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24.04.2007
Badenia-Skandal
Was macht eigentlich Horst Seehofer?
© Markus Schreiber/AP
Wer sagt es ihm? Verbraucherminister Horst Seehofer
Von Hans Peter Schütz und Rainer Nübel
300.000 Menschen wurden mit Schrottimmobilien abgezockt, darunter tausende
Badenia-Kunden, einige begingen Selbstmord. Verbraucherminister Seehofer könnte
helfen, solche Skandale künftig zu verhindern. Aber er schweigt.
Gesucht wird: Horst Seehofer. Hat CSU-Parteibuch, wobei das "S" für sozial stehen soll. Ist
Bauernminister, soll aber auch für Verbraucherschutz zuständig sein. Zurzeit stark beschäftigt
mit Bewerbung um den CSU-Vorsitz und Ordnung etwas unordentlicher familiärer
Verhältnisse.
Seehofer ist abgetaucht. Dabei liegt ein brandaktuelles Thema auch auf seinem Schreibtisch,
das ihn als Verbraucherminister elektrisieren müsste: Verkauf und Finanzierung so genannter
Schrottimmobilien.
300.000 Menschen geprellt
Kenner dieses Markts gehen davon aus, dass mindestens 300.000 arglose Kleinanleger zehn
Milliarden Euro investierten in Wohnungen, die ihnen völlig überteuert von dubiosen
Verkäufern und den das Geschäft finanzierenden Banken angedreht worden sind. An den
Folgen leiden rund drei Millionen Menschen, Käufer und Angehörige, die mit dem Argument
geködert worden sind, der Immobilienkauf seine eine sichere Vorsorge gegen Alterarmut. Der
Berliner Rechtsanwalt Jochen Resch, der viele Opfer der Immobilien-Haie vertritt: "Viele der
Geprellten werden im Alter der Sozialhilfe und so der Gesellschaft zur Last fallen."
Seehofers grüne Vorgängerin Renate Künast wetterte 2004 in einem Interview mit dem stern:
"Das ist der BSE-Fall der Bankenwelt." Jetzt hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
höchstrichterlich klar gestellt, dass seiner Auffassung nach zumindest den Kunden der
Karlsruher Bausparkasse Badenia AG und des Dortmunder Vertriebs Heinen & Biege mit
"betrügerischen" Methoden völlig überteuerte Wohnungen angedreht worden sind. Allein die
Badenia AG hat seit den neunziger Jahren 7ooo Bürgern solche Schrottimmobilien finanziert;
mehrere ihrer Kunden wählten als letzten Ausweg aus ihrer Schuldenfalle den Freitod.
Seehofer schweigt
Drei Anfragen von stern.de, ob jetzt denn nicht gesetzliche Konsequenzen fällig sind, um die
paradiesischen Zustände für Geldabzocker im Immobilienbereich endlich zu beenden, lehnte
der Verbraucherschutzminister ab. In die Phalanx der "Ankündigungspolitiker will sich der
Minister nicht einreihen," teilte seine Pressestelle mit. Seehofer habe dazu nichts zu sagen.
Dabei ist es unter Experten völlig unstrittig, dass Handlungsbedarf besteht. "Wer an der
Haustüre einen Staubsauger kauft, ist besser geschützt als jemand, der sein gesamtes Kapital
in eine Immobilie zur Altersvorsorge steckt", klagt der frühere Bundesinnenminister Gerhart
Baum, dessen Kanzlei seit Jahren für die Immobilienopfer gegen die Badenia prozessiert. Der
Hammer Fachanwalt Hubert Menken fordert: "Das Schicksal tausender Betrugsopfer zeigt,
dass für den grauen Kapitalmarkt ein über das Schadensersatzrecht hinausgehender
Verbraucherschutz notwendig ist."
Floskeln von Badenia-Chef Schroeder
Im Herbst 2004 stand der Thüringer Klaus Schüller mit Demonstranten vor der BadeniaZentrale und rief: "Herr Schroeder, kommen sie heraus und schauen sie mir ins Gesicht!"
Schüllers Tochter Anja, eine 28-jährige Krankenschwester, hatte sich umgebracht, kurz nach
Erhalt eines Pfändungsbeschlusses über 70.046,99 Euro. Der Kauf einer minderwertigen
Eigentumswohnung, finanziert von der Badenia, hatte die hübsche junge Frau in den Ruin
getrieben.
Vorstandschef Dietrich Schroeder verschanzte sich damals in der gläsernen Bankzentrale.
Gegenüber dem stern erklärte er danach zwar, bei zahlungsunfähigen Kunden werde er jetzt
"eine schnelle und überzeugende Lösung des Problems" finden. Das wiederholte er nun erneut
auf stern.de-Anfrage, nachdem der BGH bei der Bausparkasse Mitwisserschaft der
betrügerischen Methoden beim Verkauf der oft schrottreifen, völlig überteuerten Wohnungen
vermutet. Dabei geht es darum, dass die Käufer gezwungen waren, einem so genannten
Mietpool beizutreten, von dem von vornherein feststand, dass die daraus versprochenen
Mieteinnahmen niemals als Rendite erzielbar waren.
Krude Deals mit Betroffenen
Doch die Bausparkasse taktiert unverdrossen weiter, wenn es um die Entschädigung geprellter
Immobilienkäufer geht. Weil die Badenia "eine ganz besondere Verantwortlichkeit" gegen
über ihren Kunden habe, bemühe sie sich in allen Fällen um einen Vergleich mit
zahlungsunfähigen Kunden," behauptet Schröder. Tatsache ist, dass er zäh prozessiert und
bisher bei 2500 Problemfällen in gerade mal 558 einen Vergleich geschlossen hat. Anwalt
Resch nennt die neue Großzügigkeit Schröders "schlicht einen Skandal."
Angeboten wird zum Beispiel: Der Kunde verzichtet auf eine vor zehn Jahren für 80.000 Euro
gekaufte Wohnung, die tatsächlich nur 40.000 wert war, denn im Preis waren bis zu 40.000
Euro Provisionen versteckt. Bis heute hat der Käufer 56 000 Euro Zinsen an die Badenia
gezahlt und 24 000 Euro in einem Bausparvertrag angespart. Jetzt soll er die Wohnung
zurückgeben, gezahlte Zinsen wie die Bausparsumme abschreiben und ist seine Schulden los.
Die Badenia hat bereits kassiert und kann die Wohnung weiterverkaufen. Anwalt Resch:
"Kein Cent für die Betroffenen - das nehmen wir doch nicht an." Fazit: Es muss weiter
prozessiert werden.
"Badenia bringt Branche in Verruf"
Vergeblich bislang der Appell des Brancheninformationsdienstes "Bank intern" an die
Badenia, ihre Opfer "endlich zu entschädigen." Die Badenia bringe die "gesamte Branche in
Verruf." Edda Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen ist empört: "Das
langjährige Katz- und Maus-Spiel ist für die Betroffenen unerträglich." Für sie existiert in der
Bundesrepublik ein "gravierendes Defizit bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten."
Frage: Wer sagt das Horst Seehofer?