Der Rettungsdienst - DRK-Landesverband Schleswig

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Der Rettungsdienst - DRK-Landesverband Schleswig
DRK-Landesverband
Schleswig-Holstein e. V.
Der Rettungsdienst
in Schleswig-Holstein
Klaus Crijns
Vorstand
DRK-Landesverband
Schleswig-Holstein e. V.
Impressum
Herausgeber
DRK-Landesverband Schleswig-Holstein e. V.
Klaus-Groth-Platz 1 • 24105 Kiel
Tel. 04 31 / 57 07-0 • Fax: 04 31 / 57 07-218
[email protected] • www.drk-sh.de
Titelbild
DRK-Einsatzfahrzeug in Schleswig, Schloß Gottorf
Redaktion
Jörg Poser, Paul Herholz, Susanne Laatsch-Ledwolk, Stefan Gerke
Gestaltung
Vorstandsbüro, Susanne Laatsch-Ledwolk
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Den Kranken und Verletzten
zu helfen, ist nicht nur eine
Kernaufgabe sondern zugleich
eine Kernkompetenz des Deutschen Roten Kreuzes, speziell
in Schleswig-Holstein. Im nördlichsten Bundesland sind wir
als einer der größten Rettungsdienstanbieter seit Jahren Partner der Kreise und kreisfreien
Städte.
In diese Zusammenarbeit bringt
das DRK ein umfassenderes
Angebot ein, als auf den ersten
Blick sichtbar.
So wird in Lübeck von der
DRK-Rettungsdienstschule gemeinnützige GmbH SchleswigHolsteins älteste Rettungsdienstschule betrieben. Sie
bietet ein alternatives Ausbildungsmodell auf höchstem
Qualitätsniveau und nach modernsten Standards an und
trägt auf ihre Weise dazu bei,
dass das Rotkreuzfachpersonal der 32 DRK-Rettungswa-
chen, die es in Schleswig-Holstein gibt, optimal ausgebildet
ist.
Mit seinen Schnelleinsatzgruppen Rettungsdienst hält
das DRK darüber hinaus eine
ehrenamtliche
Einsatzreserve für Großschadensfälle vor.
Das Deutsche Rote Kreuz in
Schleswig-Holstein sieht den
Rettungsdienst als Teil des
medizinischen Bevölkerungsschutzes, der auch den Zivilund Katastrophenschutz mit
umfasst. Mit unseren über 1.800
DRK-Katastrophenschutzhelferinnen und –helfern werden
nicht nur landesweit 95 Katastrophenschutzgruppen besetzt,
sondern auch Synergieeffekte
erzielt, die dem Rettungsdienst
in vielfältiger Weise zugute
kommen.
Kontakt mit den zuständigen
Landesministerien nicht nur an
der Entwicklung zukunftsfähiger Konzepte mitzuarbeiten,
sondern gemeinsam mit den
Rettungsdienst betreibenden
Kreisverbänden auch ganz
praktisch Hilfe, Erfahrung und
Kompetenz anzubieten.
Die vorliegende Broschüre beschreibt nicht nur unsere Sicht
auf den Rettungsdienst, sondern ist zugleich ein Positionspapier und damit die Grundlage für weitere Gespräche mit
den Partnern des Deutschen
Roten Kreuzes in den Kreisen
und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins.
Der DRK-Landesverband Schleswig-Holstein stellt sich in diesem Zusammenhang die Aufgabe zu koordinieren und im
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Inhaltsverzeichnis
Der Rettungsdienst…
Inhaltsverzeichnis
Der Rettungsdienst…
und die Beteiligung des DRK in den Kreisen und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins 6 - 7
vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller Mittel im Gesundheitswesen 8
und die Kommunalisierung 9
und die Vergabe zwischen Submissions- und Konzessionsmodell 10
und die „kritische Stunde“ der Notfallversorgung 11
und der Mehrwert durch das Ehrenamt 12
und das Komplexe Hilfeleistungssystem des DRK 13
und die DRK-Rettungsdienstschule in Lübeck 14
und die Effektivität der präklinischen Versorgung 15
in den letzten Jahrzehnten 16
als Teil des (medizinischen) Bevölkerungsschutzes 17
und das GKV-Versorgungsgesetz 18
aus Sicht des SBG V und der Länder 19
und die demografische Entwicklung20
Weiterführende Literatur21
Das DRK und der Rettungsdienst auf einen Blick
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DRK-Rettungswachen in Schleswig-Holstein
Der Rettungsdienst…
und die Beteiligung des DRK in den Kreisen
und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins
Das Deutsche Rote Kreuz ist
mit rd. 650 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern in über
30 Rettungswachen einer der
größten Rettungsdienstanbieter in Schleswig-Holstein.
Im Rettungsdienst tätig ist das
DRK in den Kreisen Herzogtum Lauenburg, Ostholstein,
Schleswig-Flensburg, Segeberg, Stormarn, auf Sylt und
in den kreisfreien Städten Kiel
und Lübeck. Dabei ist die Einbindung des DRK unterschiedlich gestaltet. Zur Gewährleistung einer hohen Qualität im
Rettungsdienst begegnet das
DRK den Herausforderungen in
den verschiedenen Regionen
in Schleswig-Holstein dabei
stets mit der gebotenen Flexibilität und Sorgfalt.
Zum Spektrum seiner Mitwirkungsformen gehört unter anderem auch, dass das DRK
den Rettungsdienst in mehreren Kreisen allein durchführt.
So z. B. im Kreis SchleswigFlensburg, wo das DRK ein
jährliches Einsatzaufkommen
von rund 25.000 Alarmierun-
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gen verzeichnet. Zur kreisweiten Abdeckung der Fläche und
zur Einhaltung der Hilfsfrist in
diesem
Versorgungsbereich
werden acht Rettungswachen
und zwei Notarztstandorte betrieben.
In Schleswig-Flensburg kommt
ein Fuhrpark von zwölf Rettungs- und einem Krankentransportwagen sowie zwei
Notarzteinsatzfahrzeugen zum
Einsatz. Zusammen legen
die Fahrzeuge jährlich durchschnittlich eine Strecke von
1.000.000 km im Kreis zurück.
Je nach Region stellen sich
unterschiedliche Anforderungen an den Fuhrpark. Das zeigt
sich unter anderem auf den
Inseln
Schleswig-Holsteins.
So betreibt das DRK in Westerland auf Sylt ein spezielles
Einsatzfahrzeug für Rettungseinsätze am Strand. Weiterhin gehört zum Spektrum des
DRK-Rettungsdienstes die erfolgreiche Kooperation mit anderen Hilfsorganisationen wie
beispielsweise in Ostholstein.
Das Vertrauen der Kooperati-
onspartner in die Leistungsfähigkeit des DRK zeigt sich in einigen Kreisen unter anderem in
der Übertragung von administrativen Aufgaben an das Deutsche Rote Kreuz. Neben anderen Hilfsorganisationen arbeitet
das Deutsche Rote Kreuz im
Rettungsdienst in den kreisfreien Städten Kiel und Lübeck erfolgreich und eng mit den Berufsfeuerwehren zusammen.
Für die Gewährleistung der
hohen Qualität des Rettungsdienstes stehen die enge Verzahnung im Komplexen Hilfeleistungssystem des DRK
und die von der Berufsgenossenschaft zertifizierte Ausbildung der haupt- und ehrenamtlichen
Rettungssanitäter
und Rettungsassistenten. Die
Kompetenz der eingesetzten
Kräfte ist ein zusätzlicher Garant für die Bewältigung von
Katastrophenfällen und den
Einsatz in den Schnelleinsatzgruppen Rettungsdienst (SEG),
wie beispielsweise in den Kreisen Segeberg und Herzogtum Lauenburg, zwei weiteren
Hochburgen des DRK-Ret-
tungsdienstes in SchleswigHolstein.
DRK in Schleswig-Holstein viel
Kompetenz zur Erhaltung und
Leistungssteigerung des RetDer DRK-Rettungsdienst im tungsdienstes erworben. Das
Kreis Herzogtum Lauenburg DRK wird seine Kenntnisse und
wurde 2006 zertifiziert. Andere Erfahrungen auch zukünftig als
DRK-Rettungsdienstanbieter zuverlässiger Partner von Kreifolgen derzeit diesem Beispiel. sen und kreisfreien Städten für
– diese zukunftsweisende For- Herausforderungen im RetIn Jahrzehnten der Rettungs- den Rettungsdienst in Schlesderung wird vom Deutschen tungsdienst. Dabei ist es undienstdurchführung hat das wig-Holstein nutzbar machen.
Roten Kreuz ebenfalls unterstützt. Auch setzt sich das
Deutsche Rote Kreuz für die
Entwicklung einer standardi-
erheblich, ob es sich um die
Erhaltung eines Status Quo
handelt oder um die Entwicklung neuer Alternativen wie
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Der Rettungsdienst…
Der Rettungsdienst…
vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller
Mittel im Gesundheitswesen
und die Kommunalisierung
Statistiken weisen aus, dass jeder achte Bürger einmal jährlich
die Leistungen des Rettungsdienstes in Anspruch nimmt.
Die Frage nach der Effektivität
rettungsdienstlicher Leistungen ist damit von allgemeinem
Interesse.
Effektiv ist der Rettungsdienst,
wenn er die ihm gesetzten Ziele
erreicht. Im Vordergrund steht
dabei die optimale Patientenversorgung.
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist auch die Effizienz, also die Kosten-NutzenRelation des Rettungsdienstes
von großer Bedeutung. Bundesweite Vergleiche sind hier
schwer zu ziehen, weil repräsentative Kosten-NutzenAnalysen nur unter der Voraussetzung einer einheitlichen
Dokumentation möglich sind.
Eine solche gibt es erst in Ansätzen.
Auch in Schleswig-Holstein ist
die Datenbasis keinesfalls einheitlich. Es gibt verschiedene
Erfassungs- und Analysever-
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fahren aber noch keine Standardisierung. Hierdurch fehlen
die Voraussetzungen dafür, den
Rettungsdiensterfolg quantitativ und qualitativ zu erfassen.
Eine übergreifende Analyse ist
wesentlich abhängig vom Untersuchungsgegenstand und
der Formulierung konkreter
Fragestellungen, mit denen der
Erfolg des Rettungsdienstes
im Einzelfall gemessen werden
kann. Eckpunkte zur Beurteilung seiner Effektivität können
dabei eine Reduzierung der
Krankheitshäufigkeit, der Todeshäufigkeit oder auch Erhebungen zur Steigerung der Lebensqualität sein.
Eine standardisierte Dokumentation des gesamten Einsatzes
und Einsatzerfolgs würde zudem mittelfristig Kosten einsparen helfen, indem doppelte
Untersuchungen des Patienten
-während des Einsatzes und
nach der stationären Aufnahme- vermieden werden könnten.
Mit den Entscheidungen und
Urteilen des europäischen
Gerichtshofes sehen sich die
Kreise und kreisfreien Städte
zunehmend mit der Problematik einer möglichen Ausschreibungspflicht konfrontiert.
Eine öffentliche Ausschreibung stellt hohe Anforderungen und würde für die Kreise
und kreisfreien Städte einen
beträchtlichen Aufwand bedeuten, einhergehend mit erheblichen Kosten. Eine rechtssichere Ausschreibung bindet
zusätzliche Ressourcen im
Sinne von Zeit und Personal,
die häufig an anderen Stellen dringend benötigt werden.
Deshalb wird in den Kreisen
Schleswig-Holsteins diskutiert,
die
Ausschreibungsnotwendigkeit durch eine Kommunalisierung des Rettungsdienstes
zu umgehen. Gegen das Argument, dass eine Ausschreibung hinfällig werden und der
Rettungsdienst dichter an die
politischen Entscheidungsträger heranrücken würde, spricht
dabei die Tatsache, dass der
Rettungsdienst eine
hoch
komplexe soziale Dienstleis-
tung ist. Gegen eine isolierte
Betrachtung spricht auch, dass
der Rettungsdienst sehr eng
mit dem Katastrophenschutz
verzahnt ist. Das DRK stellt in
Schleswig-Holstein über 1.800
Katastrophenschutzhelfer in 95
Katastrophenschutzeinheiten.
Daraus ergeben sich zahlreiche Synergieeffekte.
Bei einer Verstaatlichung des
Rettungsdienstes in Schleswig-Holstein würde diese Verbindung aufweichen. Hinzu
kommt, dass Kreise und kreisfreie Städte, die erstmalig in Eigenregie einen Rettungsdienst
betreiben wollen, mit einem erheblichen Bedarf an Ressourcen und Know-How rechnen
müssen. Dies verursacht zusätzliche Kosten, ebenso wie
die Rekrutierung von qualifiziertem Personal. Folglich wäre
mit steigenden Kosten und erhöhten Risiken auf Seiten der
Kreise und kreisfreien Städte
zu rechnen. Dies würde die
Verhandlungen mit den Kassen belasten. Die Gründung
kreisübergreifender
GmbHs
in Schleswig-Holstein hat bei
näherer Betrachtung dazu ge-
führt, dass statt einer Risikominimierung für die einzelnen
Kreise nunmehr eine gesamtschuldnerische Haftung mit
einem erhöhten Risiko besteht.
Somit ist die Kommunalisierung eine auf den ersten Blick
verständliche Reaktion. Bei
näherer Betrachtung zeigt sich
aber auch, dass es sich hierbei
um eine sehr risikoreiche und
kostspielige Reaktion auf das
Problem „Ausschreibung“ handelt.
Das DRK kann,
auch in
Schleswig-Holstein, auf eine
langjährige Erfahrung im Rettungsdienst zurückblicken. Die
erforderliche „Fachkompetenz
Rettungsdienst“ im DRK ist
beständig gewachsen. Daher
kann es auch Risiken im Rettungsdienst selbst tragen und
die Durchführung qualifiziert
leisten. Das DRK stellt sich
gemeinsam mit den politisch
Verantwortlichen den aktuellen
Herausforderungen. Dabei ist
es unerheblich, ob es sich um
die Erhaltung des Status Quo
handelt oder um die Entwicklung von Alternativen zur Kommunalisierung.
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Der Rettungsdienst…
Der Rettungsdienst…
und die Vergabe zwischen
Submissions- und Konzessionsmodell
und die „kritische Stunde“ der Notfallversorgung
In den Kreisen, die den Rettungsdienst in Schleswig-Holstein nicht selbst durchführen,
ist er derzeit nach dem Submissionsmodell an einen oder
mehrere Durchführer übertragen, wobei die Vergütung über
die Träger abgewickelt wird.
Die Träger wiederum refinanzieren sich durch die Erhebung
von Entgelten gegenüber den
Kostenträgern. Resultat des
EuGH-Urteils vom 29.04.2010
war die Feststellung, dass der
Rettungsdienst unter die europäischen Vergaberichtlinien
fällt und somit eine Ausschreibung erforderlich sein kann.
Das Urteil stellt für die Kreise, kreisfreien Städte und das
Deutsche Rote Kreuz als einem
der größten Durchführer des
Rettungsdienstes in Schleswig-Holstein eine Herausforderung dar. Gleichzeitig zeigt
die europäische Rechtsprechung Lösungsansätze zur
Ausschreibungsproblematik
auf. Im Urteil des EuGH vom
10.03.2011 wurde festgestellt,
dass eine Ausschreibung bei
einer Vergabe in Form einer
Konzession unter bestimmten
10
Voraussetzungen nicht erforderlich sei. Im Unterschied zum
Submissionsmodell werde im
Konzessionsmodell ein Entgelt
direkt von den Kostenträgern
an die Durchführer entrichtet.
Komme die Übertragung eines
Betriebsrisikos vom Träger zum
Durchführer des Rettungsdienstes hinzu, sei eine europaweite Ausschreibung nicht
erforderlich.
In Niedersachsen reagierte die
Politik auf die genannten Urteile
bereits aktiv mit der Bemühung,
das Landesrettungsdienstgesetz entsprechend zu ändern.
Inhaltlich soll es demnach den
Kreisen und kreisfreien Städten
freigestellt werden, zwischen
Submissions- und Konzessionsmodell zu wählen. Ein ähnliches Vorgehen in Schleswig
Holstein erscheint denkbar, ist
aber nach einer erster Prüfung
durch den namhaften Fachjuristen Michael Kuffer möglicherweise gar nicht notwendig:
Schon die derzeit bestehende
Landesgesetzgebung würde
nach Aussage des Juristen
einer Vergabe des Rettungs-
dienstes als Konzession nicht
grundsätzlich im Wege stehen. Voraussetzung hierfür ist
eine grundsätzliche Einigung
hinsichtlich einer Konzessionsvergabe von Seiten des Trägers, des Kostenträgers und
natürlich des Durchführers.
Ein solcher Weg könnte den
individuellen Ansprüchen und
Bedürfnissen einzelner Kreise,
die das Risiko gern übertragen
würden, entgegenkommen. Auf
der anderen Seite können die
Versorgung des Flächenlandes Schleswig-Holstein mit einer hohen rettungsdienstlichen
Qualität und die enge Verzahnung des Rettungsdienstes
mit dem Katastrophenschutz
durch die langjährigen Durchführer erhalten bleiben.
Vom Notrufeingang bis zum
Beginn erster Therapien im
Krankenhaus, denen in der
Regel eine umfangreiche und
zeitaufwendige Diagnostik vorangeht, dürfen nicht mehr als
60 Minuten verstreichen.
Eingeschlossen sind die Zeiträume
 vom Eingang der
Notrufmeldung bis zum
Eintreffen am Einsatzort,
 vom Beginn der ambulanten Erstdiagnostik und
Therapie bis zur
Herstellung der Transportfähigkeit und
 vom Transportbeginn zur
nächstgelegenen
geeigneten Klinik bis zum
Eintreffen dort.
Die Bundesärztekammer sowie die Arbeitsgemeinschaften
der Notärzte und der Hilfsorganisationen haben sich auf
Eckpunkte für die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung in Klinik und Präklinik
geeinigt.
Sie sind dabei von den anerkannten Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften ausgegangen.
Das Deutsche Rote Kreuz
möchte die politischen Entscheidungsträger bei der Erarbeitung von langfristigen und
ganzheitlichen Lösungen für
den Rettungsdienst in Schleswig-Holstein unterstützen und
scheut sich nicht, auf Wunsch
ggf. auch die damit verbundenen Risiken zu übernehmen.
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Der Rettungsdienst…
Der Rettungsdienst…
und der Mehrwert durch das Ehrenamt
und das Komplexe Hilfeleistungssystem des DRK
In vielen Regionen SchleswigHolsteins fahren ehrenamtliche Rettungsassistenten und
Rettungssanitäter auf den Rettungswagen mit und versehen
ihren Dienst dort ebenso qualifiziert wie ihre hauptamtlichen
Kollegen.
Über 130 ehrenamtliche Rotkreuzler sind es, die in Schleswig-Holstein im Rettungsdienst
eingesetzt werden. Dass sie
dabei auch mithelfen, die Kosten zu senken, ist nicht der entscheidende, aber ein durchaus
erwähnenswerter Punkt.
Wichtiger ist, dass sie in der
Regel auch in den Rotkreuzbereitschaften und in den 95 vom
DRK in Schleswig-Holstein gestellten Katastrophenschutzgruppen mitwirken. Dort, aber
auch bei Sanitätsdiensten und
First-Responder-Einsätzen,
tragen sie zu einer engen Verzahnung mit dem originären
Rettungsdienst bei.
So entstehen positive Wechselwirkungen und Synergieeffekte.
Rettungsdienstliche Erfahrun-
12
gen kommen dem Katastrophenschutz und den vom DRK
angebotenen Sanitätsdiensten
zugute, und hochqualifizierte
ehrenamtliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Roten
Kreuzes, die sich als Rettungssanitäter oder -assistenten
qualifiziert haben, frischen regelmäßig ihre rettungsdienstliche Praxis auf, bilden sich fort
und sichern auf diese Weise
dauerhaft ihr hohes Qualifikationsniveau ab.
Die Möglichkeit, die erworbenen Kenntnisse aus der
Rettungsassistentenausbildung
auch hin und wieder im Einsatz erproben und vertiefen zu
können, macht dabei auch die
ehrenamtliche Mitwirkung im
Katastrophenschutz attraktiv.
Die Vorteile daraus sind im
Einsatzfall unschätzbar. Das
gilt einerseits für Präventionseinsätze wie beispielsweise
die großen Sanitätsdienste zur
Kieler Woche oder bei dem
jährlichen Großfestival Wacken
Open Air, wo unter Leitung des
Roten Kreuzes mehrere hun-
dert Sanitäter zur Absicherung
der Veranstaltung beitragen.
Die Vorteile kommen andererseits aber auch bei Großschadens- und Katastrophenlagen
zum Tragen. Das Rote Kreuz
spricht in diesem Zusammenhang von Aspekten eines Komplexen Hilfeleistungssystems
mit vielen ineinander greifenden Komponenten.
Das Rote Kreuz sieht den Rettungsdienst als Teil eines Komplexen Hilfeleistungssystems.
Rettungsdienstleistungen können nicht isoliert betrachtet
werden: Das Verkehrsopfer
wird zunächst von einem Ersthelfer betreut, dann präklinisch
vom Rettungsdienst versorgt
und im Krankenhaus dann weiterbehandelt.
Viele ehrenamtliche Rettungsdienstmitarbeiter sind auch
Mitglied einer Schnelleinsatzgruppe Rettungsdienst oder
einer Katastrophenschutzgruppe. Sie können dort ihre Erfahrungen an die ehrenamtlichen
Kolleginnen und Kollegen weitergeben.
Das ist die Beschreibung einer linearen Rettungskette am
Beispiel eines Verkehrsunfalls.
Das DRK-Konzept des Komplexen Hilfeleistungssystems
greift aber sehr viel weiter. Hier
geht es darum, die vielseitigen
Hilfeleistungen des DRK in einen Gesamtzusammenhang zu
bringen und so miteinander zu
verzahnen, dass eine effektive
und am Bedarf orientierte Bewältigung von Schadenslagen
aller Art möglich ist. Nach diesem Konzept ist der Rettungsdienst vielfach verflochten mit
anderen Hilfsangeboten des
Roten Kreuzes.
Beispiel Großschadensfall:
Dabei kann es sich um ein
Busunglück mit vielen Ver-
Und schließlich: Rotkreuzrettungsdienstler bringen auch im
Katastrophenfall ihre Kenntnisse mit ein und werden so
Bindeglieder zwischen Rettungsdienst und Katastrophenschutz.
Auf diese Weise entsteht ein
echter Mehrwert an Qualität
bei komplexen Schadenslagen.
letzten, einen Großbrand, eine
Explosion oder ein anderes
Schadensereignis
größeren
Ausmaßes handeln. Der Rettungsdienst ist dann auf die
enge Zusammenarbei mit einer Schnelleinsatzgruppe Rettungsdienst (SEG) angewiesen.
Viele davon stellt in SchleswigHolstein das DRK. Der Aufbau
und Betrieb eines Verbandplatzes, die Registrierung von
Helfern und Betroffenen, die
Übernahme logistischer Aufgaben wie die Mahlzeitenversorgung der Helferinnen und
Helfer, sind konkrete Hilfen, die
ehrenamtlich geleistet werden.
Wird aus der Großschadenslage ein Katastrophenfall gemäß
Landeskatastrophenschutzgesetz, werden die Katastrophenschutzeinheiten, die das
Rote Kreuz in Schleswig-Holstein zu einem bedeutenden
Anteil stellt, in die Hilfeleistung
mit einbezogen. Ehrenamtlich
besetzt stehen dafür Sanitäts-,
Betreuungs und Logistikgruppen (insgesamt 95 Gruppen)
bereit. In den geschilderten Fällen kommen oft weitere Komponenten des Komplexen Hilfe-
leistungssystems zum Tragen.
So werden ggf. geeignete
Räume verschiedenster Rotkreuzeinrichtungen für die Betreuung und sanitätsdienstliche Versorgung Betroffener zur
Verfügung gestellt, und die aktiven ehrenamtlichen Mitglieder
der DRK-Ortsvereine und Rotkreuzgemeinschaften
unterstützen zusätzlich mit Material
und Personal.
Weitere Elemente eines Komplexen Hilfeleistungssystems
sind: Erste-Hilfe-Ausbildungen
des DRK für eine hohe Ersthelfer-Quote, der DRK-Blutspendedienst, die DRK-Einrichtungen zur Versorgung von
Kranken und Pflegebedürftigen, die Rettungshundeteams,
die DRK-Wasserwacht, die
zahlreichen Angebote hauptund ehrenamtlich getragener
Sozialarbeit und der Suchdienst.
Durch das Komplexe Hilfeleistungssystem unter einheitlicher
DRK-Führung entsteht dabei
ein großer Mehrwert für die
Notfall-Betroffenen.
13
Der Rettungsdienst…
Der Rettungsdienst…
und die DRK-Rettungsdienstschule in Lübeck
und die Effektivität der präklinischen Versorgung
Die DRK-Rettungsdienstschule
Schleswig-Holstein
gemeinnützige GmbH betreibt
Schleswig-Holsteins
älteste
Rettungsdienstschule.
Hier
werden die Rotkreuz-Rettungsassistenten
Schleswig-Holsteins nach einem einheitlichen
und fortschrittlichen Konzept
aus- und fortgebildet.
Gesellschafter sind die den
Rettungsdienst betreibenden
DRK-Kreisverbände Herzogtum Lauenburg, Kiel, Lübeck,
Ostholstein, Schleswig-Flensburg und Segeberg sowie der
DRK-Landesverband. Die gemeinsame Gesellschaft wurde
gegründet, um die Zusammenarbeit zu vertiefen, Kompetenzen zu bündeln, Innovationen
zu entwickeln und vor allem
die Qualität zu steigern. Als
wichtiges Ziel wurde frühzeitig die Optimierung der Ausbildung formuliert.
Die
Rettungsdienstschule
bietet ein alternatives Ausbildungsmodell zum Rettungsassistenten an. Danach erfolgt die Qualifizierung, wie
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in anderen Berufen üblich, in
einer dreijährigen betrieblichen Ausbildung, für die eine
Ausbildungsvergütung gezahlt
wird. Ausbildungsträger sind
die DRK-Kreisverbände. Gesetzlich vorgeschrieben sind
nur zwei Ausbildungsjahre.
Die hohen DRK-Qualitätsstandards erfordern jedoch eine
gründlichere Schulung und
damit auch eine längere Ausbildungszeit. So erwerben
die Azubis in ihrem Lehrgang
auch den Führerschein Klasse C1. Zu den Anforderungen
im Rettungsdienst gehört es,
Rettungsfahrzeuge führen zu
können. Die in der DRK-Rettungsdienstschule ausgebildeten Rettungsdienstassistenten
werden auch dieser Anforderung gerecht.
Als qualitätssichernde Maßnahme wählt die DRK-Rettungsdienstschule in Lübeck
neue Auszubildende sorgfältig
aus.
Weitere Informationen
(auch zum Bewerbungs- und Auswahlverfahren)
www.drk-rettungsdienstschule.de
Die Effektivität der präklinischen Versorgung und damit
des Rettungsdienstes insgesamt ist in zahlreichen Studien der letzten Jahrzehnte
eindrucksvoll
nachgewiesen
worden (vgl. Gutachten Sefrin
2010, „Präklinische notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung“).
Beispielsweise konnte durch
einen Vergleich der Jahre 1972
und 1991 der Nachweis geführt werden, dass durch die
Vorverlagerung der intensivmedizinischen Therapie in die
präklinische Phase, also schon
während des Rettungsdiensteinsatzes,
eine deutliche
Senkung tödlicher Verläufe bei
Polytraumatisierten
erreicht
werden kann.
Rettungsdienst gelingt, durch
eine adäquate Volumentherapie, in der Regel durch Gabe
von Infusionen, den Kreislauf
des Patienten zu stabilisieren,
besteht eine reelle Überlebenschance, auch bei Polytraumatisierten. Die Sterblichkeit der
Patienten mit einem Polytrauma sank nach Clarke von 1999
bis 2005 von 28,8 auf 15 Prozent.
Entsprechende Erfolge präklinischer Interventionen sind
nicht nur bei traumatisierten
Notfallpatienten, sondern auch
bei der Gruppe der internistischen Patienten nachweisbar,
die heute den größten Teil der
rettungsdienstlich
Betreuten
ausmacht.
Die sich wandelnde Gesundheitslandschaft in Deutschland
hat bereits spür- und messbare Auswirkungen auf den Rettungsdienst.
Die Leistungsfähigkeit des
Rettungsdienstes muss dabei
unbedingt in vollem Umfang
erhalten bleiben, denn insbesondere im ländlichen Raum
schließen Arztpraxen. Vor dem
Hintergrund einer zunehmenden Überalterung der Bevölkerung gewinnt diese Tendenz
eine besondere Brisanz. Daher
ist die Mitwirkung bei und Aufrechterhaltung von ärztlicher
Kompetenz im Rettungsdienst
auf Dauer unverzichtbar.
In einer vielbeachteten Arbeit
über Patienten mit schweren Blutungen im Bauchraum
konnte Clarke zeigen, dass das
Überleben entscheidend von
der Kreislaufstabilität des Patienten bei der Klinikaufnahme
abhängt. Nach Clarkes Untersuchungen gilt: Wenn es dem
15
Der Rettungsdienst…
Der Rettungsdienst…
in den letzten Jahrzehnten…
als Teil des (medizinischen) Bevölkerungsschutzes
Der Rettungsdienst hat sich in
den letzten Jahrzehnten von einem reinen Transportdienst für
Kranke und Verletzte zum präklinischen System entwickelt.
Viele Verletzte und Erkrankte
haben davon profitiert.
Verstarben in den 50er Jahren
noch fast 90% der Traumapatienten im hämorrhagischen
Schock, konnten später lebensbedrohliche Situationen
in diesen Fällen durch eine obligate Infusiontherapie am Unfallort und während des Transportes drastisch vermindert
werden.
Ebenso gelang es durch die
vorgezogene Beatmungsthe-
16
rapie, das Atemnotsyndrom als
Todesursache zurückzudrängen.
Die Anwendung solcher präklinischen Maßnahmen führte im
Ergebnis zu der Feststellung,
dass der Rettungsdienst als
Teil der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung und
nicht primär als Transportleistung zu verstehen ist. Die eingesetzten Fahrzeuge wurden
diesen Erkenntnissen entsprechend auch technisch weiterentwickelt.
Zu der ambulanten und stationären Versorgung war neu
eine eigenständige mobile medizinische Versorgung hinzugekommen, die das Ziel hatte,
den Patienten in einen stabilen
Zustand zu bringen und darin zu erhalten, damit die Behandlungsmöglichkeiten des
Krankenhauses noch greifen
bzw. besser greifen konnten.
Die medizinische Versorgung
am Notfallort und während des
Transports ist seither weder
der ambulanten Versorgung,
noch der Krankenhausversor-
gung zuzuordnen.
Auch der Einsatz arztbesetzter Rettungsfahrzeuge unterliegt dieser Zuordnungs- und
damit auch der Abrechnungsproblematik. Mit Einführung
der ersten Rettungsdienstgesetze wurde hier (gegenüber
dem bisherigen Rechtszustand)
nachgebessert. Der Rettungsdienst wurde organisatorisch
und von den Aufgaben her klar
vom Notfalldienst der ärztlichen
Selbstverwaltungskörperschaften abgegrenzt.
Bundeseinheitliche Regelungen zur Einordnung der präklinischen notfallmedizinischen
Versorgung der Bevölkerung
oder zu den Aufgaben und
medizinischen Leistungen des
Rettungsdienstes gibt es bis
heute nicht. Die bundesgesetzlichen Regelungen beziehen
sich nur auf die „Versorgung
mit Krankentransportleistungen“ und deren Verordnung
sowie die „Entgelte für die Inanspruchnahme“.
Zum Verhältnis zwischen präklinisch-notfallmedizinischer
Versorgung, Zivil- und Katastrophenschutz sowie öffentlichem Gesundheitswesen gibt
es gegenwärtig keine bundesgesetzliche Regelung. Insofern hat der Gesetzgeber nicht
festgelegt, wie im Rahmen der
vorhandenen
Gestaltungsspielräume vom Grundgesetz
bis hin zum Europarecht dieses
Zusammenspiel zu definieren
ist.
Unstrittig ist: In seiner präklinisch-notfallmedizinisch versorgenden Funktion muss der
Rettungsdienst als integraler
Teil des Gesundheitsdienstes
und des Bevölkerungsschutzes
gesehen werden. Dabei wird
die zu erbringende medizinische Leistung von der Schwere
der Erkrankung oder des Traumas bestimmt. Vor dem Hintergrund der Bundeskompetenz
für das Sozialversicherungsund Zivilschutzrecht einerseits
und der Länderkompetenz für
das Katastrophenschutz- und
Rettungsdienstrecht
andererseits gibt es jeweils unterschiedliche, nicht immer
aufeinander abgestimmte Vorhalteplanungen.
Was funktionell säuberlich
nach Zuständigkeitsbereichen
abgegrenzt werden kann –
nämlich die medizinische Versorgung der Bevölkerung und
der Schutz der Zivilbevölkerung in Katastrophen militärischen oder nicht militärischen
Ursprungs – ist im Hinblick auf
die Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen schwer
teilbar. Bezogen auf den Rettungsdienst ist die Anwendung
des Trennungsprinzips zwar
geboten aber dennoch nicht
sinnvoll. Dies gilt insbesondere
dann, wenn der Rettungsdienst
auf Landes-, Kreis- und Gemeindeebene als unverzichtbarer Teil des Bevölkerungsschutzes gilt.
In der bundesweiten Betrachtung gilt aus Sicht des Deutschen Roten Kreuzes, dass
der Rettungsdienst als Teil des
Bevölkerungsschutzes, der die
präklinisch-medizinische Versorgung der Bevölkerung zur
Aufgabe hat, bisher in den Diskussionen um die Reform des
Gesundheitswesens,
aktuell
beim Versorgungsgesetz, nicht
ausreichend
berücksichtigt
wurde.
17
Der Rettungsdienst…
Der Rettungsdienst…
und das GKV-Versorgungsgesetz
aus Sicht des SGB V und der Länder
Das Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)-Versorgungsgesetz hat das Ziel, eine gute,
flächendeckende und medizinisch hochwertige Versorgung
in Deutschland zu erhalten.
Das Deutsches Rotes Kreuz
verfolgen die Diskussion um
das sogenannte GKV-Versorgungsgesetz sehr aufmerksam
und begrüßt die intensive Erörterung dieses wichtigen Themas.
Das DRK hat im März 2011 das
Institut für Gesundheitsökonomik (IFG) in München beauftragt, in einer Kurzexpertise die
Möglichkeiten der Berücksichtigung des Rettungsdienstes
im Rahmen des Versorgungsgesetzes 2011 zu untersuchen.
Hintergrund hierfür war das Papier der CDU/CSU-Fraktion im
Deutschen Bundestag mit dem
Titel „Das Angebot vom Bedarf
des Patienten her gestalten –
14 Vorschläge für eine Reform
der medizinischen Versorgung
in Deutschland“.
Die am 8. April 2011 veröffentlichten Eckpunkte von CDU/
18
CSU und FDP zum Versorgungsgesetz weisen zwar an
einigen Stellen Unterschiede zu
den 14 Vorschlägen der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion auf.
Beide Papiere betrachten aber
die gleichen Erörterungspunkte im Hinblick auf die Sicherstellung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten
medizinischen Versorgung als
ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen, lassen dabei
aber den notarztgestützten
Rettungsdienst außer Acht.
Die vom DRK in der genannten
Kurzexpertise aufgeführten Anknüpfungspunkte gelten also
weiterhin.
Das IFG kommt zum Ergebnis,
dass vor dem Hintergrund des
demographischen
Wandels
insbesondere in unterversorgten ländlichen Gebieten nicht
nur neue Anreize für niedergelassene Ärzte geschaffen
werden müssen, sondern auch
die Unterstützung durch nichtärztliche
Leistungserbringer
und durch das notarztgestützte Rettungsdienstsystem stär-
ker einbezogen werden muss.
Rettungsdienstliche Strukturen
können eine wichtige Scharnierfunktion zwischen der ambulanten ärztlichen Versorgung
und der stationären Klinikversorgung wahrnehmen und so
die Versorgungssituation insgesamt verbessern.
Ein neues Gesetz im Bereich
des Gesundheitswesens darf
sich nicht auf Teilgebiete beschränken. Es muss im Bereich der Notfallversorgung
über den Regelrettungsdienst
hinaus eine umfassende Lösung anstreben. Nur so kann
die Gesamtheit der Strukturen
im Rahmen einer Vernetzung
im Sinne eines Komplexen Hilfeleistungssystems seine volle
Leistungsfähigkeit entfalten.
Das Deutsche Rote Kreuz betrachtet den Bedarf aus der
Perspektive des Patienten und
unterstützt es deshalb, den
Rettungsdienst als Teil der flächendeckenden medizinischen
Versorgung der Bevölkerung
auch im GKV-Versorgungsgesetz zu verankern.
Das Deutsche Rote Kreuz in
Schleswig-Holstein
begrüßt
den Beschluss der 84. Gesundheitsministerkonferenz (GKM),
durch eine Gesetzänderungsinitiative den Rettungsdienst
als eigenständige Leistung im
SGB V anzuerkennen.
Die Problematik im Rettungsdienst in Verbindung mit dem
SGB V resultiert aus der dort
formulierten Übernahme von
reinen Fahrtkosten (vgl. §60 f,
SGB V). Eine Abrechnung der
Fahrtkosten erfolgt nur, wenn
ein Transport der zu rettenden
Person in eine Klinik stattfindet. Die Kosten werden durch
die Krankenkassen getragen,
sofern es keine anderen landes- oder kommunalrechtlichen Bestimmungen für den
Rettungsdienst gibt (vgl. § 133
SGB V). In der Praxis bietet
sich in Schleswig-Holstein und
der gesamten Bundesrepublik häufig ein anderes Bild: In
vielen Fällen können hilfsbedürftige Personen auch vor Ort
schon qualifiziert behandelt
werden. Dies entspricht dem
Trend einer zunehmend prä-
klinischen Versorgung, bedarf
jedoch einer weiterführenden
rechtlichen Verankerung des
Rettungsdienstes im SGB V,
um auch Leistungen, die einen anschließenden Transport
überflüssig machen, abrechnen zu können. Diese Einschätzung des DRK findet sich
ebenso in der Aufforderung
des 113. Deutschen Ärztetages
an den Gesetzgeber wieder,
„den Rettungsdienst mit der
Notfallrettung und dem qualifizierten Krankentransport endlich eigenständig im SGB V zu
regeln und als Teil der Krankenbehandlung
anzuerkennen“.
Hinzu kommt die Ansicht des
Ärztetages, dass „die Länderaufgabe Rettungsdienst, geregelt als Landesrecht, als präklinisches System … eine klare
Verzahnung mit dem Bundes-
recht (SGB V) erfahren muss“.
In diesem Sinne haben die
83. und 84. Gesundheitsministerkonferenz das Thema
Rettungsdienst debattiert. Auf
Basis einer Überprüfung der
Sach- und Rechtslage durch
die Arbeitsgemeinschaft der
Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) fasste die
84. GMK am 30.06.2011 den
Beschluss: „Die Ministerinnen
und Minister, Senatorinnen
und Senatoren für Gesundheit
der Länder bitten das zuständige Bundesministerium für
Gesundheit, auf der Basis der
Vorschläge der AOLG eine Veränderung und Ergänzung der
Regelungen im SGB V herbeizuführen.”
Das Deutsche Rote Kreuz begrüßt und unterstützt diese Initiative ausdrücklich.
19
Der Rettungsdienst…
Weiterführende Literatur
und die demografische Entwicklung
Vor dem Hintergrund der schon
bald für alle spürbaren Auswirkungen der demografischen
Entwicklungen auf unser Gesundheitswesen, in dem von
immer weniger jungen Menschen immer mehr ältere Menschen versorgt werden müssen, ist es erforderlich, alle
Leistungsbereiche als Einheit
zu sehen und gemeinsam zu
planen.
Der Zeitpunkt ist nicht mehr
fern, zu dem es weder möglich
sein wird, den bisherigen Leistungsumfang in Gesundheit
und Pflege zu finanzieren, noch
die heutigen Leistungen weiterhin durch genügend Fachkräf-
te zu erbringen. Alle medizinischen Versorgungsbereiche,
die ambulante und akutstationäre medizinische Versorgung,
die Pflegeversorgung und die
Rehabilitation, werden zukünftig um finanzielle Mittel und
um Fachkräfte konkurrieren. Im
Interesse einer umfassenden
Versorgung für die Menschen
wird ein koordinierender Ansatz erforderlich sein, der auf
der regionalen Ebene alle vier
Leistungsbereiche umfasst.
Erforderlich sind leistungs- und
sektorenübergreifende Verbünde, wobei auf die Vor-Ort-Organisation der Kommunen und
Landkreise eine besondere Be-
deutung zukommen wird.
Beeinflusst durch die Auswirkungen des demografischen
Wandels, der Morbidität, des
medizinischen
Fortschritts,
des Fachkräftemangels sowie durch die Finanzierung
der Gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen
Pflegeversicherung kann der
Rettungsdienst nicht Transportleistung bleiben, sondern
muss als die medizinische
Leistung erfasst werden, die er
heute schon ist.
Albrecht, M. [2010], Kurzexpertise im Auftrag des Bundesministeriums des Innern:
„Auswirkungen des demographischen Wandels auf die
Organisationen der Gefahrenabwehr und Notfallrettung als
Mindestanforderung der öffentlichen Daseinsvorsorge“.
Biese / Jocks / Runde [1979]:
Kommentar Rettungsdienst in
Nordrhein-Westfalen.
Clarke, JR - Time to laparotomy for intra-abdominal bleeding from trauma does affect
survival for delays up to 90 minutes. J. Trauma 52 (2002) 420
- 426.
DRK-Gesetz vom 5. Dezember [2008].
DRK Pressemitteilung vom 4.
August 2011:
http://www.drk.de/pressemeldungen/meldung/6631-gesundheitsministerkonferenzrettungsdienst-ist-mehr-alstransport.html.
Report 761, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und
Gesundheit: „Medizinische und
volkswirtschaftliche Effektivität
und Effizienz des Rettungsdienstes in Hessen“.
DIN 13050 „Rettungswesen –
Begriffe“.
Sefrin, P. [2010]: Gutachten
Präklinische, notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung – Aufgaben und medizinische Leistungen des
Rettungsdienstes.
Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung, Schriftenreihe, Band
119, S.1-2, Aufsatz: „Sechs
Entwicklungslinien in Gesundheit und Pflege - Analyse und
Lösungsansätze“.
Gesundheitsministerkonferenz der Länder vom
30.6.2011, Beschluss: http://
www.gmkonline.de/?&nav=bes
chluesse_84&id=84_05.01.
Gusy, Ch. [2011]: Katastrophenschutzrecht (in Zeitschrift
„Die Öffentliche Verwaltung„).
SGB V: Gesetzliche Krankenversicherung (Artikel des
Gesetzes vom 20. Dezember
1988, BGBI. I S. 2477), das
durch Artikel 3 des Gesetzes
vom 22. Dezember 2011 (BGBI.
I S. 3057) geändert worden ist.
Deutsches Rotes Kreuz e.V.
[2006]: Das komplexe Hilfeleistungssystem.
20
21
DRK-Rettungswachen
DRK-Katastrophenschutz-Gruppen
DRK-Schnelleinsatzgruppen Rettungsdienst
Das DRK und der Rettungsdienst…
auf einen Blick:
Das Deutsche Rote Kreuz ist
mit rd. 660 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern einer
der größten Rettungsdienstanbieter in Schleswig-Holstein
und in den Kreisen Herzogtum Lauenburg, Ostholstein,
Schleswig-Flensburg, Segeberg, Stormarn, auf Sylt und
in den kreisfreien Städten Kiel
und Lübeck im Rettungsdienst
tätig.
Das Komplexe Hilfeleistungssystem des DRK umfasst eine
Vielzahl von miteinander vernetzten Versorgungsleistungen
für die Bevölkerung: Mit den
vielen Erste-Hilfe-Ausbildungen, dem DRK-Blutspendedienst, den DRK-Einrichtungen
zur Versorgung von Kranken
und Pflegebedürftigen, den
Rettungshundeteams,
der
DRK-Wasserwacht, den zahlreichen Angeboten haupt- und
ehrenamtlich getragener Sozialarbeit, dem Suchdienst
und den Sanitätsdiensten ist
die Aufgabe der Rettungsdienstdurchführung eng ver-
22
woben, insbesondere durch
die Leistungen des DRK in den
Schnelleinsatzgruppen
Rettungsdienst (SEG) und in Katastrophenschutzgruppen.
Über 130 Ehrenamtliche mit
umfassender
Rotkreuz-Rettungsassistenten- und Rettungssanitäterausbildung unterstützen den Rettungsdienst
beim DRK und verzahnen den
originären Rettungsdienst mit
Katastrophenschutz und Sanitätsdiensten.
In der DRK-Rettungsdienstschule gemeinnützige GmbH
in Lübeck werden RotkreuzRettungsassistenten Schleswig-Holsteins nach einem einheitlichen und fortschrittlichen
Konzept in hoher Qualität ausund fortgebildet. Das Deutsche
Rote Kreuz sorgt hier aktiv
für die Ausbildung von Nachwuchskräften im Rettungsdienst.
Die „Fachkompetenz Rettungsdienst“ ist beim Deutschen Roten Kreuz aufgrund
der bundesweiten, langjährigen
Erfahrung im Rettungsdienst
beständig gewachsen.
Die demographische Entwicklung und die tendenziell
zunehmenden Schließungen
von Arztpraxen im ländlichen
Raum geben dem Rettungsdienst mit der dort bestehenden ärztlichen Kompetenz eine
immer größer werdende Bedeutung.
Den Rettungsdienst als eigenständige Leistung im
SGB V anerkennen – dies ist
das Ziel einer Gesetzänderungsinitiative, die in der 84.
Gesundheitsministerkonferenz
beschlossen wurde. Das Deutsche Rote Kreuz begrüßt diese
Initiative und setzt sich für deren Umsetzung ein.
Den Rettungsdienst als Teil
der flächendeckenden, präklinischen
medizinischen
Versorgung im GKV-Versorgungsgesetz verankern – diese
zukunftsweisende Forderung
wird vom Deutschen Roten
Kreuz ebenfalls unterstützt.
Auch setzt sich das Deutsche
Rote Kreuz für die Entwicklung
einer standardisierten Einsatzdokumentation des Rettungsdiensteinsatzes ein.
Das DRK stellt sich den aktuellen Herausforderungen
im Rettungsdienst und bietet
den politisch Verantwortlichen
Lösungen an. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um die Erhaltung des Status Quo handelt
oder um die Entwicklung neuer
Alternativen wie beispielswei-
se der Vergabe des Rettungsdienstes als Konzession mit
Übertragung der finanziellen
Risiken auf den Durchführer.
Das Deutsche Rote Kreuz ist
bundesweit der kompetente
Ansprechpartner für das Rettungswesen.
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Deutsches Rotes Kreuz
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