branchenbericht_technische Textilien

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branchenbericht_technische Textilien
Technische Textilien
Branchenbericht – Corporate Sector Report
Die Bank an Ihrer Seite
Erläuterungen und Abkürzungen
AVK
Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe
BdEW
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
BIP
Bruttoinlandsprodukt
CAGR
Compound Aggregate Growth Rate, durchschnittliche Wachstumsrate
CFK
Carbonfaserverstärkte Kunststoffe
CIRFS
Comité International de la Rayonne et des Fibres Synthétiques, European Man-Made Fibres Association
GTM
Gesamtverband Textil & Mode
IVGT
Industrieverband Veredelung – Garne – Gewebe – Technische Textilien
VDMA
Verbund Deutscher Maschinen- und Anlagenbau
VIK
Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft
Dieser Bericht wurde im August 2014 abgeschlossen.
Technische Textilien
04 Management Summary
04 SWOT Technische Textilien
05 Die Branche im Überblick
05 Konjunkturelle Entwicklung
05 Spürbare zyklische Einflüsse in strukturell wachsenden Segmenten
06 Profil der Branche
06 Vielzahl sehr unterschiedlicher Anwendungsgebiete
06 Verwendungsgebiete technischer Textilien sind ausgesprochen vielfältig
07 Vliesstoffe und Composites werden gemeinhin ebenfalls zu den technischen Textilien gezählt
07 Weltmarkt für technische Textilien im weiteren Sinne
08 Weltweit ist der Markt für technische Textilien in den letzten Jahren stark gewachsen
08 Vliesstoffe waren in Europa und auch weltweit das wachstumsstärkste Segment
09 Der europäische Composites-Markt hat sich in den letzten Jahren nur seitwärts entwickelt, allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden
09 Die deutschen Hersteller technischer Textilien sind technologisch weltweit führend
10 Nachfrage
10 Der Fahrzeugbau ist immer noch der bedeutendste Abnehmerbereich technischer Textilien
11 Globale Wachstumsperspektiven technischer Textilien
11 Bei Vliesstoffen dominiert der Hygienebereich die Nachfrage
12 Globales Wachstum bei Composites
13 Angebot
13 Weltweites Angebot: auch 2014 Produktionsanstieg in Industrieländern
14 In der Vliesstoffherstellung haben Spunbond- und Carded–Technologien fortlaufend an Bedeutung gewonnen
15 Glasfasern sind immer noch der mit Abstand bedeutendste Rohstoff bei der Herstellung von Composites
15 Kosten
17 Die Energiepreise werden zunehmend zum Standortnachteil der deutschen Produzenten
18 Ertragslage
19 Ertragslage stark schwankend, aber insgesamt zufriedenstellend
19 Hersteller technischer Textilien in Deutschland
19 Hersteller von Vliesstoffen in Deutschland
17 Langfristige Trends
22 Erfolgs- und Risikofaktoren
22 Erfolgsfaktoren
24 Risikofaktoren
27 Politische und gesetzliche Rahmenbedingungen
27 Glossar
4
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Management Summary
Wenngleich der globale Markt für technische Textilien starken konjunkturellen Schwankungen unterliegt, so war, ist und bleibt
dieser dennoch ein Wachstumsmarkt. Abgesehen von den bekannten Megatrends wie wachsende Weltbevölkerung, Urbanisierung und zunehmender Umweltschutz wird das Marktwachstum hauptsächlich von der ständigen Eroberung neuer Anwendungsgebiete sowie der Entwicklung neuer Herstellungsverfahren getrieben.
Die Geschäftsmodelle der deutschen Hersteller sind vor diesem Hintergrund noch mehr als in anderen Produktionsländern das
Ergebnis eines erfolgreichen Strukturwandels von Produzenten herkömmlicher, traditioneller Textilien hin zu hoch technisierten
und spezialisierten Herstellern qualitativ hochwertiger technischer Textilprodukte.
Im Ergebnis entstand daraus eine weiterhin sehr mittelständisch geprägte, heterogene und oft immer noch sehr unterschätzte
Branche mit einer Vielzahl von Nischenplayern, die auch in Zukunft von hoher Innovationsgeschwindigkeit und strukturellem
Wandel geprägt sein wird. In Sachen Innovationsgeschwindigkeit sieht man sich in Deutschland – auch dank der guten Vernetzung mit der weltweit einmaligen deutschen Forschungslandschaft – an der Spitze der globalen Entwicklung, während man bei
Produktion und Absatz von Standard- und Massenprodukten meist gar nicht erst versucht, mit den sehr viel größeren und teilweise kostenbegünstigten Herstellern aus Schwellenländern wie China oder Indien mitzuhalten. Gleichwohl gewinnen gerade die
Schwellenländer für die deutschen Hersteller technologisch anspruchsvoller Produkte einerseits als Absatzmärkte rasant an Bedeutung. Andererseits unternehmen die Hersteller in diesen Ländern aber auch enorme Anstrengungen, in die qualitativ anspruchsvollen Produktbereiche vorzudringen.
SWOT Technische Textilien
Stärken / Strengths
Schwächen / Weaknesses
• Großes Wachstumspotenzial, insbesondere in höher entwickel-
• Ausgeprägt zyklische Branchenentwicklung wegen starker kon-
ten Produktbereichen
• Globale Technologieführerschaft
• Hohe Innovationskraft, starke Vernetzung mit der wissenschaftlichen Forschung
• Hoher Spezialisierungsgrad
• Hohe Produktqualitäts- und Umweltstandards
junktureller Einflüsse
• Hohe Anlagenintensität und Fixkostenbelastung, vergleichsweise hohe Break Even-Punkte
• Überdurchschnittlich hohe Energie- und sonstige Kosten in
Deutschland (z.B. Personal)
• Steigende Importabhängigkeit bei Fasern
Chancen / Opportunities
Risiken / Threats
• Entwicklung neuer Produkte und Herstellungsverfahren
• Konjunkturelle Einbrüche in wichtigen Abnehmerbereichen
• Eroberung neuer Anwendungsbereiche
• Teilweise stark schwankende Rohstoff-(Faser-)preise und Roh-
• Eroberung neuer Märkte, insbesondere in Schwellenländern
• Entwicklung und Export starker Marken
• Umfangreiche Standardisierungs-/Normungsaktivitäten
stoff-(Faser-)verfügbarkeit
• Technischer Fortschritt von (potenziellen) Wettbewerbern, v. a.
in Schwellenländern
• Abwandern von Know-how
Stärken und Schwächen beziehen sich auf die aktuelle Situation, während Chancen und Risiken sich auf erwartete Entwicklungen beziehen.
5
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Die Branche im Überblick
Konjunkturelle Entwicklung
Spürbare zyklische Einflüsse in strukturell wachsenden Segmenten
Chance: Wirtschaftliche Erholung in europäischen Peripherieländern und konjunkturelle Belebung in
Schwellenländern
Risiko:
Erneute Verschärfung der EU-Schuldenkrise und konjunkturelle Abkühlung in Schwellenländern, Eskalation der Ukraine-Krise
Der europäische Sektor der technischen Textilien (incl. Vliesstoffe und textilverstärkten Faserverbundstoffen, auch Composites genannt) ist gemessen an seiner Produktion von 2007 bis 2013 etwas
stärker als das BIP gewachsen. Allerdings wurden in den Krisenjahren 2008 und 2009 konjunkturelle
Spürbare konjunkturelle Einflüsse
bei langfristig betrachtet
deutlichem Wachstum
Einflüsse deutlich sichtbar, die in allen drei Subsegmenten zu starken Produktionsrückgängen geführt
haben. Maßgeblich dafür dürfte in erster Linie der konjunkturelle Einbruch in Europa als Folge der
europäischen Schuldenkrise sowie die globale wirtschaftliche Abkühlung gewesen sein.
Starke konjun ktu relle Einflüsse
Entwicklung der Produktion in Europa indexiert, 2007=0
%
20
Die Entwicklung des BIP prägt in
hohem Maße die
Sektorentwicklung
10
0
-10
-20
-30
-40
2007
200 8
2009
Technische Te xtilien
2010
2011
Vliesstoffe
2012
2013
2014
Composites
Quellen: Edana, AVK, Euratex, eigene Schätzungen
Getragen wurde das Wachstum in Europa auch von dem Subsegment Vliesstoffe, dessen Produktion in Europa seit 2007 um mehr als 11% gestiegen ist. Für das laufende Jahr gehen wir hier von einer
weiteren moderaten Produktionssteigerung um 2% aus. Im Segment der übrigen technischen Texti-
Technische Textilien und
Vliesstoffe sind die Träger des
Wachstums
lien waren bis 2011 noch deutlichere Anstiege zu verzeichnen. Sie dürften in beiden Segmenten in
hohem Maße von der Nachfrage in den Bereichen Bau und Fahrzeugbau getrieben gewesen sein und
fielen 2012 folglich wieder zurück. Insgesamt erwarten wir für das Segment der technischen Textilien
kurz- bis mittelfristig eine leichte Wachstumsbeschleunigung; im laufenden Jahr dürfte sich der Produktionsindex erneut um 2% erhöhen. Bei dieser Einschätzung haben wir allerdings unterstellt, dass
die aktuelle politische Krise in der Ukraine keine weitergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen haben wird. Gegebenenfalls dürfte sich insbesondere der bislang deutlich gestiegene Export nach Russland zumindest spürbar abflachen.
Demgegenüber hat das Segment Composites sein hohes Niveau aus dem Jahr 2007 auch jetzt
noch nicht wieder erreicht. Mehr noch als bei den übrigen technischen Textilien dürfte auch hierbei
die Entwicklung im Bau und Fahrzeugbau und dabei insbesondere in den Subsegmenten Premiumfahrzeuge und LKW jene gewesen sein, in denen Leichtbauteile eine besonders große Rolle spielen
und die bereits 2008 deutlich rückläufig waren. Auch bei Composites gehen wir für 2014 von weiteren
Lediglich das Segment
Composites hat sein
Vorkrisenniveau noch nicht
wieder erreicht
6
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
moderaten Steigerungen in Europa aus, die angesichts der fortschreitenden Erholung in den genannten Abnehmerbereichen sogar höher ausfallen könnte als bei den übrigen technischen Textilien.
Profil der Branche
Vielzahl sehr unterschiedlicher Anwendungsgebiete
Technische Textilien werden
überwiegend nach funktionalen
Anforderungen für industrielle
bzw. gewerbliche Zwecke
produziert
Für die Zwecke dieses Berichts definieren wir technische Textilien als alle textilbasierten Produkte,
die in erster Linie wegen ihrer funktionalen Eigenschaften überwiegend für gewerbliche bzw. industrielle Produkte und Zwecke und nicht wegen ästhetischer Eigenschaften überwiegend für Konsumprodukte bzw. -zwecke verwendet werden. Nach dieser Definition zählen zu den technischen Textilien
auch Taue, Seile, Planen, Kordprodukte (insbes. für Reifen) oder Textilprodukte für Funktions- oder
Schutzbekleidung. Weltweit scheint sich die systematische Darstellung der Messe Frankfurt durchgesetzt zu haben, die 12 Anwendungsbereiche technischer Textilien definiert hat.
Verwendungsgebiete technischer Textilien sind ausgesprochen vielfältig
Subsektor
Vielzahl unterschiedlicher
Einsatzgebiete
Anwendungsgebiete
Produktbeispiele
Weltweiter
Umsatzanteil
2010 in %
Agrotech
Land- und Forstwirtschaft,
Gartenbau, Fischerei
Pflanzenschutz- und Unkrautvliese, BiogasMembranen, Fangnetze, Seile
7
Buildtech
Hoch-, Tiefbau, Sanierung
Isolierstoffe, Membranen,
Bewehrungsmaterialien, Taue, Seile
7
Clothtech
Schuh- und Bekleidungsindustrie
Füll-/Innenstoffe, Einlagen, Klima-,
Nässeschutzmembranen
6
Geotech
Geotextilien, Garten-,
Landschafts-, Straßen-, Deponie-,
Deichbau
Dränage-, Trennschichten, Filter-,
Erosionsschutzstoffe, Bewehrungen
1
Hometech
Möbelindustrie, Innenausstattung
Möbelbezüge, Füllstoffe, Decken-, Wandund Bodenbeläge
7
Indutech
Filtration, sonstige Produkte
Förderbänder, Trennstoffe/Filter, Taue,
Seile, Trageschlaufen
17
Medtech
Hygiene- und sonstige
Medizinprodukte
Verbandmaterialien, Prothesen, Orthesen,
Wundapplikationen, Implantate (künstliche
Gefäße, Bänder, Herniennetze)
7
Mobiltech
Fahrzeugbau
Reifenkord, Sitzbezüge, Airbags,
Sicherheitsgurte, Innenauskleidung
23
Oekotech
Umweltschutz
Schadstofffilter, Schutzvliese
1
Packtech
Verpackungsmittel
Säcke, Tüten, Planen, Bigbags
5
Protech
Personen- und Sachschutz
(Gebäude, Fahrzeuge)
Sicherheits-/Schutzbekleidung, Klima-/
Feuerschutzstoffe, Ballistikschutz
5
Sporttech
Komponenten von Sport- und
Freizeitprodukten, -bekleidung
Zeltplanen, Rucksäcke, Schlafsäcke,
Segeltuch, Leichtbaumaterialien
15
Quelle und Copyright: Techtextil, Messe Frankfurt Exhibitions
Breite der Einsatzgebiete und
Produktionsverfahren schafft
Vielzahl an Nischenmärkten
Neben den vielfältigen Einsatzbereichen technischer Textilien trägt auch die Vielzahl unterschiedlicher
textiler Herstellungsprozesse dazu bei, dass der Gesamtmarkt technischer Textilien aus einer Vielzahl
unterschiedlicher Nischen besteht.
7
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Viele Materialien und Verfahren bei der Herstellung technischer Textilien
Metalle
Stahl
MATERIALIEN
Mineralien
Glas, Basalt, Keramik
Synthetische
Polymere
PES, PA, PAN, PP
etc.
Naturfasern
Baumwolle, Wolle,
Jute, Seide
Regener. Fasern
Viskose, Acetate, PLA
FILAMENT
Draht
Monofilament
Multifilament
Band
STAPEL
Kabel
Öffnen
Pulpe
Heißluftgezogen
Spinnvlies
Texturieren
Kardieren
Gebundene Vliesstoffe
Spinnen
Vermaschen,
Thermisch,
Chemisch,
Vernadelt,
Hydrodynamisch
Ring,
Rotor,
Friktion,
Kern/Mant
el,
Luft
Vorzüge
Zwirnen
Legen,
Tafeln,
Flechten
Tau,
Kordel
PRODUKTE
Knoten
Netz
Weben
(schmal / breit)
Wirken / Stricken
Veredelung
Beschichtung,
Laminieren
Enderzeugnisse
z. B. Taschen, Gürtel
Faden
Band,
Lunte
Tuften
Wattierung
(Faserfüllstoffe)
Quelle: GTM
Vliesstoffe und Composites werden gemeinhin ebenfalls zu den technischen Textilien gezählt
Von den „konventionellen“ Web-, Wirk-, Strick-, Flecht-, Gelege- und Stickprodukten der technischen Textilien abzugrenzen sind die Segmente Vliesstoffe und Composites, die im weiteren Sinne
Vielzahl verschiedener Verfahren
zur Herstellung von Vliesstoffen
ebenfalls zu den technischen Textilien gezählt werden. Im Gegensatz zu Geweben, Gewirken oder
Gestricken wird die sogenannte textile Fläche bei Vliesstoffen nicht durch Weben oder Flechten von
Garnen, sondern durch ein wirres oder kardiertes Gelege von Fasern (Vliesbildung) gebildet, die durch
eine Vielzahl verschiedener, teilweise miteinander kombinierbarer Verfahren zu textilen Flächen verfestigt werden können. Die englische Bezeichnung Nonwovens grenzt Vliesstoffe vielleicht sogar besser von den anderen textilen Produkten ab.
Demgegenüber handelt es sich bei Composites um Leichtbauverbunde bestehend aus einer textilen Verstärkungsstruktur (weit überwiegend Glas-, aber zunehmend auch Carbon-, Aramid- oder Basaltfasern), die in einen Matrixwerkstoff (vielfach ein duroplastisches Harz) eingebettet ist. Soweit es
sich um vorimprägnierte Strukturen handelt, spricht man von sogenannten Prepregs, die meist als Rollenware hergestellt und durch verschiedene Verfahren zu mehrlagigen Strukturen konfektioniert werden können. Darüber hinaus unterscheidet man unter Stabilitätsaspekten noch zwischen sogenannten
Low- und High-Performance-Composites. Der Grad der Festigkeit wird maßgeblich durch die Länge
der Faser mitbestimmt. Bei Low-Performance-Composites kommen daher nur Kurzfasern zum Einsatz,
während die Herstellung von High-Performance-Composites auf der Verwendung von Lang- oder Endlosfasern basiert.
Weltmarkt für technische Textilien im weiteren Sinne
2011
Technische Textilien
Mio. t
%
Mrd. $
%
25,0
61
133
52
Vliesstoffe
7,6
19
26
10
Composites
8,0
20
94
38
40,6
100
253
100
Gesamt
Quelle: Gherzi
Composites sind textilverstärkte
Verbundstoffe, die meist auf
Basis von Glasfasern, zunehmend
aber auch von Carbonfasern
erstellt werden
8
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Weltweit ist der Markt für technische Textilien in den letzten Jahren stark gewachsen
Starkes strukturelles Wachstum,
aber spürbare zyklische Einflüsse
Die weltweite Bedeutung technischer Textilien wird gemeinhin deutlich unterschätzt. Nach diversen
unterschiedlichen Schätzungen belief sich das Weltmarktvolumen technischer Textilien ohne Vliesund Verbundstoffe 2012 auf ca. 22 Mio. t bzw. 133 Mrd. $. Inklusive Vliesstoffe und Composites beläuft sich das Weltmarktvolumen sogar auf über 250 Mrd. $ bzw. 40 Mio. t. Nach Faserverbrauch in t
betrug der Anteil technischer Textilien etwas mehr als 25% der gesamten weltweiten Textilproduktion.
In der letzten Dekade ist der weltweite Umsatz mit technischen Textilien i.e.S. (ohne Vliesstoffe und
Composites) um mehr als 30% gewachsen.
Kontinuierliches globales Wachs tum
Weltmarktentwicklung technischer Textilien
Mio. t
Mrd. $
35
180
160
30
140
25
Bis 2018 voraussichtlich
160 Mrd. $ Marktvolumen weltweit
120
20
100
15
80
60
10
40
5
20
0
0
1995
2000
2005
2010
2011
2012
Produk tion
2013
20 18*
Umsatz
Quellen: Gherzi, *Commerzbank Prognose
Asien mit China an der Spitze
dominiert mengenbezogen den
Weltmarkt für technische
Textilien, wertmäßig betrachtet
relativiert sich das Bild zugunsten
der entwickelten Märkte und
Hersteller
Regional und mengenmäßig (Produktion in t) betrachtet dominiert mittlerweile der asiatische Markt
mit China und Indien an der Spitze, vor allem dank seines überproportional hohen Anteils in den Bereichen Clothtech, Packtech und Sporttech, die allerdings tendenziell noch mehr als die anderen Anwendungsbereiche Commodity-Charakter aufweisen dürften. So beträgt beispielsweise der Produktionsanteil von Packtech in Indien noch deutlich über 30%, während er global nur 5% ausmacht.
Wertmäßig betrachtet dürfte sich das Bild für die entwickelten Regionen daher deutlich günstiger darstellen.
Au f China und In dien entfäll t beinahe die Hälfte der glob alen Produktion
Weltmarktanteile bei technischen Textilien 2011
EU
16%
Übrige Welt
17%
China ist bei technischen
Textilien mittlerweile der klare
Weltmarktführer vor Indien
Amerikas
19%
Indien
18%
China
30%
Quellen: CIRFS, Edana
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| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Vliesstoffe waren in Europa und auch weltweit das wachstumsstärkste Segment
Noch stärker als bei den sonstigen technischen Textilien war das Wachstum bei Vliesstoffen;
Produktion und Umsatz haben sich in der Dekade vor 2012 mehr als verdoppelt. China hat auch
bei Vliesstoffen mit einem mengenbezogenen Weltmarktanteil von 28% die USA als Weltmarktführer 2013 bereits abgelöst.
Weltmarkt für Vliesstoffe - Produktion
Weltmarkt für Vli esstoffe - Umsatz
Mio. t
0,8
10
Mrd. $
Afr ika /Na host
9
0,7
8
0,5
7
2,0
1,9
6
0 ,3
5
1 ,6
4
3
0,2
0,3
0,2
1,2
2
1
0
0 ,3
1 ,4
0 ,9
0,8
0,4
1 ,1
2002
2007
0,5
1,5
0,6
1,6
1,1
1,2
2,2
2,4
2012
2013
China ist auch bei Vliesstoffen
der Weltmarktführer
2,0
0,8
1,9
Europa
Lateina merika
1,7
42,1
Nordame rik a
3,2
2017
Asien
15,1
C hi na
2002
30,6
33,3
2012
2013
20,9
2007
2017
Quellen: Edana, eigene Schätzungen
Der europäische Composites-Markt hat sich in den letzten Jahren nur seitwärts entwickelt,
allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden
Bei Composites ergibt sich ein sehr differenziertes Bild, das letztlich die wirtschaftliche Erholung in
Europa und der Welt widerspiegelt. Während die deutschen Produzenten ihre Produktion nach den
Die deutschen CompositesProduzenten haben in den letzten
Jahren Marktanteile gewonnen
Einbrüchen in 2008 und 2009 kontinuierlich steigern konnten, ging die Produktion in den letzten beiden Jahren vor allem in Spanien und Frankreich wieder zurück. Auch bei Composites ist Deutschland
der Führer im europäischen Markt, der derzeit etwa ein Viertel des Weltmarktvolumens ausmacht.
Bemerkenswert ist dabei, dass die angrenzende Türkei oder auch Saudi-Arabien – getrieben von der
großen Nachfrage im Bau- bzw. Tank- und Rohrleitungsbau – jeweils für sich betrachtet mittlerweile
ein größeres Produktionsvolumen darstellen als jedes andere europäische Land.
Eu ropäische Composites-Produktion
Mio. t
1200
800
400
0
111,0
114,0
103,0
175,0
13 1,0
153,0
96,0
98,0
161,0
21 7,0
200,0
160,0
152,0
18 8,0
13 0,0
126,0
134,0
140,0
10 6,0
12 2,0
87,0
11 8,0
2009
Deutschland
Quelle: AVK
10 6,0
15 4,0
165,0
152,0
146,0
11 6,0
122,0
117,0
112,0
16 1,0
172,0
182,0
192,0
2010
2011
2012
2013
Fra nk reich
Ita lie n
UK/Irla nd
Spa nien
Osteuropa
R estl. Eur opa
Auch bei Composites sind die
deutschen Hersteller mittlerweile
Marktführer
10
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Die deutschen Hersteller technischer Textilien sind technologisch weltweit führend
Technische Textilien sind eine der
innovativsten Branchen der
deutschen Wirtschaft
Laut ZEW erzielt die deutsche Branche 2012 mehr als 19% ihres Umsatzes mit Produkten, die jünger
als 3 Jahre sind. Sie liegt damit an 5. Position hinter Fahrzeugbau, Elektroindustrie, Informations- und
Kommunikationstechnik und Maschinenbau. Zu der hohen Innovationskraft tragen auch die 16 deutschen Textilforschungsinstitute maßgeblich bei, die als Innovationsnetzwerk seit mehr als 60 Jahren
eng mit der noch sehr mittelständisch strukturierten Branche verzahnt sind. Die Exportquote der deutschen Hersteller technischer Textilien lag 2013 bei über 62%, die der Vliesstoffhersteller bei knapp
58%. Insgesamt zählt die deutsche Branche rd. 600 Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten. Die
meisten dieser Unternehmen dürften ihren Ursprung und ihre technologische Basis in der Herstellung
herkömmlicher Textilien haben; insofern ist die deutsche Branche technischer Textilien auch ein
Zeugnis eines bemerkenswerten, zukunftsgerichteten Strukturwandels.
Der Anteil der technischen
Textilien an der gesamten
Textilproduktion wächst
kontinuierlich
Nach Angaben des Fachverbandes IVGT belief sich der Umsatz der deutschen Hersteller technischer Textilien 2013 auf rund 6 Mrd. €. Damit erreichen die technischen Textilien in Deutschland einen Anteil von knapp 50% der gesamten Textilproduktion; in Europa liegt er bei ca. 30%. Gleichzeitig
ist die deutsche Branche der klare Marktführer in Europa (vor Frankreich mit rd. 4 Mrd. € Umsatz)
und – gemessen an ihrer Innovationskraft – auch weltweit. Grundsätzlich ist allerdings auch anzumerken, dass deutsche Hersteller gerade im Vliesstoffbereich, aber auch in anderen Segmenten, bereits in
hohem Maße im Ausland für ausländische Märkte produzieren. Diese Umsätze gehen an den nationalen Statistiken vorbei, so dass die tatsächlichen Umsätze der deutschen Unternehmen noch sehr
viel höher sein dürften.
Nachfrage
Chance: Schwellenländer mit überproportionaler Nachfragezunahme
Risiko: Konjunkturelle Nachfrageschwankungen, insbesondere in den Abnehmerbereichen Bau und
Fahrzeugbau
Der Fahrzeugbau ist immer noch der bedeutendste Abnehmerbereich technischer Textilien
Im Vergleich zu anderen
Wirtschaftsbereichen ist der
Sektor technische Textilien
überdurchschnittlich gewachsen
Die globalen Wachstumsraten für technische Textilien i.e.S. waren im Vergleich zu anderen Sektoren überdurchschnittlich hoch, in ihren einzelnen Anwendungsgebieten aufgrund verschiedener treibender Faktoren aber durchaus unterschiedlich. Ein wesentlicher Grund dafür ist der hohe Innovationsgrad und die daraus resultierende permanente Eroberung neuer Anwendungsbereiche.
Derzeit dominieren immer noch die Anwendungsbereiche Mobiltech (Fahrzeugbau), Indutech (u.a.
Fahrzeugbau, Sport- und
Freizeitbereich sind immer noch
die bedeutendsten Absatzgebiete,
Umwelt- und Bautechnik aber mit
den höchsten Wachstumsraten
Filtration) und Sporttech. Andere, teilweise sehr viel jüngere Produktgruppen wie Oekotech oder Geotech holen aber deutlich auf. Mobiltech ist gleichzeitig der Anwendungsbereich, in dem das Mengenwachstum das Umsatzwachstum am stärksten überstieg; damit ist belegt, dass der enorme Preis- und
Wettbewerbsdruck im Fahrzeugbau den Bereich der technischen Textilien nicht ausspart.
Gemessen am durchschnittlichen Absatzpreis je Tonne gehört der Bereich Mobiltech zusammen
mit Sporttech und Protech aber dennoch zu den Bereichen mit der höchsten Wertschöpfung. Dagegen
ist die Wertschöpfung bei Packtech, Geotech und Hometech auffällig gering.
11
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Globale Wachstumsperspektiven technischer Textilien
Subsektor
Agrotech
Buildtech
Weltmarktanteil
in %,
2010
Durchschnittspreis
je t
2010
in T$
CAGR
00–05
in %
CAGR CAGR CAGR
05–10 11–13e 14–18f
in %
In %
In %
8,0
7,0
8,4
3,2
0,9
3,5
3,8
4,0
3,0
Wachstum Weltbevölkerung, steigender
Nahrungsmittelbedarf, Erschließung neuer
Anbauflächen, Steigerung der Effizienz
11,0
7,0
3,6
4,5
4,7
4,6
4,7
2,5
5,0
Global stark zunehmende Urbanisierung,
Ersatz konventioneller Baustoffe,
Wärmedämmung, Sanierung bestehender
Bauwerke
5,0
2,7
3,0
2,9
3,2
2,9
4,9
5,0
4,9
5,0
3,4
2,7
2,5
2,7
2,7
6,6
3,7
4,8
4,0
4,8
3,51
4,8
4,9
4,4
4,3
8,8
2,8
0,9
3,0
1,3
3,5
6,7
5,9
6,5
5,6
1,8
3,3
4,2
3,5
4,2
20,2
3,3
2,6
3,6
2,8
13,8
3,2
3,0
3,4
3,2
5,0
4,5
Steigende Ausgaben für Sport- und
Freizeitprodukte, insbes. in
Schwellenländern
5,3
3,4
3,0
3,6
3,2
2,5
3,0
Permanente Eroberung neuer
Anwendunsgbereiche
Clothtech
7,0
6,0
Globales Wachstum, Bekleidungsproduktion
und steigender Anteil Funktionskleidung
3,0
3,5
Geotech
2,0
1,0
Global stark zunehmende Urbanisierung,
Infrastrukturprojekte in Schwellenländern
4,0
5,5
Hometech
12,0
7,0
Steigende Ausgaben für Wohnen in
Schwellenländern
2,0
3,5
Indutech
14,0
17,0
Global steigende Industrieproduktion und
deren Komplexität
3,0
4,5
Medtech
10,0
7,0
3,5
4,0
Mobiltech
14,0
23,0
2,0
1,0
Ausbau Gesundheitsversorgung in
Schwellenländern, demographische
Entwicklung, Nano-, Bio-,
Oberflächentechnologie
Gewichtsreduzierung, wachsende
Fahrzeugproduktion
2,0
5,0
Oekotech
Steigende Umweltbelastungen und -standards, Nachhaltigkeitsstreben
5,5
6,5
Packtech
Stetig zunehmender Welthandel
15,0
5,0
1,5
1,5
Protech
1,0
5,0
Sich ständig verschärfende
Sicherheitsstandards und -bedürfnisse
2,5
3,5
Sporttech
6,0
15,0
Gesamt
Wachstumstreiber
100
100
Nach Produktion in t, nach Umsatz in US$
Quelle: in Zusammenarbeit mit IVGT und Messe Frankfurt entwickelte Schätzungen und Prognosen, Copyright: Techtextil, Messe
Frankfurt Exhibitions
Bei Vliesstoffen dominiert der Hygienebereich die Nachfrage
Hygieneprodukte wie Windeln, Kosmetiktücher etc. sind das immer noch mit Abstand bedeutendste Anwendungsgebiet von Vliesstoffen, gefolgt von Bauprodukten und Wischtüchern. Dabei
liegen die Vorzüge von Vliesstoffen neben der im Vergleich zu anderen Produktarten besseren
Kosteneffizienz vor allem in der Feuchtigkeitsabsorption, einer doppelten Feuchtigkeitsbarriere
sowie u. a. in ihrer Weichheit, Dehnbarkeit und Elastizität oder auch Atmungsaktivität.
Bei Vliesstoffen ist der
Hygienebereich immer noch das
bedeutendste Anwendungsgebiet
12
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Der H ygienebereich ist im mer noch der bedeu tendste Ab nehmerbereich
Weltmarktanteile bei Vliesstoffen 2012 nac h t
So nstiges
12%
Schuhe/Bekleidung
3%
Medizin
3%
Filtration
4%
Vielzahl an Abnehmerbereichen
bei Vliesstoffen
Hygiene
32%
Fahrzeugbau
5%
Möbelindustrie
5%
Bau
20%
Wischtücher
16%
Quelle: Edana
Bau und Fahrzeugbau prägen die Entwicklung bei Faserverbundwerkstoffen
Composites mit vielen vorteilhaften
Eigenschaften und hoher
Innovationsgeschwindigkeit
Bei den textilen bzw. textilverstärkten Verbundstoffen (Composites) dominiert demgegenüber
mengenbezogen
der
Baubereich
vor
Fahrzeugbau/Transport,
dem
Maschinenbau
und
Elektro/Elektronik; die höchsten Wachstumsraten hatten demgegenüber aber die noch vergleichsweise kleinen Abnehmerbereiche Windkraft und Luftfahrt. Die Vorzüge der textilen Verbundstoffe
liegen vor allem in der Gewichtsersparnis bei gleichzeitig guten Zugfestigkeits- und Biegeeigenschaften und sowie höchster Korrosionsbeständigkeit. Darüber hinaus können elektrische und
Wärmeleitfähigkeit eine Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund ist gerade bei Composites mit einer
anhaltend hohen Innovationsgeschwindigkeit zu rechnen.
Globales Wachstum bei Composites
Abnehmersektor, Mio. t
Weltmarktanteil in % 2010
CAGR 05– 10 in %
Bau
31
4,4
Fahrzeugbau, Transport
19
4,9
Elektro, Elektronik
16
5,4
Rohrleitungs- und Behälterbau
12
5,2
Konsumgüter, u. a. Sportgeräte
6
3,2
Schiffsbau
6
2,2
Windenergie
3
10,1
Luftfahrt
1
8,9
Sonstige
6
3,8
Gesamt
100
4,4
Quellen: Gherzi, eigene Schätzungen
Die Wachstumsprognosen für den
gesamten Sektor dürften
mittelfristig zwischen 3% und
8% liegen
Die Wachstumsprognosen sind unverändert günstig und schwanken für den gesamten Sektor
der technischen Textilien mittelfristig zwischen 3 und 8% p. a.; für die Subsektoren Nonwovens
und Composites (bei letzteren prognostiziert der VDMA in einer Studie von Roland Berger 7 %
jährliches Umsatzwachstum bis 2020 für hochfeste Composites) liegen sie insgesamt sogar am
oberen Ende dieser Skala und für Teilbereiche wie etwa den Carbonfaserleichtbau sogar deutlich
darüber. Insbesondere bei CFK findet dieses Wachstum allerdings volumenmäßig in der Nische
statt, getrieben von den Segmenten Automotive (+ 14 % p. a.) und Windkraft (+ 20 % p. a.) Maschinen-/Anlagenbau (+ 14 % p. a.) und Luft-/Raumfahrt (+ 12 % p. a.).
Buildtech und Geotech mit den
besten Wachstumsaussichten;
Oekotech wird als Nische rasant
an Gewicht gewinnen
Die besten Wachstumsaussichten technischer Textilien werden für die nächsten 10 Jahre nach
Meinung von Branchenexperten von IVGT, Messe Frankfurt und Commerzbank in den Anwendungsbereichen Build-, Geo-, Mobil- und Medtech gesehen; außerdem sollte das bislang noch als
13
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
reine Nische wahrgenommene Anwendungsgebiet Oekotech rasch an Gewicht gewinnen. Wichtigster Träger des Wachstums ist mehr oder weniger in allen Szenarien die hohe Innovationskraft
und die daraus resultierende Eroberung neuer Anwendungsgebiete.
Regional betrachtet werden dem asiatischen Absatzmarkt mit China an der Spitze, gefolgt von
Indien und den anderen Schwellenländern (v. a. Russland, Afrika), die besten Aussichten einge-
China und andere
Schwellenländer mit den besten
Wachstumsaussichten
räumt.
Angebot
Weltweites Angebot: auch 2014 Produktionsanstieg in Industrieländern
Chance: Breiter Raum für Innovationen, sowohl bei Produkten als auch bei Verfahren
Risiko: Technologisch verfehlte Investitionen
Der Faserverbrauch bei technischen Textilien hat sich analog des Marktwachstums deutlich erhöht,
wobei der Anteil der Chemiefasern im Zeitablauf stärker zugenommen hat und mehr als 80% beträgt.
Die Strukturen im Faserverbrauch
haben sich in den letzten Jahren
deutlich verschoben
Diese Entwicklung wird sich mittelfristig fortsetzen. Im Detail stellte sich der Faserverbrauch wie
folgt dar:
Weltweiter Faserverbrauch bei technischen Textilien nach Fas erarten 2010 - Chemiefasern überwiegen
deutlich
Glas
15%
Sonstige
1%
Polyester
2 5%
High Performance
Fasern
5%
Spezialvarianten
herkömml. Fasern
25%
Bereits hoher Anteil von Spezialund High Performance Fasern
Jute, etc.
14 %
Baumwolle
7%
Polyamide
7%
Sonst. cellulosische Viskose
3%
3%
Polyolefin
25%
Herkömmliche Fasern
70%
Quelle: CIRFS
Insbesondere in Europa, aber auch in der übrigen Welt hat die Branche nicht nur eine Vielzahl
neuer Anwendungsbereiche wie Medizin, Luftfahrt oder Umwelt, sondern sich neben eher traditionellen Produktionstechnologien wie Weben, Stricken oder Flechten zunehmend auch die neueren
Technologien wie etwa die Verbund- und Vliesstofftechnik erobert. Dies gilt in besonderer Weise
für die deutsche Branche, die in dieser Hinsicht in den zurückliegenden Dekaden bereits einen
bemerkenswerten Strukturwandel vollzogen hat und auch in der Zukunft zu den Innovationsführern zählen wird. Diese Veränderungen kommen auch in der Entwicklung der Faserverarbeitungsarten zum Ausdruck. Auch so gesehen hat der Vliesstoffbereich rasant an Gewicht gewonnen und
wird dies zumindest mittelfristig auch weiter tun.
Entwicklung der
Produktionsverfahren treibt die
Zahl der Einsatzgebiete
technischer Textilien
14
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Der Anteil h erkömmlicher Verarbeitungsverfahren nimm t ab
Faserverabeitung bei technischen Textilien in Europa in Mio. t (o. Glasfasern)
3000
2500
Vliesstoffverarbeitung mit dem
höchsten Anteil der Faserverarbeitung in Europa
2000
1500
1000
500
0
2000
2005
2006
Ga rn (Weben, Stric ken, Flechten etc.)
2007
2008
Unspun
2009
2010
Vl iesstoffe
Quelle: CIRFS
In der Vliesstoffherstellung haben Spunbond- und Carded-Technologien permanent an Bedeutung gewonnen
Spunbond- und Carded-Verfahren
vor allem mit Vorteilen bei
Gewicht und Herstellungskosten
Insbesondere die Spunbond-Verfahren (s. Glossar) setzen sich bei der Nonwovens-Produktion zunehmend gegenüber anderen Verfahren durch. Die Vorteile gegenüber anderen Verfahren liegen
hauptsächlich in günstigeren Festigkeits-/Gewichtsrelationen, höherem Reiss-, Schneide-, Knitter- und
Faltenwiderstand sowie hohem Porengehalt und damit günstigeren Wasserabsorptionseigenschaften.
Die Haupteinsatzgebiete liegen in den Bereichen Bau, Fahrzeugbau, Hygiene und Medizin. Die Spunbond-Verfahren werden immer häufiger in Verbindung mit Meltblown-Technologien (s. Glossar) eingesetzt. Meltblown-Verfahren erzeugen zwar vergleichsweise weniger feste, dafür aber in der Regel
mehrschichtige, weiche und durch die Erzeugung von Mikrofasern oberflächengrößere Strukturen mit
entsprechend guten Isolier- und Filtereigenschaften. In Verbindung mit Spunbond-Verfahren erreicht
man darüber hinaus u. a. eine bessere Sperre gegenüber Flüssigkeiten, insbesondere Körperflüssigkeiten, sowie sonstigen Partikeln, z. B. in der Filtertechnik. Ähnlich stark wie Spunbond-Verfahren nehmen unvermindert auch Carded- Technologien (s. Glossar) weiter zu.
Wetlaid-Verfahren mit
Kostennachteilen, Airlaid mit
Qualitätsschwankungen
Im Vergleich dazu ist die Bedeutung von Wetlaid- (im Grunde ein modifiziertes Papierherstellungsverfahren, bei dem die Fasern eingeschlämmt werden; s. Glossar) und Airlaid-Verfahren eher begrenzt.
Beide Verfahren sind deutlich aufwändiger. Wetlaid-Verfahren ermöglichen die Einarbeitung von chemischen Bindemitteln oder Partikeln bzw. die Verarbeitung von kleineren oder brüchigeren Fasern
und werden u. a. bei der Herstellung von medizinischer Schutzkleidung, Bett-/ Tischwäsche oder
Wandverkleidungen angewendet. Airlaid-Verfahren (Gelegebildung unter Einsatz von Luftstrom; s.
Glossar) haben ihre Vorteile in der Kombination verschiedener Faserarten oder in der Möglichkeit,
dreidimensionale Strukturen zu erzeugen, haben ihre Grenzen aber vor allem in einer größeren Fehlerbzw. Ausschußquote; sie finden u. a. bei der Herstellung von Füllstoffen oder Filtermedien Anwendung.
15
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
G lo ba le E nt wic k lung de r V lie s s t o f f pro duk t io ns v e rf a hre n
M io t
5
4
Spunbond- und Carded-Verfahren
nehmen deutlich zu
4
3
3
2
2
1
1
0
2002
Spunbond
2007
Car ded
2012
Air laid
Wet laid
Quelle: Gherzi, Commerzbank Schätzungen
Glasfasern sind immer noch der mit Abstand bedeutendste Rohstoff bei der Herstellung von
Composites
Über 95% aller verwendeten Fasern bei der Herstellung von textilverstärkten Verbundwerkstoffen
sind immer noch Glasfasern (sog. AR-Glas, s. Glossar). Danach kommen Aramid- (s. Glossar) Karbonund Basaltfasern sowie Spezialglasfasern für besondere Anforderungen. Zu einem sehr kleinen, aber
steigenden Teil werden insbesondere im Premiumfahrzeugbau auch Naturfasern wie Flachs oder Hanf
für die Herstellung von Verbundwerkstoffen verwendet.
Die Herstellung erfolgt teilweise ganz ähnlich den Verfahren der übrigen Textilindustrie. Filamente
(Endlosfasern) werden zu Bündeln oder Strängen (sog. Rovings) geformt, aus denen dann, meist durch
Weben oder Flechten, textile Flächen (sog. Preforms) gebildet werden. Zunehmend werden bei der
textilen Flächenbildung aber auch textile Gelegeverfahren eingesetzt (sog. Non Crimp Fabrics, s. Glossar), die gegenüber herkömmlichen Web- und Flechttechniken Schnelligkeits- und teilweise Festigkeitsvorteile haben. Daneben erfolgt die Herstellung aber auch direkt vom Roving. So werden bei-
Neben traditionellen Web- und
Flechttechniken kommen bei der
Composites-Herstellung
zunehmend auch
Gelegetechniken, sog. Non Crimp
Fabrics, zum Einsatz
spielsweise bei der sogenannten Pultrusion die Fasern direkt, endlos in ein Bauteil eingebracht. Bei
anderen Verfahren, etwa dem Faserspritzen oder der SMC Technologie werden die Fasern als geschnittene Fasern verwendet. Daneben ist auch der Einsatz von Kurzglasfasern sehr weit verbreitet.
Prepregs (mit Kunstharz vorimprägnierte Faserstrukturen) sind bei der Composites-Herstellung
ein Zwischenprodukt, das auf Rollen geliefert und in mehreren Schritten , durch Nähen oder thermotechnische Prozesse zu mehrlagigen Verbundwerkstoffen verarbeitet wird. Allein der weltweite
Markt für Prepregs ist in den letzten Jahren recht schnell auf ein Niveau von mehr als 3 Mrd. $ im
Jahr 2013 gewachsen.
Kosten
Chance: Fortschritte in den Verfahrenstechniken
Risiko: Steigende Energie- und Rohstoffkosten
Die Kostenstrukturen werden immer noch weit überwiegend von den Rohstoffkosten geprägt. Der
Anteil der Energiekosten nimmt allerdings spürbar zu.
Der Markt für sogenannte
Prepregs wächst stark
16
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Kostenstruktur der deutschen Produzen ten 2011
Herstellung von Vliesstoffen
0,6%
3,7%
Herstellung von techn. Textilien
10,3%
18%
2,1%
Materialkosten überwiegen
1%
2%
2%
18,6%
60,1%
22%
5 2%
4,6%
3%
Material
Energie
Personal
Mieten, Pachten
Abschreibungen
Fremdkapitalzinsen
Sons tige
Quelle: GTM
Eine langfristig spürbare
Verknappung von Chemie- und
Baumwollfasern könnte zu einem
verstärkten Einsatz von Viskose
führen
Die Preise für Chemiefasern sind in den letzten beiden Jahren zwar deutlich gesunken, nachdem
sie seit 2010 und 2011 kräftig gestiegen waren. Sie liegen aber immer noch weit über dem Niveau des
Jahres 2005. Im Verlauf sehr ähnlich, aber noch viel ausgeprägter, war die Entwicklung bei Baumwolle.
In naher Zukunft ist mit einem moderaten Anstieg der Preise sowohl bei Chemiefasern als auch bei
Baumwolle zu rechnen. Mit Blick auf die begrenzten Anbauflächen bei Baumwolle bzw. die steigenden
Energie- und Ölpreise bei gleichzeitig rasant wachsender Weltbevölkerung gibt es allerdings auch vereinzelt Stimmen, die eine zunehmende Verknappung von Chemie- und Baumwollfasern vorhersagen
und daher langfristig von stark steigenden Chemie- und Baumwollpreisen ausgehen.
C he m ie f a s e rpre is e a uf im m e r no c h ho he m N iv e a u, P re is s c hwa nk unge n be i B a um wo lle e xt re m
Entwicklung der wichtigsten Faserpreise indexiert, 2005=0
%
25
160
20
140
15
120
100
10
80
5
60
0
40
-5
20
-10
0
2005
2006
2007
2008
Glasf asern
*auf €-Basis
Composites haben gegenüber
Stahl und anderen Werkstoffen
zwar deutliche Gewichts- und
Festigkeitsvorteile, aber immer
noch erhebliche Kostennachteile
2009
Chemief asern
2010
2011
2012
2013
Baumwolle (recht e Skala)
Quelle: Stat. Bundesamt, VCI, Bloomberg
Anders die Entwicklung bei Glasfasern; die Entwicklung zeigt zwar ähnliche zyklische Ausschläge. In
der Tendenz sind die Einfuhrpreise aber zumindest nicht gestiegen. Damit dürfte sich die Entwicklung
auf dem europäischen Composites-Markt auch in der Entwicklung der Glasfaserpreise widerspiegeln.
Für die Zukunft gehen wir allerdings auch bei Glasfasern von moderat steigenden Preisen aus, wenngleich im Composites-Bereich der Anteil von Karbonfasern gegenüber Glasfasern überproportional
wachsen dürfte; maßgeblich dafür sind die deutlichen Gewichts- und Festigkeitsvorteile von Karbonfasern bei allerdings immer noch erheblichen Kostennachteilen. Insofern wird die Entwicklung auf dem
Composites-Markt insgesamt, aber insbesondere auch bei Karbon, maßgeblich von den Abnehmerbereichen mit dies betreffend besonders hohen Anforderungen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Premi-
17
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
umfahrzeugbereich sowie der Windenergie u. ä. getrieben werden. Ähnlich wie bei Chemiefasern ist
die Lieferantenseite bei Glas- und Carbonfasern global bereits stark konsolidiert.
Faser/Material
Einheit
Glas (E-Glas)
Aramid
Karbon
Dichte
g/cm3
2,48– 2,55
1,43– 1,47
1,8
Stahl (Flach)
7,8
Festigkeit
MPa
2200
3600
4800
370
Kosten
€/kg
1,2
20– 25
14– 35
0,45
Quelle: Gherzi
Die Energiepreise werden zunehmend zum Standortnachteil der deutschen Produzenten
Die Stromkosten der deutschen Industrie sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und
werden dies in Anbetracht der aktuellen energiepolitischen Diskussion wohl auch weiterhin tun. Dabei
sind die Energiekosten der deutschen Produzenten bereits heute nicht nur im globalen Vergleich, sondern auch im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn deutlich höher.
In dustriestromp reise, indexiert
Entwicklung der Strompreise für die Industrie in Deutschland
Jahresverbrauch 160 bis 20.00 0 MWh, Index 1998=100
160
120
Mrd. $
90
120
2,0
15,0 23,0
3 9,0 41,0 60,0 72,00
60
1 00
80
78,0 7 6,0 78,0
59,0
30
40
9 8,0 94,0 93,0 9 5,0 96,0
84,0 76,00
74,0
48,0
61,0
78
69
48
0
i
a
n
d
a
ich ni en l ien la n rk e l and land or e hi n il ie U SA
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T ü sc h u ss d k
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B
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u
Fr
De
0
1998 2009 2010 20 11 2012 2013 2 014
Er zeugung, Transport, Vertrieb
Quelle: BdEW
Steuern u. Abgaben
Quelle: VIK, Stahltag 2011
Nimmt man die Arbeitskosten der gesamten deutschen Textilindustrie zum Maßstab, von der bereits nach den Angaben des Stat. Bundesamtes mehr als 50% auf Vliesstoffe und technische Textilien
entfallen, so sind die Arbeitskosten in Deutschland in den letzten Jahren dank maßvoller Tarifabschlüsse nur moderat gestiegen. Im europäischen Vergleich liegt man dies betreffend im Mittelfeld.
Arb eitskosten in der deutsch en Texti lindustrie
Arbeitskosten im Ländervergleich
T€ je Beschäftigter
€/h
42,0
40,1
38,8
43,5
4 5,0
36,0 35,0 34,5 34,0 33,0
3 2,5 32,0 32,0 30
3 ,0
09
20
2
0
01
11
20
Quelle: GTM, eigene Schätzung
12
20
e
13
20
a
e
n
d
n
h
d
n
h
ie
ic
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t
F
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S
D
i
Ö
F
N
De
k
ar
18
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Ertragslage
Chance: Erschließung weiterer Anwendungsgebiete
Risiko: Nachfrageeinbrüche in den wesentlichen Abnehmerbereichen
Keine verlässlichen Daten zur
Ertragslage der Branche
Aussagefähige Kennziffern zur Ertragslage lassen sich aus verschiedenen Gründen (unpräzise
Branchenzuordnungen der Unternehmen, häufig gemischte, nicht ausschließlich auf technische Textilien fokussierte Aktivitäten) nur schwer generieren. Dennoch lassen die verfügbaren Informationen
eine Reihe aussagefähiger Rückschlüsse zu.
Bei wirtschaftlicher Belebung
sollten die deutschen Hersteller
technischer Textilien überdurchschnittlich partizipieren
Die Umsätze der deutschen Produzenten hatten sich in den Jahren 2010 und 2011 von den massiven Einbrüchen im Krisenjahr 2009 wieder gut erholt, ehe 2012 erneut Rückgänge zu verzeichnen waren. Danach lagen die Werte wieder in etwa auf dem Niveau des Jahres 2007. Seitdem ist eher eine
Seitwärtsentwicklung zu beobachten, die sich im laufenden Jahr noch fortsetzen dürfte. Sofern sich die
Weltwirtschaft insgesamt und insbesondere auch die Wirtschaft in den europäischen Peripheriestaaten
in dem zu erwartenden Maß erholt, sollte die deutsche Branche daran mittelfristig überdurchschnittlich partizipieren. Wir prognostizieren für den €-Raum ein Wachstum von +1,0% in 2014 und von
1,2% in 2015.
Um s a t ze nt wic k lung in D e ut s c hla nd inde xie rt , 2 0 0 7 = 0
Umsätze der deutschen
Vliesstoffhersteller wieder leicht
über Vorkrisenniveau, die der
übrigen technischen Textilien
aber deutlich darüber
%
25
20
15
10
5
0
-5
-10
-15
-20
-25
-30
2007
2008
2009
Vliesst of f e
2010
2011
2012
2013
Technische Text ilien
Quelle: GTM, Stat. Bundesamt, eigene Schätzungen
Vliesstoffe mit deutlich
günstigerer Margenentwicklung
als übrige technische Textilien
Allgemein sehen sich Hersteller von Technischen Textilien wie auch andere Zulieferindustrien einem hohen Preisdruck ausgesetzt, der sich ausgehend von den Herstellern der Endprodukte bzw. dem
Groß-/Einzelhandel durch die gesamte Wertschöpfungskette zieht. Exemplarisch hierfür sind der Bereich Automotive oder Discounter von Verbraucherprodukten. Allein gemessen an der Entwicklung der
Erzeugerpreise im Vergleich zum Chemiefaserpreis dürften sich die Margen bei der Herstellung von
technischen Textilien in Deutschland 2010 und 2011 deutlich verengt haben; die Chemiefaserpreise
stiegen deutlich stärker als die Erzeugerpreise. Seitdem ist wieder eine Erweiterung der Rohmargen zu
beobachten. Demgegenüber spricht die Entwicklung der entsprechenden Indizes bei Vliesstoffen bis
2012 für vergleichsweise stabile Margen, die sich im letzten und im laufenden Jahr aber spürbar ausgeweitet haben bzw. weiter ausweiten könnten.
19
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Erzeuger- und Chemiefaserpreis entwickelten sich sehr unterschied lich
Wer te indexier t, 2007=0
20
15
10
5
0
-5
20 07
2008
2009
2010
2011
Erzeuger preis Technisc he Textilien
2012
2013
Er zeuger pr eis Vlie sstoffe
2014*
Chemiefa serpreis
Quelle: Stat. Bundesamt , *Commerzbank Prognosen
Ertragslage stark schwankend, aber insgesamt zufriedenstellend
Offensichtlich ist der Chemiefaserpreis als Materialkostenfaktor nur bedingt maßgeblich. Bei technischen Textilien standen den Umsatzsteigerungen von 2010 bis 2012 insgesamt deutliche Margenverengungen gegenüber. Im vergangenen Jahr dürften sich die Ertragsmargen bei knapp behaupteten
Technische Textilien mit starkem
Umsatzwachstum nach der Krise,
aber verengten Margen
Umsätzen aber wieder leicht ausgeweitet haben. Insgesamt, d.h. über einen Konjunkturzyklus betrachtet, bewegt sich die Ertragsentwicklung der Branche zwar auf einem zufriedenstellenden Niveau; allerdings ist die Situation innerhalb der Branche sehr unterschiedlich.
Hersteller technischer Textilien in Deutschland
2009
2010
2011
2012
2013*
Wareneinsatz/Umsatz
In %
48,2
52,3
53,1
54,6
53,5
Ebitda/Umsatz
3,2
9,9
11,5
8,0
8,5
Ebit/Umsatz
0,4
7,6
9,4
5,9
6,5
Quelle: Feri, *Commerzbank Schätzungen
Bei den Vliesstoffherstellern fiel die Umsatzerholung von dem Krisenjahr 2009, in dem die deutsche Branche auch insgesamt in die Verlustzone abrutschte, nicht ganz so eindrucksvoll aus wie bei
den deutschen Herstellern von technischen Textilien. Auch gegenüber den anderen europäischen
Deutsche Vliesstoffhersteller haben
sich von der Krise offenbar langsamer erholt als ihre europäischen
Wettbewerber
Vliesstoffproduzenten fiel man demnach ab. Gemessen an den Ertragsmargen war das Ertragsniveau
über den Konjunkturzyklus betrachtet auch niedriger als bei den Herstellern technischer Textilien.
Hersteller von Vliesstoffen in Deutschland
In %
Wareneinsatz/Umsatz
Ebitda/Umsatz
Ebit/Umsatz
2009
2010
2011
2012
2013*
54
58,9
61,8
62,5
62
4,1
7,2
7,3
5,3
5
– 1,7
2,9
3,1
1,5
1,2
Quelle: Feri, *Commerzbank Schätzungen
Für die Hersteller von Composites lagen uns dagegen keine Ziffern vor. Nach Maßgabe aller verfügbaren Informationen gehen wir hier von einer zumindest im Vergleich zur Herstellung technischer
Textilien etwas schwächeren Ertragslage aus. In dieser Einschätzung spiegelt sich auch, dass sich das
Segment teilweise noch im Pionierstadium seines Lebenszyklus befindet. Die Ertragslage dürfte sich
aber ggf. in Zukunft durch die Entwicklung von Großserien- und Massenproduktionsverfahren und die
damit mögliche Realisierung von Skaleneffekten überdurchschnittlich verbessern.
Die Ertragspotenziale bei
Composites werden sich erst in
Zukunft durch Entwicklung von
Großserien- und Massenproduktionsverfahren voll entwickeln
20
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Langfristige Trends
Neue Anwendungsgebiete
Neue Forschungsgebiete als
Quelle neuer textilbasierter
Produkte
Technische Textilien haben bereits in den vergangenen Jahren eine Vielzahl neuer Anwendungsgebiete erobert und herkömmliche Materialien ersetzt. Beispiele unter unüberschaubar vielen sind textile
Bewehrungsmaterialien für den Betonbau als Ersatz von Baustahlmatten, textile Verbundwerkstoffe als
Ersatz für Stahlblech im Fahrzeugbau oder auch textilbasierte Prothesen oder künstliche Arterien in
der Medizintechnik als Ersatz entsprechender Kunststoffprodukte. In Zukunft könnte sich diese Entwicklung sogar noch beschleunigen, weil sie durch eine ganze Reihe von neuen Forschungsgebieten
getragen wird.
Bionik bietet enorme Potenziale
hinsichtlich Konstruktionsprinzipien, Materialeinsatz
und Energieeffizienz
• Eines der betrachteten Forschungsfelder ist die sogenannte Bionik. Die Nutzung von Prinzipien und
Wirkmechanismen der Natur ist noch eine vergleichsweise junge Wissenschaft, die aber enorme
Potenziale hinsichtlich Konstruktionsprinzipien, Materialeinsatz und Energieeffizienz bietet. Mit
Blick auf Faser- bzw. textile Strukturen zählen zu diesen neuen Einsatz- und Anwendungsgebieten
z.B. selbstreinigende Oberflächen, textile Abdichtungen, Porenstrukturen, Haftoberflächen, Leichtbaukomponenten etc. Produkte wie der Nebelfänger zur Wassergewinnung aus der Luft sind industriell umsetzungsreif.
Photovoltaik auf textilen
Oberflächen ist bereits heute
Stand der Technik
• Ein besonders relevantes, benachbartes Forschungsgebiet ist die Energieerzeugung und Speicherung mit Fasern. Photovoltaik auf textilen Oberflächen ist bereits Stand der Technik, erste photovoltaische Fasern mit geringem Wirkungsgrad im Labor verfügbar. Auch an der Realisierung von Photosynthese auf Basis textiler Flächen wird intensiv gearbeitet. Textile Fassaden- und Dachflächen
als regenerative Quellen zur Erzeugung von Energie oder Trinkwasser sind keine Utopie. Darüber
hinaus überzeugen derartige Produkte, da weitgehend auf natürlichen Rohstoffen basierend, meist
auch unter Nachhaltigkeitsaspekten.
Die Nano-Technologie erlaubt die
Übertragung einer Reihe unterschiedlicher Funktionalitäten auf
textile Strukturen
• Ein weiteres wichtiges Forschungs- und Entwicklungsgebiet ist die Nano-Technologie. Generell
lassen sich durch nanostrukturierte Oberflächen eine Reihe unterschiedlicher Funktionalitäten auf
textile Strukturen übertragen. Insbesondere Schmutz- oder Wasserabweisung – bekannt aus der
Natur als Lotus-Effekt – standen dabei bislang im Vordergrund der Entwicklung. Damit können textile Strukturen aber auch mit einer Reihe weiterer Eigenschaften wie Wasch- und Abriebfestigkeit,
Gleitfähigkeit, elektrische Leitfähigkeit oder magnetische Abschirmbarkeit, katalytische Selbstreinigung, spezielle Filtrations- und Bindungseigenschaften (z.B. als chemische Katalysatoren), gesteuerte Abgabe von Inhaltsstoffen wie Arzneien etc. ausgerüstet werden. Gegenstand der Forschung
und Entwicklung sind nicht nur die Beschichtung oder anderweitige Veredlung textiler Produkte,
sondern auch die Entwicklung gänzlich neuer textiler Produkte und Anwendungen. Die wichtigsten
Anwendungsgebiete sind derzeit die Bereiche Filtration, Medizin und Schutztextilien.
Die Integration von
Mikroelektronik und Sensorik in
die Textilherstellung wird häufig
unter dem Begriff „Smart
Textiles“ zusammengefasst
• Die Integration mikroelektronischer und sensorischer Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in
die Textilherstellung dürfte ebenfalls ein großes Feld neuer Produkte und Anwendungsgebiete darstellen, die häufig unter dem Begriff „Smart Textiles“ zusammengefasst werden. Erste Entwicklungsstufe war die reine Integration von mikroelektronischen oder sensorischen Bauteilen und Instrumenten in textile Produkte. Aktuelle Arbeiten gehen nun dahin, entweder die Fasern selbst oder
Beschichtungen mit elektrischer Leitfähigkeit oder sensorischen Eigenschaften auszustatten, um
textile Elektroden oder „gedruckte“ Elektronik zu ermöglichen. Die primären Anwendungsgebiete
für derartige Produkte dürften u. a. die Bereiche Medizin (incl. des Pflegebereichs), der Schutzbereich, der Sport- und Freizeitbereich und - vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung des
Themas Elektromobilität – insbesondere der Fahrzeugleichtbau sein. Wohl erst in einigen Jahren
könnten auch vollkommen neue textile Produkte wie textile Displays, Textilien mit Farbwechselund Selbstreinigungsfunktion, energiespeichernde Flächen, selbstheilende Strukturen oder reaktive
Schutztextilien entstehen.
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
• Dreidimensionale, textile Strukturen wie Abstandsgewirke, -gestricke, -gewebe oder auch Geflechte
sind vielleicht schon keine völlig neue Technologie mehr bei der Herstellung technischer Textilien,
aber immer noch eine sehr junge. Insbesondere in der Vliesstoffproduktion hat sich in jüngster Zeit
durch die Entwicklung und Einführung von Abstandstechnologien aber eine Vielzahl neuer Anwendungsbereiche eröffnet. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Medizin und Filtertechnik. Durch
21
Die Entwicklung und Einführung
von 3D-Textilstrukturen hat
bereits insbesondere in der
Vliesstoffproduktion eine Vielzahl
neuer Anwendungsgebiete
eröffnet.
die Mehrschichtigkeit oder Porigkeit textiler 3D-Strukturen generierten Gradientenstrukturen ergeben sich z.B. Vorteile bei der Züchtung und Entwicklung von Zellstrukturen oder bei der Abscheideeffizienz von Partikeln. Bei der Herstellung von Preforms für Verbundwerkstoffe wird mit dreidimensionalen Sticktechniken experimentiert.
Neue Herstellungsverfahren
Bei der Entwicklung neuer Herstellungsverfahren spielen die o. g. Forschungs- und Entwicklungsgebiete im Grunde eine ebenso bedeutende Rolle. Darüber hinaus gibt es allerdings auch unter diesem
Aspekt noch eine Vielzahl anderer Weiterentwicklungen, deren Tempo sich permanent zu beschleunigen scheint.
• Dazu zählt im weiteren Sinne auch die Biotechnologie, z.B. eine Herstellung von Fasern allein mit
Hilfe von Bakterien, Pilzen oder auf biobasierten Rohstoffen, ohne Einsatz von Erdöl oder sonstigen
begrenzt verfügbaren Ressourcen. Massenproduktionsverfahren auf Basis derartiger Technologien
würden insbesondere auch unter Nachhaltigkeitsaspekten eine große Bedeutung erlangen. Poly-
Die Faserproduktion auf Basis
von Bakterien, Pilzen oder
Milchsäure wäre insbesondere
unter Nachhaltigkeitsaspekten
von großer Bedeutung
milchsäure ist bereits industriell verfügbar, Spinnenseide noch im Forschungsstadium.
• Ähnliches gilt für biologisch reine sogenannte Chitosan-Garne. Das gesponnene Naturmaterial aus
modifizierten Panzern von Krebstieren ist absolut biokompatibel, baut sich im Körper vollständig ab
und verspricht vielfältige biomedizinische Problemlösungen. Chitin als Ausgangsbasis für chemisch
Ähnliches gilt für Chitosan-Garne
hochwertigeres Chitosan ist wie Cellulose einer der reichlich vorhandenen Naturstoffe. Er fällt z.B.
bei der Krabbenverarbeitung an. Mittlerweile gibt es erste Forschungsergebnisse, das Biopolymer
zu verspinnen und daraus Flächengebilde herzustellen. Hochreine Biogarne finden etwa in der Regenerationsmedizin Einsatz.
• Bei der Veredlung oder Bearbeitung von Textilien, Vliesen oder sonstigen Verbünden auf Polymerbasis wird z.B. auch am Einsatz von Plasma-Technologien geforscht. Plasma ist ein ionisiertes Gas,
das durch seine geladenen Teilchen eine hohe Reaktivität besitzt. Zur Ausrüstung und Veredlung
Auch die Plasma-Technologie hat
ihre Vorteile vor allem in ihrer
Umweltfreundlichkeit und
Ressourceneffizienz
technischer Textilien wird entweder in entsprechenden Kammern Niederdruckplasma eingesetzt,
wie man es z.B. aus der Neonröhre kennt. Andere Anwendungen finden im Atmosphärendruckplasma bei Luft oder auch Reaktivgasen statt. Damit lassen sich polymere Textiloberflächen unter
Einsatz geringster Mengen chemischer oder sonstiger Einsatzstoffe modifizieren, indem man sie
für kurze Zeit dem Plasma aussetzt. Einer der größten Vorteile der Plasma-Technologie wird daher
– neben ihrer Ressourceneffizienz bei ausreichend großen Produktionsvolumina – auch in ihrer
Umweltfreundlichkeit gesehen. Darüber hinaus liegen die Vorzüge in der Optimierung der Oberflächeneigenschaften ohne Veränderung der Volumencharakteristika sowie ihrer Anwendbarkeit auf
alle vakuumgeeigneten Substrate.
• Bei der Herstellung von Composites kommen zunehmend neben duroplastischen auch thermoplastische Matrixmaterialien zum Einsatz, die wiederum mit verschiedenen Verfahren laminiert bzw.
Bei der Herstellung von
Composites kommen zunehmend
Thermoplaste zum Einsatz
verschweißt werden können. Eine der jüngsten Schweißtechniken ist dabei das Ultraschallschweißen. Großer Vorteil ist die meist deutlich geringere Prozessdauer bei der Herstellung der textilverstärkten Verbünde. Thermoplaste werden darüber hinaus auch bereits als Beschichtungsmaterialien eingesetzt. Thermoplaste bilden schon heute eine sehr bedeutende Werkstoffgruppe. In Europa
werden schätzungsweise weit über 1 Mio. Tonnen kurzfaserverstärkte Thermoplaste hergestellt.
• Die Digitaldrucktechnik hat sich in den letzten 5 Jahren revolutioniert und industrietaugliche Produktionsgeschwindigkeiten erreicht. Durch die enorme Variabilität kann ihr Einsatz auf Vliesstoffen,
Geweben oder auch Teppichen zu völlig neuen Möglichkeiten hinsichtlich Dekor und optischer
Gestaltung führen. Das Gesamtproduktionsvolumen von bedruckten Textilien liegt derzeit bei ca.
25-30 Mrd. qm p. a.. Davon entfallen rund 98% auf den klassischen Textildruck (Siebdruck). Nur ca.
Die Digitaldrucktechniken
eröffnen gerade im Vliesstoffbereich völlig neue Möglichkeiten
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COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
2% der Textilien werden digital bedruckt. Für den Digitaldruck wird prognostiziert, dass innerhalb
der nächsten fünf Jahre der Anteil der digital bedruckten Textilien weltweit von 2% auf 15% steigt.
Eine verschärfte Umweltgesetzgebung erfordert neue
Produktionsverfahren
• Die sich weiter verschärfende Umweltgesetzgebung wird zur Folge haben, dass bestimmte Flammschutzmittel in der Textilveredlung, wie etwa auf Basis von Brom, in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen. Als Ersatz für den Einsatz von Flammschutzmitteln dienen heute bereits in einigen
Fällen inhärent flammgeschützte Fasern (Polyester und Viskose) oder schwer entflammbare Fasern
(Aramide, PBI, Glas etc.). Der Ersatz dieser Fasern wird insbesondere bei technischen Textilien weiter zunehmen. Beispiele sind Fasermischungen aus Wolle in Verbindung mit einer neuartigen Viskosefaser sowie Aramid- und Polyamidfasern unter Verwendung patentierter Technologie.
Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Ausrüster
Die Zusammenarbeit von
Herstellern und Ausrüstern stärkt
beiderseits die Wettbewerbsposition
Ein Großteil der Innovationsdynamik bei technischen Textilien ist sicherlich deren Ausrüstern zuzuschreiben, was letztlich auch ein wesentlicher Treiber für die auf der Ausrüsterseite in den letzten Jahren zu beobachtende Konsolidierung gewesen sein dürfte. Dabei stand neben völlig neuen Techniken
auch stets die Steigerung von Arbeitsgeschwindigkeit und Energieeffizienz im Vordergrund. Letzten
Endes liefern die Ausrüster aber nur die Ausgangstechnologie, die von den Herstellern entsprechend
so einzusetzen bzw. zu modifizieren ist, dass in Produkteigenschaften und –qualität weitestmögliche
Alleinstellungsmerkmale erreicht werden. Denn gerade die deutschen Hersteller dürften bei austauschbaren Massenprodukten mit asiatischen Herstellern unter Kostenaspekten kaum konkurrieren
können. Vor diesem Hintergrund dürfte sich die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Ausrüstern zunehmend enger gestalten.
Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Endkunden
Dies dürfte in ähnlicher Weise auch für die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Endkunden
Gleiches gilt für Hersteller und
Endkunden
gelten. Wie bereits in der Automobilindustrie weitgehend zu beobachten, dürften die Hersteller technischer Textilien auch für andere Abnehmerbereiche zunehmend zu sogenannten Systemlieferanten bzw.
vom Hersteller zum Problemlöser werden. Gerade auch für SME liegen darin erhebliche Chancen.
Erfolgs- und Risikofaktoren
Erfolgsfaktoren
Technologieführerschaft
Die Innovationsgeschwindigkeit
der Branche hat sich stetig erhöht
Die Innovationsgeschwindigkeit hat sich im Sektor der technischen Textilien in den letzten Jahren
ständig erhöht. Gerade für die deutschen, aber auch für die übrigen europäischen Hersteller wird es in
Zukunft noch mehr darauf ankommen, dabei an der Spitze der Entwicklung zu sein, um sich dem aggressiven Preiswettbewerb vornehmlich asiatischer Massenproduzenten soweit wie möglich zu entziehen. Gleiches gilt für ihre Ausrüster, mit denen die Zusammenarbeit noch weiter optimiert werden
dürfte. Auch die in Europa und besonders Deutschland einzigartige Forschungslandschaft mit ihren 16
Forschungsinstituten ist dabei ein wichtiger, oft unterschätzter Faktor, insbesondere auch, damit die
zahlreichen deutschen mittelständischen Unternehmen, die teilweise erstaunliche eigene Entwicklungsansätze liefern, an der Entwicklung der Branche partizipieren können. Untermauert wird die
Technologieführerschaft der deutschen Branche in vielen Bereichen auch durch die vielfältigen Aktivitäten bei Standardisierung und Normung, die letztlich auch vor Plagiaten und Kopien schützen.
Energie- und Rohstoffeffizienz
Effizienzaspekte gewinnen
zunehmend an Bedeutung
Vor dem Hintergrund stetig steigender Energiekosten sind gerade beim Thema Energieeffizienz die
Anstrengungen zunehmend lohnenswert geworden. Dabei geht es u. a. sowohl um den optimalen
Energiemix (Strom, Gas, etc) zur Erhöhung des Wirkungsgrads als auch um Themen wie Kraft-WärmeKopplung, Blockheizkraftwerke oder auch um Einsparungen bei Trockenverfahren etc. Gerade in der
23
| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Vliesstoffherstellung, aber auch in anderen Segmenten, dürften dies betreffend noch erhebliche Potenziale schlummern, denen sich die Forschungsarbeiten mit Blick auf wasserarme Produktions- und Veredlungsverfahren (z.B. Plasma, Minimalbeschichtung) zuwenden.
Beim Thema Rohstoffeffizienz geht es demgegenüber um die Optimierung des Fasermix unter Kosten-/Nutzenaspekten, um Rohstoffeinsparungen durch präzisere Herstellungsverfahren, beispielsweise
Dies gilt ebenso für das Thema
Rohstoffeffizienz
bei der Spinnvliesherstellung, oder auch um Rückgewinnung von Faserüberschüssen etc. Auch hier
sind die Ausrüster ein wesentlicher Träger des Fortschritts.
Nachhaltigkeitsstrategien
Das Thema Nachhaltigkeit ist gerade für die Hersteller technischer Textilien mehr als ein gesellschaftlicher Trend. Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen ist das Thema Nachhaltigkeit
letztlich auch ein Effizienzthema. Derzeit stehen dabei u. a. folgende Aspekte im Vordergrund.
Insbesondere bei der Herstellung von Verbrauchsprodukten bzw. Produkten des regelmäßigen Bedarfs rückt – auch durch die „ Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts vom November
Beim Thema Nachhaltigkeit
dürften vor allem recyclingfähige
Produkte im Vordergrund stehen
2011“ – das Thema „Post Consumer Abfallrecycling“ zunehmend in den Vordergrund. Dabei wird die
Berücksichtigung von Aspekten der Recyclingfähigkeit bereits beim Produktdesign und der Herstellung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Dies bedeutet vor allem die Erhöhung der Anteile der stofflichen Verwertung sowie die Entwicklung wirtschaftlicher Recyclingverfahren und -produkte, insbesondere auch für die vergleichsweise neuen Primärproduktbereiche wie Verbundwerkstoffe, Produkte
aus hochfesten Chemiefasern oder Smart Textiles.
Ein zentrales Thema der wissenschaftlichen Forschung zum Thema Nachhaltigkeit bei Textilien
sind die sogenannten Bio-Kunststoffe oder biologisch abbaubare Polymere (s. o.). Textilfasern auf Ba-
Biologisch abbaubare Fasern und
Produkte sind einstweilen noch
ein Zukunftsthema
sis von Milchsäure werden bereits heute produziert. Andere Biopolymere wie Chitosan haben über den
Nachhaltigkeitsaspekt hinaus auch den Vorteil, dass sie antibakteriell und antiallergen sind. Zwar befindet man sich dies betreffend noch im reinen Forschungsstadium; ein Durchbruch bei der Herstellung von Fasern und Textilien auf dieser Basis könnte ggf. erhebliche Veränderungen von Produkten
und Verfahren bedeuten. Bis auf absehbare Zeit dürfte aber für den gesamten Sektor Polyester seinen
Marktanteil am Faserverbrauch eher noch ausbauen, wenngleich auch der Anteil von Viskose auch
unter Nachhaltigkeitsaspekten noch steigen könnte. Letzten Endes wird aber sowohl auf der Seite der
Faserhersteller als auch der Faserverarbeiter an Nachhaltigkeitsstrategien im Sinne von Gewichtsreduzierung, verbesserte Haltbarkeit etc. gearbeitet.
Ein großes Potenzial für Fortschritte beim Thema Nachhaltigkeit dürfte auch noch in der Veredelung liegen; neue Beschichtungsverfahren (u. a. Magnetron-Sputtern, Bestrahlungspolymerisation,
Digitalbeschichtungen, Plasmaveredelung), die frei von Trocken- oder Verdampfungsvorgängen bzw.
Lösungsmitteln sind, sind beispielweise bereits heute in der Erprobung.
Entwicklung von Massen-/Serienproduktionstechnologien, insbesondere auch im
Composites-Segment
Dies gilt insbesondere für die carbonfaserbasierten Werkstoffe. Dazu bedarf es mittelfristig wohl
auch der Entwicklung alternativer Ausgangsmaterialien für die derzeit auch unter Kostenaspekten nur
begrenzt einsetzbaren Carbonfasern. Dabei könnten nicht zuletzt unter Nachhaltigkeitsaspekten vor
allem Biopolymere bzw. Polymere aus biogenen Ausgangsstoffen als Kohlenstoffquellen in den Vor-
Die Entwicklung von neuen
Ausgangsstoffen ist eine
Schlüsselfrage für die
Entwicklung carbonbasierter
Werkstoffe
dergrund rücken, die zudem wie bei der Bioethanolgewinnung bzw. in der Celluloseindustrie preiswert
gewonnen werden könnten. Weltweit wird derzeit in dieser Richtung intensiv geforscht und auch in
Deutschland entstehen eigens spezialisierte Kompetenzzentren wie in Denkendorf.
Großserienproduktion und anschließendes Recycling werden forschungsseitig gemeinsam betrachtet, um die besonderen Herausforderungen bei der Konstruktion, Herstellung und Wiederverwendung
multimaterialer Verbünde zu lösen. Ähnliche Hürden bei der Entwicklung von der Kleinserien- zur
Großserien- oder Massenproduktion dürften aber auch noch in anderen Nischenmärkten der technischen Textilien bestehen.
Die Entwicklung von
Großserienproduktions- und
Recyclingverfahren werden
forschungsseitig zunehmend
gemeinsam betrachtet
24
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Marke
Marke ist nicht selten ein
besserer Know How-Schutz als
Patente
Markenbildung und Markenpflege werden auch im Bereich der technischen Textilien immer bedeutender. Gehörten auf diesem Gebiet insbesondere die Faserhersteller zu den Pionieren, so sind
mittlerweile auch in den nachgelagerten Prozessstufen eine Reihe von Marken entstanden. Neben Vorteilen wie Kommunikation der Produkteigenschaften, Erhöhung des Produktimages, Steigerung des
Bekanntheitsgrades etc. erreicht man gerade auch in Entwicklungs- oder Schwellenmärkten mit der
Markenbildung oft einen besseren Know How- Schutz als mit Patenteintragungen.
Internationalisierung
Die Erschließung von
Auslandsmärkten ist auch für
Nischenplayer ein Muss
Nahezu alle Megatrends der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wie Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Infrastrukturbedarf, Umweltschutz etc. betreffen in allererster Linie die Entwicklungsund Schwellenländer. Damit liegen auch die größten Wachstumspotenziale der deutschen und europäischen Hersteller primär in diesen Märkten. Die Erschließung dieser und anderer ausländischer Märkte ist daher einer der zentralen Erfolgsfaktoren. Die technologisch führenden deutschen und europäischen Hersteller hochwertiger Produkte haben trotz der an sich oft hohen Bedeutung
außereuropäischer Hersteller, die aber meist weniger hochwertige Massenware liefern, auch als mittelständisches Unternehmen gute Chancen.
Risikofaktoren
Neue Technologien
Die teilweise rasante Entwicklung
neuer Technologien ist für
herkömmliche Verfahren ein
zunehmendes Risiko
Die rasante Entwicklung neuer Technologien und Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der technischen Textilien ist natürlich in erster Linie eine große Chance, birgt andererseits aber auch das Risiko, von anderen technologischen Entwicklungen überholt zu werden. Permanente Weiterentwicklung
von Produkten und Verfahren ist daher ein Muss.
Mangelnder Know How-Schutz
Patentverletzungen sind oft kaum
einklagbar
Die Gefahr, technologisch kopiert zu werden, ist vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern
besonders groß. Gleichzeitig bieten Patente dies betreffend nur einen begrenzten Schutz, da teilweise
die Rechtsgrundlagen nur begrenzt gegeben und die Durchsetzung von Ansprüchen aus Patentverletzungen oft sehr langwierig sind.
Verfügbarkeit von Chemiefasern
Starke Importabhängigkeit von
asiatischen Chemiefaserherstellern
Die europäische Chemiefaserbasis ist aufgrund des globalen Wettbewerbs und im Zuge eines Konsolidierungsprozesses, der teilweise auch von ausländischen Übernahmen geprägt war, insgesamt
stark geschrumpft. Während europäische Chemiefaserhersteller ihr Produktportfolio verstärkt auf das
profitablere Spezialitätengeschäft ausrichten, wird der Massenmarkt mit Standardfasern in der EU
mittlerweile zu großen Teilen von Importen aus Drittstaaten abgedeckt, allem voran aus Asien. Dadurch kann in der EU eine Vielzahl bestimmter Chemiefasern mittlerweile nicht immer in bedarfsgerechten Qualitäten, Mengen bzw. zu konkurrenzfähigen Preisen bezogen werden. Für Hersteller technischer
Textilien,
deren
Erzeugnisse
höchst
unterschiedliche
qualitative
bzw.
technische
Anforderungen an Chemiefasern stellen, ist die tendenziell wachsende Importabhängigkeit zumindest
unter industriestrategischen Gesichtspunkten und mit Blick auf ihre langfristige Innovationsfähigkeit
daher eher kritisch zu sehen. Handelspolitische Schutzmaßnahmen, wie sie von der EU in Form von
Antidumpingzöllen in der Vergangenheit gegen Einfuhren bestimmter Chemiefasern und Drittstaaten
angewendet wurden, dürften keine adäquate Lösung für diese Entwicklung darstellen. Letztendlich
könnten sie Herstellern technischer Textilien mehr geschadet haben, als dass sie die europäische
Chemiefaserbasis stärken konnten.
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| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Verfügbarkeit von Farb- und Textilhilfsmitteln
Im Rahmen der REACh-Verordnung (s. Glossar) wird verlangt, dass alle Chemikalien, mit denen in
Europa umgegangen wird, registriert werden müssen, sofern die Mengen 1t/p. a. übersteigen. Insbesondere bei den kleinvolumigen Stoffen besteht das Risiko, dass durch die hohen Registrierungskosten
REACh schränkt die Verwendung
von Farb- und Hilfsmitteln stark
ein
einzelne Textilhilfs- und -farbmittel in Europa nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Die Folgen
wären Produktionsverlagerungen und ein Verlust an Innovationsfähigkeit.
Präferenzielle Ursprungsregeln
Durch die fortschreitende Spezialisierung der Hersteller technischer Textilien auf spezifische Anwendungsbereiche, Produktionsstufen und -technologien ist eine starke Fragmentierung der textilen
Wertschöpfungsketten zu beobachten. Gleichzeitig sind diese von einem sehr hohen Internationalisierungsgrad geprägt. In diesem Zusammenhang hat die Nutzung von Handelspräferenzen (Zollbegüns-
Die Nutzung von Handelspräferenzen hat große Bedeutung
für die Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Branche
tigungen) in den grenzüberschreitenden Lieferketten hohe Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen. Die EU hat zwar mittlerweile eine Vielzahl von Präferenzabkommen mit Drittstaaten
geschlossen, allerdings sind sie bis heute von sehr restriktiven Ursprungsregeln geprägt. Da diese den
technologischen Fortschritt in Bezug auf innovative Produktionsverfahren und Erzeugnisse, sich verändernde Marktstrukturen sowie die begrenzte Verfügbarkeit bestimmter Vormaterialien in der EU
nicht berücksichtigen, erschweren sie es Herstellern technischer Textilien - trotz hoher lokaler Wertschöpfung - den notwendigen Präferenzurspung für ihre Erzeugnisse zu begründen. Aufgrund der
mangelnden Einheitlichkeit und Komplexität der heutigen Ursprungsregeln ist die Anwendung von
Handelspräferenzen zudem mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbunden. Beides wirkt
sich nachteilig für die Unternehmen und auf ihre Partizipationsmöglichkeit an Freihandelsabkommen
aus. Bei der notwendigen Modernisierung der Ursprungsregeln in Richtung einfacher und liberaler
Regeln, welche Hersteller technischer Textilien in ihrer globalen Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig fördern würden, ist daher der europäische Gesetzgeber gefragt.
Rohstoffpreisschwankungen
Die Preise für die verschiedenen Chemiefasern und mehr noch die Preise für Baumwolle haben in
den letzten Jahren erheblich geschwankt und dürften nicht ohne Auswirkungen auf die Margen und
Ertragslage der Branche geblieben sein. Im Vergleich dazu blieben die Preise für Glasfasern ver-
Kunstfaser- und vor allem die
Baumwollpreise haben in den
letzten Jahren erheblich geschwankt
gleichsweise stabil. Die Möglichkeiten, diese Risiken durch entsprechende Sicherungsinstrumente zu
begrenzen, werden nach unseren Beobachtungen noch eher spärlich genutzt.
Kapazitätsauslastung bei schwankender Auftragslage
Die Entwicklung der vergangenen Dekade hat gezeigt, dass mehr oder weniger der gesamte
Sektor spürbaren konjunkturellen Schwankungen unterliegt. Andererseits zeichnet sich die Branche durch eine überdurchschnittliche Kapital- und Anlagenintensität und damit eine latent hohe
Unterschiedliche Abnehmerindustrien vermindern konjunkturelle Schwankungen in der
Auftragslage
Fixkostenbelastung aus. Die vorhandenen Kapazitäten auch in konjunkturell schwierigen Zeiten
auszulasten, ist daher eine große strategische Herausforderung. In diesem Zusammenhang hat
sich z.B. die Erschließung konjunkturell möglichst wenig miteinander korrelierter Abnehmerbereiche als vorteilhaft erwiesen.
Abwandern von Know How
Die Veränderungen der internationalen Märkte und Verlagerung von Produktions- und Entwicklungskapazität in Niedriglohnländer insbesondere in Asien, zieht gut ausgebildete Fachleute aus
Deutschland ab. Durch Firmenübernahmen wandert darüber hinaus bei Textilmaschinenherstellern in
den letzten 5 Jahren Know-How aus Deutschland ab. Um diesem Trend zu begegnen wagen mehr und
mehr Textilhersteller den Schritt, die eigene Erfahrung und das fachliche Wissen in Maschinenmodifikationen und sogar Neuentwicklungen umzusetzen.
Die Hersteller versuchen die
Abwanderung von Textilmaschinen-Know How durch
eigene Weiterentwicklungen von
Equipment abzufedern
Schwankungen in der Auftragslage
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COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Politische und gesetzliche Rahmenbedingungen
Handelshemmnisse
lien stellt dies eine kritische Entwicklung dar, der in der Handelpoli-
Während im internationalen Warenverkehr die Bedeutung von Zöl-
tik der EU zunehmende Beachtung geschenkt werden sollte.
len und sonstigen Einfuhrabgaben im Zuge weltweit fortschreiten-
Umweltschutz
der Handelsliberalisierungen tendenziell abnimmt, spielen nichtta-
Insbesondere die nationale sowie die internationale Stoffpolitik wird
rifäre Handelshemmnisse eine immer größere Rolle. Insbesondere
erhebliche Auswirkungen auf die Verfahren und Prozesse in der
technische Textilien können – je nach Anwendungsbereich – einer
Textilveredlung haben. Die Umweltgesetzgebung wird dazu führen,
Vielfalt von technischen Normen und Standards unterliegen, die
dass Stoffe wie z.B. Formaldehyd nur noch eingeschränkt für be-
vom Gesetzgeber oder Kunden gefordert werden und meist auf-
stimmte Prozesse und Verfahren zur Verfügung stehen.
wendige Test- und Zertifizierungsverfahren nach sich ziehen. Da
Zölle immer weniger zum Schutz der eigenen Märkte herangezogen
werden können, ist eine weltweite Zunahme nichttarifärer Handelshemmnisse sowohl in den Industriestaaten, als auch in Entwicklungs- und Schwellenländern zu beobachten. Mit Blick auf die
hochgradige Exportorientierung von Herstellern technischer Texti-
In diesem Zusammenhang ist auch das Ziel der ECHA (European
Chemical Agency) zu sehen, bis zum Jahr 2020 die Kandidatenliste
der relevanten besorgniserregenden Stoffe zu ergänzen bzw. erweitern. Die Folge könnten Stoffverluste sein. Zudem werden neue Anstrengungen unternommen, um neue Textilhilfsmittel und Ausrüstungsverfahren
zu
entwickeln.
Das
Ergebnis
sind
neue
umweltfreundliche Produkte, die weltweit Standards setzen können.
Glossar
Fachbegriffe und Abkürzungen (gem. IVGT)
Carbonfasern (auch Kohlenstofffasern)
Mit Hilfe spezieller technischer Verfahren wird Kohlenstoff in feinsten
Airlaid-Verfahren
Fäden angeordnet. Die dadurch entstehenden Fasern haben u.a. eine
Airlaid zählt zu den “Trockenvliesprozessen”. Wichtigstes Alleinstel-
sehr hohe Zugfestigkeit, sind elektrisch leitfähig, beständig gegen
lungsmerkmal des Airlaid-Verfahrens ist die Verarbeitung von Kurz-
Chemikalien und Temperatur und sind einfach zu verarbeiten (ähn-
fasern mit Längen ab 1 mm. Das Grundprinzip besteht darin, dass die
lich wie Glasfasern
Kurzfasern in einem Luftstrom abgelegt und zu einem Vlies gefertigt
werden.
Carded-Verfahren
In einem kontinuierlichen Prozess werden die Grundfasern kardiert
Aramidfasern
(= gekämmt), parallel ausgerichtet und zu einem Vlies vernadelt.
Die Fasern zeichnen sich u. a. durch eine sehr hohe Festigkeit, hohe
Bruchdehnung sowie Beständigkeit gegenüber Säuren und Laugen
aus. Sie sind darüber hinaus sehr hitze- und feuerbeständig. Aramidfasern schmelzen bei hohen Temperaturen nicht, sondern beginnen
ab etwa 400° C zu verkohlen.
Basaltfasern
Bei 1.450° C geschmolzen, können aus dem natürlichen Basalt Filamentfasern erzeugt werden, die als Grundlage für unterschiedlichste
textiltechnologische Prozesse dienen und damit Basis für verschiedenste Anwendungen bilden.
Bionik
Grenzgebiet von Physik, Technik und Biologie, in dem Strukturen und
Funktionsweisen lebender Systeme erforscht und für technische
Konstruktionen verwertet werden.
CFK
Carbonfaser-Kunststoff, kurz CFK, ist ein Faserverbundwerkstoff, der
durch Einbettung von Kohlenstofffasern in Epoxidharze hergestellt
wird.
Composites (engl. Bezeichnung für Verbundwerkstoff)
Als Verbundwerkstoffe bezeichnet man Werkstoffe aus mindestens
zwei Komponenten, die nebeneinander vorliegen, also nicht ineinander gelöst sind und deren Eigenschaften zu einem Werkstoff mit hoher Festigkeit und Steifigkeit vereint sind.
Faserspritzen
Bei dem Verfahren werden gleichzeitig Glasfaserstücke und Imprägnierharz in eine Form eingebracht. Im Faserspritzverfahren werden
z.B. Bootsteile aus GFK hergestellt.
Gelege
Ein Gelege ist eine spezielle textile Flächenstruktur, die unter anderem zur Verstärkung in Faserverbundwerkstoffen eingesetzt wird. Im
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| Branchenbericht | Technische Textilien – BGS 333
Gegensatz zu Geweben sind Gelege wesentlich besser drapierbar und
Prepregs (vorimprägnierte Fasern)
haben im Verbund bessere mechanische Eigenschaften, da die Fa-
Prepreg bezeichnet ein Halbzeug, bestehend aus Endlosfasern und
sern in gestreckter Form vorliegen und die Ausrichtung der Fasern
einer ungehärteten duroplastischen Kunststoffmatrix, welches im
speziell für den jeweiligen Anwendungsfall definiert werden kann.
Leichtbau Verwendung findet.
GFK
Pultrusion
Glasfaserverstärkter Kunststoff, kurz GFK, ist ein Faser-Kunststoff-
Das Strangziehverfahren (Pultrusionsverfahren) ist eine Methode zur
Verbund aus einem Kunststoff und Glasfasern.
Herstellung faserverstärkter Kunststoffprofile in einem kontinuierli-
Glasfasern
chen Ablauf.
Eine Glasfaser ist eine aus Glas bestehende lange dünne Faser. Bei
REACh
der Herstellung werden aus einer Glasschmelze dünne Fäden gezo-
= Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals (Registrierung,
gen und zu einer Vielzahl von Endprodukten weiterverarbeitet. Cha-
Bewertung und Zulassung von Chemikalien). Die REACh-Verordnung
rakteristische Eigenschaften sind u. a. hohe Zugfestigkeit und chemi-
regelt die Herstellung, das Inverkehrbringen und den Umgang mit
sche und thermische Beständigkeit.
Industriechemikalien. Am 1. Juni 2007 ist das europaweit geltende
Meltblown-Technik
Chemikalienrecht in Kraft getreten.
Nach dem Schmelzspinnverfahren werden die ersponnenen Filamen-
Rovings
te direkt nach dem Verlassen der Spinndüsen und der Verstre-
Rovings sind Bündel von endlosen, unverdrehten, gestreckten Fasern
ckungseinheit wirr abgelegt und verfestigt. Werden die Filamente
(Filamente), die häufig in der Fertigung von Faserverbundwerkstoffen
extrem durch einen Druckluftstrom verstreckt, nennt man das Pro-
und besonders von Faser-Kunststoff-Verbunden eingesetzt werden.
dukt "Meltblown".
Werden Einzelfilamente aus Glas, Aramid oder Kohlenstoff ohne Dre-
Nano-Technologie
„Nanotechnologie beschreibt die Untersuchung, Anwendung und
Herstellung von Strukturen, molekularen Materialien und Systemen
hung zusammengefasst, spricht man zuerst von einem glatten Filamentgarn und ab einer gewissen Stärke (Feinheit > 68 tex) von einem
Roving.
mit einer Dimension oder Fertigungstoleranz typischerweise unter-
SMC Technologie (Sheet Molding Compound)
halb von 100 Nanometern. Allein aus der Nanoskaligkeit der System-
SMC-Harzmatten, bestehend aus duroplastischen Harzen und Glasfa-
komponenten resultieren dabei neue Funktionalitäten und Eigen-
sern, werden in Presswerkzeugen zu technisch anspruchsvollen Bau-
schaften zur Verbesserung bestehender oder Entwicklung neuer
teilen verarbeitet.
Produkte und Anwendungsoptionen“ (Definition des BMBF).
Spunbond-Verfahren (Spinnvlies-Verfahren)
Non Crimp Fabrics (NCF)
Nach dem Schmelzspinnverfahren werden die ersponnenen Filamen-
NCF ist der englische Fachausdruck für Gelege im Bereich von Fa-
te direkt nach dem Verlassen der Spinndüsen und der Verstre-
serverbundwerkstoffen.
ckungseinheit wirr abgelegt und verfestigt. Bei nach diesem Verfah-
Die Fasern sind nicht miteinander verwoben, sondern sind jeweils
ren hergestellten Vliesstoffen spricht man von "Spunbond".
schichtweise gelegt, wobei sie mit Hilfe eines Fadens zusammengehalten werden. Gelege haben gegenüber Geweben bessere mechanische Eigenschaften.
Wetlaid-Verfahren
Bei der Vliesstoffherstellung im Nassvliesverfahren werden die Fasern zusammen mit Wasser zu einer Suspension gemischt. Die Mi-
Non woven fabrics (nicht gewebte Textilien)
schung wird auf ein Sieb verbracht und die vollständige Trocknung
Non woven fabrics sind textile Flächengebilde, die weder durch Ver-
erfolgt durch das Führen der Vliesbahn über beheizte Trommeln.
weben noch durch Maschenbildung von Fäden entstehen und Verbundstoffe genannt werden. Textile Verbundstoffe sind z.B. Filze und
Vliesstoffe.
Vlies
Ein Vlies besteht aus losem, wirr zusammenliegendem Fasermaterial,
welches noch nicht miteinander verbunden ist. Um ein Vlies für wei-
Plasma-Technologie
tere Anwendungen benutzen zu können, muss es verfestigt werden.
Oberflächenbehandlung mittels Plasma (ionisiertes Gas, dem die tex-
Erst ein verfestigtes Vlies ist als Vliesstoff zu bezeichnen. Für die Ver-
tilen Strukturen in einer Kammer ausgesetzt werden)
festigung können verschiedene Methoden angewandt werden.
Polymilchsäure
Vliesstoffe
Polymilchsäuren oder auch Polylactide (kurz PLA) sind biologisch
Oberbegriff für textile Flächengebilde, die nicht durch Weben oder
abbaubare Polymere aus Milchsäure. Polylactid-Kunststoffe sind bio-
Wirken (= Maschenbildung) entstehen, sondern aus wild durcheinan-
kompatibel.
derliegenden, synthetischen Fasern gebildet werden.
28
COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Commerzbank Research
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