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Familiäre Ursachenforschung
Unmittelbar nach dem Tod von KNUT, am 21.03.2011 im Zoo Berlin, begann auch ich meine Ursachenforschung. In Hunderten von Zootierarztberichten, im Zeitraum von 1964 bis 2009, habe ich nach
möglichen Gemeinsamkeiten in Todesfällen, Krankheitsbildern oder Todesursachen bei Bären und
speziell bei Eisbären gesucht. Auch in diversen Jahresberichten der deutschen Zoos, die bis bisher
oder irgendwann einmal Eisbären hielten, habe ich ebenfalls nach Zusammenhängen gesucht.
Hinweis Nr.1
Den ersten mysteriösen familiären Vorfall fand ich aber im
so genannten „Knut-Album“ der Berliner BZ. Darin wurde
der tragische Ertrinkungstod einer mit Knut verwandten Eisbärin im Tierpark München Hellabrunn beschrieben:
„Doch schon kurz nach der Ankunft der Eisbären-Babys
kam es zu einem tragischen Unfall. Eines von LISAS
(Oma von Knut) Geschwistern, Knuts Großtante, ertrank
28
nach einem epileptischen Anfall im Eisbecken.―
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Fotoquelle: Berliner BZ 2007
Weitere Erkundungen in meinem Bestand an Geschäftsberichten des Tierparkes München ergaben,
dass diese mit Knut verwandte Eisbärin 1978 ebenfalls vierjährig nach einem „Anfall“ ins Wasser fiel
und dort verstarb. Zu viele Gemeinsamkeiten?
Ausführlich heißt es im Eintrag des Geschäftsberichtes:
―Eine 4jährige Eisbärin, die wir 1975 im Tausch vom Zoo Rostock erhalten hatten und
die seit einigen Monaten wiederholt epileptoide Anfälle mit Gleichgewichtsstörungen
10
zeigte, ertrank während eines solchen Anfalls im Schwimmbecken.―
Auch bei Knuts „Großtante“ (Name ließ sich nicht herausfinden) stellte man nach der Obduktion Veränderungen des Gehirnes und Entzündungen darin fest:
„Die neurohistologische Untersuchung zeigte eine Gehirnhautentzündung … Die beobachteten Krampfanfälle ließen sich mit den gefundenen Hirnveränderungen ohne wei10
teres erklären.―
Was zunächst verwundert ist, dass in den Jahresberichten des Zoo Rostock und im internationalen
Eisbärenzuchtbuch für diesen Zeitraum keine Abgabe von Eisbären nach München erwähnt wird.
Im Geschäftsbericht für 1977 wurde der Zugang der Eisbären aus Rostock jedoch explizit erwähnt.
„Aufgrund eines seit mehreren Jahren bestehenden Tauschvertrages mit dem Zoo Rostock, der aus dem Tierpark Hellabrunn einen Orang Utan und einen Schimpansen bekommen hatte, trafen im Oktober 1977 ein männlicher und zwei weibliche junge Eisbä12
ren ein…Die Lieferung einer weiteren Jungbärin aus Rostock steht noch aus.―
Dieser familiäre Todesfall, der dem von Knut 2001 so sehr ähnelte, brachte mich zur ersten Vermutung, dass hier eine mögliche krankhafte genetische Komponente in der Familie von Knut vorliegen
könnte.
Hinweis Nr.2
Knuts Vater LARS, zeugte in seinem bisherigen Leben insgesamt 9 Eisbären. Sieben Säuglinge starben noch an ihrem Geburtstag, Knuts Bruder am achten Lebenstag und nun Knut als letzter Nachkomme mit nur vier Jahren.
Eine hohe Jungtiersterblichkeit ist bei Eisbären keine außergewöhnliche Tatsache, bezieht man jedoch den Fakt mit ein, dass Knuts Vater LARS aus Inzestzucht hervorkam (siehe Stammbaum), so
konnte gut möglich sein, dass LARS genetische Defekte an Knut weitergegeben hat.
Doch die Untersuchungen der Pathologen haben bisher, so eine Aussage auf der am 01.04.2011
stattgefundenen Pressekonferenz, keinerlei Anhaltspunkte finden können, so dass auch ich mittlereile
von dieser möglichen genetischen Komponente abgewichen bin.
„Thomas Hildebrandt, der leitende Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Zoo- und
Wildtierforschung, erklärt im Magazin „Focus―. „Deformationen des Schädels sind typische Anzeichen für Inzucht. Unser CT-Bild zeigt jedoch keinerlei Abweichungen von
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der normalen Form.―
Hinweis Nr.3
Im Juni 2010 erkranken Eisbärin JERKA und Eisbär LARS im Wuppertaler Zoo plötzlich und unerwar30
tet an einer „mysteriösen Krankheit― . JERKA starb noch am 16.06.2011 an den Folgen der Erkrankung.
„Die Eisbärin Jerka aus dem Wuppertaler Zoo ist tot. Die Todesursache des mehr als 20
Jahre alten Tieres sei auch nach der Obduktion noch unklar, sagte der stellvertretende
Zoodirektor Arne Lawrenz in Wuppertal. Wahrscheinlich sei eine schwere Lebererkran31
kung schuld.―
"Wir haben international recherchiert. So etwas ist bei Eisbären in einem Zoologischen
Garten noch nicht vorgekommen." Die Eisbärin ist nach Angaben der Zoo-Direktion be31
reits am vergangenen Mittwoch gestorben.―
Nach Sichtung des Zuchtbuches stellt sich heraus, dass auch JERKA, nicht nur wie der ebenfalls erkrankte LARS, ebenfalls mit KNUT verwandt ist (siehe Stammbaum).
Liegt also doch eine vererbte Krankheit vor?
Merkwürdig ist, dass der Zoo Wuppertal bei der Erkrankung der beiden Eisbären zu damaligen Zeit31
punkt in den Printmedien zunächst von einer „Lebererkrankung―
sprach, während man Wochen
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später und nach Knuts Tod von einer „Hirnhautentzündung (Meningoenzyephalitis)― spricht.
„Zoodirektor Ulrich Schürer (63): „`Vilma‘ soll wieder Pfiff in `Lars` Leben bringen.“
„Lars“ war im Juni an einer Hirnhautentzündung (Meningoenzyephalitis) lebensgefähr32
lich erkrankt, seine damalige Partnerin „Jerka“ starb sogar an der Virus-Erkrankung.“
Wie Knut und seine verwandte Eisbärin im Tierpark München Hellabrunn (1978) litt auch JERKA unter
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„epileptischen Anfällen― kurz vor ihrem Tod.
„Völlig überraschend ist die 21-jährige Eisbärin "Jerka" am vergangenen Mittwoch
(16.06.10) im Wuppertaler Zoo gestorben. Über die Ursache wird noch spekuliert. Seit
zwei Wochen litt das Tier immer wieder unter epileptischen Anfällen, so ein Zoospre33
cher.―
Welche Krankheit verursacht solche sich ähnelnde Krankheitsverläufe?
Ist es ein Zufall, dass ein sich ähnelnder Krankheitsverlauf auch bei Verwandten von Knut auftrat,
während Nichtverwandte scheinbar nicht betroffen sind?
3
Hinweis Nr.4
Der noch junge Knut erkrankte 2007 an einer Hinterbein-Lahmheit.
„…und der diagnostischen Röntgenuntersuchung nach einer akuten Hinterbein26
Lahmheit waren lediglich Routinemaßnahmen notwendig.―
Eine Hinterbein-Lahmheit ist nicht nur ein Anzeichen für eventuelle Verletzungen des Knochenapparates, sondern auch Anzeichen für eine Infektion (z.B. Trichinose).
Beispielsweise übertragen Zecken diverse Krankheiten die auch zu einer Lahmheit führen können.
"Die häufigsten Krankheiten, die bei uns durch Zecken übertragenen werden, sind
Anaplasmose, Borreliose, Babesiose und Ehrlichiose", zählt Tierarzt Voracek auf: "Sie
rufen Symptome wie Fieber, Lahmheit, Gelenksentzündungen, Appetitlosigkeit und
Gewichtsverlust hervor." Sie können bei Haustieren lebenslange Schäden verursachen,
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im schlimmsten Fall enden sie tödlich.―
Die damalige Lahmheit von Knut könnte durchaus ein viel größeres Ausmaß gehabt haben, als es
sich die Ärzte 2007 vorgestellt hatten.
Hinweis Nr. 5
Dass Eisbärenmütter ihre Babys nicht annehmen und sogar töten, Eisbären zeigen einer der höchsten
Jungtiersterblichkeitsraten (siehe Dokumentation), liegt in Gefangenschaft nicht nur daran, dass die
Haltungsbedingungen oft nicht die gewünschte Ruhe für die in der Wochenstube befindlichen Mütter
bieten können. Dr. Udo Nagel Zoodirektor vom Zoo Rostock (Rostock führt auch das internationale
Eisbärenzuchtbuch) sieht noch einen anderen möglichen Grund für die Ablehnung der Aufzucht eines
Babys durch die Eisbärenmutter:
4
„Auch in Rostock kam es schon vor, dass Junge aufgefressen wurden. Das ist ganz
normal. Die Eisbärmutter handelt nie ohne Grund, wie Nagel ausführt. Es kann sein,
dass die Jungen krank sind, einen Gen-Defekt haben und deshalb von ihr getötet werden. Nagel erinnert sich, dass er als junger Tierpfleger mal ein Tigerbaby mit der Flasche großzog. Die KALI. Ich war stolz. Vier Jahre später aber starb das Tier an epileptischen Anfällen. Sie ging jämmerlich zugrunde. Für mich ein Lerneffekt. Da läuft was ab
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zwischen Mutter und Jungen, was wir medizinisch gar nicht checken können.
Auch TOSCA (Knuts Mutter) nahm, wie wir ja wissen, Knut und seinen Zwillingsbruder nicht an.
„Relativ schnell sollte sich abzeichnen, dass TOSCA ihre Jungen nicht annahm. Die
Geburt fand vor und nicht in der Wurfhöhle statt und nach kurzer Zeit legte die Mutter
ihre Jungtiere auf dem kühlen Boden des Geheges ab und nahm von diesem Zeitpunkt
an keinerlei Notiz mehr von ihnen. Durch das mütterliche Fehlverhalten veranlasst, fiel
es dem Reviertierpfleger Thomas Dörflein nicht schwer, gegen 20.00 Uhr den Nach25
wuchs mit der Stange behutsam aus dem Gehege zu entnehmen.―
Hatte TOSCA vielleicht eine Vorahnung, wie sie Dr. Nagel beschrieb?
Andere vermutete Krankheiten
Bevor es am 01.04.2011 zur Pressekonferenz kam, auf der diverse Krankheiten ausgeschlossen werden konnten, gab es viele Spekulationen und Vermutungen um Knuts Todesurasche.
Meine ersten Vermutungen, eine Erkrankung aufgrund von akutem Dauerstress und ein genetischer
Defekt, die ich auch gegenüber den Medien vertrat, basierten u.a. auf der bereits oben dargelegten
Tatsache der engen Zusammenhänge in den familiären Erkrankungen und der Tatsache, dass das
Immunsystem eines Individuums bei Dauerstress kollabieren kann und für diverse Krankheiten besonders angreifbar ist.
Die Aussage von Dr. Jörg Hartung über chronischen Stress, bestätigte wenig später meine Vernutung:
„Durch Unterdrückung in der Hierarchie oder durch eine anregungsarme Umgebung
kann chronischer Stress ausgelöst werden―, sagt Jörg Hartung, Leiter des Instituts für
Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Permanenter, chronischer Stress könne auch lebensgefährlich werden, sagt der
Veterinärmediziner. „In einer bekannten Studie wurde gezeigt, dass Meerschweinchen
zunächst depressiv werden, wenn sie unter chronischem Stress leiden―, sagt Hartung.
„Ab einem gewissen Level holt man sie dann nicht mehr zurück, sie werden apathisch
und stellen das Fressen ein.― Hartung hält es durchaus für möglich, dass auch Knut unter chronischem Stress gelitten hat. „Der Organismus ist dann ständig unter Anspannung. Das Tier kann nie entspannen. Unter einem solchen Druck sinkt die Immunab19
wehr, der Appetit geht zurück. Das öffnet Infektionen die Pforte.―
Auch Zoodirektor Dr. Blaszkiewitz und Zoo-Tierarzt Dr. Schüle äußerten seinerseits ihre Vermutungen
zur möglichen Todesursache von Knut:
„Knut-Tod: Zoo-Chef vermutet Epilepsie - Die Untersuchungsergebnisse, zusammen
mit Knuts letzten Bewegungsabläufen, das sieht stark nach einem epileptischen Anfall
20
aus, vermutet Bernhard Blaszkiewitz, Direktor von Zoo und Tierpark.―
„Was aber könnte Epilepsie bei dem Eisbären ausgelöst haben? „Das Krankheitsbild ist
bei Mensch und Tier gleich―, erklärt Zoo-Tierarzt Dr. Andre Schüle. Epilepsie kann
durch Hirnschädigungen auftreten, die mit Schwangerschafts- oder Geburtskomplikationen zusammenhängen. Vor allem bei Frühgeborenen, durch Hirnblutungen oder Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Aber auch Hirnverletzungen durch starken
Druck oder heftige Stöße können die Krankheit später auslösen. Knuts Geburt im Dezember 2006 war problematisch. Eventuell kam es hier zu dem entscheidenden Zwischenfall, der später zum Tode des Eisbären führte. Das wenige Gramm schwere Jungtier lag über Stunden in der kalten Wurfhöhle, bevor Pfleger Thomas Dörflein seinen
kleinen Schützling mit einer Stange von der Mutter trennen konnte. Möglich, dass die
250 Kilo schwere Tosca ihren Nachwuchs bei einer ihrer Bewegungen unglücklich am
Kopf verletzte. Weitere Indizien sprechen für ein epileptisches Leiden: Bei einem sogenannten komplexen fokalen Anfall verfällt der Betroffene in scharrende, strampelnde
20
oder tänzelnde Bewegungen – so wie Knut auf dem B.Z.-Video.―
Christian Elger, „Deutschlands einziger Epileptologe, ging ein Schritt weiter―:
„Er sei sich zu 100 Prozent sicher, dass Knut an den Folgen eines epileptischen Anfalls
21
starb.
„Der Berliner Eisbär Knut hat vor seinem plötzlichen Tod vor einer Woche nach Einschätzung eines Facharztes einen epileptischen Anfall erlitten. Der Bonner Neurologe
Christian Elger sah sich laut einer Vorabmeldung des Nachrichtenmagazins „Focus―
einen im Internet kursierenden Film an, auf dem die letzten Momente zu sehen sein sollen, die Knut erlebt hatte. Die darauf zu sehenden „typischen Drehbewegungen― des
Tieres mit einem angezogenen Bein deutete der Epilepsie-Experte als einen Anfall. Ähnliches kenne er auch aus Beobachtungen von Laborratten, sagte der Professor der Universität Bonn dem Magazin zufolge. Laut Augenzeugen stürzte Knut in das Wasser seines Geheges im Berliner Zoo. Der Krampf, den Elger bei dem Eisbären im Film erkannt
haben will, habe entsprechende Schutzreflexe vor dem Ertrinken im Gehirn ausgeschal-
5
tet. Auch Bärenkurator Heiner Klös und andere Zoobesucher, die den Vorfall beobach22
teten, vermuteten, dass Knut „eine Art epileptischer Anfall― geschüttelt habe.
Weitere von mir bis zur Pressenkonferenz favorisierte Erkrankungen waren Trichinose und Toxoplasmose. Krankheiten die bei Eisbären in der Vergangenheit immer mal wieder auftraten:
„Toxoplasmose - So starben im Zoo Rostock im Zeitraum von 1971-1985 an Toxoplasmose 9 junge Kodiakbären und an Salmonellen 8 junge Kodiakbären im Rostocker
35
Zoo.1971-1985 starben.―
„Trichinose - Die Sektionsergebnisse weisen darauf hin, dass auch in der Rostocker
1
Eisbärengruppe Tiere mit schwerster Trichinose vorkommen.―
„Trichinose als Lahmheitsursache - Ein männlicher Eisbär war als nicht mehr junges
Tier von einem Zirkus übernommen worden. Er lebte über fünfzehn Jahre in der Eisbärenanlage des Leipziger Zoos. Auch bei ihm wurde in den letzten Lebensjahren wechselnde Lahmheit beobachtet. Sie wurde zunächst mit anderen, sich allmählich einstel2
lenden Alterserscheinungen im Zusammenhang gebracht.―
„…Trichinosen stellen besonders wichtige Krankheitsgeschehen bei Bären dar.―
3
„Es wird über die bei einem männlichen Eisbären ermittelten klinischen Symptome und
über die Sektionsbefunde nach erfolgter Tötung berichtet. Als weitere Befunde sind ei5
ne massive Trichinose, …anzuführen.―
―Infection by T. spiralis is found in wild and captive bears. Fowler reported an infected
polar bear after at least ten years of Cptivitiy. In captivity, these animals are dead-end
hosts. Trichinella-infected rodents could be Sources of infection for captive carni9
vores.‖
Trichinose, Toxoplasmose und andere Krankheiten wurden auf der Pressekonferenz die am
01.04.2011 im Schloss des Tierparks Friedrichsfelde stattfand ausgeschlossen:
„Deshalb ist das Ausschlussprinzip einfacher: BSE und das übergeordnete TSE fallen
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ebenso aus wie Tollwut, Staupe, Parasiten, Toxoplasmose und Trichinen.―
Hintergrundinfo:
1996 wurde bei einem Eisbären (Herkunft: Wildfang aus Russland) im Zoo Berlin die Trichinella37
Spezies „T. nativa“ isoliert (Isolationscode: ISS481).
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Die bisherigen Befunde zur Todesursache
Stand 05.04.2011
Auf der am 01.04.2011 stattgefundenen Pressekonferenz des Zoo Berlins wurden bisherige Erkenntnisse über Knuts Todesursache bekannt gegeben. Auf folgendem Video kann man/ frau sich die gesamte Konferenz nochmals ansehen:
Klicken Sie HIER (LINK), um das Video zu sehen
Ein an die Presse abgegebenes Blatt Papier, beschreibt ebenfalls sehr detailliert die bisherigen Befunde und festgestellten Krankheitsbilder an Knut´s Leichnam.
Einer der wichtigsten Aussagen dieses Berichtes ist für mich:
„Gehirn: schwere lymhozytäre und eosinophile Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute
45
und des Rückenmarkes.“
„Der Erreger hat große Teile des Gehirns und Teile des Rückenmarks geschädigt", er16
klärt Prof. Achim Gruber, Fachtierarzt für Pathologie an der FU.―
Was letztendlich zur Entzündung des Gehirnes und des
Rückenmarkes führte darüber gibt es offenbar noch keinen eindeutig Ursache:
„Bis dato ungeklärt; vermutlich Virusinfektion parasi45
täre Infektion nicht auszuschließen.―
Weiter sagt die leitende Pathologin Frau Dr. Szentiks vom
IZW gegenüber der Presse:
„Der Erreger sei jedoch noch nicht identifiziert und
könnte der Wildtierforschung bisher noch unbekannt
11
sein.―
Verschiedenste Erreger könne das IZW jedoch derzeit
ausschließen:
„So war Knut nach Angaben des IZW nicht an Tollwut,
BSE, Staupe, oder Toxoplasmose erkrankt. Auch sogenannte Botulismen (Fleischvergiftung) oder Trichinen (parasitäre Würmer) können ausgeschlossen werden. Es gebe auch keine Spuren für eine Stresser15
krankung oder ein Trauma.―
7
Es gibt viele Erreger die für eine Erkrankung des Gehirnes verantwortlich sein können:
„Zahlreiche schwere Erkrankungen (Leber, Niere, Herz, Kreislauf) sind neben Traumen,
Neoplasien und Infektionskrankheiten (viraler, bakterieller, mykotischer, parasitärer
Genese) nicht selten mit Gehirnveränderungen assoziiert und differenzialdiagnostisch
zu berücksichtigen. Metastatische Meningo- oder Enzephalopathien sind prognostisch
4
ungünstig zu beurteilen.―
Wie konnte sich Knut aber mit dem noch unbekannten Virus angesteckt haben? Auch hierzu gibt Frau
Dr. Szentiks eine Stellungnahme ab:
„Der Erreger könnte von Menschen, von Vögeln oder von blutsaugenden Mücken auf
Knut übertragen worden sein. Der Eisbär könnte sich im Wasser seines Gehegegrabens
infiziert haben. Tatsache: Knut hat die Infektion vermutlich über Wochen oder sogar
Monate in sich getragen. "Wäre er nicht im Becken ertrunken, hätte er weiter gelitten.
Denn die Schäden, die durch die Virus-Infektion bei ihm entstanden sind, waren nicht
zu behandeln", sagt Claudia Szentiks, Pathologin am Institut für Zoo- und Wildtierfor16
schung.―
Das nun auch die anderen Eisbären durch diesen Virus gefährdet sind, davon geht man auch aus:
„Er hält es nicht für ausgeschlossen, dass der Virus auch eine Gefahr für Knuts Mutter
Tosca sowie seine Tanten Nancy und Katjuscha werden könnte. Wir wissen noch nicht,
um welchen Virus es sich handelt, daher müssen wir weiter untersuchen", sagt der Ex16
perte.―
Dass Knut die Krankheit schon länger in sich trug, davon gehen die Spezialisten aus. Jedoch schließen Sie auch aus, dass man Knut hätte heilen können.
„Scheinbar war Knut schon länger erkrankt und wäre in jedem Fall daran verendet.―
11
"Anhand der Massivität der Entzündungen im Gehirn wäre Knut über kurz oder lang gestorben. Offenbar hatte das Tier über Wochen oder sogar Monate eine schwere Gehirn14
entzündung entwickelt.―
„Knut hätte aber angeblich nicht geholfen werden können, wäre die Krankheit früher er23
kannt worden.―
Aber besonders wichtig ist nach wie vor die Frage, an welchem Erreger Knut nun letztendlich verstarb.
Veterinärmediziner und Zootier-Experte Marcus Claus von der Universiät Zürich spricht davon, dass
es von keinen solchen Erreger bei Eisbären bis dato eine Erkenntnis gab:
„Meines Wissens gibt es keine Viren, die Polarbären im Speziellen so beeinträchtigen
17
können.―
"Kann sein, dass es sich um einen neuen Erreger handelt, der der Wissenschaft noch
nicht bekannt ist", muss Thomas Hildebrandt (auch IFW) einräumen. Die IFW-Forscher
räumen ein – Knuts Infektion könnte unter den Eisbären oder sogar darüber hinaus
23
grassieren.―
Gibt es wirklich keinen Erreger, der Eisbären in der massiven, plötzlichen und unheilbaren Form das
Leben auslöscht?
8
Zwei Krankheitsfälle die sich gleichen
Bei meiner Recherche nach häufigen, ungeklärten oder solch plötzlich tödlich endenden Krankheiten
bei Bären, hier insbesondere Eisbären, stieß ich im „Verhandlungsbericht des 26.Internationalen
Symposiums über die Erkrankungen der Zootiere“ der in Brno 1984 stattfand, auf folgende Aussage
zur Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS), an der Knut litt:
„Ungeklärte Erkrankung - Die aufgeführten 12 Befunde im Bereich des Zentralnervensystems umfassten ausschließlich histologisch diagnostizierte Meningitiden und Enzephalitiden, deren kausale Genese nicht sicher zu klären war. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird in den meisten Fällen eine bakterielle und virusbedingte Infektion vorgele7
gen haben, deren Nachweis jedoch noch nicht erfolgte.―
Bereits bis 1984 gab es also 12 Fälle von Gehirnerkrankungen bei Bären. Offenbar ist Knuts Krankheit
doch nicht so neu wie bisher von Experten geäußert.
Am 23.04.2011 verstarb ebenso plötzlich eine 12jährige Eisbärin im amerikanischen Zoo San Diego.
Nach meiner Recherche im internationalen Eisbärenzuchtbuch muss es sich um die Eisbärin SHIKARI
mit der Zuchtbuchnummer 1560 handeln.
Bei der Eisbärin wurde vor ihrem plötzlichen und unerwarteten Tod folgendes Erkrankungsbild in einem „Fallbericht“ aufgezeichnet:
―The polar bear had a sudden onset of…
- altered mentation (Verwirrtheit),
- tremors (Schütteln),
- increased blinking (erhöhtes Blinzeln),
- head shaking (Kopfschütteln),
- drooling (Geifern, Sabbern),
- abnormal chewing (Abnormales Kauen),
46
- and tachypnea (erhöhtes Atmen).‖
9
In einem anderen Bericht zu selben Fall heißt es u.a.:
„Doch dieser 12jährige weibliche Eisbär, der mit plötzlich beginnendem Muskeltremor
(Muskelzittern), Kreisbewegungen, Kopfschütteln und Ptyalismus (Abnormer Speichelfluss) vorgestellt wurde und schnell dann partielle und letztlich generalisierte Krämpfe
8
zeigte…―
Betrachtet man sich nun
einmal das Video, das die
letzte Minuten in Knuts
Leben zeigen, dann stellt
man/frau fest, dass er dieselben Symptome zeigt:
Schütteln,
Muskelzittern (Beinzucken),
abnormer Speichelfluss
und Kreisbewegungen.
Klicken Sie HIER, um sich das Video anzusehen!
Besonders interessant ist ein zweites Video das einen nicht gerade gesundwirkenden Knut auf der
großen Anlage am 10.12.2010 zeigt:
Klicken Sie HIER, um zum Video zu gelangen!
Auf diesem Video sind besonders gut das Zittern und auch der Speichelfluss, den sich Knut immer
mal wieder auf der rechten Hand ableckt, zu erkennen.
In einem „Knut-Forum“ berichtet Forumsmitglied „Firsttoserve“ von ihren im August 2010 gemachten
Beobachtungen. Sie beschreibt das Zittern, Sabbern und zudem eine Art Leerlaufkauen.
„Ich war im August 2010 für 4 Wochen bei Knut. Er hatte sehr viel gespeichelt, seine
"Lippen"(Lefzen??) zitterten. Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, es sah ein wenig so aus als würde er nuckeln oder vielleicht eher etwas kauen. Aber da war nichts.
Als Knut auf seine neue Anlage zog, haben Stammbesucher beobachtet, dass er am
ganzen Leib zitterte und dies auch gemeldet. Es wurde damals vom Zoo als Narkosenachwirkung gesehen, also eher nichts Bedenkliches. Ich persönlich finde es allerdings
ziemlich abwegig einem 4-Jährigen Narkosenachwirkungen unterzujubeln. Meiner Meinung nach war Knut bereits krank, als er noch in seinem alten Gehege war. Das keine
Krankheitssymptome erkannt wurden ist mir absolut unverständlich. Wie gesagt, ich
47
fand die oben beschriebenen Zustände doch schon sehr merkwürdig.“
Knut hat man die Erkrankung im Vorfeld nicht angesehen? Ich hege, so meine persönliche Meinung,
erhebliches Zweifel.
Erlag Knut also derselben Krankheit wie die Eisbärin in San Diego?
10
1.Herpes-Virus-Erkrankung bei einem Eisbären
Fast jeder Mensch trägt auch einen Herpes-Virus in sich. Bekannt ist auch, dass er meist an den Lippen ausbricht, wenn der menschliche Körper, das Immunsystem, geschwächt ist.
„Herpesviren sind in der Natur weit verbreitet, und mit annähernd einhundert Spezies
gehört diese Familie zu einer der größten Virusfamilien. 90 % der Weltbevölkerung ist
davon bereits verseucht. Bei den Tieren ebenfalls, zumindest gilt das Gleiche für die
48
Pferdepopulation.―
Der Herpes-Virus ist ein „Persistierender“ also schlummernder Virus.
„Das besondere an allen Herpeserregern ist, dass diese Erreger latent und persistierend für immer im Körper verbleiben. Im Latenzstadium "verstecken" sind die Viren im
Körper. Typisch für die Viren der Herpesfamilie ist, dass sie nach einer überstandenen
Infektion nicht vollständig aus dem Körper verschwinden. Sie gehen in ein Latenzstadium über und können so unbehelligt im menschlichen Körper überleben. Wenn sie dann
48
"geweckt" bzw. reaktiviert werden, kommt es zu einer weiteren Erkrankung.―
Bei der Eisbärin im San Diego Zoo war man zunächst ratlos über die Todesursache. Letztendlich stellte man jedoch eine Equie-Herpes-Virus Infektion (EHV-9) fest.
„Dass Herpesviren besonders schwerwiegende Verläufe bei einer Übertragung auf eine
andere Spezies hervorrufen können, ist bekannt. Doch dieser 12jährige weibliche Eisbär, der mit plötzlich beginnendem Muskeltremor (Muskelzittern), Kreisbewegungen,
Kopfschütteln und Ptyalismus (Abnormer Speichelfluss) vorgestellt wurde und schnell
dann partielle und letztlich generalisierte Krämpfe zeigte, ließ zweifellos zunächst an
andere Differentialdiagnosen als eine Infektion mit dem equinen Herpesvirus 9 denken.
Ein ungewöhnlicher Fallbericht, aus dem die Konsequenz gezogen werden soll, immer
ausgesprochen vorsichtig im Handling von wilden oder in Gefangenschaft gehaltenen
8
Equiden zu sein - insbesondere in Zoos!―
Der EHV-9 Virus selbst wurde…
„…erst kürzlich isoliert. Es verursacht Enzephalitis beim Pferd. Die Tenazität der EHV
ist vergleichbar mit derjenigen von BoHV-1; bleibt in eingetrocknetem Zustand relativ
48
lange infektiös (v.a. an Pferdehaar 2-6 Wochen).―
Der Equine-Herpes-Virus ist, wie der Name Equine (von lat. equus „Pferd“) schon sagt, eigentlich ein
für Pferdeartige eher typischer Virus.
„Bei den Pferden sind sechs equine Typen bekannt und drei eselspezifische Typen, die
als Asinine Herpesviren bezeichnet werden. Also insgesamt sind 9 verschiedene EHV
48
(EHV-1 bis EHV-9) bekannt.―
Über die Verweildauer des EHV-9-Virus im Körper wird von Spezialisten folgende Aussage gemacht:
„Das Immunsystem kann nur die akute Erkrankung bekämpfen, nicht aber die in den
Spinalganglien des Nervensystems verbleibenden Viren. Auf diese Weise überdauert
ein Reservoir von Herpesviren lebenslang im infizierten Organismus (lebenslange Persistenz). Bei einer persistierenden Infektion wandern die HSV aus den Spinalganglien
herab und es kommt zu einer kontinuierlichen, geringen Vermehrung und Freisetzung
infektiöser Viren. Bei einer latenten Infektion dagegen ist das Virusgenom stumm, d.h.
es kommt zu keiner Expression von viruskodierten Proteinen. Erst bei einer Sekundär48
infektion wird das Virus somit wieder aktiv.―
Besonders in Bezug auf Knut mögliche Ansteckung mit EHV-9 ist folgende Aussage interessant:
„Eine Sekundärinfektion beruht zumeist auf einem geschwächtem Immunsystem, z. B.
48
bei oder nach starken Fieberschüben, Stress, Impfungen, Wurmkuren etc.―
Verlauf des Virus
11
„Das wohl hervorstechendste Merkmal der Pathogenese ist die Tendenz zu latenten Infektionen. Bei dieser Art der Virus-Wirt-Interaktion wird das Genom des Virus in das
Wirtsgenom integriert und die Produktion von viralen Strukturproteinen lässt sich nicht
nachweisen. Dieses "Verschwinden" kann mit dem Eintauchen eines Unterseebootes
verglichen werden: auf der Oberfläche der infizierten Zelle kündet kein Virusprotein die
Anwesenheit des Virus in der Zelle an. Für das Immunsystem sind infizierte Zellen nicht
erkennbar. Vom Standpunkt der Virus-Evolution aus betrachtet, stellt die Latenz einen
der am stärksten an den Wirt angepassten Mechanismen dar. Das Virus "überlebt" im
Wirt während Jahren, in vielen Fällen ohne Krankheit auszulösen. Die Phasen der produktiven Virusvermehrung ermöglichen es dem Virus, neue Wirte zu befallen und in
diesen anschließend an eine Phase der produktiven ebenfalls eine latente Infektion zu
etablieren. Der Nachweis der latenten Infektion ist aufwendig. Neben der CoKultivierung von potentiell virushaltigem Material (Ganglien, Knochen-markszellen) mit
empfänglichen Zellen kann Virus (in diesem Fall nur Virus-DNA) auch durch in situ Hybridisierung nachgewiesen werden Der eindeutige Nachweis der Viruslatenz ist bisher
nicht bei allen Herpesviren gelungen; beispielsweise bei Rhinopneumonitis bestehen
48
nur klinische Anhaltspunkte für latente Infektionen.―
Bei Pferden kommt dieser Virus oft vor und wird wie folgt beschrieben:
„Herpesviren treiben tief versteckt im Zellkern ihr Unwesen und werden dadurch vom
Körper schlecht erkannt und die Abwehr dagegen fällt oft schwach aus. Auch die Reaktion auf Impfungen ist bei Herpesviren aus genannten Gründen schwach oder es erfolgt
gar keine Antikörperbildung, so dass sie in kürzeren Abständen wiederholt werden
müssen, als andere Impfungen, um wirklichen Schutz zu geben, Antikörper sollen nur
2-4 Monate vorhalten. Gegen die ZNS-Variante, da sind sich viele Fachleute einig, dass
dagegen gar keine Impfung hilft. Die Krankheits-Symptome reichen bei Herpesbedingten Erkrankungen von "Schnupfen" zu chronischen Kehlkopfentzündungen zu
Fohlen-Verlusten vor bzw. bald nach der Geburt und - last but not least - zu Nerven48
Entzündungen, die sich zu Lähmungen und sogar Todesfällen ausweiten können.―
Bei Pferde werden die Ansteckungswege und Komplikationen wie folgt beschrieben:
„Die Herpesviren 1 und 4 sind beim Pferd weit verbreitet. Nach einer Infektion zieht sich
das Virus in die Nervenzellen (Ganglien) des betroffenen Pferdes zurück und entzieht
sich auf diese Weise dem Immunsystem des Pferdes. Eine Elimination des Virus ist
deshalb nicht möglich und das Pferd bleibt lebenslang Virusträger. In Stresssituationen, z. B. nach langen Transporten, nach Besuch von Pferdesportveranstaltungen, bei
anderen Erkrankungen oder nach dem Absetzen der Fohlen von der Mutterstute, kann
es aktiviert werden. Es kommt dann, mit oder auch ohne Krankheitsanzeichen des betroffenen Pferdes, zu einer massiven Virusausschüttung. Durch direkten Kontakt zwischen den Pferden (Tröpfcheninfektion) oder indirekt über Putzzeug, Schubkarren,
Wassereimer, Mistgabel, das Pflegepersonal etc. wird das Virus auf andere Pferde übertragen und kann zu den beschriebenen Krankheitssymptomen führen. Eine Übertragung von der tragenden Mutterstute auf ihr ungeborenes Fohlen ist ebenfalls möglich.
Herpes 'schleicht' sozusagen langsam durch die Bestände - im Gegensatz zur Influenza
- wobei zwar viele chronisch erkrankte Pferde übrigbleiben, manche dann einige Zeit
später durch sensibilisierte Schleimhäute zum Allergiker werden, aber viele auch gar
nicht sichtbar/ merkbar erkranken. Virusstämme mit erhöhter Virulenz mögen dann
schon gehäuft zu neurologischen Symptomen führen. Gerade dadurch kann es akut zu
48
lebensbedrohlichen Lähmungen und in der Folge auch zu Todesfällen kommen.―
48
Übertragung
- meist per Tröpfcheninfektion (Sekrete derAtemwege)
- selten bleibt der Virus an Oberflächen (Stallwand, Putzzeug, Einstreu, Nasenbremse usw.)
Weitere und nähere Informationen zum Pferde-Herpes-Virus finden Sie HIER
12
Im Fall von Knut und den möglichen Zusammenhängen zur EHV-Virus Erkrankung, fand ich folgende
Details zu bisherigen Klinikberichten (zwar hier nur Pferd) sehr interessant:
"Bisher nahm man an, dass es neurotrope EHV1-Stämme gibt, die während der Virämie
bevorzugt das ZNS befallen und daher zu einer Enzephalomyelitis führen. Neuerdings
wird allerdings die Möglichkeit diskutiert, dass es sich bei der equinen HerpesvirusEnzephalomyelitis um eine Immunkomplexkrankheit handeln könnte, da es zu charakteristischen Veränderungen der Endothelien des Rückenmarks kommt. Zwischen EHV1
und EHV4 besteht eine Kreuzimmunität. Man vermutet, dass ein Boostereffekt in der
Antikörperbildung ausgelöst wird, wenn auf eine persistiernde EHV1-Infektion eine
EHV4-Infektion folgt. Dies bewirkt einen raschen Anstieg der Antikörper im Blut, wodurch es zu einer massenhaften Bildung von Immunkomplexen kommt, die sich in den
Endothelien des ZNS ablagern. Die dadurch bedingte Enzephalomyelitis (in seltenen
Fällen auch reine Myelitis) verursacht zentralnervöse Störungen wie Ataxien und Pare49
sen, es werden auch häufig tödlich verlaufende Paralysen beobachtet."
Die wichtigste Frage die sich auch die Wissenschaftler bisher stellen ist, wie kann ein PferdeartigerVirus nun auf Eisbären übergreifen und zu solch fatalen Folgen führen.
Wo ist die Ansteckungsquelle? Wo ist sie im Zoo Berlin, wenn Knut von diesem Virus befallen ist?
Ist die Virusquelle im Zoo Berlin?
Im unteren Bild sehen Sie übrigens, wie sich der
Herpesvirus durch die verschiedensten Spezies zieht
und welchen Verlauf er nimmt. Gut zu erkennen der
EHV-9 Erreger der von einem Grevys-Zebra auf einen Eisbären überging.
13
Ein neuer Killer-Virus im Zoo13
Um das mögliche Ausmaß eines möglichen EHV-9 Falles bei einem Eisbären in Deutschland noch
deutlich zu machen, möchte ich aus einigen Veröffentlichungen zitieren.
Zum ersten Fall einer EHV-9-Erkrankung mit Gehirnentzündung (encephalitis) bei der bereits oben
erwähnten 12jährigen Eisbärin im Zoo von San Diego gibt es auch einen ausführlichen Fallbericht.
Aus diesem Bericht stammen folgende Aussagen, die meine Annahme einer EHV-9 Erkrankung bei
Knut bekräftigen.
Als Quelle des Pferde-Herpes-Virus (EHV-9) werden zwei Grevy Zebras benannt.
Mit diesem Befall bei einem Eisbären erweitert sich, so der Bericht, die natürliche Wirtsstrecke auf 6
Spezies in 3 Säugetiergruppen.
50
―Thus, the natural host range is extended to 6 species in 3 mammalian orders.‖
Dieses Herpesvirus (EHV) 9 ist das neueste Mitglied der pferdeartigen Herpesviren.
Als Primärwirt werden Pferde benannt.
Die Autopsie der Eisbärin ergab eine „nonsuppurative Meningoenzephalitis“.
50
―Postmortem examination showed nonsuppurative meningoencephalitis…‖
Vor der Eisbärerkrankung stellte man bei 2 Grevy´s Zebra im selben Zoo, die sich auf einer Anlage
neben der der Eisbären befand, den EHV-9-Virus fest.
Die PCR-Resultate waren für andere Erreger beim Eisbären, den Zebras und bei einem Onager jeweils negativ.
―Before the polar bear case, EHV-9 had been detected at the same zoological garden in
2 Grevy’s zebras from the same herd, which had been relocated near the polar bears.
PCR results for other potential pathogens (e.g., EHV-1, adenovirus, chlamydiae, rickettsiae, rabies, paramyxovirus, and West Nile virus) were negative in the polar bear, ze50
bras, and onager.‖
Dieser Report zeigte, dass der Pferde-Herpes-Virus-9 durchaus Nichtpferdeartige befallen und bei
einem Eisbären zu einer Gehirnentzündung führen kann, ohne direkten Kontakt mit den Wirten (hier
Zebras).
In jedem Fall (egal ob von Tier zu Tier oder indirekte Ansteckung) ist die Ansteckungsfähigkeit von
EHV-9 erheblich
―In either instance (direct animal-to-animal or indirect fomite transmission), the infectiv50
ity of EHV-9 for polar bears would have been substantial.‖
Als möglicher Wirt könnte man die Zebras nennen, ist sich aber nicht sicher.
Der EHV-1 ist in domestizierten Pferden zu finden und kann bei ihnen Pneumonie, Rückenmark- und
Gehirnentzündung (Myeloencephalitis) und Abtreibung auslösen.
Der EHV-9 hängt im hohen Grade mit dem EHV-1 zusammen, ist aber einzigartig in seiner Fähigkeit,
Krankheiten in einer Vielzahl anderer Säugetiere, einschließlich Primaten zu verursachen.
„EHV-1 is endemic in domestic horses and can cause pneumonia, myeloencephalitis,
and abortion. EHV-9 is highly related to EHV-1 but unique in its ability to cause disease
50
in a variety of other mammals, including primates.‖
Der Wirtsverlauf des neuen Herpes-Virus Typ 9 hängt offensichtlich auch damit zusammen, so die
Autoren, dass so genannte Wildtiere, Haustiere und Menschen gerade im Zoo so eng aufeinandertreffen.
―Redefining the host range of EHV-9 raises new issues regarding the anthropogenic effects of assembling diverse species in zoological gardens and the growing interface be50
tween wildlife, domesticated animals, and humans.‖
14
In seinem Artikel (erschienen im „San Diego Readers“ vom 17.12.2008), der sich sehr ausführlich mit
dem plötzlichen Todesfall der 12jährigen Eisbärin beschäftigt, beschreibt Journalist Matt Potter den
Fall sehr direkt, unverblümt und keinesfalls übertrieben.
So meint er, dass diese so genannte „Croos-Species“-Infektion, weil dieser eigentlich reine PferdeVirus auf andere Tierarten überspringt, weit über die Grenzen eines Zoo hinaus Auswirkungen habe
kann und dieser Virus eben das Potenzial dazu hat auch Menschen zu infizieren und zu töten.
„What Schrenzel and his team discovered was big news to scientists: a littleunderstood variation of a herpes virus common in Grevy’s zebras and other horserelated animals had somehow found its way into the polar bear and killed it. The socalled cross-species infection had ramifications far beyond the cloistered world of
zoos; it indicated that such equine viruses might possibly have the potential to infect
13
and kill human beings.‖
Der Zoo meint im Artikel, dass man aufgrund des Krankheitsbildes beim Eisbären gleich von einer
Viruserkrankung ausging und dass so ein EHV-9 Fall bereits von anderen Zoos beschrieben wurde,
aber es zum ersten Mal eine nichtpferdeartige Spezies traf.
Dem Zoo war nicht klar, wie der Virus übertragen wurde und wie er zum Eisbären gelangen konnte.
Aufgrund der Untersuchung lag jedoch nahe, dass der Virus hoch infektiös sei, weil man der Zoo im
Vorfeld des Befalles beim Eisbären eigentlich alle Vorkehrungen für einen Schutz getroffen hatte.
„It's really not clear how that virus was transmitted to the polar bear. But the investigation suggests that — or what's really significant about the investigation is that the virus
appears to be highly infective, because there are all kinds of precautions taken to pro13
tect animals that are in adjacent, or different, parts of the zoo.‖
Man ging sogar davon aus, dass der Virus durch den Wind übertragen wurde.
―So we really don't know exactly how it got there. It could have been some type of
13
windborne fomite that transmitted it to the polar bear.‖
Weiter heißt es im Artikel, dass es das erste Mal sei, dass Eisbären also Bären überhaupt von diesem
Virus betroffen sind, also keine typische Tiergruppe für Herpes.
―This is the first case of a polar bear, or any type of bear, contracting this virus, and it
is the second part of this investigation that is highly significant in that this virus, by affecting the polar bear, demonstrated that it's capable of crossing wide taxonomic ani13
mal groups, which is not usually typical of herpes viruses.‖
Normalerweise bewirkt Herpes, so im Artikel weiter, nur bei besonders immungeschwächte Menschen
schwerwiegende Probleme. Doch wie es bei diesem Virus ist, der taxonomische unterschiedliche
Gruppen überspringen kann, weiß man noch nicht.
Erst waren es Paarhufer wie Giraffen und Gazellen die der Wiederkäuer angehörten, dann pferdeartige wie Zebra oder Onager und nun ein Urside wie der Eisbär. Das sind drei unterschiedliche taxonomische Gruppen.
13
―Those are three widely different taxonomic groups of animals.‖
In Japan hat man Impfungen durchgeführt und festgestellt, dass der Virus auch Nagetiere, Katzen,
Hunde, Ziegen, Schafe und Primaten befallen kann.
Die Sorge, dass der Virus auch Menschen befallen kann, auch wenn dies noch keiner dokumentiert
hat, ist daher groß.
13
―[Infection in humans] has never been documented, but that is a potential worry.‖
15
Noch deutlicher werden Virologen der kanadischen University of Saskatchewan am 14.09.2010 in
einem Artikel zum Herpesvirus:
Herpesviren können schweren Krankheiten oder Pathologien entwickeln, wenn das empfindliche
Gleichgewicht zwischen Wirt und Virus gestört ist. Zum Beispiel:
- bei asiatischen und afrikanischen Elefanten,
- Affen-Herpes-B beim Menschen,
- EHV-9 Infektion beim Eisbären,
- EHV-1 bei der intensiven Tierhaltung.
―Herpesviruses have evolved with their hosts and are very well adapte and most infections
in their natural hosts are asymptomatic. However serious disease or pathology can develop when the delicate equilibrium between host and virus is disturbed eg. viruses of Asian
and African elephants, monkey herpes B virus in humans, EHV-9 infection in polar bear, se51
lection of virulent BHV-1 due to intensive rearing of cattle.‖
Nach einer Enzephalitis bei Thomson Gazellen wurde der Pferdeartige-Herpesvirus-Typ 9 erstmalig in
27
einem japanischen Zoo isoliert.
Dr. Daniel Böttner dann weiter in seiner Dissertation im Jahr 2009:
„Dem zunächst als Gazellen Herpesvirus 1 (GHV-1) bezeichneten Virus, wurde aufgrund
von serologischen Charakteristika, Restriktionsenzym- und Sequenzanalysen eine nahe
Verwandtschaft mit dem Equinen Herpesvirus Typ 1 nachgewiesen. Es folgte die Einteilung als neuer Typ eines Equinen Herpesvirus (EHV-9) mit einer stark neurovirulenten
Ausrichtung (Fukushi et al.,1997). Der natürliche Wirt von EHV-9 ist noch unbekannt. Es
wird angenommen, dass Zebras als natürliches Reservoir für EHV-9 dienen könnten.
Die Latenz kann lebenslang erhalten bleiben. Möglicherweise kommt das Pferd als natürlicher Wirt in Betracht, weil es nicht an der Infektion verstirbt, sondern keine oder
27
nur moderate klinische Symptome zeigt (Taniguchi et al., 2000 a).―
Herkunft des EHV-9
„EHV-1 ist seit Langem im Zusammenhang mit Ataxien bei Pferden bekannt. Darüber
hinaus ist bekannt, dass auch andere Equiden-Arten und Nicht-Equiden von Herpesviren befallen und neurologisch erkranken können. Die Rolle von EHV-9 im Zusammenhang mit herpesbedingten neurologischen Erkrankungen bei Zoo- und Wildtieren, sowie bei verschiedenen Equiden-Arten ist bisher wenig erforscht. EHV-9 ist aufgrund der
hohen serologischen und genetischen Homologie zu EHV-1 diagnostisch nur schwer
abzugrenzen, so dass es hier in der Vergangenheit möglicherweise auch zu Fehldiagnosen gekommen ist. In einem japanischen Zoo gehaltene Thompson Gazellen die zusammen mit Zebras in einem Gehege untergebracht waren, erkrankten an Enzephalitis
und mussten getötet werden. Dem zunächst als Gazellen Herpesvirus 1 (GHV-1) bezeichneten Virus, wurde aufgrund von serologischen Charakteristika, virologischen,
molekularbiologischen und genetischen Merkmalen eine nahe Verwandtschaft mit dem
Equinen Herpesvirus Typ 1 nachgewiesen. Es folgte die Einteilung als neuer Typ eines
Equinen Herpesvirus (EHV-9) mit einer stark neurovirulenten Ausrichtung (Fukushi et
27
al., 1997).―
Besteht auch die Gefahr, dass Menschen erkranken?
„EHV-9 hat als neurotropes Herpesvirus das Potential, bei zahlreichen Spezies eine z.T.
tödlich verlaufende Erkrankung hervorzurufen. Auch bei Primaten konnte mit EHV-9
experimentell eine mit neurologischen Symptomen einhergehende Erkrankung hervorgerufen werden, bei der sich histologisch das Bild einer fulminanten Enzephalitis dar27
stellte (Kodama et al., 2007).―
16
Gab es bereits Fälle von EHV und EHV-9 im Zoo Berlin?
Die Frage muss eindeutig mit einem JA beantwortet werden. Denn in einem Verhandlungsbericht von
1989 heißt es:
„Im Jahr 1975 und 1976 traten bei zwei jungen, im Zoo geborenen Böhmzebras erstmalig Ataxien der Hinterhand auf. In den folgenden Jahren wurden Ataxien in ähnlicher,
wenn auch in stärker oder schwächer ausgeprägter klinischer Verlaufsform, auch bei
40
einigen jungen Damarazebras und Przewalskipferden beobachtet.―
„Als Ataxie (griech.: ataxia, Unordnung) werden bei Pferden Störungen der normalen
Bewegungsabläufe und der Körperhaltung bezeichnet. Ursache sind hierbei nicht Erkrankungen oder Verletzungen des Bewegungsapparates, sondern Schädigungen des
Zentralnervensystems. Die Ursache der zerebralen Ataxie sind Erkrankungen des Groß(Cerebrum), Zwischen- oder Mittelhirns. Die zerebellare Ataxie wird durch eine Schädigung im Kleinhirn (Cerebellum) ausgelöst.Die beiden letztgenannten Ataxien sind zumeist Folge einer schweren Virusinfektion. Auslöser kann zum Beispiel das equine
52
Herpes-Virus (EHV-1) sein.―
Weiter heißt es im Bericht zu Fällen von EHV im Zoo Berlin:
„Nach den erhobenen Befunden liegt eine chronische Infektion mit Herpesvirus equi 1
vor, die über die Schädigung der motorischen Gangliezellen zentrifugal wirkend die
Ataxien ausgelöst hat. Das gehäufte Auftreten von Ataxien bei unseren Einhufern, der
klinische Verlauf, die pathologischen Befunde und die virologischen, bakteriellen und
chemischen Untersuchungsergebnisse lassen keine eindeutigen Schlüsse hinsichtlich
der Ursachen dieses komplexen Krankheitsgeschehen zu. Für den bereits bei den ersten Ataxiefällen erhobenen Verdacht auf das Vorliegen einer Herpesvirus-equi-1Infektion sprachen bei einem junge Przewalskipferd und mehreren Zebras die erhöhten
NT-Titer die histologisch ermittelten schweren Ganglienzellnekrosen im Kleinhirn und
im Rückenmark sowie die gefundenen chronischen Peribronchititiden bei einzelnen
40
Tieren.―
In einem anderen Bericht heißt zum Fall von EHV im Zoo Berlin weiter:
„Bei wilden Equiden konnte EHV1 an den Neuronen selbst nachgewiesen werden
41
(Kahrmann et al. 1993).―
Damals wurde jedoch ein Vitamin-E-Mangel nicht aber der Herpesvirus als mögliche Hauptursache
der Erkrankung gesehen.
„Inzwischen haben sich aber die Verdachtsmomente, die für das Vorliegen eines Vita40
min-E-Mangels sprechen, wesentlich verstärkt.―
―In this connection the strong suspicion of the presence of EHV-1 infection was ex39
pressed.‖
Ein fataler Irrtum damals?
Sechs Jahre später (1995) verstarb ein weiblicher Schabrackentapir. Die Diagnose:
„Aber auch bei den Schabrackentapiren blieben wir vor Rückschlägen nicht bewahrt.
Das zweite Weibchen … erlag einer Herpesvirus-Infektion, die bisher nur von Pferdear38
tigen bekannt war.―
„Die virologische Untersuchung im Viruslabor…ergab ein überraschendes Ergebnis,
dass der Tapir an einer für Pferde typische Herpesvirus-Infektion gestorben war. Dies
ist der erste bekannte Fall einer solchen Infektion bei einem Tapir, der ja auch die nahe
38
Verwandtschaft dieser Tierart zu den Pferdeartigen bestätigt.―
Ein wirklich überraschendes Ergebnis?
17
Auch ein männliches Spitzmaulnashorn starb im Jahr 1995. Im Jahresbericht wird darüber auch berichtet:
„…starb ganz unerwartet an einem Herzschaden dessen Vater TATU. Äußerlich befand
sich das Tier in bester Verfassung, und auch sein verhalten hatte zu keinerlei Sorge An38
lass gegeben.―
Was aber im Jahresbericht nicht beschrieben oder auch einfach nur vergessen wurde ist die Tatsache, dass bei diesem Nashorn auch das Herpesvirus mittels eines Elektronenmikroskopes identifiziert
wurde:
40
“Virologically a herpesvirus is identified by means of electron microscope.‖
2000 verstarb ebenfalls plötzlich und unerwartet der nur wenige Monate alte Elefant KIRI. Ebenfalls
am Herpes-Virus:
„Der plötzliche Tod traf den kleinen Elefanten vielmehr bei einem äußerlich stabilen
Gesundheitszustand. Die Infektion sei offenbar von einer Stunde auf die andere ausgebrochen. Herpesviren kreisten auch beim Menschen nicht permanent in der Blutbahn,
sondern zögen sich an Körperstellen zurück, wo sie für das Immunsystem nicht erreichbar seien, erklärt Ochs. Durch eine Schwächung des Immunsystems - beim Menschen durch Ekel oder Stress - kann sich das Virus explosionsartig ausbreiten, ins Blut
gehen und so innerhalb kürzester Zeit Organe besiedeln. Bei Kiri war es der Herzmuskel. Als das Tier am Morgen des 28. Dezembers tot aufgefunden wurde, sah es so aus,
als habe er aufstehen wollen. Die Anstrengung, den Kopf zu heben und auf die Vorderbeine zu kommen, habe sein angegriffenes Herz offenbar überfordert, vermutet Ochs.
Indische Elefanten, wie der Berliner Zoo sie besitzt und züchtet, seien besonders empfindlich gegen den Herpes-Virus, weil sie nicht die ursprünglichen "Wirtstiere" dieser
Virusart seien. Sie sei von afrikanischen Herden, die in der Regel nicht tödlich erkran43
ken, auf die asiatischen Elefanten übertragen worden.―
„Bislang zeigten die erwachsenen Tiere keinerlei Symptome einer Herpes-Infektion,
sagt Ochs. Seitdem Kiris Vater Kiba 1998 gestorben war, wurde nicht nur das Blut der
43
übrigen Tiere regelmäßig untersucht.―
1998 verstarb ebenfalls plötzlich und unerwartet Elefant KIBA an einem Herpes-Virus:
„Am 31.August traf uns völlig unerwartet der schwerste Verlust des Jahres: Nach nur
44
etwa achtstündiger Krankheit starb der Elefantenbulle MAMPE.―
Hier wurde übrigens fälschlicherweise der Name MAMPE mit dem tatsächlich am verstorbenen KIBA
verwechselt. Ein Elefant namens MAMPE starb bereits 1985.
2011 verstarb ebenfalls plötzlich und unerwartet Elefantendame SHAINA PALI, gerademal sechs Jahre alt:
„Dienstagmorgen, 7 Uhr, fand Pfleger Rüdiger Pankow das leblose Elefantenmädchen
Shaina Pali (6) im Stall. Dahingerafft von einem heimtückischen Killervirus. "Es war eine Herpes-Infektion. Bei der Sektion wurden die dafür typischen inneren Blutungen
53
festgestellt", so Tierarzt und Elefanten-Kurator Dr. Andreas Ochs zum KURIER.―
„Elefanten-Herpes also. Ein rasantes Virus, das Shaina Pali in nur wenigen Stunden tötete. Ihr Herz hörte einfach auf zu schlagen. Ochs: "Wir hatten keine Chance. Selbst
wenn man das Virus festgestellt hätte, wären die Heilungs-Chancen in der kurzen Zeit
53
nur minimal gewesen."
Kommt Ihnen die Aussage nicht bekannt vor? Zur Erinnerung:
„Knut hätte aber angeblich nicht geholfen werden können, wäre die Krankheit früher er23
kannt worden.―
Und trotz Impfung starb SHAINA PALI plötzlich und unerwartet.
„Während die erwachsenen Dickhäuter mit einem selbstentwickelten Immunstoff zwei
Mal im Jahr geimpft werden, lässt sich die Zweijährige noch kein Blut abnehmen. Der
53
Zoo hofft, dass das Herpes-Virus sie verschont.―
Hat ein anderer Herpes-Virus die nur 6jährige Elefantendame angegriffen und getötet?
18
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt nach der Pressekonferenz zu Eisbär-Knuts Tod:
„Freispruch für den Berliner Zoo - Viele Vorwürfe und Anfeindungen muss der Berliner
Zoo sich gefallen lassen, seit sein größter Star gestorben ist. Nun steht fest: Der Zoo
18
trägt keine Schuld am überraschenden Tod des Eisbären Knut vor zwei Wochen.―
Herpes-Viren können auf unterschiedlichste Art und Weise auch vom Menschen auf andere Tiere
übertragen werden. Im Zoo Berlin wird es den Viren offensichtlich immer mal wieder leicht gemacht,
wie man auf nur drei Fotobeispielen sehen kann. Oder sehen Sie Schutzhandschuhe?
19
Quellenangaben
1
H. Kiupel, Sektionsergebnisse bei Zootieren maritimer Regionen, Verh. Ber. Erkrg. Zootiere 28, Seite
13-17
2
H.Kronenberger, K.-F. Schüppel und S. Seifert, Trichinose als Lahmheitsursache, Verh. Ber. Erkrg.
Zootiere 12, Seite 139-140
3
R. Ippen und D. Henne, Obduktionsbefunde bei Bären, Verh. Ber. Erkrg. Zootiere 28; Seite 89-98
4
A. Kuntze, Mit neurologischer Symptomatik assoziierte Krankheitsbilder bei Bären, Verh. Ber. Erkrg.
Zootiere 33,Seite 167-173
5
A. Kohm (Zoo Karlsruhe) Bericht über den Tod und die Sektionsbefunde von einem 17jährigen Eisbären, Verh. Ber. Erkrg. Zootiere 29, Seite 325-326
6
D. Ritscher, H.Kiuperl und G. Fricke, Bemerkungen zu Postnatalen Verlusten bei Eisbären im Zoo
Rostock, Verh. Ber. Erkrg. Zootiere 26, Seite 117-123
7
R. Ippen und H.-D. Schröder, Auswertung der postmortalen Untersuchungsergebnisse bei in
Gefangenschaft gehaltenen Landraubtieren (TierparkBerlin),Verh. Ber. Erkrg. Zootiere 26, Seite 2937, 1984
8
EHV-9-Infektion bei einem Eisbären (Fallbericht), vetcontact.de, 2001
9
E.S. Williams and E.T. Thorne, Infectious and parasitic disease of captive carnivores, with special
emphasis on the black-footed ferret, Rev. sci. tech. Off. Int Epiz.m 1996, 15 (1), Seite 91-114
10
Geschäftsbericht des Tierpark München Hellabrunns 1978, Seite 23
11
www.Vetion.de vom 01.04.2011
12
Geschäftsbericht des Tierpark München Hellabrunns 1977, Seite 15
13
Matt Potter, New Virus Killer at the Zoo, San Diego Reader vom 17.12.2008
14
Knut starb durch Ertrinken infolge einer Hirninfektion, AFP vom 01.04.2011
15
Toter Eisbär Knut wird noch Monate untersucht, Berliner Morgenpost 02.04.2011
16
Knuts Virus bedroht auch seine Mutter und Tanten, BZ vom 02.04.2011
17
Runa Reinecke, Knuts Leiden war für Ärzte nicht erkennbar, 20min.ch vom 01.04.2011
18
Freispruch für den Berliner Zoo, Süddeutsche Zeitung vom 02.04.2011
19
Christina Hucklenbroich, Wurde Knut gemobbt? FAZ vom 21.03.2011
20
Uwe Steinschek, Knut-Tod: Zoo-Chef vermutet Epilepsie, BZ vom 22.03.2011
21
K. Schneider und Alex Rackow, Die Frau, die das Rätsel um Knuts Tod lösen soll, BILD vom
27.03.2011
22
Epileptischer Anfall ist Grund für Tod von Knut, Welt vom 26.03.2011
23
Martin Müller-Mertens, Eisbär Knut starb an mysteriöser Infektion, Berliner Umschau vom
02.04.2011
24
Das geliebte Raubtier, Ostsee-Zeitung.de vom 10.01.2008)
25
Knut- ein nicht ganz gewöhnlicher Zuchterfolg, Andre Schüle Zoo Berlin, Bongo Band 38, 2008)
26
Tierärztliche Tätigkeit 2007, Bongo Band 38, 2008)
27
Daniel Böttner; Untersuchungen zur Pathogenese der neurologischen Form der EHV-1
Infektion des Pferdes unter Einbeziehung von EHV-4 und -9 und besonderer Berücksichtigung von
zirkulierenden Immunkomplexen, FU Berlin, 2009
28
„Das große Knut Album“, Zoo Berlin und die Berliner BZ-Extra, 2007
29
Das ist Knuts Schädel, BILD vom 04.04.2011
30
Eisbären-Drama in Wuppertal!, BILD vom 22.06.2010
31
Spekulationen um Gift-Anschlag – Eisbärin JERKA tot, N-TV vom 21.06.2010
32
Lars, ich VILMA ein Bärchen von dir, BILD vom 15.12.2010
33
Eisbärin Jerka ist tot, WDR vom 21.06.2010
34
Floh und Zecke als unliebsame Haustiere, Kurier.at vom 03.04.2011
35
H.Kiupel, D. Ritscher und G.Fricke, Toxoplasmose bei jungen Kodiakbären, Verh. Ber. Erkrg. Zootiere 29, 335-340
36
Stefan Jacobs, Knut war nicht zu retten, Postdamer Neuesten Nachrichten (PNN) vom 02.04.2011
37
E.Pozio, K.Nöckler, L.Hoffmann, W.P.Voigt, Autochthonous and imported Trichinella isolates in
Germnay, Veterinary Parasitology 87 (2000) 157-161, 26.04.1999
38
Jahresbericht für das Jahr 1995 des Zoo Berlins, Bongo Band 26, 1996, Seite126
39
R.Göltenboth, W. Busch, J.Henschke, A.Ochs, und U.Wittstatt (1996), Herpesvirus infection in an
Indian Tapir and a Black rhinoceros. Case report. Proceed. Amer. Assoc. Zoo Vets. Puerto Vallarta,
Mexiko, 18-21
40
R. Gölthenboth und H.-G. Klös, Zur Problematik der Nachhandtaxien bei Przewalksipferden und
Zebras im Zoologischen Garten Berlin, Verh. Ber. Erkrg. Zootiere 31, Seite 217-224, 1989
20
41
KAHRMANN, B., DÄMMRICH, K., GÖLTENBOTH, R. (1993), Neurologische Verlaufsform der EHV1-Infektion bei Wildequiden des Zoologischen Gartens Berlin und immunhistochemischer Antigennachweis im Zentralnervensystem Pferdeheilkd. 9, 207-214
42
M.Kiupel, E.B.Janovitz, L.K.Richmann, D.A.Murphy and TH.C. Butler, Herpesvirus Encephalitis in a
th
Giraffe, 4. EAZWV Meeting in Heidelberg vom 08.-12. Mai 2002
43
Nach Kiris Tod: Zoo befürchtet weitere Herpes-Infektionen, Der Tagesspiegel vom 03.1.2001
44
Jahresbericht des Zoo Berlins für das Jahr 1998, Bongo Band 29 (1999), Seite 162
45
Zoo Berlin, Stand der Untersuchung des Eisbären Knut, 01.04.2011
46
T. A. Donovan, M. D. Schrenzel, T. Tucker, A. P. Pessier, B. Bicknese, M. D. M. Busch, A. G. Wise,
R. Maes, M. Kiupel, C. McKnight and R. W. Nordhausen, Meningoencephalitis in a Polar Bear Caused
by Equine Herpesvirus 9 (EHV-9), Vet Pathol 2009 46: 1138
47
http://f3.webmart.de/f.cfm?id=3060890&t=3830568&pg=25&r=threadview
48
http://borna-borreliose-herpes.de/herpes/virenbeschreibungPferd.htm
49
http://www.veti-berichte.de/02Pferd/pferd26.htm
50
Mark D. Schrenzel, Tammy A. Tucker, Taryn A. Donovan, Martin D.M. Busch, Annabel G. Wise,
Roger K. Maes, and Matti Kiupel, New Hosts for Equine Herpesvirus 9; Emerg. Infect. Dis. 2008 Oct
51
Herpesvirus (Eintrag vom 14.09.2010) University of Saskatchewan
52
Wikipedia, Ataxie (Pferd)
53
M. Böttcher, Elefant stirbt an Herpes-Infektion, Berliner Kurier vom 05.04.2011
Fotorechte
Die 3 Fotos auf Seite 19 sind aus diversen Jahresberichten des Zoo Berlins zur reinen Dokumentation
übernommen worden.
Copyright
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Frank Albrecht, Nürtingen 05.04.2011
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