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Allgäu-Kultur
NUMMER 223
Jazzfestival mit
Gregory Porter
und Mezzoforte
Wangen Große Namen hat der Jazzpoint Wangen für sein Landes-Jazzfestival Baden-Württemberg verpflichten können. Es umfasst vier
Konzerte. Das Programm:
● Der US-amerikanische Jazzsänger Gregory Porter eröffnet das Festival am Donnerstag, 2. Oktober (20
Uhr); allerdings ist das Konzert in
der Waldorfhalle schon ausverkauft.
● Die isländische Funk-FusionGruppe Mezzoforte, die in den
1980er Jahren mit „Garden-Party“
einen Hit landete, tritt am Freitag,
10. Oktober (20.30 Uhr), im Clublokal „Schwarzer Hase“ auf.
● Eine lokale Band um den Pianisten Klaus Roggors präsentiert am
Samstag, 11. Oktober (20.30 Uhr),
eigene Stücke und Arrangements im
Club.
● Zum Abschluss des Festivals am
Freitag, 17. Oktober (20.30 Uhr),
ist das Jazzensemble Baden-Württemberg um den Saxofonisten Peter
Lehel zu Gast im „Hasen“. (az)
O Karten im Vorverkauf unter Telefon
unter Telefon 07522/3789.
Metal-Klänge
mit Edguy
Kaufbeuren Die Metalband Edguy
ist am Samstag, 4. Oktober, wieder
in Kaufbeuren zu Gast. In der AllKarthalle stellt sie ihre jüngste Produktion „Space Police – Defenders
Of The Crown“ vor. Als Special
Guest treten Unisonic und Starchild
auf. Beginn ist um 20 Uhr; Tickets
unter Telefon 08342/2763. (az)
„Blechschaden“
bietet Bläserspaß
Kaufbeuren Bläserspaß auf höchstem
Niveau erwartet die Zuhörer zur
Eröffnung der Kaufbeurer Konzertund Theatersaison. Das Bläserensemble „Blechschaden“ um den Dirigenten und Spaßvogel Bob Ross
spielt am Donnerstag, 2. Oktober
(20 Uhr), im Stadtsaal. Es serviert
viele Stilrichtungen von Barock bis
Rock. Kartenvorverkauf unter Telefon 08341/966 83 966. (az)
Namen & Neuigkeiten
WIESN-WETTBEWERB
Bläserensemble „Quattro
Poly“ tritt für Schwaben an
Das Oberallgäuer Blechbläser-Ensemble „Quattro Poly“ und sechs
weitere Musikgruppen aus den sieben Regierungsbezirken Bayerns
stellen sich bei einem Wettbewerb
des Bayerischen Rundfunks zur
Wahl. Wer bei einer Online-Abstimmung die meisten Stimmen
erhält, darf am Sonntag, 5. Oktober,
in München im Herzkasperlzelt
auf der „Oidn Wiesn“ aufspielen.
Quattro Poly vertritt den Regierungsbezirk Schwaben. Abstimmungen sind auf der Homepage
des BR möglich. (az)
Zugabe
VON MAXI SCHAFROTH
» [email protected]; Fax: 0831/206-137
Katzenjammer
W
Licht in vielen Variationen bei der „Luxxxus“-Ausstellung in der Görisrieder Verpackerei: links ein Stapel von Neonröhren, den Hausherr Bruno Wank konstruierte, rechts Guido Weggenmanns „Neue Ernte“ – Mais auf einem Autoanhänger.
Fotos: Matthias Becker (2); Mayr (1)
Verspieltes, Verblüffendes, Verrücktes
Ausstellung Der Ostallgäuer Bruno Wank hat 23 Künstlerkollegen in ein ausgedientes
Gewerbegebäude nach Görisried geladen. Zu sehen sind Arbeiten abseits gängiger Wege
VON KLAUS-PETER MAYR
Görisried Der Eingang zum Paradies
befindet sich im kalten Keller. Aus
der Tür strahlt gleißendes Licht, das
Drumherum versinkt in Dunkelheit. Dieses Spiel von Weiß und
Schwarz, von Verheißung und Enttäuschung haben sich Clea Stracke,
eine Allgäuerin, und Verena Seibt
einfallen lassen. „Paradiestür“
nannten sie ihre Kunstinstallation,
die – zusammen mit vielen anderen
Werken – bis zum 12. Oktober im
Untergeschoss der „Verpackerei“ in
Görisried zu sehen ist.
Der Ostallgäuer Künstler Bruno
Wank hat den nüchternen Gewerbebau, in dem früher die Produkte
der Käserei Stegmann verpackt
wurden, gekauft, um seine Kunst,
aber auch die von geistesverwandten Kollegen in losen Abständen zu
zeigen. Die jüngste Ausstellung
heißt „Luxxxus“, ein Wortspiel aus
Lux (= Licht) und Luxus.
Es geht also vor allem um Licht,
und Wank hat dazu 23 Frauen und
Männer, darunter neun Allgäuer,
eingeladen, die vielen Räume und
Hallen der Verpackerei zu bespie-
len. Gängiges, Gewöhnliches ist dort
nicht zu besichtigen. Manche der
Objekte, Installationen, Bilder und
Fotografien grenzen gar ans Verrückte und loten die Grenzen der
Kunst aus – was
jede gute Ausstellung mit zeitgenössischen Werken tut.
Eine besondere
Aktion hat sich
der aus Durach
stammende Jakob
Egenrieder einfalBruno Wank
len lassen. Er leistete sich den Luxus, ein Klavier gegen die Wand zu setzen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Mittels eines
Bungee-Jumping-Seils schleuderte
er das gut 200 Kilogramm schwere
Instrument gegen eine Betonwand
und dokumentierte dies mit der Kamera. Nun liegt da das zerschmetterte Werk. „Zerstörung hat etwas
sehr Konstruktives“, sagt Egenrieder, der gerade mit seinem Studium
an der Münchner Akademie fertig
geworden ist. Er versteht diese Aktionskunst als Anlehnung an die
Fluxusbewegung der 1960er Jahre:
In interessiert der Prozess, die Bewegung, weniger das Endergebnis.
Allgäuer sind prominent in der
Schau vertreten. Der Memminger
Fotokünstler und Kunstprofessor
Dieter Rehm etwa (mit zwei Fotos
in Leuchtkästen) oder der im Ostall-
„Zerstörung hat etwas sehr
Konstruktives.“
Künstler Jakob Egenrieder
gäu lebende Kunstprofessor Stephan Huber (ebenfalls mit zwei Fotografien).
Diese Arbeiten sind freilich relativ konventionell, verglichen mit
dem, was etwa Guido Weggenmann
aus Kempten sich einfallen ließ. Er
pflanzte Mais in einen Autoanhänger und beleuchtet ihn nun mit riesigen Scheinwerfern. „Neue Ernte“
nennt er die Installation. Das könnte
verstanden werden als Kommentar
zu den Mais-Wucherungen im Allgäu. Aber wachsen nicht auch Hanfpflanzen unter Licht besonders gut?
Es gibt etliche weitere Anspielungen auf gesellschaftliche Phänomene
und Probleme in dieser Ausstellung.
Aber auch Spielereien mit Licht und
Luxus, Formen und Farben. Vieles
mit Hintersinn, manches ohne. Und
ein paar ernste Werke haben auch
Platz gefunden. Etwa jene vom
Hausherrn Wank, der handelsübliche Neonröhren fein säuberlich stapelt wie einen Holzstoß. „1 Kubikmeter Licht“ betitelte er den so hell
leuchtenden Kubus, dass einem die
Augen weh tun. Aber man möchte
schon hinsehen, welche Strukturen
die Leuchten und ihre Verkabelung
schaffen.
Das alles ist spannend, fantasievoll, lustig, grell, provozierend.
Und damit ein Gegenentwurf zu den
gängigen Ausstellungen im Allgäu.
O Die Ausstellung läuft bis 12. Oktober
(geöffnet Freitag bis Sonntag von 16
bis 19 Uhr). Am 11. Oktober um 19 Uhr
findet ein Konzert mit dem Blechbläserquintett „red socks brass“ statt, das ein
breitgefächertes Repertoire präsentiert,
das von Bearbeitungen klassischer Werke
bis zu alpenländischer Volksmusik, von
geistlichen Werken über Popmusik bis zu
zeitgenössischer Blechbläsermusik
reicht.
Bauer mit Visionen
Geschichte Museum zeigt Leben und Wirken
des Dichters und Rebellen Franz Michael Felder
Bregenz Er war ein Bauernbub, Mitte des 19. Jahrhunderts in ärmlichen
Verhältnissen im hintersten Bregenzerwald aufgewachsen – und seiner
Zeit weit voraus. Nicht nur, weil er
schon als 14-Jähriger Bücher verschlang und später einer der ersten
Schriftsteller bäuerlicher Herkunft
wurde. Auf sich aufmerksam machte Franz Michael Felder aus Schoppernau vor allem durch wegweisende sozialpolitische Ideen und sein
offenes Aufbegehren gegen die
Mächtigen. Das Vorarlbergmuseum
in Bregenz ermöglicht nun eine Be-
gegnung mit diesem herausragenden Menschen. In einer ungewöhnlichen, wie ein Pfad angelegten Ausstellungsarchitektur nähern sich Besucher seiner Welt an, entdecken in
Projektionen seine heimatliche Umgebung, in Tonaufnahmen seine
Ideen und Visionen, und lassen sich
Passagen seiner Dichtung vorlesen.
Knapp 30-jährig starb Felder 1869
an Tuberkulose. (ins)
O
Zu sehen bis zum 16. November (geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis
18 Uhr, Donnerstag von 10 bis 21 Uhr).
Eine ungewöhnliche Ausstellungsarchitektur zieht den Besucher des Vorarlbergmuseums regelrecht hinein in die Lebens- und Gedankenwelt Felders. Foto: M. Tretter/vm
Fest verwurzelt
Festival Die Classix-Konzerte zeigen, wie sehr südosteuropäische Komponisten aus der Volksmusik schöpfen
VON MARKUS NOICHL
Kempten Lebendige (zeitgenössische) Musik zu finden und zu servieren – das gelingt dem Kemptener
Kammermusik-Festival „Classix“
seit Jahren. Mit Südosteuropa wurde heuer – wenngleich unter Mühen
– eine dankbare Quelle erschlossen.
Bei den Konzerten im Stadttheater
erleben die Zuhörer packende
Abende und sind deshalb durchweg
begeistert – beispielsweise auch am
Donnerstagabend.
Ins Reservoire der Volksmusik
greifen Balkan-Komponisten mit
Allgäuer Zeitung, 27.09.2014
SAMSTAG, 27. SEPTEMBER 2014
vollen Händen. Als Teufelsgeiger
entpuppte sich Benjamin Gilmore
bei einer „Bulgarischen Rhapsodie“
von Pancho Vladigerov (1899 –
1978). Von üppigen Doppelgriffen
bis zu prasselnden Bariolage-Akkorden verband sich ein Maximum
an Tönen mit einem Maximum an
Wirkung.
Auch als Stücke von Schubert
oder ähnliche romantische Perlen
könnten das träumerische Nocture
und rassige Saltarello durchgehen,
die George Enescu 1897 als 16-Jähriger schrieb. Maja Bogdanovic
strömte am Cello. Ebenfalls von
Enescu, ebenfalls melodisch und
ebenfalls auf Steigerungs-Kontrast
aufgebaut (Cantabile – Presto) die
Sätze, in denen man Júlia Gállego
mit ihrer Ebenholz-Querflöte erlebte.
Horn in Vollendung präsentierte
Hervé Joulain in einer Sonate aus
Slowenien (1959 geschrieben von
Primož Ramovš). Acht Instrumente, außer den Streichern noch Klavier und Klarinette, führten unter
der Leitung des Komponisten Vladimir Mendelssohn (geboren 1949)
in „Dracula’s Castle“. Von Atemgeräuschen des dämmernden Grafen
bis zu Jagdszenen ein spannender
Ton-Film.
Neun Instrumente (Bläserquintett plus Streichquartett) vereinten
sich in der Kammersinfonie des
Kroaten Boris Papandopulo (1906 –
1991). Kammermusik, orchestral
üppig. Fetzige, musikantisch-derbe
Streicherklänge ohne Vibrato dominierten im Frühwerk „Dhipli Zyia“
(1952) von Iannis Xenakis, zu dem
er sich vom griechischen Tanz Zyia
inspirieren ließ. David Grimal und
Zvi Plesser schrubbten herrlich Geige und Cello. Dann war da noch
„Aus dem Dorf“ von Josip Slavenski
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung
(1896 – 1955). Aha, jetzt kommt was
richtig Modernes, dachte man, als
schräge Klänge anhoben. Nach wenigen Takten von Kichern begleiteter Abbruch der Musiker: Einer von
ihnen hatte das falsche Notenblatt
gewählt. Die Dissonanzen blieben
zwar trotzdem. Aber herbe Kräuter,
richtig dosiert, machen das Mahl
perfekt.
O Finale Die letzten beiden Classix-Kon-
zerte finden am Samstag (20 Uhr) und
am Sonntag (17 Uhr) statt. Das Programm besteht aus südosteuropoäischen Stücken.
enn man in
der Nutztierhaltung aufwächst, hat man
einen speziellen
Bezug
zum
Tier. Man sieht
weniger
das
Tier, als den Bestand an Tieren. Die Frage beim
Rückwärtsfahren war also nie: Wo
ist die Katze? Sondern: Sind alle
weg?
Der Bestand an Katzen variierte
bei uns je nach Saison und Auslastung der Umgehungsstraße. Gehe
nie eine Bindung zu einer Einzelkatze ein, sagte man mir. Ich tat es
dennoch einmal. Beim Lemmi.
Eine Landmaschinenvorführung
wurde dem Lemmi zum Verhängnis. So was kann man Hauskatzenbesitzern gar nicht erzählen.
Wir haben durchaus mal probiert, eine Katze aus dem „Stallbestand“ zu erwählen, um ihr ein besseres Leben im Wohnhaus zu ermöglichen. Das hat meistens nur
zwei Tage lang geklappt. Bei der
Mali waren’s drei. Nach einem Toilettengang in die Speisekammer
kam sie zurück in den Stall.
Aber die Karten waren neu gemischt. Sie war ab da eine Bessere.
Sie gesellte sich nicht mehr zu den
Mähopfern, den dreibeinigen
Stallkatzen, mit den verklebten Augen. Nein, sie streifte am Wochenende hinüber zur Ramona. Der Katze eines Münchner Anwalts, mit
Wochenendsitz im Allgäu.
Die Ramona trug manchmal sogar das Halstuch der verstorbenen
Anwaltsgattin. Ich bin der Mali nie
gefolgt, aber ich stellte mir vor,
wie sie mit der Ramona aus kleinen
Tassen Mocca trinkend, einen elaborierten Katzendialog über die
letzte Inszenierung am Residenztheater führte. Ich hätte nie gedacht,
dass Katzen so menschliche Züge
entwickeln können.
Die Katzen eines Freundes in
München haben einen regelrechten
Standesdünkel. Maria und Philippa
stammen aus einem Psychoanalytiker-Haushalt. Als ich das erste mal
zu Gast war, starrten sie mich regungslos an. Sie starrten einfach nur.
Unsere Katzen sind hirnlos davongesprungen, wenn ein Fremder kam.
Nicht wenige sind dabei in Löcher
gefallen, aus denen man sie nie wieder befreien konnte.
Der Vater meines Freundes sagte, Philippa, wäre in allen Patientensitzungen dabei und hätte den
analytischen Blick. Sie nicke sogar,
wenn beim Patienten ein Kindheitstrauma aufbreche. Bevor ich auf
sie aufpassen durfte, wurde mir ein
Handbuch übergeben. Darin
stand, welche Katze Atlantik- und
welche Pazifikthunfisch bekommt,
und dass Maria nach dem Genuss
von Thunfisch immer „übersäuere“, weshalb sie dann ionisiertes
Wasser vom Basenwasserautomaten brauche.
Heute liegen die beiden Katzen
kremiert neben Erich Kästner auf
dem Bogenhausener Friedhof. Ich
schäme mich etwas. Ich habe den
Lemmi damals auch vergraben, aus
Zeitmangel aber nicht tief genug.
Am nächsten Tag war er weg.
Hoch, höher,
am höchsten
Kempten Schwarz war angesagt bei
der Bühnen-Garderobe von Classix.
Spektakuläre Akzente wurden aber
am Boden gesetzt. Beziehungsweise
knapp darüber. Wohl wissend, dass
ihre Füße genau auf Augenhöhe des
Publikums im Saal sind, wetteiferten die Musikerinnen um AbsatzHöhen. Nicht betriebswirtschaftlich. Schuhtechnisch.
Auf beeindruckenden High Heels
stöckelten sie über die Bühne. Keine
stürzte ab oder verlor auch nur kurz
das Gleichgewicht. Virtuosinnen,
perfekt ausbalanciert. Die Männer
hatten dem nichts entgegenzusetzen
– außer den frechen, rotgemusterten
Socken eines Geigers. (no)