Aufbegehren – Die Politik der Indigenität
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Aufbegehren – Die Politik der Indigenität
Aufbegehren – Die Politik der Indigenität t 2 Editorial t 3 Land und Freiheit Indigenität als kulturelle Form von Selbst- und Fremdbestimmung von Jens Kastner t 4 7 12 Vom Nutzen der Ethnizität t 14 11 »Das Globale verliert sich im Nichts« Das Ständige Forum für indigene Angelegenheiten bei der UNO von Maren Rößler Reinheit versus Einheit Ist der Begriff »indigen« in Afrika anwendbar? von Sarah Lempp t 15 Symbolischer Bürgerkrieg Die indigene Bewegung in Bolivien trifft auf Reaktion von Simón Ramírez Voltaire t 16 Indigene Identitätspolitik und Neoliberalismus in den Anden von Olaf Kaltmeier t Umstrittene »Erklärung über die Rechte indigener Völker« von Sarah Lempp »Nachhaltige Entwicklung lernen« Die Ngöbe in Panama leisten Widerstand gegen eine Kupfermine von Christoph Campregher und Wolfgang Zechner t t Nicht aus einer Rippe Evos Indigene Frauen in Bolivien auf dem Weg zu politischer Partizipation Alicia Allgäuer und Isabella Radhuber t 19 Urban Tribes, Rural Vibes Ma–ori in Neuseeland im Kampf um Identität(en) von Markus Bautz Indigenität I 2 n rund 70 Staaten dieser Erde leben insgesamt 300 Millionen Menschen, die aufgrund von Selbst- oder Fremdzuschreibungen als »indigen« gelten. Viele von ihnen sind an den Rand der jeweiligen Gesellschaften gedrängt und rassistischer Diskriminierung ausgesetzt. Oft zählen sie zur Armutsbevölkerung. In den letzten Jahren haben sich Indigene verstärkt dagegen zur Wehr gesetzt, sich politisch organisiert und es bis in höchste Staatsämter geschafft. Indigenität ist in den letzten Jahren zum viel benutzten Schlagwort aufgestiegen, und Indigene sind vermehrt zur »Zielgruppe« internationaler Menschenrechts- und Entwicklungspolitik geworden. All das ist Grund genug für die iz3w , sich näher damit zu befassen. Selten hat die Redaktion allerdings so sehr um angemessene Begrifflichkeiten gerungen wie beim vorliegenden Dossier. Wer oder was ist überhaupt »indigen«? Das Wort kommt aus dem Lateinischen und heißt laut Lexikon soviel wie «eingeboren» – ein Wort, das schon allein aufgrund seiner kolonialen Konnotation inakzeptabel ist. Nicht viel besser sieht es mit weiteren synonym verwendeten Begriffen wie »indigene Völker«, »Ureinwohner«, »Naturvolk«, »Stammesvölker« oder »autochthone Völker« aus. Auch ihnen liegt ein biologistisches, genau genommen sogar rassisches Verständnis von Menschengruppen als »Völkern« zugrunde. Wer wie viele Menschenrechts-NGOs diese Begriffe unhinterfragt in den Mund nimmt, geht zumeist von folgenden Annahmen aus: Ein »Stamm« oder eine Volksgruppe lebt in Frieden mit sich und der Natur auf einem abgegrenzten Territorium. Es treten – meist weiße – Eroberer auf den Plan, die die UreinwohnerInnen kolonisieren, marginalisieren und ihres Landes berauben. Die Unterdrückung der Indigenen setzt sich im postkolonialen Zeitalter unter rassistischen, kapitalistischen oder staatsozialistischen Vorzeichen fort. Oft sind Indigene einem »inneren Kolonialismus« durch die Nachfahren der Eroberer oder anderer dominanter Gruppen ausgesetzt. Die kulturelle Entfremdung durch den Einfluss der westlichen Zivilisation oder durch Zwangsassimilation trägt zum zerstörerischen Werk bei. Dagegen leisten die Indigenen Widerstand, etwa indem sie sich auf ihre traditionelle Kultur und ihre Wurzeln besinnen. Unterstützt werden sie durch wackere Solidaritätsgruppen, die auf Menschen- und Völkerrecht pochen. Die im deutschsprachigen Raum prominenteste Menschenrechtsgruppe mit Schwerpunkt Indigene ist die »Gesellschaft für bedrohte Völker«. In ihren Publikationen wird besonders deutlich, warum das oben skizzierte Verständnis von Indigenität trotz vieler ‚Wahrheiten’ – insbesondere über die gewaltsame Kolonisierung – so problematisch ist. Ihm liegt ein naturalisierendes, essentialistisches Konzept von »indigenen Völkern« zugrunde: Es wird eine quasi »natürliche« Wesenhaftigkeit Indigener behauptet, die sie von anderen Bevölkerungsgruppen unterscheide. Dieser Essentialismus argumentiert keinesfalls nur biologistisch; häufig spielt »die Kultur« sogar die dominante Rolle. Doch auch dieser wird ein authentisches Wesen zugeschrieben, und genau aus diesem Grunde stehen augenfällige kulturelle Attribute wie folkloristische Kleidung oder Musik bei der Darstellung von Indigenen so sehr im Vordergrund. Wer so und so aussieht, ist auch so und so – auf diese Sichtweise läuft es hinaus. Weit verbreitet ist diese Sichtweise auch deshalb, weil sie nicht nur auf Fremd-, sondern auch auf Selbstzuschreibungen beruht. Viele indigene Gruppen sind sehr stolz auf das, was sie für ihr ‚Wesen’ halten. Ü ber das, was als ‚authentisch’ zu gelten hat, führen viele indigene Gruppen heftige Auseinandersetzungen (siehe das Beispiel Maori auf S.19). Indigenität ist eben nichts ‚natürliches’, sondern Ergebnis gesellschaftlicher Prozesse. Die Grundthese dieses Themenschwerpunktes lautet daher: Indigenität ist ein in sozialen Auseinandersetzungen diskursiv hergestelltes Konstrukt. Dieses Konstrukt ist gleichwohl keine bloße Erfindung, denn es beruht auf realen (Unterdrückungs-)Erfahrungen und es hat klare Funktionen: Indigenität dient der Gruppenbildung, der Ab- und Ausgrenzung, der Einforderung von kollektiven Rechten in hierarchischen Gesellschaften und vielem mehr. Indigenität beruht dabei nicht nur auf diskriminierender Fremdzuschreibung, sondern ist politisches und kulturelles Kapital, mit dem sich erfolgreich Politik machen lässt (siehe die Beispiele Andenraum, S. 7, und Bolivien, S. 15). Fast immer handelt es sich bei gesellschaftlichen Konflikten im Zusammenhang mit Indigenität um Verteilungsund Machtfragen. Es geht dabei um »Land und Freiheit« (so der Titel des Einleitungsartikels, S. 3), also um wirtschaftliche, soziale und kulturelle Selbstbestimmung. Parteinahme für die Sache der Schwächeren ist da durchaus geboten. Deshalb ist kaum nachzuvollziehen, warum es auch in manchen Strömungen der (marxistischen) Linken eine Verachtung alles Indigenen gab und gibt. Indigenität ist nicht per se ein »Rückfall« in vormoderne Vergesellschaftung, sondern ein widersprüchliches und umstrittenes Produkt der Postmoderne und ihres cultural turns. Was folgt aus alledem? Das Recht auf Autonomie und Anderssein zu verteidigen, ohne einer Ideologie der Abstammung zu erliegen. Diese Gratwanderung versucht jedenfalls die redaktion Das Dossier Indigenität wurde gefördert von InWEnt gGmbH aus Mitteln des BMZ. Wir bedanken uns dafür herzlich. iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 Foto: M. Zafra Indigene werden stärker als andere Bevölkerungsgruppen über angebliche oder tatsächliche kulturelle Merkmale definiert. Das birgt große Gefahren, wie diskriminierende oder idealisierende Fremdzuschreibungen. Doch als soziale Bewegung gegen Dominanz und Herrschaft verstanden, birgt Indigenität auch die Möglichkeit der Autonomie. Land und Freiheit Indigenität als kulturelle Form von Selbstund Fremdbestimmung von J e n s K a s t n e r t In der Geschichte Mexikos nehmen Indigene breiten Raum ein. Zumindest auf dem weltbekannten Wandbild Diego Riveras im Nationalpalast von Mexiko-Stadt ist das so. Das im Dienste der postrevolutionären Regierung 1929-1935 entstandene dreiteilige Gemälde zeigt Indigene in drei Zeitabschnitten. Während sie in der Darstellung der vorspanischen Zeit in bunter Pracht und bei verschiedensten Tätigkeiten abgebildet sind, tragen sie jedoch im Mexiko der seinerzeitigen Gegenwart vor allem weiße Kleider und sind ausnahmslos mit dem Rücken zur BetrachterIn gemalt (siehe S. 22). Für die Beantwortung der Frage, wie widersprüchlich sich Indigenität als kulturelle Form artikuliert, ist Mexiko ein gutes Beispiel. Der Anteil der als »indigen« Klassifizier- ten an der Gesamtbevölkerung liegt mit zehn bis 15 Prozent im lateinamerikanischen Vergleich im unteren Mittel. In Argentinien, Brasilien und Venezuela gelten etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung als indigen, am höchsten ist der Prozentsatz mit etwa 60 Prozent in Guatemala und rund 70 Prozent in Bolivien. Mexiko ist seit 2001 per Gesetz eine pluriethnische und plurikulturelle Nation. Die Zugehörigkeit zu einer der 56 offiziell vorhandenen indigenen Ethnien wird dabei über den Sprachgebrauch bestimmt – und nicht über Verwandtschaft. Bewegter Indigenismus t Bereits in Riveras Bild ist die Repräsentation der Indigenen vielsagend. Nach der Re- iz3w • volution (1910-1920) wurden sie als Teil der neu zu gründenden Nation entdeckt. Neben dem spanisch-kolonialen Erbe und der mestizischen Gegenwart sollten sie integraler Bestandteil der mexikanischen Identität (mexicanidad) werden. An der Herstellung dieser Identität wurde von oberster Stelle aus gearbeitet, der damalige Bildungsminister José Vasconcelos lud namhafte Künstler zum Besuch von Maya-Ruinen ein und gab Wandgemälde in Auftrag. Die Wiederentdeckung der von den Kolonisatoren fast vernichteten und fortan abgewerteten indigenen Kultur und deren Einbindung ins nationale Projekt fanden in vielen lateinamerikanischen Ländern Nachahmung. Die sich darum bemühende intellektuelle Bewegung wurde als Indigenismus bekannt. Nov. / Dez. 2007 q 303 3 Sowohl die schriftstellerische Wiederentdeckung und Neubewertung indigener Lebensformen lassen sich darunter subsumieren, als auch die staatliche Gründung des Instituto Nacional Indigenista (INI) im Jahr 1949 (2003 umbenannt in »Nationale Kommission für die Entwicklung der indigenen Bevölkerungsgruppen«, CDI). Der Indigenismus geriet allerdings in die Kritik. Denn während einerseits die glorreiche Vergangenheit der indigenen Kulturen gefeiert wurde, waren deren Erben kaum veränderter sozialer und politischer Diskriminierung ausgesetzt. Im Zuge der nationalistischen Modernisierungen wurden sie zudem einem Assimilierungsdruck ausgesetzt: Ihre »kulturelle Andersheit« galt letztlich als rückständig und sollte sich dem nationalen Fortschritt unterwerfen. Implizit findet sich dieser Ansatz bereits in Riveras Gemälde: Als handelnde Subjekte treten die Indigenen hier nicht auf, außer in der glorifizierten Vergangenheit. Eine Bewegung innerhalb der mexikanischen Revolution, die dieser Glorifizierung zu widerstehen und die Indigenen auch in der Gegenwart als gleichwertig zu akzeptieren versuchte, war der Magonismus. Benannt nach Ricardo Flores Magón (1873-1922), bildete der Magonismus vor allem zu Beginn der Revolution (1910-1913) deren radikalen und libertären Flügel. Er gruppierte sich um die von Flores Magón herausgegebene Zeitschrift Regeneración (Erneuerung) und die zur Verfechterin anarchokommunistischer Ideen gewandelte Liberale Partei Mexikos (PLM). Im Gegensatz zu den anderen bewaffneten Gruppen der Revolution, waren bei den vom Magonismus betriebenen Milizen einige Wandbild Diego Riveras im Nationalpalast von Mexiko-Stadt Führungskader indigener Herkunft. Auch die indigenen Dorfstrukturen wurden nicht als überholt, sondern als vorbildlich betrachtet. In einem Artikel mit dem programmatischen Titel »Die mexikanische Bevölkerung ist für den Kommunismus geeignet« stellte Flores Magón drei Gemeinsamkeiten zwischen seinem anarchokommunistischen Ideal und dem Leben in den indigenen Gemeinden heraus: Erstens der gemeinschaftliche Landbesitz und der freie Zugang zu allen natürlichen Ressourcen, zweitens die gemeinschaftliche Arbeit (wobei hier Feldarbeit ebenso gemeint war wie die – laut Magón – gegenseitige Hilfe innerhalb der Familie), und drittens der Hass auf die Autoritäten und die Überzeugung davon, dass sie überflüssig sind. Zwar wird in dieser Beschreibung die indigene Kul- tur nicht auf ihre Vergangenheit beschränkt, sondern auch in der Gegenwart wahrgenommen. Die Idealisierung ist aber unübersehbar. Insofern ist auch der Magonismus ein gutes Beispiel. Denn er verweist auf eine Problematik, die zwischen linksradikalen Bewegungen und Indigenen bis heute besteht und die auch mit der Konzeptualisierung dessen zu tun hat, was unter »Indigen-Sein« verstanden wird. Eine libertäre Alternative? t Im Magonismus findet sich wie in einigen Teilen der Solidaritätsbewegungen bis heute die Vorstellung von der einen indigenen Kultur. Dabei wird so getan, als sei Kultur etwas Unveränderliches, das alle Wirrnisse der Geschichte unbeschadet übersteht und anderen »Nachhaltige Entwicklung lernen« Die Ngöbe in Panama leisten Widerstand gegen eine Kupfermine 4 von C h r i s t o p h Ca m p r e g h e r und Wo l f g a n g Z e c h n e r t Carlos Sabrega-Ortega, indigener Vertreter der Ngöbe in Panama, macht keinen glücklichen Eindruck. »Wir sind besorgt um unsere Lebensgrundlage. Der Fluss, der Wald, unsere gesamte Umwelt ist in Gefahr«, erklärt er. Grund dafür ist ein Projekt der Firma Bellhaven Copper & Gold Inc. Das kanadische Unternehmen sucht inmitten der Comarca Ngöbe-Buglé, wo die Ngöbe leben, nach Bodenschätzen und will dort in naher Zukunft eine Kupfermine errichten. Das Unternehmen gibt an, das Einverständnis der Comarca-BewohnerInnen eingeholt zu haben. iz3w • Zivilgesellschaftliche Gruppen und die Führer der Ngöbe lehnen den Vertrag zwischen der panamaischen Regierung und Bellhaven jedoch ab. Besonders im Bezirk Besiko der Comarca, in dem sich die Kupfervorkommen befinden, regt sich Widerstand. Plinio Bejerano-Rios, indigener Umweltaktivist aus Soloy, erklärt warum: »Bei uns in der Region Besiko wären bis zu 19.000 Personen von den Folgen des Kupferabbaus betroffen, ganz zu schweigen von den Primärwäldern und unseren natürlichen Ressourcen. Wir Ngöbe sind damit nicht einverstanden. Der Großteil des Gewinns geht an den Bergbaukonzern, der Nov. / Dez. 2007 q 303 danach wieder verschwindet. Aber wir müssen mit den Folgen leben. Die Flüsse sind unsere Lebensgrundlage. Ich trinke vom Flusswasser, ich bade darin, ich bewässere meine Felder mit diesem Wasser.« Soloy ist das Zentrum des Bezirks Besiko. Hier haben sich im Laufe der Zeit immer mehr Ngöbe entlang jener Flüsse angesiedelt, die nun durch die geplante Mine verschmutzt werden sollen. Die Ngöbe leben in drei westlichen Provinzen Panamas: Bocas del Toro, Chiriquí und Veraguas. Mit einer Bevölkerungszahl von über 125.000 Personen sind sie nach den Maya die zweitgrößte indigene Gruppe in Indigenität Kulturen gegenübersteht (indigen vs. mestizisch, schwarz vs. weiß, etc.). Dieses Kulturkonzept unterscheidet sich kaum von dem der modernen Nationen im 19. Jahrhundert, welches Kultur als gesammelte Werte und Werke einer bestimmten Gruppe von Menschen bezeichnet. Nicht weniger problematisch am Magonismus ist die Leitidee, dass Kultur etwas Homogenes ist, dass also alle Indigenen einer bestimmten Region derselben Kultur angehören. Vehemente Unterschiede wie die zwischen den Lebensweisen von Männern und Frauen werden dadurch eingeebnet, hybride Formen aller Art können nicht mitgedacht werden. Die angebliche Unveränderlichkeit und die vermeintliche Homogenität werden vom Magonismus überdies positiv bewertet. Die »indigene Kultur« fungiert als edles Gegenbild zur verrotteten Zivilisation oder als libertäre Alternative zum entfremdenden Kapitalismus. Weder der Magonismus – seiner Zeit in Sachen Reflektion dem Indigenismus weit voraus – soll hier diskreditiert werden, noch soll den Lebensweisen und Organisationsformen von Indigenen jegliches sozialrevolutionäres Potenzial abgesprochen werden. Von einem theoretischen wie von einem praktischen Standpunkt aus müssen aber die genannten Merkmale des sozialrevolutionär-solidaritätsbewegten Indigenismus kritisiert werden. Von der praktischen Warte aus gesehen, erweist sich eine vom mexikanischen Soziologen Sergio Sarmiento Silva eingeführte Unterscheidung als nützlich: Scheinbar banal, aber folgenschwer besteht er auf der Differenz zwischen »pueblos indios« und »movimientos indios«, also indigenen Bevölkerungsgruppen und indigenen Bewegungen. Diese Unterscheidung wird in den Solidari- so leicht in den Dienst der Herrschaft stellen. tätsbewegungen bis heute nicht immer geDenn die Betonung kultureller Differenz ist ja macht, was erstens zu Projektionen führt, die nicht nur von Solidaritätsbewegten und Sozijede indigene Bevölkerungsgruppe für eine alrevolutionärInnen aufgegriffen worden, sonpotenzielle indigene Bewegung halten. Ausdern auch von Herrschenden. Verschiedene gehend von der positiven Konnotation, die Ethnien wurden »von oben« konstruiert und »pueblo« im Spanischen hat (damit sind immit unterschiedlicher Kleimer auch »die von undung markiert, um die eine ten« gemeint), macht gegen die andere Gruppe dies zweitens dafür »Die mexikanische ausspielen zu können. Auch blind, dass auch IndigeBevölkerung ist für den können klar definierten Grupne reaktionär sein könKommunismus geeignet« pen bei Bedarf leichter benen (wie beispielsweise stimmte Eigenschaften zugedie paramilitärischen schrieben werden: Indigene Gruppen, die in Chiagalten als faul, dreckig und unzuverlässig, und pas gegen die EZLN agieren).1 Drittens wird leicht übersehen, dass auch emanzipatoridiese zugeschriebenen Merkmale wiederum sche indigene Bewegungen – wie andere sogalten als Rechtfertigung für ihre soziale und ziale Bewegungen auch – aus heterogenen politische Ausgrenzung. sozialen Prozessen und Akteuren sowie aus Allerdings bedarf das Verständnis von Kulverschiedenen politischen Aktions- und Komtur als Set von Symbolen, Ritualen und Prakmunikationsformen bestehen und daher tiken auch einer Ergänzung – die nur Teile der auch Brüche und Differenzen aufweisen. Die Cultural Studies leisten. Und zwar müssen Praktiken dieser Bewegungen können sich Macht- und Herrschaftsmechanismen bei jeauf kulturelle Traditionen berufen, müssen es der Auseinandersetzung mit Kultur berückaber nicht. Wer indigenen Bewegungen nur sichtigt werden. Das bedeutet einerseits, dass schamanische Rituale und keinen Cyberakties durchaus wirkmächtige Kräfte innerhalb eivismus via Internet zugesteht, bedient sich ner Gesellschaft geben kann, die ein »die waschlicht rassistischer Klischees. ren schon immer so« als festen Glauben aller Vom theoretischen Standpunkt ist das Kulverankern können. Andererseits heißt das, turverständnis, das auf einen Kanon von Werdass kulturelle Formen, wenn auch veränderten, Normen und Werken abzielt, längst pasbar, nicht beliebig wechsel- oder austauschsé. Kultur wird heute zumindest in fortschrittbar sind. lichen Diskursen gemeinhin als Konglomerat von Symbolen, Ritualen und Praktiken verGratwanderung zwischen standen. Kultur wird demnach eher gemacht, Identitäten als dass man ihr angehört. Dieses in den Cult Wenn die Begriffe auch umstritten und tural Studies geprägte Kulturverständnis bieselbst in akademischen Definitionen häufig tet den Vorteil, dass es Kultur weder als unverunscharf sind, lassen sich doch grob folgende änderlich oder homogen, noch als gut oder Kategorien unterscheiden: Indigenität ist eine schlecht beschreibt. Es lässt sich zudem nicht ein politisches System gewählter VertreterInZentralamerika. Im Vergleich zu anderen innen. Bis dahin gab es bei den Ngöbe so gedigenen Gruppen lebten große Teile der nannte Caciques, die einzelne FamilienverNgöbe-Bevölkerung lange Zeit relativ isoliert. Der Weg nach Soloy ist beschwerlich. Drei bände oder lokale Gruppen vertraten, jedoch Stunden sitzt man im gelben Sammeltaxi, keine formellen Positionen innehatten. Sie das sich täglich mit den Unebenheiten der gründeten ihren Einfluss auf verwandtschaftrustikalen Landstraße abmüht, um dorthin liche Beziehungen und ihr soziales Prestige. zu gelangen. Die mitfahrenden Ngöbe transSomit gibt es heute zwei Systeme politischer portieren Reis, Zucker und andere NahrungsAutoritäten, die unterschiedlich legitimiert mittel, die teilweise zugekauft werden. Das werden. Dieser Dualismus führt zu Konflikten meiste wird allerdings und schwer durchschauselbst produziert, Masbaren Verhältnissen, die Bellhaven Inc. spendiert senkonsumgüter findet oft zu Lasten der BevölkeNgöbe-Schulklassen einen man nur vereinzelt. rung gehen – so auch im 1997 verabschiedete Besuch des Panama-Kanals Falle der Minenkonzesdas panamaische Parlasion. Laut den Minengegment ein Gesetz, mit nerInnen unter den Ngödem die Comarca Ngöbe-Buglé zum indigebe wurde der Vertrag über die Schürfrechte nen Territorium erklärt wurde. Ein eigenes unterzeichnet, ohne vorher die betroffenen Gebiet mit festgelegten Grenzen war ein hisGemeinden zu konsultieren. Auch die Cacitorischer Fortschritt für die Ngöbe und soll ques wurden nicht befragt. vor Landkäufen durch Außenstehende Bellhaven Inc. verweist auf seine sozialen Schutz bieten. Gleichzeitig schuf das Gesetz Programme für die Ngöbe. Das Unternehiz3w • men nennt das »eine proaktive Umwelt- und Sozialpolitik« und ein vorbildhaftes Beispiel im sozialen Bereich. Als kurioses Highlight der Programme spendiert Bellhaven NgöbeSchulklassen einen Besuch des Panama-Kanals. »Die Schüler, viele davon hatten noch nie zuvor ihre Gemeinde verlassen, durften den Panama-Kanal besuchen und Maßnahmen nachhaltiger Entwicklung lernen, die den Kanal und das umliegende Ökosystem regulieren«, so die Website des Unternehmens. Welchen Einfluss die Kupfermine auf das Ökosystem in der Comarca hat und ob die Ngöbe darüber mitbestimmen können, interessiert den Konzern weniger. t Christoph Campregher und Wolfgang Zechner sind Diplomanden an der Univer- sität Wien. Beide sind im Verein Pueblerino aktiv und unterstützen Projekte der Ngöbe (www.pueblerino.info). Nov. / Dez. 2007 q 303 5 Indigenität 6 Form der Ethnizität (es gibt aber auch andere xikoweiten und transnationalen Ausrichtung wie z.B. »Mestizaje« oder »Whiteness«), und – als indigener Aufstand. Bereits im Zuge der Ethnizität ist eine kulturelle Form (neben anMobilisierungen für die Gedenkfeiern zum deren wie z.B. Geschlecht). Als kulturelle Form 500. Jahrestag der Eroberung Lateinamerikas ist Ethnizität auch eine Existenzweise, in die war es zu verstärkten indigenistischen Orgadie Subjekte strukturell eingebunden sind. nisationsformen gekommen. In der Ersten Der Theorie von Louis Althusser entlehnt, beErklärung aus dem Lakandonischen Urwald, zeichnet die Existenzweise eine Zugehörigdie die Zapatistas 1994 abgaben, heißt es keit, die nicht allein auf Repression, aber auch eindeutig »Wir sind das Ergebnis von 500 nicht auf bewusster Zustimmung, ÜbereinJahren Kampf«. (Damit war die EZLN schon künften oder Verträgen beweiter als viele ihrer Fans, ruht. Sie entsteht als Effekt von denn hier wurde nicht beWer Indigenen nur symbolischen Klassifikationen, hauptet, wir sind dieselschamanische Rituale ist aber dennoch ganz real. ben wie vor 500 Jahren, Diese Realität verunmögzugesteht, bedient sich sondern wir sind das molicht es, zwischen den ethnimentan existierende Rerassistischer Klischees schen Zugehörigkeiten einsultat verschiedener Phafach hin- und herzuspringen. sen, Strategien und TaktiDenn sowohl die Wirkmächtigkeit der Definiken, die jeder Kampf in seinem Verlauf ertionsmacht als auch die sozialen Verhältnisse fährt.) »Kulturelle Identität« wurde hier als und die psychologischen Dispositionen vereine Waffe und ein zu verwirklichender Anhindern diese Flexibilität: Nach dem neueren spruch zugleich eingesetzt. Identität besteht Kulturverständnis könnte eine indigene Frau wie die Existenzweise immer aus Fremd- und aus dem mexikanischen Süden theoretisch Selbstzuschreibungen. Dass beide kaum geihrem Indigen-Sein entgehen, indem sie in trennt werden können, darin besteht das Didie Stadt zieht und sich perfekte Spanischlemma jeder Identitätspolitik: Man setzt im kenntnisse aneignet. Familiäre und gemeinKampf gegen Diskriminierungen auf Eigenschaftliche Eingebundenheiten sowie manschaften und / oder Merkmale, wegen derer gelnde finanzielle Ressourcen und nicht erman diskriminiert wird. lerntes Selbstbewusstsein werden das aber in der Regel so gründlich verhindern, dass selbst Den Mais verteidigen der Gedanke daran nicht aufkommen kann. In t Dennoch kann der Rückbezug auf kulturelder Regel. le Identitäten, wie der antirassistische TheoreUm diese Regeln zu (durch)brechen, tratiker Stuart Hall schrieb, eine »machtvolle und ten immer wieder sozialrevolutionäre Bewekreative Kraft für die sich entwickelnden Regungen an. Dabei ist der Bezug auf indigene präsentationsformen« der Marginalisierten Kultur immer eine Gratwanderung, die sozisein. Einerseits kann eine Diskriminierung, die ale Gleichheit und kulturelle Differenz zu vereine bestimmte Gruppe von Menschen als söhnen versucht. Identitätspolitik steht dieser Gruppe erfährt, auch sinnvoll bekämpft Versöhnung eigentlich im Wege, denn sie bewerden, wenn sich diese Gruppe als Gruppe tont ja kulturelle Unterschiede – und schreibt formiert. Das kann, muss aber durchaus nicht sie damit tendenziell fest. Sie kann aber denin der Einrichtung einer kulturellen Nische mit noch eine vorübergehende Waffe im Kampf rein partikularen Ansprüchen münden. Es um soziale Gleichheit sein, weil sie den Grund kann jedoch ebenso universelle Forderungen der Ungleichheit zum Ausgangspunkt ihres generieren. Kampfes macht. Beim Bezug auf Indigenität So betrifft beispielsweise der Anspruch auf kommen neben den bereits beschriebenen Autonomie, den einige indigene soziale BeFallstricken also noch die der Identitätspolitik wegungen im Süden Mexikos – mit Bezug auf hinzu. ihre Tradition als indigene BevölkerungsgrupIdentitätspolitik ist keine essenzielle Eigenpe – formulieren, auch das Eigentumsrecht schaft irgendeiner Gruppe, sondern ergibt ganz allgemein. Denn der angestrebte kolleksich wie jede politische Strategie aus betive Landbesitz steht sowohl den Interessen stimmten Situationen und unterliegt gewisder lokalen Großgrundbesitzer als auch desen Konjunkturen. Die Indigenen wurden nen des nationalen Wirtschaftsverbandes entvon der Mexikanischen Revolution bis in die gegen, der den mexikanischen Süden für das 1970er Jahre häufig in erster Linie als Bauern Infrastrukturprojekt Plan Puebla Panama nutund Bäuerinnen wahrgenommen und orgazen will. Nicht ohne Grund war der Artikel 27 nisierten sich auch oft als solche. Erst 1974 der mexikanischen Verfassung, der die gefand unter Mitwirkung des Befreiungstheolomeinschaftliche Nutzung von Land garantiergen Bischof Samuel Ruiz ein großer indigener te, 1992 im Zuge der Verhandlung zum NordKongress in San Cristóbal de las Casas (Chiaamerikanischen Freihandelsabkommen gepas) statt, der die Forderung nach Autonostrichen worden. Eine vermeintlich folkloristimie formulierte, an die die EZLN zwanzig sche Parole, wie die von einigen indigenen Jahre später anknüpfte. Organisationen 2004 in Oaxaca vorgebrachNicht nur der Aufstand der Zapatistas forte, »den Mais verteidigen« zu wollen, kann so mierte sich – neben seiner von Beginn an meiz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 durchaus sozialen Sprengstoff beinhalten: Sie bezieht sich auf die Praxis des Anbaus, richtet sich konkret gegen den Import genveränderten Saatguts und stellt die Landfrage. Die Landfrage war auch eines der Hauptanliegen der magonistischen Bewegung. In einem Manifest von 1911 formulieren Magón und andere den Anspruch, »das Land und die Arbeitsmittel zu enteignen und der Bevölkerung zu übergeben.« Hier galten jene Indigenen als Vorbilder, die – als bäuerliche soziale Bewegung – vor dem Hintergrund extrem ungleicher Landverteilung Ländereien enteignet hatten. Diese Enteignungen galten der Bewegung, die die später vom Zapatismus übernommene Parole »Land und Freiheit« prägte, als »grundlegender Schritt« für wirkliche Befreiung. Als Banner mit weißer Schrift auf rotem Grund findet sich die Parole auch im Zentrum von Diego Riveras Nationalpalast-Gemälde. Eine Bewegung, die sich auf Indigenität als kulturelle Form beruft, kann also durchaus ein befreiendes Moment mit sich bringen. Anmerkung: 1 Dass es diese positive Konnotation beim deutschen Wort »Volk« nicht gibt, ist ein Grund mehr dafür, nicht von »indigenen Völkern« zu sprechen. Als gäbe es sie, wurde beispielsweise im Rahmen von »Enlazando Alternativas 2« (das Treffen der sozialen Bewegungen anlässlich des Gipfeltreffens von Staatschefs aus EU und Lateinamerika/ Karibik 2006 in Wien) ein »Tribunal der Völker« abgehalten. »Die Völker« den »Regierenden« gegenüber zu stellen, zeugt nicht nur von einem simplifizierenden Politikmodell, das Einverständnis und privilegierte Teilhabe nicht mitdenkt. Im deutschen Sprachraum bezeugt es zudem Geschichtsvergessenheit, wurde doch nirgends so deutlich wie hier, welch vernichtende Folgen die Vorstellung von der »Einheit des Volkes« haben kann. Literatur: – Benjamín Maldonado Alvarado (2000): El indio y lo indio en el anarquismo magonista, in: Cuardernos del Sur, 6. Jg., Nr. 15, Juni 2000, Oaxaca/ Mexiko, S. 115-137. – Stuart Hall (1994): Kulturelle Identität und Diaspora, in: ders.: Rassismus und kulturelle Identität. Ausgewählte Schriften 2, Hamburg, S. 26-43. – Ricardo Flores Magón (2005): Tierra y Libertad, hg. von der Gruppe B.A.S.T.A., Münster. – Sergio Sarmiento S. (2001): El movimiento indio mexicano y la reforma del Estado, in: Cuardernos del Sur, 7. Jg., Nr. 16, März 2001, Oaxaca/Mexiko, S. 65-96. – Rubén Trejo (2006): Magonismus. Utopie und Praxis in der Mexikanischen Revolution 19101913, Lich/ Hessen. t Jens Kastner ist Kunsthistoriker und Soziologe und lebt in Wien und Münster. Zuletzt erschien von ihm der gemeinsam mit Max Hinderer herausgegebene Band »Pok ta Pok. Aneignung – Macht – Kunst«, Wien 2007 (Verlag Turia + Kant). Foto: O. Kaltmeier Vom Nutzen der Ethnizität Indigene Identitätspolitik und Neoliberalismus in den Anden Es ist kein Zufall, dass die Hochkonjunktur von Indigenität in der internationalen Debatte parallel verläuft zur Konjunkturkurve neoliberaler Politik. Denn bestimmte Formen von indigener Selbstorganisation passen durchaus zu neoliberalen Politikformen. Zugleich treffen neoliberale Projekte aber auch auf den Widerstand von Indigenen. Am Beispiel des Andenraums lässt sich dieser Widerspruch besonders gut aufzeigen. von O l a f K a l t m e i e r t In Ecuador und Bolivien, aber auch in Chile und Kolumbien waren es vor allem indigene Bewegungen, die eine radikale Kritik an neoliberalen Politiken formulierten und ein massives Protestpotential entfalteten. Die Protest- und Demokratisierungsbewegungen, die Regierungen wie die von Rafael Correa in Ecuador und vor allem von Evo Morales in Bolivien an die Staatsmacht brachten, wären ohne die indigenen Mobilisierungen undenkbar. Inwieweit es bei diesen antineoliberalen Protesten zu einem vermehrten strategischen Gebrauch von (politischer) Ethnizität kam, welche vielfältigen Dimensionen diese aufweist und wo sie paradoxerweise sogar kompatibel ist mit neoliberaler Politik, kann exemplarisch am Andenraum nachgezeichnet werden. Denn die dortigen Entwicklungen sind nahezu paradigmatisch. Postkoloniale Bürden t In der Kolonialzeit zeichnete sich die Verwaltung der indigenen Bevölkerung im Andenraum durch ein auf Ethnizität beruhendes System der Segregation aus. Dieses beinhaltete den Fortbestand indigener kultureller iz3w • Elemente und politischer Strukturen. In der republikanischen Phase nach der Unabhängigkeit entwarfen vor allem liberale Eliten an europäischen Vorstellungen angelehnte Modernisierungsprogramme, in deren Folge die ‚Fremdheit’ des Indigenen durch Vertreibung und Zurückdrängung bis hin zum Genozid sowie vor allem durch Assimilation gebannt werden sollte. Identitätspolitisch bedeutete dies eine massive Politik des Whitening, von der die Andenländer bis heute geprägt sind. Im Kontext massiver Dominanz des »Weißseins«, dem Ausschluss indigener Bevölkerung aus dem gesellschaftlichen Leben und der Fortdauer kolonialer Langzeitstrukturen setzte Mitte des 20. Jahrhunderts aus den indigenen Gemeinschaften heraus eine Bewegung ein, die sich explizit als indigen definierte. Mittels eines strategischen Essentialismus setzte sie Indigenität gezielt als Ressource im identitätspolitischen Feld ein – vor allem um Respekt, Entwicklung, aber auch Umverteilung gesellschaftlicher Ressourcen einzufordern. Damit begann eine bis dato unbekannte Politisierung des Ethni- Nov. / Dez. 2007 q 303 7 schen, bei der gerade auch die bislang hegemonialen weißen Repräsentationsverhältnisse in Frage gestellt wurden. Seit den 1990er Jahren hat Indigenität sogar auf transnationaler Ebene Konjunktur. So führte nicht zuletzt die 500-Jahre-Conquista-Kampagne anlässlich des Jahrestages der Eroberung der Amerikas zur länderübergreifenden Sichtbarkeit und Medialisierung indigener Bevölkerung. Diese trug dazu bei, dass die UNO 1992 zum »Jahr der indigenen Völker« erklärte. Zudem begann 1994 die UN-Dekade für indigene Völker, die 2004 um eine weitere Dekade verlängert wurde. Verstärkt wurde die transnationale Bedeutung von Indigenität durch die Nachhaltigkeitsdebatte im Umfeld der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio (1992) sowie die Verschränkung von indigenem und ökologischem Diskurs. Gerade die Forderungen nach kultureller Anerkennung, Kollektivrechten und ökologischer Nachhaltigkeit fielen in den westlichen Ländern auf einen fruchtbaren Resonanzboden. Durch Selbst- und Fremdzuschreibungen entstand das Bild vom »ökologischen Indianer«, das bis in Weltbankprogramme Einzug hielt. den 1990er Jahren als eine bruchlose Erfolgsgeschichte gesehen werden: Nach Jahrhunderte langer Unterdrückung ist nun die konstitutionelle Anerkennung indigener Gruppen erfolgt, die Exklusion ist partiell überwunden, die Partizipationschancen am gesellschaftlichen Leben steigen und die unzweifelhafte Fortdauer rassistischer Diskriminierung wird als überwindbar angesehen. ten zugeschnittene Produkte zu entwerfen. Die Vermarktung von World Music, Ethnound Öko-Tourismus, ethnic food und ethnic fashion demonstriert, dass Indigenität ein kulturelles Kapital ist, das durchaus in ökonomisches Kapital konvertierbar ist. Eine zweite Form des Ineinandergeifens von multikultureller Anerkennungspolitik und neoliberalen Regierungstechniken lässt Anerkennung, nicht Umverteilung 8 t Ohne im Detail auf die moralphilosophische Debatte »Anerkennung versus Umverteilung« eingehen zu wollen, ist doch auffällig, dass die indigenen Proteste von Medien, transnationalen Organisationen und NGOs sowie der akademischen Welt hauptsächlich auf ihre Anerkennungsdimension reduziert wurden, während die nicht ethnisch begründete Umverteilungsdimension kaum berücksichtigt wurde. Nichtregierungsorganisationen und suprastaatliche Institutionen von der UNO über die ILO bis hin zur Weltbank setzten sich mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten vor allem für die Kollektivrechte indigener Völker wie Territorialität, interkulturelle und bilinguale Bildung, Anerkennung von Gewohnheitsrechten, Ethnomedizin, etc. ein. Dieser cultural turn korrespondiert mit einer Trendwende in der interamerikanischen Bewegungsforschung, die ihre Forschungsperspektive vor allem auf widerständige Alltagskulturen, den Kampf um Rechte und auf citizenship richtete. Fragen gesellschaftlicher Umverteilungskämpfe und sozio-ökonomischer Ausbeutung drohten dabei in den Hintergrund zu geraten. Im Kontext des Endes der Diktaturen und autoritären Regime konnten aber immerhin Bürgerrechte und kollektive Sonderrechte der indigenen Gruppen und der afroamerikanischen Bevölkerung in den Demokratisierungsprozessen thematisiert und vielfach sogar in die Verfassungen eingeschrieben werden. In einer optimistischen Lesart könnte der Anerkennungskampf indigener Gruppen in iz3w • Kein alter Hut: Kollektive Entscheidungsfindung im Plenum Zudem haben internationale Entwicklungsorganisationen die indigene Bevölkerung als Zielgruppe identifiziert und Versuche initiiert, mit partizipatorisch angelegten, ökologisch unbedenklichen Projekten »Entwicklung mit Identität« zu fördern. Regieren durch Gemeinschaft t Dieser euphorischen Betrachtungsweise ist entgegen zu halten, dass die multikulturelle Anerkennungspolitik keineswegs zufällig parallel zur Durchsetzung neoliberaler Regierungstechniken in den 1990er erfolgte. Dass Neoliberalismus und begrenzte kulturelle Anerkennung (Multikulturalismus) durchaus kompatibel sind, zeigt sich erstens bei der Kommodifizierung von Kultur, also im Zugriff auf das kulturelle Kapital indigener Bevölkerungen. Zumindest auf der Erscheinungsebene braucht der postmoderne, postfordistische Kapitalismus kulturelle Vielfalt, um auf spezifische Lebensstile und Konsum-Identitä- Nov. / Dez. 2007 q 303 sich in Bezug auf die indigenen Bevölkerungen Lateinamerikas am Konzept des neo-indigenismo herausarbeiten. Hierbei handelt es sich um eine neue Form des Regierens indigener Bevölkerung. In ihr erfolgt eine partielle Anerkennung kultureller Rechte, Bevölkerungsgruppen werden – zum Teil mit essentialistischen Konzepten – ethnisiert und entsprechende Subjektpositionen erzeugt, Programme werden auf Zielgruppen und Räume zugeschnitten. Der Staat nimmt in dieser Regierungsform eine moderierende statt eine lenkende Stellung ein und bezieht damit andere, nichtstaatliche Akteure in die Regierungspraktiken ein. Ein Paradebeispiel für das Ineinandergreifen von neoliberalen und multikulturellen Regierungstechniken ist das Ley de Participación Popular in Bolivien, das im Kontext eines neoliberalen Strukturanpassungsprogramms der Regierung von Gonzalo Sánchez de Lozada Mitte der 1990er Jahre durchgesetzt wurde. Dabei gelang es Sánchez de Lozada, eine Indigenität reformorientierte Allianz mit dem liberalen Unternehmertum, links-liberalen Intellektuellen, dem NGO-Bereich, dem Movimiento Bolivia Libre und dem Movimiento Revolucionario Tupaj Katari de Liberación zu schmieden. Letztere stellt einen entscheidenden Sektor der Indígena-Bewegung dar und wurde vertreten durch den Aymara Víctor Hugo Cárdenas, der Vizepräsident des Bündnisses wurde. Foto: J. Holst / version Das Gesetz der Participación Popular war integraler Bestandteil einer neoliberalen Strukturreform, zu der eine Bildungsreform mit Anerkennung bilingualen Unterrichts sowie die Privatisierung von Staatsunternehmen (Kapitalisierung genannt) gehörten. Zur Förderung der Partizipation konnten sich Nachbarschaftsvereinigungen, indigene Gruppen, bäuerliche comunidades, ländliche Gewerkschaften etc. als territoriale Basisorganisationen (OTB) registrieren lassen, vor allem um auf die Erstellung von zumeist kommunalen Entwicklungsplänen Einfluss zu nehmen. Mit dieser Betonung von lokalen Gemeinschaften, Dezentralisierung und Empowerment wurde eine Brücke gebaut, so dass sich Teile der indigenen Bewegung und Neoliberale treffen konnten. In Ecuador dagegen setzte angesichts des massiven Protestpotentials der IndígenaBewegung das von der Weltbank konzipierte Pilot-Projekt PRODEPINE (Proyecto de desarrollo de los pueblos indígenas y negros del Ecua- dor, 1998 bis 2002) an den regionalen Orgadass diese »keine Entwicklung der indigenen nisationen der Indígena-Bewegung an, um Völker« voran gebracht hätte und es sich aldiese zu professionalisieren und zur eigenlein um »bevormundende Politiken« handele, verantwortlichen Konzeption und Durchfühum »Kontrollmechanismen der Indígena-Bewegung zu implementieren«. Es ginge der rung von Entwicklungsprojekten anzuregen. Weltbank um eine »Entideologisierung« der Wie kaum ein anderes Weltbank-Programm Bewegung und die »Kooptation« ihrer Fühsetzte PRODEPINE auf die Stärkung lokaler rungspersönlichkeiten. Organisationen, auf Partizipation und allgeNeben der mit diesem Beispiel angedeumein auf Sozialkapital als Motor für das Emteten Strategie der Ablehnung neo-indigepowerment der Armen. Aus dieser Perspektinistischer Regierungstechniken sind vor alve wurde gerade in den Organisationen der lem Widerständigkeiten und »Gegen-Verhalindigenen Bevölkerung viel Potenzial verortensformen« bis hin zur »Verhaltensrevolte« tet, das es in Entwicklungsbahnen zu lenken (Foucault) zu betonen, die aus den neo-ingalt. Der Anthropologe Víctor Bretón kritidigenistischen Regierungstechniken selber siert, dass dieses Programm zur »Ethnophaentstehen. So hat die Participación Popular in gie« führt, da es von Indigenen geleitet und Bolivien den notwendigen Freiraum geschafausgeführt wird, aber dennoch den Anliegen fen, der den Aufstieg neuer Organisationen der indigenen sozialen Bewegungen entermöglichte, wie der von gegenläuft und diese Evo Morales gegründeten letztlich entpolitisiert. Selbst die Weltbank Partei MAS (Bewegung Diese beiden Beispiele aus Ecuador und Bolisetzt sich für die Kollektiv- zum Sozialismus) und der von Felipe Quispe gegrünvien, die um viele anderechte Indigener ein deten indianistischen More Programme in Lateinvimiento Indígena Pachakuamerika zu ergänzen tik (MIP). Durch die Verlagerung politischen wären, zielen auf die »Inwertsetzung« des Gewichts auf die bislang ausgeschlossenen »sozialen Kapitals« ab, das in indigenen Geländlichen Gebiete hat sich die »Topographie meinschaftsstrukturen vermutet wird. Diese der Macht« vom Nationalen, das traditionell Organisationsformen sollen in Räumen, die »weiß« dominiert ist, zum Lokalen, das eher staatlich nicht durchdrungen sind, eigenindigen dominiert ist, verschoben. Bei den verantwortlich Entwicklung und Verwaltung antineoliberalen Protesten 2003 im indigeleisten. Damit soll das massive, großteils antinen Stadtteil von La Paz, El Alto, waren die in neoliberale Protestpotential gebannt werdie Participación Popular eingebundenen den. Nikolas Rose, ein britischer Vertreter der Governmentality Studies, hat dies griffig Nachbarschaftsvereinigungen die zentralen »Regieren durch Gemeinschaft« genannt. Akteure. So bilanziert die Bolivien-Kennerin Nancy Postero treffend: »Das Ergebnis war eine neue Form des Protagonismus, die die zu Ambivalenzen der Autonomie Grunde liegenden Philosophien des Neolibet Eine Vielzahl vor allem anthropologischer ralismus gleichzeitig inkorporiert und herausArbeiten hebt die besonderen Organisationsfordert.« formen indigener Gruppen mit Konzepten wie »gehorchendes Befehlen«, »kommunitäSubalterne Perspektiven re Demokratie« oder »indigenes Gewohnt Ohne Zweifel hat der Kampf um Respekt heitsrecht« als Alternative zum rassistischen, und Anerkennung der indigenen Gruppen korrupten Zentralstaat hervor. Was immer zur Demokratisierung der lateinamerikanivon diesen Konzepten zu halten ist – beim schen Gesellschaften beigetragen. Ein andeAufeinandertreffen von indigenen Gemeinrer für linke Politik zentraler Gesichtspunkt schaften und neoliberalen Programmen ist, dass indigene Bewegungen lateinamerikommt es zu vielfältigen, lokal unterschiedkaweit mit zu den massivsten und bestorgalichen konfliktreichen Aushandlungen. Diese nisierten Kritikerinnen neoliberaler Politik können von Kooptation und Vereinnahmung gehören. Mit der Forderung nach der Umverüber verdeckte oder offene Ablehnung bis hin teilung gesellschaftlichen Reichtums, nach zu neuen widerständigen Formen führen. Absetzung neoliberaler und korrupter RegieDabei sind auf Autonomie basierende neorungen, mit den Protesten gegen Freihanliberale Regierungstechniken mangels der delsabkommen und die Interventionspolitik Verfügung über Zwangsmechanismen relativ der USA vertreten indigene Belange, die weit schwer zu kontrollieren. In Ecuador wird deutüber ethnisierte Anliegen hinausweisen. lich, wie sehr es den auf Eigenverantwortung Die Durchsetzungskraft von allgemeinen und Selbstführung setzenden Projekten von subalternen Anliegen durch indigene BewePRODEPINE an Zwangsmechanismen zur gungen ist allerdings regional unterschiedDurchsetzung mangelt. Der ecuadorianische lich und von verschiedenen Faktoren abhänDachverband indigener Organisationen COgig. Dazu zählen das demographische ArguNAIE konnte somit 2005 die Entscheidung ment des relativen Anteils indigener Bevölketreffen, eine geplante Verlängerung von PROrung an der Gesamtbevölkerung, deren DEPINE abzulehnen – mit der Begründung, iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 9 Indigenität 10 geographische Verteilung und die GeschichAndenhochland ist eine scharfe Trennungslite der interethnischen Beziehungen. Als Panie zwischen Ethnie und Klasse kaum zu zieradebeispiel für letzteres gilt der Gegensatz hen. Indigene bezeichnen sich dort als Indígenas und als Campesin@s (Bauern und Bäuzwischen Hochland- und Tieflandvölkern. erinnen). Bereits in den 1970ern prägten SoWährend erstere früh vor allem über das ziologInnen für diese Verschränkung von Hacienda-Regime und den Bergbau in kapiEthnie und Klasse den Begriff der »ethnotalistische Ausbeutungssysteme integriert class«. Diese enge Verknüpfung spiegelt sich wurden und Kontakte zur Arbeiter- und auch in den politischen Bewegungen wider. Bauernbewegung entwickelten, sind die So bildeten sich Anfang des 20. Jahrhunderts Tieflandindígenas später mit Folgen kapitaim Andenraum interethnische Allianzen zwilistischer Modernisierung konfrontiert worschen indigenen Gemeinschaften, vorwieden. Zudem sind zwischen Hochland- und gend des Hochlandes, und sozialistischen Tieflandindígenas unterschiedliche politischund kommunistischen Bewegungen und Parkulturelle Logiken festzustellen. Während die teien, die vor allem auf das Endes des Gamoandinen Hochland-Indígenas in das hierarnalismo (Hacienda-Wirtschaft) abzielten und chisch-organisierte Inka-Reich integriert Agrarreformen forderten. waren, lebten Tiefland-Indígenas, eher in Kaziken-Gesellschaften in denen herrschaftsverhindernde Mechansimen zu finden sind. Unverbrauchtes Auftreten ... Dies mag ein Faktor sein, weswegen die Ant Ein zentraler konjunktureller Aspekt für denbewohner sich eher an den Staat richten, den Aufstieg indigener Bewegungen und dewährend die »Staatsfeinde« (Clastres) im ren Bedeutung auch für nichtindigene subalTiefland auf Autonomie bedacht sind. Heuterne Sektoren ist eng mit dem Einfluss des te optieren Hochlandindianer tendenziell für Neoliberalismus auf das identitätspolitische populare Positionen, während die TieflandFeld verbunden. In vielen Ländern kam es zu bevölkerung eher auf Modelle territorialer einer massiven Deindustrialisierung und zur Autonomie setzt. Zerschlagung gewerkschaftlicher klassenOb Indigene anti-hegemoniale Strategien basierter Organisationsformen, wodurch – der ethnischen Gruppenfestigung wählen Hand in Hand mit Verarmungsprozessen – oder aber gegen-hegemoniale Strategien der die Arbeiterklasse als soziostrukturelle KategoAkkumulation politischer Macht durch den rie fragmentierte. In diesem Kontext und im Einbezug nicht-indigener subalterner SektoSog des Niedergangs des ren, ist letztlich vor alOstblocks gerieten sozialislem abhängig von den Heute ist in Lateinamerika tische und kommunistische jeweiligen gesellschaft»niemals mehr ein Land Parteien sowie nationale lichen KräfteverhältnisBefreiungsbewegungen in sen und Rahmenbedinohne Indígenas« denkbar eine Repräsentationskrise. gungen. In Kolumbien Breite, verarmte Bevölkebeförderte beispielsrungsgruppen waren im politischen Feld weise die Verfassung von 1990 die politische nicht mehr repräsentiert. In dieses identitätsTeilhabe indigener Völker. Wo es zu einer politische Vakuum stießen die indigenen BeSchwächung der indigenen Bewegung wegungen, die mit ihrem Mix aus ethnischen kommt, überwiegen meist Rückzugsstrateund popularen Forderungen sowie einem ungien auf die ethnischen Belange. verbrauchten »authentischen« Auftreten geEinzelne KritikerInnen, wie zuletzt León rade auch die Sympathien urbaner nichtindiZamosc, vertreten die These, dass populare gener Sektoren gewannen. Positionen von den indigenen Bewegungen So ist allgemein zu beobachten, wie die nur taktisch und instrumentell verwendet popular-indigenen Bewegungen die Stärwerden, während ihre Strategie allein in kung im Lokalen dazu benutzen, um über Richtung starker Rechte für die indigene Inneu gegründete politische Parteien auf den Group zielt. Die Einbeziehung popularer Annationalen politischen Raum einzuwirken. liegen in die »indigene« Agenda solle ledigDies gilt für die 1996 in Ecuador von der Inlich mehr Verhandlungsmacht schaffen. Es dígena-Bewegung gegründete politische handele sich um eine »Geiselnahme« popuBewegung Movimiento de Unidad Plurinaciolarer Bewegungen, um an Ressourcen für die nal Pachakutik – Nuevo País oder für die Alianindigene Bevölkerung und an neue Ämter im za Social Indígena in Kolumbien, obwohl dort Staatsapparat zu kommen. Andere, oft marder Anteil der indigenen Bevölkerung an der xistisch orientierte AktivistInnen, sehen in der Gesamtbevölkerung bei nur zwei Prozent Ethnizität/ Indigenität einen Verblendungsliegt. Am deutlichsten ist der Erfolg der polizusammenhang, der die wahren zu Grunde tischen Einflussnahme am Beispiel des Moviliegenden Klassenverhältnisse verschleiere. miento al Socialismo MAS in Bolivien zu sehen, Sicherlich gibt es in jedem der genannten die 2005 mit Evo Morales die RegierungsLänder Beispiele für die Instrumentalisierung macht übernehmen konnte. Ohne Zweifel ist subalterner Anliegen durch Indigene, aber der Wahlerfolg in all diesen Fällen in hohem die Beziehung zwischen Ethnie und Klasse ist Maße an lokale Organisationsnetze gebunin den Anden weitaus komplexer. Gerade im iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 den, die ihre Basis vor allem in den ländlichen indigenen Gemeinschaften haben. ... und gegenhegemoniale Projekte t Auf der Ereignisebene lässt sich festhalten, dass indigene und populare Bewegungen in Lateinamerika während der letzten Jahre an konkreten Krisen ansetzen. In Bolivien waren dies etwa der »Krieg um Wasser« und der »Krieg um Gas«, in Ecuador der Sturz korrupter und anti-popularer Präsidenten, der Protest gegen das anstehende Freihandelsabkommen mit den USA und der US-amerikanischen Erdölgesellschaft Occidental. Diese Ereignisse fügen sich in ihrer Mehrheit in eine konjunkturelle Krise des neoliberalen Modells ein. Die Hegemonie des Neoliberalismus ist nach seinem Triumphalismus in den 1990ern nicht gebrochen, aber sie befindet sich in einer tiefen Krise. Die aktuellen Proteste sind Ausdruck der Krise und gleichzeitig Versuche, gegenhegemoniale Projekte zu lancieren. Dabei ist gerade auch in den indigenen Bewegungen in den Anden eine starke Orientierung an dem politischen Prozess in Venezuela um Hugo Chávez festzustellen. Auf einer tieferen historischen Ebene ist ein Bruch mit dem kolonialen longue durée, das heißt der Fortdauer kolonialer Dispositionen des Rassismus und des Ausschlusses der indigenen Bevölkerung, festzustellen. Diese kolonialen Dispositionen bleiben zwar in ihren Grundkoordinaten in der bisherigen postkolonialen Phase weitgehend erhalten, aber heute ist gemäß eines Demospruchs der CONAIE »niemals mehr ein Land ohne Indígenas« denkbar. Offen ist allerdings, inwieweit die Prozesse über ethnische Anerkennung hinaus eine reale Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen der indigenen (und allgemein subalternen) Bevölkerung bewirken können. Literatur: – Víctor Bretón Solo de Zaldívar (2005): Capital social y etnodesarrollo en los Andes. Quito. – Christian Büschges, Guillermo Bustos, Olaf Kaltmeier (Hg.) (2007): Etnicidad y poder en los países andinos. Quito. – Álvaro García Linera (2006): State Crisis and Popular Power. In: New Left Review, Nr. 37, S.73-85. – Nancy Postero (2006): Now we are Citizens. Indigenous Politics in Postmulticultural Bolivia. Stanford. – Nancy Postero, Leon Zamosc, (Hg.) (2005): La Lucha por los Derechos Indígenas en América Latina. Quito t Olaf Kaltmeier ist Soziologe und Redaktionsmitglied der Zeitschrift PERIPHERIE. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Bielefeld an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie, zudem engagiert er sich dort im Masterstudiengang der InterAmerikanischen Studien. Foto: iz3w-Archiv »Das Globale verliert sich im Nichts« Das Ständige Forum für indigene Angelegenheiten bei der UNO Es ist ein Klischee, dass über indigene Angelegenheiten nur in Dorfräten debattiert wird. Im Gegenteil, Indigene nutzen selbstbewusst die Möglichkeiten des UNO-Systems, um ihre Interessen zu artikulieren. Dabei stoßen sie jedoch immer wieder auch auf die Grenzen politischer Partizipation. von M a r e n R ö ß l e r t New York, UN-Hauptsitz: Die 23-jährige Juana aus Salazaca, Ecuador, nimmt zum ersten Mal an einer Sitzung des Ständigen Forums für indigene Angelegenheiten teil. Sie ist mit Hilfe eines Stipendiums nach New York gereist, um über die Situation ihrer Bevölkerungsgruppe zu berichten. Ihr gefällt das Treffen, denn sie hat sich trotz Sprachproblemen mit zwei Massai-Frauen aus Kenia angefreundet. Juana findet es spannend, Menschen aus der ganzen Welt kennen zu lernen. Sie bedauert jedoch, nicht mit den anwesenden UN-MitarbeiterInnen und RegierungsvertreterInnen ins Gespräch zu kommen. Jedes Jahr im Mai versammeln sich mehr als tausend RepräsentantInnen indigener Verbände, RegierungsvertreterInnen, MitarbeiterInnen von Entwicklungsorganisationen und WissenschaftlerInnen beim »Gipfeltreffen indigener Völker« in New York. Zwei Wochen lang diskutieren sie in den Sitzungen des Ständigen Forums für indigene Angele- des Ausschlusses und der Diskriminierung; freiwillige Aufrechterhaltung kultureller Differenz; Selbstidentifizierung als indigen. Da die Definition durch das letztgenannte subjektive Kriterium sehr weit gefasst ist, wird sie bis heute kontrovers diskutiert. Viele Regierungen lehnen nach wie vor die Verwendung des Begriffs »indigenes Volk« zur Bezeichnung bestimmter marginalisierter Gruppen genheiten die Probleme und Forderungen in ihrem Land ab. So blockierte 2006 die Reder über 300 Millionen Indigenen. Dies sind gierung Namibias erfolgreich die Abstimetwa vier Prozent der Weltbevölkerung, die mung zur Verabschiedung der »Erklärung der auf rund 70 Staaten verteilt leben. Rechte indigener Völker« durch die UN-Generalversammlung (siehe Kasten S. 12). Den Worten des ehemaligen UN-GeneralZuhause bei der UNO sekretärs Kofi Annan zufolge, der die erste Sitt Das Ständige Forum gehört zum Wirtzung des Ständigen Forums im Jahr 2002 erschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen öffnete, haben die Indigenen bei den Verein(ECOSOC) und gilt als Meilenstein in der Geten Nationen eine Heimat gefunden und sind schichte indigener Repräsen»zuhause angekomtation: Zum ersten Mal könmen«. »Indigene Völ»Wir nehmen gar nicht nen indigene Gruppen ihre ker« gelten zwar nicht an der Ausarbeitung der Interessen in einem eigenen als eigenständige MitForum auf hoher Ebene vor glieder der UNO, sonThemen und Regeln teil« der UNO vertreten. Um von dern als Teil der Bevölder UNO als »indigenes kerung ihrer MitgliedsVolk« anerkannt zu werden, müssen jedoch länder. Und als zwischenstaatliche Organisafolgende Kriterien in ihrer Mehrzahl erfüllt tion gewährt die UNO zivilgesellschaftlichen werden: Existenz in einem bestimmten TerriAkteuren normalerweise nur Zutritt über torium vor Invasion oder Kolonisierung; ErNichtregierungsorganisationen (NGOs), die fahrung der Unterwerfung, Marginalisierung, einen UN-Beraterstatus am ECOSOC besitiz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 11 lichen Einrichtungen. Das Anmeldeverfahren ist unbürokratisch und kostenlos. Als einzige, manchmal für indigene RepräsentantInnen allerdings unpassierbare Hürde, erweist sich der Erhalt eines Visums für die USA. Herzstück indigener Politik t Jedes Jahr steht ein anderes Thema im Mittelpunkt der Sitzungen des Ständigen Forums. 2007 war dies »Territorium, Land und natürliche Ressourcen«. Schon immer bilden die Forderungen nach Anerkennung indigenen Territoriums sowie nach selbstbestimmtem Umgang mit Bodenschätzen das Herzstück indigener Politik. Dieses Thema zum Schwerpunkt einer Sitzung zu wählen, entsprach somit dem Wunsch vieler TeilnehmerInnen. 2005 und 2006 standen hingegen Foto: M. Rößler zen. Das Ständige Forum für indigene Angelegenheiten zeichnet sich aber durch einige Besonderheiten aus, die darauf hinweisen, dass Indigene bei den Vereinten Nationen zunehmend als eigenständige politische Subjekte behandelt werden. Sowohl durch die personelle Zusammensetzung des Ständigen Forums als auch durch nahezu uneingeschränkte Teilnahmemöglichkeiten an den Sitzungen wurde das Zutrittsrecht zur UNO teilweise reformiert. So besteht das Forum neben acht von Regierungen benannten Fachleuten aus acht unabhängigen indigenen ExpertInnen, die direkt von indigenen Organisationen nominiert werden. Teilnehmen an den Sitzungen können nicht nur Delegierte von Regierungen und UN-Organisationen, sondern auch VertreterInnen von NGOs und wissenschaft- die Millenniums-Entwicklungsziele der UNO im Fokus, Indigene hatten bis dato keine Erwähnung darin gefunden. 2005 wurden die beiden ersten Zielsetzungen – Halbierung der Armut bis 2015 und weltweite Sicherung der Grundschulbildung für alle Mädchen und Jungen – thematisiert, im darauf folgenden Jahr die generelle Revision der Ziele aus indigener Perspektive. Dabei wurde von zahlreichen indigenen SprecherInnen bemängelt, dass die Definition von »Armut«, der zufolge die Betroffenen von weniger als einem Dollar am Tag leben, nicht eins zu eins auf indigene Lebensumstände übertragen werden könne. Neben dem jeweiligen Schwerpunktthema der Sitzung können die TeilnehmerInnen zu jedem der sechs Mandatsbereiche des Ständigen Forums (wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Kultur, Umwelt, Erziehung, Gesundheit und Menschenrechte) Redebeiträge halten und schriftlich einreichen. So thematisieren sie etwa Defizite bei der Anerkennung indigener Sprachen und politischen Partizipationsrechten sowie Umwelt- und Gesundheitsprobleme. Als wichtigste Funktion des Treffens wird oft die direkte Rückbindung an die IndigenenvertreterInnen auf lokaler Ebene genannt – der unmittelbare Kontakt der Mitglieder des Forums zu den konkreten Problemen und Forderungen vor Ort soll die entwicklungspolitische Arbeit der Vereinten Nationen effektiver gestalten. Dieses hehre Ziel wirft bei der Umsetzung einige Schwierigkeiten auf. Die Indigenenver- Umstrittene »Erklärung über die Rechte indigener Völker« 12 t Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, verabschiedete die UNO-Generalversammlung am 13. September 2007 die »Erklärung über die Rechte indigener Völker«. Die Entscheidung fiel keineswegs einhellig: 143 Ja-Stimmen standen vier Nein-Stimmen (Kanada, Australien, USA, Neuseeland) und elf Enthaltungen (Aserbaidschan, Bangladesh, Burundi, Kolumbien, Kenia, Nigeria, Russland u.a.) gegenüber. Vorangegangen waren langjährige Querelen. Im November 2006 war die Deklaration von der Generalversammlung sogar auf Eis gelegt worden, obwohl viele Indigenen-Organisationen große Hoffnungen auf sie gesetzt hatten und der UNO-Menschenrechtsrat die Verabschiedung empfohlen hatte. Die Erklärung behandelt zahlreiche Rechte der rund 5.000 indigenen Gruppen weltweit, wie das Recht auf Selbstbestimmung, auf Mitwirkung in staatlichen Einrichtungen und auf eine Nationalität. Auch werden in der Erklärung die sprachliche, kulturelle und spirituelle Identität von Indigenen geschützt. Besonders umstritten waren in den Verhandlungen die Bestimmungen zu den Landrechten und den Rechten auf Bodenschätze. Darin werden den Indigenen die Besitz- und Nutzungsrechte an ihren angestammten Gebieten zugesichert sowie die Kontrolle über die darin vorhandenen natürlichen Ressourcen. Außerdem wird ein Recht auf Entschädigung festgeschrieben, falls angestammte Gebiete ohne Einwilligung enteignet oder genutzt wurden. iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 Vor allem Namibia, Kanada, Neuseeland, Australien, Russland und die USA lehnten die Erklärung vermutlich deshalb ab. Offiziell begründeten diese Länder ihre Ablehnung damit, dass die Erklärung zu viele unklare Begriffe enthalte. Außerdem könne es in Folge einer Verabschiedung zu gesellschaftlichen Konflikten gerade in afrikanischen Ländern kommen, in denen viele verschiedene indigene Bevölkerungsgruppen leben. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der »Streit ums kleine ‘s’«, der innerhalb der UN schon seit Jahren geführt wird: sollen die indigenen Gruppen als »indigenous people« (indigene Menschen) oder als »indigenous peoples« (indigene Völker) bezeichnet und anerkannt werden? Hintergrund ist die Tatsache, dass das Völkerrecht mit dem Begriff »Volk« zahlreiche weitreichende Rechte verknüpft, allen voran das Recht auf Selbstbestimmung inklusive der freien Verfügung über Land und Ressourcen. Die nun verabschiedete Deklaration spricht jedenfalls eplizit von »indigenous peoples«. Mit der nun erfolgten Verabschiedung sind die UNO-Mitgliedsstaaten zwar keine rechtlich bindenden Verpflichtungen eingegangen. Doch wird die Erklärung von NGOs und Indigenenverbänden als wichtiges Instrument zur Verwirklichung der Rechte Indigener angesehen. Sarah Lempp t Die Erklärung steht unter: www.un.org/esa/socdev/unpfii/en/declaration.html Indigenität treterInnen kommen mit unterschiedlichen der Vielzahl der eingereichten Redebeiträge Erwartungen und großen Wissensunterschieversteht es sich von selbst, dass eine Auswahl den bezüglich Sinn und Zweck des Ständigen erfolgt, die mit Lobbyarbeit beeinflusst werForums zu den Sitzungen. Am einen Pol trifft den kann. Rosa Tsawant, eine Vertreterin der Shuar man international erfahrene und mit der UNO aus Ecuador, bringt ihre Schwierigkeiten mit vertraute ExpertInnen. Oft sind es Repräsendem Ständigen Forum so zum Ausdruck: tantInnen großer etablierter Organisationen »Man sagt, es sei ein Forum für indigene Framit teils beachtlichen finanziellen Mitteln. Ein gen, aber wir nehmen nicht an der AusarbeiGroßteil dieser Personen nimmt jedes Jahr an tung der Themen und Regeln teil. Das Proallen zehn Sitzungstagen teil. Sie kennen gramm ist schon fertig, wenn wir kommen. Schlüsselpersonen in den verschiedenen UNMan kann es nicht mehr ändern.« Eine auf Organisationen, verhandeln mit diesen oder nationaler Ebene erfahrene Vertreterin aus treten bei deren Veranstaltungen als DiskusPeru, Teresita Antazú, fasst ihr Unbehagen so sionsteilnehmerInnen auf. Für diese indigezusammen: »Es ist schwierig, die lokalen Pronen ExpertInnen ist das Ständige Forum »eibleme in etwas zu verwandeln, das sich am nes der globalen Ereignisse, die man nicht Ständigen Forum diskutieren lässt. Der Disverpassen sollte« (Victoria Tauli-Corpuz, eine kurs ist sehr abstrakt.« bedeutende philippinische Indigenen-AktivisDass die Anbindung an die lokale Ebene, tin), bei dem man »Konzepte präsentieren ein zentrales Anliegen des Ständigen Forums, kann, die die indigenen Vorstellungen von bisher nicht befriedigend verwirklicht wurde, Entwicklung verdeutlichen« (Nilo Cayuqueo, wird aber nicht nur von den im UN-Kontext in den USA lebender Mapuche). unerfahrenen TeilnehmerInnen reklamiert. Am anderen Pol stehen Indigene, die Selbst die Vorsitzende des Ständigen Forums, durch ein Stipendium der UNO oder einer Victoria Tauli-Corpuz, meint in einem offizielNGO direkt aus ihren Gemeinden nach New len Redebeitrag: »Die Programme der UNYork reisen. Meistens bleiben sie nur eine, selOrganisationen, die auf die Verbesserung der ten zwei Wochen. Manche von ihnen konnLebensumstände der ten im Vorfeld des Treffens indigenen Völker abziean einer mehrtägigen EinDas Ständige Forum presst len, erreichen die Geführungsveranstaltung meinden nicht.« Denteilnehmen, in der die den Indigenitätsdiskurs in noch fordert sie wähFunktionsweise des Ständiden UNO-Rahmen rend der Sitzungen die gen Forums erläutert wurindigenen RednerInnen de. Die Neulinge haben es immer wieder dazu auf, nicht ihre lokalen dennoch oft schwer, sich in den Sitzungen Probleme vorzutragen, sondern diese für eizurecht zu finden und fühlen sich eher als Zunen globalen Kontext relevant zu machen. schauerInnen der Veranstaltung. Das liegt Ihre mahnenden Worte verdeutlichen ein auch am streng reglementierten Sitzungsverwichtiges Selektionsprinzip: Wer erfolgreich lauf. Außer den zu jedem Thema der Agenda an den Sitzungen des Ständigen Forums teileingeladenen HauptrednerInnen sowie den nehmen will, muss den UN-Fachjargon besechzehn Mitgliedern des Ständigen Forums herrschen oder ihn schnellstens erlernen. dürfen zwar auch alle anderen TeilnehmenDie erfahrenen TeilnehmerInnen werden den einen Redebeitrag leisten. Letztere müsdeshalb von den anderen als eigene Klasse sen sich jedoch in Listen eintragen und erhalwahrgenommen. Oft werden erstere sogar ten dann eine zeitlich begrenzte Redezeit von beschuldigt, keine »authentischen« indigedrei bis fünf Minuten. Da der Andrang groß nen RepräsentantInnen mehr zu sein und die ist, werden die Listen im Schnelldurchlauf abreale Lebenssituation ihres Volkes nicht mehr gearbeitet, die Redezeit wird mit Hilfe einer zu kennen, da sie sich nur noch auf internaAmpel überwacht. Reaktionen aus dem Putionaler Ebene bewegen würden. Eine Kritik, blikum in Form von Applaus oder Diskussioder sich der mexikanische Experte Marcos nen über einzelne Beiträge sind nicht erlaubt. Matias Alonso, Mitglied des Ständigen Forums von 2002-2004, anschließen kann: »UnEin sehr abstrakter Diskurs ter den anwesenden IndigenenvertreterInnen t Zudem besitzen MuttersprachlerInnen eibefinden sich mehrere, die auch bei der Arner der offiziellen UN-Sprachen einen klaren beitsgruppe indigene Völker Wortführer sind. Vorteil. Die dominanten Sprachen, auch in Es sind die gleichen, die das Thema Biodiverden Sitzungspausen, sind Englisch, Spanisch sität oder geistige Eigentumsrechte diskutieund Französisch. Alternativ oder in Ergänren, also eine Generation von indigenen Intelzung zum offiziellen Redebeitrag kann man lektuellen, die auf internationaler Ebene Einden Vortrag auch in schriftlicher Version einfluss nehmen. Aber diese Führungspersönlichreichen. Die Mitglieder des Forums haben keiten sind oftmals wenig präsent in ihren die Aufgabe, zu den einzelnen TagesordRegionen. Wir müssen uns der Frage stellen, nungspunkten eine Zusammenfassung der wie die prototypische Indigenenvertretung wichtigsten Forderungen und Kommentare aussehen sollte, die zum Gesprächspartner der UNO oder auch der Staaten wird.« bis zum letzten Sitzungstag zu erstellen. Bei iz3w • Im Lichte dieser Bewertungen scheint das Ständige Forum bisher weniger dazu beizutragen, einen Raum für indigene Selbstbestimmung und lokale Stimmen zu bieten, als vielmehr den »Indigenitätsdiskurs« zu standardisieren und mit dem bestehenden UNOSystem kompatibel zu machen. Die beeindruckende TeilnehmerInnenzahl an den Treffen legt zwar nahe, dass das Label »indigen« große politische Mobilisierungskraft besitzt. Die Ergebnisse des Ständigen Forums erschöpfen sich jedoch in erster Linie in ExpertInnenseminaren und Strategiepapieren. Eine große Vorschlagsfabrik t Bezeichnend ist auch die durchgängige Klage, dass es nicht an stringenten Richtlinien zum Umgang mit Indigenen in den Entwicklungsprogrammen mangele, sondern an deren Umsetzung. Marcos Matias Alonso nennt das Ständige Forum deshalb eine »Vorschlagsfabrik«. In den ersten drei Jahren seien mehrere hundert Forderungen an UN-Organisationen und Regierungen eingereicht worden, die zum Abschluss jeder Sitzung an den Wirtschafts- und Sozialrat übermittelt wurden. Doch wer prüfe deren Umsetzung und wie könnten die UN-Einrichtungen überhaupt eine solche Vielzahl von Ideen und Meinungen berücksichtigen? Welche Vorschläge würden ausgewählt, welche fielen unter den Tisch? Matias Alonso merkt kritisch an, dass der allgemeine politische Trend in Richtung Regionalisierung gehe, Indigene hingegen »immer globaler« betrachtet würden. Mit Folgen: »Das Globale verliert sich im Nichts.« Mit dieser Kritik steht er nicht alleine. Auch die Leiterin des Sekretariats des Ständigen Forums, Elsa Stamatopoulou, ist sich der Problematik bewusst. Regelmäßig fordert das Sekretariat die für Indigene relevanten UNGremien auf, Berichte über ihre Aktivitäten und die Umsetzung der im Ständigen Forum erarbeiteten Forderungen abzuliefern. Trotz aller Schwierigkeiten: In den ersten fünf Jahren seines Bestehens hat das Ständige Forum viel zur Verbreitung indigener Forderungen innerhalb des UN-Systems beigetragen. Nicht zu leugnen ist jedoch, dass die Generalisierung der Lebensrealitäten von über 300 Millionen Indigenen, die sich teilweise stark voneinander unterscheiden und die mit sehr spezifischen Problemen zu den Sitzungen der UNO reisen, Gefahren birgt. Beinahe naiv erscheint daher der Anspruch, einen Dialog auf Augenhöhe ermöglichen zu wollen und lokalen Stimmen aufmerksam zuzuhören. t Maren Rößler ist Ethnologin. Anfang 2008 erscheint im transcript Verlag ihre Dissertation über indigene Repräsentation bei der UNO und in Peru. Nov. / Dez. 2007 q 303 13 Indigenität Reinheit versus Einheit Ist der Begriff »indigen« in Afrika anwendbar? von S a r a h L e m p p 14 t Während der Begriff Indigene in Süd- und nen geht es hingegen oft nur um die Anerbei der Landrechtsreform 1998, um nur »wahNordamerika gebräuchlich und anerkannt kennung sozialer, politischer und kultureller ren Ivoirern« das Erbrecht für Land zuzugesteist, ist er im Falle Afrikas unüblich. Dort ist die Rechte. hen – und entzog damit einem Viertel der BeUnterscheidung in präexistente und koloniZu den sich als indigen bezeichnenden völkerung die Möglichkeit, Land zu (ver-)ersierende Gruppen relativ neu. Auch fällt sie Gruppen in Afrika gehören unter anderen die ben. Im Vorfeld der Wahlen im Jahr 2000 legin Afrika nicht so eindeutig aus wie in AmeSan im südlichen Afrika, die Tuareg in Nordte die Nachfolgeregierung unter Guéï fest, rika und macht dadurch die Einteilung in inafrika, die Ogoni in Nigeria oder die Mbuti in dass nur solche KandidatInnen für das Amt digene und nicht-indigene Bevölkerung der Demokratischen Republik Kongo. Sie bedes Präsidenten zugelassen werden, deren Elschwieriger. trachten sich als verschieden von der Mehrtern beide in Côte d’Ivoire geboren wurden. Meist wird für die Bestimmung von Indiheitsbevölkerung und sind oftmals DiskrimiDies führte zum Ausschluss des aussichtsreigenität auf die »Cobo-Definition« zurückgenierung und Verfolgung ausgesetzt. Manche chen Präsidentschaftskandidaten Alassane griffen. Der UN-Sondervon ihnen definieren Ouattara, der für die Interessen des musliberichterstatter José Marsich über ihre (frühere) misch dominierten Nordens und der oft sehr Viele afrikanische Indigene tínez-Cobo legte 1986 Lebens- und Wirtschaftsarmen ImmigrantInnen aus Mali und Burkina vier Kriterien fest, die »insehen sich einem »internen weise, wie Nomaden- Faso eintrat – und zum Sieg Laurent Gbabgos. digene Gemeinschaften, tum oder Jagen und Ein den Indigenitäts- und AutochthonieKolonialismus« ausgesetzt Völker und Nationen« Sammeln. Viele begründiskursen partiell entgegen gesetztes Konausmachen: 1. Prä-Exisden ihren Anspruch auf zept ist der Panafrikanismus. Die panafrikanitenz: Es handelt sich um die ursprünglichden Status der Indigenität damit, einem sche Bewegung, die vor allem in den 1960er sten, die relativ »ersten« Bewohner eines Ter»internen Kolonialismus« ausgesetzt zu sein und 70er Jahren eine große Rolle spielte, hatritoriums. 2. Nicht-Dominanz: Die Mitglieder und sich kulturell deutlich von der herrschente eine Rückbesinnung auf die »afrikanische sind kaum an staatlichen und gesellschaftden Ethnie ihres Landes zu unterscheiden. In Identität« sowie die Vereinigung aller Afrikalichen Prozessen der Mehrheitsbevölkerung den letzten Jahren haben sich Indigene zunerInnen zum Ziel – einschließlich der beteiligt. 3. Kulturelle Differenz: Die Gruppe nehmend in Netzwerken und OrganisatioSchwarzen in der Karibik und in den Ameriweist unterscheidbare kulturelle Merkmale nen zusammengeschlossen, um ihre Intereskas. In ihren Anfängen hatte die Bewegung wie Sprache oder Religion auf. 4. Selbst-Idensen vor der UNO, aber auch auf nationaler stark kulturalistisch und biologistisch argutifikation: Die Mitglieder verstehen sich selbst Ebene besser artikulieren zu können. mentiert. Dahingegen ging es panafrikanistials indigen. Eine verwandte Diskussion dreht sich um schen Regierungschefs wie Kwame Nkrumah So ist den amerikanischen Indigenen gedie Frage der »Autochthonie«, die vor allem in Ghana oder Sékou Touré in Guinea um meinsam, Nachkommen der ersten Bewohin Westafrika seit den 1990er Jahren eine Rolkontinentale Solidarität der durch den KolonerInnen eines (kontinentalen) Territoriums le spielt. Hierbei konstruiert die vorherrschennialismus unterdrückten AfrikanerInnen, unzu sein, das von überseeischen Mächten kode Bevölkerungsgruppe mithilfe einer Grenzabhängig von Hautfarbe oder Sprache. Die lonisiert wurde. Da diese sie nicht als eigenziehung zwischen »Einheimischen« und panafrikanische Bewegung wäre somit heute ständige Nationen anerkannten, wurden sie »Fremden« (innerhalb eieine Gegnerin indigener nicht entkolonisiert, sondern leben heute als Forderungen, da diese nes Dorfes, einer Region Einige Regierungen sehen marginalisierte Bevölkerungsgruppen in »eupotenziell die afrikanische oder des ganzen Staates) die »nationale Einheit« ropäisch-westlich« dominierten Staaten wie Einheit gefährden. eine scheinbare »Reinden USA. In Afrika für einzelne Ethnien das Sowohl im Indigeheit«, die als Instrument durch partikulare Kriterium der Präexistenz nachzuweisen, ist nitäts- wie im Autochthozum Ausschluss von ImInteressen gefährdet deutlich schwieriger. Zudem könnten nach niediskurs geht es um ExmigrantInnen oder sonstiEnde der Kolonialzeit alle AfrikanerInnen als klusion, Grenzziehung gen »AußenseiterInnen« »indigen« bezeichnet werden, da sie koloniund die Konstruktion von Dichotomien. Sodient. Beispiele hierfür sind politische Auseinsiert wurden und schon vor Ankunft der Eumit stellt sich auch am afrikanischen Beispiel andersetzungen in Côte d’Ivoire, Kamerun ropäerInnen in Afrika gelebt haben. Den Stadie Grundfrage nach Partikularismus versus oder Gabun, wo Regierende mehrmals vertus der Indigenität nun ausschließlich damit Universalismus, der sich die gesamte Debatsuchten, Oppositionspolitiker von Wahlen zu begründen, dass es sich um marginalisierte um Indigenität stellen muss. Wäre es nicht auszuschließen, die nicht vollständig »biolote und unterdrückte Gruppen handelt, wird weitsichtiger, anstelle partikularer Rechte allgisch« zum jeweiligen Land gehörten, etwa vielfach skeptisch gesehen. gemeine Menschenrechte einzufordern – alweil ihre Eltern in einem Nachbarland geboDie Regierungen von Ländern wie Namiso gleiche politische, kulturelle, soziale und ren wurden. bia oder Nigeria wehren sich gegen die Anwirtschaftliche Rechte aller Individuen in eiSo spielte im Bürgerkrieg in Côte d’Ivoire wendung des Begriffs »indigen« auf einzelne nem Staat? das Konzept der Ivoirité eine zentrale Rolle. Die Regierung unter Präsident Bédié entdeckEthnien in ihrem Land. Sie befürchten Sezeste diesen Begriff, den es schon seit den 1970er sionsbestrebungen, bangen um ihren Zugriff t Sarah Lempp studiert Ethnologie und Jahren gibt, wieder und verstärkte ihn zu eiauf Bodenschätze oder möchten die »natioPolitikwissenschaft in Leipzig. Der Beitrag entnem ethnonationalistischen, xenophoben nale Einheit« des Landes nicht durch partikustand im Rahmen ihres Praktikums im iz3w . Konzept. Sie nutzte das Konstrukt der Ivoirité lare Interessen gefährdet sehen. Den Indige- iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 Foto: S. Ramírez Voltaire Symbolischer Bürgerkrieg Die indigene Bewegung in Bolivien trifft auf Reaktion Die Wahl des Indigenen Evo Morales zum Präsidenten von Bolivien hat international für Aufsehen gesorgt. Weniger bekannt ist, dass inzwischen eine ‚weiße’, nicht-indigene Gegenbewegung zur Spaltung des Landes führt. Bei dem Konflikt geht es um das nationale Selbstverständnis und das kollektive Imaginäre: Was ist Bolivien? Und welche Rolle spielen Indigene darin? Das Comité wurde 1950 gegründet und sieht sich historisch als wichtiger elitärer Impulsgeber für die nationale Politik und als »moralische Regierung« der Cruzeños. »I was in Bolivia« von S i m ó n R a m í r e z Vo l t a i r e Die stärkste Waffe des Comités ist der nationalistisch-populistische Diskurs, mit dem es die Cruzeños als eine eigenständige Nation – die »Cambas« – anruft. Das Comité versucht, die Region identitär und politisch immer stärker von der andinen Bevölkerung abzugrenzen. Es fordert mehr Autonomie vom Zentralstaat und kann dabei auf den cruzeñischen Mythos bauen, aus eigener Kraft von einer vergessenen Region zum Motor der bolivianischen Wirtschaft geworden zu sein. Dies reicht bis hin zu Rufen nach einer Abspaltung vom Rest des Landes. Schon jetzt scherzt man dort in wohlhabenden Kreisen nach einem Aufenthalt in La Paz gerne: »I was in Bolivia«. Der angeheizte Camba-Nationalismus des Comités ist die politische und ideelle Antwort auf die erstarkte Indígenabewegung. Auf den antirassistischen Kampf der Indígenas reagierte die sich ethnisch überlegen fühlende Oberschicht mit einer Radikalisierung ihres Herrschaftsanspruches. Damit wird sie zum t t Der Streit wird nicht mit Waffen ausgetraIhr Ziel: ein »plurikultureller« Staat, mit Betogen. Dennoch hat der Konflikt zwischen dem nung auf wieder entdeckten indianischen bolivianischen Tiefland im Osten und dem Prinzipien. Sie sollen bei der »Neugründung andinen Hochland im Westen Boliviens histoder Republik« zu Leitbildern werden. risches Gewicht wie ein Bürgerkrieg: Es geht Der andere Teil Boliviens nennt sich »Halbum das »nationale« Selbstverständnis. Die jemond«, weil er aus den fünf halbkreisförmiweiligen politischen Eliten sorgten in den gen departamentos Beni, Pando, Chuquisaca, Tarija und Santa Cruz besteht. Es sind vor alletzten Jahren dafür, dass die beiden Landeslem Unternehmer und einflussreiteile auseinander drifteten. Heute stehen sich Analysten sprechen che Angehörige der alten Elite, die seit der Regierungsübernahme des zwei Lager gegenüber, bereits von einer Indigenen Evo Morales nach Kräfdie sich kulturell, wirtten daran arbeiten, dass die »meschaftlich und politisch »Balkanisierung« dia luna« zum Pol gegen die Regieimmer weiter voneinanBoliviens rung in La Paz wird. Ihr wichtigster der abgrenzen. Akteur ist das Comité Cívico Pro Jede Seite hat eine eiSanta Cruz, in dem sich Wirtschaftselite und gene Vision von Bolivien. Der andine Teil sieht Oligarchien versammeln, um ihre Opposition sich als die Kraft, die den im ganzen Land verzu artikulieren. Angesiedelt ist es in der Stadt ankerten Kolonialrassismus endgültig überSanta Cruz, dem Wirtschaftszentrum des winden kann und mit der sich die Indigenen Landes mit einer Million EinwohnerInnen. neues Selbstbewusstsein einhauchen können. iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 15 Motor einer unheilvollen Dynamik: Das Erbe des Kolonialismus – die Existenz einer privilegierten weißen Oberschicht, rassistische Diskriminierung, ungleiche Teilhabe – ist der Ursprung eines gesellschaftlichen Konfliktes, den Akteure wie das Comité immer weiter in Richtung einer ethnisch verschärften Spaltung zwischen Osten und Westen des Landes zuspitzen. Deshalb sprechen bolivianische AnalystInnen bereits von einer »Balkanisierung« Boliviens. Sucre oder La Paz? t Einen deutlichen Ausdruck findet dieser Konflikt in der Verfassungsgebenden Versammlung, die nach einer Volksbefragung ihre Arbeit im August 2006 in Sucre aufnahm (siehe Kasten). Die feindlichen Lager der beiden Boliviens stehen sich hier gegenüber. Trotz der Brisanz der sich verschärfenden Polarisierung ist diese Versammlung aber auch ein Zeichen für die Stabilität der bolivianischen Demokratie: Im Moment der extremen Krise werden die Konflikte immer wieder auf das politische Terrain zurückgeführt. Sie eskalieren nicht in gewalttätigen Konfrontationen, obwohl es durchaus derartige Provoka- tionen und Akteure gibt, wie etwa der »bewaffnete Arm« des Comités, die »Cruzeñistische Jugendunion«. Der – wenn auch zähe – Verfassungsprozess ist somit auch ein Erfolg der bolivianischen Demokratie. Das Regierungslager verfügt in der Verfassungsgebenden Versammlung über die absolute, nicht aber über die Zweidrittelmehrheit. Nur sie würde es der Evo Morales nahe stehenden Reformbewegung ermöglichen, die neue Verfassung allein nach ihren Vorstellungen zu verabschieden. Die Opposition nutzt dagegen ihr Gewicht, um eine indigen geprägte Verfassung zu blockieren. Das Gezerre in der Versammlung stürzte das Gremium, das Bolivien eigentlich neu gründen sollte, in eine anhaltende Krise. Die Frist für die Verabschiedung der neuen Magna Charta wurde deshalb bis Dezember 2007 verlängert. Im September schlossen Regierung und Opposition eine »nationale Vereinbarung«, um den Weg für Kompromisse zu ebnen und den Verfassungsprozess weiter zu bringen – die »letzte Chance« für eine Einigung, so KommentatorInnen. In der Verfassungsgebenden Versammlung, in der 16 verschieden Gruppen und Parteien vertreten sind, geht es unter ande- rem um die künftige Staatsform (Zentralstaat versus Föderalismus) und Staatsorganisation, die Rolle der Indígenas, Bodenschätze, die Rolle des Staates in der Wirtschaft und die Landfrage. Auch das kulturelle Selbstverständnis des künftigen Staates und seiner Symbole sorgten für Streit. Am stärksten ist der symbolische Kampf über das künftige Bolivien in der Debatte um die Hauptstadt verdichtet: Während das »andine Bolivien« seinen zentralen Sitz weiterhin in La Paz haben möchte, schlägt die Opposition vor, dass Sucre künftig Hauptstadt und Regierungssitz sein soll. Hiermit soll eine republikanische Tradition konstruiert werden, die in Sucre ihren gründungshistorischen Sitz haben soll. Eine fragmentierte Nation t Die sich in der Verfassungsgebenden Versammlung und im Hauptstadt-Streit zugespitzte Polarisierung zeigt, wie sehr in der bolivianischen Gesellschaft das kollektive Imaginäre und die symbolischen Repräsentationen neu ausgehandelt werden. Mit dem neuen indigenen Selbstbewusstsein und dem verstärkten Vordringen indigener AkteurInnen Nicht aus einer Rippe Evos Indigene Frauen in Bolivien auf dem Weg zu politischer Partizipation 16 t Seit August 2006 arbeiten 21 thematische weiblichen Mitglieder der VerfassungsgebenKommissionen der Verfassungsgebenden Verden Versammlung und wählten eine Koordisammlung an der Neugründung der Republik natorin für Frauenfragen in den VerfassungsBoliviens. 88 Frauen nehmen daran aktiv teil. debatten. Roxana Zaconeta vom Kollektiv Viele von ihnen kommen aus den sozialen, in»Frauenpräsenz in der Geschichte« begründigenen und Frauenbewegungen. det das Engagement so: »Unser Ziel ist es vor So wie Nélida Faldín, Mitglied der Kommisallem, einen gendergerechten Blick auf alle sion für die Struktur des Staates: »Ich bin indiPrinzipien der Verfassung zu werfen und in die genes Mitglied der Verfassungsgebenden VerVisionen für das Land einzubringen. Es gibt sammlung und repräsentiere Forderungen, die unerdas Tiefland«, stellt sie sich vor. lässlich sind, wie zum Die Regierung Morales Eines der Hauptanliegen der GeBeispiel die nach einem hat an patriarchalen meinschaften der Chiquitan@s laizistischen Staat.« im Bundesstaat Santa Cruz ist es, Ende Mai verabMachtverhältnissen endlich die kollektiven Landbeschiedeten indigene, wenig geändert sitzrechte in der Verfassung festafrobolivianische, femizuschreiben. nistische und gewerkVon den indigenen Aufständen des schaftliche Organisationen ein Positionspa18.Jahrhunderts bis hin zu den heutigen sozipier mit Forderungen für die neue Verfassung alen Bewegungen waren Frauen an den Moim Hinblick auf Frauenrechte. Unter anderem bilisierungen stets zahlreich beteiligt. Dies wird das Recht auf sexuelle und reproduktive spiegelte sich allerdings nie in den realen Selbstbestimmung gefordert. Dass dies in eiMachtverhältnissen wider. Nun fordern Fraunem katholischen Land wie Bolivien nicht einenorganisationen vermehrt ihren Platz in pofach durchzusetzen ist, zeigt die aktuelle Delitischen Entscheidungsstrukturen und engabatte um Abtreibung. Die Kommission »Rechgieren sich für die neue Verfassung. Im Janute, Pflichten und Garantien« schreibt in ihrem ar 2007 trafen sich Vertreterinnen der »Union Bericht: »Das Recht auf Leben beginnt bei der der Parlamentarierinnen Boliviens« sowie die Empfängnis.« Frauenorganisationen wiesen iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 diese Formulierung als religiös gefärbten Konservatismus zurück. Über den Entwurf wird nun die Vollversammlung debattieren und entscheiden. Von den 88 weiblichen Mitgliedern der Verfassungsgebenden Versammlung gehören 64 zur Partei des indigenen Präsidenten Evo Morales, der Bewegung zum Sozialismus (MAS). Die Wahl der Versammlung verlief ausschließlich über die politischen Parteien. Dies wurde von einigen Angehörigen der Basisbewegungen heftig kritisiert. Nach Meinung des anarcho-feministischen Kollektivs Mujeres Creando erhalten dadurch auch die 2003 gestürzten Parteien erneute Legitimität. Das alte Herrschaftssystem werde aufrechterhalten und bestenfalls durch eine »phallische Dekolonisierung« ersetzt. »Aus einer Rippe Evos wird keine Eva entstehen«, lautet eine der Parolen der Mujeres Creando. Auch die Frauen der Asamblea Feminista versuchen den Verfassungsprozess von außen mitzugestalten. Sie sehen darin ein Instrument der Bevölkerung »von der Straße aus«. Denn dies sei der Geist des Oktobers – gemeint ist der Oktober 2003, in dem nach Massendemonstrationen der damalige Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada ins Exil ge- Indigenität sten ethnolinguistischen Gruppen zugehösches Bild von klar abgegrenzten und homorig. Nach diesen Selbstzuschreibungen, die genen »Ethnien« suggerieren können. Sie geim Hinblick auf die kollektiven Imaginationen ben aber Aufschluss darüber, wie viele Bolividas wichtigste quantitative Kriterium sind, anerInnen sich zu einem bestimmten Zeitsehen sich also 62 Propunkt als Indígenas zent der BolivianerInnen betrachten. Die ErgebDer Kampf um das künftige als Indígenas. nisse sind sowohl von Bolivien verdichtet sich in der der politischen KonDie Statistik spiegelt teilweise die Polarisiejunktur abhängig – es Debatte um die Hauptstadt rung des Landes wider: liegt nahe, dass sich Während sich in den bei starker indigener Halbmond-Departmentos Beni, Santa Cruz Mobilisierung mehr Menschen als Indígenas und Tarija eine Mehrheit zwischen 67 und 80 fühlen –, als auch vom normativen Ansatz Prozent als »nicht indigen« fühlt, bezeichnen und den politischen Interessen, die sich in der sich in La Paz, Oruro, Potosi, Cochabamba, Methodik einer solchen Studie niederschlaChuquisaca und Pando 64 bis 83,9 Prozent gen. So kam eine Erhebung im Jahre 1900 zu als Indígenas. dem Resultat, dass die indigene »Rasse« im Für die politische Ethnizität kann die ethBegriff sei, zu verschwinden. 1950 wurden nolinguistische Zusammensetzung nur bedagegen 63 Prozent Indígenas errechnet, dingt Auskunft geben – zumal Statistiken während zwischen 1952 und 1992 das Indiüber solche Selbstzuschreibungen ein falgene aus der offiziellen Sprache völlig ausgeblendet wurde. Foto: I. Radhuber in das politische Terrain seit Beginn der 1990er Jahre ist das bisher tragende Selbstverständnis des bolivianischen Nationalstaates mitsamt seiner symbolisch-institutionellen Ordnung auseinander gebrochen. Der Zusammenhang zwischen einer »Ethnisierung des Politischen« und den veränderten Bedingungen für politisches Handeln im Neoliberalismus – Rückzug des Staates, sozioökonomischer Wandel, Wiederaufwertung der Gemeinschaft – ist in Bolivien deutlich ausgeprägt (siehe den Beitrag von Olaf Kaltmeier in diesem Themenschwerpunkt). Historisch gesehen ist die bolivianische »Nation« allerdings nie besonders stabil gewesen. Seit der Revolution von 1952 sollte sie auf dem »Mestizischen« gründen – der Konstruktion einer Mischlingsnation aus Nachfahren der SpanierInnen und UreinwohnerInnen. De facto ist Bolivien in hohem Maße plurikulturell: 30,7 Prozent der BolivianerInnen sehen sich heute als Ketschua, 25,2 Prozent als Aymara, 1,6 Prozent als Guaraní, 2,2 Prozent als Chiquitanos und 0,9 Prozent als Mojeños. 1,4 Prozent fühlen sich einer der weiteren rund 30 erfas- zwungen wurde. Statt Parteizugehörigkeit propagieren die Frauen autonome feministische Räume und Zusammenschlüsse mit anderen Segmenten der BasisbeweSilvia Lazarte, Präsidentin der Verfassungsgebenden Versammlung gungen. Die bolivianische Frauenbewegung war lange Zeit polarisiert. Auf der berichtet, dass auch in der Verfassungsgeeinen Seite standen die Organisationen der benden Versammlung permanent versucht »Gender-Technokratie«, die die Elite und die werde, den indigenen Frauen Kompetenz abherrschaftsunkritische NGO-Szene repräsenzusprechen. »Einige Politiker der traditioneltierte. Als Gegenpol dazu formierten sich anlen Parteien sind mit meiner Person nicht einarcho-feministische Gruppierungen wie Muverstanden und sagen, die Isabel Domínguez jeres Creando und die Asamblea Feminista. ist nicht professionell, sie ist keine AkademiDoch auch diese Strömung machte es sich kerin.« Dabei kann Dominguez auf einen reiebenso wenig wie erstere zur Aufgabe, die chen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Seit Frauen indigener Herkunft als politische Subvielen Jahren ist sie in Frauenbewegungen jekte in den Mittelpunkt zu rücken. Die bisheaktiv, wegen ihres Engagements wurde sie in rige feministische Forschung westlicher Präden 1990er Jahren Opfer von politischer gung in Bolivien schenkte den realen LebensGewalt, Gefängnis und Folter. Derzeit ist sie umständen indigener Frauen kaum BeachVorsitzende der Nationalen indigenen Bäuerinnenvereinigung Bartolina Sisa (FNMCBS). tung, weshalb feministische Ideen von der Diese ist mit über 100.000 Mitgliedern die bolivianischen Bevölkerung kaum aufgegrifgrößte Organisation indigener Frauen in Bofen wurden. livien und verfügt landesweit über gewerkEs ist nicht leicht, sich als indigene Frau in schaftliche Strukturen. einer patriarchalen und von kolonialer DomiDie MAS-Regierung versteht sich zwar als nanz geprägten Gesellschaft zu behaupten. Instrument der sozialen Bewegungen, an den Nélida Faldín beklagt: »Um zu studieren oder patriarchalen Machtverhältnissen hat sie biseinen Beruf auszuüben, musstest du deinen her aber wenig geändert. Immerhin konnten Namen ändern, um in eine Bank zu gehen, sich indigene Frauenorganisationen als Verdich elegant anziehen. Andernfalls wärst du treterinnen von Fraueninteressen konsolidienicht hineingekommen.« Isabel Domínguez iz3w • »Bauer« oder »Indígena«? Ein Wandlungsprozess der indigenen politischen Subjektivität ist in der Geschichte der Einzigen Syndikalen t ren, während die technokratische NGO-Szene an Legitimität verliert. Dabei bleibt die Frage offen, ob die Autonomie der Frauenorganisationen innerhalb der sozialen Bewegungen gewährleistet werden kann. Zu den Herausforderungen für die erstarkende Frauenbewegung indigener Prägung zählen daher einerseits die Erforschung der Überschneidung von kolonialen und patriarchalen Herrschaftsmechanismen sowie andererseits die Ermächtigung der unterprivilegierten Frauen zur Selbstrepräsentation auf politischer Ebene. Zwar hält sich die Zahl der am neuen Regierungsprojekt beteiligten Frauen noch in Grenzen, die bereits involvierten Frauen lassen sich aber nicht so leicht von ihrem Weg abbringen. Die Präsidentin der Verfassungsgebenden Versammlung, Silvia Lazarte, stellt klar: »Trotz der Drohungen durch einige Abgeordnete werde ich weitermachen. Mit aller Deutlichkeit werden wir weiterarbeiten, bis wir die neue Verfassung überreichen können.« Alicia Allgäuer und Isabella Radhuber sind Diplomandinnen am Institut für Politikwissenschaft in Wien und absolvierten zahlreiche Forschungsaufenthalte in Bolivien. Die ungekürzte Fassung ihres Beitrages erschien in der Zeitschrift Frauensolidarität (3/2007). t Nov. / Dez. 2007 q 303 17 Indigenität 18 Es gibt aber auch Fälle wie im Norden PotoKonföderation der Bolivianischen Landarbeiter sís, in denen die sindicato-Organisation im of(CSUTCB) erkennbar. Sie ist ein überregionaler indigen-syndikaler Verband neben weitefenen Konflikt zur indigenen Ordnung – hier ren Indígena-Organisationen, die zwar auch den »Ayllus« der Aymaras – steht. Häufig gibt in der Zentralpolitik in Erscheinung treten, es Mischformen, wie sie in der Hochebene aber regional verwurzelt sind. In die CSUTCB von La Paz weit verbreitet sind. Vor allem in ist das Ringen um die politische Subjektivität der Region Cochabamba gilt das sindicato als am stärksten akzeptiert. Das Verhältnis von – zwischen Klasse und Ethnizität – eingeindigenen und syndikalen Strukturen lässt schrieben. Ihr Vorlauf geht bis in die erste sich kaum für das ganze Territorium bestimHälfte des 20. Jahrhunderts zurück, formal men. Wichtig ist aber die grundlegende Begibt es die CSUTCB seit 1979. Sie ist die verdeutung, die die sindicato-Struktur historisch einte Organisation der bäuerlichen Gewerkund gegenwärtig in vielen Regionen für Poschaftsbewegung, die seit der Revolution von litik und Staatsbildung hat. 1952 zu einem mächtigen Akteur in den Aushandlungen mit zivilen und militärischen Regierungen wurde. Ist der Demos ein Ethnos? Die CSUTCB ist Teil der Dachgewerkschaft Bolivianische Arbeiterzentrale (COB), in der net Die staatlich-politische Organisation ist ben anderen auch die Minen-, Kokabauernsomit vor allem auf lokaler Ebene weithin von und Bäuerinnengewerkschaft Mitglieder indigen-syndikalistischen Organisationsforsind. Die widersprüchliche Konstruktion der men sowie indigenen Imaginationen über bolivianischen Subalternen als BäuerInnen, Nation und Staat durchdrungen. Verstärkt bzw. ArbeiterInnen oder Indígenas durchwurde dies durch das Gesetz der participación popular von 1994, das eine Dezentralisiezieht die Geschichte der bolivianischen Gerung von Verwaltung und politischer Beteiliwerkschaftsbewegung: Je nach historischer gung zum Ziel hatte. Konstellation überwog stets eine Definition. Politische Ethnizität ist in Bolivien also Vereinfacht lässt sich sagen, dass innerhalb mehr als ein solidarischer Zusammenschluss der Gewerkschaften und der CSUTCB immer ethnisch definierter Gruppen, um den Ausgeein Kampf zwischen dem indigenen und dem schlossenen eine Stimme zu geben (panethArbeiter- oder Bauernsubjekt um die Defininische Bewegung). Im bolivianischen Staatstionsmacht herrscht. Bis in die 1990er Jahre bildungsprozess sind indigene Formen längst hinein waren sie teilweise stark vom marxiseingeschrieben und Teil seiner täglichen tischen, arbeiterzentrierten Diskurs der MiPraxis. Mit der Wieder-Erfindung ihrer Tradinengewerkschaft FSTMB geprägt, danach tionen« (so ein geflügeltes Wort des Histobekam die indigene Ausrichtung immer rikers Eric Hobsbawm) und der größeres Gewicht, Ausbildung politischer Ethnizität in der heute die Was bei Indígenas wurden sie wieder aufgewertet. CSUTCB eine Leitbefreiend wirkt, wandelt Somit versteht sich die Konfunktion hat. struktion des Demos vielerorts imDie Bauerngesich auf der Gegenseite mer mehr als Konstruktion eines werkschaft ist ein in Chauvinismus Ethnos – die Bürgerschaft ist indibedeutender Faktor gen. Politik wird in der comunidad bei der Kanalisiemit Hilfe indigener Deutungsmuster verrung und Vermittlung von Politik in Bolivien: mittelt. Politische Ethnizität ist zu einer Form Selbstbewusste Schätzungen errechnen, dass geworden, die Beziehung zwischen Zentraldie CSUTCB heute mit 3,8 Millionen eingestaat und der Peripherie zu regulieren. Sie gliederten Indígenas Boliviens Organisation trägt zur Legitimierung des gesamten Staatsmit den meisten Mitgliedern ist, bei einer Eingefüges bei – auch wenn dies nicht immer als wohnerInnenzahl von rund 8 Millionen. solche anerkannt wird. Das andin-indigene Die Besonderheit der CSUTCB und des Imaginäre hat also in dem Konflikt mit den bolivianischen Korporatismus liegt darin, NationalistInnen in Santa Cruz durchaus eine dass sie sich nicht auf die Funktion einer Geinstitutionell-materielle Grundlage. werkschaft beschränken lassen. Bis heute ist Vor diesem Hintergrund plädiert das Entdie Struktur der CSUTCB, die von der Regiewicklungsprogramm der Vereinten Nationen rungsspitze bis in kleinste bäuerliche Ge(UNDP) für eine neue Sicht auf den bolivianimeinden reicht, in vielen Regionen Boliviens schen Staat: Anstatt von einem failed state die zentrale Form der sozialen und politiauszugehen und der Illusion eines liberalen schen Organisation. Ihre kleinste Einheit ist Einheitsstaates anzuhängen, sollten künftig das sindicato. Das sindicato hat dort, wo es stark ausgeprägt ist, zwei Funktionen inne: Es die unterschiedlichen Vorstellungen über Boist staatliche Verwaltung und Vertreter der inlivien in einem pluralistischen Sinne stärker digenen Ordnung. Elemente indigener Orgabetont werden. Der Beitrag der täglichen, nisation finden sich in fast jedem sindicato, häufig indigen geprägten Praxen zur Herauszum Beispiel Ämterrotation, die Organisation bildung des bolivianischen Staates solle stärvon Zeremonien und die kollektive Entscheiker anerkannt werden. Um aus dem »Labydungsfindung in der Vollversammlung. rinth« der bolivianischen Krise herauszukomiz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 men, solle ein neues Staatverständnis mit einem Vokabular »made in Bolivia« konstruiert werden (PNUD 2007). Zwei Seiten einer Medaille t Die ethnisch konnotierten Konflikte in Bolivien sind ein Kampf der unterschiedlichen »imaginarios«. Doch wäre es verkürzt, die Auseinandersetzungen allein auf diese Dimension zu reduzieren. Denn die ethnisch konnotierte Spaltung in Osten und Westen überlagert sich mit Konflikten um Zugang zur politischen Macht, Klassenauseinandersetzungen, der Kontrolle über natürliche Ressourcen und Staatseinnahmen. So sind in Santa Cruz der (nicht selten illegale) Großgrundbesitz, die hohe Konzentration an der einträglichen Erdgasförderung und die Wirtschaftskraft der Region Gründe für das massive Eintreten der »Cambas« für ihre Interessen. Etwa 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden in Santa Cruz erwirtschaftet. Die imaginäre Polarisierung Boliviens zeigt die Widersprüchlichkeit und gleichzeitig die Gefahren einer Dynamik auf, in der zunehmend ethnisch argumentiert wird: Auf den Emanzipationsprozess und das neue Selbstbewusstsein der indigenen Bevölkerung reagiert die weiße Elite mit einem auf dem alten Rassismus basierenden »Camba«-Nationalismus. Was bei den Indígenas befreiend wirkt, wandelt sich auf der Gegenseite in einen brandgefährlichen Chauvinismus, der zu einer Art symbolischen Bürgerkrieg führt. In dieser Dynamik sind beide Parteien Gefangene: Für die indigene Bewegung und die Regierung erschweren sich die Bedingungen, eine neue Staatsverfassung mit indigenen Elementen zu errichten, während die Camba-Seite in einem Unternehmer-Populismus festgefahren ist. Die Konstruktion eines integrierenden kollektiven Imaginären, in dem sich die BürgerInnen als BolivianerInnen und als Mitglieder eines Subkollektivs wie Ketschuas, Cambas oder Aymaras fühlen können, rückt in die Ferne. Literatur: – Centro de Estudios para el Desarrollo Urbano y Regional (CEDURE) (2005): Santa Cruz y su gente. Santa Cruz – Alvaro García Linera (Coord.) (2004): Sociología de los movimientos sociales en Bolivia. La Paz – Programa de las Naciones Unidas para el Desarollo (PNUD / UNDP) (2007): Informe Nacional sobre Desarrollo Humano 2007. El estado del estado en Bolivia. La Paz – Ramiro Molina B./ Xavier Albó (2006): Gama étnica y lingüística de la población boliviana. La Paz t Simón Ramírez Voltaire ist Politikwissenschaftler und promoviert am LateinamerikaInstitut der Freien Universität Berlin über lokale Demokratie-Prozesse und fragmentierte Staatsbildung in Bolivien. Urban Tribes, Rural Vibes Foto: iz3w-Archiv Ma–ori in Neuseeland im Kampf um Identität(en) Urbane pan-tribale und ländliche tribale Ma–ori streiten sich in Neuseeland darum, wer von ihnen »authentisch« ist. Dabei geht es nicht nur um kulturelle Identität, sondern auch um handfeste materielle Interessen. Denn der neuseeländische Staat macht beispielsweise Entschädigungen für koloniale Enteignung vom jeweiligen Status der Indigenität abhängig. Ein Lehrstück über Fremd- und Selbstzuschreibungen. von M a r k u s B a u t z t Am 2. März 2006 begann in Wellington ein dreitägiges Treffen von Ma–ori-Gruppen, an dem etwa 60 VertreterInnen tribaler Organisationen teilnahmen. Sie trafen sich, um nichts Geringeres als »die Zukunft des Ma–oritums zu diskutieren«, so die Aussage eines Sprechers. Nach Bekanntwerden der Versammlung äußerten Ma–ori-Organisationen, die nicht auf tribaler Basis operieren, harsche Kritik an ihrem Ausschluss aus einem Forum, das sich die Aufgabe gestellt hatte, den Zusammenschluss von Ma–ori voranzutreiben. Besonders empört waren die VertreterInnen der in den städtischen Zentren beheimateten Urban Ma–ori Authorities. Deren Vorsitzender, Willie Jackson, fühlte sich beleidigt: »Nicht nur die Bedürfnisse der städtischen Ma–ori werden ignoriert, sondern alle Ma–ori werden in Wechselwirkung mit gesamtgesellschaftlich geführten, hauptsächlich von Pa–keha– 1 (den Nachfahren europäischer SiedlerInnen) dominierten Debatten. Eine gewinnbringende Ressource t Erst seit Mitte der 1980er Jahre sind die Zeiten vorbei, in denen die Pa–keha– durch einseitige Präferenz des »Europäischen« verüber den Grund und die Agenda der Versucht hatten, ein »einheitliches« neuseeländisammlung im Dunkeln gelassen.« Die Versches Staatsvolk zu schaffen. Die Ma–ori-Bevölkerung sollte assimiliert werden, etwa sammelten erwiderten darauf, dass die Ma–ori Authorities nicht eindurch das Verbot der Ma–origeladen wurden, Sprache in den Schulen NeuseeBesuche in »traditionellen weil sie keine tradilands und andere Maßnahmen. Ma–ori-Dörfern« gehören tionelle Ma–ori-GrupAls Ergebnis langjähriger Diskripen seien. minierung durch koloniale Siedzum touristischen Die AuseinanderlerInnen und deren Nachfahren Erfahrungsschatz setzungen um das sind Ma–ori heute eine marginalisierte Minderheit. Ihre BenachTreffen zeigen: Inditeiligung im Vergleich zur dominanten Pa–kegenität ist in Aotearoa, wie Neuseeland auf ha–-Bevölkerung drückt sich laut dem Ministry Ma–ori heißt, heiß umkämpft. Im Mittelpunkt – der unter Maori ausgetragenen aktuellen of Ma–ori Developement in einer höheren – Kontroversen steht die Frage, wer Maori ist Säuglingssterblichkeit, einer höheren Rate und wie sich dieses »Ma–ori-Sein« artikulieren von SchulabbrecherInnen (40 Prozent der muss, um als »authentisch« wahrgenommen Ma–ori-Bevölkerung über 15 Jahren haben keinen Schulabschluss), einer größeren Abhänzu werden. Dabei stehen diese Diskussionen iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 19 20 gigkeit von staatlichen Sozialleistungen, einer schlechteren Wohnungssituation und einem überproportionalen Anteil an den Inhaftierten in den Gefängnissen aus. Das durchschnittliche Einkommen von Ma–ori liegt laut dem Zensus von 2006 etwa 5000 Neuseeland-Dollar unter dem von Pa–keha–. Sie fühlen sich von politischen Parteien und vom Staat nur ungenügend vertreten. 2004 gründete sich aus diesem Grund eine Ma–ori-Partei. Doch auch wenn Ma–ori noch heute materiell schlechter gestellt sind, ist Indigenität inzwischen ein wichtiges Symbol nationaler Identität. Es schlägt sich etwa in den omnipräsenten Hei-Tiki 2-T-Shirts oder im Haka (einer oft verkürzt als »Kriegstanz« beschriebenen Performance) der neuseeländischen Nationalteams vor Spielbeginn nieder. Mit dem Aufkommen der nationalen bikulturellen Ideologie als Reaktion auf indigene Proteste für die Verbesserung ihrer politischen, sozialen und ökonomischen Lage, welche die Ma–ori-Kultur offiziell als gleichwertig anerkannte und im öffentlichen Raum rechtlich gleichstellte, wurde »Indigenität« von Staat und Wirtschaft als gewinnbringende Ressource erkannt. Heute wird damit nicht nur eine neuseeländische Identität abseits alter kolonialer Verbindungen zum »Mutterland« Großbritannien oder dem Nachbarland Australien demonstriert. Neuseeland wird so auch als Ziel für euro-amerikanische TouristInnen beworben, das neben seiner spektakulären Natur und seinem ökologischen Image (»clean and green«) auch durch sein wachsendes Angebot an Cultural Tourism besticht. Besuche und Übernachtungen in »traditionellen Ma–ori-Dörfern«, »traditionelles Ma–ori-Essen«, »Geschichtenerzählen«, Workshops in »traditioneller Medizin und Handwerk« und der Kauf von »original Ma–ori-Kunstwerken« sind mittlerweile fester Bestandteil des touristischen Erfahrungsschatzes, egal ob als BackpackerIn oder als LandgängerIn eines Kreuzfahrtschiffs. »Ich komme aus Wainuiomata« t Unumstritten ist diese bi-kulturelle Identität Neuseelands nicht. Studien zufolge wird Indigenität von weiten Teilen der weißen Pa–keha–-Bevölkerung generell in Frage gestellt oder umgedeutet (Liu 2005). Die häufigsten Argumente sind dabei, dass aufgrund zahlreicher Beziehungen mit Nicht-Ma–ori im Laufe des kolonialen Kontaktes kein Ma–ori mehr »reines Blut« habe und so die Präferenz für die »indigene« Abstammungslinie fragwür- iz3w • dig sei. In eine ähnliche Richtung gehen vordergründig multikulturell begründete Versuche, allen NeuseeländerInnen »Indigenität« zuzuschreiben. Der damalige Minister für »Race Relations«, Trevor Mallard, äußerte 2004 in einer Rede: »Neuseeland muss seine imperiale britische Vergangenheit hinter sich lassen. Ma–ori und Pa–keha– sind heute in Neu- Für Ma–ori ist der Vertrag von Waitangi in der rechtlichen Sicherung ihres Status als Indigene tatsächlich ein wichtiger Bezugspunkt. In ihm ist ihre Stellung als Ta–ngata Whenua (»Menschen, die zum Land gehören«), also als Indigene festgehalten. Der politische Kampf um indigene Rechte ist heute nahezu gleichbedeutend mit dem Kampf um Achtung der im Vertrag festgeschriebenen Ansprüche der Ma–ori. Die Vereinbarungen des Vertrages von Waitangi, besonders zu den Landrechten und der Selbstverwaltung der »Stämme«, wurden von britischer Seite seinerzeit nur sehr kurz eingehalten. Bereits 1877 erklärten die SiedlerInnen den Vertrag für »belanglos« und entmachteten, entrechteten und vertrieben die Ma–ori. Vor diesem Hintergrund kämpfen Ma–ori-Organisationen bis heute um die Anerkennung und Kompensation der Verstöße von Seiten der europäischen SiedlerInnen, der englischen Krone und des neuseeländischen Staates. Politisierte Ma–ori-Renaissance t Diesen Kampf um politische und materielle Wiedergutmachung, der verstärkt mit Beginn der politischen Ma–ori-Ethnizitätsbewegungen seit Beginn der 1970er Jahre geführt wird, begleitete eine Hinwendung zu dem, was als »traditionelle«, das heißt von europäischen Einflüssen »unbelastete« Kultur verstanden wurde. Im Zentrum dieser Politisierung von Indigenität, der so genannten »Ma–oriRenaissance«, liegt der Fokus auf dem Iwi, dem ‚Stamm’. Das entscheidende kulturelle Kapital, mit Foto: M. Bautz dem diese »traditionelle« Identität nachgewiesen werden kann, beseeland beide indigene Völker. Ich betrachte steht aus folgendem: Zugehörigkeit zu eimich als indigenen Neuseeländer – ich komnem Iwi, nachgewiesen durch genealogische Verbindung zu gemeinsamen Ahnen, Kenntme aus Wainuiomata.« nis tribaler Bräuche und Etikette, Verbindung Diese Argumente werden insbesondere zu einem tribalen Marae, dem physischen von den GegnerInnen der Zahlungen des Zentrum und Zeremonieplatz des Stammes, neuseeländischen Staates an Ma–ori-Stämme benutzt. Diese Zahlungen beruhen auf Komsowie die Fähigkeit, te reo zu sprechen. Indigene Identität wurde so in direkter Reaktion pensationsverhandlungen, die wiederum ih– erst auf den assimilierenden Druck des re Basis im Vertrag von Waitangi haben, der Staates, dann auf seine Versuche, Ma–ori als 1840 zwischen 43 Ma–ori Häuptlingen und 3 der englischen Krone geschlossen wurde. »just another New Zealander« zu positionieDer Rekurs auf Indigenität von Seiten der ren – zunehmend mit essentialistischen AttriMa–ori werde lediglich zur Verbesserung ihrer buten ausgestattet. Position in der »Treaty Industry« verwandt, Ma–ori-Kultur und damit an Ethnizität gebundene Identität wurde also maßgeblich in behaupten die KritikerInnen. Indigenität werden Versuchen fixiert, den vereinnahmende angeblich nur dazu benutzt, Leistungen in den und aneignenden Strategien des Staates Form von kollektiven Ausgleichszahlungen zu widerstehen, die eigene marginalisierte oder individuellen Zuwendungen und »BePosition zu verbessern und die kulturelle und vorzugungen« vom Staat zu bekommen.3 Nov. / Dez. 2007 q 303 Indigenität politische Autonomie zu erlangen. Mittlerweile ist diese nach »traditionellen« Attributen strukturierte Indigenität zur dominanten, in indigenen Medien und von indigenen Eliten propagierten und vom Staat anerkannten Form von Indigenität geworden. Manche Ma–ori (und neuere Untersuchungen) sprechen in diesem Zusammenhang von einer »Iwi-isation« der Ma–ori Gesellschaft, die keineswegs immer so strukturiert gewesen sei. Iwi hätten erst im kolonialen Kontakt und in der Interaktion der Ma–ori mit der neuseeländischen Regierung, nach der Enteignung ihres Landes, der ländlichen Entvölkerung und der Zerstörung der vorkolonialen indigenen Gesellschaftsordnung an Bedeutung gewonnen. Zuvor hätten kleinere Bezugsgruppen (Hapu– ) die wichtigste Identifikationsquelle für Individuen dargestellt. Dieser Prozess hat einerseits dazu geführt, dass die Anliegen und Forderungen »authentischer« Ma–ori-Gruppen von Staat und Gesellschaft berücksichtigt werden. Andererseits ging damit eine Entwertung »nichtauthentischer« Ma–ori einher, deren Identität mehr durch die Auswirkungen des Kolonialismus geprägt ist als durch traditionsorientierte Modelle von Ma–oridom. Viele Ma–ori erleben so eine doppelte Marginalisierung, da sie sich sowohl an den Rändern der Pa–keha–-Mainstream-Kultur als auch der »traditionellen« Ma–ori-Kultur befinden. Sie können oder wollen ihre kulturelle Identität nicht in Übereinstimmung zu den idealtypischen Modellen von »Ma–ori-Sein«, die den politischen Diskurs bestimmen, formen. So wollen oder können 16 Prozent der Menschen, die eine Ma–ori-Herkunft im letzten neuseeländischen Zensus von 2006 angeben, keine tribale Verbindung oder Herkunft angeben. Stämme in Städten Ma–ori zählen heute überwiegend zur urbanen Bevölkerung. Mehr als vier Fünftel von ihnen leben in Städten und damit zumeist entfernt von ihren tribalen Homelands. Mit der Ankunft in den urbanen Zentren seit dem Zweiten Weltkrieg entstanden neue Netzwerke, die vielerorts die sozialen Funktionen des Stammes für ihre Mitglieder übernahmen. Diese schufen neue indigene Identitäten jenseits des Stammes, besonders wenn der Kontakt zum Herkunftsort abbrach. Ma–ori schufen sich so seit den späten 1950er Jahren in den Städten pan-tribale Marae (Versammlungs- und Ritualplätze), die eine allgemeinere Ma–ori-Identität in den Vordergrund stellten. Zugleich entstanden im Umfeld dieser urbanen Marae Organisationen, die kollektive Sicherheiten (etwa durch soziale und medizinische Einrichtungen) und Identifikationsmöglichkeiten boten. Folgerichtig nennt sich beispielsweise eine in West-Auckland ansässige Urban Ma–ori-Organisation »die Familie von Waipereira«. t Von den VertreterInnen traditioneller tribaler nellen« Ma–ori-Organisationen sehr unwahrscheinlich. Das Verhalten der dominanten Organisationen wird indessen oft die Ansicht Gesellschaft und des neuseeländischen Staavertreten, dass urbane Ma–ori die Verbindungen zum Land – also zum spezifischen Ort der tes könnte eine wichtige Rolle in der VeränHerkunft und der Vorfahren – und zur Comderung dieser scheinbar festgefahrenen Situmunity verloren hätten. Eine solche »verloreation spielen. Essentialistische Ausformungen ne« indigene Identität könnte im besten Falle von Indigenität sind maßgeblich in Reaktion »zurückgewonnen« werden. Diese Perspektiauf die koloniale Erfahrung und auf die Strave übersieht allerdings tegien der Assimilation und der die Tatsache, dass geraAneignung des Staates ent– Maori zählen heute de die jungen städtistanden. »Traditionelle« indiüberwiegend zur schen Ma–ori der zweigene Identitäten (und ihre ten und dritten Genestädtischen Bevölkerung VerfechterInnen) sind im politiration starke Beziehunschen Prozess weiterhin domigen zu ihrer lokalen nant, da sie etwa in den RepaUmwelt und der (Ma–ori-)Community pflerationsverhandlungen mit dem Staat und gen. Deren überwiegend pan-tribal und panunter dem Druck der Gesamtgesellschaft am polynesisch geprägten Vorstadtsiedlungen ehesten erlauben, »authentisches Ma–ori-Sein« nachzuweisen. Akzeptiert die Mehrheitsgevermitteln dieselben Gefühle von Sicherheit, sellschaft andere Formen indigener Identität, Geborgensein und Herkunft wie »traditionelohne ihre Authentizität gleich in Frage zu le« tribale Identitäten. stellen, würde das zumindest die NotwendigZusätzlich aufgeladen wurde dieser Konkeit minimieren, Indigenität nur im Zuflikt zwischen pan-tribalen urbanen Gruppen sammenhang mit »traditionellen« Attributen und »traditionellen« Ma–ori im Verhandlungsprozess mit der neuseeländischen Regierung zu artikulieren. bezüglich der Beilegung der historischen VerDie VertreterInnen flexiblerer pan-tribaler letzungen des Vertrages von Waitangi. UrbaIndigenität haben sich allerdings bereits ihren ne Ma–ori-Organisationen fordern Teilhabe Platz in Ma–ori-Diskursen erkämpft und weram Transfer von Besitz oder Ausgleichszahden fortfahren, eindimensionale Ma–ori-interne und neuseelandweite Sichtweisen von lungen, etwa an Vereinbarungen zu FischerMa–oritum herauszufordern. Sie beeinflussen eirechten in den Gewässern Neuseelands, die so auch die Ma–ori-Vision von indigener kulden Indigenen nach dem Vertrag von Waittureller und politischer Selbstbestimmung. angi zustehen. Sie begründen dies mit dem Hinweis auf die historische Flexibilität, die Anmerkungen: Trennung und Vereinigung von Gruppen, auf historische Migrationsprozesse und die heu1 aus Ma–ori für: »FremdeR« tige Zusammensetzung der Ma–ori. Die urba2 ursprünglich figurativer Brustschmuck aus Nenen Ma–ori weisen daher auch zurück, von phrit, der Schöpferwesen aus den tribalen den monetären Zuweisungen tribaler GrupMythologien symbolisiert. pen abhängig zu sein. »Traditionelle« Ma–ori 3 Der Vertrag von Waitangi, in dem SiedlerInnen lehnen dies wiederum ab und argumentieund Ma–ori ein partnerschaftliches Verhältnis eingehen, wird heute (trotz andauernder Kontroren, dass alleine sie die im Vertrag erwähnten versen um ihn) als Gründungsurkunde des moIwi seien, was aber Ma–ori ohne tribale Verbindernen neuseeländischen Staates gesehen. Trotz dungen mit einschließen würde. seines quasi-konstitutionellen Charakters hat er In einigen Gebieten konnten urbane keinen formalen legalen Status, wird aber seit der Einführung des Waitangi Tribunals 1975 als Gruppen ihren Status mittlerweile dem tribajurisdiktive Grundlage für Empfehlungen des ler Organisationen angleichen. So wurde der Tribunals an die neuseeländische Regierung für »Familie von Waipareira« als Iwi für pan-tribaReparationsansprüche von Ma–ori-Gruppen be– le Maori in Auckland vom Waitangi Tribunal nutzt. für einige Bereiche, etwa für Sozialhilfepro4 Pa–keha– erwähnen in diesem Zusammenhang gramme, Verhandlungsstatus gegenüber der etwa staatliche Programme, die den Zugang zu neuseeländischen Regierung zugestanden. Darlehen zum Hauskauf oder zu tertiären Bildungseinrichtungen (durch Stipendien oder Im gerichtlichen Verfahren zu den FischereiQuotenregelungen) für Ma–ori zu erleichtern. rechten wurde hingegen in letzter Instanz entschieden, dass alle aus dem Vergleich mit Literatur: der Regierung resultierenden Vermögenswerte und Gewinne lediglich an Körperschaf– James H. Liu, Tim McCreanor, Tracey McIntosh and Teresia Teaiwa (ed.): New Zealand Identities: ten weitergegeben werden dürfen, die als Departures and Destinations, 2005, Victoria Unitraditionelle Ma–ori-Stammesgruppen anerversity Press: Wellington. kannt sind. Zwang zum Authentischen Markus Bautz promoviert in Ethnologie an der Universität Freiburg und absolviert gerade seine Feldforschung in Aotearoa / Neuseeland. t Wie der eingangs skizzierte Streit um das Treffen in Wellington zeigt, ist derzeit eine Einigung zwischen pan-tribalen und »traditiot iz3w • Nov. / Dez. 2007 q 303 21 Das Wasser steht uns bis zum Hals? Nicht ganz ! 269 Neuabos geben uns Auftrieb, der Rettungsanker heißt aber nach wie vor 1 + 1 : jedeR AbonnentIn wirbt einE NeuabonnentIn. Wir brauchen noch 1.931 Neuabos! Aboauftrag: 1 +1 ich abonniere die iz3w (6 Ausgaben pro Jahr) q Jahresabo 6 31,80 / ermäßigt 6 25,80 q Jahresabo Europa 6 39,– / Übersee-Luftpost 6 54,– q Ich richte ein iz3w-Förderabo ein; jährlicher Abobeitrag: 6 . . . . . . . . . . . . (ab 6 52,–) Name: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anschrift: Email: Bitte einsenden an: iz3w t Postfach 5328 D - 79020 Freiburg i.Br. Fax: 0049 (0) 761 – 70 98 66 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 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