Die Liebe des Vaters (Lk 15)

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Die Liebe des Vaters (Lk 15)
Bibelarbeit im August 2006
Die Liebe des Vaters (Lk 15)
1. Hinführung
Im 15. Kapitel seines Evangeliums bietet Lukas seinen Lesern
in den Versen 11-32 ein Gleichnis von ausgesuchter Schönheit:
das gilt sowohl für die stilistische und sprachlich-äthetische
Prägnanz des Textes als auch für die besondere Tiefe und
Eindringlichkeit seiner Thematik. Nicht umsonst zählt das
Gleichnis zu den bekanntesten Bibeltexten überhaupt.
Es handelt sich dabei um eine Parabel, die auf ihrer Bildebene ein Familiendrama in bäuerlichem
Umfeld beschreibt. Es ist in ihr die Rede von einem jüngeren Sohn, der seinen frisch
ausgezahlten Anteil am Familienerbe in einem fremden Land in einem leichtsinnigen
Lebenswandel durchbringt, einen äußersten existentiellen Tiefpunkt erreicht und nach einer
fundamentalen Lebenswende in das Haus des Vater zurückkehrt. Auch wird in ihr von einem
zweiten, einem älteren Sohn gesprochen, der ganz anders als sein Bruder die väterlichen
Erwartungen vordergründig nie enttäuscht hat und nun durch die ehrenhafte Wiederaufnahme
des jüngeren Bruders in das Vaterhaus in eine schwerwiegende Krise gestürzt wird. Und es ist in
ihr die Rede von einem Vater, der sich in außerordentlicher Liebe und großem Erbarmen beiden
Söhnen - in je ihrer Notlage - zuwendet.
Das Gleichnis kann nicht auf eine einzige Formel gebracht, nicht auf eine einzige Pointe
eingegrenzt werden. Dazu ist es - trotz seiner scheinbar einfachen Erzählweise und schlichten
bildlichen Form - zu vielschichtig und zu facettenreich. Die christliche Tradition und die
exegetische Auslegung haben daher - je nach Perpektive und spezifischem Interesse - der
Parabel unterschiedliche Namen und Titel gegeben.
Spricht man - mit einem Hauptstrang der christlichen Deutungsgeschichte - den Text als
"Gleichnis vom verlorenen Sohn" an, so fokussiert sich das Interesse auf die Lebensgeschichte
des ausziehenden Sohnes, seinen Weg durch sündhafte Verfehlung und dramatischen Abstieg
hin zu Buße und Umkehr: und auf das Ereignis der grundlegenden, neues Leben eröffnenden
barmherzigen Vergebung durch den Vater.
Bezeichnet man den Text als "Gleichnis von den beiden Brüdern" oder als "Parabel vom
verlorenen Sohn und seinem Bruder" so richtet sich der Blick auf den doppelten szenischen
Aufbau und die zweifache Spitze des Gleichnisses: erscheint in dieser Betrachtungsweise der
jüngere Sohn als Idealtyp des reumütigen Sünders, der sein ganzes Schicksal auf die Hoffnung
der Barmherzigkeit des Vater setzt, so verkörpert andersherum der ältere Sohn den Grundtyp des
stets Gehorsamen und über das barmherzige Handeln des Vaters empörten (Selbst-)Gerechten,
um dessen Einwilligung in die Barmherzigkeit des Vaters geworben wird.
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Nennt man den Text aber "Gleichnis vom guten Vater" oder "Parabel von der Liebe des Vater",
so lenkt man die Aufmerksamkeit ganz auf die Figur des väterlichen Familienoberhaupts, man
richtet den Blick auf dessen lebenschaffende Liebe, auf sein Erbarmen, sein grundlegendes
Mitleid und seine überwältigende Güte. Vor allem diese letzte Sehweise macht es verständlich,
daß die Parabel in der exegetischen Literatur immer wieder als Kern der frohen Botschaft Jesu,
als "Evangelium im Evangelium" angesprochen wird.
Indem nämlich Jesus selbst dieses Gleichnis vom guten Vater, von dessen Mitleid,
Barmherzigkeit und Liebe spricht, wird es auf Gott hin transparent. Genauer: es wird
durchsichtig für sein übergroßes Mitleid, seine überwältigende Barmherzigkeit und seine
lebenspendende Liebe. Es wird zu einer Geschichte über die liebende Güte Gottes.
2. Der Bibeltext (Lk 15,11-32)
(11) Darauf sprach Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. (12) Und der jüngere von ihnen sagte zum
Vater: Vater, gib mir den Teil des Vermögens, der mir zusteht. Der aber teilte unter sie das
Vermögen.
(13) Und nach wenigen Tagen, nachdem er alles zusammengepackt hatte, zog der jüngere Sohn
fort in ein fernes Land und verschleuderte dort sein Vermögen, indem er heillos drauflos lebte.
(14) Als er aber alles aufgebraucht hatte, kam eine gewaltige Hungersnot über jenes Land, und er
begann Mangel zu leiden. (15) Und er ging hin und hängte sich einem der Bürger jenes Landes
an, und der schickte ihn auf seine Felder, um Schweine zu hüten. (16) Und er begehrte, sich zu
sättigen von den Schoten, die die Schweine fraßen, doch niemand gab ihm davon.
(17) Da ging er in sich und sagte: Wieviele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluß,
ich aber gehe hier durch Hunger zugrunde. (18) Ich will mich aufmachen, zu meinem Vater
gehen und ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; (19) ich bin
nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Behandle mich wie einen deiner Tagelöhner.
(20) Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater.
Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und empfand Erbarmen; und er lief hin,
fiel ihm um den Hals und küßte ihn. (21) Der Sohn aber sagte zu ihm: Vater, ich habe gesündigt
gegen den Himmel und vor dir; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. (22) Der
Vater aber sagte zu seinen Knechten: Schnell, bringt das beste Gewand heraus und zieht es ihm
an und gebt einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße. (23) Und bringt das Mastkalb
herbei, schlachtet es und wir wollen essen und fröhlich sein. (24) Denn dieser mein Sohn war tot
und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie
begannen, ein Fest zu feiern.
(25) Sein älterer Sohn aber war auf dem Feld. Und als er kam und sich dem Haus näherte, hörte
er Musik und Reigen; (26) und er rief einen der Knechte herbei und erkundigte sich, was das
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bedeute. (27) Der aber sagte zu ihm: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das
Mastkalb geschlachtet, weil er ihn gesund wiedererhalten hat.
(28) Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und bat ihn.
(29) Er aber antwortete und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir, und
niemals habe ich dein Gebot übertreten, und mir hast du niemals ein Ziegenböcklein gegeben,
damit ich mit meinen Freunden fröhlich sei. (30) Als aber dieser da, dein Sohn, der dein
Vermögen mit Huren durchgebracht hat, kam, hast du ihm das Mastkalb geschlachtet. (31) Er
aber sagte zu ihm: Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist dein. (32) Jetzt aber
mußte man fröhlich sein und sich freuen, denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig
geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden.
3. Der lukanische Kontext der Parabel
Die Parabel von der Liebe des Vaters (Lk 15,11-32) steht im Lukasevangelium im Rahmen eines
Zusammenhangs, in dem der Evangelist eine ebenso kompakte wie tiefgründige Theologie
liefert. Die Geschichte über die Güte des Vaters bildet dabei den Höhepunkt einer dreistufigen
Rede Jesu (Lk 15,3-32), die in Gleichnissen die Freude Gottes über die Umkehr des Menschen
zu ihm in den Mittelpunkt stellt. Das gemeinsame Thema der Sünderliebe Gottes prägt sich in
den drei Gleichnissen vom verlorenen Schaf (Lk 15,4-7), von der verlorenen Drachme (Lk 15,810) und vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32) in einer Reihe von wiederkehrenden Kernmotiven
aus: immer geht es um das Verlorengehen, das Wiederfinden und die Aufforderung zur
Mitfreude darüber.
Am Schluß der beiden vorausgehenden Gleichnisse wird jeweils in besonderer Weise die
himmlische Freude über die Buße und Umkehr eines Sünders hervorgehoben (Lk 15,7.10); in
den Gleichnissen selbst (Lk 15,4-6.8-9) sind vor allem die große Mühe des ausdauernden
Suchens und die übergroße Freude des Wiederfindens des Verlorenen betont. Mit diesen
Akzentsetzungen ist der inhaltlich-theologische Boden für die Parabel vom barmherzigen Vater
bereitet. Sie bildet sowohl den quantitativen Schwerpunkt als auch die theologische Klimax der
in Lk 15 gebotenen Rede Jesu über die göttliche Barmherzigkeit und Güte.
Für das Verständnis der dreigliedrigen Gleichnisrede Jesu ist ihre spezifische Einbettung von
besonderer Bedeutung (vgl. Lk 15,1-2): Nach Lukas ist der inhaltliche Anlaß der Rede Jesu die
Beschwerde von "Pharisäern und Schriftgelehrten" über seine Zuwendung zu "Zöllnern und
Sündern". Daß Jesus sich der Sünder annimmt, ja sogar Mahlgemeinschaft mit ihnen hält,
übersteigt sowohl Toleranz als auch Verständnis der Pharisäer und Schriftgelehrten bei weitem
(Lk 15,2). Die Letzteren werden daher zu den Adressaten der langen gleichnishaften Rede (Lk
15,3-32), in der Jesus zum einen seine Hinwendung zu den Sündern verteidigt, indem er seinen
Zuhörern anschaulich ein ganz bestimmtes - von Liebe, Güte und Mitleid geprägtes - Gottesbild
vor Augen stellt, und zum anderen zugleich darum wirbt, in eben dieses Gottesbild
einzustimmen.
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Aus der Lukasperspektive besteht kein Zweifel daran, daß der jüngere Sohn der Parabel das
Korrelat zu den in der Rahmenhandlung genannten "Zöllnern und Sündern" (Lk 15,1-2) bildet,
während die "Pharisäer und Schriftgelehrten" (Lk 15,1) sich in der Position des älteren Sohnes
erkennen sollen. Der offene Schluß des Gleichnisses richtet sich daher auf der Erzählebene als
Appell an diese in Lk 15,1 genannte Gruppe, auf der Rezipientenebene des Evangeliums richtet
er sich darüber hinaus an alle Leser der Lukasschrift. Es handelt sich um einen Aufruf zum
Einstimmen in die Barmherzigkeit und Liebe Gottes.
4. Hinweise zum Verständnis der Parabel
Das Gleichnis vom guten Vater ist äußerst anschaulich und ansprechend erzählt; dem Leser wird
ein regelrecht szenischer Ablauf vorgeführt, aus dem sich die Gliederung der Parabel ergibt.
Nach einer knapp gehaltenen Disposition (V. 11b-12) wendet sich der erste Teil der Erzählung
dem Wandel und Schicksal des jüngeren Sohnes in der Fremde zu (V. 13-20). Während die
Verse 13-16 den immer weitergehenden Abstieg des jungen Mannes schildern, bringt V. 17 eine
deutliche Wende: nach einer existentiellen Selbstbesinnung folgen Reue, Schuldbekenntnis und
Umkehr, welche den Sohn auf den Weg der Rückkehr zum Vater führen (V. 17-20a).
Der zweite Teil der Geschichte (V. 20b-24) berichtet von der Aufnahme des zurückkehrenden
Sohnes durch den Vater: Erbarmen, Mitleid und Güte des Vaters übersteigen alles, was sich der
Heimkommende erwarten konnte.
Der dritte Teil der Erzählung (V. 25-32) schildert die Reaktion des älteren Sohnes auf das
Geschehene. Er ist vor allem von der Interaktion zwischen dem Vater und dem
daheimgebliebenen Sohn bestimmt: auf den Zorn des Sohnes reagiert der Vater mit gutem
Zureden und geduldigem Werben. Wie der erste Teil der Erzählung so weist auch der Schlußteil
einen deutlichen Unterbruch auf: Die Verse 25-27 berichten davon, wie der von der Feldarbeit
kommende ältere Sohn von der Rückkehr und Aufnahme seines Bruders erfährt; die Verse 28-32
widmen sich ganz der Kontroverse zwischen dem Vater und seinem verständnislosen und
empörten Sohn. Der Ausgang der Geschichte bleibt offen: Wird sich der ältere Sohn dem
Freudenfest des Vater hinzugesellen?
Bei aller Klarheit des im Gleichnis Geschilderten bedingen zeitlicher, geographischer und soziokultureller Abstand zur Erzählwelt der Parabel beim heutigen Leser (oder Hörer) zum Teil nicht
unerhebliche Verstehenshindernisse. Blicken wir daher noch einmal detaillierter auf den Gang
der Erzählung:
Die Einleitung des Gleichnisses (V. 11b-12) ist knapp und präzise. Schon im Eingang der
Parabel ist mit der Nachricht, daß ein Mann zwei Söhne hatte, ein deutliches Erzählsignal
gesetzt: der antike Hörer erwartet, daß sich in dieser Konstellation eine entgegengesetzte
Entwicklung abzeichnen wird: Der eine Sohn so, der andere so. In dem vom jüngeren Sohn
vorgetragenen Verlangen nach Auszahlung seines Erbteils (V.12) liegt selbst noch keine
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Verfehlung. Im Vorgang der sog. "Abschichtung" konnte damals ein nachgeborener Sohn - unter
Aufgabe aller weiteren Ansprüche - schon vor dem Tod des Familienoberhauptes sein
Vermögensanteil erhalten. Der Vater erfüllt anstandslos diesen Wunsch seines Sohnes: er scheint
dessen Freiheitsdrang nichts entgegensetzen zu wollen.
Die schuldhafte Verfehlung des jüngeren Sohnes ergibt sich aus dem im ersten Hauptteil (V. 1320) Geschilderten: in einem liederlichen – dem Wortsinne nach "heillosen" – Lebenswandel
verschleudert er das Gut, daß ihm sein Vater zum Leben überlassen hatte (V. 13). Der
ausbrechenden Hungersnot ist der nun Mittellose in der Fremde schutzlos ausgeliefert (V. 14).
Dem moralischen Abstieg folgt der religiöse: der hungerleidende, jüdische junge Mann biedert
sich in seiner Not einem Bürger des fremden – nichtjüdischen – Landes an; die von ihm
angenommene Arbeit des Schweinehütens (V. 15) symbolisiert den Abfall von der jüdischen
Religion: der Umgang mit den als unrein angesehenen Tieren bedeutet das äußerste an
Erniedrigung (vgl. Lev 11,7; Dtn 14,8; Jes 65,4; 66,17). Aus Sicht eines frommen Juden ist ein
solches Dasein ein verfluchtes Dasein; der derart Abgestiegene ist so gut wie tot. Doch es geht
noch tiefer: Der Wunsch, sich von dem Schweinefutter zu ernähren (V. 16), zeigt den Absteiger
als einen seiner letzten Würde Entblößten: hier geht es nur noch um die bloße kreatürliche Gier
der physischen Selbsterhaltung.
Doch diese äußerste Not führt zu einer Wende (V. 17), sie führt den Hungernden auf den Weg
der "Selbstbesinnung", des "In-sich-Gehens", der Reue, Buße und Umkehr. Der Kontrast
zwischen der Position der väterlichen Tagelöhner und seiner eigenen bedrängten Lage läßt ihn
den Entschluß fassen, ins Vaterhaus zurückzukehren (V. 17-18a). Die Ernsthaftigkeit der diesem
Entschluß zugrunde liegenden Reue führt das Schuldbekenntnis vor Augen, das sich der Sohn
vor seinem Vater abzulegen vornimmt (V.18b-19). Es ist dreigliedrig und spricht von klarer
Erkenntnis der eigenen Situation: a) er habe vor Gott und seinem leiblichen Vater gesündigt, b)
er sei nicht mehr wert, Sohn genannt zu werden, c) was er (allenfalls) erhoffen kann, ist die
Gleichstellung mit einem der väterlichen Tagelöhner.
Der im zweiten Hauptteil des Gleichnisses (V. 20b-24) geschilderte Empfang des
zurückkehrenden Sohnes durch den Vater übertrifft allerdings alle Hoffnungen und Erwartungen
des Heimkehrers: die Liebe des Vaters äußert sich in tiefstem Mitleid; in einem Erbarmen, das
sich nicht nur in dem väterlichen Ausschauen nach dem noch weit entfernt Seienden (V. 20b)
ausdrückt, sondern sich in einem Freudenausbruch Luft macht: der Vater läuft seinem Sohn
entgegen, fällt ihm um den Hals, küßt ihn. Damit ist alles entschieden: alle Bedenken des
Zurückkehrenden sind überholt, allen seinen Ängsten ist der Vater zuvorgekommen. Das
vorgefertigte Schuldbekenntnis des wiedergefundenen Sohnes bleibt auf Zweidritteln des Weges
stehen (V. 21), denn durch seine Anweisungen an die Knechte macht der Vater deutlich, daß er
nichts anderes als die (Wieder-)Einsetzung des Heimgekehrten als Sohn (und nicht als
Tagelöhner) intendiert: das Kleid, der Ring, die Schuhe sind Zeichen der Sohneswürde (V. 22).
Alles solle für ein Freudenfest hergerichtet werden, in dem sich die Liebe und die überbordende
Freude des Vaters ausdrücken können (V. 23): Der tiefste Grund dieses Festes, das alsbald
beginnt, ist nichts geringeres als grundlegende Rettung (V. 24): "Denn dieser mein Sohn war tot
und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden".
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Der dritte und letzte Hauptteil der Parabel (V. 25-32) thematisiert in der Sichtweise des älteren
Sohnes einen anderen Blick auf das in den Versen 20a-24 beschriebene Liebes-Ereignis: es ist
eine Außenperspektive! Der vom Feld zurückkehrende, daheimgebliebene Sohn erhält durch
einen Knecht Kunde von dem Geschehenen (V.25-27). Seine Reaktion: Zorn (V. 28); ein Zorn,
der ihm ein Mitfeiern unmöglich macht.
Die Gründe, die ihn daran hindern, in das Erbarmen und in die Freude des Vaters einzuwilligen
und einzustimmen, scheinen dem Daheimgebliebenen schlagend zu sein: "Ihm, dem
Leichtsinnigen, dem Verschwender, dem Sünder läßt der Vater ein Mastkalb schlachten und ein
Freudenfest ausrichten; mir, dem Gehorsamen, dem ausdauernden Arbeiter, dem immer
Getreuen hat der Vater bisher nicht einmal ein Zicklein geschenkt" (vgl. V. 29). Aus dem älteren
Sohn spricht im Vorwurf an den Vater die Empörung des Gerechten. Des allzu Gerechten? Die
Barmherzigkeit des Vaters wird ihm zum Anstoß.
Entscheidend ist auch hier die Reaktion des Vaters: Er läßt den älteren Sohn in seinem – sich
selbst ausschließenden – Zorn nicht allein. Er geht zu ihm hinaus und redet ihm gut zu (V. 28);
er wirbt um ihn (V. 28 und 31-32). Indem er ihn mit der Anrede "Kind" anspricht (V. 31), bringt
er seinem Erstgeborenen die grundlegende Beziehung ins Gedächtnis, die zwischen ihnen
besteht: "du bist immer bei mir"; zugleich verweist er darin auf die Basis, der auch der ältere
Sohn alles verdankt. Werbend weist der Vater darauf hin, welche Stellung dieser erste Sohn in
seinem Kosmos hat; nichts davon soll ihm genommen werden: "alles, was mein ist, ist dein".
Nur setzt dieses Verhältnis voraus, daß der ältere Sohn sich nicht selbst von dieser Gemeinschaft
abschneiden, sich nicht selbst von ihr ausschließen wird: Der Vater will das in freier
Entscheidung gesprochene "Ja" des älteren Sohnes zu seiner Liebe, Großzügigkeit und – im
wahrsten Sinne des Wortes (V. 24 u. 32): lebenschaffenden – Barmherzigkeit. Dem
verächtlichen "der da, dein Sohn" (V. 30), mit dem der Daheimgebliebene sich von dem
Heimgekehrten distanziert, setzt der Vater ein "dein Bruder" (V. 32) entgegen. Wird der ältere
Bruder sich dieser Sichtweise anschließen können?
5. Das Gottesbild
Es gibt in der Bibel unterschiedliche Gottesbilder – helle und dunkle: Hier begegnet uns eines
der hellsten.
Denn es besteht kein Zweifel daran, daß der Gleichniserzähler Jesus in der uns vorliegenden
Parabel von nichts anderem sprechen möchte als vom Reich Gottes und vom Wesen und
Verhalten Gottes. Daß auf der Gleichnisebene eine Konzentration auf die Person des Vaters
durch die Parabel selbst nahegelegt wird, läßt sich schon durch wenige Beobachtungen zeigen:
So setzt der Gang der Erzählung nicht nur mit dem Vater ein (V. 11b), sondern er endet auch mit
ihm (V. 31-32). Vom ihm geht die Handlung aus; und er hat auch das letzte Wort. Und noch viel
wichtiger: Nirgendwo treten die beiden Brüder in eine direkte Interaktion miteinander, beide
handeln jeweils nur im Verhältnis zum Vater. Inhaltlich schließlich bilden die Figur und das
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Handeln des Vaters vollends den Dreh- und Ankelpunkt der Geschichte: Denn zum einen findet
der gesamte Weg des jüngeren Sohnes seine Lösung allein in der Güte, dem Erbarmen und der
Liebe des Vaters; zum anderen sind es eben diese Güte, eben dieses Erbarmen und eben diese
Liebe des Vaters, die zum krisenhaften Kernthema des älteren Sohnes werden.
Zwei Aspekte des in Lk 15,11-32 gezeichneten Gottesbildes sind von besonderer Bedeutung:
1) Das Gleichnis berichtet uns von einer schier unglaublichen Liebe und Güte, von einem
übergroßen Mitleid und Erbarmen des Vaters. Dies zeigt sich in seinem Verhalten gegenüber
dem jüngeren Sohn: Nicht nur läßt er ihn in die Fremde ziehen, sondern er nimmt den – aus
eigener Schuld und eigenem Versagen – Gescheiterten voller Liebe wieder bei sich auf. Mit
welcher Sehnsucht er seinen leichtsinnigen Sohn vermißt hat, wird im Gleichnis überaus
anschaulich deutlich (V. 20): der Vater hat offensichtlich schon häufig nach dem
Fortgegangenen ausgeschaut, und als er ihn endlich in der Ferne erblickt, kommt er ihm
entgegen - nicht abwartend oder halbherzig, sondern laufend und voll des Mitleids: schon der
Kuß ist - noch vor dem ausdrücklichen Schuldbekenntnis – das Zeichen, daß der Vater dem
Heimkehrer verzeihen wird, ja, schon verziehen hat. Die Tatsache der Umkehr allein reicht
diesem barmherzigen Vater.
Von welch großer Bedeutung diese Barmherzigkeit und Liebe des Vaters ist, ist dem um die
Vorgeschichte des jüngeren Sohnes wissenden Leser (oder Hörer) der Parabel klar: das
Verhalten des Vaters ist – im wirklichen Wortsinne – lebensrettend: denn der Sohn "war tot und
ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden" (V.24 und 32).
Im diesem Sinne veranschaulicht das Gleichnis eine der ergreifendsten Grundbotschaften Jesu:
nämlich daß der Gott, den Jesus bezeugt, ein Gott ist, der immer bereit sein wird, demjenigen zu
verzeihen, der erkannt hat, daß "sein" Weg in die Irre geht, wobei die Parabel zugleich die
ungeahnten Lebensmöglichkeiten vor Augen führt, die sich dem ernsthaft Umkehrenden in der
Begegnung mit Gott eröffnen. Die Freude des Vaters ist die Freude Gottes über den zu ihm
umgekehrten Sünder.
Aber die Liebe, die Güte und das Erbarmen des Vater beziehen sich ja nicht nur auf den jüngeren
Sohn: Denn mit ebenso großem Einfühlungsvermögen und mit ebenso liebevoller Güte wendet
er sich auch seinem älteren Sohn zu, der in der Gefahr steht, sich selbst von der Verbindung zum
Vater abzuschneiden, sich selbst aus der Gemeinschaft auszuschließen und damit selbst zum
"verlorenen Sohn" zu werden. Auch diesen Sohn läßt er keineswegs allein, sondern er kommt
ihm entgegen, redet ihm gut zu (V. 28) und wirbt in rührendster Weise um ihn, indem er ihm
versichert, daß ihm n.30 ichts genommen werde und das Gemeinschaftsangebot mit ihm – wie
zuvor – weiterbestehe (V. 31-32): "Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist
dein." Großzügiger und liebevoller geht es nicht.
Was der Vater allein von dem älteren Sohn fordert, ist die Anerkennung seines Wesens: eines
Wesens, daß – nach Ausweis der Parabel – Liebe, Güte und Erbarmen ist (vgl. 1 Joh 4,8.16:
"Gott ist Liebe"). Erscheint in der dominierenden Hauptperson der Erzählung, dem
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barmherzigen Vater, letztlich nichts anderes als ein – in seiner Eingängigkeit kaum mehr zu
steigerndes – "Bild" der unbegreiflich großen Liebe Gottes zu den Menschen, so können sich in
der Gestalt des älteren Sohnes all jene wiederfinden, die als "Gerechte" ihre Schwierigkeiten und
ihre Probleme mit Gottes schöpferischer Gnade haben.
Wird der ältere Sohn der Parabel dem Verhalten und dem Wesen seines Vaters zustimmen
können? Und werden alle Leser und Hörer des Gleichnisses in das vom Erzähler der Parabel
vertretene Gottesbild einstimmen können? Der offene Schluß der Parabel wirbt ausdrücklich um
diese Zustimmung. Und wer da wirbt, ist niemand anderes als Jesus selbst (V.11a).
2) Das Gleichnis macht darüber hinaus deutlich: Weil Gottes Liebe, sein Erbarmen und seine
Güte wirkliche Liebe, wirkliches Erbarmen und wirkliche Güte sind, respektieren sie den
Menschen als Person, sie anerkennen seine Freiheit und seinen eigenen Willen. Der Vater der
Parabel läßt dem jüngeren Sohn seine Freiheit: er folgt seinem Wunsch nach der Auszahlung des
Vermögensanteils, er läßt ihn in die Fremde ziehen, er läßt ihn frei (V. 12). Als der Sohn ihm in
der Fremde Schande bereitet, läßt er ihn nicht etwa einfangen und zurückbringen; aber als er den
aus eigenem Entschluß Umgekehrten kommen sieht, stellt er dem Heimgekehrten keine
Bedingungen, sondern er nimmt ihn vorbehaltlos auf und als Sohn an (V. 20b-24).
Dasselbe zeichnet das Verhalten des Vaters gegenüber dem älteren Sohn aus (V.28-32): er
reagiert auf die Halsstarrigkeit und Uneinsichtigkeit des Daheimgebliebenen nicht mit
Drohungen, nicht mit Zwang, nicht mit Ausschluß, sondern er wirbt um die Einsicht und um die
freie Zustimmung des älteren Sohnes. Er argumentiert, um ihn zu gewinnen. Er bedrängt ihn
nicht, aber er spricht mit herzzerreißender Geduld und Liebe.
Das Gottesbild, das sich in Lk 15,11-32 abzeichnet, ist ein ebenso erhabenes wie schönes: Es ist
das Bild eines gütigen, barmherzigen und den Menschen tiefgründig liebenden Gottes. Es ist das
Bild eines Gottes, der mit heißem Herzen und voller Besorgnis die Umkehr derer erwartet, die
sich von ihm entfernt haben, und dem die erfolgte Umkehr eines Sünders zum Freudenfest wird
(Lk 15,20b-24.32; vgl. 15,5-7.9-10). Es ist zugleich das Bild eines Gottes, der geduldig und
voller Güte um das Einstimmen in sein Liebeswerk wirbt. Und es ist das Bild eines Gottes, der
dieses Einstimmen nicht erpreßt, sondern den Menschen als sich frei entscheidendes Gegenüber
respektiert. Es ist das Bild eines Gottes, der die Menschen in ungeahnter Weise liebt, und eines
Gottes, der das freie Ja des Menschen zu dieser Liebe will: und dem dieses Ja zur größten Freude
wird.
6. Didaktische Möglichkeiten
Das Gleichnis von der Liebe des Vaters (Lk 15,11-32) ist außergewöhnlich bekannt. Jeder Christ
ist ihm schon begegnet. Wie kann man seine Ecken und Kanten und seinen Anspruch (erneut)
sichtbar und spürbar machen? Wie kann man diese Parabel noch einmal frisch, noch einmal
unter neuen Gesichtspunkten wiederlesen? Zwei Wege bieten sich an: Zum einen gibt es die
Möglichkeit der Verfremdung und der aktualisierenden Übertragung ("Was wäre, wenn diese
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Geschichte heute spielte?") – viele Religionsbücher gehen diesen Weg (z.B. Comic usw.). Zum
anderen gibt es die Möglichkeit, dem Text selbst mehr Raum zugeben, das Gleichnis selbst
sprechen zu lassen: auf dem Weg des Sich-Einlassens auf den Text, des verstärkten SichEinfühlens, des Erspürens. Dieser zweite Weg soll hier beschritten werden.
Der Weg des vertiefenden Eingehens auf die Parabel legt sich dabei aus verschiedenen Gründen
besonders nahe:
- literarisch: weil das Gleichnis auf seiner Bildebene erzählerisch so stark, so robust und so
belastungsfähig ist, daß es heutigen Anfragen ohne jeden Zweifel standhalten kann;
- pragmatisch: weil die Parabel selbst szenisch aufgebaut ist und auf diese Weise dem Leser
ermöglicht, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und verschiedene Sichtweisen zu
erproben;
- didaktisch: weil das lukanische Gleichnis selbst in seiner Grundintention und in seinem
Erzählgang eine ausgesprochen pädagogische, werbende Absicht aufweist; es handelt sich dabei
um eine neutestamentliche Didaktik, der man sich in einer eigenen Didaktik anvertrauen kann;
- theologisch: weil es – nach dem Ausweis des Lukas – Jesus selbst ist, der in diesem Gleichnis
um die Zustimmung zu einem bestimmten Gottesbild wirbt; und weil die fundamentale Aussage
des Gleichnisses mit der Kernbotschaft Jesu übereinstimmt, die besagt, daß das Wesen Gottes
Liebe, Güte und lebenschaffende Barmherzigkeit ist.
Wenn in dem folgenden Vorschlag zur Bibelarbeit ein empathischer Zugang zum Gleichnis
verfolgt wird, so wird man die folgenden Aspekte mit zu berücksichtigen haben:
- daß die Leser des Gleichnisses in der Parabel sowohl menschliche Grunderfahrungen als auch
Erfahrungen mit Gott angesprochen sehen können;
- daß sich im Bild des jüngeren Sohnes (selbstverständlich) nicht nur negative, sondern auch
positive Erfahrungen niederschlagen: Freiheit, Mut, Selbsterkenntnis, Grundvertrauen auf den
Vater, …;
- daß sich auch in der Gestalt des älteren Sohnes nachvollziehbare und berechtigte Ansprüche
und Sichtweisen spiegeln können;
- daß die Figur des Vaters nicht einseitig und vorschnell auf die Person Gottes festgelegt werden
darf, sondern daß sich in der Gestalt des Vaters auch die Anfrage äußert: Was wäre, wenn ich so
gütig, barmherzig und liebend sein könnte? (vgl. Lk 6,36);
- daß die Leser grundsätzlich die Möglichkeit haben, für jeden der Akteure Partei zu ergreifen;
und daß sie sich – von ihrer ganz persönlichen Situation her – ihr eigenes Urteil bilden, was
einschließt, daß in Diskussion unterschiedliche Ansichten ausgehalten werden müssen.
Eine solche Konzeption kann die Chance und das Potential eröffnen, der Absicht des
Gleichnisses zu folgen: die Leser und Hörer in die Dynamik der (in der Parabel thematisierten)
Liebe und Güte Gottes hineinzuziehen.
7. Hinweise für eine Bibelarbeit
1) Ankommen:
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• Gemeinsames Beten oder Singen des christlichen Grundgebetes: "Vater unser".
• Gemeinsame Reflexion: Was bedeutet es, wenn wir Gott "Vater" nennen?
2) Lesen:
• Jemand liest langsam den gesamten Text der Parabel.
• Möglichkeit des Ausräumens von Verstehenshindernissen im kurzen Gespräch.
3) Eigene Erfahrungen mit dem Text: Selbsttätiges Sich-Hineinversetzen, Einfühlen, Erspüren:
In stiller Reflexionen machen und vertiefen die Teilnehmer eigene Erfahrungen mit den Figuren
des Gleichnisses. Impulse können sein:
• Zum jüngeren Sohn: Er sucht die Herausforderung, geht in die Fremde. Dort irrt er ab; geht
einen Irrweg. Er sündigt, er verkommt. Er kommt in eine schwere existentielle Krise, in Not. Er
geht in sich, er kommt zu sich, er bestimmt seinen Weg neu. Er kehrt um.
Was bewegt ihn jeweils dazu? Was sind seine Gründe? Wie ist sein Verhältnis zum Vater? Was
darf er erwarten? Mit welchen Gefühlen kehrt er zurück, trifft er auf den Vater? Was wird die
Art der Aufnahme durch den Vater in ihm ausgelöst haben?
Kennen wir selbst solche oder ähnliche Erfahrungen? (Im Großen, im Kleinen; von anderen, von
uns selbst.)
Was ändert sich, wenn wir die Geschichte dieses Sohnes (ausdrücklich) als Geschichte eines
reumütigen Sünders lesen?
• Zum Vater: Er läßt seinen jüngeren Sohn in die Fremde ziehen. Er schaut nach ihm aus, hat
Mitleid, hat Erbarmen, kommt ihm entgegen, vergibt, verzeiht, trägt nicht nach, sondern wendet
sich ihm liebevoll zu. Nimmt ihn auf und rettet ihn. Er läßt auch seinen älteren Sohn nicht allein,
kommt auch ihm entgegen, redet ihm gut zu, wirbt um ihn.
Was bewegt ihn jeweils dazu? Was sind seine Gründe? Wie ist sein Verhältnis zum jüngeren
Sohn? Wie ist sein Verhältnis zum älteren Sohn? Mit welchen Gefühlen begegnet er jeweils
seinen Söhnen? Was löst die Rückkehr des jüngeren in ihm aus? Was löst das Verhalten des
älteren in ihm aus? Wie reagiert er darauf?
Kennen wir selbst solche oder ähnliche Erfahrungen? (Im Großen, im Kleinen; von anderen, von
uns selbst.)
Was ändert sich, wenn wir die Gestalt und das Handeln des Vaters (ausdrücklich) als "Bild" des
Wesens und des Handelns Gottes sehen?
• Zum älteren Sohn: er bleibt daheim, arbeitet täglich wie ein Knecht, versteht das Handeln des
Vaters gegenüber dem zurückgekehrten jüngeren Sohn nicht, verweigert dem Heimgekehrten die
Bruder-Bezeichnung, reagiert auf das Handeln des Vaters mit Zorn, will nicht am Freudenfest
des Vaters teilnehmen, macht dem Vater schwere Vorwürfe, hat am Schluß noch keine
Entscheidung getroffen.
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Was bewegt ihn jeweils dazu? Was sind seine Gründe? Wie ist sein Verhältnis zum Vater?
Stimmt in diesem Verhältnis alles? Warum kann er sich nicht mit dem Vater mitfreuen? Wie ist
sein Verhältnis zum Bruder? Mit welchen Gefühlen begegnet er ihm? Was löst die Rückkehr des
Bruders in ihm aus? Warum kann er sich dem Zurückgekehrten nicht zuwenden? Warum hat er
für ihn kein Erbarmen übrig? Warum kann er ihn nicht "Bruder" nennen? Was wirft er seinem
Vater vor? Ist dieser Vorwurf gerecht? Wie wird er sich am Schluß entscheiden? Wird er doch
noch an dem Fest teilnehmen? Was würde sich ändern, wenn er dem Fest zustimmen könnte: für
den Vater, für den Bruder, für ihn selbst?
Kennen wir selbst solche oder ähnliche Erfahrungen? (Im Großen, im Kleinen; von anderen, von
uns selbst.)
Was ändert sich, wenn wir die Geschichte des älteren Bruders (ausdrücklich) als Geschichte
derjenigen auffassen, die Probleme mit der Liebe, Güte und Gnade Gottes haben?
4) Sprechen:
Austausch über das mit dem Text Erlebte:
• Was ist mir in der Beschäftigung mit den Personen des Textes aufgegangen? Was habe ich
(noch) nicht verstanden? Was ist mir besonders nahegekommen? Mit welchen Personen der
Parabel kann ich mich aus welchen Gründen identifizieren? Welches Verhalten der gezeichneten
Gestalten ist mir vertraut? Oder fremd? Was berührt mich? Aus welchen Gründen? Welche
eigenen Erfahrungen erkenne wieder?
• Wie geht es mir mit dem im Gleichnis nahegelegten Gottesbild? Kann ich diesem Bild (in allen
Punkten) zustimmen? Wenn nein: warum nicht? Wenn ja: welche Folgen hat das für mich? Auf
welche Schwierigkeiten bin ich (möglicherweise trotzdem) gestoßen? Welche Sehnsüchte
werden in diesem Gottesbild angesprochen? Welche Hoffnungen kann es wecken oder erhalten?
• Wenn das in der Parabel angesprochene Gottesbild zutrifft: welche Konsequenzen hat das für
unser Leben? Für unser Verhältnis zu Gott? Für unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen?
5) Beten:
• Stille Reflexion: Was bedeutet es für mich, wenn ich Gott im Sinne der lukanischen Parabel als
"guten Vater" sehen darf?
• Abschließendes gemeinsames Beten oder Singen: "Vater unser".
8. Weiterführende Literatur
Zur Einführung und zum allgemeinen Hintergrund:
• Bernhard Lang, Die Bibel (Fischer Kompakt), Frankfurt 2004, bes. S. 57-60 und 113-117
• Helmut Merklein, Die Jesusgeschichte – synoptisch gelesen, Stuttgart 1995, bes. S. 169-170
• Thomas Söding, Das Lukas-Evangelium (Exegese und Predigt), Würzburg 2003, S. 7-49, 5759, 83 und 97
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Zur Auslegung der Parabel:
• François Bovon, Das Evangelium nach Lukas, 3. Teilband (EKK III/3), Zürich u.a. 2001, S.
13-67
• Wilfried Eckey, Das Lukasevangelium. Unter Berücksichtigung seiner Parallelen, 2. Teilband,
Neukirchen-Vluyn 2004, S. 675-695
• Kurt Erlemann, Das Bild Gottes in den synoptischen Evangelien (BWANT 126), Stuttgart u.a.
1988, bes. S. 131-150
• Josef Ernst, Das Evangelium nach Lukas (RNT), Regensburg 1977, S. 450-462
• Jacob Kremer, Lukasevangelium (NEB.NT 3), Würzburg 1988, S. 156-160
• Petr Pokorný, Theologie der lukanischen Schriften (FRLANT 174), Göttingen 1998, S. 57-59
und 155-176
• Gerhard Schneider, Das Evangelium nach Lukas, 2. Teilband (ÖTK 3/2), 2. Aufl., Gütersloh
u.a. 1984, S. 323-330
• Eduard Schweizer, Das Evangelium nach Lukas (NTD 3), Göttingen 1982, S. 160-167
• Wolfgang Wiefel, Das Evangelium nach Lukas (ThHK 3), Berlin 1988, S. 279-290
Zur Didaktik:
• Joachim Theis, Der verlorene Sohn und sein Bruder, in: Franz W. Niehl (Hg.), Leben lernen
mit der Bibel. Der Textkommentar zu "Meine Schulbibel", München 2003, S. 198-200
• Herbert Fendrich, Der verlorene Sohn und sein Bruder, in: Reinhard Hoeps (Hg.), Sehen lernen
mit der Bibel. Der Bildkommentar zu "Meine Schulbibel", München 2003, S. 94-97
• Manfred Suermann, Das Gleichnis vom verlorenen Sohn in Kunstwerken der Vergangenheit
und Gegenwart, in: Katechetische Blätter 106 (1981), S. 322-332
Dr. theol. Alexander Weihs, Bergische Universität Wuppertal, August 2006
Katholisches Bibelwerk im Bistum Münster
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in Kooperation mit
kirchensite – online mit dem Bistum Münster
(www.kirchensite.de)
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