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Kirstin Germer Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Zeitraum 08.09. – 08.10.2010 Mentor Rev. Bob Heinz und Patti Fitzpatrick 1 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Gliederung / Behandelte Themen 0. Vorbemerkung / Ministers of Care 1. Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) 2. “Mass of the Anointing of the Sick” 3. Reflexion dieses Ministry unter den vier Filtern 4. Prayer for our Sick-List 5. Parish Nurse 6. “Carenotes” 7. Association for Clinical Pastoral Education / Vier Organisationen / Nachwuchs 8. Katholische Krankenhäuser im Erzbistum Chicago / Bezahlung 9. Gesellschaften / Einrichtungen im Gesundheitswesen 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.9 Resurrection Health Care Holy Family Medical Center Our Lady of the Resurrection Medical Center Northshore University Health System / Chaplains on call New Cook County Hospital (John H. Stoger, Jr. Hospital) Midwest Palliative & Hospice Center Lay Ecclesial Ministry Loyola University Health System Rush University Medical Center 10. Weitere Eindrücke 2 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook 0. Vorbemerkung / Ministers of Care Als Pastoralreferentin im St. Vinzenz-Hospital Dinslaken im Bistum Münster bin ich mit diesem Hauptaugenmerk in das CrossingOver-Abenteuer gestartet. Bereits als Studentin durfte ich durch die klinischen Seelsorgeausbildung (Clinical Pastoral Education) lernen und war gespannt, welchen Stellenwert CPE inzwischen in ihrem Ursprungsland hat. Als ich erfahren habe, dass ich in St. Norbert in Northbrook vom 08.09. – 08.10.2010 untergebracht sein werde, habe ich mich sehr gefreut, weil ich durch das Buch “All are welcome” bereits etwas über die Trauerpastoral in dieser Gemeinde gelesen hatte. Gespannt war ich besonders auf den Erfahrungsaustausch mit meinen Kolleginnen Patti Fitzpatrick, Director of Ministers of Bereavement, und Mona Lukas, Director of Ministers of Care. Beide lernte ich am Abend meiner Anreise beim Welcome-BBQ im Rectory mit dem gesamten Pastoral Staff kennen. Nur zwei Tage nach meiner Ankunft war ich bereits das erste Mal in einem amerikanischen Krankenhaus und lernte dort den Dienst der Ministers of Care kennen: allen katholischen PatientInnen die Kommunion bringen. Weil die meisten Gemeindemitglieder in das Krankenhaus in Glenbrock gehen, beteiligt sich die Gemeinde St. Norbert mit weiteren vier Gemeinden um täglich (!), an allen sieben Tagen der Woche, die Kommunionbesuche zu machen. Ich staunte nicht schlecht – in unserem katholischen Krankenhaus wird die Kommunion nur Samstagabends regelmäßig ausgeteilt, von ehrenamtlichen KommunionhelferInnen aus dem Dekanat. In der Woche sehe ich es als meine Aufgabe als Krankenhausseelsorgerin an, die Kommunion zu bringen. Die Frage, weshalb im Erzbistum Chicago die Krankenkommunion täglich empfangen wird, beschäftigt mich weiterhin. Neben den Krankenhausbesuchen wird ein Kommunionbesuch von den Ministern of Care auch zuhause und in Alten(pflege-) heimen gemacht. “Wir folgen unseren Gemeindemitgliedern und bleiben so in Kontakt mit ihnen”, versicherten mir die Ministers of Care. 3 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook 1. Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) Rechtlich ist dieses seelsorgliche Nachgehen aber schwierig – aus Datenschutzgründen, die im Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) 1996 festgelegt wurden. So werden die PatientInnen bei der Aufnahme im Krankenhaus gefragt werden, ob sie es gestatten, dass sie in (Gemeinde-)Listen aufgenommen werden. Erst dadurch erfahren Gemeinden oder Ministers of Care, wenn Katholiken, auch ihrer Gemeinde, im Krankenhaus behandelt werden. Weil der Missbrauch von HIPPA durch hohe Geldbußen und Gefängnis bestraft wird, wird dieses Datenschutzgesetz sehr beachtet. Während meines Aufenthalts in St. Norbert konnte ich am Gruppentreffen der Ministers of Care unter der Leitung der Director Mona Lukas teilnehmen und einige der insgesamt 55 Ministern of Care kennen lernen. In St. Norbert werden im Tabernakel der Eucharistiekapelle die Hostien für die Kranken separat aufbewahrt. Warum? Weil sie ein wenig kleiner als üblich sind, um das Schlucken zu erleichtern, was ich aus Erfahrung mit Kranken nur begrüßen kann. 2. “Mass of the Anointing of the Sick” Ein „Großeinsatz“ für die Ministers of Care in St. Norbert sind auch die jährlich stattfindenen „Mass of the Anointing of the Sick“ im Rahmen von vier Gottesdiensten am Wochenende, ausgenommen ist die „Familienmesse“ sonntags um 9.30 Uhr. Die Ministers of Care laden zuvor Housebound Kranke ein und holen sie ggfs. von Zuhause ab, bleiben während der Messe an ihrer Seite und begleiten sie zur Salbung zum Altarraum. Ferner halten einige Minister das Chrisamöl in ihrer Hand während die Gemeindepriester das Sakrament spenden und die Kranken zur Stärkung salben. Auch im Gespräch mit Chaplains im 4 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Krankenhaus erfuhr ich von diesen „Jahressalbungen“, um - ähnlich wie bei uns auch - von der Bedeutung „Sacrament of the last rites“ zum eigentlichen Anlass der Stärkung wie im Jakobusbrief beschrieben, zu führen. Mir lässt der Dienst der Minister of Care keine Ruhe: Wie kann eine passende Übersetzung aussehen, wie ein uns in Deutschland bekanntes Äquivalent? Es ist durch die Eucharistie mehr als ein Krankenbesuchsdienst. Aber durch den Besuchscharakter wiederum mehr als ein reiner Kommuniondienst. Vielleicht ein Kranken-Kommunion-Besuchs-Dienst (KKBD)? Chaplain R, der in seiner Gemeinde die Ministers of Care begleitet, hat eine Internetseite zusammengestellt und beschreibt den Dienst wie folgt: “The sacramental ministry of prayer and Holy Communion is central to the work of Ministers of Care, but this ministry always involves being present to help out in some way, even if only to give the gift of listening and companionship.”, vgl. http://ministryofcare.org/ Hier fand die auch die etwas umfangreichere Bezeichnung “Extraordinary Ministers of Holy Communion to the Sick and Homebound (also known as Ministers of Care)” (nach Pastoral Care of the Sick, 1973). Die Einschätzung, dass der Kommunionempfang durch die Ministers of Care zugleich ein pastoraler Besuch ist, wurde den am Ministry of Care interessierten Frauen und Männern am 1. Einführungsabend, an dem ich teilnehmen durfte, ebenfalls vermittelt. Zweimal jährlich wird das “Basistraining”/Formation in Zusammenarbeit der beiden Krankenhäuser Ressurection Medical Center und Advocate Lutheran General Hospital angeboten. Folgende Inhalte werden an sechs Abenden vermittelt: Pastoral Listening Skills, Theology of Suffering&Sickness, Experience of Suffering, Spirituality of the Minister, Prayers and Sacraments: In Healthcare & Hospice with those Homebound. Das letzte Treffen dient zur Einführung am konkreten “Dienstort”, Krankenhaus oder Gemeinde. Die Gemeinde St. Norbert trägt die Ausbildungskosten in Höhe von $ 25,00 und erwartet eine Hospitation an allen Orten: Hospital, Nursing Homes and Homebound. Anschließend kann der zukünftige Einsatz"lieblings"ort der neuen Minister of Care bestimmt werden. Im Rahmen einer Gemeindemesse werden die neuen Ministers of Care eingeführt und erfahren Segen und Sendung quasi durch die gesamte Gemeinde. Für ihren Dienst erhalten sie Gebetsliteratur und eine Burse zur Verfügung gestellt. Ca. sechs- bis achtmal im Laufe eines Jahres trifft sich die Gruppe in St. Norbert. Im vergangenen Jahr 2009 wurden über 5000 (!) 5 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Besuche gezählt werden. Diesen wertvollen Ministry gibt es hier inzwischen seit über 25 Jahren. 3. Reflexion dieses Ministry unter den vier Filtern Die beim CrossingOver Gruppentreffen angebotene Reflexion dieses Ministry unter den vier Filtern institutionell, kulturell, traditionell und persönlich finde ich lohnenswert. Auch wenn sich manche Aspekte mehr als einem Bereich zuordnen lassen, will ich hier eine stichwortartige Übersicht wiedergeben: Institutionelle Aspekte: - “Eucharistie als Quelle und Höhepunkt unseres Glaubens” <> auch der Kommunionempfang??? - Einführung der Eucharist Minister durch das II. Vatikanum - Ministry of Care als Verknüpfung von Liturgie und Diakonie - Mission Statement Gemeinde St. Norbert: “Celebrate our faith in worship and sacrament. Care for and serve each other and the larger community, committed to helping the needy and poor.” - Kirchenmodell “Body of Christ”: in Verbindung bleiben, untereinander und mit Christus Kulturelle Aspekte: - Katholisches Spezifikum: Eucharistie - Konsumorientierung - Hohes Engagement, auch nicht kirchlich (vgl. “Frage nicht, was der Staat für dich tun kann; frage, was Du für den Staat, die anderen tun kannst.”) - Kirchenmodell “Body of Christ”: jeweilige Berufung zum Minister of Care Traditionelle Aspekte: - Tradition der Glaubensbekundung, auch “God bless America” - Jesu Beispiel: Kranke besuchen, sie heilen, Heil machen an Leib und Seele - Bedeutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Gebetes Persönliche Erfahrungen: - Integration von religiöser Praxis und Spiritual Care im Gesundheitswesen, Erfahrung von Körper-Seele-Geist-Einheit - Christus und Gemeinde sind bei mir in meinem Leid, Verbundenheit gerade in Krankheit - “Beten macht gesund”, vgl. Studien - Minister of Care als persönliche Vocation und Teil der Gemeinde 6 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Sprachlich fiel mir auf, dass ich/wir in Deutschland vor allem das Wort “Ehrenamtliche” nutze/n und in Chicago das jeweilige Ministry genannt wird. M.E. ist damit eine besondere Wertschätzung verbunden, die mit dem “Berufungsbewusstsein” “Minister of Care is my vocation” der jeweiligen Person korrespondiert. Bei meinen Besuchen und Gesprächen mit Hospital Chaplains erfuhr ich, wie sehr sie die Tätigkeit der Minister of Care schätzen und auch brauchen, wenn sie ihren Dienst am Kranken im Hospital über den Kommuniondienst hinaus ausüben wollen. Immer wieder war ich über die hohe Zahl der engagierten Minister erstaunt: so betreut J, Chaplain und Coordinator Roman Catholic Ministries im nicht-kirchlichen Northwest Community Hospital (www.nch.org)über 160 (!) Ministers of Care im Alter von 31 bis 85 Jahren. Zweimal im Jahr bietet er eine Ausbildung und Schulung für neue Interessierte aus den 16 angrenzenden Gemeinden an. Durch die blauen Kittel sind sie als Mitarbeitende sichtbar und werden auch mal als „Blue Angel“ bezeichnet. Damit die täglich acht Minister of Care ab 9 Uhr ihre Listen mit den katholischen PatientInnen haben, beginnt er seinen Dienst morgens um 6 Uhr. Nach einem Treffen in den Seelsorgeräumen, gehen sie gemeinsam um 9.30 Uhr in die Kapelle und halten um den Altar versammelt eine kurze Gebetszeit mit Kommunionempfang (!). So gestärkt gehen sie mit der Kommunion zu den Kranken. Kommunionbesuche bei isolierten PatientInnen erfolgen durch den Chaplain. In der wöchentlichen Eucharistiefeier werden jeweils die für eine Woche benötigten Hostien konsekriert. Hier wie auch in allen (!) anderen Krankenhäusern, die ich kennen lernen durfte, wird akribisch die PatientInnenliste ergänzt: Wer war beim Kommunionbesuch nicht im Zimmer oder hat geschlafen; werde wollte (nicht) kommunizieren oder (nur) beten? Wer wünscht (nicht) täglichen Empfang? Diese bearbeiteten Listen werden verwahrt, damit beispielsweise im Fall einer Beschwerde genau nachgeschaut werden kann. So erlebte ich es, dass die Sekretärin (Ihre halbe Stelle wird ebenso wie das volle Gehalt von Chaplain J von 16 Gemeinden gezahlt. Verwirrenderweise ist der Hospitalmanager aber Dienstvorgesetzter.) folgenden Anruf einer Patientin weiter gab: Seit vier Tagen sei sie bereits im Krankenhaus und habe noch kein einziges Mal die Kommunion erhalten. Im gleichen Haus erlebte ich es, wie der Chaplain von zwei Frauen um die 50 Jahre alt angesprochen wurde – sie seien in Sorge, 7 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook weil sie nicht wüssten, ob ihr kranker Vater heute wirklich die Kommunion erhalten habe. Er selbst könne sich daran nicht genau erinnern. Dank der Kommunionliste konnten ihnen versichert werden, dass ihr Vater kommuniziert habe – und die Töchter verließen beruhigt das Krankenhaus. 4. Prayer for our Sick-List Im wöchentlichen Gemeindebrief der St. Norbert Gemeinde wird um das Gebet für die, für “unsere” Kranken gebeten (Prayer for our Sick-List): “As members of the Parish Faith Community, it is our responsibility to remember both in concrete und spiritual ways those who cannot celebrate with us each week because they are ill. Those who are sick in turn, remember us daily in their prayers and in their suffering. We experience many blessings because of their remembering us. And so… please remember in your prayers the people listed.” Aktuell sind fast 50 Personen mit Vor- und Nachnamen aufgeführt. In den Fürbitten am Wochenende werden jeweils die in der Woche neu erkrankten Gemeindemitglieder genannt. Nach Aussage der zuständigen Director of Ministers of Care werden durch diesen “Gebetsdienst” längst nicht alle Kranken erreicht. Manche möchten nicht genannt werden, andere fürchten “Krankenbesuche/telefonate”, die stören würden. Regel ist, dass aufgeführt wird, wer sich selbst meldet. Nach der Erkrankung wird nicht gefragt. Pastoralpraktisch ist die Krankengebetsliste auch eine Möglichkeit, von kranken Gemeindemitgliedern zu erfahren und ihnen über das Gebet hinaus seelsorglich nachzugehen. “Call Mona … to have a name added to list. When calling in a name, please leave contact information and relationship to the sick person. The person‟s name will remain on the prayer list for four weeks. Contact the office to renew the individual‟s name on our prayer list.” Ich frage mich, ob und wie sich diese Krankenbittliste auch in größere Gemeinde(einheiten) und nicht so umfangreiche Gemeindezettel übertragen lässt. Würde das so geförderte gemeindliche Gebet in Krankheit von deutschen Gemeindemitgliedern gewünscht/geschätzt? Oder ist es v.a. auch Ausdruck des Gemeindeverständnisses „Body of Christ“ und der damit nicht nur sprichwörtlichen Zusammengehörigkeit? 5. Parish Nurse 8 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Die gelernte und noch immer zertifizierte Krankenschwester (RN) Mona ist vor ca. 20 Jahren aus dem Krankenhausdienst heraus in die Gemeinde gekommen: als Parish Nurse haben Krankenhäuser in einem Pilotprojekt Krankenschwester beauftragt in Pfarrgemeinden quasi als “Spirituell Socialworker” zu arbeiten. Das auf fünf Jahre angelegte Projekt sah vor, dass die Nurse zwei Tage in der Woche in der Gemeinde arbeiten sollte, wobei im ersten Jahr das Krankenhaus die gesamten Kosten getragen hat. Mit jährlicher Kostenzunahme der Gemeinde um 25 % haben sich Gemeinde und Krankenhaus die Kosten im 3. Jahr geteilt und im 5. Jahr sollte der Lohn der Parish Nurse vollständig von der Gemeinde bezahlt werden. Nach Aussage von Mona gibt es inzwischen keine einzige dieser Stellen mehr, weil die Gemeinden die Anstellung nicht leisten konnten. Dabei ist der Ansatz personen- und ressourcenorientiertes “Health promoting” wohl so aktuell wie nie. Dass Glaube gesund macht, belegen viele (amerikanische) Studien. Als “Health Counsellor” Faith und Health zu verbinden, finde ich einen zeitgemäßen Ansatz. Wäre eine Parish Nurse Staff-Mitglied, wäre individuelle Gesundheit(svorsorge) auch gesellschaftlich und communal anders relevant und sichtbar. 6. „Carenotes“ „Carenotes“ (www.carenotes.com) sind achtseitige Kleinschriften für Kranke und Angehörige, wie ich sie im Schriftenstand verschiedener Krankenhauskapellen und Kirchen gefunden habe. Ein Titel lautet u.a. „Turning to a Chaplain for Care and Support“ von Patti Normile. Mit Beispielen aus dem Krankenhausalltag wird für Pastoral Care geworben und anschaulich gezeigt, wie Pastoral Care wirkt. Interessierte erfahren: „What you can expect from a good chaplain: - Confidentiality - Good listening skills - Regular visits - Support for individuals and families - Linking individuals and families with staff - Religious services, sacraments, and prayer 9 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook - - Information and guidance regarding medical ethics questions, living wills, organ donation, life support decisions, and other questions Information on support groups to meet various needs of individuals and their loved ones Grief ministry in dealing with loss or death” 7. Association for Clinical Pastoral Education / Vier Organisationen / Nachwuchs Wie werden diese Fähigkeiten gelernt und vermittelt? Vor allem durch Clinical Pastoral Education (CPE). Ausführliche Informationen dazu bei www.acpe.edu: “Association for Clinical Pastoral Education is a multicultural, multifaith organization devoted to providing education and improving the quality of ministry and pastoral care offered by spiritual caregivers of all faiths through the clinical educational methods of Clinical Pastoral Education.” In Nordamerika und Kanada gibt vier große Organisationen, die die Qualität der Krankenhausseelsorge, der darin Tätigen und ihren (Aus-) Bildungsstandard garantieren: - www.nacc.org: National Association of Catholic Chaplains - www.professionalchaplains.org: Association of Professional Chaplains (APC), “Healing through spiritual care”. “The Association of Professional Chaplains (APC) is an interfaith professional pastoral care association serving chaplains in health and human service settings throughout the world. The mission of the Association is to provide excellence in pastoral care through education, research, standards of care, certification, and support of members, and to promote public support for skilled spiritual care.” - www.najc.org: “National Association of Jewish Chaplains (NAJC) is a professional organization for Rabbis, Cantors, and other Jewish professionals functioning as Jewish Chaplains in hospitals, nursing homes and geriatric centers, psychiatric facilities, correctional centers, and the military. In addition to offering collegial support to and professional certification of Jewish Chaplains, NAJC provides conferences and ongoing resources to its members to foster services to 10 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook and resources for the Jewish and general community on issues of pastoral and spiritual care based on Jewish traditions and values.” - www.cappe.org: The Canadian Association for Pastoral Practice and Education “APPE/ACPEP is a national multifaith organization which is committed to the professional education, certification and support of people involved in pastoral care and pastoral counseling. We provide educational programs for lay persons and clergy who are preparing to become chaplains, pastoral counselors, ministers, priests, or community based pastoral care workers. We also provide education and certification for supervisors and specialists. CAPPE/ACPEP is concerned with a holistic approach to health care and personal development with a special focus on spiritual and religious care.” Vor dem Hintergrund, dass das Durchschnittsalter der tätigen Chaplains momentan bei 63 Jahren liegt und in den nächsten fünf Jahren ein hoher Bedarf an ausgebildeten Chaplains zu erwarten sein wird, wirbt die katholische Organisation intensiv um Nachwuchs. So hat sie im letzten Jahr u.a. einen sehenswerten 15minütigen Film unter dem Titel “Are you called to be a Chaplain?” zusammengestellt, der Ende September diesen Jahres noch auf ihrer Homepage zu sehen war. DVD sowie das Faltblatt “Catholic Chaplaincy: A Promising Professional Career Begins with a Call” http://www.nacc.org/docs/about/ Chaplaincy%20Brochure.pdf liegen mir vor. Mitglieder der Chaplain Organisation streben meist eine Zertifizierung an. Die NACC-Mitglieder benötigen mindestens vier Units CPE, Master-level degree in Theology, ein „Ecclesiastical Endorsement“ (Catholic in good standard) und in ausführlichen schriftlichen Berichten ihre Kompetenzen unter Beweis stellen. 8. Katholische Krankenhäuser im Erzbistum Chicago / Bezahlung Beim ersten Gruppentreffen der CrossingOver Gruppe erfuhren wir u.a., dass es 21 katholische Krankenhäuser im Erzbistum Chicago gäbe. Auf meine Nachfrage, wo ich denn die Namen und Adressen finden würde, herrschte allgemeine Ratlosigkeit. Der Kontakt mit den Hospital Chaplains lief nur schleppend an. Auch in St. Norbert schien niemand zu wissen, dass im 11 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Schematismus/Directory die katholischen Gesundheitsorganisationen im hinteren Teil aufgeführt sind. Im Laufe meines Aufenthalts hatte ich näheren Kontakt mit über 20 Hospital Chaplains, Männern und Frauen unterschiedlicher Konfessionen. Sie sin Lay Ecclesial Minister, Decans und Priester. Viele waren Mitglied bei einer der vier großen Chaplains Associationen, einige zertifiziert bzw. arbeiten darauf hin. Während mir einige zum Gespräch zur Verfügung standen, konnte ich in acht verschiedene Häuser durch Besuche mit Hospitation Einblick nehmen, drei davon katholisch. Stichwortartig Eindrücke beim Betreten amerikanischer Krankenhäuser: Eingangsbereich erinnert u.a. durch Gestaltung und Ausstattung mit Teppichboden, Sesseln oft mehr an Hotels als an Krankenhäuser, wie ich sie kenne. Interessanterweise lag selbst auf den Stationsfluren oft Teppich. Als ich mein Erstaunen über den für mich ungewöhnlichen und eher unhygienischen Bodenbelag äußerte, wurde mir geantwortet, dass er so angenehm leise sei. Wie mir auch aus deutschen Krankenhäusern bekannt ist, hängt Ort und Ausstattung der Kapelle (Nomen est omen!) oder eines Gebetsraumes stark vom (religiösen) Interesse der Hospitalgesellschaft ab. In Häusern, in denen täglich Eucharistie gefeiert wird, war ich über die Uhrzeiten erstaunt: 6.15 Uhr und 12 Uhr. Ich hörte, dass selbst zu der Morgenmesse vor dem Frühdienst Staff teilnehmen würde. Unterschiedliche Aufgaben im Bereich der Krankenhausseelsorge unterschiedliche Berufsbezeichnungen, wie ich erfuhr: - - 12 haben Interns sind Students, die ihre erste CPE Unit über 12 Wochen und 400 Stunden machen; In der Seminarausbildung für Priester im Erzbistum ist diese Unit verpflichtend, kann aber auch außerhalb eines Hospitals, sog. Urban CPE, gemacht werden. Die Ausbildung kostet $ 500,00. Nach dieser ersten Ausbildung ist es möglich als „on call-Chaplain“ (Rufbereitschaft) zu arbeiten oder als Resident/Residency: So ist die Bezeichnung der Chaplains in den CPEUnits 2 bis 4. Verschiedene Krankenhäuser im Erzbistum bieten diese How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook - - - CPE-Ausbildung an und bezahlen auch für den Dienst. So wie die Gemeinden ihr Pastoral Staff unabhängig vom Erzbistum bestimmen, können auch die Krankenhäuser ihr Pastoral Care Staff frei einstellen. Staff Chaplain hat die CPE Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und ist von einem Hospital eingestellt. Ist er/sie board certificated, wird das auch auf dem hauseigenen Namensschild durch den Zusatz II vermerkt und bedeutet in der Regel auch ein höheres Einkommen. Coordinator Chaplain arbeitet nur teilweise „bedside“ und hat Teilverantwortung, beispielsweise für Ministers of Care oder On-CallEinsatzpläne. Director of Pastoral Services ist wohl als „AbteilungsleiterIn“ zu bezeichnen. Vice President Spirituality and Mission ist eine Stabsstelle auf Geschäftsführungsebene. D. ist Vize-Präsident eines kleinen katholischen Krankenhauses im Chicagoer Süden (www.holycrosshospital.org). Er war vor über 35 Jahren einer der ersten Lay Chaplains. Inzwischen arbeitet er nicht mehr „bedside“, sondern ist als Vice President, nicht wie zu vermuten wäre, für Spirituality and Mission, sondern für Community and External Affairs zuständig. Er erklärte diese Weiterentwicklung mit seinen von Gott erhaltenen Talenten. Ein Wort zur Bezahlung: Sie wird von Haus zu Haus und persönlicher Qualifitation verschieden sein. Pastoraltheologe B. meinte, dass die Bezahlung als Chaplain größer sei als als Lay Ecclesial Minister in einer Gemeinde. Die NACC nennt als Verdienstmöglichkeit die Spanne zwischen $ 30.000,00 bis § 60.000,00. RUSH nennt als Verdienst für eine Residency, also einen Jahresvertrag für diese Kombination von Dienst und Ausbildung $ 25.000,00, incl. zwei Wochen Urlaub und sechs Feiertagen. Zudem werden „geldwerte Vorteile“ wie beispielsweise Gesundheitsversorgung genannt. Auch der On-call-Lohn scheint unterschiedlich zu sein: So kann eine Nacht Rufdienst $ 50,00 einbringen. Tagsüber eine Stunde on-call $ 3,25. Kommt es zum Einsatz, wird die Stunde mit $ 25,00 entlohnt. 9. Gesellschaften / Einrichtungen im Gesundheitswesen 9.1 Resurrection Health Care Die größte katholische Gesellschaft im Gesundheitswesen im Erzbistum Chicago ist die Resurrection Health Care (www.reshealth.org). „Resurrection Health Care 13 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook is a not-for-profit Catholic Organization sponsored by the Sisters of the Holy Family of Nazareth and the Sisters of the Resurrection. Folgende Einrichtungen gehören zur Gesellschaft „Our hospitals, nursing homes, retirement communities, home health services, behavioral health programs and other services are conveniently located in many Chicagoland neighbourhoods.“ Eindrucksvoll finde ich ihr Logo, das sich leicht als Schmetterling um ein Kreuz, und damit als christliches Auferstehungssymbol, deuten lässt. In den RHC-Einrichtungen gibt es auf zwei TV-Kanälen „Meditative Television: auf einem die Live-Schaltung in die Kapelle (wenn kein Gottesdienst stattfindet, wird das Standbild mit Musik untermalt) und auf dem anderen werden „Spiritual, meditative, soothing videos“ gezeigt. Resurrection Health Care bietet auch CPE-Ausbildung an. Seelsorge bezeichnen sie als „Spiritual Services“. Es arbeiten über 100 Chaplains in den Einrichtungen. In zwei der acht „Medical Center“, wie sie ihre Hospitäler nennen, im Raum Chicago, konnte ich KollegInnen treffen und hospitieren. In einem weiteren am ersten Ausbildungsabend der Minister of Care teilnehmen (www.resurrectionhealthcare.reshealth.org). Alle drei besuchten Häuser haben eine Kapelle und bieten täglich Eucharistiefeier an. 9.2 Holy Family Medical Center Chaplain R. arbeitet im Holy Family Medical Center: (http://holyfamilymedicalcenter.reshealth.org/) Teilzeit (50 %) und zwei weitere Tage pro Woche on call. Es gibt 102 Betten, die von vier Chaplains (2 Priestern, 1 Ordensfrau, Lay) und einem Coordinator (insgesamt 3,5 Vollzeitstellen) betreut werden. Das Team trifft sich wöchentlich. Eher zufällig sind alle Chaplains katholisch, „it doesn‟t matter“. Nach ihrem Verständnis sind sie für alle Kranken da „to be a resource for all patients“ und haben u.a. Jewish Candle für jüdische PatientInnen. Samstags bringt R. die Krankenkommunion zu den PatientInnen, die fast alle aufgrund von Infektionen und/oder Wundheilungsstörungen aus anderen Häusern verlegt worden sind und mindestens 30 Tage bleiben. Ministers of Care gibt es in dieser Einrichtung nicht, so dass die Kommunionbesuche nur von den Chaplains gemacht werden. R. arbeitet zur Zeit an seinem theologischen Abschluss. Auch eine NACCZertifizierung strebt er an. Von ihm erhielt ich erstmals ein „Spiritual Assessment and Plan“, der – auf gelbem Papier gedruckt – der Patientenakte beigeheftet wird. Neben persönlichen und 14 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook administrativen Aufgaben werden folgende Aspekte, z. Zt. durch Ankreuzen der aufgeführten Möglichkeiten, notiert: Denominational Information (u.a. Current Denomination, Faith raised in), Emotional/Pain/Spiritual Status, Spiritual/Social Needs, Current religious Interests (Prayer, Mass/Worship, Anointng, Communion, Rosary, Other devotions, Music, Spirituality Group, No interest at this time, Unable to assess at this time), „If you were to describe God with one word, what word would you use?“, Spiritual Pain Scale, Spiritual Care Plan of Action und Platz für Comments. Als ich ihm Samstagmittag durchs Haus folgen durfte, wurde er als Laie auf der Intensivstation von einer polnischen Nurse mit “Father” angesprochen und gefragt, ob er die Kommunion dabei habe. Wegen ihres Schichtdienstes könne sie dieses Wochenende nur zur Messe und sie würde gerne kommunizieren. Zu dritt gingen wir an die Seite, beteten kurz und sie empfing die Kommunion. Die Resurrection-Gesellschaft hat eigene Dokumente zu „Advance Directives“ und in Ethik ausgebildete Professionelle, die in die jeweiligen Einrichtungen kommen. 9.3 Our Lady of the Resurrection Medical Center Im Our Lady of the Resurrection Medical Center (http://ourladyoftheresurrection medicalcenter.reshealth.org) trifft sich das Seelsorgeteam (6 Personen incl. CPE intern, auch Teilzeitkräfte) morgens um 8 Uhr zur Besprechung und Notrufübergabe. Ein Gebet, das auch in die PatientInnenzimmer übertragen wird, schließt das Treffen ab. Meine Kontaktperson Chaplain K. ist 61 Jahre alt, Teilzeitkraft (50 Prozent) und hat zuvor als Physiotherapeutin gearbeitet. Neben ihrem ehrenamtlichen Engagement in der Kirchengemeinde St. James ist sie auch im NACC aktiv. Von ihr habe ich erfahren, dass die Vereinigung im Jahr 2009 2631 Mitglieder hatte. In einem dreier Team hatte sie am Wochenende getagt und über Zertifizierungsanträgen und Unterlagen von Chaplains beraten. An seiner Bürotür steht „Coordinator“, tatsächlich ist Chaplain R Director of Spiritual Services. Seit 2003 ist er katholischer Christ, zuvor war er methodistischer Priester. Zu seinen Aufgaben gehören u.a. die tägliche 24h (Notruf-)Besetzung und Kommunionempfang durch täglich drei der insgesamt 25 15 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Ministers of Care, zu garantieren. Wenn Not am Mann ist, arbeitet er auch „at patients„ bedside as Chaplain“. Er trägt Verantwortung für Fortbildungen („Growth“) seines Teams, die u.a. ohne große Reisetätigkeit durch NACC-AudioKonferenzen mit einem Speaker und telefonischer Rückfragemöglichkeit gehalten werden (vgl. http://www.nacc.org/resources/edevents/files2010.asp). Als Beispiel für „Spiritual Care for the whole place“ nennt er Kondolenzschreiben im Todesfall von Staff-Angehörigen und, sofern gewünscht, die Bekanntgabe durch Aushang im CafeteriaBereich. Sowohl für die Verstorbenen der Mitarbeiter als auch für die verstorbenen PatientInnen gibt es regelmäßige (ein- bzw. viermal jährlich) Gedenkgottesdienste, die er vorbereitet. Gemäß der Jobbeschreibung führt er zudem Mitarbeiterjahresgespräche und vereinbart die individuellen und Team-Ziele. In ethischen Fragen hat er Unterstützung von einem professionell Ethics of Catholic Health Care und/oder ihrem Assistenten, die besonders in „End-of-Life-Fragen“ gefragt sind. 9.4 Northshore University Health System / Chaplains on call Northshore University Health System (www.northshore.org) ist eine nicht christliche Hospitalgesellschaft. Zwei der vier Krankenhäuser im Norden konnte ich besuchen und katholische Seelsorgerinnen (Vollzeitstellen) kennenlernen: Chaplain I. (Glenbrock) und Sr. A (Evanstan). Das Department lautet hier „Pastoral Care and Healing Arts“ und verpflichtet nicht zum Tragen von Kitteln oder anderer Dienstkleidung. Mit einem gemeinsamen Flyer machen alle vier Häuser auf das Department aufmerksam. In Glenbrock, 150 Betten, arbeitet neben der katholischen Chaplain auch ein Rabbi (50 Prozent Stellenumfang). Eine der Hauptaufgaben der katholischen Seelsorgerinnen ist das Zusammenstellung der PatientInnenliste für die Ministers of Care, die tageweise im Wechsel aus verschiedenen Gemeinden kommen. I. nimmt an der interkonfessionellen „Clergy Associationen“ Glenview/Northbrook teil und hat so Kontakt mit allen teilnehmenden Churches/Religionen. Beide Häuser haben keine Kapelle mehr. Sie mussten im Zuge von (Um-)Baumaßnahmen anderen 16 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Räumlichkeiten weichen. Stattdessen gibt es einen wenig einladenden „interfaith meditation room“. Um eine Chaplain-Rufbereitschaft rund um die Uhr, sieben Tage in der Woche aufrecht halten zu können, arbeiten hier viele On-Call-Chaplains, die jeweils zwei Häuser wochentags von 5 pm bis 8.30 am und am Wochenende in zwei Schichten betreuen. Sie haben Zugang zu Patientendaten und notieren ihre Einsätze im PC. Mit einer der 12 der für/in Glenbrock arbeitenden Chaplains on call konnte ich mich treffen. R. hat ihre religiösen Wurzeln in der baptistischen Kirche und ist Mitglied der anglikanischen Kirche. Sie arbeitet im 13. Jahr als Chaplain und hat zuvor in der Geschäftswelt gearbeitet. Obwohl sie zertifiziert ist, findet sie momentan aufgrund der wirtschaftlichen Situation keine (Vollzeit-)Stelle im Tagdienst im Großraum Chicagos. 9.5 New Cook County Hospital (John H. Stoger, Jr. Hospital) Von den Einschnitten im Gesundheitswesen („Everything you‟ve heard about the health system in the US is true. And it‟s even worse.“) ist auch Chaplain M. betroffen. Sie gehört zur anglikanischen Kirche und hat im New Cook County Hospital (John H. Stroger, Jr. Hospital) (www.cchil.org) bis vor vier Monaten gearbeitet. Nach über 10jähriger Tätigkeit ist ihr Vertrag wegen fehlenden Finanzen aufgelöst worden. Ihr Arbeitsschwerpunkt war bzw. ist – auch in der Hoffnung auf einen neuen Vertrag 2011 arbeitet sie 2 bis 3 Tage in der Woche unentgeltlich weiter – die Betreuung von Frauen während der Schwangerschaft, auch bei Fehl- oder Totgeburten. Auch sie leitet eine Gruppe für verwaiste Eltern. Und ich staunte, wie kreativ sie materielle und finanzielle Unterstützung von kirchlichen und nicht-kirchlichen Gruppen anfragt und erhält. 9.6 Midwest Palliative & Hospice Center Räumlich angebunden an das Northshore Hospital in Skokie ist das Midwest Palliative & Hospice Center (www.carecenter.org). Über die St. Norberts School Nurse, die im Nachtdienst im Hospiz tätig ist, konnte ich auch diesen Ort für sterbenskranke PatientInnen kennen lernen. Anders als in 17 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Deutschland, wo Hospiz ein eigenständiges Haus bezeichnet, ähnelte dieses Hospiz einer Krankenhaus-Palliativ-Station. Die katholische Seelsorge wird von einem 90jährigen Steyler Priester (SVD) geleistet, der in das Behandlungsteam sehr gut eingebunden scheint und wie selbständig seinen Besuch in der Patientinnenakte dokumentierte. 9.7 Lay Ecclesial Ministry Carol Walters, Director Lay Ecclesial Ministry, organisierte für mich im Quigleycenter einen Austausch mit vier Chaplains an einem Tisch. Ich traf zwei Frauen, J (Protestant Advocate Hospital) und E., Director of Pastoral Care and Mission Integration einer franziskanischen Senioren-einrichtung (www.marianvillage.com), und zwei Männer, R. (Resource Chaplain) und J. (Resurrection Nursing and Rehabilition Center) beide zu Diakonen geweihte Pastoral Associates. Mit ihnen hatte ich erstmals und einzig Chaplains im Gespräch, die mehr an das Erzbistum angebunden sind. Alle vier waren mit Spirituell Assessment vertraut und schätzten es. Allerdings wurde darüber diskutiert, ob die vorhandenen Einschätzungsbögen nicht zu sehr das Negative und Schwere betonen/abfragen würde. In manchen Einrichtungen habe es bereits Überarbeitungen gegeben. Bezüglich des Wertes und Sinn von einer Zertifizierung als Chaplain waren sie sich sehr uneinig. Während die Mitgliedschaft im NACC oder einer anderen Vereinigung aufgrund der Ressourcen in Blick auf Kontakt und Fortbildung geschätzt wurde, ärgerten sich einige über die „Geldmacherei“ und den unnötigen Arbeitsaufwand für die Zertifizierung. Als Pastoral Associate hätten sie schließlich Prüfungen abgelegt und werden in ihrer Arbeitsqualität überprüft. Zudem seien sie durch die CPE-Units aus- und fortgebildet. Durch diese board certification sahen sie sich in ihrer Freiheit beschnitten und zu unnötigem Gehorsam verpflichtet. Telefonisch konnte ich einen Chaplain interviewen, der am Loyola Institut of Pastoral Studies Studierende auf die (Hürden der) NACC-Zertifizierung vorbereitet und Unterlagen kritisch gegenliest. 18 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Wie bei allen Gesprächen fragte ich auch diese vier Chaplains, wie sie die sprachliche Vielfalt von „Pastoral – Spirituell – Religious – Care“ verstehen und mit welchem Selbstverständnis sie arbeiten. Pastoral Care wird zunächst mit kirchlich-christlichem Handeln verbunden. Darüber hinaus bezeichnet es auch eine besonders zugewandte, mitfühlende Begegnung, so dass viele Chaplains „Pastoral Care“ nach Begegnungen mit PatientInnen dokumentieren. Beim Begriff „Religious Care“ scheiden sich die Geister: Assoziativ ist die Frage, welche Religion „die beste“ sei, enthalten. Aber auch die Bedeutung von Religion in der amerikanischen Kultur ist zu berücksichtigen. Wer die Bedeutung von Religion als positiv/hilfreich bewertet, wird viel mit dem Begriff Religious Care anfangen können. Anders jene, denen durch „Religious“ persönlicher Schaden zugeführt worden ist oder die an religiös motivierte Kriege denken. Menschen werden erwähnt, die sich als non-religious bezeichnen, aber gleichwohl spirituelle Erfahrungen machen. „Spirituell Care“ scheint hingegen der Begriff zu sein, mit dem sich alle (?) anfreunden können, auch mit dem Hinweis, dass spirituell care nicht nur von Chaplains, sondern auch von Nurses geleistet werden kann und muss. Dieser Ausdruck ist von Kirchen entfernt und wird als menschliche Erfahrung wahrgenommen. Schließlich würde auch ein „Spirituell Assessment“ erhoben und u.a. nach „Spirituell Distress“ gefragt. In einer anderen Begegnung erhielt ich folgende Be-Deutung: Spirituell Care sei als Begriff am weitesten gefasst. Religious Care wäre dann konkreter und Sakramental Care am spezifischsten. Alle diese drei Ebenen seien Inhalt/Aufgabe von Pastoral Care. 9.8 Loyola University Health System Eine Einladung in das Loyola University Health System bekam ich über eine Parishioner, die in Loyola das Labor leitete. Sie organisierte über die Director eine Tageshospitation für mich und bot mir eine Mitfahrgelegenheit an. Als ich um 9.30 Uhr in die Räume des „Pastoral Care Services“ kam, traf ich auf zehn Health Care Chaplains. Solch ein großes Krankenhausseelsorgeteam hatte ich bislang noch nicht gesehen. Ohne die CPE-Students oder Residents besteht hier das Team incl. der Director aus 13 Vollzeitkräften und 7 Teilzeitkräften. Kein Wunder, dass sie Seelsorge rund um die Uhr anbieten können. 19 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Die Räumlichkeiten der Pastoral Care Services befinden sich, wie weitere Büros, im Untergeschoss, direkt neben der Kapelle. Interessanterweise ist sie nicht nach einem Heiligen, sondern im Gedächtnis benannt „Loyola‟s Paul V. Galvin Memorial Chapel“. Sie ist rund um die Uhr geöffnet und „Home for all faiths“. Eucharistie wird mittags an sechs Tagen gefeiert. Freitagsnachmittags versammeln sich die muslimischen Angestellten zum Gebet in der Kapelle. „Each day, volunteer Catholic Eucharistic Ministers offer communion to patients and families upon request. Protestant communion also is available upon request.” (Quelle: Internetseite) Die diensthabenden Chaplains treffen sich viermal täglich zum „Huddle“ um „Responsibilities for Pastoral Care Tier Coverage“ zu gewährleisten: um 7 am, 9.15 am, 1 pm und 5.30 pm. Folgender Ablauf ist vorgesehen: „1. Present hospital ‚hot spots„? – on-going traumas, deaths, codes, etc. in progress? 2. What patient care remains from prior shift? 3. Any student reports and hand off? 4. Based on Bed Management Report and EPIC PC lists, which areas are heavier or lighter? 5. What are patient needs in PC Tier Book? 6. Based on New Admit list, how best deploy Initial Visitors? 7. For this coming shift, any CPE students voice learning needs/opportunities? 8. Now, finally, who is covering what?” Dabei sind ihre Ziele wie folgt formuliert: „Snapshot Patient Care Goals for Each Shift: 1. ICU Initial Visits / Sacramental Assessment / Follow-Ups 2. Follow-Up / Update Tier book patients 3. Floor Unit Initial Visits / Religion & Communion Codes / Assessment for FollowUp 4. Follow-ups, especially „Spiritual Risk‟ 5. EPIC Web “Surgery Schedule” visits / After EPIC documentation, complete below 6. 100 % completion: A. Pager referrals (traumas/codes/deaths) b. EPIC nursing referrals c. EPIC Pre-Op referrals 20 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook d. EPIC documentation, especially Progress Notes for: - nursing or other medical team referral (EPIC, pager or verbal) - pre-op (EPIC or next day Surgery List) - trauma - cardiac or respiratory codes - death or actively dying patient In Loyola erhielt ich auch Einblick in das umfangreiche PC-Dokumentationswesen EPIC und staunte, wie differenziert und ausführlich, bis hin zu der Dauer, seelsorgliche Begegnungen erfasst werden müssen. Chaplain Sr. C ist inzwischen über 70 Jahre alt und hat als CPE-Supervisorin gearbeitet. Jetzt ist sie verantwortlich für den Erstkontakt und die Information über „Pastoral Care Services“. Sie besucht zweimal in der Woche vormittags von 9 bis 13 Uhr die neuaufgenommenen PatientInnen, begrüßt sie und händigt den Seelsorgeflyer, bei Interesse auch die Zusammenstellung von „Words of Healing“ aus. Um es bei einem „Initial Visit“ zu lassen, wird sie in der Regel nicht weiter die aktuelle Befindlichkeit der/des Kranken thematisieren. An fünf Tagen in der Woche von 11 am bis 5.30 pm gibt es eine weitere Chaplain für diese Besuche. Auszüge aus dem Seelsorgeflyer „A Message from the Chaplains“: „… With an interfaith approach grounded in the Catholic tradition, we are here to listen, to discuss your specific needs and those of your family members, and to help you draw upon your spiritual resources for healing and wholeness. Loyola University Medical Center Chaplains are available for your: Spiritual Needs: - searching for meaning and hope - dealing with loss, grief, change, fear, anxiety - ethical decisions Religious Concerns: - prayer - reconciliation - grace - scripture - God‟s presence Sacramental Needs: - blessing - baptism - communion - anointing - reconciliation 21 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook At Loyola, we also treat the human spirit. We know how important it is that your feelings and concerns are addressed along with your physical pain or illness.” Chaplain T ist Jesuitenpater aus Korea und lebt über 15 Jahre in Amerika. Auf meine Frage, wie er als Priester im Pastoralteam unter der Leitung einer Laiin und Frau arbeiten könne, räumt er ein, dass das auch vor dem Hintergrund seiner Kultur schwierig gewesen sei. Aber es sei nun mal so, dass es unterschiedliche Geistesgaben gibt und danach jeder leben und arbeiten solle. Und er habe das Charisma der Leitung, anders als seine Chefin, eben nicht empfangen. Außerdem sei er hier als Chaplain angestellt und tätig, nicht als Priester. Nur ein winziger Aufgabenteil sei der eines Priesters. Auch im Gespräch mit einem Lay Abteilungsleiter stellte ich die Frage nach der Zusammenarbeit mit den katholisch geweihten Chaplains. Da die Priester nicht vom Erzbischof beauftragt, sondern vom jeweiligen Hospital einstellt werden, scheint durch diese Struktur die „Hierarchie durch Weihe/Amtskirche“ außer Kraft gesetzt. 9.9 Rush University Medical Center Einer der Höhepunkte war sicherlich mein Besuch im Rush University Medical Center (www.rush.edu). Hier gibt es ein Department für „Religion, Health and Human Values“. Über telefonischen oder elektronischen Kontakt war ich beim Leiter nicht erfolgreich gewesen. Erst der persönliche Kontakt eines baptistischen Chaplains im Loyola Medical Health Center mit dem katholischen Decan und Staff Chaplain und Coordinator of Catholic Patient Services R. ermöglichte eine Tageshospitation. Ich war zum „Tagesbeginn“ um 8.30 Uhr eingeladen. Da kommen alle anwesenden Chaplains incl. CPEStudents zusammen. Geleitet wird die Sitzung vom diensthabenden Notruf-Chaplain des letzten Tages (ab 8.30 am 24 h lang), der zugleich über besondere Ereignisse berichtet bzw. alle (!) „Notrufe“ auch dokumentiert hat. Notiert wird Anrufszeit, Anrufender, Einsatzort und –dauer, Name der/des Patienten ggfs. Angehörigen und eine kurze Einsatzbeschreibung incl. der pastoralen Tätigkeit. Falls ein „Follow-Up“ gewünscht oder nötig ist, wird das ebenfalls aufgeschrieben. Bevor jeder auf ihre/seine Bereiche geht beendet eine gemeinsame konfessions- und 22 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook religionsübergreifende Gebetseinheit das Treffen. Ohne dass das bei der Vorstellungsrunde jeweils mitgenannt wurde, erfuhr ich später, dass u.a. folgende Konfessionen und Religionen im Team vertreten sind: Catholic (Priest, Decan and Lay Person), United Church of Christ (UCC), Unitarian Universalist, Episcopalin Priest, Jewish Rabbi, Methodist, Presbyterian, Quäker, Reformed Christian Tradition und Islam. Ein Foto der anwesenden konnte ich leider nicht machen – aber ein Blick auf die An- bzw. Abwesenheitstafel ist ebenfalls eindrucksvoll. Viele der Chaplains arbeiten Teilzeit, u.a. auch der katholische Priester aus Nigeria, zwei Rabbis und ein Iman. Die religiöse Vielfalt wird auch bei den Gebetszeiten in der Kapelle deutlich, die ebenfalls einen nach Osten ausgerichteten Gebetsort für Moslems hat. RUSH ist ein großes, nicht katholisches Krankenhaus, das ursprünglich aus von der presbyterischen Tradition gegründet wurde. Das Universitätshospital mit ca. 650 Betten ist non-profit und von der Einteilung „tertiary care“ auf höchster Stufe. Mit vier angrenzenden Hospitälern innerhalb von nur drei Blocks ist hier vielleicht die höchste Krankenhausdichte weltweit. Rush selber wurde im Laufe seiner Geschichte immer wieder erweitert und nach dem gemeinsamen Tag wundert es mich nicht, dass Chaplain R. am Ende seines Tages auch mal 10 Miles auf dem Pedometer stehen hat. Im Jahr 2012 soll ein riesiger Neubau eröffnet werden, der „green“ gebaut ist/wird. Ziemlich einmalig ist wohl die personelle Besetzung mit einem „Director of Research“, der als Associate Professor ebenfalls am Department of Preventive Medicine arbeitet. Forschungsbereiche sind: „Religious and Spiritual Coping with Illness“, „Race/Ethnicity Related to Religion and Spirituality“, „Religion, Spirituality and Wellness“, „Health Care Chaplaincy and Clinical Pastoral Education”, “Spiritual Assessment”, “Religious and Spiritual Coping with Illness” und “Measurement of Religion and Spirituality”. Mit ihm sowie mit dem CPE-Programmleiter hatte R. ein Gespräch für mich vereinbart. Inzwischen werden CPE-Kurse bereits im 41. Jahr durchgeführt. Auf dem langen Flur des Departements hängen Fotos von allen KursabsolventInnen. Es gibt vier Kurse pro Jahr, an denen jeweils bis zu sechs Personen teilnehmen können. Wegen der vorlesungsfreien Zeit der Seminare gibt es besonders für die Sommerkurse große Nachfrage (bis zu 60 Bewerbungen). Minimalteilnahme sind vier Personen. Bereits für das Internship gilt: „Intern CPE students are generally assigned to two or more general medical, surgical or pediatric units, or to one of 23 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook the specialized intensive care units as their primary area of pastoral responsibility. In addition, CPE interns carry significant responsibility within the department provision on daily, 24-hour on-call pastoral coverage in the Medical Center. Students can expect to be on-call every seven to ten days, including weekends and holidays, during the unit. The department provides meals, rooms and shower facilities for the on-call chaplain.” Chaplain R. wurde 2005 zum Diakon geweiht. Ende dieses Jahres will er sein Master for Pastoral Studies in Loyola abschließen und im Frühjahr 2011 seine board-certification voranbringen. Anders als andere Chaplain hat Roger seine Konfession oder Religion nicht gewechselt, aber – wie viele andere Chaplains, mit denen ich im Laufe der über vier Wochen gesprochen habe – seinen Beruf. Er war im IT-Bereich weltweit tätig bevor er schließlich doch Gottes Calling vertrauen konnte. In Rush arbeitet er u.a. auf der Unit Transplantation, der chirurgischen Intensivstation und Neontologie. Als Coordinator of Catholic Patient Services ist er in der glücklichen Lage, dass eine 83jährige ehrenamtliche Director of Minister of Care die Dienstpläne für den Kommuniondienst an sechs Tagen erstellt. An 24 Stunden in der Woche ist zudem ein katholischer Priest als Chaplain vor Ort tätig. Einmal wöchentlich wird in der Kapelle Eucharistie gefeiert. Aber es finden regelmäßig weitere Gottesdienste anderer Konfessionen und Religionen statt. Anders als in anderen Häusern hatte ich nicht den Eindruck, dass der Sakramentenempfang zentral ist. Die Chaplains tragen hier einen weißen Kittel. „Einen langen Kittel“, wie R. betonte. Im medizinischen Dienst tragen nur wichtige, d.h. ausgebildete ÄrztInnen einen langen Kittel. Ein Stoffabzeichen der Rush-Chaplains bekam ich als Geschenk. Als ich nach dem Logo fragte, konnte mir keine befriedigende Antwort gegeben werden. Irgendwo, so die Meinung der Gefragten, muss im Logo wohl das Kreuz verloren gegangen sein. Nichtsdestotrotz hatte ich den Eindruck beim Rundgang durch das Haus und auf den konkreten Stationen, dass die Seelsorge, dass die beiden Chaplains, die ich in ihren Bereichen erlebte, sehr in das konkrete Behandlungsteam integriert sind. 24 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Während ich mich beim Krankenhausbesuch am Vortag noch wunderte, dass im Gespräch mit den Seelsorgenden Angehörige einer verstorbenen Person das „FuneralHome-Document“ unterschreiben müssen, das den beauftragten Bestattungsinstitut erlaubt, die Verstorbene aus dem Krankenhaus abzuholen, meinte Chaplain R., dass das eine fantastische Möglichkeit gewesen sei, um als Seelsorgende zu jedem Todesfall gerufen zu werden. Alle drei Monate wird ein Gedenkgottesdienst für die Angehörigen der im Haus Verstorbenen gefeiert. Den verstorbenen kleinsten PatientInnen wird jährlich gedacht, u.a. mit dem Ritual, dass ein weißes Band mit dem Namen des Kindes beschriftet und zwischen den Krankenhausgebäuden in einen Baum gebunden wird. 10. Weitere Eindrücke Weitere Eindrücke, die nicht mit einem bestimmten Hospital verknüpft sind: „Dresscode“: Männer Chaplains immer mit Krawatte – das kenne ich aus Deutschland nicht; „Dienstkleidung“: Was spricht für / gegen weißen Kittel als Dienstkleidung? CPE als einheitlicher und hoher Ausbildungsstandard, auch religions- und konfessionsübergreifend <> mit welchen unterschiedlichen Ausbildungen arbeiten deutsche KrankenhausseelsorgerInnen?! Organisationen wie beispielsweise NACC sind wichtig und bekannt, meiner Wahrnehmung wichtiger als die Sektion KSA der Deutschen Gesellschaft für Pastoralpsychologie (DGfP). Ich habe viele Chaplains kennen gelernt, die nicht nur Mitglied einer Berufsassoziation sind, sondern zertifiziert sind bzw. sie anstreben. In Deutschland ist mir das nur von KSA-SupervisorInnen bekannt. Wie viele nur von Krankenhäusern angestellte „freie“ SeelsorgerInnen gibt es? Auffallend viele Chaplains sind in einer anderen Denomination oder Religion tätig als sie aufgewachsen sind. Entspricht ihre Quote in der in 25 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Amerika üblichen hohen Konversionsrate? Welche Auswirkungen hat das auf das Seelsorgeverständnis? Aus meinem nord-/mitteldeutschen Kontext kenne ich ökumenische Zusammenarbeit v.a. als eine zwischen evangelischer und katholischer Kirche. Wie geschieht Ökumene, wie Zusammenarbeit in den amerikanischen multireligiösen Chaplain-Teams? Spirituell Assessment: inwiefern hilfreich und mit welchen Fragen/Kategorien? Vor oder in fast jedem amerikanischen Krankenzimmer stand ein PC. Auch die Chaplains hatten Dokumentationspflicht. Wie ist das mit dem (deutschen?) Seelsorgegeheimnis? Manche KollegInnen stöhnten über den Arbeitsaufwand jenseits vom Krankenbett. Leistungserbringung der Chaplains durch Dokumentation? Am Krankenbett fiel mir immer wieder auf, wie geläufig das Gebet mit und für die Kranken ist. Entspricht diese Praxis einer tieferen persönlichen Religiosität? (Wie) passen die Studien „Beten macht gesund!“ dazu? Auffällig waren die (großen) Pastoral Care-Teams, auch in nichtkonfessionellen oder kleineren Hospitälern gab es mehr als zwei Chaplains. Die Krankenhäuser lassen sich Seelsorge etwas kosten und Spirituell Care ist tatsächlich ein integrativer Bestandteil des Behandlungskonzeptes. Stehen die unterschiedlichen Begriffe Pastoral – Spirituell – Religious Care für unterschiedliche Seelsorgekonzepte und/oder theologische Ansätze? Was sagt die jeweilige Abteilungsbezeichnung der Hospitäler über ihr Chaplaincy-Verständnis aus? Aufgrund der gründlichen Dokumentation sah ich fast alle Chaplains mit ausgedruckten Stationslisten (Zimmernummer, Patientenname, Alter, Aufnahmedatum, Religionszugehörigkeit, Diagnose, voraussichtliches Entlassdatum) in der Hand. Vorm Betreten des Zimmers wurde ein schneller Blick darauf geworfen und bes. auch die Diagnose betrachtet. Zumindest vor dem routinemäßigen Erstkontakt muss ich das doch nicht wissen, oder. Auf mich wirkte es auch wie eine vermeintliche Vorbereitung auf die eigentlich nicht vorzubereitende Begegnung am Krankenbett. Ich könnte diesen Bericht mit weiteren Eindrücken und Erfahrungen fortführen. Nach den reichen Begegnungen des letzten Monats und dem erworbenen Wissen blicke ich nun mit anderen Fragen gen Amerika und auf meine eigene Tätigkeit in der Krankenhausseelsorge. 26 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook Schließen möchte ich meinen Bericht mit einem dreifachen Dank: - Meiner gastgebenden Gemeinde St. Norbert und allen Frauen und Männer innerund außerhalb der Hospitäler, die sich Zeit genommen haben für mein Interesse an ihrem Leben, Glauben und Dienst; - dem gesamten CrossingOver-Team in Deutschland und Amerika; - dem Bistum Münster für die Freistellung, dem St. Vinzenz-Hospital und den KollegInnen, die durch meine Abwesenheit vor Ort Mehrarbeit hatten. Herzlichen Dank! 27 How do you care for the sick? – Seelsorge für die Kranken in Gemeinde und Krankenhaus Erfahrungsbericht St. Norbert, Northbrook