Studien-Exkursion Istanbul und Marmara
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Studien-Exkursion Istanbul und Marmara
Studien-Exkursion Istanbul und Marmara-Meer Die VSVI Bezirksgruppe Itzehoe hat vom 3. bis 7. Oktober 2003 mit 40 Teilnehmern die größte Stadt der Türkei, Istanbul, und das Marmara-Meer besucht. Istanbul ist ein Megadorf, ein Moloch aber auch eine Metropole mit 12 bis 15 Mio. Einwohnern auf einer Fläche von 30 x 70 km wunderschön am Bosporus gelegen. Seit Jahrtausenden wurde hier gesiedelt. Im 1. Jahrhundert v. Chr. die Siedlung Senista, dann 667 v. Chr. die Stadtgründung. 330 n. Chr. war der römische Kaiser Konstatin I von der Stadt so begeistert, dass er sie zur Hauptstadt des gesamten Römischen Reiches machte und sie Konstantinopel nannte. Später wurde sie zur Metropole des Byzantinischen Reiches, dessen Ausdehnung zur Zeit Justitians I (527 - 566) eine Vorstellung von der Bedeutung der Stadt gibt (Bild 1). Bis zur Eroberung durch Mehmet II (der Eroberer) im Jahr 1453 konnte sich Byzanz dank seiner mächtigen Stadtmauern der Türken erwehren (Bild 2). 470 Jahre bis 1923 blieb die Stadt die Hauptstadt des Osmanischen Reiches (Bild 3), das ab 1923 durch den Aufstand von General Kernal Pascha, später Atatürk genannt (Vater der Türken) Republik wurde. Er führte die lateinische Schrift, den Gregorianischen Kalender, den Sonntag als Ruhetag, das Frauenwahlrecht u.v.a.m. ein. Der Fes wurde verboten, der Schleier war verpönt und Staat und Religion wurden streng getrennt. Dies war der erste Schritt in Richtung Westeuropa, weit mehr als alle übrigen moslemischen Staaten mit fast 1,5 Mrd. Bewohnern bis heute gewillt waren einzuführen. Von den im Baedecker mit 2 Sternen ausgezeichneten 19 Objekten der Stadt, haben wir 14 besichtigt. Es würde den Umfang des Berichts sprengen, sie alle zu beschreiben. Besonders hervorzuheben sind die Besichtigungen der drei großen Kuppelmoscheen bzw. Museen. Hagia Sophia (= Göttliche Weisheit) Kuppeldurchmesser 31 m, Kuppelhöhe 56 m Sie war bis 1453 christliche Basilika, dann bis 1935 Moschee, jetzt Museum, im Jahr 537 n. Chr. unter Kaiser Justitian I vollendet. Sie gehört zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Welt. Die Hauptkuppel über dem Mittelschiff mit 40 Fenstern ruht wie schwebend auf 4 mächtigen, im Quadrat angeordneten, Pfeilern. In der Langrichtung (Ost - West) schließen sich je eine Halbkuppel an. Die Seiten des Hauptschiffes bilden mächtige Wände zwischen den Pfeilern. Die Vertikalkräfte werden von den 4 mächtigen Pfeilern, an der Ost- und Westseite von den Halbkuppeln und auf Grundriß der Hagia Sophia der Nord- und Südseite von den Wänden 1. Theodosianische Hagia Sophia (Ausgrabungen) des Hauptschiffes aufgenommen. Die 2. Schwitzende Säule Horizontalkräfte von den vorgenannten 3. Sängertribüne Bauteilen und dann weiter von den 4. Sultansloge Außenwänden und den äußeren 5. Schatzkammer Stützpfeilern. 6. Altes Baptisterium, jetzt Türbe (Mausoleum) der Sultane 7. Reinigungsbrunnen 8. Elementarschule 9. Uhrenhaus A. Gräber (türbe) der Sultane und der Prinzen Süleyman Moschee Kuppeldurchmesser 27 m, Kuppelhöhe 48 m Auf Geheiß von Sultan den Prächtigen vom Baumeister Sinan von 1550 - 1557 erbaut, der von der Hagia Sophia inspiriert wurde, wie überhaupt die mächtigen christlichen Kuppelkirchen zu Vorbildern der Moscheen geworden waren. Sie wurden vorher nur sehr einfach als Flachbauten errichtet. Die Konstruktion ist sehr ähnlich der der Hagia Sophia! Blaue Moschee Kuppeldurchmesser 23 m, Kuppelhöhe 43 m Von dem Schüler Mehmet Aga des bedeutendsten osmanischen Baumeisters Sinan auf Geheiß von Sultan Ahmet I von 1609 - 1616 erbaut. Auch ihre Konstruktion lehnt sich an den Bau der Hagia Sophia an. Es besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied, indem Mehmet Aga an allen 4 Seiten des Hauptschiffes Halbkuppeln anordnete. Damit erhält die Moschee eine herrliche lichte Weite und Größe des Innenraums, die sie zum eindrucksvollsten islamischen Sakralbau in Istanbul macht. Sie besitzt 6 Minarette. Beide Moscheen haben ihr Vorbild, die Hagia Sophia, nicht erreicht, obwohl sie ca. 1000 Jahre später errichtet wurden. Bild 6 Der Innenraum der Blauen Moschee. Die gewaltigen Pfeiler (Elefanten Füße) sind deutlich zu sehen, auf ihnen ruht die Kuppel; an alle 4 Seiten schließen sich die Halbkuppeln an. Bild 7 Die Blaue Moschee bei Nacht Der konstruktive Aufbau ist zu erkennen. Über die farbige Ausleuchtung kann man anderer Ansicht sein. Die Sultans-Paläste Von den besichtigen Palästen seien nur zwei erwähnt. Topkapi-Palast Die weltberühmte Palaststadt nimmt eine Fläche von 70 hab ein in der zeitweise bis 5000 Menschen lebten. Sultan Mehmet der Eroberer ließ hier durch den Baumeister Sinan in den 60iger Jahren des 16. Jahrhunderts eine Sommerresidenz errichten. Diese wurde unter Süleyman den Prächtigen zu einer prachtvollen Residenz ausgebaut. Die osmanischen Herrscher residierten hier bis 1839. Danach zogen die Sultane in den Dolmahbace-Palast um. Dolmahbace-Palast (= gefüllter Garten) Nicht weniger prunkvoll ist der Dolmahbace-Palast, der von 1853 bis 1923 Sitz der Sultane war. Die Dreiflügelanlage besitzt 320 Zimmer und erinnert an französische Vorbilder, da der Architekt in Paris ausgebildet worden war. Bild 8 zeigt den prunkvollen Treppenaufgang Bild 9 gibt einen weiteren Eindruck von dem kaum beschreibbaren Prunk. Es zeigt den sogenannten "Gelben Saal", in dem sich die Haremsdamen versammelten. Eine prächtige, fein gegliederte Decke mit Blattgoldverzierungen, prunkvolle Kristallleuchter, mit goldenen Reliefs verzierte Spiegel und Konsolen und mit echtem Gold durchwirkte Raumtextilien prägen diesen Saal. Atatürk nutzte ihn gerne als Ruheraum, natürlich ohne Haremsdamen. Hängebrücken Ein Hauptziel der Exkursion waren die Hängebrücken über den Bosporus. Bereits der Perser-König Darius I hatte im Jahr 512 v. Chr. eine Schiffsbrücke über den Bosporus bauen lassen, um sein Heer nach Griechenland zu führen. Zwei Brücken sind seit 1970 gebaut worden, der Bau einer dritten wurde 1997 beschlossen. Erste Bosporus-Brücke (Instanbul Bogazici Köprüsü) Ein britisch-deutsches Firmenkonsortium hat zwischen 1970 und 1973 eine StahlhohlkastenHängebrücke gebaut. Grundlage war der Ausschreibungsentwurf des Londoner Ingenieurbüros Freeman Fox & Partners, die sich an ihren Entwurf für die Hängebrücke über den Severn bei Bristol anlehnten. Das türkische Directorats of Highways bestellte Dr. multi K. Klöppel als statischen Prüfer. Die Betonarbeiten (Fundamente, Widerlager und Ankerblöcke sowie die Betonfahrbahnen der Seitenöffnungen) führten Hochtief, Essen aus. Die Stahlbauarbeiten einschließlich des Kabelsspinnens die Firma Cleveland Bridge & Engenieering Co Ltd, Darlington. Die Baukosten haben sich innerhalb von 4 Jahren durch den Brückenzoll amortisiert. Die Brücke verbindet die Stadtteile Ostaköy (europäische Seite) und Beylerbbeyi (asiatische Seite). Bis zu 115000 Fz benutzen sie täglich. Bild 10 zeigt eine Längsansicht der 1. Bosporus Brücke. Die Hauptspannweite erreicht 1075 m. Die beiden Seitenöffnungen sind nicht wie üblich an den Haupttragkabeln aufgehängt, sondern sie stehen auf besonderen Pfeilern. Die Gesamtlänge beträgt 1560 m. Die Pylone sind 165 m hoch, 101 m über Unterkante Hohlkasten. Für den regen Schiffsverkehr steht eine Schifffahrtsöffnung von 400 m Breite und einer Durchfahrtshöhe von 64 m zur Verfügung. Bild 11 zeigt zwei Ansichten einer der Pylone. Drei kräftige Riegel verbinden die beiden schlanken Stiele. Bild 12 Die beiden Haupttragkabel wurden nach amerikanischem Muster gesponnen und bestehen aus je 11000 verzinkten Drähten von 5 mm Durchmesser. Zunächst sind diese Drähte zu 19 Strängen mir je 548 Drähten geordnet, die anschließend mit einer speziellen Maschine zu einem runden Kabel gepresst wurden. Jedes der parallelen Hauptkabel hat dann einen Durchmesser von 600 mm. Die Hänger bestehen aus einem verzinktem Spiralseil von 58 mm Durchmesser mit einer Bruchlast von rund 200 Mp. Sie sind wie bei er Severn-Brücke abwechselnd gegen die Vertikale geneigt. Hierdurch erzielt man eine größere Dämpfung als bei vertikalen Hängen. Der Brückenträger der Hauptöffnung ist als windschnittiger Hohlkastenquerschnitt ausgebildet, patentiert (!). Siehe auch Severnbrücke und Erskine-Brücke. Die Höhe des Kastens beträgt nur 3 m, die Fahrbahn ist als orthotrope Platte ausgebildet. Vollquerschotte alle 4.475 m. Zwischen den Kabelachsen ist der Träger 28 m breit und bietet 6 Fahrstreifen von je 3,50 m Breite und einem Mittelstreifen mit Leitplanke Platz. Zweite Bosporus-Brücke (Faith Sultan Mehmet Köprüsü) Diese zweite Hängebrücke wurde wegen der totalen Auslastung der ersten Brücke 5 km weiter nördlich gebaut (Bild 13). Sie soll insbesondere den Fernund Schwerlastverkehr einschließlich Panzer aufnehmen. Der Entwurf lag ebenfalls bei dem Ing.Büro Freeman Fox & Partners. Den Auftrag erhielt eine Arbeitsgemeinschaft japanischer (Stahl), italienischer (Beton) und türkischer Firmen (Beton + Erde). Die Prüfung erfolgte durch das dänische Ingenieurbüro Cowiconsult. Die Konstruktion ähnelt der ersten Brücke. Gesamtlänge 1510 m mit einer Hauptöffnung von 1091 m. Statt 6 wurden 8 Fahrstreifen angeordnet und die Brücke ist für schwere Einzelfahrzeuge aufgelegt. Da ihre Fundamente 50 m höher liegen, haben die Pylone nur ein Höhe von 106 m und kommen mit je 2 Querriegeln aus. Es wurde ebenfalls ein geschlossener Hohlkasten-Querschnitt mit einer Höhe von 3 m verwandt. Jedes Haupttragkabel besteht aus 16128 galvanisierten Stahldrähten, die in 32 Strängen zusammengefasst sind. Für das Spinnen wurde eine neue Technik von dem bauleitenden britischen Ingenieur Brown entwickelt, die eine erhebliche Zeitersparnis erbrachte. Zwei Drittel der Konstruktion wurde in Japan vorgefertigt, per Schiff angeliefert und mit Winden hochgezogen. So konnte der Fertigstellungstermin um 6 Monate unterschritten werden. Bild 14 vermittelt einen Eindruck, wie sich die 2. Bosporusbrücke in die Landschaft einfügt. Natürlich kann man unterschiedlicher Meinung sein, ob eine 3. Hängebrücke unmittelbar zwischen den Stadtteilen auf der europäischen und auf der asiatischen Seite die StadtSilhouette zerstört oder ob sie sich ins Stadtbild nicht störend einfügt. Wir danken dem Leiter der Brückenbauabteilung des türkischen Directorats of Highways, Herrn Diplom-Ingenieur Beyram, für die Führung und Erklärungen. Dritte Bosporus Brücke (Suleyman Demirel Köprüsü) Ihr Bau ist 1997 beschlossen worden, sie soll den Borporus an seinem südlichen Eingang, also zentrumsnah, überspannen. In Bild 13 punktiert eingezeichnet. Es haben sich jedoch Bedenken ergeben, dass die Stadt-Silhouette durch eine Hängebrücke stark beeinträchtigt würde. Darum wird untersucht, ob ein Tunnel ausführbar und finanzierbar ist. Es liegen 5 Vorschläge vor. ÖPNV Die größten Wohnviertel liegen auf der asiatischen Seite. Zur Arbeit müssen die Bewohner auf die europäische Seite mit Fähren übersetzen oder mit dem Pkw oder Bus die 1. Bosporus-Brücke benutzen. Fahrzeiten von 1 ½ bis 2 Stunden sind die Regel. Es stehen außer den Fähren fast ausschließlich Busse als ÖPNV zur Verfügung. Der Weiterbau einer U-Bahn auf der europäischen Seite ist durch den Denkmalschutz zunächst gestoppt, da im Untergrund wertvolle Relikte und Reste vergangener Epochen zerstört werden könnten. Der Traum der Stadtväter als auch der 12 Mio. Bewohner ist ein dichter U-Bahn-Netz mit einem Tunnel unter dem Bosporus. Prinizen-Inseln Ein Höhepunkt waren die Dampferfahrten auf dem Bosporus und zu den Prinzen-Inseln. Ein Schiff stand uns allein zur Verfügung, die Sonne schien herrlich, es war 30 Grad warm und es wehte eine leichte Brise. Auf der größten Insel Büyük Ada gingen wir an Land, aßen und fuhren mit Kutschen an prächtigen Villen vorbei über die schöne Insel. Bautanz Natürlich gehört im Orient einer Bautanz-Vorführung mit orientalischem Abendessen zu einer Reise dazu (Bild 15). Es war zugleich ein freundlicher Ausklang einer rundum gelungenen Exkursion. Jürgen Ströh Literatur: Baedeker Reiseführer Istanbul, 7. Auflage. (Der beste Reiseführer von Istanbul) Turhan Can, Istanbul - Tor zum Orient, 7. Auflage, Orient Verlag Istanbul. Schröter, H-J: Zum Bau der Bosporus-Brücke, Stahlbau 42 (1973), S. 87-91. Freeman, Fox wins Bosporus job, Eng.News-Rec. Vol.200 (1978), Nr.2,12.01.1978, S. 17. Schöler, H-J: Zweite Bosporus-Brücke geplant, Stahlbau 48 (1979), H.2, S. 59. Herzog, M.: Projektierung und Bauleitung der zweiten Bosporus-Brücke vergeben, Stahlbau 53 (1984), S. 185. Heyword, P.: Bosporus strait spanned quickly, Eng.News-Rec. Vol.220 No. 19,12.05.88,S. 36-38. Ohlemütz, A.: Vom Bau der zweiten Bosporus-Brücke, Stahlbau 58 (1982), H.8, S. 250-252.