Sakramentsturm - Kirchengemeinde Petersdorf
Transcription
Sakramentsturm - Kirchengemeinde Petersdorf
Der Sakramentsturm zu Petersdorf auf Fehmarn Petersdorf hat einen großen, mittelalterlichen hölzernen Sakramentsturm, bzw. ein Sakramentshaus! Das ist eine Besonderheit, das gibt es im Norden Deutschlands nicht oft. Der bedeutendste dieser Türme befindet sich im Zisterzienserkloster zu Doberan. Er ist 11 Meter hoch und etwa um 1370 entstanden. Der hölzerne Sakramentsturm von Fehmarn ist Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden und 8,70 Meter hoch (30 Fuß mittelalterlichen Maßes). Eine Kirche in der Kirche Ein Sakramentsturm ist ein Tabernakel, wie wir es aus katholischen Kirchen kennen. So gleich das Abendmahl ist, seit nun bald 2000 Jahren, hat es doch seine Geschichte. Wie kann man das verstehen, wenn Christus zu Brot und Wein sagte: „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“? Im 12. Jahrhundert kam man zu der Auffassung, dass sich Brot und Wein in der Liturgie verwandeln würden, - und zwar dauerhaft. Darum erschien es nun unmöglich, das Brot nach dem Abendmahl sozusagen einfach zurück in den Brotkorb zu legen. Im Gegenteil: Nach der Messe schien Christus im Abendmahlsbrot dauerhaft anwesend zu bleiben. Das zeigt das ewige Licht in katholischen Kirchen an. So werden Kirche und Altar zum Anbetungsraum und Garant göttlicher Präsenz. Für die geweihte Hostie, - Christi realer Leib, wurde das Fronleichnamsfest („Leib des Herrn“) eingeführt. In einer Monstranz, einem Schauglas, wurde sie aufbewahrt und in Prozessionen vorangeführt, Feld und Flur konnten so gewissermaßen von Gott selbst gesegnet werden. Entsprechend wurde der Aufbewahrungsort der Hostien seit dem 12. Jahrhundert aufwendiger gestaltet und zu einem Teil der Liturgie. Zeugnis von diesem mittelalterlichen Verständnis des Abendmahls sind auch die Sakramentstürme, Kirchen in der Kirche, nicht nur Bild und Zeichen des Gekreuzigten und Auferstandenen, sondern sein Schrein. Die Sakramentstürme sind somit ein Bild der Kirchen selbst, wie man sie verstand: Hier ist Gott. 2 Die Dargestellten Der Vergleich mit dem Doberaner Sakramentsturm ist aufschlussreich. Dort im Zisterzienserkloster sind biblische Typologien zu sehen: Abel und Melchisedek, alttestamentliche Gestalten, die etwas über das Abendmahl aussagten. Auch der große Altar dort zeigt fast nur biblische Szenen und Gestalten. Im späteren Mittelalter und außerhalb der Klöster traten an ihre Stelle mehr und mehr Heilige. Über das Abendmahl selbst sagt der Petersdorfer Sakramentsturm nur noch indirekt etwas aus. Zwar ist an der Tür, hinter der die Sakramente aufbewahrt wurden, Christus zu sehen, aber man sucht vergeblich zum Beispiel Melchisedek oder andere alttestamentliche Allegorien. An ihrer Stelle finden wir Heiligenfiguren. Insgesamt sind auf dem sechsseitigen Turm sieben Gestalten zu finden. Oben in fast doppelter Größe steht ein Bischof als freie Plastik, unten an den sechs Seiten befinden sich der leidende Christus, Maria mit Kind, ein König und drei Frauenfiguren. Wer aber sind der König und die drei Frauengestalten? Um diese Frage zu beantworten, muss man die „Attribute“ beachten. Ähnlichkeit konnte keine Rolle spielen, also waren Heiligenfiguren an diesen beigefügten Details zu „erkennen“. Manche der Attribute sind eindeutig, nur ein Heiliger hat sie. So stellt zum Beispiel eine Frau mit Rad und Schwert eindeutig Katharina von Alexandrien dar. Auch die Apostel kann man an den Attributen erkennen, - sie tragen ihr „Marterwerkzeug“ an sich, Schwert, Messer oder das bekannte „Andreaskreuz“. Es gibt aber auch Attribute, die nicht eindeutig sind. Viele Heilige tragen zum Beispiel eine Kirche, oft sogenannte lokale Heilige, die auf konkrete Kirchenstiftungen hinweisen. Entscheidend ist, dass die Menschen vor Ort im Mittelalter gewusst haben mussten, wer dargestellt war. Zumeist haben die Stifter festgelegt, wer zu sehen sein sollte. Die Stiftung eines Altars hatte den Stellenwert eines Opfers, einer Anrufung des entsprechenden Heiligen, es war gewissermaßen ein bezahltes, öffentliches Gebet. Zu den Frauenfiguren: An ihnen sind die Attribute nicht mehr alle zu erkennen, sondern zum Teil verloren gegangen. Die erste Vermutung muss sein, dass es sich um Heilige handelt, deren Verehrung weit verbreitet war. Richard Haupt hat in seinem Standardwerk „Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz SchleswigHolstein“ Band II, S. 92 gemeint, dass es sich um Margareta, Katharina und Dorothea handle. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht einiges. Zwar sind alle drei als Königinnen oder Prinzessinnen dargestellt, aber es war nicht ungewöhnlich auch Heilige als solche darzustellen, die nicht von Adel waren. Sie trugen gewissermaßen ihre Märtyrerkrone. Es gibt dabei einen Unterschied zu männlichen Heiligen. Diese wurden nur dann mit Kronen dargestellt, wenn sie auch im irdischen Leben Könige waren. Das hängt damit zusammen, dass von heiligen Frauen gesagt wurde, sie würden durch ihr Martyrium Christus als 3 Bräutigam gewinnen. Darum gibt es Darstellungen, auf denen Märtyrerinnen auch dann mit Kronen dargestellt wurden, wenn sie nicht adliger Herkunft waren. Damit wurden sie in einer Linie mit der Krönung Marias gesehen, auf die ich weiter unten eingehe. Katharina hat vier Attribute, die nicht gleichzeitig dargestellt werden mussten: Krone, Schwert, Rad und einen König unter ihren Füßen. Die rechte Hand der Katharina auf unserem Turm ist so gehalten, dass in ihr ein Schwertgriff zu vermuten ist. Was in der Linken war, ist nicht mehr erkennbar, möglicherweise war es das Rad. Rechts von ihr (vom Betrachter aus gesehen) ist eine Heilige zu sehen, deren Attribute ebenfalls nicht mehr vollständig sind. R. Haupt meint in ihr Dorothea zu erkennen und deutet damit das Gefäß in der Hand des Jungen als Blumenkörbchen. In der Rechten der Heiligen müsste sich dann eine Blume befunden haben. Auch bei ihr ist ein König unter ihren Füßen, - bezwungen durch ihr Martyrium. Dieses Attribut ist eben eines, das zu verschiedenen Heiligen gehören kann. Auf der anderen Seite tritt die Frauengestalt auf ein Untier. Dieses Attribut lässt auf Margarete schließen, denn in der Heiligenlegende heißt es ausdrücklich, dass sie den Teufel unter ihren Füßen sinnbildlich bezwungen hätte. Aber dieses Attribut ist nicht eindeutig. Es kann bei verschiedenen Heiligen auftauchen, u.a. bei der Heiligen Ursula. Von einem weiteren Attribut findet sich aber wenigstens noch eine Spur: an der Brust der Heiligen sehen wir ein kleines Loch, in dem sich einmal etwas befunden haben muss. Das deutet auf Ursula hin, denn sie wurde mit einem Pfeil getötet und wurde entsprechend abgebildet. Eine Kombination beider Attribute, ergänzt durch einen Siegespalmzweig findet sich im romanischen Fenster von St. Kunibert in Köln. Sowohl Ursula als auch Margarete wurden gern mit Katharina und Dorothea dargestellt. Es ist also nicht auszuschließen, dass R. Haupt Recht hatte mit der Vermutung, es handle sich hier um Margarete. Das kleine Loch aber legt es nahe, dass es sich um Ursula handelt. Bei Margarete gäbe das Loch keinen Sinn. Wer aber sind König und Bischof? Da hält sich R. Haupt völlig zurück, denn beide haben keinerlei sichtbares Attribut. (Er spricht freilich hier von einem Ritter, doch der Dargestellte trägt eindeutig eine Krone, was einem Ritter nicht zukäme.) Heilige Bischöfe und Könige gab es viele. Der König hatte irgendetwas in der Hand gehabt, - möglicherweise Waffe oder Zepter. Nun gibt es aber außer den Heiligen Drei Königen keine Heiligen Könige in allgemeiner Verehrung. Wie mochten die Betrachter des Turms die Figuren gedeutet haben, wenn sie keine eindeutigen Merkmale aufzeigten? Für den Sakramentsturm könnte man den Bezug aufs Abendmahl vermuten, dann wäre der Bischof vielleicht Augustinus oder Ambrosius. Aber wer wäre dann der König? Die Alternative dazu wäre, dass es sich um Ortsheilige handelt. Und da ist die Auswahl deutlich kleiner, - es kommen für Fehmarn nur wenige infrage. Beim 4 König könnte es sich um Knut IV. den Heiligen handeln, - und beim Bischof um Ansgar, - wahrscheinlicher aber um den Heiligen Vicelin, Missionar und Bischof in Ostholstein. Letztgültig lassen sich diese Fragen wohl kaum entscheiden, - in diesem Heftchen möchte ich es aber so nehmen, wie hier vermutet. Christus Christus ist dargestellt als Leidender. Mit der Linken segnet er, mit der durchbohrten Rechten weist er auf seine Seitenwunde, aus der nach dem Johannesevangelium Wasser und Blut flossen, Hinweis auf die Sakramente. Diese Bibelstelle war auch zentral für die Rittersagen des Mittelalters mit der Heiligen Lanze. Hinter der Christusfigur befindet sich die Tür zum Inneren des Turmes. Hinter einem rot bemalten Gitter waren Kelch, Patene (Oblatenteller) und Oblaten verwahrt. Die Kirche besitzt und benutzt immer noch zwei dieser mittelalterlichen Kelche und eine Patene. Die Farben des Turmes sind von Gold, Blau und Rot bestimmt. Sie waren die Farben für den Himmel (blau), die Herrlichkeit Gottes (Gold) und die Liebe (rot), in diesem Fall verbunden mit der Farbe des Blutes. Diese drei Farben waren nicht von ungefähr auch die Fahnenfarben von Frankreich (vor der Revolution) oder auch Mecklenburg, - sie waren zugleich die Farben Marias. Auf dem Hintergrund findet sich stilisiert das Lilienmotiv, - das Königssymbol. Der Heiligenschein Christi unterscheidet sich von allen anderen dadurch, dass er in sich das Kreuzmotiv hat. Auf unserem Bild ist dies als Perforierung nur schwach zu erkennen, aber vorhanden. 5 Maria Maria ist Himmelskönigin und „Braut“ Christi, Symbol für die Kirche. Ihre Krönung im Himmel, die in keinem Evangelium berichtet wird, wurde oft im Mittelalter dargestellt. Die Farben des Hintergrundes für alle sechs Figuren sind Gold, Blau und Rot, die Farben Marias. Sie führt als von Christus gekrönte Himmelskönigin die Schar der Heiligen an. Das Christuskind auf ihrem Arm ist völlig nackt. In der Hand trägt es ein goldenes Körbchen, - vielleicht als Anspielung auf die Legende der Heiligen Dorothea auf der anderen Seite des Turmes. Maria hat eine Macht unter ihre Füße getan: den Mond. Eigentlich gehört dieses Motiv zur Darstellung Marias als „Maria im Strahlenkranz“, wie es auf der anderen Darstellung dieses Motivs in der Kirche zu Petersdorf zu sehen ist. Hier mag es als Parallele anzusehen sein zu den drei weiblichen Heiligen auf dem Sakramentsturm, die alle eine überwundene Macht unter ihren Füßen aufzuweisen haben. Der „Mond“ ist ein dunkles Gesicht, hier sicher in der Bedeutung finsterer Macht. Maria führt die Heiligen an und ist somit das Symbol der Gemeinschaft aller Heiligen. Das Kirchenjahr des Spätmittelalters hatte zwei Zyklen, die ineinander übergingen. Das ist zum einen das uns so bekannte „Herrenjahr“ von der Geburt bis zur Auferstehung Christi, zum anderen aber das Marienjahr mit ihren Marienfeiertagen. So zeigen die beiden Figuren Christus und Maria auch das Kirchenjahr an. 6 Ursula Die Geschichte von Ursula führt uns bereits in den Norden Europas und ist mit der Geschichte Englands verknüpft. Sie erzählt so etwas wie einen Bekehrungsfeldzug ganz besonderer Art und ist völlig sagenhaft. In England lebte eine schöne Jungfrau, Ursula mit Namen, die von einem Bräutigam zur Frau begehrt wurde, der noch nicht gläubig war. Ursula und ihr Vater stellten darum eine sehr ungewöhnliche Bedingung zur Hochzeit. Es sollten mit ihr zehn Jungfrauen kommen, die jeweils tausend Jungfrauen im Gefolge hätten. Man nannte darum diese Geschichte die Legende von den „Elftausend Jungfrauen“. Dieses Heer von Frauen machte eine Wallfahrt quer durch Europa nach Rom. Nach drei Jahren würden sie wiederkommen, bis dahin sollte der Bräutigam Aetherius Christ geworden und auch im Glauben unterwiesen sein. Mit dem Schiff ging es übers Meer, den Rhein hinauf bis nach Basel. Darum ist eines der möglichen Attribute von Ursula auch ein Schiff. Jakob de Voragine, der die Legenden der Heiligen im Mittelalter zusammentrug, beschrieb die Fahrt als einen wachsenden Kreuzzug zum Martyrium. Von Anfang an erschien das Ende der Geschichte klar: Es war nicht mehr nur eine Wallfahrt nach Rom, sondern zum Himmel. Es schlossen sich dem Zug immer mehr Menschen an, selbst der Papst verließ seinen Thron, letztlich kam sogar der Bräutigam selbst. Die mächtigen Heiden Maximus und Africanus dagegen hatten nichts anderes im Sinn, als alle zu töten, was sie dann auch taten. Am Ende wurde Ursula mit einem Pfeil getötet. Die wahren Sieger der Geschichte waren freilich nicht jene Heiden, sondern Ursula und ihr Gefolge. Wie Maria als sogenannte „Schutzmantelmadonna“ wird darum Ursula auch als Bewahrerin der Frauen dargestellt, gerade weil in der Geschichte alle mit ihr das Martyrium teilten. Es ist eine Legende von der Bewahrung der Seelen vor dem Bösen und seiner Überwindung, die nur im Kontext des Mittelalters verständlich erscheint. 7 Katharina von Alexandrien Sie war so etwas wie eine Lieblingsheilige des späteren Mittelalters. Auch sie war Jungfrau und Christin und sollte sogar Schülerin des großen Origenes gewesen sein. Ihr königlicher Vater und der Kaiser von Rom verspotteten ihren Glauben und ließen sie mit Philosophen disputieren, um sie vom offenbar törichten Christenglauben abzubringen. Sie aber gewann die Philosophen zum Glauben und wurde daraufhin mit dem Tod bestraft. Zuerst wurde sie auf ein Rad geflochten, aber dies zerbarst durch ein Wunder. Dann ließ der eigene Vater sie mit dem Schwert töten. So die Legende. Wie bei den anderen Legenden spielen die Heiligen hier eine Rolle, die Frauen im mittelalterlichen Leben kaum zukamen. Sie hatten nicht die Freiheit, ihren Mann selbst zu wählen oder einen auch nur abzulehnen. Auch besuchten sie keine Universitäten und galten keineswegs als philosophisch gebildet. Sie waren keine Streiter in Kreuzzügen, noch galten sie viel in der Gesellschaft ohne ihre Männer. Ihr „Bräutigam“ in den Geschichten aber ist Gott selbst in Christus. Ein höherer Adel ist nicht denkbar. 8 Dorothea Dorothea („Gottesgabe“) gehört zu einer ganzen Gruppe von weiblichen Heiligen der Frühzeit, die das gleiche Grundmotiv haben: Eine schöne Jungfrau wird zur Christin, wird aber von einem reichen und mächtigen Heiden begehrt. Sie sollte zur Hochzeit oder wenigstens zum Beischlaf gezwungen werden und ihren Glauben aufgeben. Dorothea und die anderen Märtyrerinnen wehrten sich bis zum Tod. Sie wurden gefoltert und getötet, blieben aber standhaft und brachten Zeugen des Geschehens zum Glauben. Ihr „Bräutigam“ war Christus, der Geber ewigen Lebens. So erwiesen sie sich als die wahren Sieger über die Männer, die ihnen Gewalt antun wollten. Darum das sich wiederholende Motiv des besiegten Bösen unter ihren Füßen. Für Dorothea gibt es die Legende, dass der junge Rechtsgelehrte Theophilus sie vor ihrem Tod verspottete mit den Worten: „Wenn du nun in das Land zu deinem Bräutigam kommst, das du den Himmel nennst, schicke mir doch Blumen und Äpfel aus diesem Garten!“ Nach ihrem Tod kam zu Theophilus („Gottlieb“) ein Kind, wohl gedacht als das Christuskind, das ihm diese Paradiesgaben brachte. Theophilus wurde daraufhin selbst Christ, - und Märtyrer. 9 König Knut IV., der Heilige (1043-1086) Knut IV. ist der Schutzheilige Dänemarks. Er war nicht lange im Amt, erst 1080 wurde er zum König geweiht. Auf ihn soll der St.-Knuts-Tag zurückgehen, - in Skandinavien endet die Weihnachtszeit erst am 13. Januar, 20 Tage nach den Christfest. Knuts Politik war sehr kirchenfreundlich. Im Jahre 1086 zog er seine Truppen zusammen, um England zu erobern. Daraufhin kam es zum Volksaufstand, und Knut wurde mit seinem Bruder Benedikt und seinem Gefolge in der Kirche in Odense auf Fünen erschlagen. Sein Tod wurde als Martyrium gewertet und es geschahen Wunder an seinem Grab in der Kirche. Im Jahre 1101 wurde er zum Heiligen erklärt, - der einzige unter den Königen Dänemarks. (Unter den Holsteinschen und Schleswiger Fürsten gab es keinen Heiligen.) Der Sakramentsturm ist nach R. Haupt Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden. Im Jahre 1460 wählten Schleswig und Holstein den dänischen König Christian I. (1426 – 1481) zu ihrem Oberhaupt, und die dänische Zeit begann. In dem Vertrag von Ripen findet sich die bekannte Formulierung: "dat se bliven ewich tosamende ungedelt" (dass sie ewig ungeteilt zusammen bleiben) für Schleswig und Holstein. Wenn es stimmen sollte, dass es sich bei den beiden dargestellten Personen unseres Turmes um Vicelin und Knut IV. handelt, wäre die Stiftung des Sakramentsturms im Zusammenhang dieser politischen Vorgänge zu sehen. 10 Bischof Vicelin (1090-1154) Von den in Holstein tätigen Missionaren wurden als Heilige die Bischöfe Ansgar und Vicelin verehrt. Unter Bischof Ansgar (801-865) wurden Schleswig-Holstein und Dänemark christlich, - aber es gab harte Rückschläge. Zur Zeit des Kommens von Vicelin war das Christentum besonders in Ostholstein schon lange wieder erloschen. Vicelin wurde in Hameln geboren, ging in Paderborn zur Schule und wurde 1118 Vorsteher der Domschule zu Bremen. Er studierte dann in Frankreich, vermutlich in Laon, bis er 1126 durch Norbert von Xanten, Gründer der Prämontratenser, in Magdeburg zum Priester geweiht wurde. Erzbischof Adalbero von Bremen entsandte ihn zur Slawenmission. Vicelin gründet zunächst das „Neue Kloster“, Neumünster und das Stift Segeberg. In Wagrien war er als Missionar tätig, traf aber auf den bewaffneten Widerstand des Slawenfürsten Pribislaw. 1149 weihte Erzbischof Hartwig I. Vicelin zum Bischof von Oldenburg in Holstein. Vicelin gründete u.a. die Kirchen in Bornhöved, Oldesloe und Bosau, mehr als ein Dutzend Kirchen nennen sich bis heute Vicelinkirchen. Heinrich der Löwe gab ihm die Investitur. Am 12. Dezember 1154 starb Vicelin in Neumünster. Vicelin gilt als Apostel der Wagrier. Ihm wurden zahlreiche Wunder nachgesagt. Nachdem er 1322 heiliggesprochen wurde, übertrug man seine Gebeine in die Kirche von Bordesholm. Sein Biograph schreibt von ihm: „Nach Verrichtung seines Gebetes war er unermüdlich, die rohen Bewohner zu sammeln, ihnen das Evangelium zu verkündigen, sie in den Geheimnissen des Glaubens zu unterrichten und die wilden Gemüter durch die christlichen Sitten zu sänftigen, und zugleich seine Mitarbeiter, denen oft der Mut sinken wollte, zur Geduld und Beharrlichkeit zu ermahnen.” 11 Literatur: Vicelin um 1090 bis 1154, Hrsg. von W. W. Rausch, Kiel 2004 Legenda Aurea, Jacob de Voragine, Nerlin 1963 Vollständiges Heiligenlexikon, Augsburg 1858-1882 Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holsteins, Richard Haupt, Kiel 1886-1889 Text: Martin Grahl Fotos: Helmut Brauer / Martin Grahl; Zeichnung von R. Haupt Herausgeber: Ev. Luth. Kirchengemeinde Petersdorf auf Fehmarn 12