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Trixi Rossi Lebenslauf Schäferstrasse 31 20357 Hamburg 0173 23 62 796 [email protected] www.fotofuenf.de 1991 Abitur am Gymnasium St.Michael in Ahlen/Westfalen 1991 1992 1992 1993 1995 1996 dreimonatiges Praktikum in der Fotoabteilung des Stadtmuseums Münster s/w Fotokurs am International Center of Photography in New York sechsmonatige Assistenz im Studio Gallandi in Berlin einjährige Assistenz für Manu Agah in Hamburg sechsmonatiger Auslandsaufenthalt in San Francisco Praktikum in der TEMPO-Bildredaktion 1998 – 2000 Bildredakteurin bei Visum/plus49 2000 – 2001 Bildredakteurin bei Büro Hamburg/Trendbüro 2001 – 2003 Art-Buyerin bei Heye & Partner in Hamburg 2003 – 2005 Bildredakteurin bei Mutabor Design in Hamburg 2005 – 2008 Bildredakteurin bei Park Avenue Seit 2009 freie Bildredakteurin bei Art, G+J Wirtschaftsmedien, Philipp und Keuntje, Petra, National Geographic Place to be Networken. Vor ihrer Neuerfindung galten die Clubs der Londoner Gentlemen als Staubfänger. Nun sind sie wieder angesagt Fühl dich wie zu Hause: Im Eight Club von Brandon Kinsman gammeln Banker und Broker nach Feierabend Guide: Clubs London 172 c 11/2009 Guide: Clubs London c 11/2009 173 House of Commonwealth: Queen-Porträt im Gebäude der Royal Over-Seas League. Der Club schreibt jährlich Preise für junge Künstler aus Text: Louise Brown, Fotos: Heiko Prigge Die Dachterrasse des Eight Club ist an die sem Abend wieder Hochglanzbühne. Jun ge Jungs in Anzügen, das Hemd offen, Krawatte sowieso nicht, Champagner in der Hand und cheers. TalkThemen: FX Trading und die Transfers des FC Chelsea. Ein Greg, Headhunter, Maßanzug von Boland & Banks, lässt sich kurz stö ren: „Ich bin hier Mitglied, gerade weil das Eight kein spießiger, traditioneller, altmodischer Privatclub ist.“ Und: „Wenn mein Mobiltelefon klingelt, schauen mich hier keine 20 Leute entsetzt an.“ Und: „Ich kann mir die Peinlichkeit spa ren, einem Kunden sagen zu müssen, bitte in passender Garderobe zum Essen zu erscheinen.“ So, jetzt erst mal einen Espresso Martini. Damit wäre auch alles gesagt. Club in London ist nicht mehr gleich Club in Lon don. Das Prinzip „Hort des Gentleman tums“ hat sich ins 21. Jahrhundert geret tet: Es gibt sie noch, den Reform Club (den kennt man von Jules Verne, seine Romanfigur Phileas Fogg wettete hier, in 80 Tagen die Welt zu umrunden), den Carlton, den Travellers Club, die Royal OverSeas League und den ganzen Rest. Guide: Clubs London 174 c 11/2009 Doch seit einigen Jahren wächst junge Konkurrenz, in City und East End. Jeder in London kennt die Namen: Hospital Club, Shoreditch House, Eight Club. Chef und Gründer Brandon Kinsman ist mit dem Eight Club einer der Ersten, die gegen das Establishment angetreten sind. „Wir wollten zeitgemäß sein, nicht wie die alten von rigorosen Regeln be stimmt, auch kein reiner Sport oder Businessclub.“ Dynamisch, stylish, sagt Kinsman, nah an der Finanzwelt. Ein Ort zum Abschalten. Hier schaut man nicht bei Portwein in einen lodernden Kamin, sondern bei Champagner durch Panoramafenster über die Finanztürme Londons. Statt Roastbeef gibt es Carpaccio vom Rind. Die Krawatte gilt als Relikt, das nach getaner Arbeit schleunigst abgelegt wird. Damit die Botschaft auch jeder kapiert, lässt » Mitglied eines historischen Clubs ist man nicht, weil es ‚in‘ oder geschäftlich nützlich ist. Sondern aus Leidenschaft « James Scott, Travellers Club auch Kinsman die zwei obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet. Im Restaurant beraten die Kellner ausländische Gäste auf Deutsch oder Französisch – für Lon don eine Sensation an Unbritishness. Ein paar Anklänge an die Tradition erlaubt Kinsman: Hinter dunklen Holztüren ver bergen sich Bibliothek und ein clubeige ner SavileRowSchneider. Feines Tuch und Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts schätzt auch die Schar auf der Garden Party im Travellers Club. Damit hören die Gemeinsamkeiten zur EightKlientel aber schon auf. Auf der Gästeliste in der Pall Mall 106: junge Mit glieder ausgesuchter Traditionsclubs. Es sieht aus, als würde Richard Curtis eine Fortsetzung von „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ drehen. Junge Frauen in Designerkleidern plaudern auf samte nem Rasenteppich mit jungen Herren in akkuraten Anzügen. Der Travellers Club ist 190 Jahre alt, das Clubgebäude stammt vom Architekten Charles Barry, der die Houses of Parliament entworfen hat. Der auf der Einladung angekündigte Dress code lautet „Lounge Suit“, und ein Gast – gottlob kein TravellersMitglied! – hat das sträflich falsch interpretiert, indem er zwar im dunklen Anzug, jedoch mit Stoffschuhen erschienen ist. Der Portier bleibt hart, „No, Sir“. „Mitglied eines his torischen Clubs wird man nicht, weil es ‚in’ oder geschäftlich nützlich ist, sondern aus Leidenschaft“, kommentiert James Scott, ein junger Anwalt. Seit seinem 18. Lebensjahr ist er Mit glied im Hurlingham Club – und zugleich im Carlton, dem elitärsten Club Londons, dem bisher jeder konservative Premier minister angehörte. Inklusive Margaret Thatcher, allerdings nur als Ehrenmit glied. Erst letztes Jahr, 176 Jahre nach seiner Gründung, ließ der Carlton Frauen als gleichwertige Mitglieder zu. Vor vier Jahren, als der Aufstieg der jungen, wilden Clubs eben begann, fand Scott, man müsse in die Offensive gehen. Er gründete den Interclub, der Events für die Mitglieder unter 35 der Traditions clubs veranstaltet. So erfand der Interclub den „Club Crawl“, eine Anspielung auf den Volkssport „Pub Crawl“, bei dem man von Bar zu Bar zieht. Er veranstaltet Winterbälle, Tagesausflüge nach Paris und eine Art Speeddating, bei denen sich Mitglieder der verschiedenen Clubs beschnüffeln sollen. Die Runde umfasst jetzt 600 Mitglieder. Im Laufe weniger Jahre hat sich die Londoner Szene neu erfunden, wenn man so will, gibt es jetzt zwei Parallelwel ten. Von den einstmals zu viktorianischer Zeit 200 Clubs sind noch etwa 40 übrig. In den neuen Clubs sind Männer und Frauen gleich, sie sind von Designern wie Zara Hadid eingerichtet und mit Dach pools ausgestattet, befinden sich entfernt vom gediegenen West End im szenigen Osten und in Londons Vororten. „Die sind einfach edgy“, sagt Olivia Cole, Szene autorin des „Evening Standard“, „und gerade damit sind sie in den letzten fünf Jahren phänomenal erfolgreich.“ Nachmittags auf der Dachterrasse des Shoreditch House. Man isst Lunch, dazu natürlich Mineralwasser statt Wein, dis kutiert ein bisschen, lakonisch. Ein Schwimmer zieht langsam seine Bahnen im Dachpool. Gut möglich, dass sich ge rade Kate Moss oder Naomi Campbell im clubeigenen Spa massieren lassen. Eine Gruppe trifft sich auf DesignerPlüsch sesseln zum Businessplausch. 2007 hat Shoreditch eröffnet und ist im kreativen East End gleich zur Institution geworden. Medien, Design, Musik und Kunst ernäh ren die Mitglieder. Die Klientel wird ge zielt umworben. Ein Prüfgremium aus Künstlern und ∂ Architekten fand zum Beispiel, Wo erlebt man noch das Robinson-Gefüh [Anm. d. Red.: Wir zeigen es Ihnen.*] Entdecken Sie das Beste rund ums Segeln. Von der besten Segelredaktion Europas. Alle 14 Tage am Kiosk. Mehr Infos unter www.yacht.de Torsten Neeland, preisgekrönter deut scher Industriedesigner, seit zwölf Jahren in London, würde doch gut hierherpas sen. Neeland findet das auch. „Mit Kun den essen, ohne vorher einen Tisch be stellen zu müssen, später im Dachpool eine Runde schwimmen – und alles fünf Minuten vom Büro: Das ist ein bisschen wie ein zweites Wohnzimmer.“ Klar, dass Quentin Tarantino die Party nach der LondonPremiere von „Inglorious Bas terds“ im Shoreditch steigen ließ. Am Eingang hängt die Abbildung ei nes Werkes von Damien Hirst: ein Ge schäftsmann im Anzug, durchgestrichen von einem roten Balken. Banker werden im Shoreditch House ungern gesehen. Das wäre doch ein Argument für Phileas Fogg – „Man sah ihn nie auf der Börse noch auf der Bank“, berichtete Jules Ver ne. Das war in der Tat höchst vornehm, denn im 19. Jahrhundert waren im Club zwei Themen tabu: Familie und Arbeit. Aktenkoffer mussten dem Portier überreicht werden; Geschäftsgespräche waren verboten, Langeweile wurde zele briert: Im ältesten Club Londons, White’s, gegründet 1693, wetteten der Überliefe rung nach zwei Mitglieder ganze 3000 Pfund, welcher Regentropfen am Fenster als erster den Boden erreichen würde. Guide: Clubs London 176 c 11/2009 In den neuen Clubs ist Müßiggang kein Wert. Ob nach dem Feierabend, beim Frühstück oder Sport, man knüpft Kontakte, hält Meetings ab. Das Potenzial eines zeitgemäßen Clubs erkannte der Unternehmer Nick Jones, der 1995 Soho House gründete, im Szeneviertel Soho. Es folgten Babington House im ländlichen Somerset, Shoreditch House und High Road House, der erste Club in einem Lon doner Vorort. Heute betreibt die Soho HouseGruppe Clubs in New York und bald auch in Los Angeles, mit 20 000 Mit gliedern weltweit. „Informell und flexibel muss der heutige Club sein: genau das Gegenteil der alten“, sagt SohoGeschäfts leiter Martin Kuczmarski. Am Empfang wird man mit Vornamen begrüßt; mor gens um vier kann man ein ausgiebiges Dinner bestellen, der Champagner darf auch in Jeans getrunken werden. Aktuell stehen 4000 Namen auf der Warteliste. „Den GoldmanSachsMitar »Informell und flexibel muss der Club von heute sein: das Gegenteil der alten « Martin Kuczmarski, Soho-Club-Chef beiter würden wir vermutlich gleich ablehnen“, sagt Kuczmarski. „Der Walt DisneyTrickfilmleiter ist willkommen.“ Der aber ist vermutlich schon Mitglied im Hospital Club – wo es der Empfehlung mindestens eines Mitglieds bedarf, damit man sich überhaupt bewerben darf. Schwimmbad und Fitnessraum sucht man im Hospital vergebens. Dafür schnei den hier angehende Filmregisseure in der Mittagspause an ihren Debütfilmen herum. Das Hospital beherbergt Galerien, Aufnahmestudios und Bühnen, wo Songwriter wie „Florence and the Ma chine“ auftreten, bevor sie zu Ruhm ge langen. Der Gitarrist der Eurythmics, Dave Stewart, gründete den Club 2004 und gab vor: Es solle das „next best thing“ nach Andy Warhols Factory werden. An einem Montagmorgen sitzen in jeder Ecke der Lounge junge Leute mit Laptops auf den Knien; im Restaurant stolzieren Flamingos auf den Wänden; im Forest Room ragt ein riesiger Konferenz tisch vor einer Tapete mit Waldszenen; der Bildschirm im Lift zeigt ein Nuss knabberndes Eichhörnchen, ein Kurz film eines Mitglieds. Es hat mehr von Startup als von Privatclub. „Unsere Mit glieder sollen sich hier nicht nur ent ∂ spannen können“, sagt Manager Fotos: picture-alliance/The print Collection;Corbis/Hulton Deutsch; Interfoto/Mary Evans Carltons Konservative: Im Februar 1984 gratuliert Premierministerin Margaret Thatcher ihrem Amtsvorgänger Harold Macmillan im Carlton Club zum 90. Geburtstag. Erst seit vergangenem Jahr lässt der Club auch Frauen als Mitglieder zu (r.: Toast auf Premierminister Benjamin Disraeli, Zeichnung von 1878). Das ursprüngliche Clubgebäude in der Pall Mall (l.) legte die deutsche Luftwaffe 1940 in Schutt und Asche Kreativen-Kaderschmiede: Im Hospital Club (Empfang, l.) wachsen Karrieren von Filmemachern und Popstars – etwa beim Meeting im Forest Room (r.) Maria Nicholson, „wir fördern sie gezielt.“ Der Zulauf zu den jungen Clubs hält an – trotz oder wegen der Wirtschaftskrise. Ständig werden Dependancen eröffnet. „Klar geht es hier auch ums Geschäft“, sagt EightInhaber Kinsman. Genaue Umsatzzahlen aber nennt er nicht. Geradezu integer und transparent sind hingegen die alten Clubs. Sie investieren die überschüssigen Einnahmen zurück in den Club und veröffentlichen jährlich Ge schäftsberichte für Mitglieder. „Langweilig sollen wir sein? Hier trifft man noch richti ge Charaktere“, sagt Leon Renwick, in Flie ge und 70erJahreBrille. Der Projektma nager bei Arup ist Mitglied des Caledonian Club Web Clubs und als solches ebenfalls zur Garden Party im Travellers geladen. „Die neuen Clubs sind doch unpersönlich und für die Mitglieder total undurchsichtig“, ätzt Ren wick mit rollendem schottischem Akzent. Und doch verschwimmt die Grenze zwischen der alten und der neuen Club welt. Im Travellers werden die Zeitungen längst nicht mehr gebügelt, und wo frü her der Aktenkoffer abgegeben werden musste, hat man vor einigen Jahren Räu me für Businessgespräche eingerichtet. Dafür kopiert jetzt Shoreditch House das uralte Konzept, Mitgliedern Zimmer zur Übernachtung zu stellen. Die 26 Betten werden schon bald bereit sein. Die Kosten Mitglieder Jährl. Kosten sind nicht in der Jahresgebühr enthalten. Die Geschäftsleitung sieht offenbar eine lukrative Einnahmequelle. Was sich im Travellers und den ande ren Altclubs ändert, entscheiden die Mit glieder, und das schätzt Lorenzi Sargenti sehr. Er ist gewählter Sprecher der Jung mitglieder im Travellers, Business Deve loper in einem Softwareunternehmen, Schweizer und damit ziemlich das Gegen teil des britischen weißhaarigen UrClub mitglieds, wie man es aus JulesVerne Romanen kennt. „Wer weiß?“, sinniert Sargenti, „vielleicht werden in unserem Club in zehn Jahren Stoff oder gar Sport √ schuhe erlaubt sein.“ Klientel Bedingungen 11 00 877 € (493 €)* Finanz- und Mediensektor keine Soho houSE** www.sohohouse.com 20 000 658 € für einen Club, 987 € für alle Clubs Medien- und Filmindustrie, Promis Empfehlung durch zwei Mitglieder hoSpiTal Club 2000 600 € (437 €) Film, Medien, Musik, Mode Empfehlung durch ein Mitglied REfoRM Club www.reformclub.com 2700 1273 € Akademiker, Politiker, Schriftsteller Empfehlung durch zwei Mitglieder CaRlTon Club www.carltonclub.co.uk 1600 1250 € (685 €) Politiker, Akademiker, Anwälte Empfehlung durch zwei Mitglieder; Affinität zur Conservative Party TRavEllERS Club 1400 1242 € (941 €) Diplomaten, Vielreisende Empfehlung durch zwei Mitglieder; Frauen nur als „assoziierte Mitglieder“ EighT Club www.eightclub.co.uk www.thehospitalclub.com www.thetravellersclub.org.uk * in Klammern: ermäßigter Beitrag für Mitglieder, die im Ausland wohnen ** Standorte: Soho House, Babington House, Soho House New York, Electric House, Shoreditch House, High Road House. Ab kommendem Jahr: Soho House Berlin, Soho House West Hollywood, Soho House Miami Guide: Clubs London 178 c 11/2009 Schwingerklub: Der „Panton Chair“ (großes Foto, r.) war ein Meilenstein modernen Designs, ein Plastikfreischwinger aus einem Guss. Den ersten Prototyp (großes Foto, l.) hatte Verner Panton noch recht klobig gestaltet. Vitra-Chef Rolf Fehlbaum (kl. Foto, 2. v. l.) tüftelte mit Panton (2. v. r.) jahrelang, die Entwicklungsmodelle hat Fehlbaum archiviert Gibt’s dich auch noch? Vitra History,1966,www.vitra.com Design. Am Anfang war der Prototyp. Und auch wenn wir ihm ansehen, dass sein Leben hart war – die Möbelvorbilder sind neuerdings viel Geld wert Guide: Prototypen 130 c 02/2010 Guide: Prototypen c 02/2010 131 Ausgewachsen: Schon 1945 entwarfen die Designer Charles und Ray Eames den „Plywood Elephant“. Er ging nie in Produktion – einzig ein Prototyp wurde von Kindern der Eames-Familie bespielt (r.). Ein Fiberglasmodell schlummerte jahrzehntelang im Vitra-Archiv, bis Rolf Fehlbaum (o.) entschied, den Elefanten 2007 auf den Markt zu bringen – mittlerweile aus Kunststoff Guide: Prototypen 132 c 02/2010 Pirmin Rösli; Eames Elephant/Charles & Ray Eames @EamesOffice.com Riesendraht: Charles und Ray Eames verbrachten Jahre damit, die ideale Sitzschale aus verschiedenen Materialien zu entwerfen. Die ersten Versuche mit Stahldraht waren noch erstaunlich grobmaschig (o. und M.). Diese Entwürfe hätten erfordert, die Fläche mit Textil zu bespannen. Letztlich fanden sie die von 1951 bis heute gültige und bekannte Form (u. und u. l.). Alle diese Prototypen werden im Vitra-Firmenarchiv in Weil am Rhein aufbewahrt Guide: Prototypen c 02/2010 133 Leichtsitz: Für Classicon-Chef Oliver Holy (Bild oben) bilden Prototypen die Grundidee des Designers am besten ab. Das Styropormodell eines Sofas (o. M.) hat das Architektenteam Sauerbruch Hutton entworfen. Als Stuhl ist die Idee bereits verwirklicht (l., darunter der Prototyp). Neben dem Sofa steht ein Prototyp des Sekretärs „Zelos“ von Christoph Böninger. Er ist aus Sperrholz und bereits zu den Seiten aufklappbar wie das Serienmodell (r.). Während der Entwicklung hat sich die Form der Beine geändert Guide: Prototypen 134 c 02/2010 Gabrielle Ammann//Gallery,Köln Text: Verena Richter Foto: Christian Grund und Florian Jaenicke zwischen Designer und legitimem Her steller entstanden ist. Auch wenn davon 100 000 Stück gemacht wurden. Ein Prototyp aber ist immer ein Ein zelstück – und erfüllt so ein wichtiges Kriterium, das all die Kunstsammler for dern, die nun den Designmarkt kapern. „Deshalb steigt ja das Interesse an limitier ten Objekten, Unikaten und Prototypen deutlich“, sagt die Kölner Galeristin Gab rielle Ammann. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet die Innenarchitektin als Art Con sultant; 2006 eröffnete sie eine Galerie, in der sie immer häufiger auch mit Proto typen handelt. „Wer die kauft, dem geht es nicht um Perfektion, sondern um Au thentizität.“ Solch ein Objekt habe eine andere Aura als ein Serienmöbel. Seine Unfertigkeit mache es nur attraktiver. So schwärmt eine Sammlerin, die anonym bleiben möchte, von Ron Arads Prototyp der Liege „No Void“. Das Objekt ging nie in Produktion – und sollte auch nie für ein Mittagsschläfchen taugen. Da für war es mit voller Absicht zu schmal konzipiert. 20 Zentimeter Tiefe, da kann man sich gerade mal auf einer Pobacke niederlassen. Gemütlich ist anders, Gäste schütteln regelmäßig den Kopf. Den noch: Für die Sammlerin ist „No Void“ ihr liebstes Einrichtungsstück. Eine Skulptur, die auf den ersten Blick tut, als sei sie ein Möbel. Und auf den zweiten gänzlich zum Kunstwerk wird. Das macht sich doch gut in Großstadtlofts, kein Wunder, dass die Jagd auf Prototypen eröffnet ist. Von der Seite sieht das Ding aus wie der überdimensionale Gipsabdruck einer Nase. Und nicht wie etwas, worauf man bequem sitzen könnte. (Kann man auch nicht, dafür ist es zu instabil.) „Wir fan den es recht hässlich“, erinnert sich Rolf Begehrt: der Abnahmeprototyp Fehlbaum, heute Kopf des Möbelher Wenn man nur wüsste, was als Prototyp stellers Vitra, eines der renommiertesten gilt. Experten, Sammler und Designer Designhäuser der Welt. sind sich in der Frage nämlich keinesfalls Um die Riesennase würden sich einig. Man bekommt drei verschiedene Sammler und Museen heute reißen – Antworten – und abhängig davon ist der wenn sie denn verkäuflich wäre. Es ist ein Markt sehr klein oder unüberschaubar Modell von Verner Panton, nur so groß groß. Zum einen gibt es den allerersten wie ein Kinderstuhl, aus grauweißem dreidimensionalen Entwurf, sozusagen Polysteron. Die erste Vision dessen, was den Urfaust. So wie Pantons erster Ver einmal als „Panton Chair“ das Design des such, den Fehlbaum so hässlich fand. 20. Jahrhunderts revolutionieren würde: Zum Zweiten könnte man mit gutem ein Stuhl aus einem Guss, ein Freischwin Recht alle weiteren Modelle, alle Verfei ger aus Plastik. nerungen und Kompromisse, als Proto Leider schien niemand die Vision zu typen bezeichnen. Auf ihnen sind oft teilen, als der dänische Designer zu Be Raster oder Notizen gezeichnet. ginn der 60erJahre durch Deutschland Und schließlich sprechen Experten zog, um Möbelherstellern sein Modell ∂ vom Abnahmeprototyp, der eben vorzuführen. Irgendwann kam er nach Weil am Rhein, zu Willi Fehlbaum, Grün der und damaliger Chef von Vitra. Sohn Rolf erinnert sich, schlägt die Beine über einander und lächelt. Vater und Sohn sei beim Anblick des Modells klar gewesen: „Das müssen wir machen.“ Doppelfehler: Als Single-Sitzer Prototypen sind niemals perfekt, oft machte Alvar Aaltos wippender unbenutzbar – und doch sind sie mittler Entwurf weltweit Karriere. weile begehrte Objekte. „Es ist abzusehen, Im Vitra-Archiv lagert dieser dass sich immer mehr Sammler auf dieses Irrtum: Aalto baute den Freisehr exklusive Gebiet spezialisieren wer schwinger als Minibank – ein den“, sagt Michaela Neumeister, Deutsch Desaster. Kaum saß man drauf, landchefin des Auktionshauses Phillips kippte man nach hinten über de Pury, das schon Prototypen für einige Hunderttausend Euro versteigert hat. Bis vor einiger Zeit standen Stücke von Legenden wie Panton, Bauhaus künstlern oder Charles und Ray Eames hoch im Kurs, heute erzielen schon zeit genössische Designer hohe Summen. Ron Arads „Two Legs and a Table“ etwa brachte rund 240 000 Pfund, Zaha Hadids Entwurf des „Aqua Table“ kam für knapp 300 000 Pfund unter den Hammer. Eine Menge Geld für ein unfertiges Möbelstück. Ein Prototyp ist eben Ar beitsmaterial, ein Versuch, nicht mehr. Aber, und darauf kommt es an, er erzählt eine Geschichte, die Story zum Möbel – und das zählt im Markt. Anders als bei Kunstwerken sagt das Label „original“ bei Möbeln nicht viel aus. Davon spricht Witzgelegenheit: 2006 baute Ron Arad den Prototyp dieses nur 20 Zentimeter schmalen Schaukelman schon, wenn es in Zusammenarbeit stuhls aus Aluminium. Auf den Markt kam er nie. So wurde aus dem Modell ein wertvolles Unikat Guide: Prototypen c 02/2010 135 falls aus der Hand des Designers stammt, aber schon genauso aussieht wie das spätere Serienprodukt. Und dieser ist, jedenfalls nach Einschätzung von Auktionatoren, der wertvollste aus der Gattung der Proto typen. Klar, er kommt dem bekannten Serienprodukt am nächsten – trägt aber noch die DNASpuren des Schöpfers. Und diese DNA macht den Wert aus. „Prototypen sind viel näher an der Grund idee des Designers als das Endprodukt“, sagt der Münchner Möbelhersteller Oliver Holy. Seine Firma Classicon ist berühmt für die zeitlosen Arbeiten der Irin Eileen Gray wie für zeitgenössisches Design von Konstantin Grcic oder dem Duo Barber Osgerby. Im vergangenen Jahr wurden hier die Möbel für das Museum Brandhorst in München entwickelt, die gerade auf der Kölner Möbelmesse gezeigt werden. Das Architektenteam Sauerbruch Hutton ent warf passend zum Bau auch die Stühle und Sessel. In einem von Holys Büroräumen steht zurzeit ein SofaPrototyp aus Styropor, der das Sitzensemble ergänzen soll. „Noch lohnt es sich nicht, das Möbel aus Holz zu bauen. Es sind noch so viele Änderungen vorzunehmen.“ Welchen Winkel muss die Lehne haben? Wie hoch werden die Armstützen? Wie tief die Sitzfläche? Manchmal dauert es quälende Jahre, bis die Antworten gefunden sind – auch davon erzählen Prototypen. „Für mich ist es ermutigend zu sehen, wie schwer sich auch geniale Menschen getan haben“, sagt VitraChef Fehlbaum. Und: „Ein scheinbar einfacher Stuhl ist eben durch viele Phasen gegangen, bis er so einfach war.“ Er spricht aus Erfahrung. Zwei Jah re lang tüftelten er und Panton am Frei schwinger. Auf einem Foto von 1966 Guide: Prototypen 136 c 02/2010 Gabrielle Ammann//Gallery,Köln Notizblock: früher Prototyp (1958) des Eames-Plastikstuhls. Darauf die Anweisung „Save – to be used for engineering purpose“ eines Produkts, damit sie auf Messen ihre neuen Ideen präsentieren können. Und manche Designer stellen Prototypen für Galerien her. Jenseits aller Zwänge: Preis und DINNormen interessieren nicht, Designer können Experimente wagen. Um diese Erfahrungen in einem zweiten Schritt vielleicht in ein Massenprodukt einfließen zu lassen. So wie das Designteam Big Game, das den Prototyp seiner Lampe „Wood Work“ für die Galerie Kreo in Paris entwarf. Eine Leuchte aus dünnstem Balsaholz. Später wurde daraus eine massenproduzierte Metallleuchte: in der gleichen Formen sprache und nach denselben Gestaltungs prinzipien wie das Kunstwerk. Holy warnt schon vor Gefahren der Manie. „Nicht dass Firmen jetzt von jedem Möbel zehn Prototypen für den Sammlermarkt produzieren.“ Das würde die Entwicklung verzögern und liefe der Idee eines Prototyps zuwider. „Aber bei so was würden die meisten Designer so wieso nicht mitmachen“, hofft Holy. Klar ist aber: Prototypen werden nicht Vitra hebt alle Prototypen auf. mehr weggeworfen, sondern aufbewahrt. Sie sind eingefrorenes Erbgut Für den Fall der Fälle. Und wenn die Ar Fehlbaums Archiv ist voller unerzählter chivierung zu teuer ist, lagern die Model Geschichten des Möbeldesigns. So besitzt le eben bei Familie oder Freunden. Wie er eine FreischwingerBank aus Holz von das Sperrholzmodell des ClassiconSekre Alvar Aalto. Klar, die Version für eine Per tärs „Zelos“ von Christoph Böninger. son kennt jeder. Die wurde sogar von Holy trat es als Dauerleihgabe an den Ikea nachgebaut. Aber das doppelt Sohn einer Mitarbeiterin ab. Das wackli so breite Modell? Ist ein Prototyp, der ge Ding trägt jetzt eine Stereoanlage. Und nie realisiert wurde. Ein gescheitertes prompt ist der Junge schon zum Sammler Projekt. Kipplig, fragil, untauglich. geworden: In der Schublade bewahrt er √ Jeden Prototyp bewahrt er auf, „um seine Kronkorkenkollektion auf. keine Fehler zu wiederholen“. Außer dem: Man kann ja nie wissen. Da ist zum Beispiel der Spielzeugelefant, den das Pferdprämie: Ehepaar Eames Mitte der 40erJahre Mittlerweile werden aus Sperrholz baute. Er wurde nicht auch Prototypen wenig realisiert, obwohl von Designern bekannter, zeitgenössischer und Hersteller abgenickt. Noch Designer gehandelt. So wie 1946 befanden sich zwei seiner „Bell Metal Horse Chair“ Prototypen im Museum of Mo aus sandgestrahlter dern Art in New York. Heute exis Bronze, entworfen von Satyendra Pakhalé tiert noch ein einziger „Plywood Elephant“ von damals, im Famili enbesitz der Eames. Vor wenigen Jahren entschloss sich Fehlbaum: Wir produzieren ihn doch noch. Zu erst 2007 als limitierte Edition aus Holz und seit vergangenem Jahr als Kunst stoffhocker. Ein Riesenerfolg. Auch dafür kann ein Prototyp gut sein: gewisser maßen als eingefrorenes Erbgut. Die ersten Möbelhersteller machen sich schon die Anziehungskraft des Ein zelstücks zunutze, schaffen Vorstufen sieht man ihn als jungen Mann, schon damals immer in weißem Hemd und dunklem Anzug, neben Panton, der ei gens zum VitraFirmensitz in die Schweiz übergesiedelt war. Vor ihnen ein frühes Versuchsmodell des Stuhls. Ihre Blicke verraten: Es gibt noch viel zu tun. Die Modelle von damals hat Fehlbaum aufgehoben, verkaufen wird er sie nicht. Überhaupt ist ihm die aufflammende Be geisterung für Prototypen suspekt. Aber den Wunsch, etwas Einmaliges besitzen zu wollen, kann er doch nachvollziehen. „Wenn das Objekt eine spannende Ge schichte erzählt oder durch die Hände von großen Designern wie Charles und Ray Eames ging, dann ist das fantastisch!“ So bekommt ein unfertiges Möbelstück ei nen emotionalen und künstlerischen Wert. Allerdings gebe es diese Qualität sehr selten, sagt Fehlbaum. Schließlich seien 99 Prozent nun mal schlicht Hilfs mittel, erste Lösungsansätze – oder auch dreidimensionale Irrtümer. Neue Zeichensprache Porträt. Ringe, Anhänger und Armbänder von Patrik Muff wirken Wunder: Sie begeistern auch Männer, die um Juweliere einen Bogen machen Text: Oliver Stolle Fotos: Markus Burke Dieser Totenkopf hat was aufs Maul be kommen: Der Unterkiefer ist aus dem Gelenk gesprungen, jetzt liegt der Schä del seltsam nackt da. Ein Anblick, den Patrik Muff nicht lange erträgt. Also legt er den sehr späten Lunch, eine fingerdicke Scheibe Schinken vom Viktualienmarkt („Ich mag es so lieber als dünn geschnitten“), noch einmal zur Sei te und beugt sich über seine Werkbank. Der malträtierte Schädel gehört zu einem Schlüsselanhänger. Und auf so was ver zichtet ja kein Kunde gern. Die kleine Reparatur erledigt Muff sofort. Es ist fünf Uhr, und für eine Pause war heute noch keine Zeit, Kunde folgte auf Kunde. Obwohl der Laden nicht auf einer der üblichen Münchner Shopping schleifen liegt. Wenn es so etwas wie den Schmuckdesigner der Stunde gibt, dann ist es der tätowierte 47jährige Wahlmünchner Patrik Muff. Guide: Patrik Muff 166 c 12/2009 Der Schweizer hat mit Schädeln ver Kreuzritter: zierte Portemonnaieketten und Toten Anhänger aus Porkopfringe auch für Menschen tragbar zellan mit Öse aus Silber (249 Euro), gemacht, die ihr Geld nicht in der Musik Flügel ( je 98 Euro) industrie verdienen. Seine mit archai aus der Nymphenschen Symbolen überzogenen Amulette burg-Kollektion und Talismane, die grob modulierten, Essentials gleichzeitig mit einer feinen Schicht aus Ironie überzogenen Armbänder und Schlüsselanhänger begeistern Menschen für Schmuck, die sich vor der Auslage eines gewöhnlichen Juweliers mit Un verständnis oder Grausen abwenden. Symbole von Matrosen, Motorrad rockern oder Katholiken übersetzt er in eine Sprache, in der auch Banker und Anwälte kommunizieren. Fußballer des FC Bayern und Abteilungsleiter von Ver sicherungen brechen mit seinen Stücken aus ihrem Leistungskorsett in Richtung echtes Leben aus. Artdirectors und Bar besitzer schätzen die feinen Brüche, ∂ Guide: Patrik Muff c 12/2009 167 Formgeber: Anstatt Metall zu bearbeiten, schnitzt Muff Vorlagen aus Wachs und lässt den Schmuck anschließend gießen die er in seine Ober und Unterweltkli schees einbaut. Der barocke Schatz, den er in restau rierten Flohmarktvitrinen präsentiert, sieht aus, als hätte man die besten Stücke aus der Requisite von „Der Herr der Rin ge“ und „Cincinnati Kid“ zusammenge schüttet: Schubladen voller Siegelringe mit mittelalterlichen Wappen. Oktopo den und Krabben aus Silber, die sich um Finger winden möchten. An den Wänden hängen Schaukästen mit filigranen Prin zessinnenringen, um die sich ein Band aus Rubinen legt, und prunkvollem Fin gerschmuck, auf dem Brillantentrauben explodieren. Ketten aus Silber, glänzende Revolver, gravierte Münzen, Liebespfeile und ein Schlüsselanhänger mit der Auf schrift „Baby, you can drive my car“. Als „in Silber gegossene Tätowierun gen“ bezeichnet das Schweizer Magazin „Weltwoche“ seine Arbeiten. „Muff in Sil Guide: Patrik Muff 168 c 12/2009 »Muff hat immer abgestritten, Kunst zu machen. Er baut auf dem kollektiven Gedächtnis der Schmuckgeschichte auf « Cornelie Holzach, Leiterin Schmuckmuseum Pforzheim ber“ könnte man auch sagen: Sein Ge sicht ist so ziemlich der einzige sichtbare Fleck Haut, der nicht tätowiert ist. Von seiner Brust flackert eine Kerzen flamme in Richtung Adamsapfel, auf den Unterarmen winden sich Schlangen, eine Spinne lauert einem Paradiesvogel auf, der den Namen Bele trägt. Selbst die Fingerglieder sind mit einer Botschaft versehen. GIVE auf der rechten, TAKE auf der linken Hand. „Er hat immer abgestritten, Kunst zu machen“, sagt Cornelie Holzach. Sie leitet das Schmuckmuseum in Pforzheim und beobachtet Muffs Schaffen seit den spä ten 80erJahren. Schon damals verstieß er mit seiner figurativen Formensprache gegen die Dogmen der sogenannten Schmuckkünstler. Die versuchten sich mit intellektuell überfrachteten Metall skulpturen in der bildenden Kunst einen Platz zu verschaffen. Das war Muff viel zu abgehoben. „Aber er ist nicht nur ein exzellenter Goldschmied“, sagt Holzach. „Seine Arbeiten bauen auf dem kollek tiven Gedächtnis der Schmuckgeschichte auf. Gleichzeitig irritieren sie und fordern ihre Träger heraus.“ Muff balanciert zwischen Authentizi tät und Kommerz. Der Berliner Designer Andreas Murkudis verkauft in seinem Laden in BerlinMitte eigentlich kaum Schmuck – sehr wohl jedoch Einzelstü cke von Muff. „Seine Sachen sind etwas sehr Besonderes“, sagt Murkudis, dessen Bruder Kostas zu den international re nommiertesten Modeschöpfern Deutsch lands gehört. „Sein Schmuck könnte aus einer geheimnisvollen Wunderkammer kommen. Man will ihn sogar haben, wenn man ihn gar nicht trägt.“ Er passe zu ganz unterschiedlichen Menschen, zu einer interessanten Frau ebenso wie zu einem Türsteher. Auch bei Schauspielern wie Jürgen Vogel und Bettina Zimmer mann sind Muffs Kreationen beliebt. Muffs jüngster Coup ist eine Koo peration mit der Porzellanmanufaktur Nymphenburg, die im vergangenen Jahr unter dem Label Essentials auf den Markt kam: Schädel, Kreuze, Flügel und Amu lette aus Porzellan, die nach seinen Vor lagen gegossen werden und durch fein ziselierte Gold und Silberösen mit seinen Halsketten verbunden sind. Die Hambur ger Schmuckhändlerin Roswita Deren bach, die schon vergebens bei Muff bet telte, mehr als nur seine Nymphenburg Stücke verkaufen zu dürfen, berichtet: „Noch nie ist eine Kollektion so stark ∂ nachgefragt worden.“ Gerade arbeitet Muff an weiteren Por zellanstücken für Nymphenburg: Anker, Lilien, erstmals auch Herzmotive, man che von ihnen so nah an der Banalität, dass nur Muffs unverkennbare bildhaue rische Handschrift sie rettet. Doch was heißt schon banal? Glaube, Liebe, Hoffnung, Tod. Es sind die großen Fragen, die ihn beschäftigen, das sagt Muff immer wieder – und betont gleich zeitig, dass Schmuck für ihn auch „ein fach nur Schmuck“ sein dürfe. Er habe kein Problem damit, jeden Menschen zu akzeptieren, „Künstler, aber auch die so genannte Münchner BussiBussiGesell schaft“. Trotzdem: Lieber durchwühlt er auf Flohmärkten die Überreste von Haus haltsauflösungen, als die Boutiquen in der Maximilianstraße nach Trends für die nächste Modesaison abzuscannen. Muff weiß, welcher Welt er trauen kann. Er wächst in den 60erJahren in Hoch dorf im Kanton Luzern auf. Mit seinen Eltern, einem Kunstschreiner und einer Porzellanmalerin, zieht er über Kunst handwerksmärkte. Mit dem Vater unter nimmt er Pilzwanderungen durch die Wälder. Wenn das Geld nicht reicht, ho len sie bei einem benachbarten Bauern Katzenfleisch. „Ich erinnere mich noch an den Geschmack, es wurde als Ragout zubereitet wie Kaninchen.“ In der Werkstatt des Vaters verbringt er ganze Tage, bastelt, werkelt – und biegt Ohrringe aus Silberdraht, die er auf dem Schulhof für zwei Franken pro Stück ver kauft. In der Schule tut er sich schwer, Sprache ist bis heute nicht seine Leiden schaft. Prägenden Eindruck hinterlässt vor allem die Bilderwelt der Innerschwei zer Kirchen: „Der Typ mit den Pfeilen in der Brust, die Totenköpfe überall – diese Bilder erzählten Geschichten für Men schen, die weder schreiben noch lesen konnten. Mir hat das sehr gefallen.“ Mit 14 beginnt er eine Lehre bei einem Goldschmied im Aargau, hört Punk und flieht am Wochenende mit dem frisierten Moped nach Luzern, wo er seine Lehre bei einer Siegelringmanufaktur abschließt. Er lernt Klaus Arck kennen, einen älteren Goldschmied, der ihn überzeugt, nach fast zehn Jahren an der Werkbank noch ein mal neu anzufangen. Muff bewirbt sich an der Fachhochschule Köln, wo er mit 23 Jahren in die Schmuckklasse von Pro fessor Peter Skubic aufgenommen wird. Ohne höheren Schulabschluss, wegen au ßerordentlicher künstlerischer Begabung. In den 80erJahren sind großforma tige, hochabstrakte Broschen an der Aka Guide: Patrik Muff 170 c 12/2009 Subkulturträger: Muff spielt mit Symbolen. Ring aus Weißgold mit weißen Brillanten (ab 10 500 Euro), Anhänger, Armbänder demie das große Thema. Muff kann mit den Diskursen über konzeptionelle An sätze in der Schmuckkunst wenig anfan gen, den Stil der damaligen Zeit findet er zu technisch und emotionslos. Der hand werklich meisterhafte Goldschmied aus der Innerschweiz stößt Mitstudenten und Lehrer mit figurativen Arbeiten wie „Der Teufel hat mehr als zwölf Apostel“ vor den Kopf – heute Teil der Sammlung des Museums in Pforzheim. Zum Schre cken der Kommilitonen verwendet er Schrift auf Schmuckstücken – doch bald kopieren ihn die ersten Mitstudenten. Zusammen mit Arck und dessen heu tiger Ehefrau Marie von Chamier eröffnet er die Bar Königswasser, in der die Neuen Wilden um Martin Kippenberger und Albert Oehlen verkehren. „Patrik hatte diese strahlend blauen Augen – und war geschätzte 30 Kilo leichter“, erinnert sich Chamier, deren Kölner Schmuckladen Der 4. König zu den wenigen Adressen gehört, die Muff heute mit seinem Schmuck bestückt. „Er konnte aus dem Stand über die Bar springen, daran kann ich mich genau erinnern. Es gab viele Frauen, die ihn kennenlernen wollten.“ Die Frauengeschichten haben seit ei niger Zeit ein Ende. Seit er – auf einer Singleparty – einer begegnete, die er hei raten sollte. Bele Muff ist die ideale Er gänzung zu ihrem Mann. Sie kümmert sich um Showroom und Kundschaft. Sie macht aber auch Archiv, Grafik, Katalog gestaltung, Public Relations, insgesamt alles, was mit einem Plan zu tun hat – und das war bitter nötig. Als Bele ihren Patrik vor fünf Jahren traf, war der kein armer Künstler. Muff lebte schon in München, hatte mit seiner damaligen Freundin ein AccessoireLabel gegründet und erste modischere, ver ∂ käuflichere Ideen umgesetzt, war bei Sévigné in den Fünf Höfen vertreten und in die Münchner Kreise eingeführt. Doch Renate Schrems, Inhaberin von Sévigné, einem renommierten Juwelier mit bestem Kundenstamm, erinnert sich, dass er, als sie seine Kollektion auf nahm, nicht einmal über ein eigenes Konto verfügte. Mit Bele wagte Muff den Schritt zum echten Label, zog aus der alten Schmuck werkstatt in den eigenen Laden. Seit Be les Einstieg hat sich Patriks Jahresumsatz beinahe verzehnfacht. Jetzt aber ran an den Totenschädel. Muff sitzt in einer halbrunden Ausspa rung, unter der eine Art Lederlappen hängt, das „Fell“, in dem Goldschmiede den Goldstaub sammeln, und greift sich eine Biegezange. Er trägt Jeans mit Schlangenledergürtel, TShirt und Bir kenstockSandalen. Hunderte Elch, Gnu, Hirsch und Gemsgeweihe, ein Kuhschädel und ein ausgestopftes Krokodil, die Überreste sei ner einst überbordenden Sammelwut, hängen an der Wand eines schmalen Ganges, der seinen Laden in der Münch ner Frauenstraße mit der Werkstatt ver bindet. Die Kammer ist mit Schränken aus alten Kolonialwarenläden, Apothe kerkommoden, einem ganzen Kajak, finsteren Ölgemälden, Dolchen, Abgüs sen menschlicher Schädel derart voll gestopft, dass es Schwindel erregt. Tatsächlich täuscht das Handwerks idyll in der Werkstatt in der Frauenstraße ein wenig über die Arbeitsweise hinweg, die das Unternehmen Muff auch ökono misch lohnend macht. Muff arbeitet fast ausschließlich mit einer Technik, die bei vielen Goldschmie den verpönt ist, die klassisch Einzelteile aus Gold und Silber für jedes Stück neu verlöten und bearbeiten: dem Gießen. Und anders als die meisten, die es natürlich trotzdem tun, versteckt er es nicht einmal. Die rohen Gussnähte machen neben der klassischen Symbolik und den kantigen, manchmal fast karikaturhaften Ornamen ten Muffs Stil aus. Auch wenn sich viele gegen seine Arbeitsweise sträuben – in manchen Schmuckschulen gilt er als Bei spiel für anspruchsvolle und kommerziell profitable Goldschmiedearbeit. Ein praktischer Nebeneffekt: Sobald eine Gussform erstellt ist, lassen sich be liebig viele Kopien herstellen und ver kaufen. „Mit Einzelstücken aus Silber kannst du eine Familie nur schlecht durchbringen“, sagt Muff. „2000 Euro für einen Silberring, das bezahlt niemand. So Guide: Patrik Muff 172 c 12/2009 viel müsste man aber nehmen, wenn man kostendeckend arbeiten würde.“ Den Charme echter Handarbeit behalten seine Stücke trotzdem, denn er schnitzt die Originale aus freier Hand aus Wachs. Doch um die Romantik des Handge machten geht es Muff sowieso nur am Rande. Sein Schmuck nimmt Bezug auf die Welt. Das unterscheidet ihn von der dekorativen Ware – sowohl von reinem Modeschmuck als auch von den hoch preisigen Juwelierarbeiten, die weite Tei le seines Fachs prägen. Muff ist aktuell: Da sind die Peace ZeichenAnhänger, ein Relikt der jüngs ten Zeitgeschichte. Oder die Aphorismen, die auf der Innenseite seiner Ringe ein graviert sind. Oder jene opulente Reihe brillantgefasster Ringe und Anhänger mit dem Titel „Letzter Ausweg Luxus“. Schmuck von Muff ist mehr als billiger Knalleffekt in barocker Aufmachung. „Er schafft es, menschliche Beziehungen ins gesamt infrage zu stellen“, sagt Schmuck kennerin Holzach. „Das Erstaunliche ist, dass das Publikum das offenbar schätzt.“ Überflieger: Ein häufiges Motiv bei Muff ist der Flügel (unten: aus Gelbgold, ab 3100 Euro). Sein Laden in der Frauenstraße 15 in München. Adressen: www. patrikmuff.com Das größte Kunststück des Patrik Muff hat vor allem etwas mit der Gnade des späten Erfolgs zu tun. Er hat einfach viel zu viel gelebt, um aus seinem derzeitigen Höhenflug das Äußerste herauszuholen. „Wir wachsen nicht um jeden Preis“, sagt er. Zwei Tage in der Woche holt er Sohn Otto („Der hat grad seine Brezelphase überwunden“) vom Kindergarten ab. „Das ist Luxus.“ Alle sechs Monate eine neue Kollek tion? Wozu, fragt Muff. „Wir müssen nicht unbedingt Ringe nach Asien expor tieren.“ Der Schweizer will eine baye rische Marke bleiben. Dazu hat sich das Ehepaar sogar einen Slogan ausgedacht, der allerdings ein bisschen mehr nach Bele als nach Patrik klingt: „Are you going to Munich? Can you bring something from Muff, please?“ Wer wissen will, was Patrik Muff wichtig ist, muss sich an seine Tätowie rungen halten. Der Paradiesvogel mit BeleSchriftzug. GIVE und TAKE. Das letzte Motiv, das er sich stechen ließ, ist eine Brezel. √ Der Design-Porsche F. A. Porsche. Er ist nicht mal 30, als er den ultimativen Sportwagen entwirft: den 911er. Doch Ferdinand Alexander Porsche will mehr als nur auf schöne Autos reduziert werden. Würdigung eines großen Kreativen zum 75. Geburtstag Carrera auf zwei Rädern: Studie AMK („Alternatives Motorrad Konzept“, 1979), ausgestellt im Porsche Design Studio in Zell am See Guide: Porsche 182 c 12/2010 Guide: Porsche c 12/2010 183 Text: Fabrice Braun Fotos: Markus Burke Guide: Porsche 184 c 12/2010 Opas ganzer Stolz: Großvater Ferdinand Porsche zeigt seinen Enkeln Burli (Ferdinand Piëch, r.) und Butzi (Ferdinand Alexander Porsche, l.) den 356er. Butzi ist der Kreative (oben: im Design Studio, 1985), Burli der Machtmensch eine fünf Meter lange Seilbahn. Später Ferry leitet die Firma, und Piëch kümaber entwickeln sich die Cousins völlig mert sich um die Motorenentwicklung. Seit Ende der 50er-Jahre arbeitet die unterschiedlich. Während Piëch auf ein Schweizer Internat geschickt wird, wo Konstruktionsabteilung unter Erwin Koer strenge Disziplin erlebt, geht F. A. in menda an einem Nachfolger für den PorStuttgart zur Waldorfschule. Hier der sche 356. F. A. erstellt einen alternativen machtbewusste Ingenieur und Macher Entwurf. Ganze Wochenenden feilt er Ferdinand Piëch, der zwölf Kinder von herum, nimmt den dreijährigen Oliver vier Frauen hat, dort der introvertierte, mit und lässt ihn am Modell kneten. sensible und künstlerisch begabte F. A. Am Ende wählt Ferry Porsche einen der Porsche, der sein Leben lang mit einer beiden Entwürfe aus: den seines Sohnes. Der neue Sportwagen mit 130 PS wird Frau verheiratet ist und drei Söhne mit im September 1963 auf der IAA vorgeihr hat. stellt. Zum Mythos 911 tragen der eigen willige Heckantrieb bei und der Ruf, dass F. A. fühlte sich bei Porsche beengt das Auto nicht einfach zu fahren sei. „Der Anfang der 60er-Jahre treffen sie im 911 ist ein Sportwagen, aber er sieht nicht Familienbetrieb, der Porsche damals war, aggressiv aus“, analysiert Lutz Fügener, wieder zusammen. F. A., der ein paar Se- Professor für Transportation Design an der mester an der renommierten Hochschule Hochschule Pforzheim. „Er hat es über für Gestaltung in Ulm studiert hat, ist alle Generationen hinweg geschafft, po∂ für das Design verantwortlich. Sein Vater sitive Schwingungen auszulösen.“ AKG/ Brigitte Hellgoth; obs/ Volkswagen AG Die Zeit macht Pause im Büro von Ferdinand Alexander Porsche. In der Mitte steht ein altmodischer Zeichentisch, wie ihn schon seit Jahren kein Designer mehr benutzt. Mehr als 50 Modellautos parken in der braunen 70er-Jahre-Schrankwand, darunter liegen ein paar Aktenordner, wie eben erst weggelegt. Auf dem Schreibtisch davor das Holzmodell eines Porsche 904 GTS, gerade so, als ob es sich um ein aktuelles Projekt handelte, dem sich F. A., wie ihn alle hier nennen, widmet. Das Zimmer ist längst ein Museum. F. A. Porsche wird hier nie wieder sitzen, und das liegt nicht nur daran, dass er am 11. Dezember 75 Jahre alt wird und längst nicht mehr arbeiten muss. Der große alte Mann des deutschen Autodesigns ist schwer an Alzheimer erkrankt. Der Mann, der einen Mythos geschaffen hat, den Porsche 911. Eines der berühmtesten Autos der Welt, noch heute Inbegriff des klassischen Sportwagens. 1963 war das. Und eigentlich hätte F. A. schon damals aufhören können zu arbeiten. Der Designer mit dem charakteris tischen Vollbart, der nicht nach Macht strebte, sondern lieber etwas „mit seinen Händen machen“ wollte. Der in seinem Leben nach Porsche mit einem eigenen Designstudio erneut Maßstäbe setzte, in Form preisgekrönter Uhren, futuristischer Sonnenbrillen, unverwechselbarer Titan-Feuerzeuge und jeder Menge anderer Klassiker. Und der trotzdem ständig gemessen wird an diesem Auto. „Der Porsche 911 war das Produkt, auf das er immer an gesprochen wurde“, sagt sein Sohn Ferdi nand Oliver Porsche. Er spricht von seinem Vater in der Vergangenheit. „Für ihn hatte jedes Produkt seine Berechtigung. Wenn er den Kronkorken neu erfunden hätte, wäre er darauf auch stolz gewesen.“ F. A. ist einer, der wie kein Zweiter aus der Porsche-Tradition ausbrach – und ihr doch nie entkam. Er wurde eben in eine Autofamilie hineingeboren. Sein Großvater: Ferdinand Porsche, der geniale Konstrukteur, der den VW Käfer erfand. Sein Cousin: Ferdinand Piëch, heute der mächtigste Mann bei Volkswagen. Butzi und Burli, wie F. A. und Piëch zur Unterscheidung gerufen werden, wachsen zusammen in Zell am See auf. Früh bauen sie sich ihr Spielzeug selbst, basteln aus einer alten Dampfmaschine Starker Antrieb: F. A. wollte immer mehr als nur Autos entwerfen. Und doch tragen viele seiner Entwürfe Erbgut des Sportwagens in sich. Rennrad im Autolack-Look für Puch (l.), Pfeife mit Kühlergrill-Anmutung (r. o.), Aktentasche so glatt wie eine Heckklappe (r. u.); alle ausgestellt im Zeller Design Studio Trotz der allgemeinen Begeisterung fühlt sich F. A. Porsche im Familienbetrieb beengt. „Autos zu machen ist zwar der Traum eines jeden Designers“, erzählt er später in einem Interview. „Aber wie oft kann man ein Auto von Grund auf neu machen? Allenfalls alle fünf Jahre mal, und alle zehn Jahre wird auch wirklich eins gebaut. Dazwischen gibt’s nur Modellpflege – das ist auf die Dauer doch recht einseitig.“ Die Befreiung: Nach der Fehde um die Führung beim Autobauer ziehen sich die Familien Porsche und Piëch 1972 aus dem operativen Geschäft zurück und wandeln die Firma in eine AG um. F. A. kann fortan tun, was er will. nografen bekommen. F. A.s Entwurf ist ungewöhnlich groß, das Zifferblatt ist nicht weiß wie üblich, sondern wie bei den Armaturen in einem Auto mattschwarz, damit man es besser lesen kann. Darauf zwei weiße Zeiger und ein roter für die Sekunden. Der Verkaufsleiter von Porsche, ein sparsamer Schwabe, möchte erst nur fünf Exemplare bauen lassen, dann erhöht er auf 25, aber so eine geringe Stückzahl lohnt sich nicht. Also stellt die Schweizer Firma Orfina 500 Exemplare her. Im Laufe der Jahre werden weit über 50 000 Stück verkauft. Herrenuhren ohne Schnörkel bleiben das Markenzeichen von Porsche Design. Dem 911er entkommt F. A. nie Er gründet in Stuttgart die Firma Porsche Design mit zwei Mitarbeitern. Er ist finanziell unabhängig, kann es sich leisten, nur Produkte zu entwerfen, die ihn interessieren – und ihn interessiert viel. „Mein Vater hat zu Hause alles selbst gemacht, egal ob Schränke oder schmiedeeiserne Gitter“, erzählt Oliver Porsche. „Wenn wir auf der Jagd waren, hat er aus Zweigen und Stöcken etwas gebastelt.“ Den Durchbruch schafft F. A. mit einer Uhr. Verdiente Porsche-Mitarbeiter Ikone der 80er: Tropfenförmige Sonnenbrille sollen zum Dienstjubiläum einen Chro- 5621, so eine trug Don Johnson in „Miami Vice“ Guide: Porsche 186 c 12/2010 F. A. entwirft eine Armbanduhr mit ausklappbarem Kompass für IWC und den ersten Chronografen aus Titan. „Engi neered luxury“ nennt er die Kombina tion aus Ingenieursgeist, funktioneller Gestaltung und hochwertigen Materia lien, die immer wieder Reminiszenzen an Autos enthält, sodass selbst ein Pfeifenkopf aussieht wie die Kühlrippen eines Motors. Das Autogen steckt auch in F. A. Porsche. Der Vater hatte sich gewünscht, dass er mehr Verantwortung beim Sportwagenbauer übernimmt, aber der Sohn hatte kein Interesse. Weder an Macht noch an Management. 1974 kehrt F. A. Porsche aus Stuttgart zurück nach Zell am See. Sein Design Studio bezieht ein unscheinbares Haus im Gewerbegebiet. Vom Fenster seines Büros sieht er auf die kleine weiße Ka pelle, wo der Patriarch Ferdinand Porsche begraben liegt und mittlerweile auch sein Vater. Doch dem 911er entkommt F. A. nicht. Porsche-Fans pilgern nach Zell, um den Schöpfer des legendären Sportwagens einmal leibhaftig zu sehen. F. A. sammelt nicht mehr nur Autos, Uhren, Pfeifen, Häuser und Gewehre. An der Schrankwand in seinem Büro reihen sich jetzt auch die Plaketten der Porsche-Klubs, die ∂ zu Besuch waren. Sein Lebensentwurf: Bis heute pilgern Porsche-Fans nach Zell am See, um einmal das Arbeitszimmer des 911er-Designers zu besuchen. Deshalb wird es originalgetreu erhalten und bei Renovierungen ausgespart. Für F. A. Porsche aber waren Uhren eine größere gestalterische Herausforderung als Autos Guide: Porsche 188 c 12/2010 Seither erschließt der Marketing experte Jürgen Geßler, CEO der Porsche Design Group, gezielt neue Märkte. „Wir wollen das Lebenswerk des F. A. Porsche einer breiteren Klientel zugänglich machen“, gibt er als Parole aus. Ihm schwebt eine Luxusmarke vor, die es mit Montblanc und Dunhill aufnehmen kann. 105 Porsche-Design-Boutiquen gibt es weltweit bereits, bis 2015 sollen es 250 sein. Von dort aus soll die Welt mit Hightech-Laufschuhen für 350 Euro versorgt werden, mit Handys, die aus einem Aluminiumblock gefräst sind, und mit Uhren für bis zu 160 000 Euro. Für Porsche-Fahrer wurde sogar eine eigene Kollektion aufgelegt, die „Driver’s Selection“. „Der gute Geist ist immer da“ Diese Offensive weckt in Zell am See F. A. Porsche weiß das, spielt mit dem schon Befürchtungen, man werde von Gedanken, seinem Design Studio einen der Mutter vereinnahmt. „Wir wollen anderen Namen zu geben. „Er wollte der nicht zum Porsche-Merchandising-UnWelt zeigen, dass er es auch ohne Porsche ternehmen werden“, sagt Senior Desiggeschafft hat“, sagt Weggefährte Ebner. ner Tragatschnig. Auf der ersten Uhr von 1972 steht nur Doch danach sieht es bisher nicht aus. klein das Kürzel „pd“ für Porsche Design. Nach wie vor gelten die Werte des Grün„Marketingmenschen, die schnell Erfolg ders als das Maß aller Dinge. Wer auf die haben wollten, haben es irgendwann Homepage von Porsche Design geht, wird quer über das Produkt geschrieben. Das erst einmal mit einem Leitsatz von Ferdiwollte F. A. überhaupt nicht“, erinnert nand Alexander empfangen: „Wenn man sich Senior Designer Jörg Tragatschnig. die Funktion einer Sache überdenkt, erSeit dem Rückzug des Chefkreativen gibt sich die Form manchmal wie von aus dem Tagesgeschäft sind Studio und allein.“ Danach erscheint ein Model mit Autokonzern wieder näher zusammen- Sonnenbrille. gerückt. 2003 übernahm die Porsche AG Es sitzt natürlich im Porsche. In einem √ 65 Prozent der Anteile. 911er. Das Produkt, das wohl am meisten mit Porsche Design in Verbindung gebracht wird, ist die Sonnenbrille, die das Studio Ende der 70er-Jahre gemeinsam mit dem Hersteller Carrera auf den Markt bringt. Die Brillen sind sehr männlich – werden aber auch von Frauen getragen. Yoko Ono zum Beispiel verhüllt sich gern mit einem übergroßen Exemplar. Die Sonnengläser verkaufen sich millionenfach. Natürlich auch dank des Namens: Für vergleichsweise günstige 250 D-Mark kann jeder am Mythos Porsche teilhaben. Selbst wenn das Geld für einen 911er fehlt. Anzenberger Sein Lieblingsauto aber ist der Land Rover Defender. Ein Lastesel auf vier Rädern, der nicht so aussieht, als wäre ein Designer bei seiner Konstruktion in der Nähe gewesen. Der unverfälschte Geländewagen entspreche voll und ganz dem gestalterischen Ideal seines Vaters, beteuert Oliver Porsche: „Design muss ehrlich sein, darf sich nicht von der Technik abheben oder sie verkleiden, sondern muss mit ihr zusammenarbeiten.“ Die Abgeschiedenheit in Zell am See spiegelt sich in vielen Entwürfen. Wo an dere mit Plastik experimentieren, setzt F. A. auf Titan. Während die Produkte der 70er und 80er knallbunt sind, reduziert er seine Objekte auf Schwarz und Silber, damit keine Farben von der Form ablenken. „Er wollte Produkte aus sich selbst heraus entwerfen und brauchte die Jetset-Umgebung nicht, um am Puls der Zeit zu sein“, sagt Senior Designer Siegfried Ebner, seit 1979 bei Porsche Design. Berühmt wird das Label mit Brillen, Lederwaren und Reisegepäck. Für andere entwirft das Studio Fahrräder, Küchen, Lampen, Sessel und Haushaltsgeräte, die sich mit dem Schriftzug „Designed by F. A. Porsche“ schmücken dürfen. Die Krea tiven nehmen auch Auftragsarbeiten an, bei denen nirgends der Name Porsche auftaucht, sie gestalten Telefone, Laserdrucker, medizinische Apparate. Die Wiener Straßenbahn fährt mit Wagen, die in Zell am See entworfen wurden. Kohlkörpereinsatz: Caterer bieten wieder Bodenständiges. Alle Fotos zeigen das Büfett des jüngsten Bundespresseballs im Hotel Interconti – bevor es geplündert wurde Da haben wir was angerichtet Guide: Catering 146 c 01/2011 Catering. Wer einen wichtigen Menschen zum Essen einlädt, geht ins Restaurant. Wer 1000 wichtige Menschen einlädt, beauftragt einen Caterer. Und hat dabei mehr Auswahl und Freude als je zuvor Guide: Catering c 01/2011 147 Hartes Brot: Seit dem Krisenjahr 2009 darf das Essen nicht mehr so viel kosten. Die meisten CateringKunden geben nicht mehr als 75 Euro pro Person aus (oben: Brotlandschaft, Mitte: verschiedene Currysorten, unten: Felsenaustern) ist nicht geschützt. Jeder, der Wurstsemmeln belegt und ein Auto hat, darf sich als „Event-Caterer“ oder „Partyservice“ bezeichnen. Ein paar Fürsten regieren lokal: Käfer in München, Meyer in Frankfurt, Broich in Düsseldorf, Blauer Hummer in Hamburg und Party Löwe in Hannover. Darunter klappert ein wettbewerbsfähiger Mittelbau mit den Töpfen. Um fast jedes Dessertschälchen tobt eine Schlemmerschlacht. Oft, so mäkeln die Großen, schnappen ihnen die Zwerge mit billigen Angeboten den Auftrag weg. Später werde der Preis dann nach oben verhandelt. Man muss Kofler gar nicht lange nach einem Beispiel fragen. Das lukrative Catering für Audi bei der DTM etwa hat er vier Jahre hintereinander gemacht und zuletzt sausen lassen, „weil ein kleinerer Wettbewerber – auch noch ein Sterne koch! – dramatisch unter den Preis gegangen ist“. Da werde zum Selbstkostenpreis gearbeitet. „Das geht auf Dauer nicht gut.“ Der gescholtene Sternekoch ist Alfons Schuhbeck. Er wolle sich nicht dazu äußern – keine Zeit, voller Terminplan. In Berlin gilt: bloß nicht spießig! Dabei sind Starköche wie Johann Lafer und Sarah Wiener, die im Catering-Markt seit Kurzem mitmischen, nicht einmal die ärgste Konkurrenz. Kleine und junge Unternehmen kochen groß auf. Vor allem in Städten, wo gute Ideen mehr wert sind als große Namen. Wie in Berlin. Käfer und Dallmayr, die vornehmen Feinkost-Caterer aus München, bemühen sich seit Jahren, hier einen Topf auf den Herd zu bekommen. „Ja, wir sind so etwas wie Krisen gewinner”, sagt dagegen Daniel Dembski. 2008 gingen er und sein Geschäftspartner Serouj Kassabian mit ihrem Fünf-MannUnternehmen Iss Kind, iss an den Start. Trotz Krisenjahr lief das Geschäft bestens an: Adidas, Microsoft und Mercedes-Benz stehen auf der Referenzenliste. „In anderen Städten hätte das sicherlich nicht so gut funktioniert“, gibt Dembski zu. Berliner Kunden wollen es unkonventionell, entspannt, cool und bloß nicht spießig und bürgerlich. Lockeres Servicepersonal kommt besser an als eine Armee von Servierklonen, die in Uniformen wortlos Teller mit Goldrand anreichen. In der Hauptstadt mischen alle ein bisschen mit: das KaDeWe, Restaurants wie das Borchardt und Hotels wie das Ritz. Hotelketten haben den großen Vorteil, in jeder wichtigen Metropole mit voll ausgestatteter Küche vertreten zu sein. Das Interconti hat eine eigene Tochter, die weltweit Catering anbietet. Die jährliche Leistungsschau des Fünf-Sterne-Hauses am Zoologischen Garten ist der Bundespresseball, mit 100 Metern Büfett fürs gemeine Fußvolk und Vier-Gänge-Menü am Platz für Minister und Chefredakteure. Der diesjährige Hauptgang: Brandenburger Ente mit Wirsing. Hätte von Kofler sein können, der Serviervorschlag. Der hat 2005 seinen Firmensitz von Frankfurt nach Berlin verlegt und bezeichnet sich nun als „die Nummer eins“ in der Hauptstadt. Allerdings gibt Kofler zu, dass es ihm schwerfiel, in der Kunstund Modeszene Fuß zu fassen. Die Kreativen schauten sich lieber bei den kleineren, außergewöhnlichen Caterern um. Foodpol ist so einer. Hier verkleidet ∂ man die Köche schon mal als Zom- Text: Nina Klotz Foto: Markus Burke Viele Großveranstaltungen wurden abgesagt, die Preise fielen in sich zusammen wie ein Soufflé. Früher, zu DotcomVon Führungskräften darf man erwarten, Boomzeiten, da wurden pro Kopf schon dass sie hungrig sind. Und unter dem immal 200 Euro verfuttert, heutzutage gelposanten Glasdach sitzen gleich 450 Topten 75 Euro schon als opulent – die Liga leute eines DAX-Konzerns, die einen des Landenten-Menüs. Der Küchenchef harten Tag der Global Leadership Confeeines großen Caterers träumt davon, rence hinter sich haben. Hunger satt. endlich mal wieder die 100-Euro-Marke Die Kellner schwärmen aus: Eine Arzu knacken. Dann kann er wieder ganz mada schwarz Uniformierter flutet den andere Zutaten einkaufen. Schlüterhof des Deutschen Historischen 2011 könnte es so weit sein, die AufMuseums in Berlin und legt 450 Ziegentragslage lässt hoffen. Trotzdem: Wer grokäsecremebällchen an Kräutersalat ab. ßes Essen bestellt, guckt genauer hin als Kaum fertig, schon der zweite Gang: Supfrüher, die Botschaft muss stimmen. Kleipe von der Topinambur, 450-mal akkurat ne Portionen? Geizkragen! Molekulares von rechts serviert. in Scheibchen? Freak! Hummerkrabben Jetzt der Hauptgang. Brandenburger und Kaviar? Großkotz! Landente mit Wirsing. Moment mal. Seufzend zieht Kofler die AugenbrauAngesagt ist die Zone irgendwo daGeflügel aus der Provinz? Profanes Kohl- en hoch, als er über die vergangenen zwei zwischen: lecker, aber günstig. Und möggemüse? Für die Highflyer eines Welt- Jahre im Catering-Geschäft spricht. „Spaß lichst umweltfreundlich. Denn das neumarktführers? Kein Kobe-Beef, kein hat das alles wenig gemacht.“ este Catering-Kriterium der GastrokritiHummerragout, nichts mit Trüffeln? Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat ker: die CO2-Bilanz. Green Cuisine. Also Nein, Klaus Peter Kofler hat den Ma- die Branche hart getroffen. Firmenver Brandenburger Landente statt argenti nagern Landente vorgesetzt. Und wem’s anstaltungen? Gestrichen! Incentives? nisches Rinderfilet. Die ohnehin schon nicht passt, der muss ihn ja nicht buchen. Machen wir nicht! Die Event-Budgets unübersichtliche und hart umkämpfte Der Gründer und Geschäftsführer von großer Unternehmen wurden im Schnitt Branche ist noch etwas komplizierter geKofler & Kompanie wird von Mitbewer- um 30 Prozent zurückgefahren. Premium worden. Oder aus Kundensicht: bunter, bern gern als „Armani unter den Cate- anbieter verloren zwischen zehn und vielfältiger und preisgünstiger. 10 000 Caterer mag es in Deutschland rern“ betitelt – stylish, edel, aber nicht für 15 Prozent ihres Geschäfts. Und 2010 lief geben, vielleicht auch mehr. Der Begriff jedermann. es nicht viel besser. Guide: Catering 148 c 01/2011 Dessert Storm: Das hart umkämpfte CateringGeschäft ist noch schwieriger geworden. Oder aus Kundensicht: bunter, vielfältiger, preisgünstiger (links: Vollmilch-Fudge-Schnittchen, Mitte: Macarons, rechts: „Schokoladen-Bergwerk“) Guide: Catering c 01/2011 149 Preiswerte Submarken sollen den Markt nach unten öffnen bies oder setzt Schauspieler als Kellner ein. Einhorn Catering hat mit dem Angebot, CO2-neutrale Veranstaltungen auszurichten, im ökoschicken Berlin eine Nische gefunden. Besonders für britische und amerikanische Auftraggeber ist oft entscheidend, wie „green“ der Caterer ist. Andere ziehen nach, Kofler plant für die Fashion Week 2011 ein CO2-neutrales Pop-up-Restaurant. Die Pitches der Großkunden arten immer mehr in einen Höllenaufwand aus, stöhnen einige Caterer. Zumeist sind fünf bis zehn Anbieter im Rennen, alle entwickeln in stundenlangen Brain stormings aufwendige Essens- und Bewirtungskonzepte, basteln an Präsenta tionen, die Mitarbeiter tagelang an den Schreibtisch fesseln. Oft verlangt der Kunde ein Probe essen. Nur wenige wagen es, das in Rechnung zu stellen. Anderswo, etwa in London, ist das Usus. Dort kosten Probeessen um die 500 Pfund, berichtet ein Top caterer. Die Summe werde verrechnet, Guide: Catering 150 c 01/2011 wenn der Auftrag folgt. Das fände er auch hierzulande nur fair. Wo sie es sich leisten können, rea gieren Premiumanbieter mit Trotz und Selbstbewusstsein, etwa in München, der unbeugsamen Stadt, wo Geiz auch nach 2008 weder geil noch sexy ist. „Das Zauberwort heißt Nein“, sagt Florian Hettler, Leiter des Bereichs Gastronomie und Catering im Hause Dallmayr. In jeder Ausschreibung gebe es einen, der es bil liger mache. Dallmayrs Verhandlungsspielraum aber sei begrenzt. Vor einigen Jahren entdeckte die Feinkostinstitution das Potenzial seines Partyservice, 2006 wurde er aufgemotzt. Das neue Geschäft strahlt zurück: Catering ist für den Delikatessenladen zum Aushängeschild geworden. Die Botschaft: Dallmayr ist mehr als Prodomo und Kaffeekränzchen. Der Schritt war nicht gerade banal. Die Kunst des Caterings besteht ja eben darin, an jedem Ort der Welt außer gewöhnliches Essen zu bieten. Deutsche Caterer servieren überall: am Nordpolarkreis, am Persischen Golf, im 100. Stock oder unter Tage. Und jeder löst das logistische Problem auf seine Weise. Für Dallmayr etwa bleibt München die zentrale Küche. „Wenn Dallmayr draufsteht, kommt das Produkt vom Münchner Marienplatz.“ Die Speisen werden allenfalls à la minute am Ort der Veranstaltung fertiggestellt. Vorteil des Zentralismus: Die Zutaten stammen stets von den bewährten Lieferanten, überwiegend aus dem Münchner Umland. Andere Caterer, wie etwa Kofler, unterhalten Produktionsküchen in ganz Deutschland. Wenn er in Frankfurt catert, wird dort eingekauft und gekocht. Kofler findet: „Je weniger Zeit das Essen auf der Straße verbringt, desto besser und frischer ist es.“ Mit den kurzen Wegen sieht er sich ökologisch und ökonomisch im Vorteil. Dallmayr-Chef Hettler kontert: „Bisher kriegt es kein Event-Caterer hin, an unterschiedlichen Produktionsstätten die gleiche Qualität zu schaffen.“ Feines Essen made in Munich – das hat eben immer noch besonderen Klang. „In München passiert es, dass die Vorstandssekretärin sich im letzten Moment für das teurere Angebot vom Käfer entscheidet, weil sie denkt: Mei, dann kann ich auch, wenn’s schiefgeht, zum Chef sagen: ‚Aber es war der Käfer’“, ätzt eine Mitbewerberin. Der Käfer, Sinnbild für Schickeria und opulente Lebensfreude: Kann man den überhaupt noch buchen? Klingt nicht schon der Name zu sehr nach, nun ja, Protzerei? Frage an Michael Käfer, Sohn des Partyservicegründers Gerd Käfer, der Dennoch: Anfang 2011 werde er mit einer Zweitmarke an den Start gehen. Ein „Internet-Partyservice“, bei dem die Kunden sich online ihr CateringPaket zusammenstellen können. So spart er sich die oft langwierige Beratung und Konzeption. Speisen- und Getränkeangebot sind standardisiert. Im Namen des neuen Unternehmens soll das Wort „Käfer“ nicht mehr vorkommen. Die Idee mit der preiswerteren Submarke hatte vor ihm bereits der Düsseldorfer Georg Broich. Unter „Traiteur Carl 18.91“ bietet der Chef von Broich Premium Catering seit April einen Onlinekonfigurator. „So ist es möglich, eine Fünf-Stunden-Ver anstaltung mit Essen, Getränken und Abräumservice ab 59,95 Euro pro Person anzubieten“, sagt er. 2010 habe er mit Carl 18.91 bereits 2 Mio. Euro Umsatz gemacht, im kommenden Jahr sollen es 4,5 Mio. Euro sein. Kofler hält von der Idee der Billiglinie nichts. Lieber denkt er sich Geräte wie den „K-Pot“ aus, eine Art Hightech-Koch- und -Warmhalteplatte. Er soll Büfetts möglich machen, bei denen Gemüse nicht matschig wird und Saucen nicht einkochen, wie das bei den als Qualitätskiller verschrienen „Chafing Dishes“ zu beklagen ist, den großen, silbernen Warmhalteschalen auf zwei Gasflämmchen. Wer mag, stellt noch einen Koch hinter den KPot – „Front-Cooking“, also Kochen vor den Augen der Gäste. Das schafft eine gesellige Atmosphäre. Die sollte auch bei der Global Leadership Conference nicht fehlen. Nach dem Dessert, 450 exakt auf den Punkt gebackenen Törtchen, aus denen beim Anstechen dunkelbraune, duftende Schokoladensauce läuft, hat Kofler mal auf den Birnenschnaps verzichtet. Und stattdessen eine Caipirinha-Bar aufgebaut, standesgemäß mit ShowBarkeeper. Brasilianische Drinks für alle, das macht selbst die Chefetage eines DAX-Konzerns locker. Zudem ist so eine Theke bestens geeignet zum Plaudern und Networken. Und das ist schließlich Sinn einer solch teuren Veranstaltung. Doch der Caipi-Plan will nicht recht aufgehen. Die einzige Topkraft an dem Stand bleibt der Barkeeper. Grund: Am anderen Morgen geht die Konferenz in die nächste Runde, und nach der gebratenen Entenbrust verspürt die Konzernelite offenbar eine gewisse Bettschwere. Vielleicht aber sind DAX-Manager auch nach vier Gängen einfach noch √ verdammt hungrig. Topcaterer in Deutschland: Es lebe der Regionalfürst Käfer Der Partyklassiker aus München, Filiale in Berlin; www.feinkost-kaefer.de Dallmayr Münchner Feinkost mit neuer Catering-Abteilung; www.dallmayr.de Kofler & Kompanie Der „Armani der Caterer“ ist von Frankfurt nach Berlin migriert. Zweigstellen in Dresden, Hamburg, München; www.koflerkompanie.com Iss Kind, iss Junge Topköche als Berliner Newcomer; www.isskindiss.de Foodpol Verköstigt die Berliner Kultur- und Kunstszene; www.foodpol.com Einhorn Servierten als Erste CO2-neutral in Berlin; www.einhorn-catering.de Maison van den Boer Niederländischer Platzhirsch, in Deutschlands Norden und Westen stark vertreten; www.maisonvandenboer.com Broich Düsseldorfer mit preiswerter Submarke; www.broich-catering.com Meyer Alteingesessener Platzhirsch in Frankfurt; www.meyer-frankfurt.de Kirberg Bestes „Corporate Food“ aus Bergisch Gladbach; www.kirberg-catering.de Party Löwe Die Hannoveraner können seit ihrer Feuerprobe bei der Expo 2000 auch die größten Events stemmen; www.partyloewe.de DAS GENIESSER MAGAZIN F ÜR DEU TS CHL A ND GENIESSEN WEIN ESSEN REISEN 02/2010 Frischfang: Caterer und Kunden achten mehr denn je darauf, woher die Zutaten stammen und ob sie klimafreundlich angeliefert und dargeboten werden. CO2-neutrale Angebote liegen im Trend zuversichtlich lächelnd in seinem üro in der Münchner PrinzregentenB straße an einer Marienkäfer-Kaffeetasse nippt. Die Krise hat man hier dank des stabilen Privatkundengeschäfts, das bei Käfer als Einzigem der Topcaterer mehr als die Hälfte des Umsatzes ausmacht, gut überstanden. „Wir haben oft darüber nachgedacht, ob der Name ein Problem sein könnte, finden aber nicht. Letztlich zählt für den Kunden die Erfahrung“, beharrt Käfer. BERLIN ENTDECKEN GUERILLAKÜCHE UND TOP-RESTAURANTS SEKT, CAVA & CO PRICKELNDE FESTTAGE Gourmet im Schnee STEAK & THE CITY SPITZENADRESSEN IN NEW YORK GRAF VON NEIPPERG EIN DEUTSCHER REGIERT IM BORDEAUX DIE BESTEN AN DER PISTE DEUTSCHL AND-AUSGABE 02/ 2010 € 7, 5 0 W W W. FA L S TA F F. D E ZKZ 1 9784 JETZT TESTEN! ✁ IHR GUTSCHEIN IM WERT VON 2,– EURO. Bei Einlösen dieses Gutscheins erhalten Sie Ihr Exemplar des Wein- und Gourmetmagazins Falstaff zum Preis von nur € 5,50 und sparen € 2,– ! 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