(Panthera pardus saxicolor)

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(Panthera pardus saxicolor)
Factsheet
Kaukasus-Leopard
(Panthera pardus saxicolor)
Leopard im Zoo von Eriwan, Armenien (Foto: WWF Kaukasus)
Ordnung
Raubtiere
Carnivora
Familie
Echte Katzen
Felidae
Unterfamilie
Grosskatzen
Pantherinae
Unterart
Kaukasus-Leopard
Panthera pardus saxicolor
Factsheet Kaukasus-Leopard (Panthera pardus saxicolor)
Kaukasus-Leopard
gebären die Weibchen ein bis drei Junge, die 1 bis 1,5
Jahre bei der Mutter bleiben, um danach eigene
Wege zu gehen.
Systematik
Geographische Verbreitung
Der Kaukasus-Leopard, auch als Persischer Leopard
bezeichnet, gehört zur Ordnung der Carnivora
(Raubtiere), darunter zur Familie der Felidae (echte
Katzen) und der Unterfamilie Pantherinae (Grosskatzen). Der Leopard ist eine von fünf Arten der Gattung
Panthera. Insgesamt wurden 27 Unterarten beschrieben, wozu auch der Kaukasus-Leopard gehört.
Die taxonomische Einordnung des Leoparden im
Kaukasus wurde dabei im Laufe der Zeit unterschiedlich vorgenommen: Die Unterart wurde als Panthera
pardus tulliana oder als Panthera p. ciscaucasica
angesprochen. Heute geht man davon aus, dass die
Leoparden im Kaukasus, Iran, Turkmenistan und Afghanistan alle zu einer Unterart, Panthera p. saxicolor gehören.
Historisch war der Leopard im ganzen Kaukasus, sowie unter anderem im Nahen und Mittleren Osten
verbreitet. In den 1950er Jahren ist die Verbreitung
im Kaukasus auf wenige Stellen (östlicher Grosser
Kaukasus, Zangezur-Gebirge in Südarmenien und
Aserbaidschan, sowie Talysh Gebirge in Aserbaidschan) geschrumpft; man wähnte die Unterart im
Kaukasus kurz vor dem Aussterben. Nachdem bis zur
Jahrtausendwende aber immer wieder Gerüchte über
Sichtungen kursierten, begann der WWF 2001 mit
intensiven Nachforschungen: Mittlerweile wissen
wir, dass es den Kaukasus-Leoparden noch im Talysh-Gebirge (Hirkan Nationalpark/Aserbaidschan
und Iran), im Zangezur-Schutzgebiet (Nachitschewan/aserbaidschanische Exklave) und im Arevic National Park (Südarmenien), imMeghri-Gebirge (Aserbaidschan), im Iori-Mingechaur Gebiet (Georgien Aserbaidschan), im Nordwesten des Iran sowie an
verschiedenen Stellen im Großen Kaukasus (in den
Russischen Republiken Dagestan, Inguschetien,
Nordossetien und wahrscheinlich Tschetschenien)
gibt. Die Bestandssituation in der östlichen Türkei ist
unklar. Da zumindest der nördliche Teil des Grossen
Kaukasus geographisch zu Europa gehört, sind die
dortigen Leoparden die letzten ihrer Art in Europa!
Im Iran lebt die grösste Population. Der Bestand im
Westen Afghanistans ist nicht untersucht.
Merkmale
Der Kaukasus-Leopard ist die grösste aller Leoparden-Unterarten. Er hat eine Kopf-Rumpflänge von
90 - 190 Zentimetern und eine Gesamtlänge von 165
– 290 Zentimetern. Die Männchen sind meist etwas
grösser als die Weibchen und können bis 90 Kilogramm schwer werden.
Die Hintergrundfarbe des Kaukasus-Leoparden ist
meist etwas heller und blasser als die seiner afrikanischen Verwandten. Sein Fell zieren schwarzbraune
Flecken, von denen drei bis fünf auf dem Körper die
typischen Rosetten bilden.
Sozialverhalten und Fortpflanzung
Leoparden sind Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit zusammenfinden. Männchen und Weibchen leben dabei in Revieren, deren Grenzen sie mit Scharren am Boden markieren. Das Revier eines
Männchens umfasst in der Regel die Reviere von 2
bis 3 Weibchen. Über die Reviergrösse ist im Kaukasus so gut wie nichts bekannt. Sie hängt massgeblich
vom Lebensraum und der Anzahl der Beutetiere im
Gebiet ab. In trockenen Gebieten sind die Reviere
meist grösser als in dichteren Wäldern. Leopardenreviere in anderen Gegenden können zwischen 10 und
500 Quadratkilometer gross sein.
Auch über die Paarungszeit der Kaukasus-Leoparden
ist nicht viel bekannt. Aufgrund von Beobachtungen
lässt sich vermuten, dass besonders im schneereichen Grossen Kaukasus Paarungen vermehrt zwischen Januar und Mai stattfinden, damit die Jungen
bis zum kommenden Winter kräftig genug sind. Im
wärmeren Süden sind auch schon zu späteren Zeiten
Paare beobachtet worden. Nach 3 bis 3,5 Monaten
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Kaukasus-Leoparden (Panthera p. saxicolor) sind ausgesprochene Einzelgänger und treffen nur zur Paarungszeit
aufeinander. Dieses Foto war ein ausserordentlicher
Glücksfall, Leoparden sind, wenn überhaupt, sehr selten zu
zweit anzutreffen. Nachitschewan / Camera trap WWF
Lebensraum
Der Kaukasus-Leopard lebt in einer ganz anderen
Umgebung als seine afrikanischen und asiatischen
Artgenossen. Leoparden sind sehr anpassungsfähig
und besiedeln die unterschiedlichsten Lebensräume:
Factsheet Kaukasus-Leopard (Panthera pardus saxicolor)
von subalpinen Wiesen, Laub- und Laubmischwäldern bis hin zu subtropischen und ariden Gebieten
mit spärlichem Wacholderbewuchs. Wichtigste Voraussetzung für die Jäger sind eine ausreichende Anzahl von Beutetieren, das Vorhandensein von Felsen
und Höhlen als Rückzugsräume und für die Jungenaufzucht sowie ausreichende Gebiete mit wenig
Schnee im Winter. Gebiete mit regelmässig hoher
Schneebedeckung behindern die Leoparden bei der
Jagd und können deshalb nicht dauerhaft besiedelt
werden.
Nahrung
Im Kaukasus zählen vor allem Bezoarziegen (Capra
aegagrus), Tur (Capra caucasica, eine Art Steinbock), Gmelin’s Mufflon (Ovis ammon gmelini), Rotwild (Cervus elaphus), Rehwild (Capreolus capreolus) und Wildschweine (Sus scrofa) zur bevorzugten
Beute der Leoparden. Insgesamt wurden bisher 25
Tierarten als Beutetiere nachgewiesen, darunter auch
Hase, Fasan, und Birkhuhn. Solange es ausreichend
wilde Beutetiere gibt, reissen Leoparden so gut wie
nie Nutztiere. Leoparden können sehr schnell rennen. Sie schleichen sich aber an ihre Beute heran und
greifen sie dann mit einem bis zu sechs Meter weiten
Sprung an.
Bestandsgrösse und Gefährdungsstatus
Der Kaukasus-Leopard ist in allen Ländern, in denen
er lebt, geschützt. Der Gesamtbestand des Persischen
Leoparden wird auf 800 – 1’000 Individuen geschätzt (IUCN 2008). Davon leben die meisten Tiere
im Iran, in Afghanistan und in Turkmenistan. Auch
in der nördlichen Türkei vermutet man noch einzelne
Individuen (max. zehn). Schätzungen zur Bestandsgrösse des Kaukasus-Leoparden in der Kaukasusregion stützen sich auf Feldforschungen, die der
WWF seit 2001 durchführt. 2007 ist man dort von
insgesamt 40 bis 65 Leoparden ausgegangen, die in
verschiedenen Subpopulationen leben: Zangezurund Meghri Berge in Armenien und Aserbaidschan:
7-15 Leoparden; Talysh Gebirge in Aserbaidschan: 35 Leoparden; Iori-Mingechaur Gebiet in Aserbaidschan und Georgien: 3-4 Leoparden; Nordwest-Iran:
ca. 25 Leoparden; Russischer Kaukasus (in den Republiken Inguschetien, Dagestan, Nordossetien und
wahrscheinlich Tschetschenien): 10-15 Leoparden.
Inzwischen werden vermehrt Kamerafallen zur Zählung eingesetzt. In der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN ist der Kaukasus-Leopard (Panthera pardus saxicolor) als „stark gefährdet“
aufgeführt. Er ist seit 1975 im Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) in Anhang I gelistet.
Somit ist kein internationaler kommerzieller Handel
erlaubt. In der europäischen Artenschutzverordnung
(EG-Verordnung 338/97) wird der Leopard in Anhang A aufgelistet und besitzt in der Europäischen
Union somit ebenfalls den höchsten Schutzstatus.
Bedrohung
Eine Vielzahl von Faktoren bedroht den KaukasusLeoparden in unterschiedlicher Weise. Gerade das
Zusammenwirken dieser Faktoren ist oft kritisch.
Lebensraumzerstörung
Die Vernichtung seines Lebensraumes ist eine wichtige Ursache für den Rückgang der Unterart im Kaukasus und war entscheidend für die Aufsplittung in
verschiedene Kleinstpopulationen, die teilweise nicht
mehr oder nur noch sehr sporadisch miteinander in
Kontakt stehen. Die Populationen im Kaukasus sind
nur lebensfähig dank der Zuwanderung aus dem
Iran. Die Entwaldung und intensive Nutzung durch
den Menschen schränkt die Verbreitung und Wanderung des Kaukasus-Leoparden genauso ein wie Bauprojekte (Öl- und Gaspipelines, Strassen, Staudämme) und Bergbau. Vielerorts können sich die
Tiere nur noch in Schutzgebieten behaupten oder in
für den Menschen unzugänglichen Gebieten. Eine genetische Durchmischung ist so schwierig geworden.
Beutetiermangel
Der Mangel an natürlichen Beutetieren ist ein grosses Problem für den Kaukasus-Leoparden. Vielerorts
werden die vom Leoparden bevorzugten Paarhufer zu
intensiv bejagt. Teilweise muss sich die verarmte
Landbevölkerung durch Jagd selbst ernähren, teilweise ist es aber auch die Jagd nach Trophäen, die
die Bestände reduziert. Durch die starke Bejagung
schrumpften viele Wildtierbestände oder liess sie
aussterben. Die Bezoarziege wurde so in Georgien
bereits ausgerottet.
Jagd und Handel
Besonders ländliche Gebiete sind von Armut und
wirtschaftlichen Problemen gekennzeichnet, so dass
die Aussicht, durch den Verkauf eines gewilderten
Leoparden viel Geld zu verdienen, sehr verlockend
ist. Oft bleiben solche Felle im eigenen Land, so dass
internationale Handelskontrollen wie beispielsweise
CITES nicht greifen. Auch ist ein Leopardenfell noch
immer ein geheimes Statussymbol für so manchen
(oft lokalen) Jäger. In Gebieten, in denen es zu wenige wilde Beutetiere für den Leoparden gibt, kommen immer wieder Übergriffe auf Nutztiere vor, vor
allem auf Schafe. Die Schäfer tun natürlich alles, um
ihre Lebensgrundlage zu beschützen, so dass sie versuchen, die Leoparden zu vertreiben oder zu töten.
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Factsheet Kaukasus-Leopard (Panthera pardus saxicolor)
Kaukaksus-Leopard (Panthera p. saxicolor), Nachitschewan / Camera trap WWF
WWF-Engagement
Seit 2001 bemüht sich der WWF intensiv um den
Schutz der letzten Leoparden im Kaukasus. Nach einer ersten Bestandsaufnahme hat der WWF sofort
Notmassnahmen zur Stabilisierung der Bestände ergriffen. In Armenien und Aserbaidschan startete der
WWF mit Hilfe von Regierungsvertretern, Naturschutzorganisationen und Naturwissenschaftlern ein
Schutzprogramm für den Kaukasus-Leoparden. Es
folgten umfangreiche Untersuchungen (Monitoring)
zum Status des Kaukasus-Leoparden in der gesamten
Kaukasusregion. Mit Unterstützung des WWF und
seinen Partnern wurde im Jahr 2007 eine regionale
Schutzstrategie für den Kaukasus-Leoparden entwickelt, welche von den Regierungen Armeniens, Aserbaidschans und Georgiens übernommen wurde. Ziel
dieser Strategie ist es, den Bestand in den nächsten
zehn Jahren zu festigen und um einen Drittel zu erhöhen. Seitdem wurden neue Schutzgebiete eingerichtet ( Arevik-Nationalpark, Zangezur- und
Khustup Sanctuaries und Gnishik Protected Landscape in Südarmenien) und bestehende unterstützt
und teils vergrössert sowie grenzüberschreitend vernetzt. Auch Georgien und die Türkei haben schon
grenzüberschreitende Schutzmassnahmen ergriffen.
Die türkische Regierung hat zum Beispiel neue
Schutzgebiete nahe der georgischen Grenze geschaffen. 2013 standen bereits 1,3-mal die Fläche der
Schweiz unter Schutz im Kaukasus.
Der WWF hilft auch bei der Erstellung von so genannten grünen Korridoren, um die Schutzgebiete zu
vernetzen, so dass sich die Wildtiere zwischen den
Schutzgebieten bewegen können. Ausserdem unterstützt er die Verbesserung des Managements in den
Schutzgebieten sowie Infrastrukturmassnahmen wie
z.B. den Bau von Schutzhütten als Stützpunkt für
Wildhüter.
Um die natürliche Nahrungsgrundlage für den Kaukasus-Leoparden zu verbessern werden verschiedene
Massnahmen durchgeführt: Im Grenzgebiet zwischen Georgien und Aserbaidschan hat der WWF zusammen mit Partnern die stark bejagten und dort
seit den 1990er Jahren nicht mehr vorkommenden
Kropfgazellen wiederangesiedelt. Bisher wurden 60
Kropfgazellen ausgewildert, welche bereits 8 Junge
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bekommen haben (2014). Es sollen bald auch Maralhirsche ausgewildert werden.
Die Bezoarziege, welche in Georgien ausgerottet
wurde, soll im Bordschomi-Nationalpark wieder angesiedelt werden. Dazu werden Tiere in Armenien gefangen und deren Nachkommen nach einer Anpassungszeit im Nationalpark freigelassen
In Armenien und Aserbaidschan wurden und werden
Massnahmen zur Eindämmung der Wilderei getroffen (Aufbau, Ausrüstung und Unterstützung von
Anti-Wilderer-Einheiten, Erhöhung der Strafen für
Wilderei) sowie ein Umweltbildungsprogramm vor
allem für die lokale Bevölkerung durchgeführt. Darüber hinaus wurde in den wichtigsten Gebieten ein
Monitoring-System zur Überwachung der Leoparden-Population als auch der Beutetier-Bestände aufgebaut. Um die Wirksamkeit der Massnahmen für
den Schutz des Leoparden zu überprüfen, werden im
gesamten Kaukasus regelmässig Erhebungen zur Populationsgrösse anhand von Spuren, Exkrementen
und mit Hilfe von Foto-Fallen durchgeführt. Der
WWF entwickelt Monitoring-Programme, schult
Parkangestellte und erstellt Monitoring-Einrichtungen in Armenien und Aserbaidschan. In Aserbaidschan und Armenien gibt es bereits wieder Anzeichen
dafür, dass die Zahl der Beutetiere des Kaukasus-Leoparden zugenommen haben. Seit 2009 (als der nationale Aktionsplan für den Schutz des Kaukasus-Leoparden bewilligt wurde) hat sich die Schutzgebietsfläche in Aserbaidschan mehr als vervierfacht.
In Südarmenien, wo sich der WWF schon seit 2002
für den Kaukasus-Leoparden engagiert und sich für
die Erhaltung resp. Erweiterung von Schutzgebieten
sowie der Einrichtung neuer Schutzgebiete und ökologischer Korridore einsetzt, wurden seither vier
neue Schutzgebiete errichtet, in denen der KaukasusLeopard lebt. Zwischen September 2013 und April
2014 wurden in Südarmenien mindestens drei verschiedene Kaukasus-Leoparden anhand von Kamerafallen identifiziert. Daneben hat auch die Anzahl
Beutetiere (Bezoarziege und Mufflon) wieder zugenommen. In einer weiteren Massnahme werden den
Menschen, die am Rand der Schutzgebiete in den so
genannten Puffer-Zonen wohnen, neue Einkommensquellen aufgezeigt, wie etwa durch sanften Tourismus, Bienenzuchten, Obst- und Walnussplantagen
und Weinanbau. 2014 führte der WWF internationale Workshops zur Überarbeitung der Schutzstrategie für den Kaukasus-Leoparden und für die nationalen Aktionspläne durch.
Da im Nordkaukasus die Population der KaukasusLeoparden zu klein war, um sich selbst zu erhalten,
wurde auf Initiative des WWF Russland 2005 ein
Wiedereinführungs-Projekt gestartet. Im Sotschi Nationalpark wurden 2009 dazu spezielle offene Gehege
zur Leopardenaufzucht errichtet. Zuerst wurden zwei
Männchen aus Turkmenistan und zwei Weibchen aus
dem Iran in diese Aufzuchtstätte übersiedelt. Dazu
Factsheet Kaukasus-Leopard (Panthera pardus saxicolor)
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kam ein Kaukasus-Leopardenpaar aus dem Lissaboner Zoo. Seit dem Jahr 2013 gab es bereits mehrere
Male Nachwuchs. Bisher (2016) wurden bereits 14
Junge geboren. Im Juli 2016 wurden drei Jungtiere
im Kavkazsky State Biosphere Reserve (UNESCO
Weltnaturerbe) im russischen Nordwestkaukasus
ausgewildert. Die jungen Leoparden wurden mit Satelliten-Halsbändern ausgestattet. Ausserdem wurden im Reservat 24 Kamerafallen installiert. Die lokale Bevölkerung wurde mit Handbüchern zum
Verhalten im Leopardenlebensraum ausgestattet. Es
wurden ebenfalls Massnahmen ergriffen, um die Anzahl der Beutetiere des Kaukasus-Leoparden zu erhöhen. Der WWF erwartet so langfristig ein Anwachsen
der Kaukasus-Leoparden-Population im Nordkaukasus auf 40 bis 50 Tiere.
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