Unterwegs in der Stadt der drei Winde

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Unterwegs in der Stadt der drei Winde
8 Leserreise
FREITAG, 8. JANUAR 2016
Unterwegs in der Stadt der drei Winde
Nach Triest, der melancholi-
schen Schönheit mit sprödem
Charme, führte die traditionelle SN-Silvesterreise.
VON ELISABETH NÄGELI ( TEXT )
UND HUGO TÖLDERER (BILDER)
TRIEST Einen der drei für Triest typischen Winde, den Bora, der vom KarstHochplateau weht, bekam die SNGruppe an einem Tag ihrer Reise zu
spüren. Der kühle Wind vertrieb dafür
den dichten Nebel, der auf der Fahrt
vom Flughafen Venedig nach Triest die
Sicht auf die Küste versperrte, und
brachte einen klaren blauen Himmel
zum Vorschein. Die SN-Silvesterreise
vom 29. Dezember bis 2. Januar wurde
wiederum in Zusammenarbeit mit
Bichsel-Musikreisen durchgeführt.
Prachtbauten aus der Habsburgerära
Triest, die ehemalige K.-u.-k.-Hafenstadt, ist eine melancholische Schönheit mit sprödem Charme, deren kleine,
aber umso feinere Perlen – und derer
gibt es zahlreiche – sich erst auf den
zweiten Blick erschliessen. Diese Perlen
zeigte uns unsere Reiseführerin Elisabetta Perfot kompetent und mit grosser
Begeisterung. Triest ist die Hauptstadt
der autonomen Region Friaul-Julisch
Venetien. Aus der Habsburgerzeit stammen die unglaublich schönen Plätze
und Prachtbauen, allen ­
voran die
Piazza dell’Unità d’Italia, einer der
weltweit grössten Plätze mit einer offenen Seite zum Meer. Und nicht nur Venedig hat einen, auch Triest hat seinen
Canal Grande, an dem beidseitig beeindruckende Palazzi und interessante
Bauwerke stehen. Von der Vielvölkergemeinschaft Triest zeugen die vielen
verschiedenen Kirchen, unter anderen
die Kathedrale San Giusto, das Wahrzeichen der Stadt, eine lutherische,
eine serbisch-orthodoxe, eine Jesuitenkirche und eine Synagoge.
Raues Klima, vielfältige Flora
Der Ausflug auf die Hochebene, den
Karst, begann mit der Fahrt der nostalgischen Strassenbahn, die steil nach
oben bis nach Opicina fährt. Die KarstRegion wird zum grössten Teil von der
slawisch sprechenden Volksgruppe bewohnt, die dort Landwirtschaft und
Rebbau betreibt. Der Karst, auf dem
das Klima trocken, rau und hart ist, hat
eine vielfältige und zum Teil nur hier
anzutreffende Flora und Fauna. In
einem landwirtschaftlichen Betrieb kosteten wir den Wein und die Spezialitäten dieser Region. Die aus dem 16. Jahrhundert stammende pittoreske Kirche
Santa Maria di Repen ist Teil der Festung von Monrupino, einem der wenigen weitgehend erhaltenen befestigten
Dörfer, die im Karst verbreitet waren.
Auf der Rückfahrt besichtigten wir die
grosszügigen Räumlichkeiten des imposant über der Bucht von Grignano
thronenden Castello di Miramare. Das
in einem riesigen Park gelegene weisse
Schloss wurde zwischen 1855 und 1860
von Erzherzog Maximilian von Habsburg (Bruder von Kaiser Franz Josef)
und seiner Frau Charlotte gebaut und
ist eines der Wahrzeichen von Triest.
Zu Silvester gibt es Fisch
Im Teatro Giuseppe Verdi, 1801 als
Teatro nuovo gegründet und somit
eines der ältesten Opernhäuser Italiens, genoss unsere Gruppe die amüsante Opera buffa «L’Elisir d’amore»
von Gaetano Donizetti. Das junge
Opernensemble begeisterte mit seiner
lustig-lebendigen Aufführung und seinen Chor- und wunderbar harmonierenden Solostimmen. Ebenfalls im Teatro Verdi hörten wir vom theatereigenen Orchester das Silvesterkonzert mit
bekannten Melodien, unter anderem
von Strauss, Rossini, Verdi.
Das anschliessende Silvesterdinner, das in Triest traditionell aus mehreren Fisch-Gängen besteht, wurde
Die SN-Lesergruppe vor dem prachtvollen Brunnen der Krainer Flüsse in Ljubljana.
Der Fluss Ljubljanica durchquert die Altstadt von Ljubljana.
Das Rathaus an der Piazza dell’Unità d’Italia in Triest.
Von der langen Molo Audace geniesst man einen traumhaften Rundblick.
Die Fassade der Kathedrale ist mit einer gotischen Fensterrosette geschmückt.
Reste des Teatro Romano aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus.
Unzählige Bars und Restaurants befinden sich in den schmalen Gassen von Triest.
Schloss Miramare über der Bucht von Grignano – ein Wahrzeichen Triests.
uns vom jungen und sympathischen
Personal im Grand Hotel Duchi d’Aosta
serviert. Das Grand Hotel Duchi, dessen Besitzerin und Direktorin Hedy
Benvenuti immer und überall präsent
war, liegt zentral an der Piazza
dell’Unità d’Italia und strahlt eine nos­
talgische Noblesse aus. Ein Haus, wo
man sich überaus gut aufgehoben fühlt
und verwöhnt wird.
Den speziellen Charme der Stadt
macht nicht zuletzt die Vielzahl unterschiedlichster kultureller Einflüsse
aus, denen sie im Laufe ihrer wechselvollen Geschichte ausgesetzt war. Dies
trifft besonders auch auf die Triestiner
-Küche zu. Da mischt sich die feine
Fischküche mit ihren venezianischen,
istrianischen und dalmatischen Einflüssen mit der Fleisch- und Mehlspei-
senküche Österreich-Ungarns und der
slowenischen Karst-Küche.
Angenehm überrascht hat uns die
slowenische Hauptstadt Ljubljana, die
schöne Plätze, barocke Paläste und
Geschäfte hat. Beidseits des Flusses
Ljubljanica reihen sich Cafés, Restaurants und Bistros aneinander – da trifft
man sich, sitzt selbst bei kälterem Wetter draussen, isst, trinkt und geniesst.
Spürbar ist, dass Ljubljana eine Universitätsstadt ist, lebendig und welt­
offen.
Der kurze Flug von Venedig mit
Swiss Air Lines war angenehm ruhig
und brachte die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer der SN-Leserreise, die alle
von Triest begeistert sind und die interessante Reise genossen haben, pünktlich nach Zürich zurück.