Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
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Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
BUTTERWORTH STEPHAN GÓRECKI 4. SONDERKONZERT 13/14 Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und / oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind. BACH / WEBERN BUTTERWORTH STEPHAN GÓRECKI 4. SONDERKONZERT Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) / Anton Webern (1883 – 1945) Ricercata zu sechs Stimmen aus dem Musikalischen Opfer BWV 1079 George Butterworth (1885 – 1916) A Shropshire Lad Rhapsodie für großes Orchester 10’ Liebeszauber für Bariton und Orchester 11’ Henryk Mikołai Górecki (1933 – 2010) Sinfonie Nr. 3 op. 36 Sinfonie der Klagelieder 53’ I. Lento – Sostenuto tranquillo ma cantabile II. Lento e largo – tranquillissimo III. Lento – cantabile sempre Rudi Stephan (1887 – 1915 ) 8’ – Pause – Ks. Barbara Dobrzanska Sopran Armin Kolarczyk Bariton Axel Schlicksupp Moderation Justin Brown Dirigent BADISCHE STAATSKAPELLE 23.5.14 19.00 GROSSES HAUS Dauer ca. 2 ¼ Stunden HOFFNUNGEN Vor einhundert Jahren stolperte Europa in den Ersten Weltkrieg, und aus einem forschen Machtspiel wurde millionenfaches Morden. Die EUROPÄISCHEN KULTURTAGE 2014 wollen in Karlsruhe an diesen folgenschweren Sündenfall des 20. Jahrhunderts erinnern, und diese Konzerte sind ein Teil davon. Sie erinnern einerseits daran, wie rasch aus einer Kulturnation, die für Bach und Beethoven bewundert wird, eine barbarische Mördernation werden kann, aber sie erinnern auch an Komponisten, die zu Kriegsopfern geworden sind. Es erklingen Werke der jungen Komponisten George Butterworth aus England und Rudi Stephan aus Deutschland, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind, deren Musik aber viel zu interessant ist, als dass wir sie vergessen dürften. Und im Süden Polens wuchs Henryk Górecki in der Nähe von Auschwitz auf. Seine Sinfonie der Klagelieder zeigt, wie die Musik aus der Klage 2 Hoffnung zu schöpfen vermag – sie sprach so unmittelbar zu den Herzen der Menschen, dass das Werk sich 1992 wochenlang in den Pop-Charts halten konnte. Johann Sebastian Bach Ricercar zu sechs Stimmen Orchestersatz von Anton Webern (1934) Berühmt ist die Episode aus dem Leben von Johann Sebastian Bach, als er 1747 seinen Sohn Carl Philipp Emmanuel in Berlin besuchte, der bei Friedrich dem Großen angestellt war. Friedrich war gespannt darauf, den alten Bach kennenzulernen und gab ihm ein Thema auf, das er in einer dreistimmigen Fuge auf dem Cembalo improvisieren sollte. Als der König es dann auch noch sechsstimmig hören wollte, musste Bach kapitulieren, denn das Thema war wegen seiner Chromatik dafür ungeeignet. Doch zuhause schrieb Bach dann nicht nur die dreistimmige Fuge aus dem Gedächtnis nieder, sondern komponierte auch noch die sechsstimmige und erweiterte den Zyklus über das königliche Thema zum Musikalischen Opfer BWV 1079. Die beiden Fugen überschrieb er mit der altertümlichen Bezeichnung Ricercar, die sich sonst nicht in seinem Werk findet. Eine Begründung dafür lieferte Bach selbst mit seiner Zwischenüberschrift, die ein Buchstabenspiel mit dem Wort „Ricercar“ darstellt: „Regis Iussu Cantio Et Reliqua Canonica Arte Resoluta“ („Auf Geheiß des Königs die Melodie und der Rest durch kanonische Kunst erfüllt“). Das sechsstimmige Ricercar entgeht den Schwierigkeiten der Chromatik dadurch, dass es zwar zunächst das Thema durch alle sechs Stimmen führt, sich dann aber allmählich von ihm entfernt und neues Material einführt; das Thema bleibt gewissermaßen als Cantus firmus im Hintergrund. Auch dieses sechsstimmige Ricercar ist zweihändig auf dem Cembalo spielbar, wegen seiner Komplexität kann es jedoch auch einen größeren Rahmen füllen, und das hat Anton Webern 1934 dazu verlockt, es für Streichorchester zu setzen. Er verfolgt aber nicht die einzelnen Stimmen, sondern entfaltet das kompositorische Geflecht im durchbrochenen Satz, so dass die Musik in ihren kleinsten Einheiten hörbar wird: ein geheimnisvolles Blühen und Wachsen erweckt den musikalischen Organismus zu einem neuen Leben. Schon in seinem ersten Orchesterwerk, der Passacaglia op. 1, hatte Anton Webern auf eine barocke Form zurückgegriffen. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich die Sonatenform verbraucht. Über Mahlers Sinfonien konnte man nicht hinaus, und das Selbstverständnis des Bürgertums, das in der Sinfonik seinen Ausdruck gefunden hatte, begann sich aufzulösen. Bereits Brahms hatte für das Finale seiner Vierten Sinfonie die barocke Form der Passacaglia gewählt, einer statischen Form, die ein halbes Jahrhundert später bei Schostakowitsch zu neuen Ehren kommen sollte – im Stalinismus war die selbstbewusste Dynamik des Bürgertums nicht sehr angesagt. Neoklassizismus und Neobarock kennzeichnen die neuen, alten Formen des beginnenden 20. Jahrhunderts. Bei Webern war das nicht Regression auf die guten alten Zeiten, sondern Rückbesinnung auf das Höchste und Beste der deutschen Musikkultur, das von den politischen Machthabern gerade mit Füßen getreten wurde: Nicht die Bestätigung des Altbekannten, sondern das Aufschließen eines Meisterwerkes einer anderen Epoche mit den neuen Mitteln, die die Schönberg-Schule erschlossen hatte. George Butterworth A Shropshire Lad (1912) George Butterworth wurde am 5. August 1916 während der Schlacht an der Somme in Frankreich tödlich getroffen. Damit ging eines der verheißungsvollsten englischen Talente zugrunde – eine Karriere wie die seines Freundes Ralph Vaughan Williams blieb ihm verschlossen. Wer aber jemals Musik von Butterworth gehört hat, wird sofort fragen: „Von wem ist denn das?!“ Denn sein Sinn für Klangfarben und Form war gleichermaßen erstaunlich. Zunächst komponierte er sechs Lieder aus Alfred Edward Housmans ländlich-realistischem Gedichtzyklus A Shropshire Lad (1896), die trotz oder gerade wegen ihrer düsteren Todesbesessenheit und Trostlo3 sigkeit ein Bestseller wurden. Dann arbeitete Butterworth 1912 Themen daraus in einer Orchesterrhapsodie aus, die den gleichen Titel erhielt. Kein Geringerer als Arthur Nikisch dirigierte 1913 beim Leeds Festival die Uraufführung. Shropshire ist die hügelige Landschaft westlich von Birmingham, und sie mag dem Komponisten als verwandt mit Yorkshire vorgekommen sein, wo er aufgewachsen war. Schon am Eton College zeigte sich seine außerordentliche Musikalität, und als Student wurde er am Trinity College von Oxford Präsident der Musikalischen Gesellschaft. Früh interessierte er sich für englische Volkslieder, und während Bartók und Kodaly in Ungarn auf die Jagd nach Volksgut gingen, waren Butterworth und Vaughan Williams in England unterwegs. Butterworth sammelte alleine über 450 Volkslieder. Er wurde auch Spezialist für den Volkstanz und war eine Zeitlang in der English Folk Dance and Song Society aktiv, die er 1906 mitbegründet hatte. Bei Kriegsausbruch trat Butterworth zusammen mit mehreren Freunden der Leichten Infanterie bei und wurde bald Leutnant. Er wurde leicht verwundet, als er im Juli 1916 mit seinen Männern mehrere Schützengräben eroberte, doch während der Schlacht an der Somme wurde er von einem Heckenschützen in den Kopf getroffen. Erst danach erfuhren seine Kameraden, dass er einer der vielversprechendsten englischen Komponisten gewesen war. Er ist nur 31 Jahre alt geworden. Rudi Stephan Liebeszauber (1907/11) „Schwül“ ist das erste Wort, und dann entlädt sich das Gewitter mit Blitz, Donner und Regenschwall – doch am Ende wird 4 „kinderfromm“ Händchen gehalten. Es ist offenkundig, wofür diese erregte Symbolik steht, die elektrische Entladung, der wilde Guss. Ein junger Mann beobachtet heimlich das begehrte Mädchen und weiß nicht, wie er sich ihr nähern soll – und steht dabei buchstäblich im Regen. Doch er sieht auch, wie das Mädchen einer zauberkundigen Frau eine Art Voodoo-Zauber entlockt, mit der es den Geliebten anziehen kann, und es bleibt ihm fast das Herz stehen, als er hört, dass es sein Name ist, der gebannt werden soll: „Schon berauscht, bevor wir noch getrunken.“ Nun entlassen die zu Beginn noch duftlosen Blumen „glühend heiß“ ihre Düfte. In Friedrich Hebbels symbolistischer Ballade fand der Wormser Alt-Katholik einen Text, der seiner eigenen Auffassung von Begehren und Sünde entsprach – die Mitte des 19. Jahrhunderts markierte den Höhepunkt der Lustfeindlichkeit in Europa und trieb gerade deshalb Blüten hervor wie Richard Wagners Tristan, der seine Wirkung auf den jungen Stephan nicht verfehlte. Bei seinen Frankfurter Studien bei Bernhard Sekles – Kompositionslehrer auch von Hindemith und Adorno – hatte er die impressionistische Musik von Claude Debussy kennengelernt, in München wurde er dann mit der Musik von Max Reger (Die Toteninsel nach Böcklin) und Arnold Schönberg bekannt, die ohne Wagners Auflösung der Tonalität kaum denkbar gewesen wäre. Auch in seinem ersten Opernentwurf, dem „erotischen Mysterium“ Die ersten Menschen nach Otto Borngräber geht es um den Widerspruch zwischen leiblicher Hingabe und geistigem Ideal, der dem Werk die expressionistische Spannung verschafft. Stephans Religiosität stand im Anton Webern und Arnold Schönberg 5 Hintergrund auch seiner unvollendeten Werke: ein Oratorium Neuer Glaube und ein Musikdrama Der Märtyrer – die Zeit der ersten Christen. Gibt es bei Rudi Stephan eine durchaus eigenständige Musiksprache zu entdecken, so fiel auch dieser Komponist nicht vom Himmel, sondern entwickelte sich in einem Umfeld, das durch die Wagner-Nachfolge geprägt war. Nicht unbekannt waren ihm offensichtlich die Lieder von Hugo Wolf und Gustav Mahler – die Uraufführung von dessen Achter Sinfonie kann er 1910 in München nicht übersehen haben. Und die schwüle Stimmungsmalerei wäre ohne Debussy nicht denkbar. Schönbergs Streichsextett Verklärte Nacht von 1899, Max von Schillings’ Melodram Das Hexenlied von 1903 (drei Jahre danach führte die Semperoper seine Hebbel-Oper Der Moloch auf), aber auch Skrjabins Poème de l’extase von 1908 sind ebenso Verwandte von Stephans Liebeszauber wie manches Lied von Richard Strauss. Der Krieg tötete nicht nur Rudi Stephan, sondern verhinderte auch viele musikalische Werke. Erst nach dem Krieg wurde 1918 Franz Schrekers Oper Die Gezeichneten fertig, deren Thema ebenfalls Sinnlichkeit und Schönheit sind. Alexander von Zemlinsky hatte gleichzeitig an seiner Florentinischen Tragödie gearbeitet (uraufgeführt 1917 in Stuttgart durch Max von Schillings) und verzweifelte vor seinem Tod im amerikanischen Exil an der HebbelOper Der König Kandaules. Paul Hindemiths Einakter Sancta Susanna von 1921 war dann schon beinahe eine Persiflage des expressionistischen Liebesdrangs, indem er eine Nonne ihr Dasein als Braut Christi in einer schwülen Nacht etwas zu wörtlich nehmen lässt. 6 Meisterhaft ist der Umgang Rudi Stephans mit der Instrumentierung – hörbar schon am Beginn des Liebeszaubers in den Bläsern, der unvermutet umschlägt in Streicherklang, bevor die Baritonstimme einsetzt. Ein blitzendes Geigenmotiv kehrt immer wieder und symbolisiert das Gewitter; das ist durchaus vergleichbar mit der Eleganz des Sturms in Mahlers Kindertotenliedern. Die meisten Motive sind aufwärts gerichtet wie der Ansprung eines Raubtiers. Chromatik steigert die Sinnlichkeit von Takt zu Takt. Höhepunkt ist der Moment, wo das Mädchen den Liebeszauber ausübt und der junge Mann erfährt, dass seine Liebe erwidert wird. Doch nicht Erfüllung folgt, sondern Seligkeit „in der Ahnung dämmernder Genüsse“ – eine zunehmende Befriedung. Danach kehrt wohl die bürgerliche Realität wieder ein, vor der Hochzeit ist auf keine Erfüllung zu hoffen. Das machte den Augenblick der Hoffnung umso kostbarer. Stephan hat Hebbels Ballade um etwa die Hälfte gestrafft, um seine musikalische Form aufbauen zu können. Indem er diese Form erfüllt, gelingt ihm sein musikalisches Meisterwerk. Henryk Górecki Sinfonie der Klagelieder (1976) Mitte der 1960er Jahre erschien ein neues Phänomen in der Musikwelt, der Minimalismus. In Amerika verblüffte die Musik von Terry Riley, Philip Glas, Steve Reich die Musikfreunde und fand Zuspruch auch unter Menschen, die sonst nichts mit klassischer Musik zu tun hatten. Gleichzeitig tauchten in den New Yorker Galerien minimalistische Malereien und skulpturale Werke auf, die sich radikal von der vorherrschenden Ausdruckskunst abwandten. Es kam hier nur noch auf Strukturen und George Butterworth 7 Farben an, auf einen neuen Blick auf den einen Farbton, auf sein Wesen. Neu sehen lernen, neu hören lernen, das war die Devise. Und Morton Feldman brachte es noch auf einen anderen Begriff: Das Ende der Problemlöse-Musik. Das Unglaubliche ist, dass es im Osten Europas eine parallele Entwicklung gab – als sei es ein Beweis für die Richtigkeit der Lehre von den morphogenetischen Feldern. Zuerst befreiten sich die Komponisten aus den Fesseln des Sozialistischen Realismus und gingen bei der westlichen Avantgarde in die Schule. Die polnische Avantgarde präsentierte auf dem Festival Warschauer Herbst der erstaunten Welt mit Witold Lutosławski, Kazimierz Serocki, Krzysztof Penderecki, Tadeusz Baird eine ganz eigenständige neue Komponistengeneration. Auch Henryk Górecki hatte als Neutöner begonnen: Sein Frühwerk Scontri, 1960 auf dem Warschauer Herbstfestival uraufgeführt, wurde zum Symbol der polnischen musikalischen Avantgarde. Doch dann wandte er sich ebenso wie der Este Arvo Pärt wieder von der Avantgarde ab und entwickelte einen eigenen Minimalismus. Später verband sich dieser mit dem katholischen Widerstand und einer neuen Religiosität. Górecki würdigte Papst Johannes Paul II. im Jahr 1979 mit dem monumentalen Opus Beatus Vir und 1987 anlässlich von dessen Polen-Besuch mit dem Werk Totus Tuus. Seine Dritte Sinfonie komponierte Górecki 1976 als Auftragskomposition für den Südwestfunk Baden-Baden. Sie wurde am 4. April 1977 beim Festival von Royan in Frankreich vom Sinfonieorchester des Südwestfunks Baden-Baden unter der Leitung von Ernest Bour uraufgeführt; das Sopran-Solo sang Stefania Woytowicz. 8 Damals wurde das Werk nicht verstanden – und Górecki von der Kritik als Reaktionär gebrandmarkt: Dietmar Polaczek nannte das Werk in der Österreichischen Musikzeitschrift „dekadenten Müll“ und Heinz W. Koch war in Musica nicht freundlicher. Erst 1992 kam der Überraschungserfolg der Sinfonie der Klagelieder, nun in der Interpretation von Dawn Upshaw, begleitet von der London Sinfonietta unter David Zinman. Die Aufnahme wurde über eine Million Mal verkauft. Die auf den ersten Blick recht starke Orchesterbesetzung täuscht, denn den Großteil des musikalischen Geschehens bestimmen die Streicher. Harfe und Klavier setzen vor allem Akzente, und die Bläser treten fast ausschließlich in Form von Liegetönen in Erscheinung, um die Klangwirkung des überaus dicht gearbeiteten Werks noch weiter zu intensivieren. Die Partitur ist ohne Vorzeichen notiert, dennoch lässt jeder Satz eine Grundtonart erkennen. Im ersten Satz ist es e-Moll (genauer: Äolischer Modus auf E), im zweiten b-Moll und im dritten a-Moll/A-Dur. Alle drei Sätze der Sinfonie sind langsam gehalten. Sie steigern sich langsam zum jeweiligen Höhepunkt bis zum Einsatz der Stimme in einem stetigen Fluss. Den drei Sätzen liegen drei polnische Texte zugrunde, in denen sich die tiefe Katholizität Góreckis zeigt: Beim ersten Satz handelt es sich um ein Klagelied Marias, die um ihren gekreuzigten Sohn trauert; ein Text aus dem Kloster Heiligkreuz auf dem Berg Łysa Góra aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Text des zweiten Satzes ist ein Gebet, das an der Wand einer Zelle im Keller des Gestapo-Hauptquartiers in Zakopane gefunden wurde. Der Text des dritten Satzes ist ein oberschlesisches Volkslied Rudi Stephan 9 aus der Zeit der polnischen Aufstände, in dem eine Mutter um ihren toten Sohn klagt. Der erste Satz ist so umfangreich wie die beiden folgenden zusammen. Und seine erste Hälfte wiederum ist ein rein instrumentales Vorspiel, eine ruhige Meditation über ein dreitöniges Motiv, bevor die Singstimme zum ersten Mal einsetzt. Marias Klage ist tief empfunden, aber würdevoll. Nach dem Ende des Sopransolos fällt die Musik zurück in die meditative Litanei ihres Beginns, um dann ruhig zu verstummen – er hat sich ausgesungen, seine Energie ist ausgeschöpft, nicht erschöpft. Entgegen allem Anschein ist der erste Teil des Satzes ein präzise ausgearbeiteter Kanon, der durch verschiedene Modi und Instrumente geführt wird. Nach dem Ende des Vokalparts beginnt ein neuer Kanon über das gleiche Thema. Es ist der zweite Satz, der später so berühmt werden sollte. Das Gebet aus dem Gestapo-Gefängnis ist eine ekstatische Anrufung in der Not und wird vom Sopran in überirdisch schönen Melodiebögen hinausgerufen: „De profundis exclamavi“ – „Aus tiefster Not schreie ich zu dir“. Dar- 10 unter liegen Klänge der Streicher, wie ein sanfter Teppich, auf dem sich der Rufende geborgen fühlt – seine einzige Rettung in der Todesangst. Die Musik besteht aus einer Volksmelodie und einem Melodiefragment. Am Ende singt der Sopran zweimal die ersten beiden Verse des polnischen Ave Maria. Der dritte Satz ist etwas differenzierter gebaut. Er erwächst aus Variationen über ein einfaches Motiv. Die Klage der Mutter um ihren beim Aufstand gefallenen Sohn mündet in eine Coda, die dem Atmen nachgebildet ist und dann in tröstenden Akkorden ausläuft – die Musik schlägt um von modalen Tonarten in reines A-Dur. Diese Musik zu interpretieren verlangt weder besondere Virtuosität noch außergewöhnliche Spieltechniken, aber eine spirituelle Energie und die Fähigkeit, über lange Zeiträume einen Bogen zu spannen. Vom Zuhörer verlangt sie Hingabe und Offenheit, dann beginnt sie, die Seele zu reinigen, bis alle Last des menschlichen Daseins von ihr abfällt. Die Last ist damit nicht aus der Welt, aber der Mensch schöpft neue Kraft, um ihr am nächsten Tag wieder zu begegnen. Henryk Górecki 11 WENN NUR KOPF NICHTS PASSIERT MEINEM „Wenn nur meinem Kopf nichts passiert, es sind noch so viele schöne Sachen drin“ – das waren zum Abschied von der Mutter 1915 die letzten Worte eines jungen hoffnungsfrohen Komponisten, der wie so viele seiner Generation voller Begeisterung in den Kampf zog, um nicht mehr wiederzukehren. Mit Kriegsbeginn 1914 hatte er sich freiwillig gemeldet, war aber zunächst nicht eingezogen worden. Die anfängliche Begeisterung war der Ernüchterung gewichen, und gleich der erste Einsatz nach kurzer Ausbildung führte ihn in den Tod an der Ostfront. Was genau in diesem Kopf noch an schönen Sachen drin gewesen wäre, darüber lässt sich heute nur spekulieren; dass mit dem Tod Stephans im galizischen Schützengraben eines der größten Talente einer Komponistengeneration an der Umbruchsphase ins 20. Jahrhundert für immer verstummen musste, steht außer Frage. Rudi Stephan wird 1887 in Worms in ein behütetes, wohlhabendes Elternhaus geboren und genießt vom Kindesalter an eine gute musika12 lische Ausbildung. Sein Talent für die Musik war wohl weit ausgeprägter als das für die übrigen Fächer, sodass er nach einigen „Ehrenrunden“ mit dem Einverständnis der Eltern noch vor dem Abitur das Gymnasium verlassen darf – dasselbe Wormser altsprachliche Gymnasium, das heute seinen Namen trägt. Von Rheinhessen ist es nicht weit nach Frankfurt, hier begibt er sich ab 1905 in die Obhut des Dr. Hoch’schen Konservatoriums, wo mit Bernhard Sekles ein Kompositionslehrer wirkt, der in dem jungen Mann die Lust weckt nach neuen Klängen und Formen, indem er den aus der deutschen Tradition Kommenden mit der neuen Klangwelt eines Debussy vertraut macht. Ein Jahr später wechselt Stephan nach München, das zu seiner neuen Heimat wird. Studien bei Rudolf Louis bringen ihm die Werke von Richard Strauss, vom jungen Arnold Schönberg sowie das Schaffen Max Regers näher – der knapp Zwanzigjährige ist da aber bereits auf der Suche nach ganz eigenen Klangidea- len, denen er sich ab 1908 schließlich gänzlich autodidaktisch nähert. Vor allem in einem Punkt versucht er sich abzugrenzen von denen, deren Musik die Opern- und Konzerthäuser beherrscht: Ganz bewusst gibt er seinen ersten Kompositionen sachliche, beinahe spröde Titel wie Musik für Orchester und weist damit Bezüge sowohl zu traditionellen Formen wie auch zu programmatischen Überhöhungen weit von sich. Sein Opus I für Orchester (dies ist tatsächlich auch der Titel) versieht er gar mit der Bemerkung „Keinen poetischen Titel, nicht die Benennung Tondichtung und gar nichts“. Eine erste große Aufführung von drei großen Orchesterwerken – zustande gekommen durch die großzügige väterliche Komplettfinanzierung von Orchester, Solisten und Saalmiete – endete 1911 im höflichen Unverständnis des Publikums. Ob durch widrige Aufführungsbedingungen bedingt, wie überliefert ist, sei dahingestellt – zweieinhalb Jahre später sind es dann schon die Berliner Philharmoniker, die Stephans in München noch durchgefallene Musik für Geige und Orchester von sich aus aufs Programm nehmen. Allerdings hatte der Komponist das Stück dafür mehrfach gründlich überarbeitet, wie er es mit seinem gesamten kleinen Werkkanon machen sollte, darin einem vorigen Meister nicht unähnlich. Im Gegensatz zu Bruckner jedoch kennt man heute nur wenige der Vorstufen der schlussendlich verlegten und gedruckten Werke, da Rudi Stephans Nachlass mit Vorstufen, Skizzen und Entwürfen im Wormser Stadtarchiv durch einen Blindgänger des Zweiten Weltkriegs fast vollständig vernichtet wurde – Ironie der Geschichte. Nur noch wenig Zeit verblieb ihm, den eigenen Stil weiter zu entwickeln. Besonders hervorzuheben ist die sehr eigene Instrumentation, die zu einer unverwechselbaren Klangspra- che führt, die sehr freie Behandlung von Themen und eine große formale Unabhängigkeit. Die überaus farbenreiche Klangsprache prägt auch den Liebeszauber für Bariton und Orchester nach einem Gedicht von Friedrich Hebbel, dem ersten Orchesterwerk mit einer außermusikalischen Vorlage. Von der frühen Radikalität hinsichtlich der Ablehnung programmatischer oder symbolischer Hintergründe löst sich der junge Komponist nach und nach, so entsteht die Oper Die ersten Menschen auf ein Libretto Otto Borngräbers, dessen „erotisches Mysterium“ den Komponisten über fünf Jahre bis kurz vor seinem Tod beschäftigt und das erst weitere fünf Jahre später in Frankfurt am Main uraufgeführt werden sollte. Über ähnlich lange Zeit beschäftigt Stephan sich mit Klavierliedern, mehr als die Hälfte von ihnen wurden beim Bombentreffer auf das Wormser Stadtarchiv ein Raub der Flammen. Sie sind fast noch unbekannter als die schon selten aufgeführten Instrumentalwerke, jedoch „ein bedeutender Teil seines Gesamtschaffens und darüber hinaus Musik von einer eigenartigen, herben Schönheit“, wie im Vorwort der Erstausgabe zu lesen ist. Die wenigen hinterlassenen Kompositionen Stephans nehmen auch heute noch bereits nach wenigen Augenblicken gefangen. Zwar ist seine Tonsprache ganz grundsätzlich der Zeit verhaftet, aus der er stammte, doch war er gleichzeitig seiner Zeit voraus: Mit großer Freiheit und Unbekümmertheit vereinigt er deutsche Spätromantik und französischen Impressionismus, alle formalen Zwänge dabei mit einem unbedingten persönlichen Ausdruckswillen mit einer changierenden farbigen Klangsprache unterordnend. Wohin hätte das noch geführt, wenn seinem Leben nicht bereits mit 28 ein Ende gesetzt worden wäre? Was waren in diesem Kopf noch für „viele schöne Sachen“? Stattdessen ein jähes Ende im Schützengraben – mit einem Kopfschuss. 13 LIEBES- ZAUBER Schwül wird diese Nacht. Am Himmelsbogen Ziehn die Wolken dichter sich zusammen, Breit beglänzt von Wetterleuchtens Flammen Und von roten Blitzen scharf durchzogen. Doch wohin? Halt ein! Dein Herz muß klopfen! Rastlos donnerts ja, zur Feuergarbe Schwillt der Blitz, blutrot wird seine Farbe, Und noch immer fällt kein milder Tropfen. Alles Leben ist in sich verschlossen, Kaum nur, daß ich mühsam Atem hole; Selbst im Beete dort die Nachtviole Hat den süßen Duft noch nicht ergossen. Hier zieht der Wald sich düster, und dort wohnt die Alte an der Rüster die in mancher Kunst geübte. Da ist die Hütte! sie pocht. Man öffnet ihr. Ich spähe Durch den Ritz. - - Ein Kreis! Sie in der Mitte! Jedes Auge wär schon zugefallen, Doch die Herzen sind voll Angst und zittern Vor den zwei sich kreuzenden Gewittern, Deren Donnergrüße bald erschallen. Beim Lampenlichte Sitzt sie, in die weiße Hand das Köpfchen Stützend, mit noch aufgeflochtnen Zöpfchen, Stillen Schmerz im blassen Angesichte. Horch, der erste Donnerschlag! Es krachen Tür und Tor! Sie erhebt sich. schon knarrt die Tür. Da kommt sie Rasch an mir vorbei! 14 Wie sie da steht, fast zum Schnee erbleichend, Und die Alte, in der Ecke kauernd, Dreht ein Bild aus Wachs. Sie sieht es schauernd. Jetzt spricht die zu ihr, das Bild ihr reichend: Zieh dir nun die Nadel aus den Haaren, Rufe den Geliebten, laut und deutlich, Und durchstich dies Bild, dann wirst du bräutlich Ihn umfangen und ihn dir bewahren. Wie sie zögert! Wie sie mit Erröten In die Locken greift und eine Nadel Auszieht auf der Alten stummen Tadel Und noch säumt, als gälte es, zu töten! Als nun auch der Regen ausgewütet, Wollen wir, die Alte gern verlassend, Kinderfromm uns an den Händen fassend, Wieder heim, von Engeln still behütet. Endlich zückt sie die, und - meine Sinne Reißen! - ruft - hinein! Zu ihren Füßen! – Ruft mich selbst mit Worten, stammelnd-süßen, Als den Einen, den sie heimlich minne! - - Als sie aber scheiden will, da ziehen Glühendheiß die Nachtviolendüfte An mir hin im sanften Spiel der Lüfte, Und nun küss ich sie noch im Entfliehen. Sie entweicht mit holden Scham-Gebärden; Da umschließ ich sie, und Glut und Sehnen Löset sich in linden Träumen, Die der Mensch nur einmal weint auf Erden. Und so stehn wir, wechseln keine Küsse, Still gesättigt und in uns versunken, Schon berauscht, bevor wir noch getrunken, In der Ahnung dämmernder Genüsse. Und auch draußen löst sich jetzt die Schwüle, Die zerrissnen Wolken, regenschwanger, Schütten ihn herab auf Hain und Anger, Und hinein zur Hütte drängt die Kühle. 15 SINFONIE DER KLAGELIEDER 1. Satz Klage der Maria über den Tod Christi, aus dem Heiligkreuz-Kloster, 15. Jahrhundert Synku miły i wybrany. Rozdziel z matką swoje rany; A wszakom cię, synku miły, w swem sercu nosiła. A takież tobie wiernie służyła. Przemow k matce, bych się ucieszyła, Bo już jidziesz ode mnie, moja nadzieja miła. Geliebter, auserwählter Sohn, Teile mit der Mutter deine Wunden; Hab ich dich doch, geliebter Sohn, bewahrt in meinem Herzen Und dir stets treu gedient. Sprich mit deiner Mutter, Um ihr Freude zu bereiten, Auch wenn du von ihr gehst, Du meine liebste Zuversicht. 2. Satz An der Wand Nr. 3 im Keller des GestapoGefängnisses in Zakopane – Helena Wanda Błażusiakówna, 18 Jahre alt, in Haft seit dem 25. September 1944 Mamo, nie płacz, nie. Niebios Przeczysta Królowo. Ty zawsze wspieraj mnie. Zdrowaś Mario. 16 Nein, Mutter, weine nicht, Unbefleckte Himmelskönigin, Steh mir allzeit bei. „Ave Maria“ 3. Satz Volkslied aus der Gegend von Oppeln Kajze mi sie podzioł mój synocek miły? Pewnie go w powstaniu złe wrogi zabiły. Wy niedobrzy ludzie, dlo Boga świętego cemuście zabili synocka mojego? Wohin ist er gegangen, Mein geliebter Sohn? Hat ihn wohl im Aufstand Der böse Feind erschlagen. Ach, ihr schlechten Menschen, In Gottes heiligem Namen: Warum habt ihr getötet Meinen Sohn? Zodnej jo podpory juz nie byda miała, choć bych moje stare ocy wypłakała. Niemals wieder Wird er mich stützen, Auch wenn vor Weinen mir Die alten Augen übergehn. Choćby z mych łez gorkich drugo Odra była, jesce by synocka mi nie ozywiła. Würden meine bittren Tränen Auch eine zweite Oder schaffen, Könnten sie doch meinen Sohn Nicht erwecken. Lezy on tam w grobie, a jo nie wiem kandy, choc sie opytuja miedzy ludzmi wsandy. Er liegt in seinem Grab, Und ich weiß nicht wo, Obwohl ich die Leute Überall ausfrage. Moze nieborocek lezy kaj w dołecku. a mógłby se lygać na swoim przypiecku. Vielleicht liegt das arme Kind Irgendwo im Graben, Und hätte doch liegen können In seinem warmen Bett. Ej, ćwierkeycie mu tam, wy ptosecki boze, kiedy mamulicka znalezć go nie moze. Ach, singt für ihn, Gottes kleine Vögel, Denn seine Mutter Kann ihn nicht finden. A ty, boze kwiecie, kwitnijze w około, niech sie synockowi choć lezy wesoło. Und ihr, Gottes kleine Blumen, Blüht ringsherum, Damit mein Sohn Ruhig schlafen kann. 17 BARBARA DOBRZANSKA Sopran ARMIN KOLARCZYK Bariton Nach ersten Engagements u. a. in Hannover, Kaiserslautern und Dortmund kam Barbara Dobrzanska 2002 an das STAATSTHEATER KARLSRUHE. Zu ihrem Repertoire zählen über 60 Opern- und Operettenpartien. Sie gastierte u. a. in Graz, Essen, Kassel, Freiburg, Nürnberg, Mannheim, Stuttgart, München, Rom, Warschau, Krakau, Cagliari, Budapest und Stockholm, im Musikverein Wien, in der Liederhalle Stuttgart und im Großen Festspielhaus der Salzburger Festspiele. Ihre Bühnenpartner waren u. a. Johan Botha, Anja Silja, Hildegard Behrens, José Cura, Denyce Graves oder Franz Grundheber. Sie ist Preisträgerin mehrerer Wettbewerbe und machte Aufnahmen für Rundfunk und Fernsehen u. a. mit Sir Peter Ustinov. Im März 2011 wurde ihr in Anerkennung ihrer künstlerischen Arbeit der Titel „Kammersängerin“ verliehen. In der Spielzeit 2013/14 ist sie u. a. als Amelia in Ein Maskenball und als Marta in Die Passagierin zu hören. Der in Italien geborene Sänger wuchs zweisprachig auf und studierte neben Gesang auch Violine und Jura. Ein erstes Engagement führte ihn von 1997 bis 2007 ans Theater Bremen, wo er viele große Partien des Baritonfachs verkörperte. Danach wurde er ans STAATSTHEATER KARLSRUHE engagiert. Hier sang er u. a. Carlo Gérard in Andrea Chénier, Marquis von Posa in Don Carlo, Guglielmo in Così fan tutte, den Figaro in Il barbiere di Siviglia sowie Wolfram von Eschenbach in Tannhäuser. Gastspiele führten ihn u. a. an nach Köln, Bonn, Wiesbaden, Essen sowie an die Königliche Oper Kopenhagen. Er tritt regelmäßig als Konzertund Liedsänger in Erscheinung. Eine CD mit Schuberts Schwanengesang wurde 2012 veröffentlicht. 2013/14 singt er u. a. Falke in Die Fledermaus, Oppenheimer in Doctor Atomic und Sixtus Beckmesser in Die Meistersinger von Nürnberg. Außerdem gestaltet er im 5. Liederabend am 13.7. Die schöne Magelone von Johannes Brahms. 18 JUSTIN BROWN DIRIGENT Justin Brown studierte in Cambridge und Tanglewood bei Seiji Ozawa und Leonard Bernstein und arbeitete später als Assistent bei Leonard Bernstein und Luciano Berio. Als Dirigent debütierte er mit der gefeierten britischen Erstaufführung von Bernsteins Mass. Für seine Programmgestaltung beim Alabama Symphony Orchestra, wo er fünf Spielzeiten als Chefdirigent wirkte, wurde er drei Mal mit dem ASCAP-Award ausgezeichnet. Auf Einladung des renommierten „Spring for Music Festival“ dirigierte er 2012 das Orchester in der Carnegie Hall. Brown leitete zahlreiche Uraufführungen und dirigierte wichtige Stücke bedeutender Zeitgenossen wie Elliott Carter und George Crumb. Er musizierte zudem mit namhaften Solisten wie Yo-Yo Ma, Leon Fleisher und Joshua Bell. Zahlreiche Gastengagements führten ihn an renommierte Opernhäuser und zu Orchestern weltweit, in Deutschland u. a. an die Bayerische Staatsoper München und zu den Dresdner Philharmonikern. Komplettiert wird sein Erfolg durch viele CD-Einspielungen, 2006 wurde er für einen Grammy nominiert. Als Generalmusikdirektor am STAATSTHEATER KARLSRUHE, der er seit 2008 ist, wird Brown v. a. für seine Dirigate von Wagners Ring sowie den Werken Berlioz’, Verdis und Strauss’ gefeiert. Unter seiner Leitung standen auf dem facettenreichen Konzertspielplan Werke wie Amériques von Edgar Varèse, Mahlers 9. Sinfonie oder die Gurre-Lieder von Schönberg. Gemeinsam mit seinem Team erhielt er hierfür die Auszeichnung „Bestes Konzertprogramm 2012/13“. 19 DIE BADISCHE STAATSKAPELLE Als sechstältestes Orchester der Welt kann die BADISCHE STAATSKAPELLE auf eine überaus reiche und gleichzeitig gegenwärtige Tradition zurückblicken. 1662 als Hofkapelle des damals noch in Durlach residierenden badischen Fürstenhofes gegründet, entwickelte sich aus dieser Keimzelle ein Klangkörper mit großer nationaler und internationaler Ausstrahlung. Berühmte Hofkapellmeister wie Franz Danzi, Hermann Levi, Otto Dessoff und Felix Mottl leiteten zahlreiche Ur- und Erstaufführungen, z. B. von Hector Berlioz, Johannes Brahms und Béla Bartók, und machten Karlsruhe zu einem der Zentren des Musiklebens. Neben Brahms standen Richard Wagner und Richard Strauss gleich mehrfach am Pult der Hofkapelle; Niccolò Paganini, Clara Schumann und viele andere herausragende Solisten waren gern gehörte Gäste. Hermann Levi führte 1856 die regelmäßigen Abonnementkonzerte ein, die bis heute als Sinfoniekonzerte der BADISCHEN STAATSKAPELLE weiterleben. Allen Rückschlägen durch Kriege und Finanznöten zum Trotz konnte die Tradition des Orchesters bewahrt werden. Generalmusikdirektoren wie Joseph Keil20 berth, Christof Prick, Günther Neuhold und Kazushi Ono führten das Orchester in die Neuzeit, ohne die Säulen des Repertoires zu vernachlässigen. Regelmäßig fanden sich zeitgenössische Werke auf dem Programm; Komponisten wie Werner Egk, Wolfgang Fortner oder Michael Tippett standen sogar selbst vor dem Orchester, um ihre Werke aufzuführen. Die große Flexibilität der BADISCHEN STAATSKAPELLE zeigt sich auch heute noch in der kompletten Spannweite zwischen Repertoirepflege und der Präsentation zukunftsweisender Zeitgenossen, exemplarisch hierfür der Name Wolfgang Rihm. Der seit 2008 amtierende Generalmusikdirektor Justin Brown steht ganz besonders für die Pflege der Werke Wagners, Berlioz’, Verdis und Strauss’ sowie für einen abwechslungsreichen Konzertspielplan, der vom Deutschen Musikverleger-Verband als „Bestes Konzertprogramm 2012/13“ ausgezeichnet wurde. Auch nach dem 350-jährigen Jubiläum 2012 präsentiert sich die BADISCHE STAATSKAPELLE – auf der reichen Aufführungstradition aufbauend – als lebendiges und leistungsfähiges Ensemble. BESETZUNG 1. Violine Janos Ecseghy Yin Li Lutz Bartberger Sandra Huber Rosemarie Simmendinger-Kàtai Susanne Ingwersen Thomas Schröckert Werner Mayerle Ayu Ideue Juliane Anefeld Bettina Knauer Claudia Schmidt Julia Ungureanu* 2. Violine Annelie Groth Shin Hamaguchi Km. Toni Reichl Thomas Bilowitzki* Km. Uwe Warné Andrea Böhler Christoph Wiebelitz Steffen Hamm Tamara Polakovicová Katrin Dusemund* Eva Bonk* Viola Christoph Klein Anna Pelczer Torsten Tiebout* Joachim Steinmann Ortrun Riecke-Wieck Kyoko Kudo Sibylle Langmaack Akiko Sato Tanja Linsel Isidore Tillers* Violoncello Thomas Gieron Benjamin Groocock Daniel Geiss* Km. Norbert Ginthör Wolfgang Kursawe Alisa Bock Tatiana Gracheva Vatche Bagratuni* Kontrabass Km. Joachim Fleck Peter Cerny Xiaoyin Feng Karl Walter Jackl Manuel Schattel* Lars Schaper* Harfe Claudia Karsch* Flöte Tamar Romach Horatiu Roman Km. Rosemarie Moser Jihae Lee Oboe Ivan Danko* Km. Ilona Steinheimer Dörthe Mandel Fagott Km. Oscar Bohórquez Martin Drescher Km. Detlef Weiß Ulrike Bertram Horn Dominik Zinsstag Km. Jürgen Danker Km. Thomas Crome Claudio Monteiro Trompete Wolfram Lauel Km. Ulrich Dannenmaier Km. Peter Heckle Posaune Sandor Szabo Michael Zühl Holger Schinko Heinrich Gölzenleuchter Tuba Dirk Hirthe Pauke & Schlagzeug Helge Daferner Hans-Joachim Göhler Km. Rainer Engelhardt Klarinette Frank Nebl Martin Nitschmann Jochen Weidner Leonie Gerlach Km. = Kammermusiker/in * Gast der STAATSKAPELLE 21 22 23 BILDNACHWEISE UMSCHLAG S. 5 S. 7 S. 9 S. 9 S. 16 S. 17 S. 22, 23 Falk von Traubenberg Schoenberg Centre Unbekannter Fotograf Stadtarchiv Worms Malcolm Crowthers Falk von Traubenberg Ari Sokol Uli Deck IMPRESSUM HERAUSGEBER BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE GENERALINTENDANT Peter Spuhler VERWALTUNGSDIREKTOR Michael Obermeier TEXTNACHWEISE S. 2 – 10 S. 12, 13 Originalbeitrag von Bernd Feuchtner Originalbeitrag von Axel Schlicksupp Sollten wir Rechteinhaber übersehen haben, bitten wir um Nachricht. WIR DANKEN Eventfloristik für die Blumen STAATSTHEATER KARLSRUHE Saison 2013/14 Programmheft Nr. 186 www.staatstheater.karlsruhe.de CHEFDRAMATURG Bernd Feuchtner ORCHESTERDIREKTOR & KONZERTDRAMATURG Axel Schlicksupp REDAKTION Axel Schlicksupp KONZEPT DOUBLE STANDARDS Berlin www.doublestandards.net GESTALTUNG Kristina Pernesch DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe Unser Abonnementbüro berät Sie gerne! AB 10,00 BZW. 5,00 EURO PRO KONZERT 24 ABONNEMENTBÜRO T 0721 3557 323 F 0721 3557 346 [email protected] DIE NÄCHSTEN KONZERTE NACHTKLÄNGE 2 – VERFEHLTE SIEGE EUROPÄISCHE KULTURTAGE 2014 Mauricio Kagel 10 Märsche um den Sieg zu verfehlen Nico Sauer DEUTSCH-AFRIKA 2014 URAUFFÜHRUNG Gilles Schuehmacher Mémorial URAUFFÜHRUNG Zeynep Gedizlioglu Drive URAUFFÜHRUNG Das Wandelkonzert öffnet sonst nicht zugängliche Räume des STAATSTHEATERS. Drei Komponisten aus der Türkei, Frankreich und Deutschland stellen in drei Uraufführungen ihre Sicht auf die Thematik Frieden und Krieg vor und beziehen sich dabei mit Mauricio Kagel auf einen „Klassiker der Moderne“. Ulrich Wagner Dirigent & Moderator Mitglieder der BADISCHEN STAATSKAPELLE 24.5. 21.30 TREFFPUNKT KASSENHALLE TANGO REVOLUCIONARIO – KAMMERKONZERT & TANZ Mitreißende Tangos von José Bragato und Astor Piazzolla, Tanz mit dem STAATSBALLETT und Tanz für alle – das vereint das spartenübergreifende Konzert Tango Revolucionario. Zwei Klarinettisten der BADISCHEN STAATSKAPELLE und Kapellmeister Steven Moore werden verstärkt durch zwei Paare des STAATSBALLETTS KARLSRUHE, die zu ausgewählten Stücken Tango-Choreografien präsentieren. Am Ende des Konzerts laden Tango-Klänge zum Tanzen auf die Bühne ein. Frank Nebl Klarinette Leonie Gerlach Bass-klarinette Steven Moore Klavier Tänzer des STAATSBALLETTS KARLSRUHE Reginaldo Oliveira & Kt. Flavio Salamanka Choreographie Brigitte Albert Tango-DJ 4.6. 20.00 KLEINES HAUS Tanz bis 24 Uhr KINDERKAMMERKONZERT 4. KAMMERKONZERT Fast jeder hat schon etwas aus Herr der Diebe oder Tintenherz gelesen, Cornelia Funke ist mit mehr als 20 Millionen verlegten Büchern für Kinder und Jugendliche eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen. Zu ihren Werken zählen auch viele Kurzgeschichten, deren Helden von Gunnar Schmidt und den Musikern der BADISCHEN STAATSKAPELLE zum Leben erweckt werden. Zu Beginn erklingt das Streichquintett des Karlsruher Hofkapellmeisters Dessoff. Bartóks dramatisches 3. Streichquartett lebt von einer Fülle von Klangfarben. Größtes Vorbild Schumanns auf dem Gebiet der Kammermusik war Felix Mendelssohn Bartholdy, dem Schumann sein 3. Streichquartett widmete. VON BÜCHERFRESSERN, DACHBODEN6+ GESPENSTERN UND ANDEREN HELDEN Martin Nitschmann Klarinette Annelie Groth Violine Jeanette La-Deur Klavier Gunnar Schmidt Konzeption & Erzähler 4.6. 11.00 KLEINES HAUS Otto Dessoff Streichquintett G-Dur Béla Bartók Streichquartett Nr. 3 Robert Schumann Streichquartett Nr. 3 A-Dur Viola Schmitz & Ayu Ideue Violine Christoph Klein Viola Thomas Gieron & Benjamin Groocock Violoncello 15.6. 11.00 KLEINES HAUS Anschließend Brunch im MITTLEREN FOYER