Erfahrungsbericht

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Erfahrungsbericht
Erfahrungsbericht
Name: Michaela Wolf
Austauschjahr: 2013/14
Praktikum über das Amity Institute an der Goethe International Charter School
Stadt: Los Angeles
Land: Kalifornien, USA
Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht,
kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
Von August 2013 bis Juli 2014 hatte ich das große Glück, in Kalifornien leben zu dürfen. Ich
absolvierte vom 13. August 2013 – 17. Juni 2014 ein Praktikum an der Goethe International
Charter School (GICS) in Marina del Rey, einem Stadtteil direkt an der Küste in Los Angeles.
Organisiert war das Ganze über das Amity Institute. Meine Bewerbung erfolgte erst viel später als im Normalfall: Während man sich für den obigen Zeitraum normalerweise bereits circa
im Oktober/November des Vorjahres bewirbt, bewarb ich mich erst im Februar 2013, da ich
erst zu diesem Zeitpunkt den Aufruf Amitys in einem Fachschafts-Newsletter gelesen hatte.
Es gab noch zu viele freie Praktikumsstellen und so wurde eine zweite Bewerbungsrunde
gestartet – ich hatte also Glück. Für die Bewerbung musste eine einmalige, nicht erstattungsfähige Bewerbungsgebühr von 150 $ gezahlt und ein Online-Formular ausgefüllt werden,
inklusive einem kleinen Motivationsschreiben auf Englisch sowie einem kleinen Text, wie
man sich ein Leben in der Gastfamilie vorstellt. Zudem wurde ich von Julia Scheider vom
Akademischen Auslandsamt interviewt. Tatsächlich dauerte es bis Ende April, bis ich Bescheid bekam, dass die GICS mich als Praktikantin einlud. Anders als erwartet musste ich
kein Skype-Interview absolvieren, sondern einfach nur zusagen.
Für einen solchen Auslandsaufenthalt war dann Einiges zu organisieren: Das J1-Visum –
dafür mussten einige Formulare ausgefüllt werden und man musste zu einem Interview auf
die amerikanische Botschaft in München. Kostenpunkt für das Visum allein lag bei ungefähr
umgerechnet knapp 300 Euro. Zudem musste bereits vor dem Praktikum Hin- und Rückflug
gebucht (und selbst gezahlt) werden, da das Rückflugticket aus Visumsgründen bereits vorliegen musste (die meisten von uns haben irgendeinen Flug mit Umbuchungsoption gebucht).
Im August ging´s dann endlich los – in meinem Fall ziemlich knapp, weil ich die Woche davor
noch Psychologie-Staatsexamen hatte. So kam ich tatsächlich erst die Nacht vor Schulbeginn an. Ein bis zwei Wochen Eingewöhnungszeit im Voraus kann ich im Nachhinein nur
empfehlen! ;)
Ich war das gesamte Jahr in verschiedenen Gastfamilien untergebracht. Kontakt zu meiner
ersten Familie hatte ich leider erst knapp zwei Wochen vor meinem Abflug, weil die Familie
selbst auch erst ganz knapp entschieden hatte, einen Intern (Praktikanten) bei sich aufzunehmen. Wir schrieben ein paar Emails zuvor und tauschten Bilder aus. Die Mutter war
Schweizerin und der Vater Amerikaner, mit drei kleinen Kindern zwischen einem Jahr und
fünfeinhalb. Sie holten mich schließlich vom Flughafen ab und gaben mir eine sehr herzliche
und warme Begrüßung. Leider konnte ich nur die ersten sieben Wochen bei dieser Familie
wohnen, weil sie dann das Zimmer wieder zurück brauchten. Anschließend lebte ich sieben
Monate in einer amerikanischen Familie mit einer dreieinhalbjährigen Tochter und einem
sechsjährigen Sohn. Das hatte den tollen Vorteil, dass ich fast nur Englisch sprach, außer
mit den Kids ab und zu, um ihnen Deutsch beizubringen (der Sohn ging auf meine Schule,
wo er ja Deutsch lernte). Die Familie war relativ wohlhabend, hatte ein großes Haus in Playa
del Rey, zwei Straßen vom Strand. Ich hatte ein großes Zimmer mit eigenem Bad und Balkon und konnte das Auto ab und zu nutzen. Das waren natürlich große Vorteile. Nachteile
waren aber, dass die Familie selbst sehr anstrengend sein konnte. Wir hatten voll die schönen Zeiten, aber leider auch einige Auseinandersetzungen. Letztendlich hielt ich es für angebracht, nochmal die Familie zu wechseln, weshalb ich dann für den Rest der Zeit bei einer
deutschen Familie in Santa Monica wohnte, was super und im Vergleich wesentlich entspannter war.
Zusammenfassend muss man sagen, dass das Konzept, die gesamte Praktikumszeit in
Gastfamilien zu wohnen, Vor- und Nachteile hat, über die man sich im Klaren sein sollte. Auf
der einen Seite ist es großartig, direkt in Familien vor Ort zu wohnen, da man auf diese Weise das Alltagsleben dort direkt mitbekommt und viel über die Lebenskultur des Landes erfährt. Außerdem denke ich, ist es eine wertvolle Erfahrung für jeden, unabhängig vom eigenen Familienhintergrund, andere Familien mitzuerleben und somit seinen Horizont zu erweitern. Zudem erspart das Leben in der Familie (Essen übrigens auch mit von der Familie finanziert) viele Kosten. Sofern man sich gut mit der Familie versteht, kann einem die Familie
natürlich auch wichtige Sozialisation, Einbindung und Zurechtfindung in der fremden Kultur
bieten, die man, lebte man z.B. allein in einem Wohnheim, wohl eher nicht hätte. Zum anderen muss auch gesagt werden, dass es, je nach Gastfamilie natürlich, ganz schön anstrengend sein kann, neben einem Vollzeitpraktikum auch noch Familienpflichten zu haben. Es
gab Familien, wo die Interns kaum etwas tun mussten (wie auch bei meiner letzten Familie),
und Familien, wo erwartet wurde, dass du regelmäßig auf die Kinder aufpasst und dich an
den Familienaktivitäten beteiligst. Das Problem ist, dass von Amity-Seite zwar klar in den
Richtlinien steht, dass die Interns KEINEN Au pair-Status haben, man aber über Behilflichkeiten und das „Sich-Selbst-Einbringen“ in die Familie mit den Familien selbst übereinkommen muss. Allerdings muss man sagen, dass man sich stets wegen allem bei Amity melden
konnte und da immer schnelle und herzliche Hilfe erfahren hat!
Mein Praktikum an der Schule war sehr spannend und lehrreich. Ich war von Montag bis
Freitag von je 8.10-15.00 Uhr, mittwochs nur bis 13.00 Uhr, an der Schule. Zur Schule kam
ich entweder mit dem Rad oder bin mit meiner Gastfamilie mitgefahren. Selten nahm ich einen Bus nach Hause. Ich hatte das große Glück, eine super Lehrerin zu haben, mit der ich
mich persönlich auch sehr gut verstanden habe. Ich war das gesamte Schuljahr in der zweiten Jahrgangsstufe in der deutschen Klasse. Das Konzept der Schule sieht vor, dass immer
zwei Klassen zwischen zwei Lehrerinnen wechseln, d.h. immer eine Woche den Unterricht
komplett auf Englisch bei der amerikanischen, dann eine Woche komplett auf Deutsch bei
der deutschen Lehrerin haben. (Fast) jeden Tag wird dann nochmal zusätzlich für eine Stunde getauscht. Nach der anfänglichen Einarbeitungsphase gab es danach zwar natürlich auch
einfache Jobs wie Kopieren, Ausschneiden, Anmalen etc., die ich gemacht habe. Aber die
meiste Zeit wurde mir von meiner Lehrerin sehr viel Verantwortung zugetraut (was sehr Lehrer-abhängig war! – Andere Interns hatten da weniger Glück). Ich unterrichtete kleinere
Gruppen, z.B. nahm ich mir nur die ganz schwachen oder ganz starken Kinder aus der Klasse und arbeitete vor der Tür oder in einer anderen Ecke des Klassenraumes mit ihnen zusammen. Oder ich übernahm die Morgenroutinen: Morgenkreis, Wiederholung des Vortages,
etc. Außerdem band mich meine Lehrerin soweit es ging (und soweit ich nachfragte – Eigeninitiative ist also stets wichtig!!) in die Unterrichtsvorbereitungen mit ein. So konnten wir auch
kleinere Abschnitte organisieren, die dann ich vor der Klasse unterrichtete.
Die größte Herausforderung war tatsächlich, einen gut differenzierten Unterricht für all die
verschiedenen Sprachniveaus zu gestalten: Wir hatten Kinder in der Klasse, die gar kein
Deutsch konnten, und Kinder, die Muttersprachler waren. Zudem kam, dass viele Kinder
starke Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefizite aufwiesen. Gerade in unseren beiden
Klassen hatten wir zudem ein paar sehr verhaltensauffällige Schüler. Aus diesem Grund war
das unterrichten in diesen beiden Klassen oft recht anspruchsvoll und gerade weil ich mit
meiner Lehrerin ein gutes Team war und ich das Praktikum ernst nahm, mit viel Arbeit verbunden. Darüber hinaus hatten wir Interns „Recess-Duty“, also waren die Aufsichten zu Pausenzeiten und machten unsere eigenen Pausen, wenn die Schüler wieder Unterricht hatten.
Auch wenn ich selbst Gymnasiallehramt studiere, war diese Unterrichtserfahrung unheimlich
wertvoll. Tatsächlich hatte ich ursprünglich geplant, das zweite Halbjahr in die vierte oder
fünfte Klasse zu wechseln, da dies meinem Fachgebiet mehr entsprechen würde. Es stellte
sich aber im Laufe des ersten Halbjahres für mich heraus, dass ich eine ziemliche Bindung
zu den Kids aufgebaut hatte und es einfach total spannend ist, die Entwicklung dieser Schulkinder wirklich für ein ganzes Jahr mitverfolgen zu können. So blieb ich das ganze Jahr in
der zweiten Klasse. Trotzdem bekam ich auch von den Fünftklässlern etwas mit: Fünf von
uns Interns durften nämlich im März mit den „Großen“ ins Science Camp (ähnlich wie ein
Schullandheim) nach Big Bear (Gebirge östlich von Los Angeles) mitfahren. Von Montag bis
Freitag waren wir „Cabin Leaders“, schliefen mit ca. 8-10 Kindern in einem Raum und waren
für sie verantwortlich: dass sie überall rechtzeitig hinkamen, dass die Hütte aufgeräumt war,
sich alle regelmäßig wuschen und nachts schliefen etc. Also auch so eine Erfahrung kann
ein solches Praktikum bieten!
Letztendlich fand ich, dass dafür, ob man viel aus dem Praktikum für sich mitnimmt, es auch
darauf ankam, wie viel man selbst bereit ist zu tun. Ich selbst habe z.B. angeboten, eine
Tanzklasse anzubieten. Somit unterrichtete ich ca. 15 Viert- und Fünftklässler jeden Dienstag von 15-16.00 Uhr. Allerdings nur von November bis März, weil es zugegebenermaßen
dann ganz schön viel war: Praktikum, Gastfamilie und Tanzklasse – und viel unternehmen
sollte man ja auch noch, um das Land zu sehen!
Womit wir bei den Kosten wären: Essensgeld für Lunch dazugerechnet bekamen wir knapp
200 $ pro Monat von der Schule. Offiziell durften wir nicht arbeiten, aber fast jeder verdiente
sich mit Nachhilfe geben oder Babysitten noch ein bisschen dazu. Mit diesem Geld insgesamt dann bin ich über den Monat hinweg ganz gut durchgekommen. In den Ferien bin ich
immer gereist: San Francisco, Grand Canyon, Bryce Canyon, Joshua Tree, Yosemite und
Sequoia National Park, den Pacific Coast Highway entlang gefahren, etc. Dafür ging es natürlich an die eigenen finanziellen Reserven. Nach Ende der Schule im Juni hat man laut
Visum noch 31 Tage Aufenthaltsrecht, die zum Reisen genutzt werden können, was klasse
ist.
Dass ich nach Los Angeles gekommen bin, war super, da Los Angeles sehr viel zu bieten
hat und Kalifornien und die umliegenden Staaten drum herum auch. Los Angeles als Stadt
ist aber gar nicht so toll, wie man zunächst annimmt. Die Weitläufigkeit der Stadt machte es
bisweilen schwierig, von A nach B zu kommen. Man kann zwar öffentliche Verkehrsmittel
nutzen, die auch spottbillig sind, aber es dauert ewig (kurze Entfernungen und schon 1-2
Stunden!). Es ist also sehr ratsam, ein Auto zur Verfügung zu haben (evlt. z.B. am Jahresanfang kaufen und dann mit geringem Verlust wiederverkaufen). Zudem muss man sich Los
Angeles mehr wie 100 zusammengelegte Vorstädte vorstellen – richtiges Großstadt-Feeling
kommt nur wenigen Zentren wie Downtown oder Hollywood auf, die für sich natürlich reizvoll
sind. Besonders schön sind natürlich die Küstenviertel Santa Monica und Venice Beach.
Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich sehr dankbar für das Praktikum und die Zeit in
den USA bin, auch wenn es v.a. mit der Gastfamilie einige sehr anstrengende Zeiten gab
(die einen aber auch wiederum um Erfahrung reicher machen) und das Praktikum nicht immer stressfrei war. Hingegen meiner Annahme, die amerikanische Kultur sei unserer ähnlich,
da auch westlich, konnte ich aber doch einige gravierende Unterschiede feststellen. Gerade,
was die Art der Kommunikation angeht unterscheiden sich Deutsche und Amerikaner sehr.
Von daher kann ich allen nur zu einem solchen Auslandsjahr raten, besonders in Kalifornien!
Man nimmt viele gute Erfahrungen mit, lernt, sich einer fremden Kultur zurecht zu finden,
erweitert seinen Horizont und knüpft viele neue Kontakte und Freundschaften!