Update Pränatalmedizin 2011 - Praxis für Pränatalmedizin

Transcription

Update Pränatalmedizin 2011 - Praxis für Pränatalmedizin
Pränataldiagnostik Update
2011
Prof. Dr. med. Alexander Scharf
Praxis für Pränatalmedizin Darmstadt
Gliederung

Wo stehen wir?





Gesellschaftlicher Rahmen
Anwendung vorgeburtlicher
Ultraschall
Mutterschaftsrichtlinien (MSR)
IGeL: Komb. NT-Test
Wohin geht die Entwicklung?


Aktuelles: Novellierung MSR
Vorverlegung der nichtinvasiven und der invasiven
Diagnostik
Vorgeburtliche Ultraschalldiagnostik
– Gesellschaftlicher Rahmen
• Immer mehr Frauen bekommen immer später meist nur
noch ein Kind
• Anstieg maternale Morbidität → Anstieg fetale Morbidität
(Fehlbildungen, Aneuploidie, Mehrlinge)
• Anstieg individuelle und gesellschaftl. Erwartungen
• Abnahme individuelle und gesellschaftl. Toleranz
Vorgeburtliche Ultraschalldiagnostik
– Medizinischer Rahmen
• Def. Pränatalmedizinisch: „Gesundheit“
• Pränatalmedizinisches Dreieck
• Prävalenzen von „Gesundheit“ und „Krankheit“
•Biometrie (Ultraschall) <-> IUGR
• Anatomie (Ultraschall) <-> Fehlbildungen
• Genetik (CVS, AC, FBS)
Anwendung vorgeburtlicher
Ultraschall
•
•
•
•
Angebot
Kein Automatismus
Richtlinien der KV – ÄK (G-BA) maßgeblich
Zentral: Ultraschallbestimmungen der
Mutterschaftsrichtlinien (MSR)
Mutterschaftsrichtlinien

dienen der Sicherung einer nach den Regeln der
ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des
allgemein anerkannten Standes der medizinischen
Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und
wirtschaftlichen ärztlichen Betreuung der Versicherten
während der Schwangerschaft und nach der Entbindung

Vorrangiges Ziel der ärztlichen Schwangerenvorsorge ist
die frühzeitige Erkennung von Risikoschwangerschaften
und Risikogeburten. Es sollen nur Maßnahmen
angewendet werden, deren diagnostischer und
vorbeugender Wert ausreichend gesichert ist
MSR – Ultraschallbestimmungen

Durchführung von 3 UltraschallScreeninguntersuchungen in der
9.-12., 19.-22. und 29.-32. SSW

mit dem Ziel der genauen
Bestimmung des Gestationsalters,
der Kontrolle der somatischen
Entwicklung des Feten, der Suche
nach auffälligen fetalen
Merkmalen und dem frühzeitigen
Erkennen von
Mehrlingsschwangerschaften

Der Inhalt des Screenings ist dabei für
die jeweiligen
Untersuchungszeiträume in der Anlage
1 a genau festgelegt:
MSR – Aktuelle Regelung
1. Screening
1. Untersuchunq von Beginn der 9. bis zum Ende der 12. SSW
Intrauteriner Sitz:
ja/nein
Embryo darstellbar:
ja/nein
a. Mehrlingsschwangerschaft:
ja/nein
Herzaktion:
ja/nein
Biometrie I (ein Maß): Scheitelsteißlänge (SSL) oder: Biparietaler Durchmesser (BPD)
Zeitgerechte Entwicklung:
ja/nein/kontrollbedürftig
Auffälligkeiten:
ja/nein/kontrollbedürftig
Weiterführende Untersuchung veranlaßt:
ja/nein
Bilddokumentation der Biometrie und gegebenenfalls kontrollbedürftiger
Befunde
MSR – Aktuelle Regelung
2. Screening
2. Untersuchunq von Beginn der 19. bis zum Ende der 22. SSW
EinIingsschwangerschaft:
ja/nein
Lebenszeichen:
ja/nein
Biometrie II (4 Maße):
-
Biparietaler Durchmesser (BPD)
-
Fronto-okzipitaler Durchmesser (FOD) oder: Kopfumfang (KU)
-
Abdomen/Thorax-quer-Durchmesser (ATD) oder: Abdomen/Thorax-a. p.-Durchmesser (APD)
oder: Abdomen/Thorax-Umfang (AU)
-
Femurlänge (FL) oder: Humeruslänge (HL)
Zeitgerechte Entwicklung:
ja/nein/kontrollbedürftig
Hinweiszeichen für Entwicklungsstörungen hinsichtlich:
- Fruchtwassermenge
ja/nein/kontrollbedürftig
- körperlicher Entwicklung
ja/nein/kontrollbedürftig
- Körperumriß
ja/nein/kontrollbedürftig
- fetaler Strukturen
ja/nein/kontrollbedürftig
- Herzaktion
ja/nein/kontrollbedürftig
- Bewegungen
ja/nein/kontrollbedürftig
Plazentalokalisation und-struktur:
normal/kontrollbedürftig
Weiterführende Untersuchung veranlaßt:
ja/nein
MSR – Aktuelle Regelung
3. Screening
3. Untersuchung von Beginn der 29. Bis zum Ende der 32. SSW
Einlingsschwangerschaft:
ja/nein
Lebenszeichen:
ja/nein
Kindslage:
ja/nein
Biometrie III (4 Maße):
- Biparietaler Durchmesser (BPD)
- Fronto-okzipitaler Durchmesser (FOD) oder: Kopfumfang (KU)
Abdomen/Thorax-quer-Durchmesser (ATD) oder: Abdomen/Thorax-a. p.-Durchmesser (APD)
oder: Abdomen/Thorax-Umfang (AU)
- Femurlänge (FL) oder: Humeruslänge (HL)
Zeitgerechte Entwicklung:
ja/nein/kontrollbedürftig
Kontrolle der Hinweiszeichen für Entwicklungsstörungen gemäß dem 2. Screening
Plazentalokalisation und -struktur:
normal/kontrollbedürftig
Weiterführende Untersuchung veranlaßt:
ja/nein
MSR – Kerngedanken
Im Kerngedanken sollen somit bei jeder dieser Ultraschalluntersuchungen der betreuende
Frauenarzt/die betreuende Frauenärztin folgende Fragen klären:
1. Ultraschall-Untersuchung: Liegt eine intakte Ein- oder Mehrlingsschwangerschaft vor?
2. Ultraschall-Untersuchung: Gibt es Hinweise auf kindliche Fehlbildungen?
3. Ultraschall-Untersuchung: Zeigen sich Hinweise auf eine Mangelernährung oder
Lageanomalie des Kindes?
Dies bedeutet in der praktischen Konsequenz, daß jedem an der kassenärztlichen
Schwangerschaftsvorsorge teilnehmenden Frauenarzt eine klar umrissene
Expertise in der geburtshilflichen Sonographie in der Form abverlangt wird, als
daß er folgende sonographische Leistungen routinemäßig erbringen muß:
fetale Biometrie des Kopfes (Kephalometrie), des Abdomens (Abdominometrie)
und der Extremitäten
-> Kenntnisse im Ausschluß fetaler Fehlbildungen
= Kenntnisse in der Definition des „Normalen“
Kombinierter NT-Test
•
•
•
•
•
NT
Biochemie
Mütterl. Alter
Bedeutung, praktische Folgen
Neue Marker (NB, DV, FMF-Winkel,
TC-Doppler)
Algorithmus des nicht-invasiven Screenings auf Down-Syndrom
Algorithmus NT-Test (Nackentransparenztest
nach Nicolaides)
Maternal
Risk of
Maternal
Risk of
Maternal
age at
Down's
age at
Down's
age at
term
syndrome
term
syndrome
term
Risk of
Down's
syndrom
e
Under
25
1:1500
33
1:570
42
1:65
25
1:1350
34
1:470
43
1:50
26
1:1300
35
1:380
44
1:35
27
1:1200
36
1:310
45
1:30
28
1:1100
37
1:240
46
1:20
29
1:1000
38
1:190
47
1:15
30
1:910
39
1:150
48
1:11
31
1:800
40
1:110
49
1:8
32
1:680
41
1:85
50
1:6
Altersrisiko
Down-Syndrom
x WQ
NT
x
WQ
fßHCG
x
WQ
Papp-A
= Resultierendes Risiko,
wird verglichen mit dem Altersrisiko für Down-Syndrom einer
35-jährigen Frau ~ 1/300 (bei Messung in 11.-14. SSW)
Konzepte der antenatalen Detektion des DownSyndroms
Triple-Test: Alter plus Biochemie
Algorithmus - Testprinzip
•
•
Unspezifischallgemeines
mütterliches
Altersrisiko mit einem
spezifisch-kindlichen
Risiko zu einem
Mischrisiko verbunden!
Testsensitivität und
FPR nicht über alle
Altersgruppen
konstant
Wohin geht die Entwicklung?
Novellierung USBestimmungen der MSR
Das Recht auf Nichtwissen wird umgesetzt (als
optionales bzw. abwählbares Angebot): Die
bisherige Formulierung der Richtlinien, die besagt,
dass ein Ultraschallscreening durchgeführt werden
soll, wurde geändert in „soll angeboten werden“.
Es wird – zusätzlich zu den bisherigen Basisinhalten
des Ultraschallscreenings im zweiten Trimenon –
die Option zur Durchführung eines
„Organscreenings“ eröffnet. Die zu beurteilenden
Strukturen werden im Einzelnen genannt
Befähigungsnachweis als Qualifikationsanforderung:
Ärzte, die das Organsscreening durchführen,
müssen gegenüber ihrer Kassenärztlichen
Vereinigung nachweisen, dass sie die fachliche
Qualifikation dafür besitzen
MSR – Aktuelle Regelung
2. Screening
2. Untersuchunq von Beginn der 19. bis zum Ende der 22. SSW
EinIingsschwangerschaft:
ja/nein
Lebenszeichen:
ja/nein
Biometrie II (4 Maße):
-
Biparietaler Durchmesser (BPD)
-
Fronto-okzipitaler Durchmesser (FOD) oder: Kopfumfang (KU)
-
Abdomen/Thorax-quer-Durchmesser (ATD) oder: Abdomen/Thorax-a. p.-Durchmesser (APD)
oder: Abdomen/Thorax-Umfang (AU)
-
Femurlänge (FL) oder: Humeruslänge (HL)
Zeitgerechte Entwicklung:
ja/nein/kontrollbedürftig
Hinweiszeichen für Entwicklungsstörungen hinsichtlich:
- Fruchtwassermenge
ja/nein/kontrollbedürftig
- körperlicher Entwicklung
ja/nein/kontrollbedürftig
- Körperumriß
ja/nein/kontrollbedürftig
- fetaler Strukturen
ja/nein/kontrollbedürftig
- Herzaktion
ja/nein/kontrollbedürftig
- Bewegungen
ja/nein/kontrollbedürftig
Plazentalokalisation und-struktur:
normal/kontrollbedürftig
Weiterführende Untersuchung veranlaßt:
ja/nein
Novellierung USBestimmungen der MSR
2. Screening mit systematischer Untersuchung der fetalen
Morphologie 18+0 bis 21+6 SSW
Ziel: Ausschluß relevanter, die Prognose bestimmender FB,
Dokumentation einer Aufklärung
• Kopf
• Ventrikelauffälligkeiten ja/nein
• Auffälligkeiten der Kopfform ja/nein
• Darstellbarkeit des Kleinhirns ja/nein
• Hals und Rücken
• Unregelmäßigkeiten der dorsalen Kontur ja/nein
• Thorax
• Auffällige Herz/Thorax Relation (Blickdiagnose) ja/nein
• Linksseitige Herzposition ja/nein
Screen
ing!
• Persistiernde Arrhythmie im Untersuchungszeitraum ja/nein
• Darstellbarkeit des Vier-Kammer-Blickes ja/nein
• Rumpf
• Konturunterbechung an der vorderen Bauchwand ja/nein
• Darstellbarkeit des Magens im linken Oberbauch ja/nein
• Darstellbarkeit der Harnblase ja/nein
Voraussetzungen für die Novellierung
US-Bestimmungen der MSR
Um die Änderungen der Mutterschaftsrichtlinie umsetzen zu können, müssen
zunächst folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
•
Änderung der Ultraschallvereinbarung
•
Operationalisierung der Fachwissensprüfung durch die KVen
(entsprechend der noch zu ändernden Ultraschallvereinbarung)
•
Erstellung eines Aufklärungsblattes für die Schwangere durch das Institut
für Quali-tät und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) als
Anlage der Richtlinien
•
Anpassung des Mutterpasses
•
Änderung des EBM
Inkrafttreten der Novellierung USBestimmungen der MSR
•
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 16. September 2010
Änderungen der Mutterschafts-Richtlinien beschlossen, die das
Ultraschallscreening in der Schwangerschaft betreffen
•
Der Beschluss tritt daher nicht wie sonst nach Ablauf der
Beanstandungsfrist des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und
nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft: Stattdessen wird der
G-BA die Änderungen durch einen separaten Beschluss in Kraft setzen,
sobald die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind
Wohin gehen wir?
Vorverlegung der nicht-invasiven USDiagnostik




NT: Tor zur frühen Organdiagnostik
Pränatalmed. Dreieck: NT nicht
ohne klass. Sonoanatomie
22. SSW -> 12. SSW
Echocardiographie zentral
Wohin gehen wir?
Vorverlegung der invasiven USDiagnostik

NT: Motor einer frühen invasiven
Diagnostik:
Chorionzottenbiopsie!

Ab 10+0 SSW

Abdominal/vaginal
Wohin gehen wir ?
Weiterentwicklung der komb. NTMessung



Altersfreies Konzept
3D-Konzept
Dottersack (www.yolk-sac.org)
Kombinierter NT-Test nach Nicolaides



Kombiniertes Ersttrimester
Screening international fest
etabliert
hohe Detektionsrate
unerwünscht hohe Rate falsch
positiver Testergebnisse, insbes.
bei älteren Schwangeren
Konzept des AFS -Advanced Firsttrimester Screenings auf
Down-Syndrom
Kritik am bestehenden Goldstandard 1
• Testpostivrate steigt mit
mütterlichem Alter deutlich
an
• Mütterliches Alter offenbar
vor allen anderen
Parametern gewichtigste
Einflußgröße auf das
generierte Zahlenwerk
(„Adaptiertes Risiko“)
• Es wird im Algorithmus des
NT-Tests nach Nicolaides
– ein maternaler Faktor
– drei fetale Faktoren
miteinander verbunden
Konzept des AFS -Advanced Firsttrimester Screenings auf DownSyndrom
Kritik am bestehenden Goldstandard 2 –
Praktische Beobachtung
•
Die gängige Risikozuweisung unter Integration des maternalen
Altersrisikos widerspricht der den biologischen Realitäten insoweit, als
daß die Mehrzahl der Down-Syndrom-Kinder bei jungen Schwangere
gefunden wird und selbst in der Gruppe der 45-50-Jährigen die
Mehrzahl der Schwangerschaften zytogenetisch normal sind
•
Das Down-Syndrom-Kind der 18-jährigen Frau unterscheidet sich im
Durchschnitt seiner von den Gesunden abweichenden Merkmalen nicht
vom Down-Syndrom-Kind der 45-jährigen Frau
•
Maternal age, NT, free β-hCG and PAPP-A all correlate with an
increased likelihood for the presence of a fetal aneuploidy. However,
only NT, fβ-hCG and PAPP-A are caused by a trisomy [Zit]
Schmidt P, Pruggmayer M, Steinborn A, Schippert C, Staboulidou I, Hillemanns P, Scharf A: Are nuchal translucency,
pregnancy associated plasma protein-A or free-ß-human chorionic gonadotropin depending on maternal age? A
multicenter study of 8116 pregnancies. Arch Gynecol Obstet 2007; 276 (3): 259-262
AFS - 3D
Was erwarten wir?
n=10.116
Zusammenfassung
Pränataldiagnostik Update



Zunehmende sonographische Bürden für den „normalen“
Frauenarzt
Entwicklung hin zur zeitlichen Vorverlegung der nichtinvasiven und invasiven Ultraschall-Diagnostik in frühes
zweites Trimenon (12+0 bis 13+6 SSW)
Verbesserung der Testleistung gängiger AneuploidieScreeningkonzepte (AFS, AFS-3D) und auch hier
Vorverlegung (8.-11. SSW)