PDF der Forschungsarbeit - Institut für Asien
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Humboldtuniversität zu Berlin Berlin, 31.03.2014 Philosophische Fakultät III Institut für Asien- und Afrikawissenschaften Medien und Moderne: Kommunikativer und soziokultureller Wandel in Süd- und Südostasien (53759) Prof. Dr. Nadja-Christina Schneider Forschungsarbeit Satyamev Jayate – ein ‚populäres Medienereignis 2.0‘? Eine Analyse der Fernsehsendung Satyamev Jayate unter Gesichtspunkten der Politischen Ökonomie der Medien und der Medienereignistheorie Judith Gasch Masterstudiengang: Moderne Süd- und Südostasienstudien Modul I - Geschichte der Modernisierungsprozesse in Süd- und Südostasien Wintersemester 2013/2014 Inhaltsverzeichnis 1) Einleitung .............................................................................................................................1 2) Theoretische Grundlagen ...................................................................................................3 2.1 Kerndebatten der Theorie der Politischen Ökonomie der Medien .............................3 2.2 Kerndebatten der Medienereignistheorie .........................................................................4 3) TV in Indien ...............................................................................................................................8 3.1 Geschichte und Entwicklung des Fernsehsektors in Indien .........................................8 3.2 Die aktuelle indische Fernsehlandschaft ....................................................................... 11 4) Satyamev Jayate ....................................................................................................................... 15 4.1 Satyamev Jayate – ein Überblick ..................................................................................... 15 4.1.1 Aamir Khan .................................................................................................................... 19 4.1.2 Reaktionen, Wirkung und die Rolle der Social Media .............................................. 20 4.2 Satyamev Jayate als Medienereignis................................................................................ 22 5) Fazit und Ausblick .................................................................................................................. 24 Anhang .......................................................................................................................................... 27 Anhang zu 3.2 .......................................................................................................................... 27 Anhang zu 4.1.2 ....................................................................................................................... 30 Anhang zu 4.2 .......................................................................................................................... 31 Bibliographie ................................................................................................................................ 32 Wissenschaftliche Publikationen........................................................................................... 32 Zeitungsartikel ......................................................................................................................... 34 Internetseiten ........................................................................................................................... 35 Eidesstattliche Erklärung ............................................................................................................ 36 1) Einleitung Die folgende Forschungsarbeit stellt eine Analyse der indischen Fernsehsendung Satyamev Jayate (SMJ) unter Gesichtspunkten der Medienereignistheorie dar. SMJ ist eine indische Fernsehshow aus dem Jahr 2012, die gemeinhin dem Genre der Talkshows zugerechnet wird. Sie wurde von Mai bis August auf verschiedenen Sendern des STAR Networks und DD National ausgestrahlt1 und behandelte unter anderem Themen wie die Tötung weiblicher Föten, Wasserknappheit, Ehrenmorde und Kindesmissbrauch. Durch die Sendung führte einer der berühmtesten Bollywood-Schauspieler, Aamir Khan. Er moderierte die Themen an, führte durch verschiedene Einzelschicksalseinspieler, sprach mit Betroffenen, erklärte Statistiken und skizzierte so ein größeres Bild des Problems. Häufig rief er das Publikum dazu auf, zu helfen, sich zu engagieren oder zu spenden. Die Sendung spiegelte nicht nur in Einschaltquoten und Sozialen Medien ein hohes Interesse der Bevölkerung wider, sondern auch in ihren Auswirkungen. SMJ setzte sich selbst zum Ziel sozial Einfluss zu nehmen und Einstellungen zu ändern. Themen, die behandelt wurden, deckten häufig Missstände im indischen Verwaltungs- und Rechtsapparat auf. Die Informationen, die die Sendung lieferte, waren keineswegs neu, sie erreichten lediglich ein breiteres Publikum und zwangen dadurch Politiker2 zum handeln. Ausgehend von diesen Prämissen und der medialen Dominanz der ersten Staffel in den indischen Medien und der Politik soll die vorliegende Forschungsarbeit betrachten, ob und in wie weit die Sendung SMJ als ein Medienereignis angesehen werden kann. Da im Vorfeld jedoch keine qualitative Feldforschung in Indien durchgeführt werden konnte, ist die Quellenlage stark begrenzt. Aussagen können nur durch eine Analyse der Daten zur Nutzung der Sozialen Medien und über eine Auswertung von Stimmen aus der Metaberichterstattung getroffen werden. Da die Daten hauptsächlich von einer durch die Sendung beauftragten Firma für Datenanalyse bereitgestellt werden, ist die Aussagekraft einiger Angaben nur unter Vorbehalt gewährleistet. Aufgrund der fehlenden qualitativen Daten, kann diese Forschungsarbeit somit nur begrenzte Aussagekraft haben. Dennoch hat sie als theoretische Betrachtung des Themas Aussagekraft und kann als Vorbetrachtung zu einer anschließenden qualitativen Feldforschung dienen. Da sich die indische Fernsehlandschaft in Umfang, Regulierung, Konkurrenz und Nutzung zum Teil fundamental von europäischen und US-amerikanischen Mediensystemen unterscheidet, steht auch die Frage im Raum, inwiefern sich die vorwiegend in Europa ent- 1 Während der Arbeit an dieser Forschungsarbeit begann in Indien die Ausstrahlung der zweiten Staffel von SMJ. Diese Arbeit wird ausschließlich die erste Staffel behandeln. 2 Aus Gründen der flüssigeren Lesbarkeit des Textes, werden Bezeichnungen nicht ge-gendered. Sofern nicht anders hervorgehoben, sind alle männlich formulierten Bezeichnungen als die weibliche Form einschließend zu verstehen. 1 standenen Theorien zu Medienereignissen im indischen Kontext als anwendbar herausstellen. Aufgrund dieser Eigenschaften des indischen Fernsehfeldes wird zur Theorie der Medienereignisse die Theorie der politischen Ökonomie der Medien hinzugezogen. Mit über 800 Sendern, 740 Millionen Zuschauern und etwa 400 Milliarden Rupien an Brutto-Einnahmen im Jahr 2012 (Kohli-Khandekar 2013: XXV) ist das Angebot sehr vielfältig. Diese Tatsache sowie cross-mediale und politische Eigentümerschaft der Sender und ein unübersichtliches System der Einschaltquoten-Messung führen zu Fragmentierung und ‚hyper-competition‘ (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 75), was wiederum eine völlig andere Aufmerksamkeitsökonomie erfordert und unter anderem zu einer ‚eventisierten‘ Medienberichterstattung führt. Ein anderes Spezifikum der indischen Medien ist die ausgeprägte Einbeziehung der Mediennutzer. Meinungsumfragen und Kommentarfunktionen über SMS und zunehmend das Web 2.0 sind häufig und rege genutzt. SMJ bestärkte diese Nutzung, indem es zu Feedback per SMS, Twitter, Kommentaren auf der Webseite, YouTube-Videos und YouTube-Chats mit Aamir Khan aufrief und auch abseits der Ausstrahlung der Folgen stets Diskussionsfragen auf der eigenen Webseite anleitete. Das Web 2.0 und die hohe Einbeziehung des Publikums in eine Interaktion mit der Sendung müssen also unbedingt beachtet werden. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Sendung Satyamev Jayate um ein Medienereignis handelt. Genauer gesagt, soll nachgewiesen werden, dass sie ein populäres Medienereignis nach der Definition von Hepp (2010) oder ‚Pseudo-Ereignis‘ nach Boorstin darstellt (1962). Dabei wird letztendlich vorgeschlagen, dass SMJ aufgrund der umkämpften Aufmerksamkeitsökonomie im indischen Mediensektor und der besonderen Inszenierung der generierten Aufmerksamkeit im Web 2.0 zu Vermarktungszwecken noch über die Definition des populären Medienereignisses hinausgeht. Um dies ausreichend zu erläutern, werden zunächst die für die Arbeit relevanten Kerndebatten der politischen Ökonomie der Medien und der Medienereignistheorie dargelegt. Im Anschluss daran werden die Entwicklung und die aktuelle Lage der indischen Medienlandschaft skizziert. Im vierten Kapitel wird dann die Sendung Satyamev Jayate vorgestellt, die Rolle des Moderators Aamir Khan und schließlich Wirkung und Reaktionen auf die Sendung mit besonderem Fokus auf die Sozialen Medien betrachtet. Zu guter Letzt, soll anhand all dessen dargelegt werden, dass es sich tatsächlich um ein populäres Medienereignis im Sinne Hepps (2010) und (Boorstins (1962) handelt und dies noch um den besonderen Faktor des Web 2.0 erweitert werden muss. 2 2) Theoretische Grundlagen 2.1 Kerndebatten der Theorie der Politischen Ökonomie der Medien3 In einer kritischen Zusammenfassung der wichtigsten theoretischen Grundsätze der Politischen Ökonomie der Medien4 stellt der Medienforscher Werner A. Meier einige Grundlagen und Ziele heraus. So ist es die Aufgabe der Theorie der Politischen Ökonomie, mediale Kommunikationsprozesse als spezifisch gesellschaftlich zu analysieren. Dies beinhaltet, zu betrachten, auf welche Weise marktwirtschaftliche Produktionsverhältnisse via Massenmedien auf die gesellschaftliche Kommunikation einwirken. Im Fokus stehen deshalb wirtschaftliche Strukturen der Produktions- und Eigentumsverhältnisse in der Medienindustrie und deren Bedeutung und Auswirkung für Politik und Kultur (vgl. Meier 2003: 215 & Garnham 1995: 219). Besonders im Hinblick auf ein enormes Wachstum in der Medienindustrie und eine steigende Konvergenz der Medienbranche mit anderen Wirtschaftssektoren ist es wichtig, die komplexen Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichem Wandel, Produktionsverhältnissen, unternehmerischen Zusammenschlüssen und den Implikationen für die öffentliche, gesellschaftliche Kommunikation sowie die Auswirkungen politischer Steuerung und Regulierung aufzuzeigen5 (vgl. Meier 2003: 231). Oliver Boyd-Barrett, einer der wichtigsten Vertreter der Theorie der Politischen Ökonomie der Medien, betont zusätzlich die Betrachtung der vier Prozesse - Konsolidierung, Diversifizierung, Kommerzialisierung und Internationalisierung sowie die Funktionsweise der Profitlogik in der Jagd nach Publikum und/oder Werbeverträgen und daraus resultierenden Medienpraktiken und Medieninhalten (vgl. Boyd-Barrett 1995: 186). Zwar werden der zunehmende Wettbewerb und die Privatisierung von Medien von einigen Strömungen in der Politischen Ökonomie der Medien positiv gesehen und sollen demnach zu einer neuen Publikumsermächtigung und ausgeglichenen globalen Flüssen führen (vgl. Thomas 2010: 8), häufiger jedoch führen Theorien zur Politischen Ökonomie zu einer Medien- und Kapitalismuskritik6 mit dem Vorwurf, dass „öffentliche Kommunikation den 3 Die Theorie der Politischen Ökonomie basiert zu großen Teilen auf Marxscher Theorie, hat sich im Vergleich zu dieser aber auch stark weiterentwickelt. Da in dieser Arbeit die Theorie der Politischen Ökonomie der Medien nur als theoretischer Ausgangspunkt und Hintergrund zur eigentlichen Forschung dienen soll, kann und wird hier nicht weiter auf die Marxschen Wurzeln der Theorie oder allgemeine Abgrenzungen innerhalb der Theorie der Politischen Ökonomie eingegangen werden (sehe dazu u.a. Meier 2003). 4 Golding und Murdock, zwei Vertreter der Politischen Ökonomie, identifizierten vier historische Prozesse die für die Politische Ökonomie der Medien von Bedeutung sind: das Wachstum der Medien/des Mediensektors, die Erweiterung der Reichweite von Firmen, Kommodifizierung und die sich wandelnde Rolle von staatlicher und regierungsgeleiteter Intervention (vgl. Murdoch & Golding in Boyd-Barrett 1995: 187). Diese vier Prozesse werden im Kapitel zum Fernsehen in Indien nachvollzogen. 5 Da der Rahmen dieser Arbeit begrenzt ist, kann sie nicht in wie von Boyd-Barrett verlangtem Ausmaß, die politische, wirtschaftliche, mediale und gesellschaftliche Situation in Indien gleichermaßen ausreichend beleuchten. Im Fokus stehen daher die Medien, besonders das Fernsehen, in Indien. Gesellschaftliche Prozesse ergänzen die Analyse, politische und wirtschaftliche Prozesse können nur oberflächlich zur Komplementierung behandelt werden. 3 privaten Kapitalinteressen geopfert werde: die publizistisch-politische Medienvielfalt nimmt ab und die aufklärerischen Bedürfnisse der Bevölkerung werden der Nachfrage der werbetreibenden Wirtschaft und den Kapitalinteressen multinationaler Konzerne untergeordnet.“ (Meier 2003: 230). So kommt auch Anthony Giddens zu dem Schluss, dass eine aufkommende globale Informationsgesellschaft zwar einen Antrieb der Demokratisierung darstellen kann, Medien jedoch gleichzeitig den von ihnen neu eröffneten öffentlichen Raum des Dialogs durch Trivialisierung politischer Fragen wieder zerstören. Darüber hinaus bescheinigt er der Medienbranche Demokratiedefizite, da Medienunternehmen durch multinationale Ausweitung enorme Macht innehaben, jedoch nie dazu demokratisch legitimiert, geschweige denn gewählt wurden (vgl. Giddens in Meier 2003: 240). Zudem begünstigen Tendenzen des Marktes bestimmte soziale Gruppen, wie die Mittelschicht, der sie zu neuen Informationsflüssen, kulturellen und Freizeitbeschäftigungen verhelfen. Sozial schlechter gestellte Schichten wiederum bleiben von Wachstum und damit verbundenen neu entstehenden Vorzügen ausgeschlossen (vgl. Thomas 2010:11). Dallas Smythe geht in seiner Betrachtung der Medien als Produzenten von Unterhaltungswaren noch einen Schritt weiter und stellt fest, dass ein Kommodifizierungsprozess auch in Bezug auf das Publikum stattfindet (vgl. Smythe 1995: 222). Die Zuschauer werden demnach zur Ware, die den Werbefirmen verkauft wird. Boyd-Barrett merkt an, dass die Theorie der Politischen Ökonomie schon immer kritisch war, jedoch weniger kritisch gegenüber dem öffentlich-rechtlichem Rundfunk, als gegenüber den Privatmedien. Er führt diesbezüglich aus: The survival and operation of public media is greatly influenced by the competition they face from private media for talent, revenues, and audiences. The state is not seen as neutral but as a forum within which major economic interests exercise considerable power and influence[…] Nonetheless, it is widely recognized that the undermining of public media by processes of privatization has important implications for the quality of public debate […] (Boyd-Barrett 1995: 191) 2.2 Kerndebatten der Medienereignistheorie Im Folgenden werde ich mich auf wenige für den Verlauf der Arbeit nützliche Aspekte der Medienereignistheorie beziehen und kurz einige wenige einflussreiche Theorien im Ansatz vorstellen. Am einflussreichsten und am meisten debattiert ist wohl die Medienereignistheorie von Daniel Dayan und Elihu Katz. Für sie sind (ritualisierte) Medienereignisse „High Holidays of Mass Communication“ (Dayan & Katz in Drentwett 2009: 100). Dies beschreibt die Bedeutung von Ereignissen, deren kollektives Erleben als historisch wichtiges Moment hauptsächlich durch das Fernsehen geprägt ist. Andere soziale Aktivitäten kommen zum Stillstand und das Ereignis wird zum Zentrum der Gesellschaft (vgl. Drentwett 2009: 101, Volkmer & Deffner 2010: 217, Dayan 2010: 26, Weichert 2006: 180 & 186). Dayan und Katz definieren drei Arten von Medienereignissen: Contests – Kriege oder Wettbewerbe wie die olympischen 4 Spiele, Conquests – wie beispielsweise die Mondlandung oder Coronations – Krönungsfeiern oder andere Übergangsriten berühmter Persönlichkeiten. Alle drei Arten des Medienereignisses haben dabei einen zeremoniellen, restaurativen und integrativen Charakter (vgl. Drentwett 2009: 102). Ein Medienereignis muss nach Dayan und Katz verschiedene Spezifika erfüllen. Es muss die tägliche Routineberichterstattung unterbrechen, eine monopolähnliche Stellung im Programm einer Vielzahl von Sendern innehaben, die Übertragung muss live und die Ereignisse außerhalb der Medien und im Vorfeld von öffentlichen oder staatlichen Einrichtungen organisiert sein. Das Fernsehen gilt hier also lediglich als Transmitter, Journalisten verlieren ihre kritische Distanz und zeigen Respekt und Ehrfurcht (vgl. Drentwett 2009:102-3). Wie anfangs bereits erwähnt, gibt es vielfältige Kritik an der Theorie von Dayan und Katz. Zum einen beschränkt die Liste von notwendigen Eigenschaften die Untersuchung von Medienereignissen auf solche Anlässe, die einen zeremoniellen Ansatz haben. Vor allem die Annahmen, dass Medienereignisse außerhalb der Medien geplant und überhaupt geplant sein müssen, und die angenommene integrative Wirkung, schließen viel von dem, was sonst als Medienereignis bezeichnet werden würde, aus (vgl. Drentwett 2009: 103, Bösch 2010: 10, Weichert 2006: 202, 208-10, Couldry 2012: 78). Auch Daniel Dayan selbst stellt fest, dass das Feld der Medienereignisse immer kompetitiver geworden ist, dadurch jedoch banalisiert wird. Durch die Medialisierung des Politischen und Sozialen sei es schwerer, einen Konsens über die Wichtigkeit eines Ereignisses zu erreichen. Es kommt daher zu einer Grauzone, in der Medienereignisse immer seltener eine einzige integrative Nachricht vermitteln, sondern mit anderen Medienevents konkurrieren und angezweifelt werden. So ließe auch die Mobilisierungskraft von Medienevents nach und wirke nur sehr kurzfristig (vgl. Dayan 2010: 29). Hierin stimmt er mit Douglas Kellner überein, der die Medienlandschaft als eine Arena des Wettbewerbs um die Aufmerksamkeit potentieller Konsumenten sieht. Öffentliche Kommunikationsmedien würden zunehmend sensationsorientierte Klatschgeschichten zu Medienspektakeln stilisieren, um möglichst viele Konsumenten zu gewinnen (vgl. Kellner 2010: 76)7. Die Entwicklung dahingehend, immer mehr Formen in das Modell der Medienevents aufzunehmen, sodass eine Grauzone entsteht, sieht Dayan als gefährlich an, denn wenn Medienereignisse über den Moment der akuten Krise hinaus die öffentliche Sphäre beeinflussen könnten, würden sie die öffentliche Debatte ersetzen (vgl. Dayan 2010: 29). Der Einwurf und die Warnung Dayans vor einer Banalisierung des Medienereignisses durch Zunahme 7 Nick Couldry greift diese Idee auf und bezieht sie auf die Politik: A [third] consequence of media´s growing influence over the capital at stake in the political field is that spectacle becomes ever more central to the organization of politics. […] its salience increases as media performance becomes increasingly the exclusive sphere where political authority is acquired and sustained. (Couldry 2012: 147) 5 von mehreren Arten von Medienevents mögen zwar zutreffen, dennoch ist die Theorie von Katz und Dayan im Kontext dieser Arbeit aufgrund ihrer zahlreichen Beschränkungen bezüglich Medienereignissen nur bedingt nutzbar. Nach ihrer Definition wäre SMJ von vornherein als Medienereignis auszuschließen. Im Folgenden werden daher Aspekte der Medienereignistheorien von Andreas Hepp und Nick Couldry zum Medienereignis als Verdichtung, von Boorstin zum ‚Pseudo-Ereignis‘, von Andreas Hepp zum populären Medienereignis und schließlich von Volkmer und Deffner zur Rolle der Sozialen Medien erörtert, da diese in Bezug auf SMJ interessante analytische Einblicke ermöglichen. Eine allgemeine Definition, die sich besser zur Anwendung eignet, als die von Dayan und Katz, da sie weniger exklusiv ist und somit auch auf Fernsehformate wie SMJ anwendbar erscheint, ist die Medienereignisdefinition von Hepp und Couldry: […] media events are certain situated, thickened, centering performances of mediated communication that are focused on a specific thematic core, cross different media products and reach a wide and diverse multiplicity of audiences and participants. (Hepp & Couldry 2010:12)8 Darüber hinaus weisen Hepp und Couldry darauf hin, dass sich in den Medien zwei besondere Vorkommnisse häufen. Zum einen sind das ‚conflictual media events‘, die entgegen der Theorie von Dayan und Katz Differenz und Konflikt betonen, und zum anderen geht es um die Welt der ‚celebrity culture‘, die nach Meinung von Hepp und Couldry auch immer mehr unter die Rubrik der Medienereignisse fällt (vgl. Hoover 2010: 288). Im Jahr 1962 stellte Daniel Boorstin seine These zu ‚Pseudo-Ereignissen‘ auf. Diese beschreibt Ereignisse, die innerhalb der Medien ‚gemacht‘ sind. Die Ereignisse, die von oder für Nachrichtenproduzenten geschaffen werden, sind nicht real und nicht spontan, sondern werden geplant oder angeregt. Boorstin meint, dass ‚Pseudo-Ereignisse‘ damit der Logik von Angebot und Nachfrage entsprächen – Medien oder Politik bringen kameragerechte Ereignisse hervor, befriedigen so das Bedürfnis der Medien und nutzen sie gleichzeitig, um ein Ziel zu erreichen. Im Hintergrund agieren oft Wirtschaftsinteressen oder andere Interessensgruppen. Auch Medien finanzieren solche Ereignisse aus Eigeninteresse, um die Konkurrenz auszustechen (vgl. Drentwett 2009: 95 & Weichert 2006: 154). Die Frage nach dem Nutzen und den Motiven hinter dem Ereignis ist daher von zentraler Bedeutung. Letztendlich soll ein ‚Pseudo-Ereignis‘ zu einer ‚self-fulfilling prophecy‘ werden (vgl. Drentwett 2009: 95). Hierbei übt die Intensität der Berichterstattung Einfluss, sodass die Dringlichkeit eines Ereignisses überhöht wirken kann. So wird die (politische) Tagesordnung oft von Ereignissen dominiert, deren Relevanz eigentlich gering wäre (vgl. Drentwett 2009: 95). ‚PseudoEreignisse‘ sind dramatischer, leichter zu verbreiten, lebendiger zu gestalten und leichter ver- 8 Hierbei muss der Versuch der Initiatoren, den Bezug zu einem sozialen Zentrum herzustellen nicht unbedingt erfolgreich verlaufen (vgl. Couldry 2012: 79). 6 ständlich, weswegen sie in ihrer Wirkung überzeugender sind als spontane Ereignisse. Teilnehmer werden nach ihrem Nachrichtenwert und dramatischen Nutzen ausgewählt. Außerdem sind ‚Pseudo-Ereignisse‘ unterhaltsamer und bequemer zu beurteilen, da sie sich an Leseroder Zuschauerbedürfnissen orientieren. So werden sie Grundlage für das öffentliche Gespräch und Marker für das ‚Informiertsein‘ (vgl. Drentwett 2009: 96 & Weichert 2006: 1534). Frank Bösch kritisiert wiederum den Begriff ‚Pseudo-Ereignis‘, da jener initiierte Ereignisse abgrenze und als ‚unecht‘ abwerte. Inszenierte Ereignisse sind demnach nicht weniger real, nur weil sie initiiert sind. Zudem seien Grenzen zwischen Ereignissen nicht so leicht auszumachen, da kaum mit Gewissheit festzustellen sei, ob Ereignisse auch ohne Medienberichterstattung stattgefunden hätten (vgl. Bösch 2010: 11). Andreas Hepp hat sich in Zusammenarbeit mit verschiedenen anderen Medien- und Sozialwissenschaftlern mit dem Phänomen der ‚Pseudo-Ereignisse‘ unter der Bezeichnung populäre Medienereignisse oder Unterhaltungsereignisse auseinandergesetzt. Populäre Medienereignisse gewinnen im Gegensatz zu den ritualisierten Medienereignissen immer mehr an Bedeutung. Sie dienen, wie ‚Pseudo-Events‘, der künstlichen Vermarktung und Aufmerksamkeitserzeugung, sind also von Produktions- und Aneignungslogiken geprägt. Sie stellen zwar ein außeralltägliches Ereignis dar, unterbrechen aber nicht den Alltag der Menschen oder den Programmfluss. Sie sind außerdem nicht monopolistisch in der Berichterstattung, aber durchaus dominant. Darüber hinaus sind sie zwar aktuell, jedoch wird nicht live über sie berichtet. Statt auf Feierlichkeit zielen sie auf Unterhaltung ab und eine Eigendynamik kann nur durch Interaktion mit dem Publikum entstehen. Sie sind mitunter kontrovers und fesseln nicht so stark wie rituelle Medienereignisse Massen von Zuschauern, sondern binden lediglich ein verstreutes Publikum (vgl. Weichert 2006: 216-7). Eine auffallende Lücke in den bisher behandelten Theorien ist die fehlende Berücksichtigung der Sozialen Medien. Dies ist sicher zum Teil der Entstehungszeit der Theorien geschuldet, dennoch ist die Wirkung und Nutzung der neuen Medien im Fall von SMJ von ausschlaggebender Bedeutung. Ingrid Volkmer und Florian Deffner bescheinigen der Berichterstattung von Ereignissen, beispielsweise im Internet, eine „power of immediacy“, indem diese live Reaktionen von Regierungen und anderen offiziellen Institutionen zu Ereignissen bestärken. Mobiltelefone, Handykameras und Internetplattformen bieten so die Möglichkeit und Macht, die Agenda von transnationalen Nachrichten zu beeinflussen und transnationale (politische) Ereignisse auszulösen (vgl. Volkmer & Deffner 2010: 218). Hoover, in Anlehnung an Hepp und Couldry, argumentiert, dass vor allem das Web 2.0 die Rolle übernommen hat, die Verdichtungen für Medienereignisse zu produzieren, da hier die Möglichkeit gegeben ist, an der Bedeutungskonstruktion eines Ereignisses teilzunehmen und eine eigene ‚Loyalität‘ in Bezug auf die Ereignisse zu positionieren (vgl. Hoover 2010: 290). 7 3) TV in Indien 3.1 Geschichte und Entwicklung des Fernsehsektors in Indien Das Fernsehen in Indien hatte keinen aussichtsreichen Start. Radio und Film hatte es schon während der Kolonialregierung gegeben, wobei das Radio aufgrund seiner unvorhersehbaren und potenziell aufwieglerischen Nachrichten von der Regierung streng kontrolliert wurde. Dennoch wurde das Potenzial der Kommunikationsmedien von der Kongresspartei, Gandhi und seinen Anhängern größtenteils ignoriert. Das Fernsehen stellte für sie, verglichen mit dem Radio, einen überflüssigen und dazu noch kostspieligen Luxus dar (vgl. Jeffrey 2008: 15). Erst im Jahr 1959 wurde staatliches Fernsehen (später Doordarshan genannt) mit Hauptsitz in Delhi gegründet, doch durch fehlende Technik und die daraus resultierende geringe Reichweite blieb der Sender für die Regierung weitestgehend nutzlos und wurde ignoriert. Obwohl im Jahr 1965 die reguläre Übertragung von Fernsehprogrammen (damals noch über AIR) begonnen hatte (vgl. Ghosh 2013: 71), begann erst im Jahr 1972 eine langsame Expansion des Fernsehens mit der Öffnung eines zweiten Standortes (Kendra) in Mumbai (damals noch Bombay). Mit der Emergency9 unter Indira Gandhi wurde die Ausweitung des Netzes vorangetrieben, nachdem die Premierministerin festgestellt hatte, welch politisch einflussreiches Mittel sie zu ihrer Verfügung haben konnte (vgl. Jeffrey 2008: 24). In der experimentellen Anfangsphase sollte das Fernsehen weiterhin hauptsächlich der Bildung dienen. Bildungsprogramme für die Landbevölkerung wie Krishidarshan im Jahr 1967 und später das Satellite Instructional Television Experiment (SITE) waren recht erfolgreich und bestätigten die Möglichkeiten des Fernsehens als Träger und Beschleuniger von Entwicklung (vgl. Rodrigues 2010 (b): 186 & Athique 2012: 41). In Abstimmung mit der pragmatischen Auffassung der Regierung, die das Medium als (Aufklärungs-)Dienst an der Nation sah, zeigte Doordarshan ländliche Entwicklungsdokumentationen, Studiokonzerte klassischer Musik, Interviews mit prominenten Persönlichkeiten und verlas Nachrichten in stark sanskritisiertem Hindi (vgl. Lutgendorf 1990: 132 & Ohm 1999: 83). Diese Faktoren führten dazu, dass das Publikum vom Programm gelangweilt war und weder Landbevölkerung (die zwar stark thematisiert wurde, jedoch nicht die notwendigen Mittel hatte, um fernzusehen) noch die urbane Mittelschicht oder Intellektuelle 9 Die „Emergency“ unter Indira Gandhi von 1975 bis 1977 stellt hinsichtlich der Meinungs- und Medienfreiheit die „dunkelste Phase“ der indischen Demokratie dar. Der Emergency Act hebelte die Demokratie aus, sodass Indira Gandhi und die Kongress Partei ungehindert regieren konnten. Unbequeme Politiker wurden abgesetzt und Meinungen, die Regierungsansichten widersprachen wurden unterdrückt. Politische Gruppierungen wurden verboten und die Pressefreiheit abgeschafft. Das Fernsehen als staatlich kontrolliertes Medium diente als Sprachrohr und quasi Propagandamittel dieser Notstandsregierung. 8 (die sich inhaltlich nicht angesprochen fühlten) zufrieden waren (vgl. Rodrigues 2010 (a): 13). Die starke inhaltliche Ausrichtung an der Politik Indira Gandhis, besonders während der Emergency, führte den Zuschauern die Rolle des Fernsehens als Sprachorgan der Regierung und als voreingenommen vor Augen (vgl. Athique 2012: 40). Seit dem Ende der 1970er Jahre wurde Doordarshan durch den Verkauf von Werbespots mitfinanziert. Der Sender wurde so trotz der jahrelangen Führung nach sozialistischen Prinzipien zu einem profitablen Konzern (vgl. Athique 2012: 42). Als dann, kurze Zeit später, der Videorekorder auf den indischen Markt kam, lief Doordarshan Gefahr, Zuschauer und somit Einnahmen durch private Sponsoren zu verlieren. (vgl. Lutgendorf 1990: 133). In diesem Sinne begann Doordarshan Fernsehserien zu produzieren. Zunächst handelte es sich um sogenannte „pro-development soap operas“, die das Publikum unterhalten und erziehen sollten (Rajagopal 2001: 80). Gleichzeitig markierte die neue Programmausrichtung auch eine definitive Orientierung zum städtischen Publikum und auch wenn die Regierung in den folgenden Jahren einen Netzausbau für die ländliche Bevölkerung vorantrieb, so war doch inhaltlich das städtische Publikum in den Vordergrund getreten (vgl. Ohm 1999: 85). Im Jahr 1982 erhielt Indien pünktlich zur Übertragung der Asian Games das Farbfernsehen, vorangetrieben durch Indira Gandhi und ihren Sohn Rahul Gandhi, dem politisch viel daran lag, sich selbst und Indien ein modernes, weltoffenes Image zu verleihen (vgl. Jeffrey 2008: 24). Mitfinanziert durch die Werbeeinnahmen war es nun möglich, Indiens eigenen Satelliten INSAT 1-B in Betrieb zu nehmen und so etwa drei Viertel der Bevölkerung zu erreichen (vgl. Athique 2012: 42). Diese Reichweite wiederum machte Doordarshan attraktiv für die wachsende Werbeindustrie (vgl. Jeffrey 2008: 24). Auch aus politischer Sicht erwiesen sich das neue Unterhaltungsprogramm und die Reichweite des Senders als wertvoll, jedoch anders als von der Regierung erwartet. Als Ende der 1980er Jahre die Serie Ramayan ausgestrahlt wurde, wurde diese vom Publikum mit einer außergewöhnlichen Begeisterung aufgenommen. In Anlehnung an Boorstin könnte man von einem der ersten ‚Pseudo-Events‘ Indiens sprechen. Die Beliebtheit und Aufmerksamkeitsgenerierung der Serie konnte besonders durch die hindunationalistische BJP wirkungsvoll genutzt werden. Sie integrierte die Optik, Schauspieler und Emotionen in ihren Wahlkampf und ihr Wahlprogramm und nutzte die Sympathie der Zuschauer zu den epischen Charakteren so intensiv, dass sie für eine kurze Dauer Massen mobilisieren konnte, was unter anderem zur Zerstörung der Babri Moschee in Ayodhya führte und die Konzeptionierung von ‚Hinduismus - Indien‘ nachhaltig beeinflusste (vgl. Rajagopal 2001). Etwa dreißig Jahre nach der Gründung des staatlichen Fernsehens kam Konkurrenz von Außerhalb. Im Jahr 1991 begann CNN seine Berichterstattung über den Golfkrieg auszu9 strahlen. Schnell erkannten auch andere Sender das enorme Marktpotenzial und STAR TV (Satellite Television for the Asian Region) mit Sitz in Hong Kong begann ein Fünf-SenderSatelliten-Paket über den Satelliten AsiaSat 1 zu senden (vgl. Saeed 2013:102 & Kumar 2013: 258). Mit dem Aufkommen von CNN, BBC und STAR TV in Indien stieg auch die Zahl der Kabelnetzbetreiber sprunghaft an10. Dies war nach dem Indian Telegraph Act von 1885 eigentlich verboten, doch die Regierung sah sich nicht im Stande dies zu stoppen (vgl. Rodrigues 2010 (c): 251). Diese Entwicklung in Verbindung mit der sogenannten ‚Invasion vom Himmel‘ stellte die indische Regierung vor ein Problem. Sie stand ohnmächtig vor einer zu rasanten Unterwanderung ihrer eigenen Monopolstellung. So wurden aufgrund der Ohnmacht und im Sinne der generellen Liberalisierung der indischen Wirtschaft die ‚Invasion vom Himmel‘ und die Öffnung der ‚nationalen Fernsehgrenzen‘ nun zu einer natürlichen Entwicklung erklärt und vom Staat begrüßt (vgl. Ohm 1999: 71-3 & Athique 2012: 56). Mit dem Prasar Bharati Act wurde Doordarshan im Jahr 1997 unabhängiger von der Regierung11. Prasar Bharati war nun die neue Autorität über den Sender, ihre finanzielle Förderung war jedoch stark limitiert und abhängig von der Regierung (vgl. Jeffrey 2008: 25). In den darauffolgenden Jahren gab es verschiedene Gesetzesvorschläge zur Regelung des Kabelnetzbetriebs und um den Markteintritt globaler und lokaler Medienkonzerne zu kontrollieren, von denen keine verabschiedet wurde (vgl. Rodrigues 2010 (c): 253 &258). Doordarshan versuchte mit größerer Öffnung zum Markt und durch einen verstärkten Fokus auf das Unterhaltungsprogramm mit den neuen privaten Sendern mitzuhalten, wurde jedoch schnell überholt (vgl. Rodrigues 2010 (b): 187-8). Im Gegensatz zu Doordarshan mussten sich die privaten Netzwerke nicht bemühen integrierend zu wirken und ein nationales Zugehörigkeitsgefühl zu kreieren (Kumar 2013: 260). STAR TV begann zunächst ein standardisiertes internationales englischsprachiges und später ein auf Hindi synchronisiertes internationales Programm auszustrahlen, wobei beides von wenig Erfolg gekrönt war (vgl. Athique 2012: 57 & Kumar 2013: 258-9). Britta Ohm bescheinigt dieser Vorgehensweise eine Ignoranz und Paternalismus im Umgang mit dem Publikum, die der Einstellung Doordarshans ähnelte und schnell Befürchtungen der ‚Amerikanisierung‘, ‚Murdochization‘ und des ‚kulturellen Imperialismus‘ auslöste12 (vgl. Ohm 1999: 92 & Mankekar 1999: 337 & 10 Bereits seit den 1980er Jahren hatte es illegale, lokale Kabelnetzbetreiber in den Städten gegeben, um die staatlich kontrollierten Fernsehinhalte zu umgehen. Sie versorgten die angeschlossenen Haushalte mit Filmen über Videokassetten und selbstproduzierten Nachrichten. Mit dem Aufkommen der neuen Fernsehsender übernahmen es die illegalen Kabelnetzbetreiber, ihrem Publikum auch diese zur Verfügung zu stellen, gemischt mit lokalen Ereignissen und Werbeeinspielern lokaler Betriebe (vgl. Athique 2012: 54-5) 11 Der Prasar Bharait Act sollte eigentlich schon 1990 auf den Weg gebracht werden, wurde aber stets durch Regierungen, die unwillig waren, die Macht über den staatlichen Sender Doordarshan aus der Hand zu geben, geblockt (vgl. Jeffrey 2008: 25). 12 Obwohl diese Ängste auch heute noch öffentlich stark präsent sind und politisch genutzt werden, sind sie doch stark vereinfacht. Zum einen impliziert die Angst vor ‚Murdochisierung‘, dass Rezipienten unreflexiv und homogen seien, und gehen zum anderen von einer statischen ‚all-indischen‘ Kultur aus. Das Beispiel der negativen Perzeption Doordarshans widerlegt diese Annahmen jedoch. Zusätzlich vereinfacht der Diskurs um 10 Athique 2012: 56). STAR TV änderte seine Strategie und begann sein Programm aus Gründen des Marktdrucks zu lokalisieren. Nach dem Motto ‘think global, program local’ strahlte es nun Hollywood-Filme mit Untertiteln aus und ergänzte 1996 ein lokal produziertes Programm in Englisch und Hindi (vgl. Rodrigues 2010 (a): 16 & Kumar 2013: 259). Regionale Netzwerke, wie Zee TV und später Sun TV und Eenadu, hatten mehr Erfolg, da sie auf regionale Anforderungen eingingen und regionalsprachige Popkultur-Optik und regionale Inhalte anboten (vgl. Athique 2012: 57 & Kumar 2013: 259). Zee TV erreichte so viermal mehr Haushalte als STAR TV, was Rupert Murdoch dazu veranlasste, mit der Zee TV Gruppe eine Partnerschaft einzugehen und Anteile zu kaufen. Nachdem die Partnerschaft im Jahr 1999 endete, begann STAR TV sofort sein Hindi- und Hinglish-sprachiges Programm zu erweitern und vermehrt lokale Inhalte zu senden (vgl. Athique 2012: 59 & Kohli-Khandekar 2013: 92). Doordarshan zog mit und sendete landesweit zehn neue regionalsprachige Sender über den landeseigenen Satelliten. Laut einer Studie von Doordarshan hatten im Jahr 1992 bereits 80% der Bevölkerung Zugang zum Fernsehen (vgl. Mankekar 1999: 6). Im Jahr 1998 gab es in Indien bereits 70 nationale und internationale Kabel- und Satellitenfernsehsender (vgl. Saeed 2013: 106). In nur sieben Jahren hatte sich die indische Fernsehlandschaft komplett geändert. 3.2 Die aktuelle indische Fernsehlandschaft At over 46 per cent of the top line of the Indian media and entertainment industry, TV has a huge influence on its mood and shape. It is, along with films, the segment that defines the contour, body and tastes of the Indian market. (Kohli-Khandekar 2013: 68) Im Jahr 2013 gab es in Indien etwa 105 Millionen Fernseh-Haushalte,13 mit 740 Millionen Zuschauern. Seit dem Jahr 2000 ist die Medienindustrie, die auf einen Gesamtwert von 5 Milliarden US$ geschätzt wird, eine der am schnellsten wachsenden Industrien in Indien, die allein im Jahr 2012 etwa 400 Milliarden Rupien an Brutto-Einnahmen erwirtschaftete (Kohli-Khandekar 2013: XXV). Laut einer Studie des FICCI-PwC aus dem Jahr 2008, war der indische Fernsehsektor bis dato geprägt von Diversifizierung innerhalb der Medienindustrie.14 Auch was die Sendervielfalt und Inhalte angeht, ist der indische Fernsehmarkt von Diversifizierung geprägt. Mit über 800 Sendern, die zum Teil sehr regional und thematisch begrenzt sind, ist der Fernsehmarkt sehr polyphon und fragmentiert. Vanita Kohli-Khandekar spricht daher von einem „hyperkompetitiven“ Markt (Kohli-Khandekar 2013: 110). Das große Senderangebot darf aber ‚Amerikanisierung‘ oder ‚kulturellen Imperialismus‘ die Komplexität von Flüssen in internationaler Kommunikation. 13 Zum Vergleich: im Jahr 1992 waren es noch 1.2 Millionen Haushalte; im Jahr 2000 etwa 88 Millionen (Saeed 2013: 110). 14 Dazu gehörten Nachrichtensender die Unterhaltungssender gründeten, Fernsehsender, die Filme produzierten und umgedreht, Filmunternehmen die ins Radio- und Fernsehgeschäft einstiegen (vgl. Saeed 2013: 110). 11 nicht darüber hinwegtäuschen, dass große, internationale Networks, den Markt dominieren. Besonders die marktführenden Networks bringen immer mehr Sender auf den Markt, um alle Zuschauerbedürfnisse abzudecken. So beinhaltet das STAR Network 35, Sony sechs und Sun 30 Sender (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 75). Durch diese Strategie erreichen die fünf größten Networks STAR, Sony, Zee, Sun und Network18, zusammen 65% der Zuschaueranteile (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 67). Mit dem rapiden Anstieg der Sendervielfalt und den darauf folgenden wachsenden Zuschauerzahlen wurden sogenannte Television Rating Points (TRPs) immer wichtiger, um das Programm zu optimieren und attraktiv für den Werbemarkt zu wirken (Ghosh 2013: 74 & 78). Die Rating Points werden vom Television Audience Measurement (TAM) durch AC Nielsen ermittelt. TAM hatte im Jahr 2013 eine Stichprobenausdehnung von 225 Städten in Indien mit etwa 36,000 Menschen - für Indien, ein Land mit über 700 Millionen Fernsehzuschauern, eine wenig aussagekräftige Zahl. Dies führt dazu, dass besonders Nischenprogramme Schwierigkeiten haben, gute TRPs zu bekommen (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 110). Zudem wird seit dem Jahr 2007 die Objektivität und Unbestechlichkeit des TAM stark angezweifelt15. Obwohl die Frage nach manipulierten Einschaltquoten weiterhin offen ist, tut sich die Industrie schwer, ein geplantes, unabhängiges, gemeinnütziges Gremium (Broadcast Audience Research Council (BARC)) auf den Weg zu bringen, welches ein neues System zur Ermittlung der Einschaltquoten entwickeln sollte (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 69 & 111). Diese Entscheidungsunfreudigkeit und ad-hoc Politik prägt die gesamte indische Fernsehbranche (vgl. Rodrigues 2010 (c): 252-3). Vanita Kohli-Khandekar schreibt hierzu: The Indian broadcast industry has a DNA, a genetic code that is its own, that has little or nothing to do with how the US market, guided by the FCC, evolved. […] [T]he Indian industry has had no regulation whatsoever, except for some acts from 1885 and 1933 that determined the state´s hegemony over broadcasting. (KohliKhandekar 2013: 98) Hinzu kommt, dass bei einem Angebot von über 800 Sendern die Auswahl für den Zuschauer zwar sehr groß erscheint, ein Fernsehgerät aber nur eine begrenzte Zahl von Sendern aufnehmen kann. Bei nur 56-106 Plätzen nehmen sowohl MSOs (Multi-System Betreiber) als auch Betreiber nun eine Gebühr dafür, Sender überhaupt in ihrem System anzubieten (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 94). Außerdem gehören etwa 60% der Kabelnetze Lokalpolitikern oder mit ihnen verbundenen Mittelsmännern. Sie besitzen Nachrichtensender und Zeitungen, die wiederum eigene Fernsehnetze betreiben, und beeinflussen so die öffentliche Meinung (vgl. Kohli-Khandekar 2013: XXXVI). Die Verknüpfung zwischen Politik, Wirtschaft und der Medienlandschaft ist, wie auch in anderen Ländern, sehr eng. STAR und Sun TV nutzen ihre politischen Verbindungen, um ihre Networks zu erweitern. So hat Sun TV 15 In diesem Jahr reichte NDTV eine Klage über eine Milliarde US$ gegen Nielsen Holdings wegen Korruption bei der Ermittlung der Einschaltquoten ein. 12 eine Allianz mit der regierenden Partei Tamil Nadus, der Dravida Munnetra Kazhagam (DMK), einer der Nachkommen der Sun TV ‚Dynastie‘ wiederum ist als Minister an der Kommunikationspolitik des Bundesstaats beteiligt und es gab verschiedene politische Investitionen, um die Mediendominanz von Sun TV zu garantieren (vgl. Thomas 2010:4). STAR als Teil des Murdoch-Imperiums unterstützt konservative Politik und legitimiert durch sein Programm nicht nur Kapitalismus, sondern auch Mainstream-Politik (vgl. Thomas 2012: 4). In Kerala besitzen und betreiben sowohl die kommunistische Partei (CPI) als auch die Kongresspartei verschiedene Medienkanäle (vgl. Thomas 2010: 76). Andersherum sind Indiens führende Industrieunternehmen, wie Birla, Tata und Reliance, interessiert an Anteilen an der Medien- und IT-Industrie (vgl. Thomas 2010: 15). Mit der Digitalisierung des Fernsehens soll der Fernsehsektor transparenter gestaltet werden. Im Jahr 2011 wurde das Digitalisierungsmandat verabschiedet, welches innerhalb von fünf Jahren den gesamten Sektor umgestalten und übersichtlicher machen soll. Durch die Digitalisierung wird die Sendervielfalt in den Haushalten enorm ansteigen (vgl. KohliKhandekar 2013: XXXV), was in der Zukunft wiederum voraussichtlich zu einem Anstieg in der Segmentierung des Programmes führen wird (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 79). Eine derartige Angebotsvielfalt, Mediendichte und Konkurrenz kreieren eine schnelllebige und stark umkämpfte Aufmerksamkeitsökonomie. Sana Saeed beschreibt in ihrer Studie zu Nachrichtensendern in Indien, wie der harte Wettbewerb zu einer ‚Eventisierung‘ des Programms führt. Im Hinblick auf den Nachrichtensektor beschreibt Saeed, dass sogenannter ‚harter‘, investigativer Journalismus und Entwicklungsreportagen immer seltener werden, dafür aber ‚Seite-3-Themen‘, ‚soft news‘ und ‚sensationalism‘ die Nachrichten und Programmgestaltung dominieren. Diese sind billiger zu produzieren und bringen mehr TRPs (vgl. Saeed 2013: 139 & Athique 2012: 62). In den seltenen Fällen, in denen ‚harter‘ Journalismus betrieben wird oder politische Diskussionsrunden gesendet werden, kommt der ‚Normalbürger‘ selten zu Wort und wird kaum angesprochen. Aufmachung und Wortwahl sprechen den gebildeten, weltmännischen Zuschauer an, der mit den behandelten Diskursen vertraut ist. Der Zuschauer am sozialen Rand, der häufig von den behandelten Themen direkt betroffen ist, wird indes ausgeschlossen (Saeed 2013: 152 & Athique 2012: 156). Am anderen Ende des Spektrums befinden sich häufig Hindi- oder regionalsprachige Sender, die politische Themen oft banalisieren, um auch weniger gebildete Zuschauer anzulocken (vgl. Rodrigues 2010 (c): 254). Als Beispiele nennt Saeed India TV und STAR News (Saeed 2013: 152-3). Eine weitere Methode, um in der ‚hyper-Konkurrenz‘-Situation der indischen Fernsehlandschaft Zuschauer zu halten, ist, diese aktiv einzubeziehen. Meinungsumfragen und 13 Kommentierungen über SMS, werden täglich in Sendungen integriert16, sie sind sowohl für Telefonanbieter als auch für die Fernsehsender profitabel und auch deshalb so häufig. Nalin Mehta schreibt in diesem Zusammenhang gar von Indiens neuer „tele-democracy“ (Mehta 2008: 47).17 Generell bescheinigen verschiedene Autoren dem indischen Fernsehpublikum ein besonderes Interesse an Nachrichten-, Diskussions- und politischen Sendungen und Talkshows (vgl. u.a. Saeed 2013, Athique 2013: 61, Mehta 2008: 38-9 & 43). Sendungen wie Aap ki Adalat (später Janata ki Adalat), in denen Politiker vor einem Fernsehgericht und Zuschauern Rede und Antwort stehen mussten, gehörten in den 1990er Jahren zu den größten Erfolgen18 (vgl. Mankekar 1999: 335 & Mehta 2008: 38-9 & 43). Regionale Nachrichten und Entwicklungsdokumentationen hingegen werden kaum ausgestrahlt, da sie in der Produktion zu teuer sind und per Selbstdefinition ohnehin von Doordarshan behandelt werden (vgl. Saeed 2013: 158-9, 163 & Cottle & Rai 2008:91& Anhang zu 3.2, Grafik 1-3). Doch auch Doordarshan ist als Teil der Fernsehindustrie und trotz der anteiligen Finanzierung durch den Staat19 darauf bedacht, Einnahmen durch Werbung zu erzielen. In großen Teilen ähnelt die Programmgestaltung der Doordarshansender daher der des Privatfernsehens.20 Besonders die weit außerhalb gelegenen ländlichen Gegenden, die für private Fernsehunternehmen nicht attraktiv genug sind, werden weiterhin nur von Doordarshan erreicht (vgl. Saeed 2013:101). Mittlerweile brüstet sich Doordarshan damit 100 Prozent Indiens mit über 30 Sendern abzudecken (vgl. Rodrigues 2010 (b): 182), laut Interviews in der National Capital Region sind die Zuschauerzahlen über die Jahre jedoch auf 14% gesunken (vgl. Saeed 2013: 279). Die Priorität im Programm von DD National liegt entgegen der Selbstdefinition eindeutig im Bereich des Entertainments und der Ausstrahlung von Unterhaltungsfilmen (vgl. Anhang zu 3.2, Grafik 3 & 4). Zwar gehören auch Entwicklungsdokumentationen und Informationsprogramme zu den ausgestrahlten Sendungen, doch sind diese in ihrer Zahl sehr gering und werden kurz gehalten (vgl. Saeed 2013: 274 & Rodrigues 2010 (b): 183). Zudem 16 Das spektakulärste Beispiel einer solchen SMS-Kampagne ist die NDTV-Kampagne zum Jessica Lal-Fall. NDTV rief in verschiedenen Sondersendungen zur Unterstützung einer Petition an den indischen Präsidenten via SMS auf. Rund 200,000 SMS gingen ein. Gleichzeitig nahm das Gericht den Fall erneut auf, untersuchte auch das Vorgehen der Polizei und wies schließlich den ersten Gerichtsbeschluss zurück. Dies ist selbstverständlich nicht ausschließlich auf die Medienbeteiligung zurückzuführen, dennoch bündelten, verstärkten und mobilisierten die Medien die öffentliche Aufmerksamkeit (vgl. Mehta 2008: 46-7). 17 Noch vor dem Fernsehen, entdeckten Printmedien die bindende Kraft von Publikumseinbeziehung und Mobilisierung, so beschreibt Sahana Udupa in einem Kommentar über die Medienpräsenz der Aam Aadmi Partei, die Kampagnen der Zeitungen in Bangalore, die ihre Mittelschicht-Leser zu zivilen Aktivismus, und Nachbarschaftsvereinigungen animierten. Sie zeigt jedoch auch, dass diese Mobilisierungstaktiken nur punktuelle und ungeahnte Folgen haben können. So führte der von ihr beschriebene Fall zu ziviler Selbstjustiz, die schwer regulierbar war (vgl. Udupa 2014: 14 & 2012: 885-891). 18 Dieser Erfolg mag auch an dem jahrelangen Mangel an Politikkritik im staatlichen Fernsehen und einem damit verbundenen fehlenden Gefühl von Einflussnahme liegen. 19 Im Jahr 2011-12 finanzierte sich das Prasar Bharati Board, welches Doordarshan verwaltet, zu 48 Prozent selbst, der Rest kam aus der staatlichen Förderung (vgl. Kohli-Khandekar 2013: 93). 20 Bereits im Jahr 2000 umfasste Doordarshan 21 Sender, erreichte 87.2% der indischen Bevölkerung und hatte Einnahmen von 15 Millionen US$ im Jahr (vgl. Saeed 2013: 99). 14 sind Berichterstattungen über Armut episodisch erzählt, vorübergehend und ereignisabhängig. Armut wird selten als Prozess dargestellt und noch seltener werden übergreifende, Langzeit-Gründe und Entwicklungen beleuchtet(vgl. Thomas: 2010: 104). So gilt sowohl für das private, als auch für das staatliche Fernsehen Indiens: As such, the era of polyphony is linguistically and regionally diverse but not socially diverse in the widest sense. The religious and ethnic minorities, the poor, the old and the politically old-fashioned are all under-represented in the casting of Indian television. (Athique 2012: 70) 4) Satyamev Jayate 4.1 Satyamev Jayate – ein Überblick An der im vorhergehenden Kapitel erörterten Unterrepräsentation der allgemeinen und unteren Bevölkerungsschichten will Satyamev Jayate ansetzen. Wie in der Einleitung schon kurz beschrieben, ist Satyamev Jayate eine indische Talkshow, die ab dem 06. Mai 2012 bis zum 15. August 2012 auf verschiedenen Sendern des STAR Networks (Star Plus, STAR World, STAR Utsav, STAR Pravah, STAR Jalsha, Asianet und STAR Vijay) und DD National ausgestrahlt wurde. Es war somit die erste Sendung die gleichzeitig von einem privaten und dem öffentlichen Sender ausgestrahlt wurde. Seit dem 02. März 2014 wird die zweite Staffel gesendet. Die Folgen werden in Bengali, Englisch, Malayalam, Marathi, Punjabi, Tamil und Telugu synchronisiert und zeitgleich zur Ausstrahlung der originalen Hindi-Version gesendet. Produziert wird die Sendung von der Produktionsfirma des Moderators Aamir Khan selbst, die pro Folge 35 Millionen Rupien (630 000 US$) verdient (vgl. Bajaj 2012(b)). Der Hauptsponsor der Sendung ist Airtel, dessen Beitrag auf 2.91 Millionen bis 3.64 Millionen US$ geschätzt wird, weitere Sponsoren sind Coca-Cola, Johnson & Johnson, Skoda Auto, die Axis Bank, Berger Paints und Dixcy. Den Sponsoren wurde dabei vom STAR Network zugesichert, während der Sendung keine Werbespots der Konkurrenzfirmen auszustrahlen (vgl. Bhat 2012). Aamir Khan bat seine eigenen Werbepartner im Vorfeld darum, während der Sendung keine Werbung mit ihm auszustrahlen, da er fürchtete, dass dies seine Glaubwürdigkeit und damit den Einfluss der Sendung schmälern könnte (vgl. Zee News 2012). Vor der Ausstrahlung der Sendung wurden deren Ansatz und Inhalt unter Verschluss gehalten. Es wurde zwar extensiv und unter großem finanziellen Aufwand mit Plakaten und Werbespots in TV und Kino geworben, doch der Inhalt blieb geheim. Die Sendung wird nicht zur Primetime um 21 Uhr am Wochenende ausgestrahlt, sondern um 11 Uhr vormittags am Sonntag und soll so an die berühmten Familienprogramme Ramayan und Mahabharat anschließen, die in den 1990er Jahren zu dieser Uhrzeit gesendet wurden und als erste TV-Sendungen ein indisches Millionenpublikum ansprachen. Wie bereits kurz in Kapitel 3.1 erwähnt, können sie wohl rückblickend als erste populäre Medienereignisse 15 gesehen werden. Der Timeslot wurde später von ebenso populären Soap Operas übernommen. Diese zeichnen sich durch überbordende Kulissen, Kostüme und vor allem Emotionen aus. Häufig stellen sie Familienkonflikte dar, die oft tränenreich und dramatisch ausgehandelt werden. Zu den beliebtesten zählen die von Ekta Kapoor produzierten sogenannten K-serials, darunter Kyunki Saas Bhi Kabhi Bahu Thi (Denn auch Schwiegermutter war einmal eine Schwiegertochter). An diese Traditionen versuchte SMJ also ausdrücklich anzuknüpfen, indem das Programm als „Family TV“ beworben wurde (vgl. Sen 2012 (a)). Der Name der Sendung, Satyamev Jayate (übersetzt: Allein die Wahrheit siegt), wurde nach der Unabhängigkeit Indiens zu dessen Leitspruch. Zusammen mit der Übersetzung der Sendung in alle Bundessprachen sowie dem Bezug zum Ramayan und Mahabharat betont dies den Anspruch der Produzenten, das Programm als relevant für ganz Indien und als Programm von nationaler Wichtigkeit zu inszenieren. Hierzu dient auch das Promotionslied (gleichzeitig Vorspann) der Sendung, in dem der Moderator Aamir Khan in Collagen-artiger Aufmachung in verschiedenen Teilen Indiens und mit deren Bewohnern gezeigt wird (vgl. YoutTube: T-Series 2012). Passend dazu und entgegen den in Kapitel 3.2 angestellten Schlussfolgerungen von Adrian Athique, versuchten die Macher von SMJ auch die ländliche Bevölkerung in die Ausstrahlung der Sendung einzubeziehen. So wurde, ähnlich dem fahrenden Kino, die erste Folge der Sendung zeitgleich mit der Erstausstrahlung im TV auch in ausgewählten Dörfern in Gujarat, Maharashtra und Uttar Pradesh ausgestrahlt, in denen die Bewohner sonst keinen Zugang zum Fernsehen hatten. Organisiert wurden die Ausstrahlungen von STAR Plus: “It is a relevant show for the whole country and we are making sure that it reaches out to all Indians, even in places with limited or no TV connectivity,” begründet Gayatri Yadav, Leiterin der Marketing- und Kommunikationsabteilung (vgl. Awaasthi 2012(b)). Trotz dieser Aktion und der Zusammenarbeit mit Doordarshan, die weiterhin das einzige Network darstellen, welches Indiens ländliche Regionen erreicht, sind das Resultat und die Beweggründe für die Dorfausstrahlungen mit Skepsis zu betrachten. Da es sich nur um die Ausstrahlung der ersten Folge in sehr wenigen ausgewählten Dörfern handelt, ist dies kaum dazu geeignet auch die ländliche Bevölkerung signifikant in die behandelten Debatten einzubeziehen. Zwar ist die Sprache und Vermittlung der Themen, entgegen der von Sana Saeed beobachteten Tendenz von kritischen Talkshows, leicht zugänglich gestaltet und nicht elitär gehalten, dennoch sind die Themen und besonders die Beteiligungsaufrufe eher an ein städtisches Mittelschichtspublikum gerichtet. In Optik und Aufmachung ähnelt die Sendung daher der für das STAR Network typischen und von Saeed beschriebenen „Seite3“-Aufmachung. Die Themen der einzelnen Folgen sind in Abstimmung mit dem Selbstanspruch der Sendung so ausgewählt, dass sie Relevanz für ganz Indien haben sollen. Die erste Staffel um16 fasste insgesamt vierzehn Folgen mit den Themen: Tötung weiblicher Föten („Daughters are precious“), Kindesmissbrauch („Break the Silence“), das Mitgiftsystem in Indien („Marriage or Marketplace“), medizinische Fehlbehandlung („Every Life is Precious“), Liebesheirat/Ehrenmorde in Indien („Intolerance to love“), der Umgang mit Menschen mit Behinderung in Indien („Persons with disabilities“), häusliche Gewalt („Danger at home“), Pestizidvergiftung/Ökolandbau („Poison on our plate“), Alkoholmissbrauch („Think before you Drink“), Kastenwesen/Unberührbare („Dignity for all“), der Umgang mit alten Menschen („Sunset Years, Sunshine Life“), Wasserknappheit/Regenwassernutzung („Every Drop Counts“), Wir - das Volk („Idea of India“) und eine Sonderausgabe zum indischen Unabhängigkeitstag („Satyamev Jayate Ka Safar“)21. Die Arbeit an der Sendung begann zwei Jahre vor ihrer Ausstrahlung. Das Team der Sendung reiste durch Indien, filmte über 1600 Stunden an Videomaterial und sammelte Informationen zu persönlichen Geschichten, Expertenmeinungen, Statistiken, Rechtslagen und Lösungsansätzen (vgl. Chaudhury 2012: 1). Zu Beginn jeder Folge gibt Moderator Aamir Khan einige einleitende Worte zum Thema, führt ein kurzes Gespräch mit dem Publikum und zeigt einleitende kurze Einspieler, in denen häufig Menschen aus verschiedenen Regionen22 und sozialen Milieus Indiens zum Ausgangsproblem der Sendung befragt wurden. Anschließend veranschaulicht er das Problem anhand von Einzelschicksalen. Die vorgestellten Personen werden zunächst in kurzen Filmen in ihrer privaten Umgebung gezeigt, daraufhin werden sie im Studio von Aamir Khan interviewt. Diese Gespräche werden aufgrund der Themen sowohl vom Interviewpartner als auch von Aamir Khan oft sehr emotional und tränenreich geführt. Im Anschluss daran kommen Experten, wie NGO-Mitarbeiter, Journalisten, Ärzte, Rechtsanwälte etc., zu Wort und erklären den weiteren Umfang des Problems. Zum Ende der Sendung erläutert Aamir Khan weiterführende Zusammenhänge und Auswirkungen, er empfiehlt Partner der Sendung oder Einrichtungen, die sich zum Thema der Sendung engagieren und ruft zu Spenden, zur Teilnahme an Petitionen und zur weiteren Diskussion und Kommentaren auf der Internetplattform der Sendung auf. Dies wird durch leicht verständliche Übersichten und Grafiken ergänzt. Die Sendung endet mit einem eigens geschriebenen Lied zum Thema, welches live im Studio vorgetragen wird. Der Soundtrack, sowie jedes einzelne Lied können gekauft und auch als Klingelton erworben werden. Die kommerzielle Vermarktung wird jedoch so indirekt und unaufdringlich wie möglich betrieben. Abgesehen von den Liedern und Klingeltönen wird auf der Internetseite der Sendung nur für verschiedene NGOs oder karitative Einrichtungen geworben, die von der Sendung unterstützt werden. Auch Werbe21 Aus dem Blickwinkel der Theorie zur Politischen Ökonomie der Medien ist es interessant, dass während der Sendung zwar soziale und politische Missstände aufgezeigt, jedoch kein Politiker und keine Partei kritisiert wurden. Dies passt sowohl zur Politik des STAR Networks (vgl. Kapitel 3.2) als auch zur Ausrichtung Doordarshans. 22 Es ist anzumerken, dass die Befragten größtenteils aus nordindischen Hindi-sprachigen Regionen kommen. 17 partner, wie die Axis Bank, werben nur mit ihren karitativen Aktivitäten und ihrem Engagement für die Umwelt. Stattdessen wird in Interviews und anderen öffentlichen Stellungnahmen vorrangig der CSR-Aspekt der Sendung betont: I’m really grateful that the entire Star Network just allowed me to do what I wanted and was extremely supportive. Initially I was a little worried that, being a general entertainment channel, their creative people might try to skew the show in a particular way, but Monica and Shubro were superb. They were as pure about the intent of the show as us. (Aamir Khan in Chaudhury 2012:2) Monika Shergill vom STAR Network meint in diesem Zusammenhang: “The show has given us a social agenda, a conscience. For the first time, Indian television has used its strength for something important. We consider it a landmark.”(Kumar 2012). Der soziale Aspekt der Sendung wird also zur Neupositionierung des STAR Unternehmens genutzt und daher betont. Der Sender und die Beteiligten an der Sendung definieren den eigenen Anspruch an die Sendung als Mittel, um die Menschen aufzuwecken, Probleme und die Lösungen dazu aufzuzeigen und so die Menschen dazu zu motivieren, sich selbst in der Verantwortung für ihre Umwelt und ihre Mitmenschen zu sehen. Sie wollen bestehende aber totgeschwiegene Probleme und Themen in den Vordergrund bringen und kritisieren die oberflächliche Behandlung und generelle Auswahl von Themen, die mit dem Leben des „aam aadmi“ (gewöhnlicher Mann/Mensch) nichts oder wenig gemein haben (vgl. Svati Chakravarthy Bhatkal, Leiterin des Rechercheteams in Banerji 2012, Aamir Khan in Chaudhury 2012: 2 & Aamir Khan in Bajaj 2012(a):1). It’s not strictly true that the media doesn’t report these issues. A lot of our research, in fact, is based on media reports from the past. I guess the issue is there is not enough analysis in the media; you get surface facts but not the reasons why things are happening or how they affect people. Two, I think certain sections of the media are really disconnected from ordinary people and what they are concerned about. […] People are interested in issues of water and pesticides and medicine and foeticide but the dots have to be joined for them. […] (Aamir Khan in Chaudhury 2012: 2) Immer wieder fallen in Interviews die Worte ‚impact‘ ‚making a difference‘ und ‚social change‘. Anfangs dementierten Aamir Khan und Teile seines Teams, dass die Sendung sozialen Wandel auslösen wolle (vgl. z.B. Svati Chakravarthy Bhatkal, Leiterin des Rechercheteams in Banerji 2012, Aamir Khan in Zee News 2012), doch scheint diese Einstellung nicht einheitlich zu sein und Stellungnahmen dazu variieren in Interviews. Mit dem Erfolg der ersten Folge und über den Verlauf der ersten Staffel häufen sich die Äußerungen zu SMJ als Akteur des sozialen Wandels (vgl. z.B. Tehelka 2013, Aamir Khan in Bajaj 2012(a): 2). Vor allem in der Presse und in öffentlichen Statements durch an der Sendung nicht beteiligte Prominente ist die Rolle der Sendung im Kontext des sozialen Wandels meist das Hauptthema (vgl. z.B. Hindustantimes 2012, Awaasthi 2012(a), Sheikh 2012). 18 4.1.1 Aamir Khan Aamir Khan wurde als Sohn des Produzenten Tahir Hussain und Neffe des Regisseurs Nasir Hussain in eine Familie aus dem Filmgeschäft hineingeboren. Zu seinen Vorfahren zählt Abul Kalam Azad, ein indischer Schriftsteller, Freiheitskämpfer und erster Erziehungsminister Indiens. Aamir Khan hatte in den 1990er Jahren große Erfolge als romantischer Held in Liebesfilmen. Neben Shahrukh und Salman Khan, war er als einer der drei großen Khans einer der erfolgreichsten männlichen Schauspieler des Bollywood-Kinos. Er wendete sich jedoch schnell vom Standard der Filmindustrie ab, mehrere Filme parallel zu drehen, und ignoriert auch die zahlreichen Filmpreisveranstaltungen der Bollywood-Filmbranche. Im Jahr 2001 produzierte er Lagaan, welcher als erster Film seit Salaam Bombay (1988) und Mother India (1957) eine Oscarnominierung als bester fremdsprachiger Film erhielt. Nach Lagaan drehte und produzierte er hauptsächlich Filme, die soziale Themen oder Probleme Indiens behandelten und immens erfolgreich waren. Rang de Basanti (2006) handelte von korrupter Politik und Selbstjustiz, Taare Zameen Par (2006) vom Umgang mit Kindern mit Dyslexie oder Behinderungen, Ghajini (2008) von Mädchenhandel und Korruption, 3 Idiots (2009) kritisierte Indiens Universitäts- und Schulsystem, der von ihm produzierte Peepli Live (2010) handelte von der verzweifelten Lage indischer Bauern und Dhobi Ghat (2010) vom Alltag in Mumbai. Die meisten dieser Filme brachen die Box-Office-Rekorde. Aamir Khan ist damit wie kein anderer Schauspieler in der Bollywood-Industrie Garant für qualitativ hochwertige, unterhaltende und gleichzeitig thematisch anspruchsvolle Filmerfolge. Er vereint in seiner Person also sowohl soziales als auch mediales Kapital23 und verleiht der Sendung SMJ damit Glaubwürdigkeit und garantiert mediale Aufmerksamkeit. Vor SMJ hatte er im Gegensatz zu anderen Bollywood-Größen keine Sendung für das Fernsehen gedreht. Als Moderator sieht sich Aamir Khan selbst in der Rolle des Zuhörers und des Übermittlers. In einem Interview sagt er, dass er nach einer Messung seines Teams pro Folge nur etwa 25% der Redezeit fülle, während Gäste und Experten den Rest der Zeit reden würden (vgl. Aamir Khan in Chaudhury 2012: 2). Während der Sendung gab es gemischte Meinungen zu Aamir Khans Performance als Moderator, einige nehmen seine Tränen und Bestürzung als unechte, geskriptete Reaktionen im Stile einer der vielen STARDramaserien (darunter Kyunki Saas Bhi Kabhi Bahu Thi) wahr und kritisieren seine „holierthan-thou“-Art (vgl. Sen 2012 (b)). Auch Vorwürfe, SMJ wäre ein persönlicher „brandbuilding exercise“ (vgl. Chaudhury 2012: 1) oder eine Bereicherung Aamir Khans (der 30 Millionen Rupien Gage für eine Folge erhält) am Leid anderer, kamen auf (vgl. Gesund- 23 More generally, those with automatic capital in media narratives, such as celebrities have a privileged role in such local narratives: think of celebrities in humanitarian appeals and celebrity-led diplomacy. Some argue it is precisely such general media ‘personalities’ (not specialist policy-makers) who have the best chance of connecting with audiences now disenchanted with the formal political process. (Couldry 2012: 147) 19 heitsminister Rajasthans Raj Kumar Sharma in Bamzai 2012). Andere loben ihn dafür, im Gegensatz zu anderen Filmstars seine Prominenz unter Ergänzung von Bollywood-Kniffen für einen guten Zweck einzusetzen, um auf Missstände in der Bevölkerung hinzuweisen und dies in einer sensiblen und intelligenten Art umzusetzen (vgl. Chaudhury 2012: 1, Shyam Benegal in Bajaj 2012(b)). Im Gegenzug wuchs Khans eigenes soziales Kapital immens. Für seine Arbeit mit SMJ wurde er mit dem Inaugural America Abroad Media Award ausgezeichnet (vgl. Tehelka 2013), darüber hinaus wird er selbst mittlerweile als Experte für die in der Sendung behandelten Themen angesehen und so von Politikern um Rat und Vermittlung gebeten24. Es wurde besonders in der Presse auch immer häufiger spekuliert, ob Khan selbst einen Eintritt in die Politik plane, was dieser jedoch ablehnt (vgl. Tehelka 2013). Und auch Shyam Benegal meint hierzu: ''He could definitely make a good politician. […But] I think, 'Why should he?' He has already been successful in politics now without being in mainline politics.'' (Shyam Benegal in Bajaj 2012(b)) 4.1.2 Reaktionen, Wirkung und die Rolle der Social Media Der zweite große Star, der an dem Medienerfolg von SMJ beteiligt war, ist das Internet. Die Produzenten der Sendung beauftragten bereits im Vorfeld eine Firma, die die Rezeption der Show in den Sozialen Medien untersuchte. Die gesamte Sendung wurde darauf ausgelegt, eine möglichst hohe Publikumsbeteiligung zu erreichen. Die Firma Persistent System wurde angestellt, um dies zu belegen und damit den Einfluss der Sendung zu bestätigen. Der Ereignischarakter wurde quasi im Voraus geplant und Persistent System angestellt, um diesen zu verifizieren und durch eindrucksvolle Zahlen die Debatte um SMJs Einfluss zu verstärken. Dies wurde auch auf anderen Wegen versucht. Während der Sendung wurde zur Beteiligung per SMS aufgerufen, zur Teilnahme an Petitionen per SMS25, zur Diskussion der Themen auf der Internetseite der Sendung und auf der Facebook-Seite. Im Verlauf der Staffel wurden YouTube-Videochats mit Aamir Khan organisiert und Aamir Khan kommentierte eingeschickte Videos oder Kommentare selbst. Alle Internetimpressionen zum Thema SMJ wurden von Persistent System gesammelt, katalogisiert und abgespeichert. Über die Dauer der ersten Staffel wurde die Sendung über eine Milliarde Mal im Internet erwähnt, was sie nach Aamir Khans eigenen Aussagen zur Sendung macht, über die im Internet weltweit am meisten gesprochen wird (vgl. Aamir Khan in Chaudhury 2012: 1 & Harris 2012). Darüber hinaus wurden für jede der in den 14 Folgen erwähnten Organisationen Spenden zwischen 2,7 Millionen und 20 Millionen Rupien eingenommen (vgl. Chaudhury 2012: 1), sodass insgesamt 2,23 Milliarden Rupien an Spendeneinnahmen zusammen kamen. 24 Hierbei sind natürlich der Wert der medialen Aufmerksamkeit sowie das soziale Kapital Khans und der Sendung für die jeweiligen Politiker nicht zu übersehen. In erster Linie ist Khan also immer noch weniger Experte als Prominenz und seine Einbeziehung in die politische Ebene ist in diesem Licht zu sehen. 25 Airtel hatte hierfür sogar die SMS-Kosten von drei auf eine Rupie gesenkt (vgl. Awaasthi 2012(b)). 20 Die ausgewerteten Daten werden auf der offiziellen Internetseite in anschaulichen, bebilderten Graphiken unter einer eigens dafür eingerichteten Kategorie mit dem Titel „Insights“ zur Verfügung gestellt und täglich aktualisiert. Dem konnte man nach dem Ende der ersten Staffel entnehmen, dass die Sendung über acht Millionen „Community-Mitglieder“26 und fast 15 Millionen „Antworten“ erhalten hatte (vgl. Anhang zu 4.1.2, „Insights“ 2012). Unabhängig von den teils schwer nachvollziehbaren Zahlen, die SMJ zur Verfügung stellt, lässt sich feststellen, dass besonders die erste Folge im Internet enorme Aufmerksamkeit generierte. So war sie laut Google Trends am 06.Mai 2012, dem Tag der Erstausstrahlung, das am meisten gesuchte Thema der Welt. Am gleichen Tag überschritt die Zahl der Erwähnungen auf Facebook, Twitter und YouTube zusammen 18 Tausend von denen sich nur etwa 5% negativ über die Sendung äußerten (vgl. Starcom Mediavest Group 2012 & Social Samosa 2012, Sheikh 2012). Die Internetseite der Sendung brach während der Ausstrahlung der ersten Folge aufgrund der hohen Anfrage zusammen. Allein 158 Millionen Online-Eindrücke hinterließ die erste Folge über Tötung weiblicher Föten. Dies sind Statistiken, die selbst erfahrene Social Media-Analysten staunen lassen (vgl. Murphy 2012). Dennoch waren die Einschaltquoten nur mäßig: Über das STAR Network bekam die erste Staffel nur durchschnittlich zwischen 3 und 1.50 TRPs, wobei diese für die erste Woche der Ausstrahlung am höchsten sind (vgl. TelevisionTRP), über Doordarshan waren es 11 TRPs. Laut TAM erreichte die erste Folge fast neun Millionen Menschen (Murphy 2012). Doch wie schon in Kapitel 3.2 ausgeführt, sind TAM und TRPs von begrenzter Aussagekraft27. Auch Aamir Khan gibt hierzu an: I don’t give any value to TRP ratings because my common sense tells me that seven thousand boxes across India is not going to tell me what India watches.[…] In all of Bihar, there are only three boxes. […] I’ve already told you about our feedback from the internet and, mind you, internet penetration in India is just 15 percent but, given that there have been over a billions mentions of SMJ, it feels as if we had almost 100 percent engagement from that segment.(in Chaudhury 2012: 2) Abgesehen von den Statistiken, sind auch die sozialen und politischen Auswirkungen interessant. Durch eine Petition in der ersten Folge wurde ein Prozess gegen über 100 Ärzte im Schnellverfahren eingeleitet. Diese Ärzte wurden in einer damals schon sieben Jahre alten Dokumentation überführt, illegal eine Geschlechtsbestimmung per Ultraschall durchzuführen und bei Vorfinden eines weiblichen Fötus, diesen abzutreiben. Der Fall hatte seit Veröf- 26 Davon: 17,05% über Mobiltelefone, 1.9% Facebookfans, 76.8% über die Webseite und 4,26% Twitter Followers (vgl. Anhang 4.1.2, Insights 2012, Grafik 4). Zumindest die ‚Mitglieder‘-Berechnung über Mobiltelefon-Teilnahme und über die Webseite sind hierbei schwer nachzuvollziehen – ist man durch ein Aufrufen der Webseite ein Mitglied? Ist man durch den Versand einer SMS oder durch eine SMS-Spende ein Mitglied? Dies wird auch unter dem Titel „Connections“ angegeben (vgl. Anhang 4.1.2, Insights 2012, Grafik 3). Die Angaben sind also mit Vorsicht zu genießen. 27 Abgesehen von der Aussagekraft der TRPs und TAM ist auch zu berücksichtigen, dass SMJ vor allem auch über das Internet rezipiert wird. So wurde die Sendung aus Season 2 zum Thema „Fighting Rape“ beispielsweise in der Hindi-Version über eine Mio. mal auf YouTube angeklickt. 21 fentlichung der Dokumentation bei den Gerichten gelegen und war nie behandelt worden, die Ärzte durften währenddessen weiter praktizieren. Nach der Ausstrahlung der Folge traf sich der Minister des betreffenden Staates mit Aamir Khan und versprach, die Fälle in ein Schnellverfahren aufzunehmen (vgl. Bajaj 2012(b)). Nach der Folge zu Medizin und Fehlbehandlungen hätten sechs Bundesstaaten angekündigt, Generika für die ärmere Bevölkerung anzubieten, und auch der Parlamentsausschuss für ausländische Direktinvestitionen im Bereich Pharmazeutika lud Aamir Khan und sein Team ein, seine Daten vorzulegen. Im Anschluss an die Folge zur Wasserknappheit besprach der Minister für Wasserwesen des Staates Maharashtra Möglichkeiten, die Wasserkrise zu bekämpfen, und der oberste Richter Indiens, Altamash Kabir, versprach, das Thema der Vrindavan Witwen anzugehen (vgl. Aamir Khan in Chaudhury 2012: 2). Zudem sprach Khan mit Premierminister Manmohan Singh über Kastendiskriminierung im Bereich der Abfallbeseitigung (vgl. Bajaj 2012(b)). Diese recht eindrucksvolle Liste steht zusammen mit anderen politischen und sozialen Auswirkungen für das große Wirkpotenzial, welches SMJ durch Khan und das Web 2.0 innehat. 4.2 Satyamev Jayate als Medienereignis Wie bereits in der Einleitung besprochen, ist es schwer, mit der begrenzten Quellenlage und wegen fehlender qualitativer Feldforschung mit absoluter Sicherheit festzustellen, ob es sich bei der Sendung SMJ tatsächlich um ein Medienereignis handelt. Wie schon in den Kapiteln zum aktuellen indischen Fernsehen und auch zur Wirkung von SMJ betont worden ist, sind die veröffentlichten Zahlen mit Vorsicht zu genießen. So muss die repräsentative Aussagekraft des TAM und der TRPs aufgrund der stark begrenzten Anzahl der Messpunkte angezweifelt werden. Die von SMJ berechneten und zur Verfügung gestellten Zahlen sind teilweise nur schwer nachvollziehbar und die Objektivität der Quelle ist nicht nachzuweisen. Dennoch suggerieren zumindest die nachvollziehbaren Daten zu Twitter, Facebook, YouTube-Kommentaren, -Likes und -Klicks sowie Google Trends-Angaben eine eindeutige Verdichtung der Kommunikation in Bezug auf die Sendung, den Moderator und die Themen im Sinne der Definition von Hepp und Couldry (2010). Die Aufmerksamkeit in den Sozialen Medien erreichte zwar zur ersten Folge der ersten Staffel seinen Höhepunkt und schien dann im Laufe der Sendung nachzulassen, doch auch im Bereich der Metaberichterstattung und der Politik kam es zu verdichteter Kommunikation in Bezug auf die Sendung und ihre Themen. Nach der Definition von Hepp und Couldry und anhand der unter Vorbehalt verwendeten Daten zum sozialen Einfluss stellt SMJ also durchaus ein Medienereignis dar. Es würde durch Aamir Khans Teilnahme und die problemorientierte Aufmachung dabei sogar in beide von Hepp und Couldry identifizierten Unterkategorien –‚conflictual media events‘ und ‚celebrity culture‘ - fallen. 22 Nach der Definition von Dayan und Katz (1992) würde es sich nicht um ein Medienereignis handeln, da weder eine der drei Arten noch der ehrfürchtige Aspekt, die LiveÜbertragung, außermediale Planung oder die Unterbrechung des Standardprogramms gegeben sind. Einzig die integrative Wirkung der Sendung könnte mit den Spezifika der Definition von Dayan und Katz übereinstimmen. Zumindest in der Planung und Vermarktung wurde die Sendung als ein Programm mit Relevanz für ganz Indien dargestellt, die alle Inder ansprechen sollte und für ganz Indien von Wichtigkeit sei (vgl. Bajaj 2012(b)). Dieser angestrebte ‚all-indische‘ Charakter schlägt sich in den Zuschauerstatistiken jedoch nicht nieder (vgl. Anhang zu 4.2, Insights 2014) und auch in der Metaberichterstattung wird darauf nicht eingegangen, was darauf schließen lässt, dass ein solcher Effekt nicht – oder nicht ausreichend zu Stande kam. In den politischen Reaktionen hingegen ist eine überregionale Aufmerksamkeit gegeben. Es bedürfte also qualitativer Feldforschung, etwa in Form von landesweit durchgeführten Stichprobeninterviews, um hier eine klarere Aussage treffen zu können. In jedem Fall handelt es sich jedoch um ein ‚Pseudo-Ereignis‘ im Sinne von Boorstin (1962) beziehungsweise um ein populäres Medienereignis im Sinne von Hepp (2010). SMJ ist nicht spontan, sondern geplant. Es ist kameragerecht inszeniert und damit auf die Bedürfnisse der Metaberichterstattung ausgelegt. Es befriedigt also das Bedürfnis der Medien und nutzt diese gleichzeitig. Es ist in erster Linie inszeniert, um im ‚hyper-kompetitiven‘ indischen Medienmarkt die Konkurrenz auszustechen und dient so ausschließlich der Vermarktung. Die Dringlichkeit der Themen wirkt verstärkt und beeinflusst so die politische Tagesordnung. Es ist durch seine Herstellung in und durch die Medien dramatischer, lebendiger gestaltet, unterhaltsamer und leichter verständlich und vor allem bequemer zu beurteilen als spontane Medienereignisse und auch die Teilnehmer werden nach ihrem ‚dramatischen Nutzen‘ ausgewählt. SMJ ist aktuell jedoch nicht live, dominant, aber nicht monopolistisch in der Metaberichterstattung und es bindet keine Massen, sondern ein breites, verstreutes Publikum. Sogar die von Dayan befürchtete Tendenz der Grauzonen-Ereignisse, langlebige Medienereignisse können zu einem Verstummen der Debatte führen, ist im Ansatz zu betrachten. Darüber hinaus werden auch die Befürchtungen, dass von Medienereignissen ausgelöste soziale und politische Mobilisierungen nur kurzlebig sind und schnell verebben, von dem schnellen Abnehmen der Aufmerksamkeit an SMJ bestätigt. Es ist also ein populäres Medienereignis in Reinform. Betrachtet man die Anhäufung von Medienereignissen in Indien in den vergangenen Jahren, könnte auch der gewählte Zeitpunkt nicht besser sein. Nach den Krisen-Ereignissen um Anna Hazare, den Vergewaltigungsfällen im Jahr 2012 und den aktuellen Skandalen um die 23 Aam Aadmi Partei ist ein populäres Medienereignis genau das, was zur Ergänzung dieser verstärkten sozialen Aufmerksamkeitsphase gefehlt hat. “Awareness is the new opium of the masses and television its collective medium. We've come a long way from the Anna Hazare media circus of last April, and all that well-intentioned hand wringing has culminated in the dazzling success of Aamir Khan's latest TV offering Satyamev Jayate (SMJ). (Banerji 2012) STAR erschuf also genau das richtige Programm, um den „Awareness-Hype“ kommerziell zu nutzen. Der wirklich interessante Aspekt für eine Diskussion über SMJ im Sinne eines Medienereignisses sind jedoch die ausgeprägte Nutzung des Web 2.0 und die Anstellung der Firma Persistent System, um die Auswirkungen und den Medien-Footprint der Sendung von Anfang an zu sammeln, auszuwerten und zu vermarkten. Die Rezeption der Sendung in den Sozialen Medien gehörte also von Beginn an zum Konzept der Vermarktung der Sendung. Es handelt sich praktisch um eine neue Art, ein Medienereignis zu erschaffen und am Leben zu erhalten. SMJ ist dadurch nicht nur ein von den Medien produziertes und durch Berichterstattung und Verdichtung in sozialer und politischer Kommunikation unterstütztes Medienereignis. Es wird durch die Nutzung des Web 2.0 und durch die andauernde Aufforderung der Nutzung der Sozialen Medien an das Publikum aktiv zu einem sozialen populären Medienereignis stilisiert. So wurde nicht nur das Publikum, sondern vor allem der Anteil der Nutzer der Sozialen Medien im Rennen um mediale Aufmerksamkeit, Einschaltquoten und letztendlich Werbeeinahmen kommodifiziert (vgl Smythe 1995: 222 & Kellner 2010: 76). Abgesehen von den etablierten medialen Marketingstrategien eine berühmte Persönlichkeit einzubeziehen, den Inhalt im Vorfeld unter Verschluss zu halten, um das Interesse zu steigern, zur SMS-Beteiligung aufzurufen oder die Berichterstattung in den eigenen Netzwerken zu verstärken28, ist dies ein neuer und vor allem im ‚hyper-kompetitiven‘ indischen Medienumfeld intelligenter Weg, um Aufmerksamkeit und Legitimität als Medienereignis zu generieren. Ob die Sendung als Medienereignis zu einer ‚self-fulfilling prophecy‘ wurde, wurde hier nicht dem Zufall überlassen. SMJ bringt das populäre Medienereignis durch die intensive Vermarktung der Web 2.0-Reaktionen also auf eine neue Stufe – es handelt sich quasi um ein ‚populäres Medienereignis 2.0‘. 5) Fazit und Ausblick Abschließend ist festzustellen, dass es sich bei der (ersten Staffel der) indischen Fernsehsendung SMJ um ein populäres Medienereignis nach Hepp beziehungsweise um ein ‚Pseudo‘-Ereignis nach Boorstin handelt. Es konnte darüber hinaus jedoch nachgewiesen werden, dass der Einsatz und die Nutzung der Web 2.0-Reaktionen auf die Sendung und zu Themen der Sen28 Eine Sendung über die Sendung war bereits während der ersten Staffel in Planung (vgl. Kumar 2012). 24 dung eine besondere Relevanz für deren Vermarktung als Medienereignis hatte. Daher wird für dieses spezielle Format und diese erweiterte Form des populären Medienereignisses der Begriff ‚populäres Medienereignis 2.0‘ vorgeschlagen. Auffällig ist jedoch auch, dass trotz der intensiven Einspannung des sozialen und medialen Kapitals des prominenten Moderators, des großen Budgets, der intensiven Vorbereitung, der verschiedenen, aufwendigen Werbestrategien und - wie weiter oben beschrieben - der innovativen Nutzung der Sozialen Medien die Aufmerksamkeitsspanne der Öffentlichkeit nur von kurzer Dauer war und schon nach dem ersten Monat der Ausstrahlung der ersten Staffel abnahm. Ob dies auf den ‚hyper-kompetitiven‘ indischen Markt, eine Übersättigung an Medienereignissen, an einem Abebben des „awareness-hypes“ oder an der von Couldry beschriebenen, zeitlich sehr begrenzten Mobilisierungskraft von Medienereignissen liegt, lässt sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht eindeutig bestimmen. Eine Vertiefung der Erforschung des Formats SMJ als Medienereignis wäre daher angebracht. Auch in anderen Gesichtspunkten und in Bezug auf offen gebliebene Fragen wäre eine solche Forschung interessant. Durch eine qualitative Feldforschung könnte so betrachtet werden, inwiefern die Daten der Auswertung durch Persistent Systems wirklich repräsentative Aussagekraft haben29 - ob sich also wirklich so viele Menschen beteiligten und eine derart große Aufmerksamkeit generiert wurde, wie die Daten suggerieren. Beeinflusste SMJ wirklich den Alltag und die Gespräche der Menschen? Während meines kurzen Aufenthaltes in Indien im Frühjahr 2013, also ein halbes Jahr nach dem Ende der ersten Staffel, sprach ich einige Leute in Wardha, Maharashtra und Udaipur, Rajasthan auf die Serie an. Nur etwa die Hälfte der Leute (hauptsächlich Dozenten an einer Universität) kannte die Sendung, während die andere Hälfte (Riksha- und Taxifahrer) nie davon gehört hatte. Dennoch sprach einer der Befragten von sich aus davon, dass er seine Frau niemals ein Mädchen abtreiben lassen würde. Vielleicht deutet dies darauf hin, dass die Themen der Sendung wirklich in der Öffentlichkeit zu Gesprächsthemen wurden. Da es sich bei den „Befragten“ jedoch nur um sieben Leute handelte, hat dies selbstverständlich keine Aussagekraft. Es wäre daher interessant, eine Forschung im größeren Umfang durchzuführen. Es bleibt außerdem die Frage offen, welche politischen Langzeitauswirkungen tatsächlich entstehen oder ob auch das Engagement der Politiker nur medienwirksame PR-Kampagne war. Daran schließt die Frage an, ob entsprechende Politiker gegebenenfalls von der Medienaufmerksamkeit und dem sozialen und medialen Kapital Aamir Khans und der Sendung profitiert haben. Besonders im Hinblick auf die in Indien anstehenden Wahlen und die zeitgleiche Ausstrahlung der zweiten Staffel von SMJ ist unter dem Gesichtspunkt der ‚visibility‘, 29 Idealerweise würde eine solche Feldforschung aus landesweit durchgeführten Leitfaden- und Gruppeninterviews bestehen, um so aussagekräftige Daten zu Ausdehnung und Relevanz der Sendung und ihrer Themen sammeln zu können. 25 vorgeschagen von Sahana Udupa (vgl. Udupa 2012: 888-90), eine Betrachtung der Wechselwirkung zwischen SMJ und Politik besonders interessant. Zudem erscheint es auch lohnenswert, die indische Fernsehentwicklung weiter im Auge zu behalten. So hat beispielsweise Salman Khan, der zwar eine Wohltätigkeitsorganisation betreibt und derzeit der wohl erfolgreichste Bollywood-Schauspieler ist, aber in keinem vergleichbaren Maße mit seinen Filmen soziale Probleme thematisiert, angekündigt, eine eigene TV-Show mit sozialem Anspruch ins Fernsehen zu bringen (vgl. Madhu/Eros 2014: 23). Ob diese und andere Sendungen ähnliche Reaktionen auslösen und wie sie das Web 2.0 einbeziehen und nutzen, wäre also ein weiterer möglicher Untersuchungsgegenstand zukünftiger Forschung. Es bleibt noch festzustellen, dass obwohl auch im außereuropäischen Raum anwendbar, die Medienereignistheorie durchaus neuer Impulse bedarf. Der Großteil der einflussreichen Kerndebatten stammt aus Europa oder den USA und ist eurozentrisch und teilweise überholt (vgl. Schneider & Gräf 2011: 19 & 21). Wie diese Arbeit gezeigt hat, sind einige Theorien zwar auch in anderen Umfeldern und Regionen anwendbar, jedoch wären Forschungen zum Medienereignis außerhalb des Formats Schönheitskontest und Nationalfeiertagsparade wünschenswert. Darüber hinaus muss sich die Medienereignistheorie stärker mit der Rolle der Sozialen Medien und deren ökonomischer Verwendung im Wettbewerb der Medienanbieter auseinandersetzen. Ob das Format (oder auch nur die Bezeichnung) des ‚populären Medienereignisses 2.0‘ dann Bestand haben kann, könnte sich dann zeigen. 26 Anhang Anhang zu 3.2 Grafik 1: „The Growth of Indian TV Broadcasting – The Programming Genres” Quelle: Kohli-Khandekar 2013: 99 Grafik 2: „Deconstructing Prime Time Content of Indian News Channel“ Quelle: Saeed 2013: 146 27 Grafik 3: “Channel-wise Break-up of Programme Categories” Quelle: Saeed 2013: 148-9 28 Grafik 4: “Programming Composition of DD National (2007-08)” Quelle: Saeed 2013: 274 29 Anhang zu 4.1.2 Insights 2012 aus Satyamevjayate.in: >http://www.satyamevjayate.in/season-01.aspx< (nicht mehr online, letzter Zugriff am 14.01.2013) Grafik 1: „Satyamev Jayate – Impact“ Grafik 2: „Responses“ Grafik 3: „Connections“ Grafik 4: „Community Members“ 30 Anhang zu 4.2 Insight 2014 Snapshot aus Satyamevjayate.in: >http://www.satyamevjayate.in/Persistent/insights.aspx< (letzter Zugriff am 30.03.2014) 31 Bibliographie Wissenschaftliche Publikationen ATHIQUE, Adrian. 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