Nachlese 9. Schifffahrtsforum 2016
Transcription
Nachlese 9. Schifffahrtsforum 2016
1 Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2. März 2016 2 Inhalt | Vorwort Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 3 Inhalt Vorwort 3 Teilnehmerliste 4 Fairen Wettbewerb schaffen Grußwort von Alfred Hartmann Präsident des Verband Deutscher Reeder (VDR) 6 Additive Fertigung wird Warenströme verändern Robert Kümmerlen Stellvertretender Chefredakteur Deutsche Verkehrs-Zeitung 8 Gegenwart und Zukunft der Containerfeeder – aus dem Alltag eines Reeders Hermann Schepers Geschäftsführender Gesellschafter Unitas Shipmanagement GmbH & Co. KG 10 Referenten und Gastegber beim BDO ARBICON Schifffahrtsforum (v.l.n.r.): Dietrich Schulz, Hermann Schepers, Robert Brückner, Thomas Greiser, Prof. Dr. Thomas Pawlik, Jörg Erdtmann, Ulrich Kropp, Alfred Hartmann. Nicht abgebildet: Robert Kümmerlen. Foto: BDO/Torsten Thomas Blaue Wirtschaft bedingt attraktiv Prof. Dr. Thomas Pawlik Studiendekan Nautik und Seeverkehr Hochschule Bremen 12 Modernisierung von Bestandsschiffen Jörg Erdtmann Vizepräsident technisches Management REEDEREI NSB 14 Anpassungsdruck für Reeder und Banken Ulrich Kropp Leiter Schiffsfinanzierungen Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg 16 Flotten konsolidieren Dietrich Schulz Geschäftsführender Gesellschafter Liberty One Shipmanagement GmbH & Co. KG 18 Ihre Ansprechpartner 19 Termine und Veranstaltungen 19 Vorwort Sehr geehrte Leserinnen und Leser, in diesem Jahr haben wir erstmals unter unserem neuen Dach BDO zum bereits 9. Schifffahrtsforum am 2. März 2016 einladen dürfen. Zusammen mit unseren hochkarätigen Referenten konnten wir ca. 120 Teilnehmer aus der maritimen Wirtschaft und der Politik begrüßen, welche das Forum in Oldenburg zum regen fachlichen Austausch nutzten. Im Zentrum der Veranstaltung standen die Themenfelder Finanzierung, Beruf und Technik im maritimen Bereich sowie die zukünftigen Herausforderungen und Chancen auf dem Schifffahrtsmarkt. Diskutiert wurde unter anderem über die Rentabilität gegenwärtiger Fracht- und Charterraten, die zahlreichen Ausflaggungen im vergangenen Jahr und neue Konzepte zur Schiffsfinanzierung. In vielen Bereichen steht die maritime Branche vor großen Herausforderungen und es sind auch in 2016 wieder einige Untiefen zu umschiffen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele kreative und effektive Lösungsansätze, die nach den schwierigen letzten Jahren eine optimistische Grundstimmung bei den Branchenvertretern fördern. Politische Planungen, die den Benachteiligungen im internationalen Wettbewerb entgegenwirken sollen, sowie ein absehbares Ende der Rezession machen berechtigte Hoffnung, dass sich der Schifffahrt wieder neue Horizonte öffnen. Dementsprechend starke Beachtung fand die Veranstaltung auch in den Medien, was seinen Niederschlag in einer ausführlichen Berichterstattung über die Vorträge, Debatten und Teilnehmer des Forums gefunden hat. Der Tenor ist dabei eindeutig: Die Schifffahrtsbranche spürt wieder mehr Wasser unter dem Kiel, aber die Rahmenbedingungen in Deutschland müssen sich langfristig weiter verbessern. Eine Zusammenfassung der Vorträge der geschätzten Referenten halten Sie nun in Ihren Händen. Eine informative Lektüre wünschen Ihnen Robert Brückner Thomas Greiser und das Team von BDO ARBICON 4 Teilnehmerliste Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 Teilnehmerliste • Jens Albers • Henning Albers • Dipl.-Wirt.-Ing. Andy Bädeker • Rolf Bastian • Hans–Hermann Behrens • Dr. Dirk Blömer • Alexander Bölle • Uwe Böning • Klaas Borchert • Dr. Can Bozyakali • Joachim Brack • Christoph Bruhn • Christian Büttner • Wolfgang Chruscz • Holger Cosse • Hajo Dijks • Bernhard Dopp • Christian Dopp • Christopher Ehlers • Kerstin Eilers-Wienert • Heiko Förster Springstein Albers Finanzplanung GmbH Oldenburgische Landesbank AG HTB Hanseatische Fondshaus GmbH Rabien & Stadtlander GmbH Bureau Veritas S.A. LEBUHN & PUCHTA Reederei TS-Shipping GmbH & Co. KG EMS Shipping & Trading GmbH Dr. Schackow & Partner Rechtsanwälte und Notare Eastmarine Shipping GmbH HELLESPONT SHIP MANAGEMENT GMBH & CO. KG BRUHN SHIPBROKERS GmbH EST Elbe Schiffstreuhand GmbH & Co. KG Ahrenkiel Steamship GmbH & Co. KG Jüngerhans Investment Services GmbH & Co. KG Otto A. Müller Schiffahrt GmbH BD-Shipsnavo GmbH & Co. Reederei KG BD-Shipsnavo GmbH & Co. Reederei KG WALTHER MÖLLER & CO. (GmbH & Co. KG) DZ BANK AG brand MARINE CONSULTANTS GmbH Hartmann Schiffahrts GmbH & Co. KG Schulte, Britton & Associates LLP Finanzamt Nordenham Ahrenkiel Steamship GmbH & Co. KG YCF MARITIME FIVE OCEANS Maritime Asset Management GmbH & Co. KG Nordkontor Treuhand GmbH & Co. KG • Gisela Thieke ANGLO-EASTERN (Germany) GmbH • Peter van Goens • Joachim van Grieken ARKON Shipping GmbH & Co. KG Ostfriesische Volksbank eG • Marit van Grieken Handelshaus Bremen • Tomke van Loh Ostfriesische Volksbank eG • Mark Vaassen Ostfriesische Volksbank eG • Robert Voigt Bremer Rhederverein • Robert Völkl TvA Shipping GmbH • Thies von Appen • Tilo Wallrabenstein VDR - Verband Deutscher Reeder OwnerShip Treuhand GmbH • Thomas Wenzel Oldenburgische Landesbank AG • Ralf Wessel Elsflether Werft AG • Klaus Wiechmann Finanzamt Nordenham • Thomas Wiemers Finanzamt Nordenham • Kerstin Wiemers Commerzbank AG Filiale Leer • Rainer Wilken Reedereiverwaltung Heino Winter GmbH & Co. KG • Ronald Winter Reedereiverwaltung Heino Winter GmbH & Co. KG • Mareike Winter Reedereiverwaltung Heino Winter GmbH & Co. KG • Heino Winter Reedereiverwaltung Heino Winter GmbH & Co. KG • Mike Wittje Nordkontor Treuhand GmbH & Co. KG • Marion Wolf • Ramona Zettelmaier Bureau Veritas S.A. • Berend Schulte • Dr. Günter Schulte • Torsten Seltmann • Olaf Staats • Merle Stilkenbäumer • Marco Thaysen L&W Schiffahrtskontor GmbH & Co. KG IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim Reederei M. Lauterjung GmbH & Co. KG Reederei M. Lauterjung GmbH & Co. KG NAUTICO Marine Consultants MARTIME Gesellschaft für maritime Dienstleistungen mbH Deutsche Bundesbank • Andreas Meier KKM SOLUTIONS • Kai-Kristian Meyer Oldenburgische Landesbank AG • Frank Meyer Meyering Shipmanagement GmbH + Co. KG • Jens Meyering EMS Shipping & Trading GmbH • Manfred Müller TT–Line GmbH & Co. KG • Torben Nikolay Weser Schiffahrtskontor GmbH & Co. KG • Rupert Nitsche • Hans-Heinrich Nöll Rechtsanwalt AMISIA PRO Konzept GmbH • Karsten Opitz Reinberg LLP Rechtsanwälte & Steuerberater • Enrico Pecorelli WALTHER MÖLLER & CO. (GmbH & Co. KG) • Lars Petz Oldenburgische Landesbank AG • Gunnar Pohl Hartmann Schiffahrts GmbH & Co. KG • Andreas Prey Grona Shipping GmbH & Co. KG • Ebbe Pieter Prins MACO–Unternehmensgruppe • Rolf Rabe Reederei Rass GmbH & Co. KG • Kersten Rass Reederei Rass GmbH & Co. KG • Torben Rass DZ BANK AG • Horst Reimann • Hans-Joachim Renno NORDAS Transport GmbH Hesse + Partner • Martin Retsch Hesse + Partner • Jana Retsch DNV GL SE • Matthias Ritters Norddeutsche Reederei H. Schuldt GmbH & Co. KG • Burkhard Rösener Jebsen Shipping P. Management GmbH & Co. KG • Thorsten Rösner Manager Assecuranz Compagnie GmbH • Harald Schaaff • Alexander Schepers Schepers Bereederung GmbH & Co. KG UNITAS Shipmanagement GmbH & Co. KG • Stefan Schepers UNITAS Shipmanagement GmbH & Co. KG • Annika Schepers Dr. Schackow & Partner Rechtsanwälte und Notare • Jaana Schneuer • Karl-Dieter Schröder Karl Dieter Schröder GmbH & Co. KG Deutsche Bundesbank • Karsten Schuiling • Helmut Langer • Heinrich Langkopf • Manfred Lauterjung • Kay Lauterjung • Eberhard Lixfeld • Lars Lüschen • Krischan Förster • Dr. Jan-Hendrik Fricke-Seliger • Christian Gast • Dieter Gast • Coord Christian Geile • Frank Gerdelmann • Agnes Gerdes • Nicole Gerdes • Alexander Gerken • Carsten Gierga • Gert-Christian Gosch • Gerd Grelle • Isabel Grimpe • Alexander Haindorff • Dr. Hendrik Heerma • Michael Hollmann • Axel Höpfner • Annemarie Hüntelmann • Monika Jansen • Dr. Stefan Janßen • Andreas Jenke • Frank Jungmann • Andreas Krause • Jimmy T. Kristensen Schifffahrts-Verlag Hansa GmbH & Co. KG Oldenburgische Landesbank AG Peter Gast Shipping GmbH Peter Gast Shipping GmbH MARTIME Gesellschaft für maritime Dienstleistungen mbH Wessels Reederei GmbH & Co. KG Reederei Gerdes Gruppe Reederei Gerdes Gruppe Hartmann Schiffahrts GmbH & Co. KG YCF MARITIME Go.Shipping GmbH & Co. KG CSS Chartering & Shipping Services Grimpe Shipmanagement GmbH & Co. KG Secunia FinanzContor GmbH FRH Fink Rinckens Heerma mph Pressebüro Hollmann Schlüssel Reederei KG (GmbH & Co.) Commerzbank AG Filiale Leer Ostfriesische Volksbank eG Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth DZ BANK AG German Tanker Shipping GmbH & Co. KG NT Offshore GmbH 5 Referenten • Jörg Erdtmann • Alfred Hartmann • Ulrich Kropp • Robert Kümmerlen • Prof. Dr. Thomas Pawlik • Hermann Schepers • Dietrich Schulz REEDEREI NSB Verband Deutscher Reeder (VDR) Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg Deutsche Verkehrs-Zeitung Hochschule Bremen Unitas Shipmanagement GmbH Liberty One Shipmanagement GmbH 6 Beiträge der Referenten Fairen Wettbewerb schaffen Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 Schiffer mit Niederlassungen aktiv sind. „Für die Erschließung von neuen Märkten und frischem Kapital ist es wichtig, vor Ort zu sein. Darum wollen wir stärker da aktiv sein, wo es auch unsere Mitglieder sind“, so der Verbandspräsident. Allerdings bleibt der deutsche Markt die Basis und das Zentrum der Geschäftstätigkeit. Aus Sicht von Hartmann war die Einführung der Tonnagesteuer ein wichtiger Baustein für das Wachstum und den Aufstieg der deutschen Handelsschifffahrt. Hartmann fordert, dass die Tonnagesteuer auch auf die Offshore-Industrie ausgeweitet werden muss und beruft sich dabei auf eine positive Einschätzung der europäischen Kommission zu dieser Frage. Grußwort von Alfred Hartmann Die deutsche Schifffahrtsbranche steht auch 2016 vor einem schwierigen Jahr. Die Reedereien kämpfen aufgrund der weltweiten Überkapazitäten weiter mit Charter- und Frachtraten, die nicht auskömmlich sind. Aus dem hohen Kostendruck und der schwierigen Marktlage machte Alfred Hartmann, Präsident des Verband Deutscher Reeder, in seinem Grußwort auf dem 9. Schifffahrtsforum der BDO ARBICON am 2. März in Oldenburg vor 120 Teilnehmern keinen Hehl. Er beobachtet mit Sorge, dass viele Schiffe ins Ausland verkauft werden. Bis Ende 2015 betraf das 229 von deutschen Unternehmen bereederte Schiffe. Damit sank die deutsche Handelsflotte von 3244 (2014) auf nur noch 3015 Schiffe (2015). „Das kann insbesondere dramatische Auswirkungen auf kleine Reedereien haben, weil die Mehrzahl der deutschen Unternehmen weniger als fünf Schiffe bereedert. Außerdem gehen durch die Verkäufe Arbeitsplätze, Wertschöpfung und maritimes Know-how verloren“, gibt Hartmann zu bedenken. Er kündigte an, dass der VDR noch mehr Präsenz in den internationalen Schifffahrtsmetropolen wie Hong Kong oder Singapur zeigen wird, in denen Entscheidungen getroffen werden und in denen auch die deutschen In Zeiten der Krise müsse die Politik aber endlich die gesetzlichen Weichen für einen fairen internationalen Wettbewerb stellen. Und das betrifft nach wie vor die hohen Lohnnebenkosten, die Schiffe unter deutscher Flagge und mit deutschem Personal gegenüber der Konkurrenz schlicht unrentabel machen und bis dato die Ausflaggung eher noch beschleunigen. Änderungen soll es nun durch eine neue Schiffsbesetzungsverordnung geben. Künftig soll es für die deutsche Flagge reichen, wenn zwei deutsche oder europäische Offiziere an Bord sind. Außerdem soll der Lohnsteuereinbehalt für Seeleute auf deutschen Schiffen auf 100 Prozent angehoben werden. „Damit sind wir bei der Rettung des deutschen seemännischen Know-hows einen bedeutenden Schritt nach vorne gekommen und rechnen damit, dass die Änderungen im zweiten Quartal 2016 in Kraft treten. Wir brauchen einen fairen Wettbewerb, damit der Abwärtstrend beim Personalabbau gestoppt wird“, sagt Hartmann. Er hofft, dass die Reeder diese neuen Chancen auch nutzen werden. Eine staatliche Förderung verlangt der VDR auch beim Green Shipping, dem Umstieg auf umweltfreundlichere Antriebe und Treibstoffe. Nach den neuesten Zahlen tragen Schiffe mit 2,3 Prozent zu den weltweiten Emissionen bei, sie wickeln aber auch 90 Prozent aller weltweiten Gü- Alfred Hartmann Präsident des Verband Deutscher Reeder (VDR) tertransporte ab. In den Emissionsschutzkontrollgebieten (SECA) hat die Schifffahrt den Schwefeldioxidausstoß bereits um 86 Prozent reduziert und investiert Milliarden in den Klima- und Umweltschutz. „Wenn die Politik von uns verlangt, über die gesetzlichen Vorgaben hinauszugehen, dann muss sie uns auch unterstützen. Die Luft- und Raumfahrt wird mit über 1,5 Milliarden Euro gefördert und die Schifffahrt mit nur 50 Millionen Euro“, moniert der Präsident. Vor allem im verflüssigten Erdgas (LNG) sieht die Branche einen neuen Treibstoff für effiziente und umweltfreundliche Schiffsantriebe. Obwohl sich das aufgrund der niedrigen Ölpreise im Moment nicht lohnt, ist trotzdem eine ganze Reihe von Neubauten in der Pipeline. Im Gegensatz zur gelebten Praxis in den skandinavischen Ländern oder den Niederlanden gibt es in Deutschland aber kaum staatliche Mittel für Pilotprojekte. Zudem fehlt es an einem einheitlichen Rahmen. Einerseits mangelt es in Deutschland und in Europa an der Infrastruktur, damit Schiffe den Treibstoff überhaupt bunkern können. Andererseits sind die behördlichen Vorgaben in den Häfen aus Sicherheitsgründen derart restriktiv, dass ein Bunkern gar nicht möglich ist. Diesen Wust an Vorschriften gibt es auch in anderen Ländern. Mit einem Förderprogramm könne sich Deutschland die Technologieführerschaft für einen Zukunftsmarkt sichern und als Standort für Green Shipping positionieren. Das Gleiche gelte für den Bereich der digitalen Revolution und eine IT-gestützte Navigation. „Die schwierige Lage kann auch der Nährboden für Innovationen sein. Es gibt viele Unternehmen, die für den Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit kämpfen und Innovationen als Teil ihrer Strategie nutzen. Im maritimen Standort Deutschland steckt noch viel Potenzial und ohne den Transport von Gütern per Schiff wären Wohlstand und die Globalisierung gar nicht denkbar. Unser Problem ist nicht die Ladung, sondern dass es zu viele Schiffe gibt“, sagt Hartmann. 7 8 Beiträge der Referenten Additive Fertigung wird Warenströme verändern Referat von Robert Kümmerlen Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 9 Ungeahnte Konkurrenz bei der Jagd nach Ladung und Charter bekommt die Handelsschifffahrt auch aus einer eher ungewöhnlichen Richtung – dem 3D-Druck. Die additive Fertigung wird als industrielle Revolution gefeiert und dürfte zumindest langfristig den globalen Transportbedarf für Güter reduzieren. „Viele Unternehmen sind an der additiven Fertigung dran und überdenken ihre Produktion und ihre Strategien. Das muss auch für die Logistikdienstleister gelten, weil sich die globalen Warenströme verändern werden“, sagt Robert Kümmerlen, Mitglied der Chefredaktion des Fachblatts Deutsche Verkehrs-Zeitung. Für diese Technologie wird ein digitaler Bauplan von Komponenten oder Teilen benötigt, die dann wiederum in einem speziellen Drucker dreidimensional entstehen. Die Größe der gefertigten Teile hängt dabei von der Kapazität des 3D-Druckers ab. Besonders in der Luftfahrt und der Automobilindustrie, aber auch bei der Herstellung von Zahnersatz oder Prothesen kommt diese Technik bereits zum Einsatz. Notwendig sind für die sehr unterschiedlichen Druck- und Schmelzverfahren spezielle Pulver, die aus keramischen Materialien, Legierungen und Metallen, Zement oder Verbundwerkstoffen hergestellt werden. Die Vorteile dieser Technik liegen nach Einschätzung vieler Experten klar auf der Hand, weil sie die Produktion individualisieren. So könnte beispielsweise ein Fahrradproduzent individuell abgestimmte Rahmen für seine Kunden herstellen, ohne die Fertigung umbauen zu müssen. Aber auch die Produktion von Ersatzteilen ist durch die additive Fertigung deutlich einfacher, weil sie nicht mehr bestellt, sondern direkt vor Ort produziert werden können. „Der andere Trend geht deutlich in die Richtung einer seriellen Industriefertigung, zum Beispiel für Autos oder Maschinenbauteile. Die meisten Drucker werden im Moment nach China und in die USA geliefert und benötigen noch zwischen 24 und 48 Stunden für ein Bauteil. Aber auch in diesem Bereich wird an schnelleren Prozessen gearbeitet“, sagt Kümmerlen. Robert Kümmerlen Stellvertretender Chefredakteur Deutsche Verkehrs-Zeitung 3D-Drucker Limitierende Faktoren sind bisher die Kosten und die Beschaffung der Pulvermischungen sowie die Verfügbarkeiten der rund 500.000 Euro teuren Drucker. Auf der anderen Seite lässt sich inzwischen aber fast alles über die additive Fertigung herstellen. Besonders intensiv beschäftigen sich damit die Flugzeugindustrie und der Automobilbau, weil sich die Herstellungskosten um bis zu 75 Prozent reduzieren lassen. „Das ist ein Grund, warum Airbus 20 Prozent seiner Teile mit diesem Verfahren herstellen will. So ist das Unternehmen nicht an die Zwänge einer Standardproduktion gebunden und kann sehr flexibel auf die individuellen Kundenanforderungen bei der Ausstattung der Flugzeuge oder Kabinen reagieren“, so Kümmerlen. Ein weiterer Vorteil ist die Materialeinsparung. Bisher wird für das konventionelle Fräsen von 30 Tonnen Aluminiumteilen die zehnfache Menge an Rohmaterial benötigt. Ein Beispiel seien Tankhalter, die nur noch aus einem und nicht mehr 125 einzelnen Teilen bestehen und weniger Lagerkapazitäten sowie Materialressourcen benötigen. Es gibt aber auch noch eine ganze Reihe von offenen Fragen. Das betrifft zum Beispiel die Produkthaftung, wenn sich etwa Logistikdienstleister einen Drucker anschaffen und sozusagen als verlängerte Werkbank für ihre Kunden Ersatzteile herstellen. Es betrifft aber auch die Dinge, die im digitalen Zeitalter von entscheidender Bedeutung sind. „Da geht es um die Urheberrechte und Patente, die Verwaltung der digitalen Baupläne oder die Verhinderung von Datendiebstahl. Künftig wird es Plattformen für den Austausch zwischen Herstellern und Dienstleistern geben. Wer diese digitale Wertschöpfungskette steuern kann, wird sicherlich einen Großteil der Profite abschöpfen können“, sagt er. Obwohl sich schon aufgrund der Größe nicht alles in additiven Verfahren herstellen lässt, wird der dreidimensionale Druck die Produktion und Logistik umkrempeln. Einerseits werden druckfähige Komponenten aus deutlich weniger Einzelteilen bestehen. Damit reduzieren sich der Materialeinsatz, die Lagerhaltung sowie der logistische Transportaufwand und damit die Supply Chain-Ketten. Andererseits ist es eine spannende Frage, welche Auswirkungen die Technik auf die globale Arbeitsteilung und die Produktionsstandorte haben wird, wenn die Fertigung vor Ort möglicherwiese billiger ist als der Import von Komponenten. Im Focus der Logistikbranche steht nach Einschätzung von Kümmerlen ganz klar die Ersatzteillogistik, weil sich 20 Prozent der Bauteile mit 3D-Druckern herstellen lassen. „Die Stena Line druckt auf ihren Schiffen bereits Ersatzteile und der Paketdienstleister UPS will seine Logistikzentren an Flughäfen in 3DDruckzentren umwandeln und maßgeschneiderte Teile schnell liefern. Im Hafen von Rotterdam wurde ein Versuchslabor mit Metalldruckern eingerichtet, um die Chancen im Bereich der maritimen Industrie auszuloten“, sagt er. 10 Beiträge der Referenten Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 gegenwart und zukunft der containerfeeder – Aus dem alltag eines reeders Referat von Hermann Schepers Abgesehen von leichten Schwankungen war für Hermann Schepers, geschäftsführender Gesellschafter der auf 100 Jahre Firmengeschichte zurückblickenden Unitas Shipmanagement, die Welt bis 2009 in Ordnung. Bei auskömmlichen Charterraten blieb trotz der Ausschüttungen, Kapitaldienste, Betriebskosten oder Sondertilgungen immer noch Geld auf dem Konto übrig. Dann kamen der durch die Finanzkrise ausgelöste Knall und das Auflegen der Schiffe. Auch die nach einer ersten Durstrecke wieder anziehenden Charterraten waren nicht von Dauer, weil die Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 den Welthandel erneut zum Erliegen brachte. „Mit Restrukturierungskonzepten wurde den Reedern der letzte Euro aus der Tasche gezogen. Die Konzepte basierten immer auf steigenden Raten, die aber nie eintrafen. In der Folge sind viele Schiffe in die Insolvenz und Reedereien aus dem Markt gegangen“, sagt Schepers. Seine Reederei ist durchaus erfolgreich mit kleineren Containerschiffen bis 1012 TEU unterwegs, die am Markt gefragt sind. Kleine Feeder bis 900 TEU mit geringen Brennstoffkosten und Tiefgang können durchaus Tagesraten von 9.000 US-Dollar erzielen. Ein wirtschaftlicher Hebel sind für Schepers die Betriebskosten und Einkaufsgemeinschaften für Verbrauchsstoffe, Farben oder Versicherungen, für die Reedereien gemeinsam ordentliche Rabatte herausschlagen können. Damit die überlebenden Reeder zukünftig eine Chance haben, ist auch die Politik gefragt. Das gilt insbesondere für die Schiffsbesetzungsverordnung. Die Differenz zwischen ausländischen und der deutschen Flagge beträgt laut Schepers rund 200.000 US-Dollar. Diesen „Luxus“ können sich viele deutsche Reeder aufgrund des Kostendrucks nicht mehr leisten. Sie bauen Personal ab und flaggen ihre Schiffe aus. Darum spricht er sich dafür aus, den Verkauf von Schiffen ins Ausland für zwei Jahre auszusetzten. „Mit jedem Schiff kann die Konkurrenz noch billiger fahren und wir verlieren Know-how und Arbeitsplätze“, moniert er. Hermann Schepers Geschäftsführender Gesellschafter Unitas Shipmanagement GmbH & Co. KG Das Schrumpfen der deutschen Handelsflotte um sieben Prozent auf 2.448 Schiffe betrachtet Schepers mit Sorge. „Der Schifffahrtsstandort Deutschland hat sich seit Generationen bewährt, wenn wir ihn erhalten wollen, dann muss jeder etwas dafür tun“, findet er. Auch die im Juni 2016 auslaufenden Sanktionen gegen Russland sollten nach seiner Einschätzung nicht verlängert werden, weil sie der gesamten Logistikbranche Ladungsverluste von bis zu 25 Prozent beschert haben. Allein Hamburg hatte seine Umschlagsverluste von zehn Prozent unter anderem mit dem Embargo begründet. Auch die Zahlung der Gewerbesteuer auf die Unterschiedsbeträge beim Verkauf von Schiffen möchte Schepers für zwei Jahre aussetzen. Beim Verkauf eines Schiffes fallen in Fällen, bei denen die Anleger steuerlich vor dem Einstieg in die Tonnagesteuer von sogenannten Verlustzuweisungen „profitierten“, die sogenannten Unterschiedsbeträge an. Die daraus resultierende Besteuerung erfolgt auch bei Notverkäufen. Ferner sind die Ausflaggungsgebühren für den Deutschlandfonds auf die frühere Höhe bei Ausflaggungen zu reduzieren, da diese Gebühren je Schiff mittlerweile fünfstellige Beträge erreichen. Je nach Kassenlage kann sich Schepers durchaus den Einbau von Scrubbern, den Umstieg auf LNG-Antriebe oder die Verlängerung von Schiffen vorstellen, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen. Schließlich werde die Flotte auch älter und seit 2009 seien kaum neue Kapazitäten bestellt worden. „Außerdem kann die Bündelung vieler Schiffe bei einem Makler für stabilere Charterraten sorgen und es Sinn machen, gleichartige 11 Schiffe in einem Ertragspool fahren zu lassen. Dann gehen aufliegende Schiffe nicht komplett leer aus. Das größte Problem in der seit Jahren laufenden Schifffahrtskrise seien aber nach wie vor die geringen Charterraten. Während große Containerschiffe zwischen 4.000 und 6.000 TEU für 6.000 US-Dollar am Tag im Markt stehen, gibt es für Kapazitäten bis 1.000 TEU die erwähnten 9.000 US-Dollar. Allerdings können in diesen Nischenmärkten nicht alle Reeder leben. Schepers hält daher auch viel von Neubauten, weil sie aufgrund der niedrigen Zinsen viel günstiger sind als noch vor 2010 und im Betrieb effizienter laufen als alte Schiffe, die unter Umständen auch noch nachgerüstet werden müssen. „Es bleibt aber schwierig, von Banken Finanzierungen und Darlehen zu erhalten. Das gleiche Problem stellt sich auf der Eigenkapitalseite. Trotzdem glaube ich, dass die Talsohle durchschritten ist und wir bald wieder auskömmliche Charterraten haben werden“, so Schepers. Er macht die Einschätzung auch am Verschrottungsalter der Schiffe fest. Das lag 2015 bei durchschnittlich 22 Jahren. 2008 waren es noch 27 Jahre. Beiträge der Referenten Berufsanfänger in der Seeschifffahrt Neueinsteiger bei der seemännischen Ausbildung (praktisch und akademisch) sowie im Landbetrieb für den Ausbildungsberuf Schifffahrtskaufmann/-frau 856 829 See 843 858 894 Zu den Attraktivitätsfaktoren gehören für Pawlik die Entlohnung und soziale Leistungen, die Situation des Unternehmens, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Work-Life-Balance oder die Familienfreundlichkeit. Gradmesser für die sozialen Bedürfnisse sind Faktoren wie Vorgesetzte, das Image eines Unternehmens, das Teamwork oder die Kommunikation. „Die kulturelle Vielfalt an Bord ist oft ein Entscheidungskriterium, das junge Menschen spannend finden. Aber auch das Teamwork und die Kollegialität zählen für die Attraktivität dazu“, sagt er. Schwieriger wird es bei der Bei den sogenannten Wachstumsbedürfnissen spielen Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten, die Übernahme von Verantwortung, die Entscheidungsfreiheit und Möglichkeiten der Weiterbildung eine Rolle. Einiges davon kann die Schifffahrt durchaus bieten. „Hinter den meisten dieser Bedürfnisse lässt sich aus Sicht der Schifffahrt ein Haken machen. Hier übernehmen junge Menschen nach dem Ende ihres Studiums sehr schnell eine Verantwortung, die es so in anderen Bereichen nicht gibt. Kritisch sind hier eher die Teilnahme an Weiterbildungen oder der Zugang zu Lernmöglichkeiten. Das lässt sich bisher nur schwer realisieren“, sagt er. 441 322 331 321 366 324 350 324 325 323 363 363 400 426 438 537 580 647 720 Land 263 261 290 Ist die blaue Wirtschaft eigentlich noch attraktiv für junge Menschen und können maritime Unternehmen in der Konkurrenz um Fachkräfte überhaupt mit großen Unternehmen mithalten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Thomas Pawlik, Professor für maritimes Management an der Hochschule Bremen. Konkret geht es um die sogenannte Generation Y (Why), die zwischen 1980 und 1999 geboren wurde. Sie gilt als technologieaffin, gut ausgebildet und will nach Einschätzung mancher Soziologen nicht mehr alles dem Beruf unterordnen. Neben der Karriere spielen Freizeit, Selbstverwirklichung, Entwicklungsmöglichkeiten sowie Spaß an der Arbeit eine Rolle. „Es ist eine interessante Frage, wie sich die gesamte Logistikbranche dieser Generation als spannender Arbeitgeber präsentieren kann, die vielleicht lieber bei coolen Unternehmen wie Adidas anfangen möchte“, sagt Pawlik. Im Prinzip geht es damit schlicht um die Attraktivi- Dennoch sinkt die Attraktivität. Auf dem 9. Bremer Schifffahrtskongress 2015 empfahlen nur noch 45 Prozent der Befragten jungen Menschen eine Ausbildung zum Nautiker. Für den Schiffsbetriebsingenieur fiel das Votum mit über 70 Prozent positiver aus. Dieser Trend spiegelt sich auch in den Zahlen des VDR wider. Zwischen 2005 und 2014 hat sich die Zahl der Berufsanfänger in der Seeschifffahrt mehr als halbiert und sank von 894 auf 441 Personen. An Land blieb die Zahl der Berufsanfänger im gleichen Zeitraum mit 322 Menschen hingegen konstant. Dieser Rückgang hat auch Auswirkungen auf die Hochschulen. Während es in Bremen für Schiffbau & Meerestechnik, Shipping & Chartering sowie Biologie im letzten Semester mehr Bewerber als Studienplätze gab, wollten nur wenige Bewerber Nautik studieren. 13 Für ihn spricht vieles dafür, dass die maritime Branche nach wie vor ein attraktives Berufsfeld ist und gerade von seiner Vielfältigkeit lebt. Aber es gibt auch negative Punkte, die mit den aktuell eher verhaltenen Karrierechancen und der Großwetterlage korrespondieren. Hier wird es schon schwierig, die nach dem STCW-Übereinkommen (Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers) vorgeschriebenen Fahrtzeiten zu absolvieren, um die Befähigung als Wachoffizier zu erhalten oder später Patente ausfahren zu können. „In anderen Ländern ist eine viel höhere Flexibilität vorhanden, um die zwölf Monate voll zu bekommen. Da werden auch Zeiten im Offshorebereich, an Simulatoren oder auf großen Segelschiffen anerkannt. Wir verstehen nicht, warum das nicht auch in Deutschland möglich ist. Es ist doch traurig, wenn junge und gut ausgebildete Absolventen keine Perspektive haben“, erklärt Pawlik. digitalen Kommunikation über soziale Netzwerke, die für die Generation Y zum Alltag gehört und auf hoher See (noch) nicht funktioniert. „Das ist bei internen Befragungen an der Hochschule nach wie vor ein Thema“, weiß Pawlik. 319 Referat von Prof. Dr. Thomas Pawlik tät. Bisher tauchen die meisten maritimen Unternehmen in den Rankings der beliebtesten Arbeitgeber kaum auf. Lediglich Hapag-Lloyd, Hamburg Süd, Eurogate sowie die Hamburg Hafen und Logistik AG haben es 2016 ins Magazin Focus geschafft, welches jährlich die 1000 besten Arbeitgeber präsentiert. „Sie tauchen nicht unter den Top-Arbeitgebern, aber im Bereich der Logistik auf. Das liegt sicherlich auch an der kleinteiligen Reedereilandschaft und der Methodik“, so Pawlik. 326 Blaue Wirtschaft bedingt attraktiv Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 231 12 Prof. Dr. Thomas Pawlik Studiendekan Nautik und Seeverkehr Hochschule Bremen 2000 2001 Quelle: www.reederverband.de 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 14 Beiträge der Referenten modernisierung von bestandsschiffen Referat von Jörg Erdtmann Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 Im Rahmen der Veranstaltung stellte die NSB Marine Solutions zwei Beispiele für die technische Anpassung von Bestandsschiffen an geänderte Marktanforderungen vor. MSC Geneva: Widening of Container Ships Dass sich der Umbau von Schiffen rechnen kann, zeigte Jörg Erdtmann, Vizepräsident technisches Management der REEDEREI NSB. Die Idee war so erfolgreich, dass das patentierte Verfahren inzwischen als Dienstleistung über die NSB Marine Solutions angeboten wird. Dafür hatte das Unternehmen, das eine Flotte von 64 Schiffen bereedert, drei baugleiche Containerschiffe der bisherigen Panmax-Klasse umbauen lassen, die dadurch inzwischen auskömmliche Charterverträge für drei Jahre haben. Dafür wurden die Schiffe längs aufgeschnitten (Widening), um knapp acht Meter breiter und um acht Meter länger. Damit stieg die Kapazität von 4860 auf 6296 TEU oder um 30 Prozent. Ferner wurde die Anzahl der ReeferPlugs mehr als verdoppelt. „Beim ersten Schiff hat der Umbau noch fünf und beim letzten nur noch drei Monate gedauert“, sagt er. Die Schiffe waren bereits vorher mit einem Online Performance Monitoring ausgerüstet. So war es möglich, die Betriebsdaten vor und nach dem Umbau miteinander zu vergleichen. „Die Schiffe sind effektiver als Neubauten, die zurzeit abgeliefert werden. Wir erfüllen bereits jetzt den Energy Efficiency Design Index von 2025. Das liegt im Wesentlichen daran, dass das Verhältnis zwischen Länge und Breite besser geworden ist, ein modifizierter Wulstbug eingebaut wurde und wir den Propeller optimiert haben“, erläutert Erdtmann. Bezogen auf eine Fahrleistung von 14 Knoten und die transportierten Container konnte sogar eine Verdopplung der Effektivität erreicht werden. Diesen Erfolg bietet NSB inzwischen auch als Dienstleistung an, die mit einer kostenlosen Voruntersuchung startet. „Wir haben exzellente Schiffbauer, die bewerten können, ob solche Umbauten machbar und sinnvoll sind. Das lohnt sich nicht bei jedem Schiff, es wäre aber für viele Typen eine neue Verwendung möglich, die sehr interessant sein kann“, sagt er. AMP Share Power Connection 6.600 Volt Erdtmann stellte des Weiteren die Möglichkeit einer Nachrüstung von Schiffen mit einem 6,6 kV-Landanschluss vor, der als Alternative Maritime Power (AMP) in Containern an Deck steht. Dieser Starkstromanschluss für die Landseite erlaubt es, die Maschinen während der Liegezeit im Hafen komplett abzustellen. Genau das wird ab Januar 2017 in allen kalifornischen Häfen für 70 Prozent der Flotte gefordert, um die Luftverschmutzung zu reduzieren. So will es das California Air Pollution Prevention Board (CARP) aus dem Jahr 1967. „Wer sich nicht daran hält, muss empfindliche Strafen zahlen und darf nicht mehr in die Häfen einlaufen“, sagt Erdtmann. Für dieses Problem hat NSB AMP-Container inklusive Mittelspannungsschaltanlage entwickelt, die sich an verschiedenen Stellen an Deck positionieren und in die Bordelektrik integrieren lassen. Die Kabel werden durch hydraulische Kabeltrommeln über Backbord oder Steuerbord ausgebracht. Für Schiffe mit 440 oder 680 Volt-Anschlüssen sind laut Erdtmann zusätzliche Transformatoren erforderlich. Die Kosten für ein solches System mit ein oder zwei Containern, die grob kalkuliert ca. 0,3 bis 0,5 Mio. Euro betragen, würden sich nach wenigen Monaten rechnen, weil die kalifornische Alternative richtig ins Geld geht. Ohne Landanschluss mit ausreichender Kapazität liegt eine Scrubber Barge längsseits und saugt die Abgase für ca. 30.000 US-Dollar pro Tag ab. Für diese Dienstleistung müssen Reeder Verträge mit Laufzeiten von drei Jahren abschließen, was hochgerechnet je nach Anzahl der Anläufe etwa 1,6 Million US-Dollar kosten würde. Neue Sektion in rot. Quelle: NSB AMP Solutions compared to Scrubber Barger Fee Pay-Back 3-4 Month 6,6 kV Shore Socket Pending Patent 44V SB Transformer 6,6 kV / 440 V, MVA? Jörg Erdtmann Vizepräsident technisches Management REEDEREI NSB AMP Container 680 V SB Transformer 6,6 kV / 680 V, MVA? Center Container? STBD or Port Container? Deckhouse Installation? Short Delivery Time Required? MVSB Ship 2 MVA? 4 MVA? 7,2 MVA? 15 16 Beiträge der Referenten Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 höhere Risikogewichtung hinauslaufen“, erläutert er. Konkret hat dies auch Auswirkungen auf die Bewertung von Schiffen und die Bonität von Unternehmen. „Das Rating von einem Großteil der Reedereien wird sich weiter verschlechtern und hat zur Folge, dass die Eigenkapitalanforderungen steigen. Zudem ist das Geschäft mit Schiffen sehr volatil. Das führt zu einem permanenten Wertberichtigungsdruck nach IFRS 9 und zwingt Kreditinstitute zum Handeln“, so Kropp. Denkbar sind dafür zwei Szenarien. Entweder können sich Banken für einen Ausstieg aus dem Segment der Schiffsfinanzierungen entscheiden oder sie reduzieren ihre Geschäftstätigkeiten und versuchen, mehr Stabilität in die volatilen Portfolien hineinzubekommen. Nach seiner Einschätzung werden die meisten Banken die zweite Option bevorzugen. Das hat für Reeder Konsequenzen. Zum einen werden die Anforderungen für das Ausleihen von Krediten steigen und sich zum anderen die Laufzeit verkürzen. Er schätzt, dass sich künftig nur noch 50 bis 60 Prozent der Investitionen über Fremdkapital decken lassen und die Tilgungszeiträume auf Laufzeiten von fünf bis acht Jahren begrenzt werden. Künftig würden auch stärker die Schiffe und deren Management im Focus der Kreditinstitute stehen. Ulrich Kropp Leiter Schiffsfinanzierungen Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg Anpassungsdruck für Reeder und Banken Referat von Ulrich Kropp Ein realistisches Bild zur Lage zeichnete Ulrich Kropp, Leiter der Schiffsfinanzierungen bei der Bremer Landesbank (BLB). Er machte wenig Hoffnung auf neue Kredite, auch weil sich die Bedingungen für Kredithäuser selbst verschärfen. „Die Strukturkrise trifft nicht nur die Reeder, sondern auch die Banken“, sagt er. Nach seiner Einschätzung haben vor allem die großen Reedereien gehandelt, indem sie ihre Geschäftsstrategien überdacht und vielfältige Maßnahmen angeschoben haben. Diese Entwicklung sei bei kleineren Reedereien leider selten zu beobachten. Allerdings stehen auch die finanzierenden Banken vor Restrukturierungen. Sie bauen ihre Portfolien ab und begrenzen damit die Risiken von Ausfällen. „Das ist international bei allen klassischen Schiffsfinanzierern zu beobachten. Es gibt nur sehr wenige Banken, die in Nischen einen anderen Kurs fahren. Zudem würden neue Finanzierungen mit höheren Anforderungen einhergehen. Das ist die Ausgangslage“, sagt Kropp. Das betrifft auch die BLB selbst, obwohl sie an Schiffsfinanzierungen weiter fest hält. Konkret wird die Bank ihr Portfolio von derzeit 6,2 auf 4,5 Milliarden Euro bis 2020 zurückführen. Das soll über die Rückzahlung von Darlehen und das Ausleihen von weniger Krediten gelingen. Ebenfalls spielt hierbei auch die aktuelle Wechselkursrelation US-Dollar zu EURO eine nicht unerhebliche Rolle. Nach eigenen Angaben wird rund die Hälfte der geplanten Portfolioreduzierungen bis 2020 durch eine erwartete Abschwächung des US-Dollar Kurses erreicht. Das liegt nicht nur an der Strukturkrise, sondern auch an den anziehenden Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel I – III), die für alle europäischen Geldhäuser gelten. Inzwischen müssen Kreditinstitute nach Basel III ein Eigenkapital von 10,5 Prozent nachweisen. Der Referenzwert dafür sind die ausgeliehenen Kredite. Dahinter stehen höhere Eigenkapitalvorschriften, die sich an den tatsächlichen Risiken und der Bonität der Kreditnehmer orientieren und ein Ergebnis der Finanzkrise von 2008 sind. Unterm Strich müssen Banken damit jeden neuen Kredit durch zusätzliches Eigenkapital absichern. Das betrifft neben Schiffsfinanzierungen alle Bereiche, wie etwa den Immobiliensektor. „Dieses Geld muss erst einmal verdient werden. Außerdem sind die Portfolien unter Stress, weil wir hohe Wertberichtigungen verdauen müssen und gleichzeitig hohe Eigenkapitalquoten für diese Portfolien benötigen. Das drückt wiederum die Kernkapitalquoten, die erforderlich sind, um überhaupt das Bankengeschäft betreiben zu können. Wie es aussieht, wird Basel IV auf eine noch Daher müssten sich Reeder künftig intensiv um Finanzierung und Investoren bemühen, wenn sie neue Schiffe bauen wollen. Dies wird aber nicht ohne zukunftsträchtige Geschäftsmodelle und den direkten Zugriff auf Ladung funktionieren. „Im Kampf um Eigenkapital und Ladung wollen die Investoren mitgenommen werden und sie haben natürlich einen Anspruch auf Transparenz. Da der Mittelstand dies allein vollumfänglich nicht wird abdecken können, sind strategische Kooperationen oder Fusionen, für die es viele positive Beispiele gibt, denkbar“, sagt er. BLB BLEIBT IM SCHIFFSFINANZIERUNGSGESCHÄFT • Die Schiffsfinanzierung bleibt Kerngeschäft der Bank, jetzt neu in einem eigenem Geschäftsfeld. • Wir versprechen uns die Wahrung von nachhaltigen Ertragschancen im für uns sehr wichtigen maritimen Cluster. • Das Zielportfolio 2020 soll EUR 4,5 Mrd. umfassen. • Der Mittelstand bildet unser heutiges Profil und bleibt im Fokus. • Qualitative Verbesserungen zur Begrenzung der Volatilität werden gesucht. Zielbild einer Reederei aus Sicht des Kreditinstitutes Ein wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell, attraktiv für Investoren und ein stabiles Fundament Technische Bereederung Eigenkapital Beschaffung und aktive Gesellschafterbetreuung Kommerzielle Bereederung Finanzwesen Planung, Controlling, Buchhaltung, Risikomanagement, Bilanzen, Berichtswesen Starke Befrachtung (Bündelung, Pools, Ladungszugang) Haftungsverbund und stabiler Finanzhintergrund Konzeption und Strategie Strukturierung, Krisenmanagement 17 18 Beiträge der Referenten Nachlese zum 9. Schifffahrtsforum 2016 Flotten konsolidieren 19 Ihre Ansprechpartner Referat von Dietrich Schulz Wenn sich eine Tür schließt, dann gehen mit Sicherheit zwei neue Türen auf. Für Dietrich Schulz, Direktor von Liberty One, bleibt das eine wichtige Erkenntnis bei den vielen Hochs und Tiefs der Branche. Der Schifffahrtskaufmann war 23 Jahre auf Zypern und in Ostfriesland aktiv, bevor er 2011 Liberty One gründete. Seitdem wurden über 100 insolvente oder in Bedrängnis geratene Schiffe bereedert. 2012 hatte Dietrich Schulz zusätzlich das Bremer Handelshaus gegründet, das sich mit dem An- und Verkauf von Seeschiffen beschäftigt. Aktuell hat Liberty One 16 Schiffe fest unter Vertrag. Durch die seit Anfang 2016 bestehende Kooperation mit der Reederei Buss hat Dietrich Schulz auch die Geschäftsführung von Buss übernommen. In Zukunft will das Unternehmen weiter wachsen. „Dafür ist der Zugang zur Ladung wichtig, denn ohne diesen direkten Zugriff ist man als Unternehmen unbedeutend“, sagt Dietrich Schulz. Robert Brückner Leiter Branchencenter maritime Wirtschaft [email protected] T (0441) 980 50–153 Nach seiner Einschätzung braucht die Branche eine neue Theorie, weil sich die Märkte und Warenströme verändern. „Das Wachstum ist in den letzten vier Jahren geringer ausgefallen als in den 30 Jahren davor. Die von allen gefeierte Globalisierung hat einen Peak Trade erreicht. Ich glaube, dass sich der Welthandel künftig in Richtung Süden bewegen wird. Dennoch bleibt die Schifffahrt ein hochattraktives Geschäft“, sagt er. Darum sei es wichtig, dass Standorte wie Leer eine Alternative zu Hamburg darstellen und die Branche alles versuchen muss, um die Schiffe und das Know-how in Deutschland zu halten. Den Schwund an Ladung macht er an mehreren Beispielen fest. Ganz vorne stehen der Hamburger Hafen, der Einbußen beim Containerumschlag von einem Drittel hinnehmen musste, und China. Die Konsumflaute im Reich der Mitte hat dem Containerverkehr ein Minus von 14 Prozent beschert. Rückläufige Umschläge beobachtet auch das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik. Es wertet regelmäßig die Containerumschlagsmeldungen aus 81 internationalen Häfen aus. Der Trend betrifft aber nicht nur die Container, sondern auch die Ladung für die Bulker. „Die Preise für Eisenerz sind innerhalb von fünf Jahren von 180 US-Dollar die Tonne auf um die 40 US-Dollar gefallen. Länder wie Südafrika, Brasilien oder Indonesien kämpfen um Abnehmer für Erz, Kupfer oder Kautschuk“, so Dietrich Schulz. Für ihn driftet die Welt aktuell politisch durch neue Handelsbeschränkungen oder Zollvorgaben auseinander, obwohl sie technologisch doch eher zusammen wächst. In diesem Zusammenhang erwartet auch Dietrich Schulz gravierende Änderungen durch den aufkommenden 3D-Druck von Gütern. „Das wird nicht heute oder morgen passieren. Aber es ist langfristig eine klare Gefährdung für die gesamte Logistikbranche, wenn Produkte zukünftig dort entstehen, wo sie gebraucht werden. Das könnte sogar die globalen Wertschöpfungsketten sprengen. Daher müssen wir uns schon jetzt mit diesem Thema beschäftigen, weil es den Handel ausbremsen wird“, mahnt er. Doch wie sehen die Lösungen für eine neue Theorie der Märkte und schrumpfende Transportmengen aus? Nach Einschätzung von Dietrich Schulz wird es hier nicht reichen, wenn Reeder kooperieren. Stattdessen wären Konsolidierungen wichtiger. „Das betrifft die Zusammenfassung von Kompetenzen und die Koordinierung von Themen, weil die Praxis zeigt, dass Kooperationen ein schwieriges Feld sind“, sagt er. Zudem ist ihm der Reedereistandort Leer als Gegengewicht zu Hamburg wichtig. Ein erster Schritt ist die Gründung der Liberty Blue. Die Gesellschaft bereedert durch Dietrich Schulz Geschäftsführender Gesellschafter Liberty One Shipmanagement GmbH & Co. KG den Zusammenschluss von Liberty One und der Reederei Buss insgesamt 33 Schiffe. Liberty One soll sich zukünftig um das allgemeine Geschäft und um schief liegende Schiffe kümmern. „Wir decken über das CrewManagement, die Nautik und Technik oder die Befrachtung die gesamte Wertschöpfungskette ab und wollen unsere Netzwerke erweitern. Liberty Blue ist offen für Investoren und andere Reedereien, auch als Gesellschafter“, sagt Dietrich Schulz. Für ihn ist dieser Weg ein probates Mittel, um die Ansprüche von privaten und institutionellen Investoren oder von Banken zu bedienen. Auch dafür sei eine gewisse Größe notwendig, um den Zugang zu Eigenkapital und Ladung zu sichern und den Ausfall von Schiffen verkraften zu können. Das bedeutet in gewisser Weise auch den Abschied vom bisherigen Selbstverständnis eines Reeders. „Der Markt fordert Dienstleister, die schnell arbeiten und professionell die gesamte Wertschöpfungskette abdecken. Wir werden noch dieses Jahr einen Onlinezugang für die Geldgeber auf der Eigen- und der Fremdkapitalseite schaffen. Darüber können sie sich ohne die Reederei einloggen, erhalten alle aktuellen Daten zu einem Schiff und können die vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung einsehen.“ Thomas Greiser Leiter Branchencenter maritime Wirtschaft [email protected] T (0441) 980 50–113 Termine und Veranstaltungen Küstenfunk 19. April ab 16:30 Uhr in Bremen, Hotel Munte 20. April ab 16:30 Uhr in Papenburg, Hotel Alte Werft 26. April ab 16:30 Uhr in Hamburg, Hafenclub 6. Forum Erneuerbare Energien Im Oktober 2016 findet in unserem Hause das nächste Forum Erneuerbare Energien statt. 10. Schifffahrtsforum Das 10. Schifffahrtsforum wird Ende Februar/Anfang März 2017 stattfinden. Der Termin wird rechtzeitig bekanntgegeben. Mehr Informationen, auch zu anderen Veranstaltungen, unter www.bdo-arbicon.de. BDO ARBICON GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Moslestraße 3 · 26122 Oldenburg Tel. +49 441 98050-0 Fax +49 441 98050-180 [email protected] www.bdo-arbicon.de BDO ARBICON GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist eine rechtlich selbständige Konzerngesellschaft der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts, ist Mitglied von BDO International Limited, einer britischen Gesellschaft mit beschränkter Nachschusspflicht, und gehört zum internationalen BDO Netzwerk voneinander unabhängiger Mitgliedsfirmen. BDO ist der Markenname für das BDO Netzwerk und für jede der BDO Mitgliedsfirmen.