sorte Rovada Red currants – one-cane-pruning, variety Rovada © BLE, IAT - 2013 Red currants – one-cane-pruning, variety Rovada 18 Probleme: Verrieselung bei ‚Jonkheer van Tets‘, Einhaltung der erhöhten Spezifikationen des Lebensmitteleinzelhandels hinsichtlich der Pflanzenschutzmittelrückstände. 19 Qualitätserzeugung bei Kulturheidelbeeren Felix Koschnick Die Blaubeere ist eine mehrjährige Staude aus der Familie der Ericaceae. Sie gedeiht überall dort, wo auch Heidekraut wächst, auf sauren, nicht zu reichen Böden mit einem hohen Anteil an organischer Substanz. Angebaut wird allerdings nicht die wilde, europäische Heidelbeere Vaccinium myrtillus mit ca. 30 cm hohen Sträuchern, kleinen dunklen, säuerlichen Beeren mit blau färbendem Saft. Kommerziell werden angebaut Vaccinium corymbosum, V. australe und V. angustifolium – Southern oder Northern Highbush Sorten, die deutlich höher sind, größere und süßere Früchte haben und ein helles, nicht färbendes Fruchtfleisch aufweisen. Wobei die Erzeuger, den Begriff „Kulturheidelbeere“ weniger schätzen, da man ja auch nicht „Kulturapfel“ sagt; sie bevorzugen „Blaubeere“ oder „Heidelbeere“ für die blauen Früchte aus dem kommerziellen Anbau. Die Blaubeere ist eine relativ junge Kulturpflanze. Eine der frühesten, schriftlich erwähnten Pflanzungen wurde um 1850 in Michigan angelegt. 1906 hat das US-Landwirtschaftsministerium mit Forschungen zu Blaubeeren begonnen. Der Vater der Blaubeere, Dr. Frederic Coville, hat das erste Zuchtprogramm aufgebaut. 1953 gab es bereits 30 kulturfähige Sorten. In Deutschland war Dr. Hermann der Pionier des Blaubeeranbaus. Blaubeeren: Anlage einer Dammkultur / Blueberries: set up of a damp culture Gelegentlich findet man, z. B. in Portugal und Süddeutschland, Anbau in Topfkulturen mit Substrat, man könnte sie als „nachgemachte“ Standorte bezeichnen. Diese „nachgemachten“ Standorte sind auch im Feld möglich: ein Gemisch aus Substrat, Torf und Dünger wird in eine Pflanzrinne gefüllt und zu einem Damm aufgeschüttet. Anbau Eine moderne Blaubeer-Anlage wird als Dammkultur angelegt. Die Dämme sind 50 cm hoch, unten 120 cm, oben 80 cm breit mit einem Doppelschlauch-System für Bewässerung und Fertigation. Wasser und Düngung werden auf diese Weise um die Wurzel konzentriert. Im Damm kann bei Bedarf um die Wurzel etwas Torf eingearbeitet sein. In gefährdeten Lagen ist eine Frostschutzberegnung erforderlich. © BLE, IAT - 2013 Blaubeeren in Topfkultur / Blueberries in pot culture Früher wurde im Tunnel angebaut, um zu verfrühen, was aber heute angesichts der Belieferung aus südlicheren Ländern nicht mehr notwendig ist. Tunnel sind jedoch nach wie vor interessant, um auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen ernten und die Lieferverpflichtungen einhalten zu können. 20 Qualitätserzeugung bei Kulturheidelbeeren Fläche / area in ha 2008 Ertrag in t / yield in tons 2013 2008 2013 Marokko /Morocco 0 200 0 2200 Schweiz / Switzerland 6 25 20 100 Portugal / Portugal 19 40 100 150 Großbritannien / UK 20 150 50 750 Österreich / Austria 100 100 400 500 Italien / Italy 180 200 700 1000 Frankreich / France 300 250 1300 1500 Niederlande, Belgien / Netherlands, Belgium 250 600 1000 3000-4000 Spanien / Spain 400 1500 3500 15000-20000 Polen / Poland 700 2500 1200 10000-15000 1900 2300 3150 6500-10000 Deutschland / Germany Blaubeeren im Tunnel / Blueberries in a tunnel Blaubeeren sind Dauerkulturen mit Standzeiten – in Deutschland – bis 25 Jahren. Produktions- und Handelsmenge Die globale Entwicklung der Anbauflächen von 1970 bis heute zeigt, dass die Blaubeere schon einen Erfolgsweg zurückgelegt hat, der wohl noch weiter steil ansteigen wird. Die Prognosen für 2015 sind weltweit 130.000 ha oder ca. 630.000 t. Ertrag / yield Anbaufläche / crop area Für 2013 rechnet man in Europa mit einer Anbaufläche von ca. 7.600 ha, mit Polen (2.500 ha), Deutschland (2.300 ha) und Spanien (1.500 ha) als größten Erzeugerländern. Auf dieser Anbaufläche wird mit einer Erntemenge von 186.980 t gerechnet; 20.000 t aus Spanien, 15.000 t aus Polen und 9.000 t aus Deutschland. Allerdings kann sich diese Erntemenge bei Frösten und kalten Perioden vor allem in Polen und Deutschland schnell halbieren. In Polen sind in den letzten drei Jahren auch große Teile der Junganlangen erfroren. © BLE, IAT - 2013 Großbritannien und Deutschland sind die größten Konsumenten in Europa, wobei Großbritannien viel importiert (vor allem aus Spanien, Polen, den Niederlanden und Deutschland), während Deutschland seine eigene Produktion größtenteils selbst verbraucht. Produktion in Deutschland Die Betriebsstruktur ist kleinbäuerlich mit 5-15 ha durchschnittlicher Plantagengröße. Es gibt nur ca. 15 Betriebe mit mehr als 35 ha Betriebsfläche. Insgesamt haben die Produktionsflächen zugenommen – von ca. 1.900 hat im Jahr 2009 auf 2.300 ha im Jahr 2012. 95 % der Flächen sind natürliche Heidelbeerstandorte, d. h. Produktion auf natürlichem Boden, der Rest sind Substratstandorte. Generell sind natürliche Standorte zu bevorzugen, weil die Pflanzen gesünder sind, länger tragen können und die Fruchtqualität besser ist. In Zukunft sind natürliche Standorte massiv durch das Grünlandumbruchverbot der EU gefährdet. Daraus resultieren steigende Kosten für den Primärproduzenten. Der Marktpreis pro kg liegt bei durchschnittlich 3,34 € / kg für den Primärproduzenten. Demgegenüber stehen jährliche Produktionskosten von 3,55 € / kg, die sich zusammensetzen aus 1,10 € Erntekosten, 0,20 € Konfektionierung, 0,50 € Verpackung, 0,75 € Fracht und 1,00 € Pflegekosten. Wie kommt es zu dieser Situation? In der kleinbäuerlichen Struktur sind meist die betrieblichen Produktionskosten nicht bekannt. Die Ausrüstung der Betriebe ist nicht an die erhöhten Flächengrößen angepasst. Traditionen werden nur schwer abgestreift („Das war immer schon so!“) Es fehlt eine gute Kenntnis des Marktes. Es fehlt aber auch an Vertrauen und – im Gegenteil zu Holland – an Zusammenarbeit. Die niederländischen Gartenbauer beschäftigen Spezialisten für die Pflanzen- und Fruchterzeugung. Sie nutzen Qualitätserzeugung bei Kulturheidelbeeren gemeinsame Packstationen, senken dadurch ihre fixen Kosten, und arbeiten bei der Vermarktung zusammen. Um den 14. Juli herum beginnen am deutschen Markt die sog. Blaubeerwochen, begleitet von einem drastischen Preisverfall. Die kleinbäuerlichen Erzeuger kennen den Markt nicht und sind handelsseitig leicht unter Druck zu setzen. Das erklärt den enormen Preisfall mit Einsetzen der deutschen Ernte, obwohl die Nachfrage zu Anfang der Ernte nicht befriedigt werden kann. Übrigens, in Frankreich gibt es einen Minimumlohn von 9,43 €/h; ein auf der Erntemenge basierender Lohn ist nicht zulässig. Dadurch sind die Erntekosten in Frankreich um 100 % höher als in Deutschland. Generell sind gute Plantagen in Deutschland zwischen 10-18 Jahren rentabel, was die Trägheit der Reaktion und Marktanpassung in Deutschland ebenfalls erklärt. Qualität Die Qualität wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Wetterverlauf im Jahr: Nasse Jahre führen zu Befall mit Botrytis und Anthraknose, kalte Jahre zu Beerenschäden und Produktionsausfällen, Trockenheit (ohne Bewässerung) zu kleinen Kalibern. Rückstände: Zum einen ist die Anzahl der Wirkstoffe von Bedeutung, da die meisten Spezifikationen des Handels maximal 5 Wirkstoffe akzeptieren. Andererseits soll im Anbau die Bildung von Resistenzen vermieden werden, was bei einer Beschränkung auf 5 Wirkstoffe allerdings problematisch ist. Händler, die zur Vorbeugung gegen Resistenzbildung auf eine Wirkstoffbeschränkung verzichten, unterstützen die gute Produktionspraxis. Nachbehandlungen mit einem anderen Wirkstoff können dazu führen, dass die akzeptierte Wirkstoffanzahl ausgereizt wird. Vitalität der Plantagen: wechselnde Vitalitäten ergeben je nach Jahr wechselnde Qualitäten. Produzenten: Hier sind die Ursachen sehr unterschiedlich und vielschichtig. Terminiertes Arbeiten ist wichtig, in kleinbäuerlichen Strukturen aber oft nicht zu leisten. Mangelnder Schnitt führt zu fehlendem Licht und Luft in den Sträu© BLE, IAT - 2013 21 chern und zu vielen und dadurch zu kleinen Früchten. Die qualitativ besten Erträge gibt es an den 3 bis max. 4-jährigen Trieben. Blaubeer-Strauch ohne Schnitt Blueberry shrub without any pruning Blaubeer-Sträucher mit gutem Schnitt Blueberry shrubs with good pruning In Deutschland stehen noch zu viele unproduktive, alte Sorten – das gilt für Ertrag und Qualität. Außerdem werden in Deutschland noch sehr viele verschiedene Sorten angebaut. Neue Sorten werden, anders als in Spanien oder den Niederlanden, nur wenig angebaut. Die Produzenten werden aber auch durch den Handel und die Leitgroßhändler nicht richtig oder nicht genug betreut. Produktspezifikation: Die Produzenten kennen meist nicht die Erwartungen, die die Kunden (Händler und Verbraucher) an das Produkt haben. Es fehlen Produktspezifikationen. Spezifikationen von deutschen Händlern enthalten i.d.R. Wirkstoffe, Auslastung von AFD-Werten, gesetzliche Höchstmengen, Verpackung, Etikett, aber nichts über Produktqualitäten. Spezifikationen aus Großbritannien enthalten Vorgaben zum Pflücken, zur Ausfärbung/Reife der Beeren, zur Größe, zur Beschaffenheit der Frucht, zur Kühlung, zum Spritzmitteleinsatz und zur Verpackung. Diese Vorgaben werden auch mit Fotos unterstützt. Produzenten und Handel müssen im Umgang mit den Früchten (Lagerung / Temperatur / Präsentation / Haltbarkeit) geschult werden. Beim Transport werden Fehler gemacht, wenn Blaubeeren mit Ethylen-Spendern wie Äpfeln gemeinsam transportiert werden und dadurch schneller nachreifen. Ein Einhalten der Kühlkette ist auf allen Seiten unabdingbar, denn es kann innerhalb von 7 Tagen reklamiert werden! Die Warenpflege in der Verkaufsstelle ist meist mangelhaft; in Großbritannien werden Beeren immer gekühlt präsentiert. Es ist ein Wandel erkennbar, doch das Qualitätsbewusstsein entwickelt sich nur langsam. Früher wurde „Blaubeeren“ gehandelt, heute fragt Qualitätserzeugung bei Kulturheidelbeeren der Handel nach Sorten. Für Produzenten ist es ein großer Schritt vom allgemeinen „BlaubeerErnten“ zum sortenreinen Pflücken. Ein termingerechtes, tägliches Pflücken erfordert eine gute Planung und gut trainierte Pflücker. An diesen Punkten wird in Deutschland gearbeitet. Zertifizierung: Die Produzenten stehen vor oder in einem Zertifizierungs-Urwald (BIO, HACCP, QS, Tesco Nuture, M & S Field to Fork, Global GAP, SEDEX, Albert Heijn, ISO, LEAF, IFS FOOD). Jede Zertifizierung ist mit Datenpflege verbunden und mit dem Bedienen der systemeigenen Datenbank. Jede Zertifizierung ist mit KOSTEN und Zeitaufwand verbunden. Wie soll sich der normale Anbauer da zurechtfinden? 22 neuen, festen Sorten und bei schnell drehenden Märkten möglich. Allerdings sollten die erste und die zweite Pflücke auf jeden Fall mit der Hand erfolgen. Northern Highbush Sorten werden mit bis zu 7 Durchgängen gepflückt, weil sie sukzessive reifen. Southern Highbush Sorten, die ausschließlich südlich von Bordeaux gepflanzt werden, erfordern sogar 15-17 Pflücken pro Busch. Es gibt produktorientierte und prozessorientierte Zertifizierungssysteme wie Global GAP. ISO inkl. HACCP kann auf den eigenen Prozess angepasst werden, wird aber leider nicht von allen Kunden anerkannt. Die ethische Unbedenklichkeit der Produkte kann mit dem BSCI Verhaltenskodex oder GRASP nachgewiesen werden. Produktsicherheit: Eine lückenlose Rückverfolgbarkeit ist unabdingbar. QS ist aus Sicht der Produzenten sehr gut, weil das gesamte System kontrolliert wird (Produzent, Labor, Handel); problematisch ist nur die Datenbank. Bio-Erzeugung: Es gibt sowohl das deutsche Biosiegel als auch die speziellen Anbau-Verbände. Problematisch ist hier, dass die Bio-Verbände auf regionale Vermarktung setzen und die Mengen aus der Bio-Produktion nicht umsetzen können. Das führt dazu, dass die Masse der Bio-Blaubeeren auf dem konventionellen Markt abgesetzt werden. Außerdem ist zu beobachten, dass sich die Preise für Bio- und konventionelle Erzeugnisse immer mehr angleichen. Bio-Erzeuger entscheiden oft, dass ihre Produkte dann als konventionelle Ware verkauft werden, wenn die Preise für Bio und konventionell gleich sind, um den Bio-Preis nicht noch zusätzlich unter Druck zu setzen. In den Produktionskosten liegt das Bio-Produkt ca. 1 € über dem konventionellen Produkt. Konfektionierung / Aufbereitung: Sortieranlagen mit Farbsortierern und Weichsortierern verbessern die Qualität des Produktes. Eine Sortieranlage für einen kleinen Anbauer mit 10-15 ha ist mit ca. 100.000 € Investition und einer Nutzung von max. 8 Wochen im Jahr sehr, sehr teuer. Hier wären Kooperationen die Lösung. Trend zu Kooperationen: Es gibt bereits deutsche Erzeuger, die Packstationen in den Niederlanden nutzen, die wesentlich rentabler gefahren werden und ganzjährig – auch für die Sortierung von Überseeware im Winter – genutzt werden. Die ganzjährige Nutzung ist auch beim Einsatz und der Verfügbarkeit von trainiertem Personal extrem günstig. Ernte und Aufbereitung Lagerung ist nur aufgrund von Unkenntnis noch problematisch. Alle wissen, wie eine optimale Lagerung funktioniert. Der herkömmliche deutsche Anbauer stellt ins Lager, was er nicht verkaufen konnte. Grundsätzlich gehört aber nur die beste Pflücke des Tages ins Lager, weil sie sich am besten hält und nach der Lagerung noch als gutes Produkt zum Kunden geht. Hand- oder Maschinenpflücke: Handpflücke ist für Beerenfrüchte, die für den Frischmarkt bestimmt sind, optimal. Nur handgepflückte Beeren sind sensibel gepflückt und garantieren eine lange Haltbarkeit. Maschinenpflücke ist mit Wie kann die Situation verbessert werden? Nur durch eine verbesserte Betreuung der Produzenten mit klaren Vorgaben und Schulung (von Handel und Produzent), aber auch durch die verbesserte Zusammenarbeit der Produzenten © BLE, IAT - 2013 Qualitätserzeugung bei Kulturheidelbeeren untereinander und die Inanspruchnahme von Beratung durch den Produzenten. Sortenwahl: Hierzu müssen die individuellen Bedürfnisse des Produzenten betrachtet werden – Standort, Boden, Kunden, Erntezeitraum etc. Eine späte Sorte wie ‚Aurora‘ kann in der südlichen Heide noch angebaut und geerntet werden, während sie an nördlicheren Standorten nicht zur Reife kommt. Tesco, Marks & Spencer, Waitrose, Sainsbury‘s, Albert Heijn kaufen nach Sorten. Der deutsche Handel fragt zwar noch keine Sorten nach, kauft aber tendenziell bestimmte alte Sorten nicht mehr so gerne. Beispielsweise wird die Sorte ‚Herma‘, deren Duftfilm oder Firniss ein geflecktes Erscheinungsbild hervorruft, heute weniger akzeptiert. Generell gilt: der Markt fragt nach großen, gut aussehenden (hellblau mit Firniss/Duftfilm) und festen Früchten mit Biss-Erlebnis. Die Früchte sollen haltbar sein, oder wie die Chilenen sagen, lange Beine haben, damit sie lange laufen können. Sie sollen auch wohlschmeckend sein. Ein sortenreines Angebot ist zunehmend gefragt. Bei Anbau und Vermarktung der neuen Sorten müssen aber auch die Lizenzrechte gewahrt werden. Um Lizenzen für Sorten zu sparen, werden in Europa Sorten oft unter falschem Namen angeboten. Die „neuen“ Sorten erfüllen die oben genannten Kriterien. Southern Highbush / Rabbiteye Sorten haben ein trockenes, festes Fruchtfleisch und relativ wenig Saft. Sie sind dadurch deutlich unempfindlicher. Northern Highbush Sorten haben ein weicheres Fruchtfleisch und sind saftig. Bis Juni sind die Southern Highbush Sorten am Markt, danach kommen die Northern Highbush Sorten. Datenquellen: Die Daten stammen vom OVR Jork, dem Bund Deutscher Heidelbeeranbauer e.V. und dem Autor. Der Dank geht an Alfred Peter Entrop, Beerenobstberater OVR Jork und Heiner Husmann, Vorsitzender Bund Deutscher Heidelbeeranbauer e. V. © BLE, IAT - 2013 23 24 Cranberries: die gesunden Power-Beeren – die Frucht, die Geschichte, die Industrie Jeffrey LaFleur Der Name CRANBERRY soll, so sagt das Gerücht, aufgrund der Ähnlichkeit der Cranberry-Blüte mit dem Kanadakranich entstanden sein, einem Vogel, der früher in den Gebieten der USA, in denen die Cranberries wuchsen, beheimat war. die eben erwähnte amerikanische Heidelbeere (V. corymbosum, V. formosum, V. angustifolium, V. virgatum) – meist in Gebäck verwendet; • The Fruit - The American Cranberry Moosbeere (V. oxycoccos) – eine offensichtlich sehr nahe Verwandte der Cranberry, die oft und leicht mit ihr verwechselt wird. Um das nochmals zu betonen, die meisten der in den USA wachsenden und produzierten Cranberries gehören zur amerikanische Cranberry. Sie ist mit ihrem guten Wachstum, ihren gleichmäßigen Erträgen und Angebotsmengen die robusteste Art. U. S. Cranberries Die amerikanische Cranberry (Vaccinium macrocarpon), ist tatsächlich eine von drei kommerziell genutzten Früchten, die in Nordamerika heimisch sind. Die beiden anderen sind die amerikanische (Kultur-)Heidelbeere (Vaccinium corymbosum) und die Fuchsrebe (Vitis labrusca). American Blueberry Vaccinium corymbosum Concord Grape Vitis labrusca IT IS… One of only 3 native North American Fruits Die amerikanische Cranberry hat in den USA eine lange Geschichte. Sie war sicher schon den Ureinwohnern bekannt. Die historischen Spuren der amerikanischen Cranberry reichen von den ersten Siedlern in Nordamerika, den 1621 eingewanderten Pilgrims, bis zu den 1900er Jahren. Diese fast 300 Jahre repräsentieren die Zeitspanne mit der größten industriellen Entwicklung und den wichtigsten Erfindungen. Die Pilgrims wurden schon erwähnt, und ihre Feier des Thanksgiving, das amerikanische Erntedankfest, hat entscheidend dazu beigetragen, dass die amerikanische Cranberry bei den nordamerikanischen Siedlern bekannt wurde. Die amerikanische Cranberry ist eine Frucht mit außergewöhnlichen Eigenschaften und einer breiten Verwendungspalette: • als Lebensmittel: Die amerikanischen Ureinwohner waren vertraut mit den wohltuenden Wirkungen der amerikanischen Cranberry in der Ernährung, obwohl sie nicht wussten, worauf dies zurückzuführen war. • als Konservierungsmittel für Fleisch: Die amerikanische Cranberry wurde in einem Produkt namens ‘PEMMICAN’ genutzt, bei dem Cranberries mit Fleisch gemischt werden, wodurch sich das Erzeugnis über viele Monate hielt. • als Umschläge für heilende Wunden. • als Farbstoff: Die amerikanischen Ureinwohner nutzten sie wegen ihrer leuchtend roten Farbe zum Färben ihrer Stoffe. American cranberry Vaccinium macrocarpon U. S. Cranberries Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die US Cranberries nicht mit den vier ihr nahe verwandten Arten verwechselt werden darf: • • Preiselbeere (V. vitis-idaea) – meist für Marmeladen, Gelees oder Säfte genutzt; Europäische Heidelbeere (V. myrtillus) und © BLE, IAT - 2013 Cranberries: die gesunden Power-Beeren – die Frucht, die Geschichte, die Industrie In den frühen 1800er Jahren begann die erste kommerzielle Produktion. Die Anbauflächen konnten sich in den Gegenden ausdehnen, in denen von der Mitte des 18. bis zum 19. Jhdt. Torteisenerz gewonnen und in Hochöfen geschmolzen wurde. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg Ende der 1860er Jahre erfuhr die CranberryWirtschaft durch die aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten einen weiteren Aufschwung. Manche vergleichen diesen Aufschwung mit dem schnellen Wachstum in Kalifornien, im Westen der USA, durch die Entdeckung des Goldes. Mitte bis Ende der 1800er Jahre erkannte auch die wachsende U.S. Walfang-Flotte die positive gesundheitliche Wirkung und die Haltbarkeit der amerikanischen Cranberry. Die Cranberries hielten sich selbst roh und ohne Verarbeitung auf den langen Seereisen und wurden geschätzt, weil sie wegen ihres hohen Vitamin-C-Gehaltes einen guten Schutz gegen Skorbut, einer Vitamin-CMangelkrankheit, boten. In jener Zeit wurden die Cranberries in Holzfässern (barrels) transportiert – 100 amerikanische Pfund (pound) Cranberries passen in ein Holzfass. Heute noch geben die Anbauer ihre Produktion in Barrel oder Barrel/acre an. Über einen Zeitraum von 100 Jahren erfuhr die Cranberry-Wirtschaft eine große Erneuerung/Entwicklung. Wissenschaftliche Institute und Programme wurden gegründet, um Erträge, Fruchtqualität und Umweltverträglichkeit zu verbessern. Diese Programme waren den Anbauern eine große Hilfe bei der Verbesserung ihrer Produktionsmethoden und die Sammlung von Daten konnte wiederum genutzt werden, um den Wirtschaftszweig auszubauen. Die Universität von Massachusetts gibt heute eine Qualitätsvorhersage für die Anbauer heraus. Die Anbauer können während der Saison ihre Kulturmaßnahmen entsprechend anpassen. Die Anbauer wissen, dass die Qualität im Feld beginnt, und sie nutzen die angewandte Naturwissenschaft. Mechanische Erfindungen oder Entwicklungen in allen Bereichen der Cranberry-Produktion einschließlich der Ernte- und Sortiermaschinen erhöhten die Effektivität der Produktion und ermöglichten ein dramatisches Wachstum des Wirtschaftszweiges. Die Einführung der mechanischen Pflückmaschinen ersetzte die alte Methode der Handpflücke mit dem Holzkamm, der heute nur noch ein Sammlerstück ist. Sie benutzten hölzerne Sortiertische (Prall-Tische), auf denen die Cranberries siebenmal aufspringen mussten, bevor sie in die passende Qualitätsschiene fielen, denn nur eine gute Cranberry springt oder hüpft. 1860-1960; A century of innovation… Formal academic research programs initiated Cranberry growers formally organized through first cooperative and grower associations Standardization of measure and adoption of new technology Mechanical inventions increase industry efficiency U. S. Cranberries 1953 wurde in den USA – als Ergebnis dieser Bemühungen – die erste Million Barrel Ertrag eingefahren. Seit dieser Zeit ist dieser Wirtschaftszweig ständig gewachsen. U.S. Cranberry Production 1962 - 2012 with trend line 9.000.000 8.000.000 7.000.000 6.000.000 5.000.000 4.000.000 3.000.000 2.000.000 1.000.000 0 2018 2014 2010 2006 2002 1998 1994 1990 1986 1982 1978 1974 1970 1966 © BLE, IAT - 2013 Wirtschaftszweig anerkannt wurden, steigerte die Verkaufszahlen. 1962 In diesem Jahrhundert der Innovation wurden in den USA auch die Erzeugerverbände gegründet. Die Cape Cod Cranberries Grower‘s Association wurde beispielsweise vor 125 Jahren gegründet. Die gegenseitige Fortbildung, die formale Anerkennung und das Erkennen von Problemen, die den ganzen Wirtschaftszweig betrafen, ermöglichten es, dass zielgerichtete Lösungen gefunden wurden. Standardisierte Maße, wie z. B. das 100 lb Barrel (37.3 kg), das noch heute gilt, wurden damals festgelegt. Diese standardisierten Maße bereiteten der Normierung den Weg und die Entwicklung von Normen, die von dem ganzen 25 U. S. Cranberries Im Durchschnitt war während der letzten 50 Jahre ein jährlicher Zuwachs von 4,13 % zu verzeichnen. Etwa 1.200 Cranberry-Anbauer produzieren Cranberries: die gesunden Power-Beeren – die Frucht, die Geschichte, die Industrie auf 38.500 Acres oder 15.500 ha. Etwa 55 Händler nehmen die Cranberries auf und verarbeiten sie zum Endprodukt oder vermarkten sie als Frischfrucht. Viele Händler sind auch Anbauer. 26 U.S. Cranberry Production Volume 45,5 Kg (100lb) Barrels produced 2000 – 2010 5.000.000 Massachusetts, Rhode Island Connecticut 4.500.000 4.000.000 Der Staat Wisconsin ist die Nummer 1 in der Cranberry-Erzeugung, gefolgt von Massachusetts (2), New Jersey (3), Oregon (4) und Washington State (5). Wisconsin produziert etwas 57 % und Massachusetts bis zu 30 % der Gesamterzeugung der USA. Für die zurückliegende Saison wird in den USA der Gesamtertrag auf nahe 8 Mio. Barrel (15,5 Mio. kg) geschätzt. Wisconsin führt die US-Produktion mit etwa 8,8 Mio. kg an, gefolgt von Massachusetts mit ca. 4,4 Mio. kg, New Jersey mit ca. 1,2 Mio. kg, Oregon mit ca. 660.000 kg und Washington mit ca. 200.000 kg. Die Produktion hat sich gewaltig verändert. Im Jahr 2000 ist die Produktion in Wisconsin durchgestartet und produziert heute doppelt soviel wie Massachusetts. Dies ist hauptsächlich darin begründet, dass Wisconsin landwirtschaftlich geprägt ist, während Massachusetts sehr städtisch ist und die landwirtschaftliche Fläche relativ stabil ist. 3.500.000 New Jersey 3.000.000 2.500.000 Wisconsin, Michigan, Minnesota 2.000.000 1.500.000 Oregon 1.000.000 500.000 Washington 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 U. S. Cranberries Cranberries werden in Mooren oder Schwemmland angebaut, die fast während des ganzen Jahres trocken sind. Die Flächen der Moore liegen zwischen 10 und 1.000 Acres oder 4 bis 400 ha. Das Foto zeigt Cranberry-Felder, die in Wisconsin sehr rechteckig sind, da sie aus jungfräulichem Land gewonnen wurden. In Massachusetts folgen die Moorflächen den Konturen der Landschaft und haben so viel Charakter wie die Anbauer. U.S. Cranberry Production areas U.S. Cranberry Production Bogs or Marshes Dry most of the year 10 – 1,000 acres or 4 – 400 ha U. S. Cranberries U. S. Cranberries U.S. Cranberry Production Percent Production by state/region Massachusetts, Rhode Island, Connecticut 30% 57% New Jersey Oregon Washington 6% 2% U. S. Cranberries © BLE, IAT - 2013 5% Wisconsin, Michigan, Minnesota Der Boden ist ein gemischter Boden mit Sand, aber auch viel organischer Masse, die die Feuchtigkeit hält. Die Cranberry-Pflanze ist relativ klein. Sie wächst horizontal am Boden entlang und richtet ihre etwa 15 cm langen Triebe aufrecht nach oben. Die Triebe bedecken das Feld wie ein dichter Teppich. Die Cranberry-Pflanze wächst über 100 Jahre. Die einzigen Gründe für eine Neupflanzung sind 1) eine Verbesserung der Produktion und 2) das Ausmerzen eines ernsthaften Befalls mit Insekten oder einer Krankheit. Nach einer Neupflanzung dauert es etwa vier Jahre bis zum Vollertrag. Cranberries: die gesunden Power-Beeren – die Frucht, die Geschichte, die Industrie Im Winter sind die Pflanzen in einer Ruhephase, die sie dringend für das nächste Jahr brauchen. Sie beenden diese Ruhephase im April und die oberste Spitze der Triebe treibt aus. Die Blüte beginnt etwa im Juli. Für die Bestäubung werden europäische Honigbienen und Hummeln in das Feld gestellt. Im Juli/August werden die Beeren angesetzt. Geerntet wird im September/Oktober. Nach der Ernte fällt die Pflanze wieder in die Ruhephase und der ganze Zyklus beginnt von vorne. Im Winter werden die von Deichen umschlossenen Moore geflutet. Das Wurzelsystem der Cranberries ist flach, nur etwa 15 cm tief. Da die Cranberries ihre Blätter ganzjährig behalten, werden die Moore geflutet, um die Triebe zu schützen. Andernfalls würde bei Bodenfrost der Wind die Pflanzen austrocknen und absterben lassen. Außerdem wird bei dieser Gelegenheit mit Karren in die gefluteten Moore gefahren und etwa gut 1 cm Sand ausgebracht. Der Sand ist eine wichtige Kulturmaßnahme. Er wird genutzt, um einige Insekten, Unkräuter und Krankheiten zu bekämpfen. Im Frühjahr, wenn das Eis schmilzt, sinkt der Sand zwischen die Triebe und begräbt einige der alten Ausläufer, Insekteneier usw. Wenn das Wetter es zulässt, wird diese Maßnahme etwa alle 3 bis 5 Jahre durchgeführt. 27 notwendig. Die Anbauer sind starke Verfechter der integrierten Schädlingsbekämpfung und kontrollieren daher ständig ihre Felder, um die Qualität und Erträge zu gewährleisten. Die automatische Bewässerung steuert der Anbauer über sein Smartphone (Start der Bewässerungspumpe, Messung der Bodenfeuchtigkeit und Temperatur). Dadurch wird etwa 20-40 % Wasser gespart. Es gibt zwei Erntemethoden für Cranberries: Nass- und Trockenernte. Bei der Trockenernte ist das Feld komplett trocken. Die Erntemaschinen sind etwas breiter als 1 m. Mit ihren Zähnen fährt die Maschine durch die Triebe, streift die Beeren ab und lädt sie in Stoffsäcke. Diese Stoffsäcke werden dann in große Kunststoffsteigen gefüllt, die anschließend von Hubschraubern abgeholt werden. Diese Methode ist notwendig, da schwere Maschinen die Pflanzen zerstören und zu tief in den Boden einsinken würden. U.S. Cranberry Production Dry Harvest for Fresh Fruit U.S. Cranberry Production Winter “ice” U. S. Cranberries U. S. Cranberries Die Anbausaison beginnt im April. Alle Moore sind unterirdisch mit Bewässerungssystemen ausgestattet. Überkopfberegner werden zum Frostschutz für die Blüten und Früchte eingesetzt. Da das Cranberry-Moor die niedrigste Fläche in der umgebenden Landschaft ist, bilden sich dort Kaltluftseen. Die Temperatur im Moor kann 10-20 Grad kälter als in den umgebenden, höher gelegenen Flächen sein. In klaren, kalten Frühlingsnächten ist daher eine Frostschutzberegnung zum Schutz der Blüten und Triebe © BLE, IAT - 2013 Trocken geerntete Cranberries werden als Frischfrucht verkauft. Allerdings werden nur ca. 10 % der US-Ernte als Frischfrucht vermarktet, üblicherweise in der kurzen Zeit von der Ernte im Oktober bis Ende Dezember. Frische oder gefrorene Cranberries werden aus gesunden, reifen Beeren gewonnen. Für dieses Produkt verlangen die Händler, dass die Anbauer mit der Ernte warten, bis ein bestimmter Anthocyan-Gehalt und ein bestimmter BrixWert erreicht sind. Das Produkt wird besonders sortiert. Optische Sortiereinheiten sortieren die ungenügend gefärbten und beschädigten Beeren aus. Diese optischen Sortierer ersetzen den oben erwähnten Sortier- oder Prall-Tisch. Die optischen Sortierer sind wesentlich effizienter und vermeiden die menschliche Berührung beim Cranberries: die gesunden Power-Beeren – die Frucht, die Geschichte, die Industrie Sortieren. Folgende Qualitätskriterien gelten: • Geschmack und Geruch müssen typisch sein, d. h. die Beeren dürfen keinerlei unangenehmen Geschmack oder Geruch aufweisen. • Die Beeren müssen das typische, leuchtende Cranberry-Rot aufweisen; Bei einer Mischung aus verschiedenen rot, rosa und ungefärbten Beeren müssen mindestens 90 % der Beerenoberfläche einheitlich und charakteristisch rot/rosa gefärbt sein und höchstens 4 % der Beeren dürfen weiß, gelb oder grün sein. • Farbe (Gesamt-Anthocyan): mindestens 30 mg / 100 g Frucht. • Größe: 95 % zwischen 1,03 cm und 1,59 cm im Durchmesser. • Mängel: entsprechen USDA-Norm A. Die Frucht muss praktisch frei sein von unschädlichem, pflanzlichem Fremdmaterial, Ästen, kleinen und größeren Mängeln, Fremdmaterial, Fäulnis, sichtbarem Schimmel, Insekten, Teilen von Insekten, Maden und Madenlöcher; höchstens 3 % kleinere Mängel und höchstens 3 % größere Mängel. • Anhaftende Feuchtigkeit: 1,6 ± 0,5 % Wasser darf an der Fruchtoberfläche anhaften (nur an gefrorenen Früchten zu messen). • 28 Verpackung der TK-Ware: in nicht versiegelten 2-mil blau gefärbten high-density PE-Beuteln in einem Wellpapp-Karton. Gefrorene Superior Cranberries werden in folgenden Verpackungstypen angeboten: Typ 91950 – 40 lbs (18.1 kg) Nettogewicht, Typ 91951 – 10 lbs (4.5 kg) Nettogewicht und Typ 92015 – ca. 1200 lbs (544.3 kg) Nettogewicht. Transport und Lagerung der TK-Ware: bei 0 bis 15°F (-18 bis -9 °C) – bei einer erwarteten Haltbarkeit von 24 Monaten. Nass-Ernte: Das Moor wird mit ca. 20 cm Wasser geflutet, gerade so viel, dass die Triebe bedeckt sind. Die Erntemaschine wird auch Wasserrad genannt, weil sie vorne ein Rad hat, das sich dreht. Es dreht sich so langsam, dass es die Beeren von den Trieben abschlägt. Sobald die Beeren von der Pflanze getrennt sind, schwimmen sie auf. Der Grund dafür sind die vier Luftkammern, die jede Cranberry enthält. Wegen dieser Luftkammern kann die Cranberry springen/hüpfen und schwimmen. Sobald die Beeren von der Pflanze getrennt sind, wird mehr Wasser in die Moore gepumpt, damit die Beeren aufschwimmen. Das ergibt ein wunderschönes Bild. Alle Beeren schwimmen an der Oberfläche und werden mit einem Schwimmring eingekreist und dann abgepumpt. Cranberry Production Wet Harvest Frostschwund: 2,5 % ± 1,0 % dürfen gefrorene Beeren während der Lagerung an Feuchtigkeit verlieren, bezogen auf das Frischgewicht. Mit der Aufbereitung gemäß dieser Spezifikation wird ein gesundes Produkt gewährleistet, das bei den für die Haltbarkeit angemessenen Temperaturen gelagert wird. Verpackung des Frischprodukts: in 12 oz. (340 g) PE-Beuteln, 24 Beutel pro Karton oder Steige. Nettogewicht der Steige 18 lbs (6.7 kg) bzw. brutto 21 lbs (7.8 kg) und 80 Steigen pro Palette. Das Rezept auf der Rückseite jedes Beutels erfordert übrigens mehr als 12 oz. bzw. 340 g Cranberries, weshalb die Verbraucher zwei Beutel kaufen müssen – eine geheime List der Händler. U. S. Cranberries Cranberry Production Wet Harvest Transport und Lagerung des Frischprodukts: bei 40 bis 50°F (5 bis 10 °C) – bei einer erwarteten Haltbarkeit von einem Monat. U. S. Cranberries © BLE, IAT - 2013 Cranberries: die gesunden Power-Beeren – die Frucht, die Geschichte, die Industrie Die Beeren werden gleich am Feldrand gewaschen. Die gereinigten Beeren werden in den LKW verladen, während die Feldabfälle (Blätter, Unkräuter etc.) in einen anderen LKW verladen und zum Kompost gefahren werden. Die Händler bestrafen Anbauer, die Cranberries mit zu vielen Feldabfällen anliefern. Die gesamte Nass-Ernte wird verarbeitet, z. B. zu gesüßten und getrockneten Cranberries, zu Cranberry-Pulver, CranberrySoße und Cranberry-Saft. Eine Frucht, die einmal nass geworden ist, hält sich nicht lange. Daher werden entweder die ganzen Früchte eingefroren oder als Konzentrat für eine spätere Verwendung haltbar gemacht. Die gesüßten und getrockneten Cranberries sind ein Wachstumssegment und die Nummer 1 der Verarbeitungsprodukte. Dies ist hauptsächlich in ihrer Vielseitigkeit begründet: 1) sie sind sehr lange haltbar und 2) sie können in Gebäck, in Salaten oder einfach so aus der Hand gegessen werden. Die gesüßten und getrockneten Cranberries werden von den Verbrauchern gut angenommen. Für die gesüßten und getrockneten Cranberries werden geschnittene, qualitativ hervorragende Cranberries mit Zuckersirup getränkt, bis ein ausbalancierter Brix-Wert erreicht ist. Danach wird das Produkt auf einen bestimmten Feuchtigkeitsgehalt getrocknet und leicht mit Pflanzenöl eingesprüht, damit die Feuchtigkeit konserviert wird. Manche Hersteller verwenden hierzu das Öl von Cranberry-Samen. Wenn dieses Öl verwendet wird, ist das Produkt sozusagen frei von Fremdstoffen. Spezifikationen für gesüßte und getrocknete Cranberries: • Feuchtigkeit: 13 bis 18 %. • Größe: die Beeren fallen nicht durch ein Sieb mit einer Maschenweite von 5/8‘‘ (16 mm) (5% Toleranz), oder durch ein US #4 Sieb (max. 1 % Toleranz). • Öl: max. 1 %. • Farbe: typisches, einheitliches Cranberry-Rot. • Geschmack und Geruch: typisch sauer, fruchtig. • Fremdstoffe (pflanzliche Stoffe, die nicht von der Cranberry stammen): keine. • Kontamination mit Insekten: keine. © BLE, IAT - 2013 • 29 Unschädliches, pflanzliches Fremdmaterial (Äste, Blätter): max. 2 / 25 lbs (11,34 kg). Aufgrund ihrer gesundheitlichen Vorteile sind die Cranberries populär und global. Die USA exportieren viel mehr. 1995 wurden noch weniger als 10 % der gesamten US-Ernte exportiert, heute sind es über 30 %. Dies hat zur Folge, dass die US Erzeuger nach den Normen der EU produzieren. Alle Anbauer in Massachusetts, die in die EU exportieren wollen, können die Mittel, die in der EU nicht zugelassen sind, nicht mehr verwenden. Alle Erzeuger, welche die Frischfrucht vermarkten, sind GLOBALGAP zertifiziert und arbeiten an GAP-Normen für die Verarbeitungsprodukte. A final word… Exports as % of Production U. S. Cranberries 30 UNECE-Norm für Beerenfrüchte Reinhild Fänger Begriffsbestimmung Definition of Produce UNECE-Norm für Beerenfrüchte FFV- 57 Reinhild Fänger UNECE-Standard for Berry Fruits Rote Johannisbeeren – Red Currants (Ribes rubrum L.) Begriffsbestimmung Definition of Produce Himbeeren – Raspberries (Rubus idaeus L.) Begriffsbestimmung Definition of Produce Brombeeren – Blackberries (Rubus sect. Rubus) © BLE, IAT - 2013 Begriffsbestimmung Definition of Produce Schwarze Johannisbeeren – Black Currants (Ribes nigrum L.) Begriffsbestimmung Definition of Produce Stachelbeeren – Gooseberries (Ribes uva-crispa L. ) UNECE-Norm für Beerenfrüchte Begriffsbestimmung 31 Definition of Produce Heidelbeeren – Bilberries (Vaccinium myrtillus L.) Begriffsbestimmung Definition of Produce Kulturheidelbeeren – Blueberries (Vaccinium corymbosum L.) Begriffsbestimmung Definition of Produce Preiselbeeren – Cowberries (Vaccinium vitis-idaea L.) © BLE, IAT - 2013 Begriffsbestimmung Definition of Produce Cranberries – Cranberries (Vaccinium macrocarpon Aiton) Begriffsbestimmung Definition of Produce Kreuzungen dieser Arten Hybrids of these species Taybeeren Tayberries (Rubus sect. Rubus x Rubus idaeus L.) Begriffsbestimmung Definition of Produce Kreuzungen dieser Arten Hybrids of these species Jostabeeren Jostaberries (Ribes nigrum L. x Ribes uva-crispa L.) UNECE-Norm für Beerenfrüchte Mindesteigenschaft 32 Minimum requirement Nicht ganz Mindesteigenschaft Nicht gesund Not intact Mindesteigenschaft Minimum requirement Nicht gesund Not sound Mindesteigenschaft Minimum requirement Nicht gesund Not sound © BLE, IAT - 2013 Minimum requirement Not sound Mindesteigenschaft Minimum requirement Nicht sauber, nicht frei von sichtbaren Fremdstoffen Not clean, not free of any visible foreign matter Mindesteigenschaft Minimum requirement Nicht frei von Schäden durch Schädlinge Not free from damage caused by pests 33 UNECE-Norm für Beerenfrüchte Mindesteigenschaft Minimum requirement Mindesteigenschaft Nicht frei von Schäden durch Schädlinge / Brombeergallmilbe Not free from damage caused by pests / Brombeergallmilbe nicht von frischem Aussehen Mindesteigenschaft Reifeanforderungen Minimum requirement Minimum requirement not fresh in appearance Maturity requirements Beerenfrüchte müssen entsprechend ihrer Art genügend entwickelt sein und einen ausreichenden Reifegrad aufweisen nicht von frischem Aussehen not fresh in appearance Mindesteigenschaft Minimum requirement nicht von frischem Aussehen not fresh in appearance © BLE, IAT - 2013 Berry fruits must be sufficiently developed and display satisfactory ripeness according to the species Reifeanforderungen Maturity requirements Kein ausreichender Entwicklungs- und Reifegrad Berries do not display satisfactory ripeness UNECE-Norm für Beerenfrüchte Klasse Extra 34 Class Extra Klasse Extra Class Extra Kulturheidelbeeren praktisch mit Duftfilm bedeckt Blueberries practically covered with bloom Bei schwarzen Johannisbeeren sind nicht vollständig besetzte Rispen und Einzelbeeren zulässig Black currant panicles may not be completely filled and single berries re allowed Klasse Extra Klasse I Class Extra Class I Johannisbeerenrispen müssen voll besetzt sein Currant panicles must be completely filled Johannisbeerenrispen müssen annähernd voll besetzt sein Currant panicles must be nearly filled Klasse Extra Klasse I Class Extra Johannisbeerenrispen müssen voll besetzt sein Currant panicles must be completely filled © BLE, IAT - 2013 Class I Sehr leichte Druckstellen Very slight bruising UNECE-Norm für Beerenfrüchte Klasse II 35 Class II Ausschluss Unregelmäßig besetzte Rispen bei Johannisbeeren Currant panicles may be less evenly spaced Starke Druckstellen Klasse II Ausschluss Class II Severe bruising Unregelmäßig besetzte Rispen bei Johannisbeeren Currant panicles may be less evenly spaced Starke Druckstellen Klasse II Ausschluss Class II Leichter Saftaustritt Out of grade Severe bruising Out of grade Starke Druckstellen Slight leakage of juice © BLE, IAT - 2013 Out of grade Severe bruising UNECE-Norm für Beerenfrüchte 36 Größensortierung Sizing Keine Größensortierungsvorschriften No sizing requirements Aufmachung Presentation Gleichmäßigkeit Uniformity: Ursprung Sorte Qualität Origin Variety Quality praktisch einheitlicher Reifegrad in den Klassen Extra und I Classes Extra and I practically uniform in ripeness Kennzeichnung Marking Many thanks for your attention! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! © BLE, IAT - 2013 37 Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten Franz Egerer, Carmen Jakobs-Lang, Heinrich Stevens EU-Vermarktungsnorm – Zitrusfrüchte Frage 1: Wie muss die Nacherntebehandlung mit einem Wachs bei Zitrusfrüchten angegeben werden? Antwort: Die spezielle Vermarktungsnorm für Zitrusfrüchte (VO (EU) Nr. 543/2011 Anhang I – Teil B – Teil 2, Stand. 22.06.2011) gilt für Orangen, die Mandarinen-Gruppe und Zitronen. Sie verlangt die „Angabe der zur Behandlung nach der Ernte verwendeten Konservierungsmittel oder sonstigen chemischen Stoffe.“ Wachse sind Überzugsmittel, die nach der Ernte (und nach dem Waschen) aufgebracht werden, um die Transpiration der Früchte herabzusetzen und den Früchten Glanz zu verleihen. Für alle Zitrusfrüchte, unabhängig ob sie unter eine Vermarktungsnorm fallen oder nicht, gilt nach deutschem Recht, der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, dass bei der Nacherntebehandlung mit Wachsen (E 901-E 904) „gewachst“ gekennzeichnet werden muss. Diese Kennzeichnung muss gemäß § 9 Abs. 9 „bei Zitrusfrüchten, die an andere Personen als Verbraucher abgegeben werden, auf einer Außenfläche der Packungen oder Behältnisse angebracht sein“ und „bei loser Abgabe von Lebensmitteln auf einem Schild auf oder neben dem Lebensmittel“ bzw. „auf der Fertigpackung oder dem mit ihr verbundenen Etikett“. Die Kennzeichnung des Wachses ist nicht vorgeschrieben und kann zusätzlich in Form der Verkehrsbezeichnung oder der E-Nummer erfolgen. Bei frischen Zitrusfrüchten ist die Oberflächenbehandlung mit E 901 Bienenwachs, E 902 Candelillawachs, E 903 Carnaubawachs, E 904 Schellack, E 912 Montansäureester und E 914 Polyethylenwachsoxidate erlaubt. Werden keine Nacherntebehandlungsmittel eingesetzt, so ist eine ausdrückliche Kennzeichnung der Nicht-Behandlung nicht vorgesehen. Gewarnt werden muss vor Formulierungen wie „unbehandelt“ oder „frei von chemischer Behandlung“, da diese Aussage von Behörden, Gerichten und Verbrauchern mit der Aussage gleichgesetzt wird, das Erzeugnis sei völlig frei von jeglichen Rückständen (vor der Ernte aufgebracht, Abdrift aus Nachbarplantagen etc.). To© BLE, IAT - 2013 leriert wird in diesem Zusammenhang allenfalls die Aussage „nach der Ernte unbehandelt“. Nicht zulässig ist hingegen die Kennzeichnung „mit Naturwachs (gewachst) – nach der Ernte unbehandelt“. Auch die Behandlung mit einem Naturwachs wie Bienenwachs ist eine Nacherntebehandlung. Insofern ist diese Kennzeichnung irreführend. Frage 2: Inwieweit können genussreife Zitrusfrüchte mit grüner Schale vermarktet werden? Antwort: Die spezielle Vermarktungsnorm für Zitrusfrüchte (VO (EU) Nr. 543/2011 Anhang I – Teil B – Teil 2, Stand 22.06.2011) schreibt für Orangen, die Mandarinen-Gruppe und Zitronen zur Feststellung der Genussreife eine sortentypische Färbung der Schale, einen sortentypischen Mindestsaftgehalt und ggf. ein Mindest-Zucker-/ Säure-Verhältnis vor. Gleiches wird in der UNECE-Norm für Zitrusfrüchte (FFV-14, Ausgabe 2012) auch für Limetten, Grapefruit (Citrus paradisi) und Pampelmusen (Citrus maxima) festgelegt. Die allgemeine Vermarktungsnorm, die für Limetten, Grapefruit (Citrus paradisi) und Pampelmusen (Citrus maxima) gilt, verlangt dagegen nur, dass die Früchte „einen ausreichenden Reifegrad aufweisen“. Bei der Beurteilung der genügenden Reife nach der speziellen Vermarktungsnorm bzw. der UNECE-Norm müssen alle Kriterien erfüllt werden (s. Tabelle). Eine Abweichung ist nur im Rahmen der Toleranzen möglich. Früchte mit einer grüneren Schalenfärbung als in der Norm definiert, sind im Rahmen der 10 % Toleranz der Klasse II bzw. 1 % in Klasse I (Abweichung von den Mindesteigenschaften) zugelassen, sofern die Früchte verzehrbar sind (Saftgehalt und Zucker-/ Säure-Verhältnis). Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten 38 Frage 3: Wie sind Blutorangen zu beurteilen, die keinerlei Rotfärbung im Fruchtfleisch zeigen? Anforderungen an die Färbung der Fruchtschale Spezielle Vermarktungsnorm Zitronen Satsumas, Clementinen, Mandarinen und deren Hybriden Orangen Pampelmusen (Citrus maxima) und Hybriden Bitterorangen Kumquats u.a. © BLE, IAT - 2013 Allgemeine Vermarktungsnorm Grün, aber nicht dunkelgrün (Mindestsaftgehalt ist eingehalten) sortentypisch auf mindestens 1/3 der Fruchtoberfläche Sortentypisch, hellgrün nur bis max. 1/5 der Fruchtoberfläche; Früchte (Sorten) aus Gebieten mit hoher Lufttemperatur und hoher Luftfeuchte > 1/5 der Fruchtoberfläche grün, aber nicht dunkelgrün (Mindestsaftgehalt ist eingehalten). Limetten (Persische, Mexikanische, Indische Süße) Grapefruits (Citrus paradisi) und Hybriden UNECENorm x x Grün, aber Persische Limetten max. 30 % und Mexikanische, keine Indische Vorschrift Süße Lizur Färbung mette max. der Schale, 20 % der sofern die FruchtoberFrüchte fläche mit genügend gelben reif sind, d. h. Flecken sie müssen (Mindestsaftig sein saftgehalt und der ist eingehalGeschmack ten). darf der Art sortenentspretypisch chend nicht auf mind. zu säurebe2/3 der tont sein. Fruchtoberfläche x Antwort: Die spezielle Vermarktungsnorm für Zitrusfrüchte (VO (EU) Nr. 543/2011 Anhang I – Teil B – Teil 2, Stand 22.06.2011) enthält nur Anforderungen an eine Mindest-Orange-Färbung der Schale. Ansonsten müssen die Früchte der Klassen Extra und I die typischen Merkmale der Sorte zeigen. Die rötliche Ausfärbung der Schale und des Fruchtfleisches ist bei Blutorangen sowohl sortentypisch als auch klimatisch bedingt. Die Sorten Sanguinello, Tarocco, Maltaise und Moro zeigen eine jeweils charakteristische Rotfärbung, deren Ausprägung allerdings von den klimatischen Bedingungen vor der Ernte beeinflusst wird. Zu Saisonbeginn sind jedoch Blutorangen häufig mit geringer bis fehlender rötlicher Fleischfarbe auf dem Markt. Bezüglich der Mindestreife müssen Blutorangen den für diese Sortengruppe festgelegten Saftgehalt von mindestens 30 % und ein Zucker-/Säure-Verhältnis von 6,5:1 erreichen. Blutorangen, welche die Mindestreife aufweisen, müssen nur in den Klassen Extra und I auch die sortentypische Rotfärbung im Fruchtfleisch aufweisen. Partien von Blutorangensorten, deren Früchte – ermittelt anhand der reduzierten Probe – keinerlei Rotfärbung im Fleisch aufweisen, sind nur in Klasse II zulässig. EU-Vermarktungsnorm – Tafeltrauben Frage 4: Wie wird blass gefärbte Ware von roten Traubensorten wie z. B. Crimson Seedless, welche den geforderten Mindest-Brixwert erreicht, beurteilt? Anwort: Gemäß der speziellen Vermarktungsnorm für Tafeltrauben (VO (EU) Nr. 543/2011 Anhang I – Teil B – Teil 9, Stand 22.06.2011) müssen die Früchte genügend reif sein und den für die Sortengruppe festgelegten Mindest-Brixwert sowie ein angemessenes Zucker-/Säure-Verhältnis erreichen. Darüber hinaus ist beim typischen Erscheinungsbild der Sorte auch der Einfluss des Anbaugebietes zu berücksichtigen. Insofern werden Trauben, welche die Mindestreife aufweisen, in allen Klassen in allen Farbschattierungen akzeptiert. In der Klasse Extra müssen die Trauben eines Packstücks allerdings gleichmäßig (blass oder kräftig) gefärbt sein. Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten Partien von roten Traubensorten, deren Früchte – ermittelt anhand der reduzierten Probe – keinerlei Rotfärbung aufweisen, sind nur in Klasse II zulässig. Frage 4a: Wie sind Beeren von grünen Tafeltraubensorten mit weißem und etwas weichem Fleisch zu beurteilen? Antwort: Bei dem geschilderten Mangel handelt es sich um erste Anzeichen eines Kälteschadens; die Mindesteigenschaft „gesund“ ist nicht erfüllt. In diesem Stadium sind mangelhafte Trauben zu 10 % in Klasse II zulässig, sofern die Verzehrbarkeit noch nicht beeinträchtigt ist. Ist die Verzehrbarkeit beeinträchtigt und/oder hat sich das Fruchtfleisch bereits bräunlich verfärbt, kann nur noch die Toleranz für Verderb in Anspruch genommen werden. EU-Vermarktungsnorm – Tomaten Frage 5: Warum müssen Kirsch- und Cocktailtomaten nicht obligatorisch nach Größen sortiert sein, obwohl die Vermarktungsnorm für Tomaten passende Größengruppen enthält und die Größe eng mit den Geschmacksqualitäten gekoppelt ist? Antwort: Die spezielle Vermarktungsnorm für Tomaten (VO (EU) Nr. 543/2011, Anhang I – Teil B – Teil 10) basiert auf der UNECE-Norm FFV-36. Kirsch- und Cocktailtomaten umfassen kleine Tomaten von verschiedener Gestalt (z. B. rund, länglich, dattel-, birnen- oder pflaumenförmig). Dabei sind die Begriffe Kirsch- und Cocktailtomaten größenmäßig nicht eindeutig voneinander abzugrenzen und werden auch synonym verwendet. Bei der UNECE wird die Auffassung vertreten, dass eine maschinelle Größensortierung bei Kirschtomaten oft nicht stattfindet und daher eine obligatorische Größensortierung nicht verlangt werden sollte. Eine messbare Abgrenzung zu den „normalen“ Tomaten ist in die UNECE-Norm im Jahr 2012 aufgenommen worden. Dort gilt seither: „Die folgenden Anforderungen gelten nicht für Rispentomaten und sind wahlfrei für Kirsch- und Cocktail-Tomaten unter 40 mm und für Tomaten der Klasse II.“ Diese Formulierung wird mit der nächsten Anpassung der EU-Vermarktungsnormen an die UNECE-Normen sicher übernommen und kann bis dahin als Orientierung bei der Kontrolle dienen. © BLE, IAT - 2013 39 Frage 6: Kirsch- und Cocktailtomaten unterscheiden sich nicht nur in der Größe, sondern auch in ihren inneren Qualitäten. Ist es möglich (und sinnvoll), andere Parameter als die Größe zur Unterscheidung der beiden Typen zu verwenden? Zur Frage wurde weiter ausgeführt: Bei Kirschund Cocktailtomaten sind Geschmack und Ertrag stark an die Größe gebunden. In der Regel gilt „je kleiner die Tomaten desto höher der Zuckergehalt und desto geringer der Ertrag“. Wenn nur nach der Größe sortiert wird, könnte beispielsweise eine runde Kirschtomate mit einer runden Cocktailtomate in der Sortierung 30–40 mm gemischt werden, wobei die Qualitäten der beiden optisch nicht zu trennenden Typen sehr unterschiedlich sein könnten. Ist es möglich (und sinnvoll), andere Parameter als die Größe zur Unterscheidung der beiden Typen zu verwenden? Antwort: Es gibt keinen zwingenden Zusammenhang zwischen Größe und Zuckergehalt von Kirsch- und Cocktailtomaten. Wenn der Handel sicher gehen will, dass die bestellten Kirsch- oder Cocktailtomaten eine bestimmte Geschmacksqualität aufweisen, muss der Kontrakt um entsprechende Anforderungen ergänzt werden. Außerdem dürfen Kirsch- und Cocktailtomaten unterschiedlicher Sorten nicht gemischt werden, wenn sie optisch nicht voneinander zu unterscheiden sind. Allgemeine Vermarktungsnorm / UNECE Frage 7: In welchem Ausmaß sind Strunkrisse bei Kopfkohl zulässig – nach der allgemeinen Vermarktungsnorm bzw. nach der UNECE-Norm FFV-09? Antwort: Nach der Auslegung des Arbeitskreises Qualitätskontrolle bei Obst, Gemüse und Speisekartoffeln zur allgemeinen Vermarktungsnorm darf bei Kopfkohl der Strunk gerissen sein, sofern das Gewebe sauber und gesund ist und der Riss nicht über den Strunk hinausgeht. Eine entsprechende Auslegung ist auch nach der UNECENorm (FFV-09, Ausgabe 2012) zulässig. Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten Allgemeine Vermarktungsnorm / UNECE – Frage 7 General Marketing Standard / UNECE – Question 7 Frage 8: In welchem Ausmaß ist ein Schossen bei Fenchel zulässig – nach der allgemeinen Vermarktungsnorm bzw. nach der UNECE-Norm FFV-16? Antwort: Nach der Auslegung des Arbeitskreises Qualitätskontrolle bei Obst, Gemüse und Speisekartoffeln zur Anwendung der allgemeinen Vermarktungsnorm auf Fenchel gilt dieser als geschossen, wenn der Blütentrieb außerhalb der Fenchelknolle sichtbar wird und/oder der Geschmack durch die Bildung des Blütentriebs beeinträchtigt ist. Diese Auslegung gilt auch für die UNECE-Norm (FFV-16, Ausgabe 2010). Geschossener Fenchel, dessen Geschmack beeinträchtigt ist, ist nur im Rahmen der Toleranzen für Verderb (2 % nach AVN und 1 % in Klasse I bzw. 2 % in Klasse II der UNECE) zulässig. Geschossener Fenchel, der geschmacklich nicht beeinträchtigt ist, ist in der 10 % Toleranz der AVN bzw. der 10 % Toleranz für Klasse II nach UNECE zulässig. 40 Frage 9: In welchem Ausmaß ist das Einkürzen von Laub und/oder Wurzeln bei Wurzel- und Knollengemüse zulässig – nach der allgemeinen Vermarktungsnorm bzw. nach der UNECE-Norm FFV-59? Antwort: Nach der Auslegung des Arbeitskreises Qualitätskontrolle bei Obst, Gemüse und Speisekartoffeln zur allgemeinen Vermarktungsnorm wird eine „produktspezifische Aufbereitung“ (Entfernung von Blättern oder Wurzelspitzen) toleriert. Gleiches gilt für die UNECE-Norm für Wurzel- und Knollengemüse. Für das Putzen/ Stutzen des Laubs gilt bei der UNECE-Norm (FFV-59, Ausgabe 2010): „Außerdem müssen im Falle einer Aufmachung der Erzeugnisse ohne Laub die Blätter unmittelbar am Kopf der Wurzel abgeschnitten sein.“ Es ist zulässig, die Blätter zu entfernen und z. B. bei den Mairüben oder Gatower Kugeln ca. 10 cm Stängel stehen zu lassen, um die Knollen zu bündeln. Ebenso ist die Vermarktung von sog. Igel-Kohlrabi zulässig, bei dem die Laubblätter entfernt wurden, aber noch Stängelreste stehen geblieben sind. Allerdings müssen die Stängelreste frisch und gesund sein. Allgemeine Vermarktungsnorm / UNECE – Frage 9 produktspezifisch productspecific General Marketing Standard / UNECE – Question 9 Allgemeine Vermarktungsnorm / UNECE – Frage 8 nicht geschossen geschossen not running to seed running to seed General Marketing Standard / UNECE – Question 8 © BLE, IAT - 2013 Bei der produktspezifischen Entfernung der Wurzelspitze und/oder der Seitenwurzeln muss die Schnitt- oder Bruchstelle glatt sein. Als Faustregel kann gelten, dass der Durchmesser der Schnitt- oder Bruchstelle höchstens ¼ des größten Durchmessers des Wurzel- oder Knollenkörpers betragen darf. Eine Wurzel oder Knolle mit größerer Bruchfläche wird als beschädigt gewertet. Bei Schwarzwurzeln darf die Spitze allerdings nicht fehlen. Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten Allgemeine Vermarktungsnorm / UNECE – Frage 9 produktspezifisch nicht ganz 41 der Schnittfläche eine leichte (helle) Verbräunung aufweisen, sind zulässig. Früchte mit darüber hinausgehenden Verbräunungen (größere Fläche und/oder dunkelbraun) sind als „nicht gesund“ zu werten und, da die Verzehrbarkeit nicht beeinträchtigt ist, in der 10 % Toleranz zulässig.) Allgemeine Vermarktungsnorm – Frage 10 productspecific not intact CO2-Schaden: 1/8 der Schnittfläche leicht verbräunt – zulässig General Marketing Standard / UNECE – Question 9 Ein über diese produktspezifische Aufbereitung hinausgehendes Putzen der Wurzeln und Knollen ist nicht zulässig. Leichte Mängel und Beschädigungen (z. B. Fraßschäden) sind zulässig, sofern sie ohne Mehrabfall entfernt werden können. CO2-damage: 1/8 of the cut surface slightly brown General Marketing Standard – Question 10 Als „küchenfertig“ gelten Wurzeln, die an beiden Enden des Rübenkörpers deutlich eingekürzt sind oder zu Scheiben, Stiften oder Würfeln verarbeitet wurden. Allgemeine Vermarktungsnorm – Frage 10 CO2-Schaden: Ausmaß unzulässig, 10 % Toleranz Allgemeine Vermarktungsnorm Frage 10: In welchem Ausmaß sind Verbräunungen im Inneren von Kakifrüchten zulässig? Antwort: Verbräunungen im Fruchtfleisch von Kakisfrüchten entstehen in der Folge einer CO2-Behandlung, die angewandt wird, um die Adstringenz der Früchte abzubauen. Die Früchte reagieren nach dieser Behandlung sehr empfindlich auf mechanische Belastungen, z. B. Stöße während Sortierung und/oder Transport. Als Reaktion auf die Stöße oxidieren die in den Zellen und Interzellularräumen enthaltenen Tannine. Diese Verbräunung ist ein fortschreitender Mangel, der beim Abgang im Erzeugerland ggf. noch nicht sichtbar ist. Der Geschmack der betroffenen Früchte ist nicht beeinträchtigt. Der Mangel tritt entweder als mehr oder weniger diffuse Verbräunung unter der Schale oder – seltener – als innere Verbräunung rund um das Herz der Frucht auf. Bewertung nach der allgemeinen Vermarktungsnorm (VO (EU) Nr. 543/2011 Anhang I – Teil A, Stand 22.06.2011): Die Früchte der reduzierten Probe werden am größten Querdurchmesser quer geschnitten. Früchte, die auf höchstens 1/8 © BLE, IAT - 2013 CO2-damage: degree not allowed, 10 % tolerance General Marketing Standard – Question 10 Frage 11: Fallen Topfkräuter unter die allgemeine Vermarktungsnorm? Antwort: Ja, die allgemeine Vermarktungsnorm gilt für Kräuter im Topf, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind. Sie gilt nicht für Kräuter im Topf, die zu Dekorations- oder Pflanzzwecken angeboten werden; diese fallen unter den KN-Code 0602 90 30 und damit in Anhang I Teil XIII „Sektor lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels“ der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007. Gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind Lebensmittel definiert als „Pflanzen nach dem Ernten“. Für Kräuter in Töpfen, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind, gilt die Entnahme der Töpfe aus der Produktion als Erntevorgang. Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten Gleiches gilt für Kresse und kresseartige Gemüse, die auf Substrat angeboten werden, und für Salate mit Wurzeln. Alle Vermarktungsnormen Frage 11a: Wie sind Verkaufspackungen, die von innen mit Kondenswasser beschlagen sind, zu bewerten? Antwort: In den Mindesteigenschaften aller Vermarktungsnormen wird gefordert „frei von anomaler äußerer Feuchtigkeit“. Gleichzeitig erläutert die OECD „Diese Bestimmung bezieht sich auf übermäßige Feuchtigkeit, wie z. B. überständiges Wasser in einem Packstück, jedoch nicht auf Kondenswasser auf dem Erzeugnis nach Verlassen des Kühllagers oder des Kühlfahrzeugs.“ Die Kondenswasserbildung in den gezeigten Fotos ist daher zulässig. Allerdings besteht ein hohes Risiko, dass die Erzeugnisse in dieser Atmosphäre faulen und schimmeln. Um diese zu prüfen, müssen die Verkaufspackungen unbedingt geöffnet und ausgepackt werden. Liegen keine Mängel vor und wird eine Konformitätsbescheinigung ausgestellt, ist die Gültigkeit möglichst kurz zu stellen. Kennzeichnung Frage 12: Wie sind Arthybriden von Pflaumen und Aprikosen zu kennzeichnen? Antwort: Eine Kennzeichnung des Erzeugnisses ist in der allgemeinen Vermarktungsnorm (VO (EU) Nr. 543/2011, Anhang I Teil A) nicht vorgesehen. Außerdem werden die Arthybriden weder von der UNECE-Norm für Pflaumen (FFV-29, Ausgabe 2011) noch von der für Aprikosen (FFV02, Ausgabe 2010) abgedeckt. Dennoch stellt sich die Frage der korrekten Verkehrsbezeichnung zur Information der Verbraucher. Für die Verbraucherinformation wäre die Kennzeichnung Plumcot, Pluot® oder Aprium® sicher vorteilhaft. Allerdings sind Pluot® und Aprium® geschützte Handelsmarken und damit als allgemeine Verkehrsbezeichnung nicht geeignet, sondern nur für Lizenznehmer nutzbar. Botanisch korrekt müsste man daher kennzeichnen „Arthybride“ – eine Verkehrsbezeichnung, die Verbraucher verwirrt und eher abschreckt. © BLE, IAT - 2013 42 Als bester Kompromiss für die Kennzeichnung wird daher vorgeschlagen: „Pflaumen-AprikosenHybride“ als Bezeichnung für Kreuzungsprodukte, deren Früchte wie (Japanische) Pflaumen aussehen, und „Aprikosen-Pflaumen-Hybride“ als Bezeichnung für Kreuzungsprodukte, deren Früchte wie Aprikosen aussehen. Vorschlag: In die UNECE-Normen für Aprikosen und Pflaumen sollten die Arthybriden aufgenommen werden, da kaum ein Händler, Kontrolleur oder Verbraucher in der Lage ist, aufgrund der Optik zwischen artreinen Sorten und Arthybriden zu unterscheiden. [Anmerkung der Redaktion: Dies wird im November 2013 bei der UNECE verabschiedet.] Frage 13: Was bedeutet „küchenfertig oder verzehrfertig“ im Zusammenhang mit der allgemeinen Vermarktungsnorm? Antwort: Für den Begriff „küchenfertig“ oder „verzehrfertig“ gibt es im Lebensmittelrecht keine Definition. Im Zusammenhang mit den Vermarktungsnormen ist daher nur die Definition gemäß VO (EU) Nr. 543/2011 maßgeblich. Zunächst ist festzustellen, dass alle Obst- und Gemüsearten, die in Anhang I Teil IX der VO (EG) Nr. 1234/2007 aufgelistet sind, entweder einer speziellen oder der allgemeinen Ver-marktungsnorm unterliegen. Ausnahmen werden in Artikel 4 der VO (EU) Nr. 543/2011 definiert. Alle Vermarktungsnormen fordern, dass das Erzeugnis ganz sein muss. Der Ernteschnitt gilt nicht als Beschädigung. Erzeugnisse, die durch mechanische Maßnahmen wie Schneiden oder Zerkleinern in anderer Form aber auch Schälen in ihrer Intaktheit beschädigt werden (Blätter in Stücke oder Streifen geschnitten, Möhren in Stifte geschnitten, Möhren geraspelt etc.) erfüllen die Mindesteigenschaft „ganz“ nicht mehr. Für sie gilt die Ausnahme nach Artikel 4 Abs. 1 lit. d) der VO (EU) Nr. 543/2011. Eine entsprechende Kennzeichnung ist nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Folgende Frage muss bei der Beurteilung einer Packung beantwortet werden: Sind die in der jeweiligen Packung enthaltenen Bestandteile physisch intakt oder wurden sie zerschnitten und/oder zerkleinert? • Packungen mit ganzen Erzeugnissen unterliegen der allgemeinen Vermarktungsnorm Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten oder den speziellen Vermarktungsnormen und müssen mit dem Ursprungsland gekennzeichnet werden. • 43 Kennzeichnung – Frage 13 Packungen mit zerkleinerten Erzeugnissen sind von der allgemeinen Vermarktungsnorm und den speziellen Vermarktungsnormen ausgenommen und müssen nicht mit dem Ursprungsland gekennzeichnet werden. Ursprung / origin Deutschland / Germany oder/or Mischung von EU-Salat / Mix of EU lettuces Marking – Question 13 Kennzeichnung – Frage 13 küchenfertig keine AVN ohne Ursprung kitchen ready no gms without origin Hinweis: Das alleinige Waschen der Erzeugnisse und ggf. auch Verpacken unter Schutzgas macht aus einem Produkt kein „küchenfertiges“ im Sinne von Artikel 4 Abs. 1 lit. d) der VO (EU) Nr. 543/2011. Unabhängig von einer Kennzeichnung dieser Erzeugnisse mit z. B. „küchenfertig“ müssen normpflichtige Erzeugnisse, welche die oben dargestellten Anforderungen erfüllen, mit dem Ursprungsland gekennzeichnet sein. Marking – Question 13 Frage 14: Ist es zulässig, Ware, die zur Ausfuhr bestimmt ist, ausschließlich in der Sprache des Bestimmungslandes zu kennzeichnen? Kennzeichnung – Frage 13 verzehrfertig / küchenfertig ready to eat / kitchen ready = = keine AVN no gms Marking – Question 13 Kennzeichnung – Frage 13 AVN GMS mit with Ursprung origin Marking – Question 13 © BLE, IAT - 2013 Antwort: In der VO (EU) Nr. 543/2011 (Stand: 22.06.2011) wird nur in der allgemeinen Vermarktungsnorm Anhang I Teil A auf die Sprache der Kennzeichnung Bezug genommen. Dort wird festgelegt, dass die Kennzeichnung von Erzeugnissen mit Ursprung in der EU in der Sprache des Ursprungslandes oder einer anderen, den Verbrauchern im Bestimmungsland verständlichen Sprache erfolgen muss. Bei Erzeugnissen mit Ursprung außerhalb der EU muss diese Angabe in einer den Verbrauchern im Bestimmungsland verständlichen Sprache erfolgen. Es ist daher auch bei den Erzeugnissen, die den speziellen Vermarktungsnormen unterliegen, zulässig, die Packstücke ausschließlich in der Sprache des Bestimmungslandes zu kennzeichnen. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass die Kennzeichnung im Abgangsland verständlich ist; ggf. muss zweisprachig gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnung in der zweiten Sprache kann an jedem Packstück oder auf einem an jeder Palette befestigten Zettel erfolgen. Normenauslegung und Kontrolle – Fragen und Antworten Kennzeichnung – Frage 14 language Sprache origin Ursprungsland destination Bestimmungsland Marking – Question 14 Frage 15: Welche Angaben müssen Rechnungen/ Lieferscheine, die der Verbraucher bei Käufen im Internet erhält, enthalten? Antwort: Gemäß Artikel 5 Abs. 4 der VO (EU) Nr. 543/2011 (Stand: 22.06.2011) müssen „die Rechnungen und Begleitpapiere, ausgenommen Quittungen für den Verbraucher, Name und Ursprungsland der Erzeugnisse sowie gegebenenfalls die Klasse, die Sorte oder den Handelstyp (nach den jeweiligen Anforderungen der speziellen Vermarktungsnorm) bzw. die Angabe enthalten, dass das Erzeugnis zur Verarbeitung bestimmt ist.“ Bei Einkäufen im Einzelhandel kaufen und zahlen die Verbraucher vor Ort. Eine Lieferung und Rechnungsstellung entfällt, sie erhalten einen Kassenbon als Quittung. Bei einem Kauf im Internet wird die Ware geliefert. In diesem Fall muss die Ware von einem Lieferschein oder einer Rechnung begleitet sein. In diesen Papieren sind die in Artikel 5 Abs. 4 der VO (EU) Nr. 543/2011 genannten Angaben zu machen. Frage 16: Wie müssen die Erzeugnisse gekennzeichnet sein, die nach Bestellung im Internet dem Endverbraucher geliefert wird? Antwort: Gemäß Artikel 5 Abs. 3 der VO (EU) Nr. 543/2011 (Stand: 22.06.2011) müssen die in den Vermarktungsnormen geforderten Kennzeichnungsangaben vor Abschluss des Kaufvertrags verfügbar sein. Vorverpackte Erzeugnisse müssen gemäß Artikel 6 Abs. 2 gekennzeichnet sein. Erzeugnisse in offenen Verkaufspackungen müssen nicht gekennzeichnet sein. Wichtig ist in jedem Fall, dass auf den Rechnungen und Lieferscheinen die erforderlichen Angaben zu Erzeugnis und Ursprungsland und ggf. Klasse und Sorte gemacht werden. © BLE, IAT - 2013 44 Hinweis: Wenn die ausgelieferten Erzeugnisse bzgl. Klasse, Sorte und/oder Ursprungsland nicht dem entsprechen, was im Internet angeboten wurde, müssen Rechnung, Lieferschein und Erzeugnis mit den korrekten Angaben gekennzeichnet sein. Zweckmäßigerweise sollte der Internethändler schon bei seinem Angebot darauf hinweisen, dass bei der Auslieferung Abweichungen bzgl. Klasse, Sorte, Ursprungsland möglich sind und die Kennzeichnung gilt. Frage 17: Ist es zulässig, bei z. B. Hokaido-Kürbissen, Mini-Gurken und Zucchini den Stückpreis anzugeben, d. h. im Einzelhandel nach Stück zu verkaufen? Weiter wurde zur Frage ausgeführt: Stellt es nicht ein Handelshemmnis dar, wenn in einem EUMitgliedstaat z. B. Zucchini per Stück verkauft werden und dies in Deutschland nicht zulässig ist? Die Ware muss dann umgepackt werden. Wann wurde in Deutschland die letzte Bestandsaufnahme der allgemeinen Verkehrsauffassung gemacht und von wem? Gibt es in dieser Frage Ansätze einer EU-weiten Verständigung? Antwort: Nach der deutschen PreisangabenVerordnung muss der Preis immer auf eine Gewichtseinheit bezogen angegeben werden. Ausnahmen werden in Deutschland nur zugelassen, wenn die allgemeine Verkehrsauffassung einen Verkauf nach Stück akzeptiert. Es gibt in Deutschland aktuell keine Liste und kein Gremium, das diese Ausnahmen einheitlich für alle Bundesländer regeln würde. Es wird vorgeschlagen, dass der Arbeitskreis Qualitätskontrolle bei Obst, Gemüse und Speisekartoffeln eine Liste von Erzeugnissen zusammenstellt, die in den Bundesländern nach Stück verkauft werden dürfen. Diese Liste könnte den Länderreferenten Gartenbau (Markt) zur Zustimmung vorgelegt und anschließend im Internet auf der Webseite der koordinierenden Behörde veröffentlicht werden. 45 Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Ulrich Groos Die Pilzanbauer sind in Deutschland im BDC (Bund Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer e. V.) organisiert; dieser Verband integriert auch Landesverbände wie den Provinzialverband Rheinland mit seiner Landesfachgruppe Kulturpilzanbau und die Hessische Landesfachgruppe Pilzanbau. Die hessische Landesfachgruppe ist mit 75 Mitgliedern aus 9 Ländern (Deutschland, Niederlande, Schweiz, Österreich, Belgien, Spanien, Polen, Tschechien und Ungarn) übrigens eher ein europäischer Verband als eine deutsche Landesgruppe. Sie beschäftigt sich sehr intensiv mit den Pilzraritäten, den sog. Exoten oder Edelpilzen; das sind alle Kulturpilze außer dem Champignon (Agaricus bisporus). Zu den exotischen Kulturpilzen gehören: Anischampignon (Agaricus arvensis), Mandelpilz (Agaricus blazei murrill), Schopftintling (Coprinus comatus), Ritterling (Lepista nuda), Austernseitling (Pleurotus ostreatus), Zitronenseitling (Pleurotus citrinopileatus), Rosenseitling (Pleurotus salmoneostramineus), Ulmenseitling (Hypsizygus ulmarius), Kräuterseitling (Pleurotus eryngii), Shiitake (Lentinus edodes), Buchenpilz (Hypsizygus tessulatus), Goldkäppchen (Pholiota nameko), Samthaube (Agrocybe aegerita), Klapperschwamm oder Maitake (Grifola frondosa), Igelpilz (Hericium erinaceus), Friseepilz (Hericium coralloides), Samtfußrübling oder Enoki (Flammulina velutipes). © BLE, IAT - 2013 Aus der Gruppe dieser Exotenpilze haben in Deutschland Austernseitlinge, Kräuterseitlinge und Shiitake ihr exotisches Flair fast verloren. Wirtschaftlich interessante, marktfähige Exoten sind Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake, Buchenpilz, Samthaube, Goldkäppchen. Der Kräuterseitling wurde von den Verbrauchern sehr gut aufgenommen, da er ein gutes Mundgefühl hat. Außerdem lässt er sich schneller und damit preisgünstiger produzieren als Shiitake. Die Samthaube ist mit einer Ausbeute von knapp 10 % noch nicht genügend ertragreich. Die Entwicklung des Anbaus von Exotenpilzen begann in Deutschland in den 1970er/80er Jahren mit ersten Versuchen. Die Produktion begann in den 1990er Jahren, stabilisierte sich in den 2000er Jahren und wurde in den 2010er Jahren ausgebaut. Der Champignonanbau in Deutschland hat sich aus seiner Anfangszeit mit 2.500 t/Jahr im Jahr 1960 bis 62.000 t/Jahr im Jahr 2010 entwickelt. Die Erträge lagen 1960 bei 5-10 kg/m² in 9 Wochen und 2010 bei 20-30 kg/m² in 5 Wochen. Bei den exotischen Pilzen wird der Ertrag nicht pro m2 ermittelt, sondern als %-Ausbeute vom Substrat. Für eine wirtschaftliche Produktion mit einem am Markt akzeptierten Verkaufspreis muss man bei exotischen Pilzen 20 % Ausbeute vom Substrat erzielen. Im Übrigen sind die Produktionszahlen von Champignons und Exoten vergleichbar, da beim Champignon etwa 100 kg Substrat pro m2 Beetfläche verbraucht werden. Die Exoten dürften den gleichen Aufstieg in Deutschland erfahren wie der Kulturchampignon seit den 1960er Jahren. In Hessen sind übrigens 90 % der Produktion Bio-Produktion. Die Ausgangsmaterialien, d. h. das Holzsubstrat ist in Bio-Qualität verfügbar und chemische Pflanzbehandlungsmittel sind nicht zugelassen. Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Anbau Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Pilz-Produktion Mushroom production (in Jahrestonnen) (in metric tons per year) Champign on Austernseitling button m. oyster m. 46 Shiitake Kräuterseitling Sonstige Exoten others exotic m. king oyster m. (Agaricus) Europe 1.009.900 60.000 ? 3.000 2.500 1.000 3,8 - 6,2 % Germany 62.000 700 700 500 100 3,1 % Hessen 1.000 300 80 50 20 31 % Pilzproduktion in Asien Mushroom production in Asia: ca. 10 Mio. t/J about 10 Mio. tons/year davon ca. 99 % Exotenpilze of which about 99 % exotic mushrooms Quelle: BDC, eigene Erhebung, Schätzung u. div. Literaturquellen Source: BDC, eigene Erhebung, Schätzung u. div. Literaturquellen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Entwicklung des Exotenanbaus in Hessen Development of exotic mushroom production in Hessen Jahrestonnen tons/year 300 250 Austernseitling oyster mush. Shiitake 200 150 Kräuterseitling king oyster mush Sonstige others 100 50 Bei Pilzen werden drei verschiedene Substrate verwendet. Champignonkompost ist das Substrat für braune und weiße Kulturchampignons, Anischampignons, Mandelpilz, Schopftintling und Ritterling. Alle anderen Pilze wachsen sowohl auf Strohsubstrat als auch auf Holzsubstrat (Sägemehl). Welches Substrat verwendet wird, ist regional unterschiedlich. In Italien und Frankreich wird mehr auf Stroh produziert, während in mitteleuropäischen Ländern und Asien mehr auf Holzsubstrat produziert wird. Der Pilzanbau ist dreigliedrig spezialisiert in Brutproduktion, Substratproduktion und Fruchtkörperproduktion. Die Brut ist für die Pilzproduktion so wichtig wie das Saatgut bei der Pflanzenproduktion. Die Brutproduktion erfordert höchste Spezialisierung und Hygiene. Das Substrat wird autoklaviert, abgekühlt und mit Mutterkulturen beimpft. In Kulturräumen wächst dann die Brut heran. 0 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2012 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Quelle/Source: Ulrich Groos [email protected] In USA (2007 ca. 400.000 t/Jahr) ist der Anteil an Exotenpilzen niedriger als in Europa, während in Asien ca. 10 Mio.t/Jahr Kulturpilze produziert werden, davon nur ca. 1 % Champignons. Entsprechend ist in Asien die Technik für die Produktion der exotischen Pilze weitaus fortgeschrittener. Japan ist das Mutterland des hochtechnisierten Pilzanbaus, das schon seit 50 Jahren mit einem hohen Automatisierungsgrad produziert. Bei einem mehr als doppelt so hohen ProKopf-Verbrauch an exotischen Pilzen und 130 Mio. Einwohnern ist der japanische Markt sehr aufnahmefähig. Einzelne Pilzarten haben auf einem hohen Produktionsniveau noch immer hohe Zuwächse zu verzeichnen. Brutproduktion Inoculum production [email protected] Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Pilzproduktion / Mushroom production in Japan (2008) 2008 : 2003 F. velutipes - Enoki - Samtfußrübling 131.107 t + 19 % H. marmoreus - Buchenpilz 108.104 t + 28 % L. edodes - Shiitake (fresh) 70.342 t + 8% (dried) 30.936 t - 6% G. frondosa - Maitake 43.398 t - 5% P. eryngii - Kräuterseitling 38.214 t + 28 % P. nameko - Goldkäppchen 25.945 t + 3% A. bisborus - Champignon (1.1 %) 5.000 t* + > 100 % P. ostreatus - Austernseitling 2.578 t - 51 % 455.171 t + 14 % Total Source: Dr. Katsuji Yamanaka, Japan * Supplement: Ulrich Groos [email protected] © BLE, IAT - 2013 Brutproduktion Inoculum production [email protected] Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Für die Substratproduktion wird Stroh gehäckselt und mit Kompostumsetzern und Feuchtigkeit umgesetzt. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen 47 Wenn die Pakete gut durchwachsen sind, werden in die Folie Löcher gestanzt. Dabei kommt auch Luft in das Substrat und die Substratoberfläche wird etwas angekratzt, wodurch die Fruchtkörperbildung angeregt wird. Die Pakete werden anschließend in Kulturräume gestellt. Dort bilden sich die Fruchtkörper. Übrigens, Shiitake auf Strohsubstrat muss sehr feucht gehalten werden, damit das Substrat nicht austrocknet; die Pilze haben einen entsprechend höheren Feuchtigkeitsgehalt. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Strohsubstratproduktion für Austernseitlinge Production of straw substrate for oyster mushrooms Anschließend wird das Strohsubstrat pasteurisiert, d. h. mit 60-65 °C heißem Dampf behandelt. Die Einwirkzeit ist je nach Betrieb unterschiedlich. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Limonenseitling / golden oyster mushroom (Pleurotus citrinopileatus) Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Pasteurisation: 60-65 °C [email protected] Nach der Abkühlung wird das Substrat mit Brut vermischt und in Pakete gepresst. Die fertigen Pakete werden in Durchwachs- oder Inkubationsräume eingestellt; beim Austernseitling für ca. 3 Wochen, beim Shiitake für ca. 5 Wochen. © BLE, IAT - 2013 Für die Holzproduktion wird das Sägemehl in Autoklaven für 4 Stunden bei 120 °C sterilisiert. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Inkubation: 3 Wochen Austernseitling Incubation: 3 weeks oyster mushroom Austernseitling / oyster mushroom (Pleurotus ostreatus) [email protected] Sterilisation im Autoklaven 4 Stunden bei 121 °C treatment by autoclave for 4 h at 121 °C [email protected] Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Nach dem Abkühlen wird das Substrat unter sterilen Bedingungen beimpft. Das Substrat hat eine Feuchtigkeit von 58-60 %. Die Inkubationszeit beträgt ca. 4-5 Monate. 48 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Limonenseitling / golden oyster mushroom (Pleurotus citrinopileatus) Sterilraum / sterile conditions in the room Substratfeuchte: 58 – 60 %, 3,5 kg Substrat im Beutel Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Inkubation: 4-5 Monate Incubation: 4-5 months Kräuterseitling / king oyster mushroom (Pleurotus eryngii) [email protected] [email protected] Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Shiitake (Lentinus edodes) [email protected] Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Austernseitling / Oyster mushroom (Pleurotus ostreatus) auf Holzsubstrat / on wood substrate © BLE, IAT - 2013 Seit ca. 50 Jahren gibt es in Asien die Flaschenproduktion. Ihre Vorteile sind die Automatisierung im Substratbetrieb, die kurze Kulturzeit im Pilzproduktionsbetrieb (geringer Raumbedarf), die kleinen Gefäße, d. h. eine hohe Substratausbeute und gleichzeitig die Möglichkeit, ganze Trauben zu vermarkten. Bei den Flaschen muss Sauerstoff in das Substrat gelangen können. Dies wird dadurch möglich, dass in die Flaschendeckel ein Schaumstoffkissen eingearbeitet ist, durch das die Luft gefiltert einströmen kann; eine Infektion des Substrats wird dadurch vermieden. Ein Nachteil der Flaschenproduktion ist der notwendige Rücktransport der leeren Flaschen. Die Flaschenproduktion funktioniert gut mit Austernseitling, Kräuterseitling, Klapperschwamm und Enoki, ist aber für Shiitake nicht geeignet. Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt 49 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Kräuterseitling / Oyster mushroom (Pleurotus eryngii) Samtfußrübling / Enoki (Flammulina velutipes) In Japan werden übrigens ca. 80 % der Shiitake auf Holzsubstrat und noch 20 % auf Stämmen angebaut. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Beimpfungsmaschine Equipment for inoculation of the substrate In Südkorea steht der größte Enokibetrieb der Welt. Er hatte 2008 eine Tagesproduktion von 30 t und eine Jahresproduktion von 7.500 t. Shiitake in Japan Produktion auf Stämmen / production on tree trunks Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Shiitake in Japan Produktion auf Stämmen / production on tree trunks Samtfußrübling / Enoki (Flammulina velutipes) In Japan werden die Flaschen für die Enoki-Produktion vor der Fruchtkörper-Bildung mit Kragen versehen, damit die Stiele extra lang werden. © BLE, IAT - 2013 In Japan sind die Betriebe wesentlich größer. Es gibt dort einen Betrieb mit einer Jahresproduktion von 70.000 t (so groß wie in ganz Deutschland die Champignon-Produktion). Dieser Betrieb hat eine eigene Substratproduktion, eine eigene Flaschenproduktion und eine eigene Forschungsabteilung. Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Sehr wichtig für eine gute Qualität ist das Klima. 50 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Klima / climate • • • • • Heizung / heating Kühlung / cooling Befeuchtung / moisturisation Entfeuchtung / dehumidification Frischluft / fresh air • Mischluft / mixed air • Umluft / circulating air • Beleuchtung (teilw.) / lighting (partial) • Alarm / alarm Buchenpilz / Buna Shimeji (Hypsizygus tessulatus) Lange Stiele, hoher CO2-Gehalt, Lichtmangel Long stems, high CO2-content, lack of light Eigenmyzel wächst bei hoher Luftfeuchtigkeit aus den Fruchtkörpern. Es ist kein Mangel und darf nicht mit Schimmel verwechselt werden. Qualitätsmängel Hygiene ist bei der Pilzproduktion ganz wichtig! Die Oberflächen müssen am Ende eines jeden Produktionstages gereinigt und desinfiziert werden. Das abgetragene Substrat muss tot gedämpft werden. In traditionellen Champignon-Betrieben wird am Ende der Kulturzeit der Raum mit dem abgetragenen Substrat gedämpft. Danach wird der Raum entleert und das Substrat möglichst schnell und weit entfernt, damit andere Kulturräume keinesfalls infiziert werden. Durch Autoklavieren der Substrate und eine kurze Kulturzeit lassen sich Krankheiten und Schädlingsbefall vermeiden. Die meisten derartigen Probleme haben allerdings die Strohkulturen. Fehler bei Klimaführung und Hygiene werden als Mängel bei den Pilzen sichtbar. Lange Stiele: zu hoher CO2-Gehalt und zu hohe Luftfeuchtigkeit; ggf. auch Lichtmangel. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Austernseitling / oyster mushroom (Pleurotus ostreatus) Eigenmyzel (kein Schimmel), Verzehr unbedenklich Mycelium produced by the fruiting body (no mould), edibility not affected Wuchsdeformationen (Höcker auf den Fruchtkörpern): sortenbedingt, zu hohe Luftfeuchtigkeit, Verzehr unbedenklich. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Wuchsdeformationen Pleurotus eringii • Luftfeuchtigkeit • Sortenbedingt • Verzehr unbedenklich Kräuterseitling Kräuterseitling / king oyster mushroom (Pleurotus eryngii) Wuchsdeformation: Luftfeuchtigkeit, Sorte, Verzehr unbedenklich Malformations: high humidity, variety, edibility not affected gute Qualität / good quality © BLE, IAT - 2013 Austernseitling / oyster mushroom Lange Stiele, hoher CO2-Gehalt, zu feucht Long stems, high CO2-content, too moist Krankheiten auf Strohsubstrat: Grünschimmel (Trichoderma), Schleimpilze, Bakterienbefall. Bakterien zersetzen die Pilze und bilden Mykotoxine, das Gewebe kann schleimig werden. Mit Bakterien befallene Pilze sind in der Vermarktung nicht zulässig. Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen 51 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Shiitake (Lentinus edodes) Auf Strohsubstrat: Grünschimmel (Trichoderma) On straw substrate: Trichoderma mould Trauermückenlarven in Champignonsubstrat / Button mushroom substrate infested by larvae of sciarids Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Formenvielfalt Jede Pilzart hat ihre arttypischen Wuchsform und –farbe, die allerdings durch die Kulturbedingungen verändert werden können. Beispielsweise kann der Buchenpilz in der Kultur mit weißen Kappen und weißen Stielen erzeugt werden, oder mit graubraunen, glatten Kappen, graubraunen „schorfigen“ Kappen oder hellbraunen, flachen Kappen. Shiitake (Lentinus edodes) Auf Strohsubstrat: Schleimpilze On straw substrate: slime mould Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Buchenpilz / Buna Shimeji (Hypsizygus tessulatus) Kräuterseitling / king oyster mushroom (Pleurotus eryngii) Bakterienbefall / bacterial attack Foto: J. Kynast Eine Pilzart – one species: • sortentypische Farbe / colour typical for the variety • sortentypischer Wuchs / shape typical for the variety • klimabedingter Wuchs / shape typical for the climate Milben und Trauermückenlarven sind mögliche Schädlinge an Kulturpilzen. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Buchenpilz / Buna Shimeji (Hypsizygus tessulatus) Samthaube / velvet pioppino (Agrocybe aegerita) Milbenbefall / infestation by mites © BLE, IAT - 2013 Eine Pilzart – one species: • sortentypische Farbe / colour typical for the variety • sortentypischer Wuchs / shape typical for the variety • klimabedingter Wuchs / shape typical for the climate [email protected] Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen 52 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Buchenpilz / Buna Shimeji (Hypsizygus tessulatus) Eine Pilzart – one species: • sortentypische Farbe / colour typical for the variety • sortentypischer Wuchs / shape typical for the variety • klimabedingter Wuchs / shape typical for the climate Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Kräuterseitling / king oyster mushroom (Pleurotus eryngii) Anbau mit viel Licht / production in full light Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Buchenpilz / Buna Shimeji (Hypsizygus tessulatus) Eine Pilzart – one species: • sortentypische Farbe / colour typical for the variety • sortentypischer Wuchs / shape typical for the variety • klimabedingter Wuchs / shape typical for the climate Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Kräuterseitling / king oyster mushroom (Pleurotus eryngii) Asiatische Sorten / Asian varieties Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Buchenpilz / Buna Shimeji (Hypsizygus tessulatus) Eine Pilzart – one species: • sortentypische Farbe / colour typical for the variety • sortentypischer Wuchs / shape typical for the variety • klimabedingter Wuchs / shape typical for the climate Der Kräuterseitling wächst, wenn er mit viel Licht gezogen wird, mit flachen, kurzstieligen Fruchtkörper oder mit wenig Licht mit langen, dicken Stielen und kleinem, flachen Kopf oder der asiatische Wuchstyp mit langen Stielen. © BLE, IAT - 2013 Kräuterseitling / king oyster mushroom (Pleurotus eryngii) Gewünschte Fruchtkörperform in Asien Shape of fruiting bodies as preferred in Asia Die pilzarttypische Oberfläche des Goldkäppchens (Pholiota nameko) ist glänzend, klebrig, schleimig – aber goldig. Der Hut ist mit stärkehaltigem Material bedeckt, dadurch wird bei der Zubereitung Wasser gebunden, d. h. in der Pfanne ist der Pilz ziemlich trocken. Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake und Co. – Qualitätsproduktion in Deutschland und der Welt Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen 53 Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Goldkäppchen/ Nameko (Pholiota nameko) Pilzarttypische Oberfläche: glänzend, klebrig, schleimig, aber goldig Coating typical for the species: shiny, sticky, gelatinous, but golden Ernte Pilze sind absolut sauber, wenn sie gepflückt werden und bleiben dies – im Normalfall – auch, bis sie zu den Verbrauchern gelangen. Pilze müssen daher weder gewaschen noch geputzt werden. Pilze wie Champignons, die mit Deckerde produziert werden, können am Hut Spuren von Deckerde aufweisen. Das lässt sich allerdings durch Sorgfalt beim Pflücken vermeiden. Lagerung und Transport Pilze müssen bei hoher Luftfeuchtigkeit von ca. 98 % und niedrigen Temperaturen von ca. 1 °C gelagert werden. Pilze halten ca. 1 Woche bei guten Lagerbedingungen. Danach könnte es schon zu ersten Zersetzungserscheinungen kommen. Pilze auf Holzsubstrat werden nicht gegossen allerdings tauchen manche Shiitake-Betriebe die Produktions-Säcke. Von früher kennt man die Warnung vor einer Lagerung der Pilze in Plastiktüten. Heute werden die Pilze fast ausschließlich in folierten Plastikschälchen verpackt angeboten. Wie verträgt sich das? Es handelt sich um Spezialfolien, die mit Mikroperforationen versehen sind und das Mikroklima in der Verpackung regulieren; d. h. die Feuchtigkeit und der O2-Gehalt werden gesenkt und CO2 angereichert. Aktuell wird mit Folien experimentiert, die Salze zur Feuchtigkeitsregulierung enthalten. © BLE, IAT - 2013 Optimierte Verpackung mit Feuchtigkeitsregulierung Optimized packaging controlling the moisture in the package Zusammenfassung: Die Qualität ist abhängig von Sorte und Brut, von Substrat und seinen Bestandteilen, von Pasteurisations- und Sterilisationsverfahren, Hygiene, Personal und Betrieb, Klimatisierung und Nacherntebehandlung (Ernte, Verpackung, Lagerung, Transport). 54 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika Thanos Papageorgiu Die Ananas ist eine exotische Frucht, die heute zum Standardsortiment der Obstmärkte und Obstabteilungen der Supermärkte das ganze Jahr über gehört. Sie wird als ganze Frucht – meist mit, aber auch ohne Krone – , oder bereits frisch geschält und in Stücke geschnitten angeboten. geschlossen, um Feuchtigkeitsverluste zu vermeiden. Die Ananaspflanze hat – auch kurz vor der Ernte – nur ein schwach ausgeprägtes Wurzelsystem, mit dem sie nur etwas Halt sucht. Ernährung und Gesundheit Ihr Beitrag zu einer gesunden Ernährung ist unbestritten. Ananas sind reich an Vitamin C (vor allem dicht unter der Schale), Vitamin B1 (hilft dem Energiestoffwechsel), Vitamin B6, Mangan, Kupfer, Folsäure und Ballaststoffen. Wichtige Inhaltsstoffe sind die Bromeline, eine Gruppe von Enzymen, die vor allem im Zentralzylinder enthalten sind, bei der Eiweißspaltung aktiv sind und damit die Verdauung unterstützen. Ananas wirken nicht allergen. Den höchsten Gehalt an Antioxidantien haben die reifen Früchte. Ananas wirken entzündungshemmend, schmerzlindernd und verdauungsfördernd. Sie bieten auch Schutz gegen altersbedingte Makuladegeneration, sofern man drei und mehr Fruchtportionen pro Tag verzehrt. Botanik Die Ananas heißt lateinisch Ananas comosus. Der wissenschaftliche Name leitet sich von dem Wort anãnã = grossartige Frucht / Aroma ab, wie die Turi-Guarani, ein indigener, in Brasilien lebender Stamm, die Frucht nennen. Comosus kommt aus dem Griechischen und bedeutet Haar oder Schopf. Die Ananas gehört zur Familie der Bromeliacaeen. Sie ist eine Monokotyledone, die eine schmalblättrige xero-bzw. epiphytische Rosettenpflanze bildet. Die Ananas ist immergrün und selbststeril. Sie ist sehr gut an heißes, trockenes Klima angepasst und nimmt Wasser durch die Schuppenhaare auf den Blättern, die Luftwurzeln und in den Blätterachseln auf. Durch ihren CAMMetabolismus (Crassulacean Acid Metabolism) ist sie besonders gut an das heiße, trockene Klima angepasst, d. h. die Atemöffnungen (Stomata) öffnen sich nachts, um CO2 aufzunehmen und in den Vakuolen als Äpfelsäure zu speichern. Am Folgetag findet mit dem gespeicherten CO2 die Photosynthese statt. Die Stomata bleiben am Tag Blütenstadium flowering stage Ananaspflanze im Längsschnitt Longitudinal cut of a pineapple plant Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 1 Die Frucht selbst ist eine Sammelfrucht, die sich aus 50-200 Blüten bzw. Fruchtknoten rund um eine Ährenachse entwickelt. Die essbare Frucht besteht aus den Fruchtknoten, der Basis von Kelch- und Deckblatt, die miteinander verwachsen sind, und der Ährenachse. Was bei der Frucht als „Auge“ bezeichnet wird, war zuvor eine Blüte. Der Blüten eines Blütenstandes blühen nacheinander, an der Basis des Blütenstandes beginnend und bis zur Krone fortschreitend. Zwischen dem Verblühen von Blüten und dem Aufblühen der nächsten Blüten können fast 1,5 Wochen vergehen. Dies ist letztlich auch die Ursache für das zum Teil sehr starke Reifegefälle in Ananasfrüchten. Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn © BLE, IAT - 2013 Erntestadium harvest stage Seite: 2 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn 55 Seite: 3 Übrigens, die Schönheit der Ananas zeigt sich darin, dass ihr Aufbau (Blüte und Frucht) ganz dem goldenen Schnitt (proportio divina) folgt. Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 4 Für die Natur stellt sich die Frage, wie auf eine bestimmte Fläche so viele Blüten oder Samenanlagen wie möglich angeordnet werden können, ohne dass diese sich später in ihrer Entwicklung gegenseitig stören. Die Antwort ist die Anordnung in Spiralen. Bei der Ananasfrucht hat die Mathematikerin Jil Britton 5 schräg rechts verlaufende Spiralen, 8 schräg links verlaufende Spiralen und 13 schräg rechts verlaufende Spiralen gefunden; alles Zahlen der Fibonacci-Reihe (0, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55 usf.). Die Ananas ist also auch eine mathematisch perfekte Frucht. Herkunft Die Ananas ist eine Frucht der „Neuen Welt“. Ihre ursprüngliche Heimat liegt in Südamerika im Land der Tupi-Guarani, dem heutigen Brasilien (Amazonasfluss, bis Parana, Paraguay, Küstenregionen; 10°N – 10°S, 55°L -75°W). © BLE, IAT - 2013 Der Erzählung nach wurde sie vom Stamm der Tupi-Guarani, einem Krieger- und Wandervolk, welches nach dem Verbrennen von Waldflächen eine einfache Form der Landwirtschaft betrieb, gepflegt und weiterentwickelt. Die Ananas wurde von diesem Volk mehrfach benutzt: als frische Frucht und als Grundlage für ein weinähnliches alkoholhaltiges Gärungsgetränk. Die Fasern des Ananasblattes wurden zu Saiten geflochten, welche im Bogen zum Einsatz kamen. Die Pfeile selbst sollen in Ananas getaucht worden sein, um eine größere Wirkung zu entfalten. Durch die Tupi-Guarani soll die Ananas entlang der Küste Brasiliens bis zu den Karibischen Inseln und weiter nach Zentralamerika verbreitet worden sein. Verbreitung Die Europäer kamen im Jahr 1493 zum ersten Mal in Kontakt mit der Ananas als Kolumbus in seiner zweiten Reise die Insel Guadeloupe besuchte. Die Entdecker waren begeistert von der aromatischen Süße, dem besonderen Geschmack und der Form der Frucht. Sie brachten sie mit nach Spanien, wo sogar König Ferdinand von der Süße der Frucht und ihrem betörenden Aroma angetan war. Von diesem Moment an stand der Verbreitung dieser Frucht nichts im Wege. Was für einen König gut ist, kann für Adel und Volk nur begehrenswert sein. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Ananas von Spaniern und Portugiesen nach Indien, Java, Süd-Ost-Asien, West- und Ost Afrika und nach Hawaii gebracht. In Europa wurde sie Ende des 17. Jahrhunderts in Holland erstmals erfolgreich kultiviert, als das moderne Gewächshaus entwickelt wurde. Eichenholzmehl wurde als Bodensubstrat benutzt, um die Bodentemperatur konstant zu halten. Im 18. Jahrhundert verbreitete sich die Kultur der Ananas in viele europäische Länder. Die Königshäuser und der Adel waren besonders angetan von dieser exotischen Frucht und ihr Anbau wurde bald zum Statussymbol. In England gab es eine regelrechte Ananaseuphorie. Auf einem Gemälde von Hendrick Danckerts (1677) wird gezeigt, wie Herr Rose, der königliche Gärtner, die erste in England kultivierte Ananas an König Charles I. überreicht. 1689 schwärmt John Locke „Let him try if any words can give him the taste of a pineapple“. Neben der „Pinaries“ des Adels gab es auch bis Ende des 19. Jahrhunderts eine kommerzielle Produktion von Ananasfrüchten 56 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika und Pflanzen sowie Stecklinge. Als die Importe von den Bahamas und den Azoren enorm zunahmen (zuerst aufgrund von Dampfschiffen und später durch Kühlschiffe), rechnete sich der heimische Ananasanbau nicht mehr. Übrigens hat die intensive gärtnerische Tätigkeit in England über fast 200 Jahre einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der Sorten geleistet. Ananas in der Dose 1810 erzielte Nicholas Appert, ein Konditor und Chefkoch in Paris, nach 15 experimentierfreudigen Jahren ein Patent zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. Für diese Leistung erhielt er 12.000 Francs Belohnung von Napoleon, der sicherlich haltbar gemachte Lebensmittel für seine Truppen brauchen konnte. Appert publizierte seine Ergebnisse in „L‘art de conserver les substances animales et végétale“ (Die Kunst, tierische und pflanzliche Substanzen haltbar zu machen). 1811 wurde die Lebensmitteldose, ein in geschmolzenes Zinn eingetauchtes Eisenblatt geboren. 1876 wurden Ananas auf den Bahamas sowie in Malaysia, Singapore, Thailand und den Philippinen bereits in Dosen konserviert. Zwischen 1830 und 1950 gab es in Baltimore 110 Konservenfabriken. 1892-1898 arbeitete die erste Konservenfabrik. 1893 erfand Lewis eine Schälmaschine, die vier Ananas pro Minute schälen konnte. macht. Die war notwendig, da nach der Finanzkrise (1907 Bankers‘ Panic) von 400.000 produzierten Kartons nur 12.000 verkauft wurden. Mit dem Slogan „Don‘t ask for a pineapple, insist in Hawaiian pineapple“ wurde die Ursprungskennzeichnung gefördert. Die Pineapple Growers Association und das Pineapple Research Institute of Hawaii (bis 1975) wurden gegründet. 1940 war Hawaii mit einem Weltmarktanteil von 70 % der größte Produzent von Ananas in Dosen. 1882 begann Mr. Landau in Malaysia mit der Produktion von Ananaskonserven und war bis zum 2. Weltkrieg ein großer Dosenproduzent. Heute dominieren Thailand und die Philippinen den Welthandel mit Ananas in Dosen. Sortenvielfalt Bei Ananas gibt es drei wirtschaftlich wichtige Varietäten: Die Ananas comosus var. erectifolius hat lange schwertartige Blätter. Sie wird zur Gewinnung von Fasern angebaut. Die Fasern sind sehr resistent, flexibel und biologisch abbaubar. Sie werden für Kleidung und Netze sowie in der Autoindustrie verwendet. Ihr Anbaugebiet liegt in Curauá, Amazonia, Guayana, d. h. im OrinocoBassin. 1895 begann John Kidwell, ein junger Gärtner aus England, in Hawaii mit dem Ananasanbau. Er testete die Sorten aus England und fand eine besonders gute – die Smooth Cayenne. Von Hawaii hat sich diese Sorte auf die ganze Welt verbreitet und war bis vor wenigen Jahren die am meisten angebaute Sorte. Wegen des hohen Einfuhrzolls von 35 % in den USA lohnte sich das Ananas-Geschäft jedoch nicht und Kidwell wechselte zum Zuckerrohranbau. 1899 begann James Dole übrigens seinen Handel mit Kaffee und frischer Ananas. 1900 wurden bereits 250.000 Kartons Frischananas von den Bahamas exportiert. 1902 eröffnete Dole die erste Konservenfabrik auf Hawaii (Hawaian Pineapple Company). Es folgte die Maui Pineapple Company von Del Monte. Dank der Ingenieurskunst von Henry Ginaca wurden die Schäl- und Entkernungsmaschinen immer besser: 1911-1919 schafften sie 65 Stück/Minute und 1925 schon 100 Stück/Minute. 1908 wurde erstmals Werbung für Ananas ge© BLE, IAT - 2013 Ananas comosus var. erectifolius Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 5 Die Ananas comosus var. ananassoides könnte so aussehen, wie die Ananas aussah, die die TupiGuarani in den Wäldern gefunden haben. Eine kleine Frucht, eine große, bedornte Krone. 57 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika • Die Sorte „Queen“ (Synonym Victoria) ist in Südafrika, Australien und Mauritius sehr verbreitet. Die Pflanzen sind klein, robust, aber nicht Phytopthora-resistent. Die Frucht ist ebenfalls klein, mit vorstehenden Augen und bedornten Kronenblättern. Das Fruchtfleisch ist gelb, süß und aromatisch. Sie kommt gewöhnlich als Flugware nach Deutschland. Queen (Victoria) Quelle: João Medeiros, Wikipedia Ananas comosus var. ananassoides Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 6 Die Ananas comosus var. comosus teilt sich in fünf Sortengruppen: • Die Sorte „Red Spanish“, die vermutlich von den Spaniern auf die Philippinen gebracht wurde, wird heute praktisch in ganz Südostasien, aber auch in der Karibik und in Singapore für die Konserven angebaut. Red Spanish Quelle: USDA, Agriculture Research Service Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn • Seite: 7 Die Sorte „Pernambuco“ (Synonym Perola) ist die Hauptsorte in Brasilien. Sie hat eiförmige bis konische Früchte, weißes Fruchtfleisch, das im Zentrum der Augen leicht gelb ist. Sie ist resistent gegen Phytophthora. Pernambuco (Perola) Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn • Seite: 9 Die Sorte „Smooth Cayenne“ wurde 1819 vom Franzosen Perrotet aus Französisch Guayana nach Frankreich gebracht, in Europa weiter kultiviert und gezüchtet und Jahre später über England nach Hawaii und in die ganze Welt verbreitet. In Franz. Guayana (Hauptstadt: Cayenne) heißt sie übrigens Maipury. Die Früchte werden 1,5-2,5 kg schwer. Sie haben einen längeren Produktionszyklus. Sie ist sehr anfällig für das „internal browning“, die Fleischbräune, und Fusariosen, aber tolerant gegenüber Phytophthora. Das Fruchtfleisch ist weißlich – je nach Anbaugebiet auch gelblich. Die Früchte reifen progressiv, d. h. sie reifen und färben von unten nach oben. innerhalb der Frucht ist eine uneinheitliche Reifung mit starkem Gradienten zu verzeichnen. Die Früchte haben zwischen 13 und 19° Brix. Der Säuregehalt ist hoch bei einem niedrigen Gehalt an Vitamin C. Wegen Säure und Fleischbräune waren die Verbraucher oft enttäuscht. Smooth Cayenne (Cayenne lisse) Quelle: USDA, Agriculture Research Service Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 8 Quelle: USDA, Agriculture Research Service Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn © BLE, IAT - 2013 Seite: 10 58 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika • Die „MD2“ (Golden Pineapple) wurde im Pineapple Research Institute auf Hawaii gezüchtet. Die MD2 ist eine Tochter der Smooth Cayenne. Die Frucht ist zylindrisch, damit die ganze Frucht gut in die Dose passt. Außerdem färbt die Schale schön nach orange-gelb. Das Fleisch enthält weniger Säure als das der Smooth Cayenne aber wesentlich mehr Zucker und Vitamin C. Dieser hohe VitaminC-Gehalt bedingt ihre sehr gute Haltbarkeit (keine Fleischbräune!). Allerdings ist die MD2 auf Hawaii nicht besonders gut gediehen. Erst als diese Sorte nach Costa Rica kam, begann ihr Siegeszug. Heute ist sie in Europa und Nordamerika das Synonym für frische Ananas. Smooth Cayenne (Cayenne lisse) Anbau Der Boden muss gelockert und gepflügt werden. Ganz besonders wichtig ist eine gute Drainage – je tiefer desto besser. Die Pflanzbeete werden vorbereitet. Bodenvorbereitung (Drainage) Land Preparation (drainage) MD2 (Golden) Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 12 Bodenvorbereitung (Pflanzbeete) Land Preparation (plant beds) Quelle: USDA, Agriculture Research Service Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 11 Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 13 Erzeuger- und Lieferländer Hauptanbauländer für Ananas sind Brasilien, Indien, China, die Philippinen, Thailand und Costa Rica. Die erstgenannten Länder produzieren hauptsächlich für den heimischen Markt. Die Ananas-Produktion von Costa Rica (ca. 45.000 ha) ist hauptsächlich exportorientiert. Mit 1.600.000 t (2010) oder 0,5 Mrd. US$ ist das Land der größte Ananasexporteur weltweit. Andere Exportländer sind die Elfenbeinküste, die an Bedeutung deutlich abgenommen hat, Panama, Honduras, Guatemala, Ghana und Ekuador. Angebaut wird in Costa Rica fast ausschließlich die Golden Ananas (MD2). Die Produktion verteilt sich auf die Anbaugebiete Norden (50 %), Atlantik (33 %) und Pazifik (17 %). Costa Rica hat ideale Anbaubedingungen für die Ananas: Mindesttemperaturen 20-23 °C und Höchsttemperaturen 33-35 °C, 20-160 mm (ideal wäre jede Nacht Regen und tagsüber trocken). © BLE, IAT - 2013 Der Ananasanbau ist in erster Linie ein Anbau von Schösslingen. Es sind (eher basale) Seitentriebe, welche nach einer Größensortierung und einer vorbeugenden Behandlung gegen Krankheiten in die Erde gesetzt werden. Gewinnung von Pflanzmaterial (Schößlinge) Harvest of planting material (suckers) Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 14 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika Die Beete werden von Hand in Doppelreihen mit 72.000 Pflanzen/ha bepflanzt. Pflanzung Planting Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 15 59 Pflanzenschutz ist erforderlich gegen Zwergfüßer, welche die Wurzelhärchen fressen oder Kanäle in die Wurzeln bohren, Schnecken, Ananas-Schmierlaus, Ameisen, Ananas-Schildlaus, Thripse und Milben. Die Ananas-Schmierlaus ist der Überträger des Pineapple-Wilt-Virus. Eine Bekämpfung dieser unerwünschten Virose geht nur über die Bekämpfung der Ameisen, die sich vom Honigtau der Schmierlaus ernähren und diese auf die Ananas transportieren. Stehendes Wasser (Pfützen) im Feld fördert die Ausbreitung von Phytophthora und den Total-Ausfall der befallenen Pflanzen. Zwergfüßer Symphylans Die ideale Topografie für Ananasfelder ist leicht onduliert, damit das Wasser abfließen kann. Felder in Panama Fields in Panama Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 18 Phytophthora Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 16 Gedüngt wird der Boden bereits vor dem Setzen der Schösslinge. Während des Wachstums wird eine Blattdüngung verabreicht, die am Bedarf ausgerichtet ist: vor der Blüte wird mehr Stickstoff, nach der Blüte mehr Kalium (höherer Brixwert, besseres Zucker-/Säure-Verhältnis) benötigt. Die Pflanzen werden beregnet, wenn es erforderlich ist. © BLE, IAT - 2013 Seite: 19 Die natürliche Induktion der Blüte wird von vielen Faktoren gesteuert und kann zur sehr uneinheitlichen Blüte eines Feldes führen. Für den kommerziellen Anbau muss das ganze Feld jedoch möglichst gleichmäßig blühen. Die Blüte wird daher künstlich induziert – etwa 7-9 Monate nach dem Pflanzen bzw. wenn die Pflanze ca. 2,2 bis 3 kg schwer ist. Dazu wird Äthylen (oder Ethrel) in Aktivkohle gebunden und mit Hilfe von Wasser auf das Feld gesprüht. Einige Wochen nach der Ausbringung des Äthylens kann man sehen, wie sich die Pflanze in der Mitte öffnet und die Infloreszenz erscheint. Blattdüngung Foliar Fertilization Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 17 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika 60 Blüte der Ratoon crop Flowering of ratoon crop Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Gummifluss Gumosis Seite: 20 Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 23 Die Früchte werden durch Umhüllungen gegen Sonnenbrand geschützt. Blüte der Ratoon crop Flowering of ratoon crop Schutz gegen Sonnenbrand Sun burn protection Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 21 Während der Blüte können diese mit Thielaviopsis-, Fusarium- und Penicillium-Pilzsporen infiziert werden. In dieser Phase wird also möglichst nicht beregnet oder gedüngt, um den Pilzbefall nicht zu fördern. Außerdem legt ein Schmetterling, der Pineapple borer (Thecla basilides) ihre Eier auf die Ananasblätter, die Larven schlüpfen und bohren sich in die Frucht. Die Pflanze/ Frucht reagiert mit der Bildung von Gummifluss. Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 24 5-6 Monate nach Erscheinen der Blüte ist die Frucht erntereif (und natürlich auch konsumreif, da die Ananas eine nicht-klimakterische Frucht ist). Die Reife beginnt an der Fruchtbasis und schreitet zur Krone hin fort. Das Fruchtfleisch ist zunächst weiß, hart und völlig trocken. Mit der Reife wird das Fruchtfleisch saftiger und durch Bildung von Carotinoiden gelber. Wenn die Frucht 60 % reif ist, kann sie 2-3 Tage später geerntet werden. Entwicklung der Fruchtreife Development of internal ripeness Pineapple borer (Thecla basilides) 0% 10 % 60 % 20 % 100 % Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn © BLE, IAT - 2013 Seite: 22 Seite: 25 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika Wenn die Frucht 60 % reif ist, kann die Fruchtschale entgrünt werden. Ethephon, ein Äthylengenerator in flüssiger Form, wird direkt auf die Frucht gesprüht. Durch Äthylen wird Chlorophyll abgebaut. Der Abbau beginnt immer im Zentrum des Auges und breitet sich Richtung Rand aus. Die Effizienz des Entgrünungsprozesses hängt von vielen Faktoren ab, wie z. B. Lufttemperatur, direkte Sonneneinstrahlung, Regen etc. Es ist allerdings auch möglich, eine Frucht mit optimaler innerer Reife zu ernten, obwohl ihre Schale noch grün ist. Eine grüne Ananasschale ist also nicht unbedingt ein Beweis für fehlende innere Reife. 61 Ernte und Aufbereitung 3-4 Tage nach dem Entgrünen kann geerntet werden. Die Ananas wird immer von Hand geerntet. Die Frucht wird am Schopf angefasst, leicht gedreht und geknickt und anschließend auf das Transportband gelegt. Das Hantieren der Früchte muss sehr sorgfältig geschehen, auch das Aufstapeln im LKW, ansonsten entstehen hier die sog. „sunken lesions“, kleine Druckstellen (Nekrosen). Ernte Harvesting Entgrünung Degreening Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 29 Ernte Harvesting Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 26 Entgrünung Degreening Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 27 Farbtafel Colour chart Quelle: Fyffes Pineapple Color Chart Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn © BLE, IAT - 2013 Seite: 28 Seite: 30 Im Packhaus werden die Früchte in ein Wasserbad getaucht, gewaschen und – bei langen Transportwegen – mit Wachs und Fungizid behandelt. Bei den Fungiziden ist nur ein Mittel zugelassen, das nicht besonders gut wirkt. Neue, besser wirkende Fungizide sind verfügbar, haben jedoch keine Zulassung für Ananas und die Hersteller sind nicht an einem kostspieligen Zulassungsverfahren interessiert. Die Früchte werden anschließend gepackt, palettisiert, auf 7,5 °C gekühlt und entweder im Container oder im Kühlschiff (unter Deck) nach Europa gebracht. Die Transitzeit beträgt ca. 12-14 Tage. Nach Ankunft hat die Frucht noch eine Lebenszeit (Shelf-life) von etwa 2 bis maximal 3 Wochen, vorausgesetzt die Temperaturkette wird nicht unterbrochen. Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika 2. Ernte Ratoon crop Waschen Washing Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 31 Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 34 Man könnte theoretisch noch eine 3. Ernte erzielen, welche aber wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. In der Regel werden die Pflanzen nach der 2. Ernte entweder gerodet oder zur Produktion von neuen Stecklingen (Schösslingen, suckers) genutzt. Sortierung Grading Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn 62 Seite: 32 Wachsen und Fungizid-Behandlung Waxing and fungizide application Von der Pflanzung bis zur Induktion der Blüte vergehen in Costa Rica 7-9 Monate und in Hawaii 9-13 Monate. Zwischen Blüte und Ernte liegen in Costa Rica 5-6 Monate und in Hawaii 6-7 Monate. Wird im Ratoon-Verfahren produziert, dauert die Zeit von der ersten Ernte bis zur Induktion der Blüte 5-6 Monate in Costa Rica und 5-7 Monate in Hawaii bzw. von der Blüteninduktion bis zur Ernte 5-6 Monate in Costa Rica und 6-7 Monate in Hawaii. In Costa Rica werden Schösslinge (Sucker) als Pflanzmaterial verwendet, deren Erzeugung bis 8 Monate in Anspruch nehmen kann. In Hawaii werden die Kronen bevorzugt als Pflanzmaterial verwendet. Qualitätsmängel der Früchte Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 33 Produktionszyklus Den eben beschriebenen Produktionszyklus, bei dem die Hauptfrucht produziert und geerntet wird, bezeichnet man als „Plant Crop“. Lässt man nach der 1. Ernte die Pflanze weiter wachsen, kann man nach weiteren 5-6 Monaten Wachstum wieder eine neue Blüte induzieren (ähnlich wie bei „Plant Crop“), welche dann nach weiteren 5-6 Monaten eine erntereife Frucht liefert. In diesem Fall spricht man vom „Ratoon Crop“. © BLE, IAT - 2013 Früchte mit folgenden Mängeln sind nicht exportfähig: zu lange Krone, gebogene Krone, multiple Krone, Druckstellen, braune Basis (nur äußerlich, eine Reaktion der Schale auf den Kontakt mit Huminsäure), Thielaviopsis-Fäule (Thielaviopsis paradoxa), Trockenfäule in einem Auge (Fruitlet Core Rot), Sonnenbrand, Schmierläusen (Dysmicoccus brevipes), Kälteschaden (längerer Zeitraum unter 7,5 °C), Samenansatz in der Frucht (Ananas sind selbststeril, aber Pollen von einer anderen Sorte befruchtet), Fleischbräune (klassischer Fehler der Smooth Cayenne), Schimmel an der Schnittstelle, rotbraune Schalenfarbe (durch zu viel Ethephon) oder verbrannte Krone (neuer Mangel; Ursache vermutlich in den frühen Morgenstunden geerntete Früchte, die mit noch offenen Stomata ins Wasser getaucht werden und sich vollsaugen). Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika 63 Braune Basis Brown base Schmierläuse Dysmicoccus brevipes Mealybugs Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 35 Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Thielaviopsis-Fäule Thielaviopsis paradoxa Tv-Rot Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 39 Kälteschaden Chilling injury Seite: 36 Trockenfäule in einem Auge FCR – Fruitlet Core Rot Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 1 Frucht mit Samenansatz Seeded fruit Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 37 Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Sonnenbrand Sun burn Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn © BLE, IAT - 2013 Seite: 1 Fleischbräune Internal Browning Seite: 38 Thanos Papageorgiou, Internationale Arbeitstagung Qualitätskontrolle BLE, Februar 25.-27.02.2013, Bonn Seite: 1 Die Ananas – Anbau in Mittel- und Südamerika Bei der Ankunft in Hamburg werden die Früchte einem gründlichen Qualitäts-Check unterzogen. Die Früchte werden geschält und quer in dicke Scheiben geschnitten. Die innere Reife der Früchte wird anhand der Fleischfarbe und Glasigkeit ermittelt. Der Brix-Wert, der Säuregehalt und der Vitamin-C-Gehalt werden gemessen. Das Zucker-/Säure-Verhältnis wird ermittelt. Nur reife Früchte werden vermarktet. Qualitäts-Check bei der Ankunft im Hafen Quality check at arrival in the port 64 Literatur The Pineapple. Botany, Production and Uses. Edited by: D.P. Bartholomew. R.E. Paull and. K.G. Rohrbach. University of Hawaii at Manoa. Honolulu. USA. Cabi Publishing The Pineapple: King of Fruits by Fran Beauman. Chatto & Windus, London The Pineapple: Cultivation and Uses Edited by: Claude Teisson, Jean Joseph Lacoeuilhe, Claude Py. Editions G.P. Maisonneuve et Larose, Paris O Abacaxizeiro. Cultivo, Agroindústria e Economia Verkauf und Verbrauch Die Hälfte des Absatzes an frischen Ananas geht in Deutschland über die Supermärkte, die andere Hälfte über die Discounter. Insgesamt ist der Verkauf deutlich rückläufig. Am Preis kann es nicht liegen, denn Ananas werden zu niedrigeren Preisen als die heimischen Äpfel angeboten. Man findet im Handel immer mehr unreife Früchte. Der Grund dürfte die Forderung des Handels nach immer niedrigeren Preisen sein. Der einzige Schritt, bei dem ein Erzeuger einsparen kann, ist die Ernte. Statt täglich nur die erntereifen Früchte eines Feldes zu ernten, wird in einem einzigen Erntegang das gesamte Feld geerntet – auch die unreifen Früchte. Diesen Teufelskreis müssen Handel und Erzeuger in enger Zusammenarbeit durchbrechen. Im Geschäft suchen sich die Verbraucher am besten eine sortentypische Frucht aus. Die Ananas sollte nach dem Kauf 1-2 Tage bei Raumtemperatur gelagert werden. In dieser Zeit wird die Frucht saftiger und aromatischer. Frisch geschnitten und in Fruchtsalaten hält sie sich 6-9 Tage in der Kühlung bei +5 °C. Dank ihres Gehaltes an Antioxidantien kommt es in dieser Zeit zu keinen signifikanten Veränderungen. © BLE, IAT - 2013 Getúlio Augusto Pinto da Cunha, José Renato Santos Gabral, Luiz Francisco da Silva Souza. Embrapa 65 Ananas – Qualitätsproduktion in Ghana Abena Safoa Osei Vor mehr als 20 Jahren hat die Ananasproduktion in Ghana wirtschaftliche Bedeutung gewonnen. Seither hat sie sich langsam zu einer der drei wichtigsten Gartenbauprodukte entwickelt; die beiden anderen sind Mangos und Papayas. Ananas ist jedoch der stabilste Wirtschaftszweig und Europa ist der wichtigste Markt für Ananas aus Ghana. In Ghana werden hauptsächlich drei Sorten angebaut – Smooth Cayenne, Sugar Loaf und MD2. Queen Victoria wird nur in kleinem Maßstab angebaut. Mit der Einführung der MD2, die in Europa schnell zur bevorzugten Sorte wurde, hat Ghana schnell alles unternommen, um diese Nachfrage zu befriedigen und seinen Marktanteil auszubauen. Der durchschnittliche ghanaische Erzeuger war zunächst nicht auf die Anforderungen der Kunden bezüglich der immer anspruchsvolleren privaten Standards im Verbund mit den gesetzlichen Vorgaben der EU vorbereitet. Die Wirtschaft hat mit Unterstützung des Staates und der Geberländer die Erzeuger ausgebildet, damit sie besser die Anwendung der privaten Standards sowie die besonderen Anforderungen des MD2Anbaus verstanden. Heute hat die ghanaische Wirtschaft langjährige Erfahrung und kann die Qualität, die gute landwirtschaftliche Praxis und die internationalen Anforderungen problemlos gewährleisten. Die Expertise reicht von der Ananasproduktion bis zur abschließenden Qualitätskontrolle des Endprodukts. LAND PREPARATION Alle Ananas-Erzeuger, die für den Export anbauen, sind GlobalGAP zertifiziert. Eine gewisse Anzahl kleiner Erzeuger gehört zu einer zertifizierten Gruppe. In jedem Fall werden die Anbauer unterstützt, damit sie kontinuierlich die GlobalGAP-Anforderungen erfüllen. Die Gewinnung von gesundem und kräftigem Pflanzmaterial ist ein anderer wichtiger Aspekt der Qualitätsproduktion. Dies ist für die meisten Erzeuger verfügbar. HARVESTING PLANTING MATERIALS Der Anbau von Qualitätsananas beginnt mit der richtigen Bodenvorbereitung. Für die MD2 müssen die Beete vor der Pflanzung gemulcht werden. Die Ananas-Industrie hat einen sehr engagierten Verband, die Sea-freight Pineapple Exporters Association of Ghana (SPEG). Zusammen mit dem Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft bildet der SPEG die Erzeuger und ihre Mitarbeiter in der Anwendung der jeweiligen Anforderungen des Marktes und dem Minimum der guten landwirtschaftlichen Praxis aus. Die Erzeuger werden ausgebildet, damit sie ihre Betriebe in Schuss halten und darüber hinaus © BLE, IAT - 2013 Ananas – Qualitätsproduktion in Ghana • die Pflanzenschutzmittel korrekt anwenden, • die entsprechenden Berichte führen, • die Bewässerung und Düngung bedarfsgerecht anwenden, • die Blüte zum richtigen Zeitpunkt induzieren, • die Ernte zum richtigen Zeitpunkt vornehmen etc. 66 PINEAPPLES READY FOR HARVESTING Diese Beispiele sind von Bedeutung für die endgültige Qualität des Produktes. VISUAL INSPECTION AT PACK HOUSE PLANTED PINEAPPLE FIELD Bei den ausgewählten Ananas werden nochmals Proben gezogen, die nach inneren Qualitätsparametern untersucht werden. Innere Verfärbungen sind ausgeschlossen und die Früchte sollten auch nicht überreif, d. h. nicht glasig sein. PLANTED PINEAPPLE FIELD AT PACK HOUSE – QUALITY TESTING Erntereife Ananas werden sorgfältig geerntet, in Steigen gelegt und zum Packhaus gebracht, wo sie nach Qualität sortiert werden. Jede Ananas wird visuell nach äußerlich sichtbaren, festgelegten Qualitätsparametern wie mechanische Beschädigungen, gut ausgebildete Augen, richtige Ausfärbung etc. untersucht. © BLE, IAT - 2013 PACK HOUSE QUALITY TESTING | Example of translucent fruit – such over ripe fruit are rejected at the pack house Ananas – Qualitätsproduktion in Ghana Am Ende werden die ausgewählten Früchte gewaschen und – in Abhängigkeit von den Anforderungen des Marktes bzw. Kunden – gewachst. Danach werden die Früchte gewogen und nach Größe und Farbe sortiert. Staatliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität von Ananas Mit den steigenden Anforderungen des Marktes, die nicht den normalen Anforderungen unseres lokalen Marktes entsprachen, wurde offensichtlich die Einführung eines nationalen Qualitätssicherungssystems für die Ananas-Wirtschaft notwendig. 67 Erzeugnisse beeindruckt. Zurzeit läuft ein Programm zum Aufbau einer Kontrollstelle für den Ananas-Export in die EU, die den Anforderungen der EU genügt. Dies wird die Durchsetzung strengerer Qualitätsanforderungen verstärken und nebenbei den Absatz verbessern. Das zweite laufende Projekt ist der Aufbau einer großen Farm zur Gewinnung von qualitativ hochwertigem Pflanzmaterial. Aus dem Projekt hat sich nun ergeben, dass • ein solches Programm für alle anderen Erzeugnisse notwendig ist; • das Personal in den Packhäusern regelmäßig geschult werden muss; • Verbände gebraucht werden, die sich für nationale und private Normen einsetzen. Das Projekt hatte folgende Ziele: • • • Ghanas Ananas-Erzeuger sollten Qualitätsnormen verstehen und ihre Vorteile für die Wirtschaft erkennen lernen. Der gesamte Prozess und das Endprodukt sollten ganz von Qualität durchtränkt werden. Die Gesamtqualität und Wettbewerbsfähigkeit der Erzeugnisse aus Ghana am Weltmarkt sollten gestärkt werden. An der Pilotphase waren 10 Mitglieder des SPEG beteiligt. Zunächst wurden die Erzeuger und ihre Mitarbeiter für die Einführung einer nationalen Ananas-Norm, die mit den Normen der UNECE und des Codex harmonisiert ist, sensibilisiert. Die Ananas wurden regelmäßig in den 10 Packhäusern geprüft und dann noch einmal im Hafen. Die Kontrollen wurden von einem unabhängigen Kontrolldienst durchgeführt. Die Kontrollen und die Aktivitäten in den Packhäusern wurden von den Auditoren des Ghana Standards Board überwacht, um die richtige Anwendung der Normen zu gewährleisten. Das Projekt zeigte letztlich, dass die Einführung eines lokalen Qualitätsmanagementsystems, das unabhängig von den privaten Standards funktioniert, dem bestehenden Qualitätssicherungssystem einen deutlichen Schub verpasste. Es steigerte das allgemeine Bewusstsein für den nationalen Standard für Ananas und das Verständnis für die Kunden-Spezifikationen durch das Personal der Packhäuser. Die Exporteure erlebten einen deutlichen Rückgang der Kundenbeschwerden bzw. verbesserte Rückmeldungen der Kunden – sie waren von der Qualität der © BLE, IAT - 2013 Die Ananas aus Ghana haben einen ausgezeichneten Geschmack und sowohl die Erzeuger als auch der Staat unternehmen alle Anstrengungen, um kontinuierlich das Angebot an qualitativ hochwertigen Ananas zu verbessern. Kaufen Sie Ananas aus Ghana und erleben Sie exzellente Qualität und Geschmack! 68 UNECE-Norm und Erläuterungsbroschüre für Ananas Ian Hewett An der Erarbeitung der Erläuterungsbroschüre zur UNECE-Norm für Ananas war ich in den letzten zwei Jahren beteiligt. Die Veröffentlichung der Erläuterungsbroschüre ist für dieses Jahr geplant. Vor diesem Projekt – Erläuterungsbroschüre – hatte ich nicht viel mit dem Produkt Ananas zu tun. Die Kontrolldienst des Vereinigten Königreichs musste sich bis zur Einführung der Allgemeinen Vermarktungsnorm im Jahr 2008 nicht für dieses Produkt interessieren. Zusammen mit Experten aus Ghana, Südafrika, Thailand und anderen Ländern konnten ich und die anderen Teilnehmer der Sitzungen der UNECE-Fachgruppe zur Normung von frischem Obst und Gemüse die Ananas-Norm überarbeiten und die Erläuterungsbroschüre erarbeiten. Zunächst seien die Importe einiger EU-Mitgliedstaaten betrachtet. In den letzten zehn Jahren sind die Importe insgesamt signifikant gestiegen, auch wenn sich in einzelnen Ländern während der letzten fünf Jahre nicht viel verändert hat. Im Folgenden werden viele Fotos und Erläuterungstexte aus der UNECE-Norm und Erläuterungsbroschüre gezeigt. Der volle Normtext, die Fotos und der Erläuterungstext sind auf der UNECE Webseite abrufbar. Begriffsbestimmung Smooth Cayenne Queen Victoria MD2 Sugar Loaf Beispiele für kommerziell angebaute Sorten Mindesteigenschaften Ananas-Einfuhren In 1000 Tonnen Deutschland Spanien Großbritannien Italien Frankreich Niederlande 2005 260 170 200 180 140 200 2007 280 240 220 210 170 180 2009 305 235 195 185 165 140 Quelle: FAO-Stat Auf jeden Fall ist die Einfuhr aus Costa Rica in das Vereinigte Königreich deutlich gestiegen. In Costa Rica hat sich die Produktion in den letzten 6 Jahren von 1 Mio. auf 2 Mio. Tonnen verdoppelt. Die EU hat allein im Jahr 2010 ca. 900.000 t Ananas aus Costa Rica importiert. Dies hatte natürlich einen deutlichen Effekt auf die Verfügbarkeit von Ananas im Vereinigten Königreich und bedeutete eine Verfügbarkeit rund ums Jahr, in allen Supermärkten und zu Preisen von 1 £ oder weniger. © BLE, IAT - 2013 Mindesteigenschaft: “ganz, falls vorhanden, kann die Krone gekürzt oder gestutzt sein”. “Gestutzte” Krone: der überstehende Teil ist glatt abgedreht (links) oder abgeschnitten (rechts) — in allen Klassen zulässig Mindesteigenschaften Mindesteigenschaft: “ganz, falls vorhanden, kann die Krone gekürzt oder gestutzt sein”. “Entfernte” Krone: die Krone ist glatt abgedreht (links) oder abgeschnitten (rechts) — in allen Klassen zulässig UNECE-Norm und Erläuterungsbroschüre für Ananas 69 Mindesteigenschaften Mindesteigenschaften Mindesteigenschaft: “gesund”. Fäule in einem Auge — nicht zulässig Mindesteigenschaft: “praktisch frei von Schädlingen”. Kolonie von Schmierläusen — nicht zulässig Mindesteigenschaften Mindesteigenschaften Mindesteigenschaft: “gesund”. Starke Druckstelle — nicht zulässig Mindesteigenschaft: “frei von Schäden durch Schädlinge, die das Fleisch beeinträchtigen”. Durch Augosome Käfer verursachter Schaden — nicht zulässig Mindesteigenschaften Mindesteigenschaft: “gesund”. Kälteschaden (links), Fleischbräune (rechts) — nicht zulässig Mindesteigenschaft: “Stiel nicht länger als 2,5 cm; der Schnitt muss rechtwinklig, glatt und sauber sein”. Stiel > 2,5 cm (links) — nicht zulässig mit Ausnahme während des Transports; Stiel чϮ͘ϱĐŵ;ƌĞĐŚƚƐͿ— zulässig in allen Klassen Mindesteigenschaften Reifeanforderungen Mindesteigenschaft: “sauber”. Starke Erdverschmutzung (links), Rückstände von Schädlingen (rechts) — nicht zulässig Reifeanforderung: “angemessener Entwicklungs- und Reifegrad”. Reifestadien: die linke Frucht ist genügend reif, sofern der Mindest-Brixwert erreicht ist Stiellänge Mindesteigenschaften © BLE, IAT - 2013 70 UNECE-Norm und Erläuterungsbroschüre für Ananas Reifeanforderungen Am Stiel: 13.6 Brix in der Mitte: 13 Brix Klasse I an der Krone: 10 Brix Reifeanforderung: “der Gesamtgehalt an löslicher Trockensubstanz im Fruchtfleisch muss mindestens 12 °Brix betragen”. Gradient der löslichen Trockensubstanz (Beispiel) Krone nicht länger als 150 Prozent (links) oder Krone unter 50 Prozent (Mitte) der Fruchtlänge. 30° Abweichung von der Längsachse der Frucht (rechts) — zulässiges Limit Reifeanforderungen Klasse I Reifeanforderung: “Schalenfarbe”. Natürlich gereifte, nicht entgrünte Frucht (links), entgrünte Frucht (rechts) — zulässig in allen Klassen Links: Leichter Formfehler – fehlendes Auge — zulässiges Limit Rechts: leichte Farbfehler – leichter Sonnenbrand — zulässiges Limit Reifeanforderungen Klasse I Reifeanforderung: “Schalenfarbe”. Beispiel für die Farbklassifizierung C0 bis C4 (Index für Schalenfarbe) – wahlfrei Schalenfehler nicht mehr als 5 % der gesamten Oberfläche – zulässiges Limit Klasse „Extra“ Klasse II Klasse “Extra “ Ananas. Typische Merkmale der Sorte – sehr leichte oberflächliche Fehler Krone 150 Prozent (links) der Fruchtlänge, mehr als 30° Abweichung von der Längsachse der Frucht (Mitte), Doppelkrone (rechts) — zulässig © BLE, IAT - 2013 71 UNECE-Norm und Erläuterungsbroschüre für Ananas Klasse II Ananas-Produktion in Südafrika Schalenfehler nicht mehr als 10 % der Gesamtoberfläche — zulässiges Limit Klasse II Druckstellen – zulässig, sofern das Fleisch frei von größeren Fehlern ist — zulässiges Limit Kennzeichnung Früchte ohne Krone (links) – Kennzeichnung eines Packstücks (rechts) Die beiden letzten Folien zeigen ein Ananas-Feld in Südafrika und im Gegensatz dazu die traditionelle Ananas-Produktion, wie sie vor 200 Jahren im Vereinigten Königreich angewandt wurde. Die Verwendung von ziemlich großen Gewächshäusern, viel (Hand-) Arbeit und viel Dünger erlaubten es der Oberschicht von Zeit zu Zeit eine Ananas zu genießen – allerdings zu deutlich höheren Preisen als 1 £, oder weniger, für die ich die Ananas heute kaufen kann. © BLE, IAT - 2013 Ananas-Produktion in Großbritannien 72 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Frankreich Karl-Eric Chéron Definition von Qualität: Im Standard ISO 8402 Qualitätsmanagement heißt es „die Qualität definiert sich selbst als alle Merkmale eines Erzeugnisses, die ihm die Eigenschaft verleihen, die expliziten und impliziten Wünsche der Verbraucher zu erfüllen“. Die Qualität von in Frankreich produzierten Pfirsichen und Nektarinen hängt zuallererst von der Beherrschung der Produktion ab und von einem guten Management entlang der Handelskette. Alle Strategien sind für das eine Ziel entwickelt: die Erwartungen der Verbraucher an Pfirsiche und Nektarinen. In diesem Zusammenhang ist die Sortenwahl für die Produktion von Bedeutung. Produktion Die gesamte Produktionsfläche von Pfirsichen und Nektarinen betrug in Frankreich im Jahr 2012 ca. 12.300 ha. Die Produktion wird für 2012 auf ca. 280.700 t geschätzt. Aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Rodungsaktionen wegen Sharka (Plum Pox Virus) wurde die Produktionsfläche in den letzten 5 Jahre um ca. 11 % reduziert. Die drei Regionen Languedoc-Roussillon (5.200 ha), Provence-Alpes-Côte d’Azur (3.000 ha) und Rhône-Alpes (2.700 ha) stehen zusammen für ca. 90 % der französischen Produktionsfläche. Diese Konzentration ist der Tatsache geschuldet, dass dort das beste Wetter (Sonnentage und Temperaturen), d. h. die besten Wachstumsbedingungen für Pfirsiche herrschen. Peaches/nectarines – estimated production 2012 Pfirsiche/Nektarinen – geschätzte Produktion 1 Ein größeres Risiko stellen Spätfröste im Frühjahr und Hagel dar. Die Luftfeuchtigkeit ist auch © BLE, IAT - 2013 ein wichtiger Faktor und muss beachtet werden. Feuchtes Wetter fördert Pilzkrankheiten wie Monilia. Die Infektionen für diese Krankheiten passieren in der Anlage und werden erst später während der Vermarktung des Erzeugnisses sichtbar. Viele Reklamationen im Handel gehen auf Monilia zurück. Anbau Pfirsiche brauchen neutralen Boden, eine gute Bewässerung und normale Luftfeuchtigkeit. Die Bäume werden 2-5 m hoch. Zu Beginn des Frühlings stehen die Bäume in voller Blüte. Bienenstöcke werden in die Anlagen gestellt, um eine gute Bestäubung zu gewährleisten. Im Allgemeinen stehen die Anlagen 15 Jahre in Produktion. Sortenwahl: Die Erzeuger richten sich nach dem Vermarktungskalender, d. h. sie bauen ein Spektrum von Sorten an, dass die Ernte über 4 Monate erlaubt – von Juni bis September. Die Erzeuger kultivieren durchschnittlich 50-60 Sorten. Die Ernte einer Sorte erstreckt sich über 15-20 Tage mit einem Pflückdurchgang durchschnittlich alle 2-3 Tage bei den Frühsorten und alle 4-6 Tage bei den anderen Sorten. Die beste Zeit hat eine Anlage zwischen dem 4. und 11. Standjahr. Der Ertrag liegt bei 30-45 t/ha je nach Sorte. Pflege Schutz und Pflege einer Anlage: Die Erzeuger sichern die gute Gesundheit ihrer Anlagen während der gesamten Standzeit. Neben besonderen Maßnahmen wie Schnitt und Ausdünnung sind auch Maßnahmen gegen Schädlinge und Krankheiten notwendig. Einige der vorbeugenden Maßnahmen gegen Schädlinge werden zu Schlüsselperioden ausgebracht. Schnitt: Zunächst werden die Schnittmaßnahmen durchgeführt, um die Bäume zu reinigen, d. h. abgestorbene Äste, sich kreuzende Äste, beschädigtes Holz und Äste mit anhaftenden Fruchtmumien werden entfernt. Ein guter Schnitt erleichtert die Ausdünnung im Frühling, bringt eine optimale Belichtung im Baum und reduziert das Risiko für Pilzkrankheiten. Er reduziert auch das Risiko für Reibestellen an den Früchten durch Berührung mit Ästen oder Früchten untereinander. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Frankreich 73 Ausdünnung reguliert und optimiert die Produktion und die Fruchtgrößen und reduziert die Verstecke für Krankheitserreger und Schädlinge. Ernte Development of the main physio-chemical characteristics before harvest Entwicklung der wichtigsten physiko-chemischen Merkmale vor der Ernte Content / Gehalt Geerntet wird noch immer von Hand, trotz aller Versuche der Mechanisierung. Die Früchte werden vorsichtig in Erntekisten, die höchstens 8 kg Früchte fassen, gelegt. Die Handpflücke ermöglicht schon eine erste Qualitätsauswahl und nicht schüttelbare Früchte können entfernt werden. Die Früchte reifen aufgrund ihrer Position im Baum nicht alle zur gleichen Zeit. Daher muss in mehreren Durchgängen gepflückt werden; 5-8 Durchgänge sind pro Baum notwendig, um nur reife Früchte zu ernten. Firmness / Festigkeit Air/Luft: 20 °C Aroma Acidity / Säure Air/Luft: 0 °C Sugar / Zucker = Brix Harvest / Ernte Maturity / physiol. Reife Time / Zeit 3 Pfirsiche und Nektarinen werden geerntet, wenn sie eine Festigkeit von 4-6 kg/0,5 cm2 aufweisen. Nachernte- und Vor-Export-Maßnahmen Ernte / Picking Aufbereitung: Die Früchte werden schnell zum Packhaus transportiert. Dort wird jede Partie einer strikten Qualitätskontrolle unterzogen (Zuckergehalt und Festigkeit). Die schadhaften Früchte werden aussortiert und die Partie nach Größe und ggf. nach Farbe sortiert. 2 Lagerung: Pfirsiche und Nektarinen sind eigentlich kein Lagerobst, sie können jedoch einige Tage (weniger als 2 Wochen) bei 0-2 °C gelagert werden. Photos: Interfel Philippe DUFOUR Die Essqualität setzt sich zusammen aus Aroma, Zucker, Säure, Textur und Saftigkeit. Nach der Ernte ist es sehr wichtig, alle Maßnahmen zu ergreifen, die die Festigkeit und die Gesamtqualität der Früchte erhalten. Allerdings bilden die Entscheidungen, die vor der Ernte getroffen werden, die Grundlage für die Qualität. Boden, Unterlage, Pflanzdichte, Kulturmaßnahmen (Düngung, Bewässerung), Schnitt, Ausdünnung (Ertrag und Größe) und Ernte haben einen Einfluss auf Fruchtgröße und –festigkeit. Pfirsiche und Nektarinen sind klimakterische Früchte. Diese haben eine Phase der Entwicklung, in der die Früchte wachsen und Reservestoffe einlagern, und eine Reife- oder klimakterische Phase, in der Ethylen gebildet und die physiko-chemischen Merkmale (Festigkeit, Aroma, Zucker, Säure) bis zur Alterung abgebaut werden. © BLE, IAT - 2013 Nachreifung: Nach der Aufbereitung und ggf. Kühllagerung werden die Früchte (kontrolliert) bei 20-25 °C (empfohlen 22 °C) und 85-90 % relativer Luftfeuchtigkeit 1-3 Tage bis zur Genussreife nachgereift. Je nach Sorte muss ein- bis zweimal täglich die Festigkeit der Früchte geprüft werden. Diese sinkt pro Tag um ca. 1,3 kg/cm2 bei 20 °C. Der Gehalt an Zucker bleibt unverändert, der Säuregehalt sinkt leicht und die Grundfarbe verbessert sich leicht. Handel Die äußere Qualität von Pfirsichen und Nektarinen wird bestimmt von Farbe, Form, Mängel, Gleichmäßigkeit und Größe. Händler und Erzeuger haben sich darauf verständigt, dass Pfirsiche und Nektarinen unter 56 mm, die in Frankreich produziert wurden, nicht vermarktet werden. Studien bestätigen, dass die Verbraucher süßere und größere Früchte (Sorten) bevorzugen. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Frankreich 74 Die innere Qualität von Pfirsichen und Nektarinen wird durch physikalische und chemische Merkmale der Früchte bestimmt. Diese Merkmale sind messbar und die meisten Tests zerstörend. Das saisonale Klima hat einen ziemlich großen Einfluss auf den Zuckergehalt, der von einer Saison zur anderen um 1 % schwanken kann; z. B. kann eine kalte Regenperiode vor der Ernte den Zuckergehalt um mehr als 1 % senken. • • Säure: Die Säure ist ein sortentypisches Merkmal, das ziemlich stabil ist, und sich nur langsam abbaut. Die Sorten können – nach ihrem Gehalt an Säure – in drei Sortengruppen eingeteilt werden: 1) wenig sauer < 9 meq/100 ml, 2) ausgeglichen = 9-12 meq/100 ml und 3) sauer > 12 meq/100 ml. Die Verbraucher bevorzugen gut ausgewogene oder leicht saure Früchte. Anbaumaßnahmen, Sortenwahl, Pflücktermin und Kaliber haben einen deutlichen Einfluss auf den Zuckergehalt der Frucht. Star profile of sensorical analysis of three calibres of the variety RICH LADY Sternprofil der Sensorik von drei Fruchtgrößen der Sorte RICH LADY Zucker: Der Gehalt wird mittels Refraktometer (elektronisch oder optisch) oder NIR (Nah-Infrarot Spektrometrie, zerstörungsfreie Messung) bestimmt. In Geschmackstests hat sich gezeigt, dass die Zufriedenheit der Verbraucher bei den drei o. g. Geschmackstypen steigt, wenn der Zuckergehalt zunimmt. In jedem Fall verlangt die Verbraucherzufriedenheit mehr als 9 °Brix, was mehr ist als der Mindestwert von 8 °Brix, die von der EU Vermarktungsnorm gefordert werden. aroma / Aroma Number of panelists / Anzahl Tester % satisfaction / Zufriedenheit °Brix 5 Source : CTIFL Relation between Brix level and consumer satisfaction with respect to taste Verhältnis zwischen Brix-Wert und Verbraucherzufriedenheit bezüglich Geschmack % taste satisfaction / Geschmackszufriedenheit ° Brix (cumulation of 4 varieties / Summe aus 4 Sorten) 6 Source : CTIFL © BLE, IAT - 2013 internal smell / Duft innen sweet / süß firm fest acid / sauer fibrous / faserig juicy / saftig mealy / mehlig 7 Source : CTIFL • Consumer satisfaction due to Brix level Verbraucherzufriedenheit bezüglich Brix-Wert external smell / Duft außen Festigkeit: Sie kann mit einem Penetrometer oder mit zerstörungsfrei arbeitenden Geräten (Messung der Elastizität der Frucht) gemessen werden. Ein auf den Punkt gereifter Pfirsich hat eine Festigkeit von 1-3 kg/0,5 cm², ein essreifer Pfirsich 0,5-2 kg/0,5 cm². Pfirsiche und Nektarinen werden auch sensorisch durch geschulte Tester geprüft. Zunächst werden die Früchte qualitativ (dieser Pfirsich ist süß) und quantitativ (dieser Pfirsich ist sehr süß) beschrieben. Anschließend werden die Testergebnisse klassifiziert (Pfirsich A ist süßer als Pfirsich B). Diese Tests werden ergänzt durch Genuss-Tests, die mit ungeschulten Verbrauchern durchgeführt werden. Dabei geht es um Klassifizierung (welche Probe schmeckt besser), Genuss-Zufriedenheit (Schulnoten für bestimmte Kriterien) und Akzeptanz (Schulnote für das Produkt). Mit diesen Tests kann z. B. festgestellt werden, wie unterschiedliche Pflücktermine die Faktoren Aroma, Duft, Festigkeit, Süße, Säure, Saftigkeit, Mehligkeit, Faserigkeit und Elastizität der Frucht beeinflussen. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Frankreich Perception of intensity – star profile of variety MARIA LAURA Wahrnehmung der Intensität – Sternprofil der Sorte MARIA LAURA smell / Duft aroma / Aroma firm / fest picking too early/ zu frühe Pflücke sweet / süß optimal picking / optimale Pflücke juicy / saftig acid / sauer mealy / mehlig elasticity of skin / Elastizität der Haut Der Einkauf von französischen Pfirsichen und Nektarinen aus den „Umweltbewussten Obstgärten“ ist ein öffentlichkeitswirksamer Akt! Jeder Akteur garantiert, dass er seine Erzeugnisse zu einem fairen Preis verkauft, ohne bei der Produktion zu täuschen, und dass er alle Maßnahmen zu Qualität und Rückverfolgbarkeit einhält. Dadurch wird insgesamt die exzellente Qualität der Pfirsiche und Nektarinen aus unseren Regionen garantiert. fibrous / faserig velvety skin / samtig Haut 4 Source : CTIFL Französische Labels „Label rouge” oder „Rotes Label” wurde 1987 gegründet. Dies ist ein Lastenheft zur Qualitätsproduktion und richtet sich nach den Verbrauchererwartungen. „Les vergers éco responsables”: Seit 2011 sind die Pfirsiche unserer Regionen mit der neuen Identität „Umweltbewusste Obstgärten” versehen. Diese Verfassung zur Qualität ist in erster Linie ein Vertrag der Geschäftspartner, aber zielt auch auf die Verbraucher. Die Namensgebung basiert auf den drei untrennbaren Säulen: Umwelt: Die Erzeuger setzen bewährte Maßnahmen wie Schutz der Biodiversität in den Obstgärten, Beschränkung der synthetischen Mittel oder die Beschränkung der Verschmutzung von Wasser und Boden um. Die Betriebe sind „GlobalGap“ zertifiziert, die große Mehrheit der Packhäuser ist „IFS“, „BRC“ zertifiziert und viele Händler sind durch andere Systeme, die die Umwelt, Qualität und Methoden thematisieren, zertifiziert. Sozial: Die Erzeuger der umweltbewussten Obstgärten respektieren auch die Männer und Frauen, die in ihren Betrieben arbeiten. Die Früchte werden von Hand von qualifizierten Angestellten gepflückt, die von dem sozialen Wohlstand profitieren, der ihnen per Gesetz zusteht. Wirtschaft: In Anwendung der besten landwirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten und Fähigkeiten stellt der Obstbau einen der wichtigsten landwirtschaftlichen Arbeitgeber in Frankreich dar. Mit seinen 15.000 ha PfirsichProduktionsfläche bietet der Sektor 15 bis 20.000 Dauer- oder Saisonarbeitskräften einen Arbeitsplatz in Frankreich. © BLE, IAT - 2013 75 „Pêche d’ici®” ist eine generische Handelsmarke für französische Pfirsiche, die gut ausgefärbt, schmackhaft und von großer Sortenvielfalt sind, z. B. hat der weißfleischige Pfirsich ein sehr spezifisches Zucker-Säure-Verhältnis während der gelbfleischige Pfirsich einen mehr klassischen Geschmack hat. „Pêches de nos Régions“ ist eine Handelsmarke, die sich an die Verbraucher richtet und von den französischen Pfirsich- und NektarinenErzeugern getragen wird. Sie tun alles, um den Sektor bekannt zu machen, die Qualität aufzuwerten, die Verbraucher zu informieren, nachhaltig zu wirtschaften, den Verbrauch zu steigern und 20.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze zu ernähren. Sie werben mit Slogans wie „Die Pfirsiche unserer Regionen führen uns in Versuchung!” oder „Pfirsiche unserer Regionen – die Krönung des Genusses!“ Französische Pfirsiche und Nektarinen gelten historisch als die geschmacklich Besten. Heute ist die französische Produktion einem starken ausländischen Wettbewerb ausgesetzt, bei dem die Wettbewerber die Erzeugnisse zu niedrigen Preisen aber anderen Qualitäten anbieten. Wie kann man sicherstellen, dass ein Qualitätserzeugnis gekauft und folglich auch ein toller Geschmack angeboten wird? Das geht nur über den Wiedererkennungswert des Ursprungs und durch die Auswahl von Qualität. Die Pfirsiche unserer Regionen sind stolz und zeigen den Unterschied! Von Anfang Juni bis Ende September gibt es angesichts des Mottos „Pfirsiche unserer Regionen“ kein Zögern! Mitten unter uns ist der Star der Familie der Pfirsiche und Nektarinen! Greifen wir zu, kosten wir, genießen wir und urteilen wir selbst: Ein saftiger, süßer, sonnenverwöhnter Pfirsich aus Südfrankreich, der von den Erzeugern hingebungsvoll gepflegt wurde. 76 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Chile Juan Pablo Zoffoli China ist der größte Erzeuger von Obst in der Welt und Chile ist diesbezüglich relativ klein. Aber Chile ist der wichtigste Erzeuger in der südlichen Hemisphäre. Chile ist ein langgestrecktes Land am Pazifischen Ozean umgeben von seinen Mitbewerbern umgeben, die allerdings überwiegend subtropisches und tropisches Obst produzieren. den USA bezogen wird, erfolgt die Produktion von November bis März. Tarapacá Arica y Parinacota 4,500 km long Antofagasta Total Population: 17,000,000 Atacama Growers: 15,000 Coquimbo Valparaíso L. B. O’Higgings Los Ríos R. Metropolitana Maule Bio Bio La Araucanía Los Lagos MAINLY Tropical Fruit banana Pineaple Mango Aisen del G. C. Ibañez del Campo Exporters: 900 Labor Force: 13.9% Fruit Surface Area: 324,296 ha (1%) Agriculture Income: U$7,788 millions Total National Income: 3.2%. Fruit Income: U$ 2,816 millions Magallanes y la Antartica Chilena Die chilenische Obstproduktion ist exportorientiert und deckt ein weites Artenspektrum ab. Tafeltrauben und Äpfel sind die wichtigsten Arten mit je 794.000 t. Avocados und Kulturheidelbeeren gewannen in den letzten 10 Jahren mit 81.514 t bzw. 54.296 t an Bedeutung. Steinobst wie Süßkirschen, Aprikosen, Pflaumen, Pfirsiche und Nektarinen summieren sich auf 235.242 t, wobei Süßkirschen die in den letzten 10 Jahren am meisten gepflanzte Art darstellt. Die Produktion von Pfirsichen und Nektarinen in Chile erstreckt sich auf 19.244 ha; das sind fast 6,5 % der gesamten chilensichen Obstanbaufläche. Frische Pfirsiche und Nektarinen sowie konservierte Pfirsiche stellen jeweils 2 %, 3,1 % und 1,1 % der gesamten Obstproduktion dar. Frische Pfirsiche und Nektarinen werden hauptsächlich für den Export produziert. In der Saison 2011/12 wurden insgesamt 86.000 t exportiert. Die USA sind mit 55 % der wichtigste Markt, gefolgt von den lateinamerikanischen Ländern mit 23 %, Europa mit 14 % und Asien mit 8 %. Die Produktionsgebiete für Pfirsiche und Nektarinen erstrecken sich von den chilenischen Region V (Valparaiso) bis VI (Libertador General Bernardo O‘Higgins). Aufgrund des großen Sortenspektrums, das meist aus Baumschulen aus © BLE, IAT - 2013 Das Mittelmeerklima mit trockenen Sommern und regenreichen Wintern gestattet eine gute landwirtschaftliche Produktionspraxis mit Bewässerung und einem minimalen Pestizideinsatz. Monilia-Fäule (Monilia laxa, M. Fruticola) infiziert in manchen Jahren die Blüten; Grauschimmel (Botrytis cinerea) und Sauerfäule (Geotrichum candidum) sind Lagerkrankheiten und in manchen regenreichen Jahren die wichtigsten Nacherntekrankheiten. Die Produktion von Pfirsichen und Nektarinen konzentriert sich auf den Export. Der Transport der Früchte dauert ja nach Markt 15, 30 oder 40 Tage (USA, Europa oder China). Erschwerend für den Export zu den weit entfernten Märkten wie Europa und Asien ist die mit der Empfindlichkeit der Arten für innere physiologische Mängel, wobei Pfirsichesorten am empfindlichsten sind. Die Ursachen für den Abbau der Früchte während des Transportes müssen für jede Sorte herausgearbeitet werden, damit den Verbrauchern eine gute Qualität geliefert werden kann. Jeder Exporteur hat die Kontrolle der Fruchtqualität als Standardmaßnahme eingeführt, um die privaten und staatlichen Anforderungen der Importländer zu erfüllen. 1 Der Erfolg des Exports von chilenischen Pfirsichen und Nektarinen hängt wesentlich von der Klassifizierung der Früchte und deren Zustand bei Ankunft am Markt ab. Bestimmte Reifeund Qualitätsparameter müssen bei der Ernte 1 http://www.ams.usda.gov/AMSv1.0/ams.fetch, accessed 11 February, 2013. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Chile erreicht sein. Verschiedene Klassen werden in Abhängigkeit von dem Anteil roter Färbung und Toleranzen für Mängel sortiert. In Klasse I sind beispielsweise nur Früchte mit >70 % Rotfärbung und insgesamt höchstens 10 % Mängeln zulässig. Berostung und Farbfehler sind die häufigsten Mängel, aber in Klasse I darf der einzelne Mangel nicht größer als 1 cm2 sein. Diese Grenze schließt auch andere Mängel wie z. B. gespaltene Steine, offene Nähte und Schäden durch Schädlinge (Thrips) ein. Im Falle der Klasse II ist die Toleranz für diese Mängel größer, aber die Färbung bleibt weiterhin die Hauptanforderung. Die Märkte unterscheiden sich bezüglich Verpackungsmaterial und Pflanzenschutzbestimmungen. Chile gilt als frei von der Mittelmeeerfruchtfliege. Andere Schädlinge wie z. B. Pseudococcus viburni erfordern jedoch eine Begasung mit Methylbromid oder bestimmte Kontrollen vor dem Versand. Der Zustand der Frucht am Markt hängt wesentlich von beeinträchtigenden Faktoren während der Lagerung ab. Welke, Verderb und innere physiologische Mängel gelten in der Branche als kritische Nachernteprobleme. Mehligkeit und Fleischbräune sind die wichtigsten physiologischen Mängel, die Textur und Geschmack nachteilig beeinflussen und nicht durch hohe Gehalte an löslicher Trockensubstanz bei der Ernte kompensiert werden können. Das NachernteManagement muss sich daher auf Hygienemaßnahmen konzentrieren. Die Kühlkette muss mit einem speziellen Nachernteprotokoll ergänzt werden, um der Empfindlichkeit der Sorte gegenüber physiologischen Mängeln auf ihrem Weg von der Ernte zu den Verbrauchern gerecht zu werden. Ernte Festigkeit und Grundfarbe dienen bei Pfirsichen und Nektarinen als Ernteindex. Eine Festigkeit von 12-14 lb und ein Farbwechsel von grün nach gelb gelten für viele Sorten. Harte, aber physiologisch reife Früchte vertragen die Sortierung in den Sortiermaschinen und sind sehr tolerant gegenüber physischen Belastungen. In Chile müssen bei der Ernte insgesamt mindestens 10 % lösliche Trockensubstanz (TS) erreicht sein, für anspruchsvolle Märkte wie GB 11-12 %. Die asiatischen Märkte verlangen niedrige Säuregehalte von etwa 0,5 % und weißes Fruchtfleisch, während in Europa 0,9-1 % Säure gefragt sind. © BLE, IAT - 2013 77 Eine kürzere Nachernteperiode durch Nutzung von Luftfracht ermöglichen eine Ernte bei fortgeschrittenerer physiologischer Reife (8-10 lb) und besserem Geschmack. Kühlung Das Kühl-Management ist anerkanntermaßen die wichtigste Maßnahme, um das Weichwerden der Früchte und die Verderbrate während der Lagerung zu reduzieren. Die Temperatur des Fruchtfleisches sollte bei Sorten mit einer TS von mehr als 14 % zwischen -0,5 °C und -1 °C betragen. Das Temperatur-Management sollte an die Zeitspanne bis zur weiteren Behandlung der Früchte angepasst sein. 1. Früchte, die innerhalb von 24 Stunden nach der Ernte sortiert und gepackt werden, müssen nicht auf 0 0C gekühlt werden; ein Einstellen auf 15-20 °C mittels Wasserkühlung wird empfohlen. 2. Früchte, die frühestens 24 Stunden nach der Ernte sortiert und gepackt werden, müssen auf 2-4 °C Fruchttemperatur gekühlt werden und bis zur Verarbeitung in einem 0 °Ckalten Raum gelagert werden. Innerhalb der ersten drei Tage der Lagerung muss im Zentrum der Erntekiste eine Fruchttemperatur vonunter 3 °C erreicht werden. Wasserkühlung mit entkeimtem Wasser (100 ppm freies Chlor) ist eine empfohlene Kühlmethode, da auf diese Weise gleichzeitig schnell gekühlt und Hynienisiert werden kann. Das Management der Fruchttemperatur beeinflußt das Weichwerden und den Verderb der Früchte, eine Lagerung zwischen 3 und 5 °C erhöht zusätzlich die Entwicklung von inneren physiologischen Mängeln. Obwohl eine Fruchttemperatur von 0 °C notwendig ist und innerem Abbau vorbeugt, führt die Länge der Lagerung bei 0 0C zu einer irreversiblen Schädigung des Reifeprozesses, die schlussendlich zu Mehligkeit und Fleischbräune führt, wenn die Früchte anschießend bei 20 °C gereift werden. Während der Kühllagerung bei 0 0C wird das Enzym, das für den Abbau der Zellwände und die Entstehung der Saftigkeit verantwortlich ist, zerstört. Während der nachfolgend Reifung wird das Pektin in den Zellwänden nicht abgebaut. Das Pektin nimmt weiterhin Wasser auf und bindet es. Folglich werden die Früchte nicht saftig, sondern mehlig. Das Problem zeigt sich bei der Reife, d. h. im Supermarkt oder auf der Verbraucherebene. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Chile Die Induktionszeit, welche bei 0 °C eine physiologische Störung bewirkt, ist genetisch determiniert. Daher ist es zweckdienlich, die Sorten danach zu klassifizieren und die Vermarktung entsprechend auszurichten. Die maximale Zeit, die eine Sorte bei 0 °C gelagert werden darf, wird so bemessen, dass mindestens 70 % der Früchte saftig werden. Die Tabelle zeigt die Induktionszeit (Tage) Auslösung physiologischer Störungen einiger Sorten bei einer Lagerung der Pfirsiche und Nektarinen bei 0 °C. Die Früchte wurden nach einer 4-tägigen Reife bei 20 °C bewertet; höchstens 30 % der Früchte durften den Mangel aufweisen. Evaluation of the varieties at the USA market, At arrival + 1, 2, 3 weeks on ripe fruit. Rich Lady Royal Glory Flavor Crest 23 23 78 Daraus ergibt sich, dass der einzige Weg, die Essqualität der Früchte zu garantieren, die Vermarktung von Pfirsichen und Nektarinen nach Sorte, die Kennzeichnung der Sorte und die Kennzeichnung des Erntedatums ist. Die Nachernte-Forschung auf die Verlängerung der Induktionszeit fokusierte sich bei den Sorten. In der Praxis werden erfolgreich die Vorkonditionierung eingeführt bei der die Früchte vor der Kühlung bei 20 °C gelagert werden. Durch diese Maßnahme konnte die Zeitspanne der Lagerung bei 0 °C um fast 10 Tage verlängert werden, ohne physiologische Mängel hervorzurufen. Kontrollierte Atmosphäre kann erwiesenermaßen die Entwicklung von Fleischbräune reduzieren, obwohl die optimale Zusammensetzung der Atmosphäre (15-17 % CO2, 4-7 % O2) bei der kommerziellen Lagerung schwierig zu erreichen ist. AUGUST RED 23 Acondicionado PQA UNTREATED 100 20 23 23 Flame Crest JUICY FRUIT (%) 80 Summer Beaut Super August 60 40 20 Induction period at 0°C Peaches 0 ARRIVAL (3w) ARRIVAL +1 w Induction period (days) Crown Princes Elegant Lady Flavor Crest June Lady O’Henry Rich Lady Rosario Red Ryan Sun September Sun Summer Lady Sweet September Vista White Lady Zee Lady The incidence of the disorder is less than 30%. 35 25 30 25 25 45 20 25 20 25 25 40 25 25 Zusätzlich wurde das Konzept für die maximale Vermarktungszeit einer Sorte entwickelt. PRECONDITIONING PROTOCOL Pulp Temperature Firmness 14-10 lb HARVEST 20-30°C Hydrocooling 17-15°C PACKAGING 20°C Conditioning at 20°C Softening 20°C Fast Cooling 8-10 Lb min. 5 lb Temperature 0-2°C Cooling Chamber Temperature Storage time. 5-10 días. 0°C 8-10 Lb min. 5 lb TRANSPORT Maximum Holding time (days) in the market Peaches USA Europe Taiwan Transport Die Früchte werden meist in Kühl-Containern nach Europa und Asien transportiert; nach USA werden meist gekühlte Decks in Kühlschiffen genutzt. Die Einhaltung der Kühlkette von 0 °C (±0.5 °C) vom gekühlten Lagerhaus bis zum Markt ist unabdingbar, um Kondensation und Weichwerden zu verhindert. Kühl-Container © BLE, IAT - 2013 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Chile werden meist im Lagerhaus beladen, während die gekühlten Decks der Transportschiffe im Hafen mit Paletten, die mit einem Kühl-Lkw vom Lagerhaus transportiert wurden, beladen werden. Schlussfolgerung Die Qualität chilenischer Pfirsiche und Nektarinen, die zu internationalen Märkten exportiert werden, wird meist von physiologischen Mängeln wie Mehligkeit und Fleischbräune beeinträchtigt. Bei der Vermarktung der Sorten muss ihre Eignung für eine Lagerung bei 0 °C, ohne die Entwicklung physiologischer Mängel, berücksichtigt werden. Ein gutes NachernteManagement, das die Einhaltung der Kühlkette vom Lagerhaus bis zur Erreichung des Marktes gewährleistet, ist notwendig, um die Genussqualität für die Verbraucher zu maximieren. Literatur Crisosto, C.H., Mitchell, F.G., Ju, Z., 1999. Susceptibility to chilling injury of peach, nectarine, and plum cultivars grown in California. HortScience 34, 1116–1118. Crisosto, C.H., Garner, D., Andris, H.L., Day, K.R., 2004. Controlled delayed cooling extends peach market life. HortTechnoIogy 14, 99–104. Zoffoli, J.P. 2008. En duraznos y nectarines: Aspectos tecnológicos de poscosecha para reducir la harinosidad. Agroeconomico 110: 10-13. Zoffoli J.P., Balbontín S., Rodríguez J. 2001. Effect of modified atmosphere packaging and maturity on susceptibility to mealiness and flesh browning of peach cultivars. Acta Hort. 592: 573-579. Zoffoli J.P., Latorre B., Kohler E. 2000. Evaluación de la aplicación de fungicidas de poscosecha en frutos de carozos. Aconex 97: 9-12. © BLE, IAT - 2013 79 80 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien Francisco Guerra Sarabia 1. Sorten – heute und morgen Alle Sorten von Pfirsichen und Nektarinen, einschließlich der Sorten mit flachen Früchten sind Steinfrüchte der Art Prunus persica. Pfirsiche und Nektarinen sind die gleiche botanische Art, obwohl sie im Handel wie zwei verschiedene Arten angesehen werden. Nektarinen sind eine Mutation des normalen Pfirsichs und nicht, wie man landläufig annimmt, eine Kreuzung aus Pfirsich und Pflaume. Allgemeine Merkmale: Größe von 56-61 mm bis über 80 mm im Durchmesser. Das Fleisch ist gelb bis weiß, parfümiert und saftig. Die Haut ist einheitlich und stark gefärbt und deckt fast das ganze Spektrum von rot-orange, rosa überhaucht bis vollständig gelb ab. Besondere Merkmale der Nektarinen sind eine glatte, glänzende, unbehaarte Haut, ein weites Spektrum des süßen Geschmacks und ein intensiveres Aroma als bei Pfirsichen. Besondere Merkmale der Pfirsiche sind eine glatte, samtige Haut. Manche Sorten haben eine vollkommen gelbe Haut. Besondere Merkmale der flachfrüchtigen Sorten: Diese Gruppe zeichnet sich durch eine sehr attraktive flache Form und süßen Geschmack aus. Der flache Pfirsich ist dem Pfirsich sehr ähnlich bezüglich seiner behaarten Haut und Färbung. Die flache Nektarine (auch als Platerine bekannt) ist der Nektarine sehr ähnlich bezüglich ihrer glatten, glänzenden, unbehaarten Haut und Färbung. Die Verbraucher verlangen nach Abwechslung bei den zur Wahl stehenden Lebensmitteln. Folglich haben die Züchter in ihren Zuchtprogrammen die Fruchtmerkmale diversifiziert. Zuchtziele sind: Symmetrische und runde Früchte, da diese während Ernte und Transport weniger leicht beschädigt werden und eine bessere Haltbarkeit aufweisen. Fruchtfleischfestigkeit (größere Nachfrage nach knackigem, nicht schmelzendem und weniger saftigem Fleisch) in Verbindung mit besserer Haltbarkeit. Schmackhaftigkeit – die Verbraucher verlangen mehr Zucker und weniger Säure. © BLE, IAT - 2013 In den zurückliegenden Jahrzehnten fand ein gründlicher Sortenwandel statt, so dass in gerade mal 15 Jahren das gesamte Sortenspektrum praktisch komplett ausgewechselt wurde. Neue Sorten werden in mehr als 70 Züchtungsprogrammen weltweit gezüchtet. Die USA sind führend und steuern zum Sortenspektrum mehr als 50 % der Sorten bei. In Europa führen Italien und Frankreich die Sortenentwicklung an. In den letzten Jahren haben sowohl die öffentlichen als auch die privaten Programme deutlichen Zuwachs erfahren. Spanien ist wie andere Länder stark auf fremde Sorten, meist aus den USA, Italien und Frankreich angewiesen. Die bemerkenswerte Sorteninnovation wurde charakterisiert durch die ständige Geburt von neuen, süßen und besser gefärbten Sorten. Gerade den Nektarinen haben die Züchter in den letzten Jahren ihre Kraft gewidmet und damit in dieser Gruppe die größte Dynamik erzeugt. Vom Blickwinkel der Sorteninnovation ist die Einführung der Sorte „Big Top®“ und ihr großer Einfluss auf die Erzeuger das bedeutendste Ereignis der letzten 15 Jahre. Allerdings haben Verbraucher bei Pfirsichen und Nektarinen, anders als bei Birnen und Äpfel, keinerlei Sortenkenntnis. Gelbfleischige Nektarinen: Diese Gruppe hat die größte Sortenerneuerung und den größten Produktionsanstieg in den letzten 15 Jahren erlebt. Die neuen Sorten zeichnen sich durch optimale rote Färbung, kugelrunde Form, festes Fruchtfleisch und einen überwiegend süßen Geschmack aus. Weißfleischige Nektarinen: Diese Gruppe hat eine deutlich geringere Sortenerneuerung erfahren als die gelbfleischigen Nektarinen, aber sie enthält heute neue Sorten mit guter Färbung, süßem Geschmack, Unempfindlichkeit gegen Risse in der Haut. Diese Sorten decken außerdem eine große Reifezeit ab. Flache Pfirsiche und Nektarinen: Diese Gruppe hat in Spanien in den letzten Jahren den stärksten Zuwachs erfahren. Dies ist vor allem auf das Interesse des Handels zurückzuführen, der die neuen Sorten von Flachpfirsichen in großem Stil vermarktet hat. Diese neuen Sorten sind besonders süß, mehr oder weniger aromatisch Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien und besser ausgefärbt. Sie haben einen besseren Schluss in der Stielgrube, größere Stabilität beim Hantieren, deutlich verlängerte Reifezeiten (von Ende Mai bis Ende September), symmetrischere, flache Form und weiße bis gelbe Fleischfarbe. Durch diese Merkmale werden sie von den Verbrauchern leicht erkannt. Das unterscheidet sie auch von den Pfirsichen und Nektarinen, bei denen mit einem ähnlichen Aussehen (Form und Farbe) sehr unterschiedliche Geschmacksqualitäten verbunden sind. Das Sortenspektrum von weißfleischigen, flachen Nektarinen ist noch immer begrenzt. Im Vergleich zu Flachpfirsichen ist ihre Produktion noch immer gering. Weißfleischige Pfirsiche haben einen sehr süßen Geschmack mit geringer Säure. Es gibt Sorten mit roter Haut und weißem Fleisch. Gelbfleischige Pfirsiche haben einen säuerlichen Geschmack verbunden mit Süße, allerdings gibt es eine große Variationsbreite. Europäer und Nordamerikaner haben früher säuerliche, festund gelbfleischige Sorten bevorzugt. Alles in allem haben die gelbfleischigen Sorten eine geringere Schmackhaftigkeit als die weißfleischigen. Aktuell zeigt der Markt allerdings einen Trend zu den weniger säuerlichen, süßeren Sorten. Eine besondere Sortengruppe sind die Pfirsiche mit gelbem Fleisch und gelber Haut. Es handelt sich um alte Sorten für den heimischen Markt, die spät in der Saison geerntet werden und stark rückläufig sind. Darüber hinaus gibt es gelbfleischige Sorten mit roter Haut. In Spanien verteilt sich die Produktion auf die einzelnen Sortengruppen wie folgt: 76 % gelbfleischige Nektarinen, 24 % weißfleischige Nektarinen; 86 % gelbfleischige Pfirsiche, 14 % weißfleischige Pfirsiche. Die verschiedenen Sortentypen werden nach der Gesamtsäure im Fruchtfleisch klassifiziert, da sich mit diesem Merkmal die Geschmacksunterschiede der Sorten am besten beschreiben und messen lässt. Es wurden fünf Gruppen gebildet, die den Geschmack von „extra süß“ bis „extra sauer“ beschreiben. 81 CULTIVARS CLASSIFICATION - Acidity Acidity (g. Mal. ac./l) - Extra sweet - Sweet Acidity (meq./100 ml) <3,3 <5 3,3 - 6 5-9 - Balanced 6-8 9 - 12 - Acid 8 - 10 12 - 15 >10 >15 - Extra acid Source: Iglesias y Echeverria, 2009 13 Neuerdings wird der Geschmack auch über das Zucker-/Säure-Verhältnis bestimmt. Die allgemeinen Ziele in den aktuellen Züchtungsprogrammen sind Sorten mit süßerem Geschmack, festem und knackigem Fruchtfleisch, viel Aroma und langsamerer Reifung. Die Saison soll durch frühere und spätere Sorten verlängert werden. Eine größere Resistenz gegen Schädlinge ist notwendig, weil die zulässigen Rückstandshöchstmengen so niedrig sind und die Zahl der zulässigen aktiven Substanzen bei Pestiziden gesenkt wurde. Zur Befriedigung der Wünsche von Verbrauchern und Händlern ist ein Trend zu Sortenserien zu verzeichnen. Dabei handelt es sich um Sorten mit weiter Spanne bei der Erntezeit und gleichzeitig ähnlichen Fruchteigenschaften bezüglich Präsentation und Aroma, aber eindeutigem Namen. Als Beispiel für diese Sortenserien seien genannt: Honey® von Zaiger Genetics Inc. (USA), Nectapom® von Agro Selection Fruit (Frankreich), Extreme® von Nursery PROVEDO (Spanien) und UFO von CRA-Rome. Die Anpassung der Sorten an die Verbraucherwünsche ist der Schlüssel für die Zukunft. Für weitere Informationen zu den in Spanien angebauten Sorten von Pfirsichen und Nektarinen wird die folgende Webseite empfohlen: http://www.ruralcat.net/c/document _library/get_file?uuid=1ae82616-fec3-4ff3-9dd28a580bb5c6e4&groupld=10136 2. Produktion von Pfirsichen, Nektarinen und Flachpfirsichen in Spanien Die Weltproduktion von ca. 19 Mio. t (2008/2010, Quelle: FAO) wird angeführt von China (10 Mio t), der Europäischen Union (3,7 Mio t) und den USA (1,25 Mio t). © BLE, IAT - 2013 Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien In der spanischen Produktion sieht die Rangfolge wie folgt aus: 850.000-750.000 t Pfirsiche und 540.000-430.000 t Nektarinen. Die Flachpfirsiche und Platerinen haben deutlich zugenommen von 51.000 t (2008) auf 120.000 t (2012). Der Anbau ist sehr stark von den klimatischen Bedingungen abhängig und dabei insbesondere von der Anzahl der Kältestunden, da die Bäume für eine befriedigende Blüte eine Winterdormanz brauchen. SPANISH PRODUCTION REGIONS 30 % mid and late season 33 % mid and late season 9% 2º earliest 9% earliest Mediterranean arch & chilling hours 14 % mid season 19 Innerhalb der EU-Mitgliedstaaten kommen aus Italien 41 %, aus Spanien 30 %, aus Griechenland 20 % und aus Frankreich 9 % der EU-Produktion (2008-2010, Quelle: Europech‘10). Der spanische Export erreicht durchschnittlich 490.000 t pro Jahr für alle Gruppen und stellt sich wie folgt dar: SPANISH EXPORTS DESTINATION PEACH t. % NECTARINE t. % FRANCE 40.000 18 53.000 19 GERMANY 36.000 17 52.000 19 ITALY 29.000 13 25.000 10 PORTUGAL 21.000 10 15.000 6 U.K. 17.000 8 22.000 8 OTHERS (*) 77.000 34 103.000 38 TOTAL 220.000 100 270.000 100 Exported production +/- 25% +/- 55% SOURCE: EUROSTAT - Average last 5 years (*): Mainly: Holland, Belgium, Russia, Poland 21 3. Innere Qualität und Geschmack Pfirsiche, Nektarinen, Flachpfirsiche und Platerinen sind klimakterische Früchte. Sie können die Reife nach der Ernte fortsetzen. Allerdings müssen sie dann zu Beginn der vor-klimakterischen Phase geerntet werden. © BLE, IAT - 2013 82 Die wichtigsten Qualitätsattribute von Pfirsichen und Nektarinen ist ihr fein ausbalanciertes Verhältnis von Zuckern, Säuren, Aroma (eine Mischung flüchtiger Komponenten) und Textur des Fruchtfleischs. Diese Merkmale müssen sich nach der Ernte entwickeln, damit bei den Verbrauchern Früchte im perfekten Reifestadium ankommen. Der Geschmack wird bestimmt von dem Verhältnis des Gesamtgehalts an löslicher Trockensubstanz zur titrierbaren Säure. Die Früchte müssen bei der Ernte mindestens 8-10 °Brix aufweisen. Für eine optimale Akzeptanz durch die Verbraucher sind 10-11 °Brix erforderlich. Die EU-Vermarktungsnorm fordert „Die Früchte müssen genügend entwickelt sein und einen ausreichenden Reifezustand aufweisen. Der Refraktometerwert des Fruchtfleisches sollte mindestens 8 °Brix betragen”. Die Säure ist ein sich entwickelnder Parameter, wobei der beste Geschmack mit Säuregehalten von 50-100 meq/l für gelbfleischige Pfirsiche, 120-130 meq/l für rote Pfirsiche und 100-150 meq/l für gelbfleischige Nektarinen verbunden ist. Dies Daten sind Orientierungsgrößen für die besten Säuregehalte. Aber das heißt natürlich nicht, dass Früchte mit Säuregehalten außerhalb dieser Spannen zu verwerfen sind, denn die Akzeptanz der Früchte hängt ab von der Kombination aus Fruchtfleischfestigkeit, Säure, Zucker, Aroma usw. In jedem Fall baut sich der Säuregehalt im Verlauf der Saison ausgehend von sehr hohen Werten ab auf akzeptable Werte (um 50-80 meq/l für Pfirsiche und 100-120 meq/l für Nektarinen). Beim Zucker-/Säure-Verhältnis geht man landläufig davon aus, dass die Akzeptanz der Verbraucher umso höher ist, je höher die Zahl ist. Allerdings kann das gleiche Verhältnis mit verschieden hohen Zuckergehalten erreicht werden, wenn der Säuregehalt entsprechend sinkt. Die Verbraucher reagieren deutlicher auf ein bestimmtes Zucker-/Säure-Verhältnis als auf einen bestimmten Trockensubstanzgehalt, aber – in Abhängigkeit von der Sorte – nur innerhalb bestimmter Schwankungsbreiten des Säuregehalts. Das Aroma setzt sich zusammen aus Verbindungen, die zum Teil flüchtig sind. Zu den flüchtigen Verbindungen gehören Terpene, Aldehyde, Ester, Alkohole, Säuren und Ketone. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien Die Textur oder Festigkeit des Fleisches wird üblicherweise mit einem Penetrometer mit 8-mm (= 0,5 cm2)-Kolben und flachem Kolbenkopf bestimmt. Um Beschädigungen während Ernte, Verpackung und Transport zu vermeiden, wird empfohlen, dass die Früchte am Äquator und an der Spitze eine Festigkeit von mindestens 5 kg aufweisen. Die Früchte kann man nach der Fruchtfleischfestigkeit wie folgt klassifizieren: 2,7-3,6 kg „kauf-reif“, 0,8-1,3 kg „ess-reif“ und 2,75 kg oder weniger „sehr empfindlich für Beschädigungen bei der Hantierung“. Die Früchte sollten am Verkaufspunkt ankommen, bevor sie die Punkt „kauf-reif“ erreicht haben, um Beschädigungen entlang der Lieferkette zu vermeiden, einschließlich der letzten Hantierungen bevor die Früchte zum Verkauf angeboten werden. Die EU-Vermarktungsnorm verweist bezüglich der Messmethoden auf den „OECD-Leitfaden zu objektiven Testmethoden zur Bestimmung der Qualität bei Obst und Gemüse sowie Trockenund getrockneten Erzeugnissen“. Die Erzeuger müssen den richtigen Erntezeitpunkt ermitteln, der die richtige Nachreife der Früchte gewährleistet. Dazu müssen sie die oben erwähnten Parameter, die Eigenheiten der Sorte, die Grundfarbe der Haut und das Alter der Frucht seit der Blüte miteinander kombinieren. 4. Mängel, die Erscheinungsbild und Haltbarkeit beeinträchtigen Während Ernte und Aufbereitung ist Sorgfalt zur Minimierung der Schäden wie z. B. Verletzungen, Druckstellen oder Hautabschürfungen unabdingbar, um ein qualitativ hochwertiges Produkt zu erzeugen. Die Fruchtqualität wird durch einen komplexen Mix der Faktoren Umwelt, Obstbau, Genetik und Erzeuger bestimmt. Mängel, die das äußere Erscheinungsbild beeinträchtigen: Bakterielle Flecken (Xanthomonas pruni), Schorf (Cladiosporum carpophilum), Schadstellen durch Schildläuse, Blattläuse und Thripse, Hagelschaden, Reibestellen durch Blätter oder Zweige, gespaltene Steine und Druckstellen. Gespaltene Steine sind ein Mangel, wenn das Fruchtfleisch im Bereich der Stielregion offen ist oder wenn die Früchte durch diese Spaltung verformt sind. Früchte, die wie eine „8“ geformt sind, oder Früchte mit einer für die Sorte nicht typischen Spitze zeigen von außen den möglichen Steinspalter. Besondere Aufmerksamkeit ist Pilzinfektionen im Stein zu widmen, © BLE, IAT - 2013 83 da Pilzsporen mittels Regenwasser oder Tau und über den Stiel in den Stein gelangen können. Es konnte nachgewiesen werden, dass Früchte mit der kleinsten sichtbaren Verletzung Schimmel im Kern oder um den Stein herum aufwiesen. Dieser Mangel tritt üblicherweise zu Beginn der Saison auf. Insbesondere Nektarinen und Platerinen werden durch Schrumpeln (vor allem im Bereich der Schulter durch trockene Luft), Thripsschäden (silberne Hautverfärbungen) und Risse geschädigt. Risse treten vor allem bei überschüssigem Wasser zur Zeit der Reife auf. Nachernte-Verluste durch Pathogene werden im Lager in erster Linie durch pilzliche Erkrankungen verursacht, wie z. B. Grauschimmel (Botrytis cinerea), Rhizopus-Fäule (Rhizopus stolinifer), Alternaria und Braunfäule (Monilia fruticola und Monilia laxa). Monilia ist die bedeutendste Nachernteerkrankung bei Steinfrüchten. Die genannten Krankheiten breiten sich schnell aus, insbesondere wenn sich befallene und gesunde Früchte berühren. Nachernte-Verluste durch physiologische Mängel sind häufig auf ungeeignete Lagerbedingungen zurückzuführen. Fleischbräune oder Kälteschäden ist ein physiologisches Problem, bei dem das Fleisch verbräunt, mehlig wird und zwar zunächst deutlich um den Stein und sich später radial ausbreitend. Die Früchte können die Reife nicht fortsetzen und verlieren an Aroma. Früchte, die zu lange bei 2,2 bis 7,6 °C gelagert wurden sind besonders anfällig. Schwarzfleckigkeit ist ein kosmetisches Problem, das nur die Haut von Pfirsichen und Nektarinen betrifft und sich als schwarze oder braune Flecken oder Streifen äußert. Diese Symptome erscheinen in der Regel 24-48 Stunden nach der Ernte. Ursache sind Hautabschürfungen in Kombination mit einer Kontamination mit Schwermetallen (Eisen, Kupfer, Aluminium). Baumwoll-Textur tritt normalerweise nur bei Temperaturen von 2-4 °C auf, kaum bei 0 °C und nur während der Nachreife nach der Kühllagerung. Es wird daher empfohlen, die Früchte bei 0 °C zu lagern, allerdings nach einer Vorkühlung bei höheren Temperaturen. 5. Sortierung und Normen Die spezielle Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen wurde durch die Durchführungsverordnung der Kommission (EU) Nr. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien 543/2011 vom 7. Juni 2011 erlassen. Diese spezielle EU-Vermarktungsnorm entspricht der UNECE-Norm FFV-26 (Ausgabe 2009). Im Rahmen der Aktivitäten des OECD-Schemas zur Anwendung internationaler Normen bei Obst und Gemüse werden Erläuterungsbroschüren veröffentlicht, die Erläuterungstexte und Fotos enthalten und die einheitliche Interpretation der Normen erleichtern. Im Jahr 2010 hat die OECD eine spezielle Erläuterungsbroschüre für Pfirsiche und Nektarinen veröffentlicht, die Fotos von allen Mängeln zeigt, die hier beschrieben wurden (http://www.oecd.org/tad/code/ oecdfruit andvegetablesstandardsbrochures.htm). 6. Verpackung Pfirsiche, Nektarinen sowie Flachpfirsiche und Platerinen werden hauptsächlich wie folgt verpackt: lose oder in Lagen in einlagigen oder zweilagigen Steigen aus Holz oder Karton in den Maßen 30x50 oder 40x60 cm2 mit speziell geformten Einlagen aus Kunststoff oder Pappe, Körbe, Netze (Girsac), Körbchen und Flowpacks. Baskets Punnets Layered Loose 28 7. Lagerungsbedingungen Die Sortierung und Verpackungsanlagen müssen über eine hohe Kapazität verfügen, damit während der gesamten Saison eine maximale finanzielle Rendite gesichert ist. Um die Anlagen gleichmäßig auszulasten, werden Früchte aus verschiedenen Gebieten und, wenn erforderlich, auch aus dem Kühllager sortiert und gepackt. Die Lagerung nach der Ernte ist allerdings zu teuer, um routinemäßig eingesetzt zu werden. Von diesen hoch verderblichen Früchten vertragen nur wenige Sorten die Kühllagerung. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Früchten um Lebewesen handelt, die sehr stark variieren können, und dass es ein derart weites © BLE, IAT - 2013 84 Sortenspektrum gibt und die gartenbaulichen Faktoren eine so große Rolle spielen, ist es zu schwierig allgemeine Empfehlungen zum richtigen Erntezeitpunkt, Vorkühlungsbedingungen, Kühllagerung, Transport, Haltbarkeit zu geben – das geht nicht einmal für ein- und dieselbe Sorte in allen Klimabereichen. Vorkühlung: Die meisten Sorten müssen so schnell wie möglich vorgekühlt werden, da sie häufig während hoher Temperaturen geerntet werden und um Gewichtsverluste und Verderb während der Lagerung zu vermeiden, um die biologische Aktivität zu stoppen und den enzymatischen Prozess, der das weich Werden der Früchte bewirkt, zu verlangsamen. Allgemein gilt, daß durch die Vorkühlung die Fruchttemperatur am Stein innerhalb von 3 Stunden auf 10 °C gekühlt werden muss. Während der Vorkühlung muss die Luftfeuchtigkeit 90-95 % betragen und die Lufterneuerungsrate 85 m3/h. Kühllagerung: Auf diesem Gebiet hat jede Sorte ihre eigenen Anforderungen, aber die Erfahrung zeigt, dass die Kühllagerung nicht sehr verbreitet ist, da die Früchte ein derart kurzes Leben haben. Es kann nur bei einer Gruppe geprüfter Sorten angewandt werden, die in der Mitte und gegen Ende der Saison reifen. Die Fruchtfleischfestigkeit nimmt sowohl während der Kühllagerung als auch während des nachfolgenden Lagerzeit bei 20 °C ab. Es gibt aber Nektarinen-Sorten, wie z. B. Big Top® und Honey BlazeCOV, die ihre Festigkeit bis zu 20 und 40 Tage bei Kühllagerung halten und die Verbrauchererwartungen besser erfüllen, wenn sie bei 0 °C gelagert werden, was 2-6 Wochen möglich ist. Die Lagerung sollte allerdings nicht über die genannten Zeiten, welche die Erhaltung der guten Qualität gewährleisten, hinausgehen. Lagertemperaturen von -1 bis 2 °C werden, mit Ausnahmen, empfohlen. Wenn dieser Kühllagerung einige Tage bei höheren Temperaturen (z. B. 2-3 Tage bei 24 °C) vorausgehen, kann bei empfindlichen Sorten der Entwicklung von Mehligkeit vorgebeugt werden. Der Frostpunkt liegt – je nach Gehalt an Trockensubstanz – bei -3 bis -2,5 °C. Die kürzeste Haltbarkeit haben Früchte, die bei 5 °C gelagert werden, dann bricht das Fleisch schnell zusammen. Die optimale Luftfeuchtigkeit bei der Lagerung beträgt 90-95 %. Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien In bestimmten Fällen kann am Ende der Kühllagerung eine Nachreife erforderlich sein. Gute Resultate werden bei Temperaturen von 18 bis 20 °C erzielt. Wenn die Kühllagerung zu lange gedauert hat, können die meisten Früchte nicht mehr nachreifen. In der Regel brauchen Pfirsiche und Nektarinen, die zum richtigen Zeitpunkt geerntet wurden, keinen Anstoß durch äußerliche Ethylengaben. Früchte, die kurz vor der Vollreife geerntet werden, reifen jedoch gleichmäßiger und keinesfalls schneller, wenn Ethylen appliziert wird. Einige Sorten brauchen Ethylengaben, um ordentlich zu reifen. CA-Lagerung: Jede Sorte hat ihre eigenen Anforderungen bei der Lagerung in Kontrollierter Atmosphäre. Aber da die Früchte generell nur ein kurzes Leben haben, wird CA-Lagerung kaum eingesetzt. Die CA-Lagerung und die Lagerfähigkeit haben einen deutlichen Einfluss auf die sensorischen Qualitäten von Pfirsichen und Nektarinen. Bei zahlreichen Tests konnte nachgewiesen werden, dass die Lagerdauer einen deutlichen Einfluss auf die Wahrnehmung der Aromen durch die Verbraucher hatte. Lange Lagerdauer führte zu geringerer Akzeptanz der Früchte durch die Verbraucher. Zu erwähnen ist auch, dass eine zu lange Lagerung bei eigentlich zuträglichen Temperaturen die Entwicklung von Aroma verhindert, eine rötliche Verfärbung des Fleisches fördert oder zu den oben genannten Mängeln führt. Die maximale Vermarktungsdauer beträgt – in Abhängigkeit von der Sorte – 1-7 Wochen bei Nektarinen und 1-5 Wochen bei Pfirsichen. Transportbedingungen: Als allgemeine Regel könnte gelten: 2-4 0C, 85-95 % relative Luftfeuchtigkeit und 0,25 m/sec Luftgeschwindigkeit, um Austrocknung und Gewichtsverlust zu vermeiden. 8. Haltbarkeit Die Früchte müssen am Verkaufspunkt ankommen, bevor sie das Stadium der Genußreife erreicht haben, um physischen Schäden durch Hantierung und Transport vorzubeugen. Die Fruchtfleischfestigkeit nimmt – mit Beginn des Reifeprozesses – langsam, und gegen Ende schneller ab. © BLE, IAT - 2013 85 Die Früchte sollen am Verkaufsort reifen, ihr Aroma entwickeln und weich werden. Die durchschnittliche Entwicklung der Festigkeit verläuft wie folgt: am Verkaufspunkt nimmt die Festigkeit bei 20 0C täglich um 0,9-1,1 kg/Tag ab und bei 25 0C um 1,1-1,7 kg/Tag. Mehr als Tausend verschiedene Pfirsich- und Nektarinensorten werden in Spanien angebaut. Die Lagerfähigkeit variiert je nach Sorte sehr stark und wird sehr stark durch die Temperatursteuerung beeinflusst. Die längste Vermarktungsspanne gewährleistet eine Lagerung bei 0 °C und die kürzeste bei 5 °C. 9. Qualitätssicherungsmaßnahmen Die meisten spanischen Fruchtexporteure haben große Erfahrung mit der Lieferung ihrer Erzeugnisse an Märkte mit hohen Qualitätsansprüchen (EU, USA, Kanada, Japan usw.). In diesen Märkten wird das Angebot von großen Supermarktketten kontrolliert, die mit den spanischen Lieferanten Kontrakte für die ganze Saison abschließen. Seit einigen Jahren verlangen diese Supermarktketten von ihren Lieferanten die Einführung und Zertifizierung von Qualitätssicherungsmaßnahmen. Seit kurzem beinhaltet die Zertifizierung auch Aspekte der Umwelt und Arbeitssicherheit. Die meisten spanischen Exporteure sind zertifiziert nach: GLOBALGAP: Ein Standard auf Betriebsebene, der den gesamten Produktionsprozess des zertifizierten Produktes umfasst vom ersten Moment (z. B. Kontrollpunkte für Jungpflanzen) und über nachfolgenden Anbauaktivitäten bis zu dem Augenblick, an dem das Erzeugnis die Produktionseinheit verlässt. Heute ist GLOBALGAP das führende Qualitätssicherungssystem für Agrarbetriebe, das die Wünsche der Verbraucher in immer mehr Ländern, die gute landwirtschaftliche Praxis übersetzt – in immer mehr Ländern, aktuell in mehr als 100 auf jedem Kontinent. Für Verbraucher und Händler gewährleistet das GLOBALGAP-Zertifikat, dass die Lebensmittel die Qualitäts- und Sicherheitsstandards erfüllen und ihre Produktion die Kriterien der Nachhaltigkeit, Sicherheit, Hygiene, Wohlbefinden der Arbeiter, der Umwelt und des Tierschutzes berücksichtigt. INTERNATIONAL FOOD STANDARD (IFS FOOD): Der Standard ist ein privates technisches Protokoll, das von deutschen, französischen und italienischen Händlern entwickelt wurde, um Qualitätsproduktion von Pfirsichen und Nektarinen in Spanien den Anbietern zu helfen, sichere Produkte, welche die privaten Anforderungen und gesetzlichen Vorschriften erfüllen, anzubieten. Dieses Protokoll erfordert die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems bzw. eines HACCP-Systems (Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunktesystem). BRITISH RETAIL CONSORTIUM (BRC Standard): Der Standard hat zum Ziel, dass die Anbieter eine Reihe von Anforderungen erfüllen, die die Bekömmlichkeit der Lebensmittel gewährleisten. Dies ist einer der am weitesten international akzeptierten Standards, auf dessen Grundlage die Lebensmittelketten ihre eigenen Marken entwickeln. ISO 9.001:2008: Dieser internationale Standard fördert bei der Entwicklung, Anwendung und Verbesserung der Effektivität eines Qualitätsmanagementsystems einen prozeßorientierten Ansatz um die Kundenzufriedenheit durch Erfüllung der Verbrauchererwartungen zu verbessern. NATURE´S CHOICE – TESCO (UK). SUPPLIER ETHICAL DATA EXCHANGE (SEDEX): Dies ist eine Organisation ohne Gewinnstreben, die nach verantwortungsvollen und ethischen Geschäftspraktiken in den weltweiten Handelsbeziehungen strebt. BUSINESS SOCIAL COMPLIANCE INITIATIVE (BSCI): Dies ist eine führende, vom Handel initiierte Initiative für Betriebe, die sich um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den weltweiten Handelsbeziehungen bemühen. Andere Qualitätssicherungsmaßnahmen wie Rückverfolgbarkeit und integrierte, kontrollierte Produktion wurden ebenfalls eingeführt. Die Früchte können vom Moment der Ernte bis zur Abgabe an den Endverbraucher zurückverfolgt werden. © BLE, IAT - 2013 86 87 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Heinrich Stevens Begriffsbestimmung Definition of Produce EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Heinrich Stevens Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung EU marketing standard for peaches and nectarines Nektarinen/ Nectarines Prunus persica Sieb. et Zucc. Begriffsbestimmung Weltproduktion / world production (FAO) in t (2011) 4 Definition of Produce 21.528.690 t Hauptanbauländer / Main producing countries China 11.528.801 Italien / Italy 1.636.750 Spanien / Spain 1.335.600 USA 1.171.450 Griechenland / Greece 690.200 Türkei / Turkey 545.902 Iran 498.346 Ägypten / Egypt 332.487 Deutschland / Germany Plattpfirsiche / Flat peaches Prunus persica Sieb. et Zucc. 862 2 Begriffsbestimmung Definition of Produce Begriffsbestimmung Weinbergpfirsiche / Vineyard peaches Prunus persica Sieb. et Zucc. 5 Definition of Produce Pfirsiche / Peaches Prunus persica Sieb. et Zucc. Nectacot – nicht normpflichtig 3 © BLE, IAT - 2013 Nectacot – not covered by the standard 6 5 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Mindesteigenschaft nicht ganz 88 Minimum requirement not intact Mindesteigenschaft Minimum requirement nicht gesund not sound 7 Mindesteigenschaft nicht ganz Minimum requirement not intact 10 Mindesteigenschaft nicht gesund Minimum requirement not sound 8 Mindesteigenschaft nicht gesund Minimum requirement not sound 9 © BLE, IAT - 2013 11 Mindesteigenschaft Minimum requirement nicht gesund gesund not sound sound 12 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Mindesteigenschaft nicht gesund 89 Minimum requirement Mindesteigenschaft Minimum requirement not sound nicht sauber not clean Sauber, praktisch frei von sichtbaren Fremdstoffen Clean, practically free of visible foreign matter 13 Mindesteigenschaft nicht gesund Minimum requirement 16 Mindesteigenschaft Minimum requirement not sound nicht frei von Schädlingen not free from pests 14 Mindesteigenschaft nicht gesund Minimum requirement 17 Mindesteigenschaft Minimum requirement not sound nicht frei von Schädlingen not free from pests 15 © BLE, IAT - 2013 18 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Mindesteigenschaft 90 Minimum requirement Reifeanforderungen Maturity requirements Die Früchte müssen genügend entwickelt sein und einen ausreichenden Reifegrad aufweisen. Der Refraktometerwert des Fruchtfleisches sollte mindestens 8 Brix betragen. The fruit must be sufficiently developed and display satisfactory ripeness. The minimum refractometric index of the flesh should be equal to or greater than 8 Brix. nicht frei von Schädlingen not free from pests 19 Mindesteigenschaft Minimum requirement 22 Reifeanforderungen Maturity requirements gut entwickelt well developed nicht frei von Schäden durch Schädlinge, die das Fleisch beeinträchtigen not free from damage caused by pests affecting the flesh Mindesteigenschaft nicht genügend entwickelt Minimum requirement © BLE, IAT - 2013 Mindesteigenschaft 23 Minimum requirement Entwicklung und Zustand … nicht zufrieden stellend nicht frei von Schäden durch Schädlinge, die das Fleisch beeinträchtigen not free from damage caused by pests affecting the flesh not sufficiently developed 20 Development and condition not satisfactory 21 24 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Mindesteigenschaft Entwicklung nicht zufrieden stellend 91 Minimum requirement Development not satisfactory Für alle Klassen For all classes Die Pigmentierung stellt keinen Mangel dar. Pigmentation is not regarded a defect. 25 Klasse Extra „Extra“ Class sortentypisch 28 Klassen „Extra“ & I Classes “Extra” & I Fruchtfleisch vollkommen gesund flesh perfectly sound characteristic of the variety 26 Klasse Extra „Extra“ Class © BLE, IAT - 2013 Klasse I Class I leichter Formfehler sehr leichter oberflächlicher Fehler very slight superficial defect 29 a slight defect in shape 27 30 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Klasse I 92 Class I Klasse I Class I leichte Druckstellen <= 1 cm² Gesamtfläche leichte Hautfehler (Rissigkeit in der Fruchtnaht) slight bruises <= 1 cm² of total surface area slight skin defect (rough seam) 31 Klasse I Class I 34 Klasse II Class II Das Fruchtfleisch frei von größeren Mängeln längliche Hautfehler bis zu 1,5 cm Länge The flesh free from major defects skin defects <=1.5 cm in length for defects of elongated shape 32 Klasse I Class I sonstige Schalenfehler bis zu einer Gesamtfläche von 1 cm² Ausschluss Out of grade Fruchtfleisch nicht frei von größeren Mängeln 1 cm² in total surface area for other skin defects The flesh not free from major defects 33 © BLE, IAT - 2013 35 36 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Klasse II 93 Class II Klasse II Class II Entwicklungsfehler – offene Steine, Fruchtfleisch gesund Formfehler Defect in development – split stone, flesh is sound Defect in shape Ausschluss 37 Out of grade Klasse II Out of grade Defect in development – open fruits not allowed 38 Class II Entwicklungsfehler – am Stielansatz offene Frucht nicht zulässig 41 Ausschluss Out of grade Entwicklungsfehler – offene Steine, Fruchtfleisch gesund Defect in development – split stone, flesh is sound Defect in development – open fruits not allowed 39 © BLE, IAT - 2013 Ausschluss Entwicklungsfehler – am Stielansatz offene Frucht nicht zulässig starker Formfehler severe defect in shape 40 42 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Klasse II 94 Class II Klasse II Class II leicht verfärbte Druckstellen <= 2 cm² Gesamtfläche slightly discoloured bruises <= 2 cm² in total surface area Hautfehler (Rissigkeit in der Fruchtnaht) 43 Klasse II Class II längliche Hautfehler bis zu 2,5 cm Länge Ausschluss 46 Out of grade starker Hautfehler (Rissigkeit in der Fruchtnaht) = nicht ganz skin defects <=2.5 cm in length for defects of elongated shape 44 Klasse II skin defect (rough seam) Class II severe skin defect (rough seam) = not intact Größensortierung 47 Sizing Die Größe wird nach dem größten Querdurchmesser, dem Gewicht oder der Anzahl bestimmt. Die Mindestgröße beträgt: - 56 mm oder 85 g in der Klasse „Extra“, - 51 mm oder 65 g in den Klassen I und II. Für Klasse II ist die Anwendung der folgenden Bestimmungen wahlfrei. Size is determined either by the maximum diameter of the equatorial section, by weight, or by count. The minimum size shall be: 56 mm or 85 g in Class “Extra” 51 mm or 65 g in Classes I and II. sonstige Schalenfehler bis zu einer Gesamtfläche von 2 cm² 2 cm² in total surface area for other skin defects The following provisions are optional for Class II. 45 © BLE, IAT - 2013 48 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Gütetoleranzen Quality tolerances Klasse Extra “Extra” Class 5 % entsprechend Klasse I davon höchstens 0,5 % der Klasse II entsprechend 5 % conforming to Class I of which not more than 0,5 % satisfying requirements of class II Klasse I Class I 10 % entsprechend Klasse II höchstens 1 % Verderb 95 Gleichmäßigkeit Uniformity 10 % conforming to Class II maximum of 1 % decay Klasse II Class II 10 % nicht den Mindesteigenschaften entsprechend höchstens 2 % Verderb 10 % not satisfying the minimum requirements maximum of 2 % decay Klasse / Class II 49 Gleichmäßigkeit Klasse / Class „Extra“ Gleichmäßigkeit Uniformity Gleichmäßigkeit 53 Uniformity Kennzeichnung 51 Marking obligatory Packer / Absender Packer / Dispatcher Erzeugnis, wenn von außen nicht sichtbar Produce if not visible from the outside Fruchtfleischfarbe Colour of the flesh Ursprungsland Country of origin Klasse Class Größe (Klassen Extra und I) Size (Classes „Extra“ and I) a) Mindest- u. Höchstdurchmesser (mm) b) Mindest- u. Höchstgewicht (g) c) Größencode © BLE, IAT - 2013 Uniformity 50 Obligatorisch Klasse / Class I 52 a) min. & max. diameters (mm) b) minimum and maximum weight (g) c) size code 54 EU-Vermarktungsnorm für Pfirsiche und Nektarinen Kennzeichnung 96 Marking 55 Kennzeichnung Marking 56 Vielen Dank! Many Thanks! © BLE, IAT - 2013 97 Kontrollerfahrung in 2012 in Deutschland Franz Egerer Struktur der Überwachungsstellen: Auf der Erzeugerebene bieten in einzelnen Bundesländern z. B. die Landwirtschaftskammern oder das Landeskuratorium Pflanzenproduktion (LKP) eine freiwillige Kontrolle an. Die amtliche Qualitätskontrolle wird durch den Bund und die Länder abgesichert. Dabei ist die BLE zuständig für die Überwachung der Importe aus Drittländern und die Re-Exporte. Die Kontrollstellen der Bundesländer sind zuständig für den Binnenmarkt (Versandhandel, Großhandel, Einzelhandel). In den einzelnen Bundesländern wird die Kontrolle im Einzelhandel allerdings nicht durch eine Landesstelle, sondern durch die Lebensmittelkontrolle der Städte und Kreise durchgeführt. Die BLE ist die koordinierende Behörde gemäß VO (EU) Nr. 543/2011. Durchführung der Konformitätskontrollen: Die Kontrollen werden selektiv auf einer Risikoanalyse basierend durchgeführt. Die Kontrollstellen der Länder benutzen zur Datenerfassung und Risikoanalyse DVQK, ein einheitliches Erfassungssystem. Die Kontrollen werden in diesem System dokumentiert und statistisch ausgewertet. Werden auf der Großhandelsstufe mangelhafte Erzeugnisse aus Mitgliedstaaten festgestellt, die schon beim Abgang hätten festgestellt werden können, werden die entsprechenden Mängel über die BLE an den Ursprungs-Mitgliedstaat gemeldet. Ebenso werden Mängel, die bei der Einfuhr aus Drittländern festgestellt werden, von der BLE an die EU-Kommission und das Ursprungs-Drittland gemeldet. Die Datenbanken werden auch für den jährlichen Bericht der Kontrolle an die EU-Kommission ausgewertet. Darüber hinaus tauschen die deutschen Kontrollstellen untereinander auch ihre Erfahrungen bei der Kontrolle aus. Kontrollstatistik 2012 die Landesanstalt für Landwirtschaft den Großund Einzelhandel. Kontrolle / Inspection 2012 in Bayern / Bavaria (LfL) Erfasste Betriebsstätten / Registered business places Kontrollierte Betriebsstätten / Inspected business places Kontrollierte Betriebsstätten (LEH) / inspected business places (retail) Kontrollierte Betriebsstätten insgesamt / inspected business places in total Gebühren bewährte Verstöße in % / Chargeable infringements in % Betriebsart / type of trader 455 201 37 238 5 Erzeugerorganisation / producer organisation 22 22 0 22 14 Großhandel / wholesale 312 224 35 259 26 Handelsagentur / agency 33 1 0 1 0 19 Erzeuger / producer 6442 33 2737 2770 Sortier-,Pack- und Lagerbetriebe sorting, grading, storing plant 73 108 5 113 5 Verteilzentrum des LEH / distribution centers of retail 35 196 0 196 51 Einzelhandel / retail ohne Angabe / no identification Summe / total 750 3 41 44 5 8122 788 2855 3643 20 Franz Egerer, LfL-Bayern, Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte Beanstandungen nach Lieferländern Beanstandungen nach Lieferländern / non-conformities by supplier countries – 2012 Großhandel und Zentrallager / Wholesale and distribution centers Menge / Konform / Belehrung/ quantity conformity instruction (%) (kg) (%) Kontrollen / inspections Herkunft / origin Vermarktungsverbot / ban on marketing (%) Deutschland / Germany 239 431.073,45 67,78 20,08 12,13 Spanien / Spain 126 265.793,40 65,87 23,02 11,11 Italien / Italy Niederlande / Netherlands 75 148.026,60 81,33 16,00 2,67 22 38.028,40 77,27 4,55 18,18 Griechenland / Greece 20 53.583,20 70,00 25,00 5,00 Belgien / Belgium 10 14.449,00 90,00 9 10.691,60 77,78 11,11 11,11 Chile / Chile 8 19.217,50 87,50 12,50 Frankreich / France 8 19.388,00 75,00 25,00 Israel / Israel 8 8.046,00 37,50 37,50 Marokko / Morocco 8 6.511,00 87,50 Österreich / Austria 5 5.276,00 100,00 Südafrika / South Africa 10,00 25,00 12,50 Quelle/ source: LfL-Bayern, Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte(IEM) 6 Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte Beanstandungen nach Erzeugnissen Beanstandungen nach Erzeugnissen / non-conformities by produce – 2012 Großhandel und Zentrallager / Wholesale and distribution centers Art / species Kontrollen / inspections Menge / quantity Konform / Conformity (%) Belehrung/ instruction (%) Vermarktungsverbot / ban on marketing (%) Birnen / pears 30 32.690,00 70,00 26,67 3,33 Gemüsepaprika / sweet peppers 45 61.988,40 48,89 31,11 20,00 25,00 Kiwis / kiwifruit Pfirsiche / peaches Salate / lettuces 29.517,20 75,00 21 19.258,00 85,71 9,52 4,76 135 8 306.669,65 73,33 14,81 11,85 Tafeltrauben / table grapes 24 60.369,00 87,50 8,33 4,17 Tomaten / tomatoes 78 110.214,60 67,95 20,51 11,54 Zitronen / lemons 20 77.483,50 75,00 25,00 Erdbeeren / strawberries 94 163.522,90 58,51 27,66 13,83 Äpfel / apples 77 153.744,30 79,22 11,69 9,09 Franz Egerer, LfL-Bayern, Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte Erzeuger: In Bayern werden die Erzeuger durch die freiwillige Qualitätskontrolle des LKP kontrolliert. Das LKP hat 153.846 t Gemüse und 3 t Obst für die Verarbeitung kontrolliert und 12 t Gemüse sowie 5 t Obst für den Frischmarkt. Groß- und Einzelhandel: In Bayern kontrolliert © BLE, IAT - 2013 5 Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte 7 Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte Qualitätssicherung: In den letzten Jahren hat im deutschen Lebensmittelhandel und in der deutschen Erzeugung eine starke Konzentration stattgefunden. Dies hatte einen starken Personalabbau sowohl bei der freiwilligen als auch bei der amtlichen Kontrolle zur Folge. Kontrollerfahrung in 2012 in Deutschland Gleichzeitig wurden staatlicherseits viele Vermarktungsnormen aufgehoben und eine allgemeine, auf Mindesteigenschaften und die Kennzeichnung des Ursprungslandes beschränkte Vermarktungsnorm eingeführt. In Deutschland wird angestrebt, dass die noch verbliebenen speziellen Vermarktungsnormen ebenfalls aufgehoben werden. Auf dem deutschen Markt haben die UNECE-Normen einen regelrechten Siegeszug erlebt. Aufbauend auf den Vermarktungsnormen (EU und UNECE) werden die firmeneigene Spezifikationen bezüglich der akzeptierten Rückstände und gewünschten Qualitäten formuliert. Inhomogener Kontrollumfang (AVN, UNECENorm). Der Handel hat eigene Kontrollsysteme aufgebaut, sowohl bei der Warenannahme als auch beim Versand. Die staatlichen Kontrollstellen nehmen zunehmend die Funktion eines Moderators zwischen Erzeugung und Handel ein, d. h. sie erläutern und schulen die einheitliche Anwendung der Vermarktungsnormen und Kontrollmethode. Andererseits wird mehr und mehr die Notwendigkeit einer staatlichen Kontrolle zur Einhaltung der Vermarktungsnormen bei Obst und Gemüse in Frage gestellt. Die privaten Zertifizierungssysteme übernehmen zunehmend die für den Marktzugang notwendige Qualitätssicherung. Interessanterweise werden die Vermarktungsnormen in der Politik und in der Presse zum Sündenbock unserer Wegwerfgesellschaft gemacht. © BLE, IAT - 2013 98 99 Kontrollerfahrung in 2012 in Großbritannien Ian Hewett Grüne Bananen • Die Regierung des Vereinigten Königreichs passte im Mai die Gesetzgebung an, um die EU-Verordnung Nr. 1333/2011 umzusetzen. • Die Händler wurden über die förmliche Einführung von Einfuhr-Prozeduren (Anmeldeverfahren) informiert. • Die Einführer mussten ab 1. August die Anmeldung bei der RPA über PEACH vornehmen. • Ab 1. August wurde die risikobasierte Kontrolle eingeführt. • 415.061 t wurden nach Risiko analysiert. • 18.184 t wurden kontrolliert. • 2.433 t wurden als nicht normgerecht festgestellt. • Zitrusfrüchte, Tafeltrauben, Gemüsepaprika und Pfirsiche/Nektarinen. • Wurzel- und Blattgemüse, fleischige Früchte, Steinfrüchte, Zwiebelgewächse, Erbsen und Bohnen nach der Allgemeinen Vermarktungsnorm. • Grüne Bananen. Erläuterungen der Allgemeinen Vermarktungsnorm • VK entwickelte Erläuterungen nach der Allgemeinen Vermarktungsnorm für einzelne Produktgruppen. • Während des Harmonisierungstreffens wurde eine sehr breite Variation in der Erläuterung/Anwendung der Allgemeinen Vermarktungsnorm offenbar. • In Zusammenarbeit mit den Niederlanden wurde eine gemeinsame Erläuterung erarbeitet. • Mit den Niederlanden wurde im Dezember eine harmonisierte Herangehensweise abgestimmt. 19 Händler wurden als freigestellte Händler anerkannt. Schlechtes Wetter • • Dürre, Überflutungen und ein kalter Sommer hatten niedrige Erträge und schlechte Qualitäten zur Folge. • Hohe Preise. • In den Supermärkten waren schwächere Qualitäten zu finden. • Die Supermärkte mussten dies den Verbrauchern erklären. • Die Vermarktungsnormen waren flexibel genug, damit diese Erzeugnisse (Qualitäten) vermarktet werden konnten. Harmonisierungstreffen des VK • Das Treffen fand vom 12. bis 14. Juni in Slaugham statt. • 38 Teilnehmer aus 22 Ländern. • In praktischen Sitzungen wurden behandelt: © BLE, IAT - 2013 Ordnungswidrigkeiten • 5 insgesamt – endgültige Strafe • 2 Einzelhändler – Gesamtstrafe £7,600 • 1 Großhändler – Strafe £500 • 1 Verteiler – Strafe £2,700 • 1 Einfuhragent - Strafe £5,500 100 Kontrollerfahrung im Jahr 2012 in Marokko Najib Layachi Das Etablissement Autonome de Contrôle et de Coordination des Exportations (EACCE) ist die marokkanische Organisation zur Kontrolle und Koordination der Lebensmittelexporte. Diese öffentliche Organisation wurde 1986 gegründet und ist eine nachgeordnete Stelle des Ministeriums für Landwirtschaft und Fischerei. Sie ist eine eigene Rechtspersönlichkeit und finanziell selbstständig. Das EACCE ist der Lebensmittelkontrolle verpflichtet. Die Exportkontrolle wird durchgeführt, um Marokko als vertrauenswürdiges Ursprungsland zu etablieren, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu unterstützen und zu stärken und um für die Qualität der Exporterzeugnisse gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Die Kontrolle wird auf Grundlage einer Risikoanalyse durchgeführt. Die Packer und Exporteure werden anhand dieser Risikoanalyse eingestuft, wobei Exporteure mit einer guten Kontrollhistorie, also wenig Beanstandungen, besser eingestuft werden. Im Allgemeinen sollten die Exporteure die Normen der Bestimmungsmärkte (Europa, USA, Russland etc.) gut kennen. Seit 2002 ist das EACCE von der EU für Qualitätskontrollen bei frischem Obst und Gemüse anerkannt. Im Jahr 2012 wurden in Marokko ca. 10 Mio. t Obst und Gemüse produziert von denen ca. 15 % oder 1,5 Mio. t exportiert wurden. 33.500 t oder 3 % der Exporte wurden wegen Verstößen gegen die Normen beanstandet. Die wichtigsten Exportprodukte aus Marokko sind Zitrusfrüchte und Tomaten, wobei Tomaten 50 % der Gemüseexporte ausmachen. In diesem Jahr hatten wir mit Erdbeeren einige Schwierigkeiten speziell in Großbritannien und haben von dort auch einige Informationen über Beanstandungen erhalten. Ein neuer Investor kannte offenbar die EU-Vermarktungsnormen nicht besonders gut. Also mussten wir eine gewisse Menge Erdbeeren beim Export zurückweisen. Außerdem hatten wir mit Erdbeeren Probleme mit Mängeln, die erst bei der Ankunft sichtbar wurden, z. B. Botrytis. Aufgrund des kalten Wetters hatten wir Alternaria und innere Austrocknung bei Zitrusfrüch© BLE, IAT - 2013 ten. Leider werden diese Mängel erst nach dem Transport und im Bestimmungsmarkt (EU und vor allem Russland) sichtbar. Zitrusfrüchte: 3.000 t oder weniger als 1 % der Zitrus-Exporte mussten beanstandet werden und zwar wegen Druckstellen, Abbauerscheinungen, Beschädigungen, Farbfehlern, innerer Austrocknung, Mängeln in der Größensortierung, Aufmachungsmängeln, Verderb, Alternaria und Samen bei Easy Peelern. Tomaten: 30,000 t oder 3 % der Exporte wurden verweigert wegen Beschädigungen, Farbfehlern, Mängeln in der Größensortierung, Überreife, zu weichen Früchten, Verderb und Kennzeichnungsmängeln (Ursprung). Einige Exporteure sind von ihren Kunden gebeten worden, das Ursprungsland nicht zu kennzeichnen. Wir tun unser Bestes, dies nicht zu unterstützen. Erdbeeren: 90 t wurden hauptsächlich wegen Formfehlern, grünen Stellen, weißen Schultern, Botrytis, Überreife, Verderb und Kennzeichnungsmängeln (vor allem bei spanischen Investoren) beanstandet. Melonen: 100 t mussten wegen Überreife, ungenügender Reife, Untergrößen und Sonnenbrand zurückgewiesen werden. Tafeltrauben: 23 t wurden wegen Kennzeichnungsmängeln beanstandet. Pfirsiche und Nektarinen wiesen Schalenfehler und Untergrößen auf. Anderes Gemüse: 240 t wurden wegen Beschädigungen, Kennzeichnungsmängeln, mangelhafter Größensortierung, Verderb und Farbfehlern zurückgewiesen. 101 Kontrollerfahrung im Jahr 2012 in Spanien Francisco Guerra Sarabia Lassen Sie mich kurz darstellen, wie die Obstund Gemüsekontrolle zur Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 in Spanien organisiert ist. Die einzige Behörde, die für die Koordinierung der Kontrolle verantwortlich ist, die Koordinierende Behörde gemäß Verordnung (EU) Nr. 543/2011, ist der SOIVRE, die amtliche Stelle zu Kontrolle, Feststellung der Richtigkeit und Regelung des Außenhandels. Diese Behörde ist dem Handelsministerium unterstellt und eine nachgeordnete Behörde des Ministeriums für Wirtschaft und Wettbewerb. SOIVRE verfügt über ein Netzwerk aus 33 Büros und 13 Laboren, die über das ganze Land verteilt und insbesondere in der Nähe der Erzeugungsregionen und der Häfen angesiedelt sind. Außerdem ist es wichtig zu erwähnen, dass einige Kontrolleure den spanischen Handelskammern im Ausland zugeordnet sind, um unsere Exporte eng zu begleiten. SOIVRE ist die zuständige Behörde für: gruppen, in die jeder Händler gemäß seiner Position in der Handelskette, der geschätzten Effektivität seines eigenen Kontrollsystems und seines Umsatzes eingestuft wird. In der Folge wird die Kontrollhäufigkeit entsprechend der Ergebnisse aus vorhergehenden Kontrollen angepasst, aber auch an besondere Situationen, die ein oder mehrere Erzeugnisse und/oder besondere Märkte oder einen einzelnen Händler betreffen können. Es wurden sechs Risikogruppen gebildet (Minimum, weitgehend reduziert, mittel, hoch und Maximum), denen jeweils eine Mindestkontrollhäufigkeit zugeordnet wird. Die Händler werden entsprechend der von ihnen übermittelten oder der vom Kontrolldienst geschätzten Daten (jährliche umgeschlagene Menge) in drei Gruppen eingestuft: 1. Gruppe (hohe Risikostufe): Händler mit einem geschätzten Umsatz von mehr als 25.000 t/Jahr; 5 % nach Anzahl der Händler. 2. Gruppe (mittlere Risikostufe): Händler mit einem geschätzten Umsatz zwischen 3.000 und 25.000 t/Jahr; 41 % nach Anzahl der Händler. • die Koordinierung der Kontrollstellen gemäß der Verordnung. • die Unterhaltung der Datenbank für die Obst- und Gemüsehändler. Diese Datenbank enthält alle Händler, die normpflichtiges Obst und Gemüse handeln. Sie stellt auch sicher, dass die Konformitätskontrollen selektiv auf Grundlage einer Risikoanalyse, die von SOIVRE entwickelt wurde, und mit angemessener Frequenz durchgeführt werden, damit die Einhaltung der Vermarktungsnormen gewährleistet ist. 3. Gruppe (niedrige Risikostufe): Händler mit einem geschätzten Umsatz von weniger als 3.000 t/Jahr; 54 % nach Anzahl der Händler. die Kontrolle bei der Ausfuhr aus der EU und bei der Einfuhr in die EU. Im letzten Jahr hat SOIVRE 13.500 Sendungen von Pfirsichen und Nektarinen vor dem Export aus der EU und 400 Sendungen vor der Einfuhr kontrolliert. Händler, die von dieser Möglichkeit profitieren, haben: • • den Kontrollstellen die Beanstandungen (Berichte) zu übermitteln und von Händlern Hintergrundinformationen zu diesen Beanstandungen zu sammeln. Die Risikoanalyse basiert zunächst auf Risiko© BLE, IAT - 2013 Spanien hat gemäß Artikel 12 Händler, die in die niedrigste Risikogruppe eingestuft sind und besondere Garantien bezüglich der Einhaltung der Vermarktungsnormen bieten, ermächtigt das Zeichen gemäß Anhang II zur Kennzeichnung jedes Packstücks beim Versand zu verwenden. • Kontrollpersonal, das eine anerkannte Schulung erhalten hat; • eine geeignete Ausrüstung zur Aufbereitung und Verpackung von Erzeugnissen; • die Verpflichtung, Konformitätskontrollen beim Versand durchzuführen; • ein Register über alle durchgeführten Kont- Kontrollerfahrung im Jahr 2012 in Spanien rollen zu führen. In den letzten Jahren hat Spanien pro Jahr durchschnittlich 9,5 Mio. t Obst und Gemüse aus der EU ausgeführt oder in andere EU-Mitgliedstaaten versandt. Außerdem hat unser Land 2,5 Mio. t/Jahr eingeführt. Das heißt, pro Arbeitstag müssen ca. 40.000 t bzw. 2.000 Lkw oder Container kontrolliert werden. Das ist eine vielschichtige Aufgabe, die nicht durchgeführt werden kann ohne: • eine flexible Risikoanalyse; • eine Konzentration auf Packer, die häufiger kontrolliert werden; • eine enge Koordinierung mit den regionalen Kontrollstellen. Man sollte sich dabei vor Augen halten, dass in der Datenbank fast 2.400 Händler, überwiegend Packer (86 %), erfasst sind. Das spanische Königreich setzt sich aus 17 autonomen Regionen zusammen. Jede einzelne ist für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 verantwortlich und zwar beim Abgang der Ware (Sortier- und Packhäuser), während Lagerung und Transport sowie während der Vermarktung innerhalb ihrer Gerichtsbarkeit. Folglich muss SOIVRE 17 Kontrollstellen koordinieren. Dies ist eine schwierige Aufgabe, da die Regierungen der spanischen, autonomen Regionen politisch selbstständig sind und demzufolge unterschiedliche Ansätze haben. SOIVRE hat daher auch ein sehr weites Spektrum an Kooperationsvereinbarungen und ist für den Informationsaustausch verantwortlich. SOIVRE ist ermächtigt, Kontrollen bezüglich der Einhaltung der Risikoanalyse durchzuführen, obwohl diese hauptsächlich von den Autonomen Regionen ausgeübt wird. Mit den wichtigsten Exporteuren von Obst und Gemüse hat SOIVRE Vereinbarungen für eine engere Zusammenarbeit geschlossen. Die Kontrolle in den Packhäusern und im Einzelhandel wird durch die regionalen Kontrollstellen, hauptsächlich Gesundheits- und Verbraucherämter der Autonomen Regionen bzw. der Städte, durchgeführt. Die Kontrollstellen verhängen auf nationaler Ebene auch die Strafen in Abhängigkeit von der © BLE, IAT - 2013 102 Schwere der Verstöße gegen die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007. SOIVRE hat keine Zuständigkeit bei der Verhängung von Strafen. Wie bereits gesagt, die spanischen Exporteure und Kontrollstellen der Autonomen Regionen sind der Bedeutung der Qualität beim Export von Obst und Gemüse bewusst, wie die kleine Zahl von Beanstandungen am Bestimmungsort beweist: Nur eine Beanstandung bei Pfirsichen und Nektarinen wurde 2012 aus Deutschland gemeldet. Wie bekannt, erlebt Spanien seit einigen Jahren eine schwere wirtschaftliche Krise. Diese Situation wirkt sich auf die gesamte Struktur der Gesellschaft, einschließlich der Behörden des Landes und der Autonomen Regionen aus. Für die Koordinierende Behörde und Kontrollstellen bedeutet sie vor allem eine Kürzung ihrer Budgets, da andere gesellschaftlich relevante Bereiche erste Priorität bei der Unterstützung genießen. Diese Budget-Kürzungen wirken sich bei der Reduzierung des Personals und der Ausrüstung zur Durchführung der Aufgaben aus. Es ist immer zu bedenken, dass die Kontrolle von Obst und Gemüse nicht die einzige Aufgabe der spanischen Kontrollstellen ist. Der positive Aspekt der wirtschaftlichen Krise zeigt sich bei den Exporteuren, die sich völlig bewusst sind, wie wichtig der Export von ausgezeichneten Qualitäten sind, um die spanische Wirtschaft anzufeuern und einen NachfrageRückgang am spanischen Mark zu vermeiden. 103 Allgemeine Vermarktungsnorm – Entwicklung eines Erläuterungsdokuments Fred Jacobs Gründe für ein Erläuterungsdokument Im Jahr 2007 hat die EU die Verordnung (EG) Nr. 1234 veröffentlich. Diese Verordnung ist die Grundlage für Vermarktungsnormen bei Obst und Gemüse. Diese wurden in der Verordnung (EG) Nr. 1580/2007, abgelöst durch Verordnung (EU) Nr. 543/2011, ausgeführt in Form von 10 speziellen Vermarktungsnormen (SVN), wodurch diese Vermarktungsnormen von vorher 36 auf 10 reduziert wurden. Zusätzlich wurde eine allgemeine Vermarktungsnorm (AVN) für alle anderen Obst- und Gemüsearten eingeführt. Die neue AVN gilt für weit mehr Erzeugnisse als die vorherigen 36 SVN. Weder die Kontrolldienste noch die Händler hatten Erfahrung mit der Anwendung der neuen Norm auf diese Erzeugnisse. Außerdem ist die AVN nicht bei allen Mängeln dieser Erzeugnisse wirklich eindeutig. Die AVN ist in 4 Kapitel gegliedert: 1. AVN – MINDESTQUALITÄT GANZ? AVN – MINDESTQUALITÄT Mindestqualität 2. Mindestreifeanforderungen 3. Toleranzen 4. Angabe des Erzeugnisursprungs SAUBER? Die Anforderungen dieser Kapitel sind sehr allgemein gehalten und vor allem die Kapitel 1 und 2 werfen viele Fragen auf. Das Kapitel MINDESTQUALITÄT verlangt, dass die Erzeugnisse ganz, gesund, sauber und praktisch frei von Schädlingen und Schäden durch Schädlinge sind. Da stellt sich die Frage, was ist der Zweck dieser allgemein gehaltenen Beschreibung? Beispiel: Ist eine Kirsche mit einem kleinen verheilten Riss nicht mehr ganz? Ist eine Melone mit Rissen in der Stielregion, einem Zeichen für Reife und Essqualität, nicht mehr „ganz“? Sind Feigen mit einem mehligen Duftfilm und ungewaschene Möhren mit etwas anhaftender Erde noch „sauber“? © BLE, IAT - 2013 Das Kapitel MINDESTREIFEANFORDERUNGEN verlangt eine genügende Entwicklung des Erzeugnisses und das es nicht überentwickelt oder überreif sein darf. Außerdem müssen Entwicklung und Zustand des Erzeugnisses so sein, dass es einen genügenden Reifegrad erreichen kann. Was bedeutet diese Anforderung und ist sie für alle Erzeugnisse gleich? Nein, sicher nicht! Ist es möglich, z. B. bei Melonen weiterhin den Mindestbrixwert anzuwenden, der in der alten Norm gegolten hat? Sind Chicorée-Sprosse mit Blütentrieb und wenig Blättern immer noch in Ordnung? Sind Zwiebeln mit äußerlich sichtbarem Austrieb zulässig oder zu weit entwickelt? Müssen alle Kirschen akzeptiert werden oder gibt es eine Grenze zu „genügend entwickelt und reif”? Allgemeine Vermarktungsnorm – Entwicklung eines Erläuterungsdokuments AVN– MINDESTREIFEANFORDERUNGEN REQUIREMENTS Zulässig oder nicht? 104 zeugnisse eine Erläuterung am dringendsten gebraucht würde. Es wurde offenbar, dass diese Erzeugnisse in Gruppen zusammengefasst werden sollten. Manchmal hat man den Eindruck, dass nicht alle Erzeugnisse wirklich in diese Gruppen passen, aber wir wollten die Anzahl Gruppen auf das absolut Notwendige beschränken und das Erläuterungsdokument so einfach wie möglich halten. Es soll hier noch einmal betont werden, dass dieses Erläuterungsdokument eine Ergänzung zur AVN ist und diese nicht ersetzen soll! Wie sieht es aus? AVN – MINDESTREIFEANFORDERUNGEN Der RPA hat für sein Erläuterungsdokument eine sehr gute Tabelle entwickelt und wir haben entschieden, dass wir diese Tabelle für unser Dokument nehmen, da es leicht zu benutzen und zu verstehen ist. Außerdem können die Kontrolleure die wichtige Information zu den Erzeugnissen auf einer Seite finden. Werden alle Kirschen eine befriedigende Reife erreichen? Layout der Tabelle vom RPA Mindestqualität Das RPA in Großbritannien und die BLE mit dem AKQ in Deutschland organisieren abwechselnd Harmonisierungstreffen. In all diesen Treffen und wann immer die AVN und ihre Anwendung diskutiert wird, gehen die Teilnehmer mit vielen offenen Fragen nach Hause. Außerdem wird in diesen Treffen immer wieder gesagt, dass eine Art Erläuterungsdokument sehr hilfreich wäre. So ein Erläuterungsdokument wird nicht nur für die Kontrolleure der Kontrolldienste gebraucht, sondern auch für Erzeuger und Händler. Sie müssen auch wissen, wie sie ihre Erzeugnisse aufbereiten müssen und wie die Spezifikationen aussehen sollen. Limit der zulässigen Mängel Ganz Gesund , Krankheit, Verderb Sauber Schädlinge Entwicklung und Reife Zurzeit ist das Dokument in 10 Produktgruppen gegliedert: • Kohlgemüse Es ist also mehr als deutlich, dass wir eine Art Erläuterungsdokument brauchen. Der KCB hat also die Initiative für ein solches Dokument ergriffen. • Fruchtgemüse • Kulturpilze Entwicklungsprozess • Nüsse Der KCB hat die Nachbarländer eingeladen und den Bestand aufgenommen, ob sie Ideen und vielleicht sogar schon Erläuterungsdokumente hätten. Es gab Ideen und Material, die der KCB aufnahm und verarbeitete. • Wurzel- und Knollengemüse (Beispiel für die aktuelle, nicht abschließende Artenliste: Rote Bete, Möhren, Knollensellerie, Fenchel, Knoblauch, Meerrettich, Kohlrabi, DaikonRettich, Zwiebeln, Wurzelpetersilie, Pastinake, Rettiche, Schwarzwurzeln, Schalotten, Zunächst hat der KCB analysiert, für welche Er© BLE, IAT - 2013 Allgemeine Vermarktungsnorm – Entwicklung eines Erläuterungsdokuments 105 Speiserüben und andere Wurzel- und Knollengemüse) Mindestqualität „ganz“ lautet der Erläuterungstext wie folgt: • Stängel- und Blattgemüse • Zitrusfrüchte (die nicht in der SVN enthalten sind) “Es darf kein Teil fehlen oder das Erzeugnis so geschädigt sein, dass es dadurch unvollständig ist. • Tropische Früchte • Kern- und Steinobst (die nicht in den SVN enthalten sind) • eine produktspezifische Aufbereitung des Erzeugnisses (putzen, stutzen etc.), • Beerenfrüchte. • hohle Stiele und andere Hohlstellen, sofern das umgebende Gewebe gesund, frisch und nicht verfärbt ist, • leichte, trockene Beschädigungen und Risse am nicht essbaren Teil bzw. im Bereich der Schale, die durch ein normales Schälen entfernt werden können, • fehlende Stiele/Kelche, sofern das angrenzende Gewebe nicht beschädigt ist.“ Für jede Gruppe wurde die Tabelle mit Text gefüllt, der schon in Dokumenten des RPA und KCB vorhanden war. Zur Mindestqualität “ganz” wurde in die Tabelle für Wurzel- und Knollengemüse beispielsweise eingetragen: • • • Halbierte oder in Stücke geteilte Erzeugnisse fallen nicht unter die AVN. Verheilte Risse, die nicht bis zum Herz reichen, sind zulässig. Möhren: Risse, die durch Hantierung oder Waschen entstanden sind und nicht bis zum Herz reichen, sind zulässig. Gebrochene Möhren sind erlaubt, sofern sie nur eine Bruchfläche haben. Bruchstücke sind nicht zulässig. Gebrochene Möhren sind bis 10 % zulässig. (Die UNECE-Norm erlaubt bis zu 25 % gebrochene Möhren.) • Fenchel: Verheilte Beschädigungen, sofern sie nicht länger als 3 cm sind, sind zulässig. • Knoblauch: Risse in den Außenhäuten und bis zu 3 fehlende Zehen sind zulässig. • Zwiebeln: Ein Drittel der trockenen Außenhäute darf fehlen. • Rettiche/Radieschen: Gerissene Knollen bis 15 % nach Anzahl oder Gewicht sind zulässig. Die Blätter dürfen leicht beschädigt sein. Im Ergebnis hatten wir dann ein gemeinsames Dokument, das Deutschland und Frankreich vorgestellt wurde. Sie haben die erbetenen Anregungen und Kommentare zur Verfügung gestellt. Die BLE hat die in Deutschland gemeinsam mit den Länderkontrolldiensten erarbeiteten Erläuterungen zur AVN geschickt. Bezüglich der © BLE, IAT - 2013 Unter der Voraussetzung, dass die Verzehrbarkeit und die Haltbarkeit nicht beeinträchtigt sind, ist Folgendes zulässig: Dieses Dokument ist ein mehr allgemeiner Ansatz, ergänzt aber unser Dokument und wird daher eingefügt. Status des Dokuments Die Arbeiten an dem Dokument sind weitgehend abgeschlossen. Wir haben schon einen hohen Grad an Zustimmung zum Text erzielt. Die letzten Änderungen, basierend auf den Kommentaren von Deutschland, Belgien und Frankreich, werden noch eingearbeitet und dann brauchen wir eine allgemeine Zustimmung von allen Partnern. Der allerletzte Schritt könnten Fotos zur Erläuterung sein – aber die sind nach unserer Meinung nicht wirklich nötig. Aktuell wollen wir dieses Erläuterungsdokument allen Ländern zeigen, die bisher noch nicht involviert waren. Wir sind an ihren Kommentaren interessiert und wollen wissen, ob sie dieses Dokument nützlich finden. Am Ende soll dieses Dokument öffentlich und für jeden zugänglich werden. 106 OECD-Leitfaden zu Konformitätskontrollen bei Obst und Gemüse Ulrike Bickelmann Das OECD-SCHEMA ZUR ANWENDUNG INTERNATIONALER NORMEN FÜR OBST UND GEMÜSE ist bekannt für seine Erläuterungsbroschüren, seinen Leitfaden zur Objektiven Testmethoden und seine Farbtafeln für z. B. Tomaten und Blumenkohl. Weniger bekannt ist vielleicht, dass die Kontrollmethode, die in Anhang V der VO (EU) Nr. 543/2011 enthalten ist, von diesem OECD-Schema stammt. prüfen und gewährleisten sollen. Bei einer Kontrolle ist die Probenahme im Beanstandungsfall auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Staatliche Kontrollstellen müssen diese Methode anwenden und können ein Zertifikat ausstellen, das die Konformität der Partie oder Sendung mit der jeweiligen Vermarktungsnorm bescheinigt. Seit 2007 diskutiert das OECD-Schema eine Aktualisierung der Vorschriften zur Probenahme. Als die derzeit noch gültigen Vorschriften erarbeitet wurden, spielte das Abpacken in Verkaufverpackungen noch keine Rolle und wurden z. B. Zwiebeln noch nicht in Big Bags verpackt. Parallel zur Überarbeitung der Vorschriften zur Probenahme wurde die Erarbeitung eines Leitfadens zu Konformitätskontrollen bei Obst und Gemüse begonnen. Die überarbeiteten Vorschriften zur Probenahme sollen im Sommer 2013 und der Leitfaden im Dezember 2013 verabschiedet werden. Definitionen Neu ist die Definition zur Risikoanalyse. Der Leitfaden basiert auf Anhand von Beispielen wird die Durchführung einer Kontrolle dargestellt. Für verschiedene Erzeugnisse, Verpackungsarten und Mängel wird die Kontrolle in einzelnen Schritten in Wort und Bild beschrieben – von der Probenahme, über die Feststellung der Mängel und Dokumentation des Kontrollergebnisses. Abschließend wird aufgezeigt, ob und welche Möglichkeiten ein Händler hat, die Partie normgerecht aufzubereiten. • Anhang II der ENTSCHEIDUNG DES RATES ZUR ÜBERARBEITUNG DES OECD-SCHEMAS ZUR ANWENDUNG INTERNATIONALER NORMEN FÜR OBST UND GEMÜSE C(2006)95 – das ist die Kontrollmethode inkl. der (überarbeiteten) Vorschrift zur Probenahme; • Auszügen aus CODEX ALIMENTARIUS KONTROLL- UND ZERTIFIZIERUNGSSYSTEME FÜR DIE EINFUHR UND AUSFUHR VON LEBENSMITTELN (2. Ausgabe, 2005); • Vorschlägen des OECD-Schemas bzw. seiner Mitgliedstaaten. Aktuell hat das OECDSchema 25 Mitgliedstaaten. Deutschland hat die Federführung bei der Erarbeitung des Leitfadens. Hier wird der Entwurf zu diesem Leitfaden in Auszügen vorgestellt. Er gliedert sich wie folgt: Anleitung zu Konformitätskontrollen Hier wird erläutert, dass die Kontrollen die Konformität mit der jeweiligen Vermarktungsnorm © BLE, IAT - 2013 Kontrollmethoden Durchführung einer Kontrolle Neu ist der Vorschlag, die Probenahme zu ändern. Die Packstücke über 3 kg Inhalt müssen nicht mehr komplett ausgepackt und ausgewertet werden. Es genügt die zufallsgemäße Entnahme einer sog. Sekundärprobe von 3 kg. Diese wird untersucht. Das Ergebnis aus allen Sekundärproben (d. h. der Mischprobe) ist für die Partie repräsentativ. Hier wird die neue Probenahme am Beispiel für Tafeltrauben der Sorte Crimson Seedless – verpackt in Verkaufspackungen – vorgestellt. Die Partie besteht aus 92 Packstücken à 5 kg. Jedes Packstück enthält 10 Verkaufspackungen à 500 g. Bevor eine Beanstandung festgestellt werden kann, müssen bei dieser Partiegröße mindestens 5 Packstücke (Einzelproben) geprüft werden. Zunächst werden das äußere Erscheinungsbild der Einzelproben auf Unversehrtheit und Sauberkeit und die Kennzeichnung auf Vollständigkeit und Richtigkeit geprüft. Wenn in einem Packstück Verkaufspackungen enthalten sind, die gekennzeichnet sind, dürfen die Angaben auf Packstück und Verkaufspackung nicht widersprüchlich sein. OECD-Leitfaden zu Konformitätskontrollen bei Obst und Gemüse 107 Probenahme Physische Prüfung Sekundärprobe #5.1 Der Kontroller wählt aus Risikoanalyse Partiegröße Einzelproben Zufallsgemäß, d. h. von allen Teilen der Palette (vorne, hinten, oben, Mitte, unten) Traube < 75 g (gelber Kreis) loose Beeren (weißer Kreis) ungenügend besetzte Traube (grüner Kreis) unterentwickelte Beeren (blauer Kreis) Sampling Physical inspection The inspector selects depending on Risk analyses Size of the lot Primary samples At random, i.e. from all parts of the pallet (front side, back side, top, middle and bottom layer) Secondary sample #5.1 5 13 Probenahme Alle Einzelproben (Sammelprobe) werden zum Kontrollplatz gebracht Der Kontrollplatz muss abgetrennt, sauber, mit gutem Tageslicht oder künstlichem Licht mit Tageslichtqualität ausgestattet sein Inspection place All primary samples (= bulk sample) are taken to the inspection table The place of inspection must be separate, clean and with good daylight or daylight equivalent artificial light. 6 bunch < 75 g (yellow circle) loose berries (white circle) straggly bunch (green circle) underdeveloped berries (blue circle) Partie / Lot 192 x 5 kg = 960 kg Sammelprobe / bulk sample5 x 5 kg Anschließend werden die Erzeugnisse auf Einhaltung der Vermarktungsnorm geprüft. Hierzu werden aus jeder Einzelprobe 3 kg, d. h. 6 Schälchen à 500 g entnommen. Jede Verkaufspackung wird vollständig entleert und die Erzeugnisse auf vorhandene Mängel geprüft. Es empfiehlt sich, das Kontrollergebnis aus jeder Verkaufspackung in einem Prüfprotokoll zu notieren. Physische Prüfung An den Einzelproben Allgemeines Aussehen Aufmachung Sauberkeit Packstück Sekundärprobe = 3 kg / Einzelprobe Die im Beispiel kontrollierte Partie weist folgende Mängel auf: 440 g (= 3 % der Sammelprobe von 15 kg) sind entweder nicht sauber, nicht gesund, nicht frei von Schädlingen, nicht frei von durch Schädlinge verursachte Schäden oder mit unterentwickelten Beeren besetzt. Dies überschreitet die in Klasse I zugelassene 1 % Toleranz für Erzeugnisse, die den Mindesteigenschaften nicht entsprechen oder Verderb aufweisen. 424 g (= 3 % der Sammelprobe von 15 kg) der Trauben weisen Hautfehler, sehr lückigen Besatz oder lose Beeren auf, alles Merkmale, die nicht der Klasse I entsprechen, aber noch innerhalb der Toleranz von 10 % liegen. 2.016 g (= 13 % der Sammelprobe von 15 kg) Trauben mit einem Gewicht unterhalb der Mindestgröße von 75 g. Dies ist mehr als die 10 % Größentoleranz für Erzeugnisse, die den Anforderungen an die Größensortierung nicht entsprechen. Da einige der Trauben nur hellrot sind, wird anhand der reduzierten Probe (= 5 % der Mischprobe = 750 g) der Brixwert, d. h. der Gehalt an löslicher Trockensubstanz geprüft. Nicht ein Messwert liegt unter 20 °Brix, während für kernlose Sorten mindestens 16 °Brix vorgeschrieben sind. Physical inspection Primary samples General appearance Presentation Cleanliness package Secondary sample = 3 kg / primary sample 8 16 © BLE, IAT - 2013 Von jeder Traube der red. Probe zufallsgemäß 10 Beeren From each bunch of the reduced sample 10 berries are picked randomly OECD-Leitfaden zu Konformitätskontrollen bei Obst und Gemüse Damit ist die Partie insgesamt nicht normgerecht. Ein Beanstandungsprotokoll wird ausgestellt. Die Beanstandungsgründe sind: • 3 % nicht den Mindesteigenschaften entsprechend (nicht sauber, nicht gesund, nicht frei von Schädlingen, nicht frei von durch Schädlinge verursachte Schäden, unterentwickelte Beeren) und • 13 % unterhalb der Mindestgröße. Die Partie darf in diesem Zustand nicht vermarktet werden. Der Händler kann die Partie neu sortieren oder als Einzelabschnitte (alle Traubenabschnitte < 75 g) aufbereiten und zu einer Nachkontrolle vorführen, bevor er sie auf dem Frischmarkt vermarkten kann. Der Händler kann aber auch die Trauben be- bzw. verarbeiten und z. B. in einem Obstsalat anbieten. Der Leitfaden wird künftig eine gute Grundlage für die Ausbildung der Kontrolleure und Kontrolleurinnen bilden, aber auch sehr viel zum harmonisierten Vorgehen der Kontrolldienste beitragen. Insofern darf man auf sein Erscheinen Anfang 2014 gespannt sein. Bis dahin sind die Mitgliedstaaten des OECD-Schemas aber noch mit dem Feinschliff am Erläuterungstext und an den Bildern gefordert. Deutschland bereitet parallel eine deutsche Übersetzung vor, so dass möglichst bald nach Erscheinen der englisch/ französischen Originalausgabe auch eine deutsche Fassung verfügbar sein wird. © BLE, IAT - 2013 108 109 Referenten Dr. Bickelmann, Ulrike Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Deichmanns Aue 29 53179 Bonn Deutschland Dr. Geyer, Martin Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB) Max-Eyth-Allee 100 14469 Potsdam Deutschland Bliedung, Sophie Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) Am Staudengarten 10 85350 Freising Deutschland Groos, Ulrich Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) Pfützenstraße 67 646347 Griesheim Deutschland Chéron, Karl-Eric Interbranch Association of fruits and vegetables (INTERFEL) 19 rue de la pépinière 75008 Paris Frankreich Guerra, Francisco Ministry of Economy and Competitivity (SOIVRE) Avda Santa De Clara De Cuba 6 41007 Seville Spanien Döhler, Armin Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) Zur Wetterwarte 11 01109 Dresden Deutschland Hewett, Ian Rural Payments Agency (RPA) Office SCF3, Western International Market Hayes Road UB25XJ Southall Großbritannien Egerer, Franz Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Steingruber Straße 10 91746 Weidenbach Deutschland Jacobs, Fred Kwaliteits Controle Bureau (KCB) Platinaweg 10 2544EZ The Hague Niederlande Fänger, Reinhild Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Deichmanns Aue 29 53179 Bonn Deutschland Jakobs-Lang, Carmen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD) Willy-Brandt-Platz 3 54290 Trier Deutschland © BLE, IAT - 2013 Referenten 110 Koschnick, Felix Dittmeyers Frucht-Plantagen GmbH & co. KG Hüttendorferstraße 1 27726 Worpswede Deutschland Raddatz, Volker Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Deichmanns Aue 29 53179 Bonn Deutschland LaFleur, Jeff Cape Cod Cranberry Growers Association (CCCGA) 72 Brook Street 02367 Plympton, MA USA Stevens, Heinrich Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Deichmanns Aue 29 53179 Bonn Deutschland Layachi, Najib Etablissement Autonome de Contrôle et de Coordination des Exportations (EACCE) 72, Rue Med SMIHA 20000 Casablanca Marokko Prof. Zoffoli, Juan Pablo Pontificia Universidad Católica de Chile (PUC) Av. Vicuña Mackenna 4860 302/22 Santiago Chile Linnemannstöns, Ludger Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LWK NRW) Gartenstraße 11 50765 Köln Deutschland Osei, Abena Safoa Ghana Standards Authority (GSA) Off Mandina Road Accra Ghana Papageorgiou, Thanos Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert GmbH & Co. KG (INTER) Banksstraße 28 20097 Hamburg Deutschland © BLE, IAT - 2013