Aktuelle Rechtsfragen im Direktmarketing

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Aktuelle Rechtsfragen im Direktmarketing
6. VDZ DIRECT MARKETING SUMMIT
Aktuelle Rechtsfragen im
Direktmarketing
„Wie Sie ohne Blessuren durch den Dschungel der
Vorschriften kommen“
Rechtsanwalt Dr. Stefan Freytag
4. September 2014
Überblick
1)  Erste Erfahrungen nach der Umsetzung der
Verbraucherrechterichtlinie (VRR) zum 13.6.2014
2)  Email-Marketing – neue Urteile
3)  Kopplung Gewinnspiel mit Kauf / Werbe-Opt-in –
aktueller Stand
4)  Neues vom Datenschutz
5)  Fragen
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Hauptthemen und Abmahnrisiko für Presseunternehmen:
•  Zwingendes gesetzliches Widerrufsrecht (statt bisheriger freiwilliger
Verlagsgarantie)
•  Ausnahmen/Sonderregelungen für Zeitschriften und digitale Inhalte
•  Anforderungen an die Widerrufsbelehrung und sonstige Informationspflichten
=> Erste Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung und mit Abmahnungen
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Zentrale Regelungen:
•  Widerrufsrecht gilt nicht für „Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder
Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen“(§ 312g n.F Abs. 2 Nr. 7 BGB)
•  14-tägige Widerrufsfrist beginnt bei Lieferung der ersten abonnierten Print-Ausgabe (=
Ware, § 356 n.F. Abs. 2 Nr. 1 d BGB) bzw. für ePaper bei Vertragsschluss (keine Ware,
sondern „digitaler Inhalt“, § 355 n.F. Abs. 2 BGB)
•  Aber nicht vor ordnungsgemäßer Belehrung, bei deren Fehlen endet Widerrufsfrist erst 1
Jahr + 14 Tage nach Vertragsschluss (§ 356 n.F. Abs. 3 BGB)
•  Bei digitalen Inhalten: Vorzeitiges Erlöschen bei 1) Zustimmung des Verbrauchers mit
Erfüllung vor Fristablauf und 2) dessen Bestätigung, dass er Kenntnis vom Erlöschen
dadurch hat (§ 356 n.F. BGB Abs. 5)
•  Bei Waren: Unternehmer kann Erstattung (mit Zahlungsmittel der Bestellung) verweigern,
bis Ware eingetroffen oder Rücksendung nachgewiesen ist (§ 357 n.F. BGB Abs. 4)
•  Bei Waren: Verbraucher trägt unmittelbare Kosten der Rücksendung, wenn Unternehmer
darüber unterrichtet hat (§ 357 n.F. BGB Abs. 6)
•  Bereitstellen Muster-Widerrufsformular
•  Bei Verstoß außer Verlängerung Widerrufsfrist insbes. Abmahnrisiko
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Welche Regelung für welches Angebot? Einzelkauf digitaler Inhalt Einzelkauf Ware Abonnementvertrag digitaler Inhalt Abonnementvertrag Ware Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Einzelkauf Print:
•  Widerrufsrecht gilt nicht: „Vertrag zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften
oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen“ (§ 312g n.F Abs. 2
Nr. 7 BGB)
•  Unterrichtung darüber erforderlich: „Das Widerrufsrecht besteht nicht für
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit
Ausnahme von Abonnement-Verträgen.“
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Abonnement Heft:
•  Widerrufsrecht gilt: „Zeitschriften-Abonnement-Vertrag“ (§ 312g n.F Abs. 2 Nr. 7
BGB)
•  Widerrufsbelehrung erforderlich, Risiko insbes. einer Abmahnung und der
Verlängerung der Widerrufsfrist bis 1 Jahr + 14 Tage bei Fehlern
•  Wertersatzberechnung für bis Widerruf gelieferte Hefte: strittig und
unpraktikabel
•  Entscheidung des Verlags, Möglichkeiten:
•  Erstattung sofort nach Widerruf (freiwillig) oder erst nach Rücksendung
gelieferte Exemplare (und Zugabe), bis dahin (anteiliger) Einbehalt
•  Übernahme der Rücksendekosten (freiwillig) oder nur auf Kosten Abonnent
(Unterrichtung erforderlich)
•  Also möglich: Schickt Abonnent bis zum Widerruf gelieferte Exemplare nicht
auf eigene Kosten zurück, kann Verlag (anteiligen) Abopreis zurückbehalten.
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Abo E-Paper:
•  Widerrufsrecht gilt: „Zeitschriften-Abonnement-Vertrag“ (§ 312g n.F Abs. 2 Nr. 7
BGB) bzw. Vertrag über „Lieferung digitaler Inhalte“ (§ 312f n.F. Abs. 3 BGB)
•  Widerrufsbelehrung erforderlich, Risiko insbes. einer Abmahnung und der
Verlängerung der Widerrufsfrist bis 1 Jahr + 14 Tage bei Fehlern
•  Vorzeitiges Erlöschen Widerrufsrecht nach § 356 n.F. BGB Abs. 5 möglich,
da „digitaler Inhalt“?
•  Zustimmung des Verbrauchers mit Erfüllung vor Fristablauf und
•  Bestätigung, dass er Kenntnis vom Erlöschen dadurch hat.
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
„Mein Wunsch ist Dir Befehl!“: Erzwungene Zus:mmung wirksam? Umsetzung VRR zum 13.6.2014
„Mein Wunsch ist Dir Befehl!“: Erzwungene Zus:mmung wirksam? § 356 Abs. 5 BGB: Maßgeblicher BGB-­‐Kommentar: Standardmäßig vorgegebene Zus:mmung ist als vom Unternehmer gestellte AGB unwirksam (§ 307 BGB: unangemessene Benachteiligung, z.B. bei Abweichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung). (Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 356 n.F., Rn. 11) Rich:g? Diskutabel, aber Risiko. Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Abo E-Paper:
•  Praktikable Lösungsmöglichkeit: Kulanz, Verzicht auf Versuch zur
Einschränkung des Widerrufsrechts i.R.d. gesetzlichen Ausnahme.
•  Dafür spricht:
•  Formularmäßig erzwungene Zustimmung ist rechtlich problematisch
(Abmahnrisiko)
•  Dialog mit Bestätigungsaufforderung ist ggf. nicht conversion-förderlich
•  Lieferbeginn erst nach Ablauf Widerrufsfrist wäre nicht marktgerecht
•  I.d.R. innerhalb von 14 Tagen erst eine oder zwei Ausgaben des E-Papers
geliefert (anders ggf. Zeitungen)
•  Stücklieferkosten obsolet oder gering
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
? Einzelkauf E-Paper:
•  Problematik vorzeitiges Erlöschen Widerrufsrecht wie bei E-Paper-Abo, aber KulanzAnsatz hier schwieriger (Kunde bestellt dutzende Einzel-Ausgaben und widerruft –
nach Lektüre – innerhalb von 14 Tagen)!
•  Aber gilt Widerrufsrecht überhaupt?
•  sicher kein Abonnement-Vertrag
•  Vertrag zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten?
•  Nach bisherigem Recht str., aber mit guten Gründen argumentierbar, dass auch
elektronische Ausgaben „Zeitschriften“ i.S.d. Vorschrift sind (z.B.
Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 312d, Rn. 35 m.w.N.)
•  Gesetzesänderung betraf nur Ausschluss von Abos (statt zuvor nur
Telefonbestellungen), Sonderregelung „digitale Inhalte“ läuft damit nicht leer (EBooks).
•  Maßgeblich ist Wertlosigkeit der Rückgabe wegen Wesensmerkmal „Aktualität“
•  Ordnungsgemäße Unterrichtung jdf. möglich: „Das Widerrufsrecht gilt nicht für
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme
von Abonnement-Verträgen.“
Umsetzung VRR zum 13.6.2014
Abmahnrisiko für Presseunternehmen:
•  Vor allem Widerrufsbelehrung:
•  Ausnahmen vom Widerrufsrecht
•  Hinweis auf Widerrufsfolgen (z.B. Kosten der Rücksendung, erste
Abmahnungen z.B. der eboxu UG)
•  Besondere Schwierigkeit bei Bundles (Waren (Heft, Zugabe) + E-Paper)
•  Weitere:
•  Fehlerhafte Preisangaben (Gesamtpreis, Umsatzsteuer, Versandkosten)
•  Fehlen eines Widerrufsformulars
•  Nicht ordnungsgemäße Bestätigung Vertragsinhalt innerhalb angemessener
Frist (spät. bei Lieferung) auf dauerhaftem Datenträger mit allen erforderlichen
Inhalten (z.B. AGB, Widerrufsbelehrung; Link genügt nicht)
Email-Marketing
Double-Opt-in: Out?
•  Bisheriges Verständnis: DOI als best-practice
•  BGH Urteil vom 10.02.2011 (NJW 2011, 2657): „... hat der Werbende mit
einem solchen Verfahren ausreichend sichergestellt, dass es nicht auf Grund
von Falscheingaben zu einer Versendung von E-Mail-Werbung kommt“,
allerdings nur obiter dictum.
•  Hiobsbotschaft 2013: DOI tot?
•  OLG München Urteil vom 27.09.2012 (GRUR-RR 2013, 226): Schon die Email
mit der Bestätigungsaufforderung im DOI-Verfahren ist unzulässige EmailWerbung!!
•  Was gilt heute?
Email-Marketing
Double-Opt-in: Out?
Andere Gerichte und die maßgebliche Kommentierung gehen weiter von Zulässigkeit und
Beweiskraft des DOI aus, z.B.:
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OLG Celle Urteil vom 15.05.2014 (BeckRS 2014, 10306)
LG Nürnberg-Fürth Urteil vom 24.01.2013 (NJW-RR 2014, 863)
LG Braunschweig Urteil vom 25.05.2014 (BeckRS 2013, 18253)
AG Düsseldorf Urteil vom 09.04.2014 (BeckRS 2014, 09774)
Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 7 UWG, Rn. 189)
Aber strenge Anforderungen an die Umsetzung:
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Bestätigungs-E-Mail muss komplett werbefrei sein
Bestätigungs-E-Mail muss die komplette Einwilligungserklärung wiedergeben
Anforderungen an die Gestaltung der Einwilligung: Getrennte Erklärung, leeres Kästchen,
konkrete Angabe (i) für welche Produkte (ii) welcher Unternehmen (iii) Ansprache mit
welchen Kommunikationsmitteln.
Email-Marketing
(Don‘t) Tell-a-friend!
•  BGH Urteil vom 12.09.2013 (GRUR 2013, 1259):
„Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten
unverlangt eine so genannte Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den
Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als
eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst.“
•  Weiter Begriff der Werbung, umfasst auch Hinweis auf Unternehmensauftritt im
Internet durch eingeschaltete Dritte
•  Willensentschluss des Dritten als Absender ist irrelevant, da dieser Teil der
bewussten werblichen Zielsetzung und die Versendung an Empfänger in Kauf
genommen wird, bei denen ungewiss ist, ob sie in der erforderlichen Form dem
Erhalt von Email-Werbung zugestimmt haben.
•  Immerhin: Keine Abmahnkostenerstattung bei „Selbstauftrag“ eines
Rechtsanwalts.
Kopplung Gewinnspiel
Kauf/Abo der Zeitschrift als Voraussetzung für Gewinnspielteilnahme
BGH Urteil vom 12.12.2013 (GRUR 2014, 686) – Goldbärenbarren
•  früher Totalverbot des § 4 Nr. 6 UWG mit gewisser Erleichtungen für
„pressetypische“ Gewinnspiele; lt. EuGH GRUR 2010, 244 – Plus
Warenhandelsgesellschaft) mit EU-Recht unvereinbar
•  Folgerechtsprechung des BGH: Verstoß nur noch, wenn Kopplung im Einzelfall
eine unlautere Geschäftspraxis ist („Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt“, Art. 5
Abs. 2 RL 2005/29/EG); unklar was das genau ist
•  Rechtsprechungsentwicklung wohl nun abgeschlossen:
•  hohe Hürden für „Verstoß gegen berufliche Sorgfalt“, selbst bei Kindern;
•  es bleibt: Transparenzgebot/Irreführungsverbot z.B. Teilnahmebedingungen,
Gewinnchancen, Art und Wert der Preise
Kopplung Gewinnspiel
Erteilung Opt-in für Werbung als Voraussetzung für Gewinnspielteilnahme
BGH Urteil vom 22.01.2014 (GRUR 2014, 682 – Nordjob-Messe)
•  Zwar war Wirksamkeit der Einwilligung nicht Streitgegenstand, aber keine
Beanstandung der Verknüpfung von Gewinnspiel mit Opt-in für Telefon- und EMail-Werbung an sich (Fortführung von BGH GRUR 2013, 531 (Rz. 20))
•  Aber im konkreten Fall Verstoß gegen § 4 Nr. 2 UWG (Ausnutzung der
geschäftlichen Unerfahrenheit von Jugendlichen):
•  Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren erliegen den Reizen eines
Gewinnspiels leichter als Erwachsene und vernachlässigen die Nachteile der
Preisgabe persönlicher Daten und einer Einwilligung in werbliche Ansprache,
ständig über mehrere Kommunikationswege.
Neues vom Datenschutz
Entwurf für eine EU-Datenschutzgrundverordnung
1)  Vorordnung (statt Richtlinie) = identische Regelung in allen EU-Mitgliedsstaaten
2)  Festhalten am Grundsatz „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ und an weiteren Grundsätzen der bisherigen
EU-Richtlinie, (wichtige) Details werden sich erst im Gesetzgebungsverfahren klären.
3)  Neu: „Recht auf Vergessenwerden“ (siehe aber schon EuGH-Urteil Google vom 13.05.2014) und weitere
Stärkungen der Betroffenenrechte
4)  Neu: Pflicht zur Aufstellung und Zugänglichmachung von „Strategien“ für Verarbeitung von
personenbezogenen Daten und die Ausübung von Betroffenenrechten
5)  Neu: Erheblich verschärfte Sanktionen bei Verstößen (bis zu 5% des Jahresumsatzes!)
6)  Neu: Verbandsklagerecht für Verbraucherschutzorganisationen
Aktueller Stand: Am 12.03.2014 vom EU-Parlament angenommen, derzeit Verhandlungen Parlament, Rat,
Kommission. Teileinigung Anfang Juni, Kommissarin Viviane Reding hofft auf Verabschiedung 2015.
Inkrafttreten nicht vor 2017, eher später.
Neues vom Datenschutz
Entwurf des BMJ: Verbraucherverbandsklagerecht für Datenschutzverstöße
Referentenentwurf des BMJ für ein „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von
verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“: Bisher: Verbraucherverbände können
nur datenschutzrechtliche AGB-Klauseln angreifen, gegen andere Datenschutzverstöße können nur
der Betroffene und die Aufsichtsbehörden vorgehen (str., ob auch Wettbewerber und
Unternehmensverbände, in der Praxis dort aber wenig Interesse)
• 
Geplant: Verbraucherverbände können Unternehmen wegen jeglicher Datenschutzverstöße auf
Unterlassung verklagen, Ergänzung Unterlassungsklagengesetz.
• 
Kritik: Datenschutz ist Persönlichkeitsschutz, nicht Verbraucherschutz. Missbrauchsgefahr,
Anprangerung von Unternehmen. Stellung der Aufsichtsbehörden und UnternehmensDatenschutzbeauftragen wird ausgehöhlt. Aktionismus kurz vor Regelung in der EU-Verordnung.
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Referentenentwurf = noch kein förmliches Gesetzgebungsverfahren, öffentliche Diskussion.
Vielen Dank. Ihre Fragen!
Dr. Stefan Freytag Straßer Ventroni Deubzer Freytag & Jäger Oberanger 30, 80331 München t: 089 / 21025-­‐450 e: stefan.freytag@svd`.de