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SCENE MADE VOL . I
PUNK & HARDCORE
by Danny B Helm
IMPRESSUM
Danny B Helm: Scene Made Vol. I – Punk & Hardcore
Berlin, 2013
Alle Rechte am Werk liegen beim Autor:
Danny B Helm
Layout:
PHRENETICA Photography & Design
Isabell Kur tze • www.phrenetica.com
Verlag und Druck:
Spirit of the Streets /
Bandworm Records e.K.
Schwiesaustr. 11
39124 Magdeburg
www.bandworm.de
Tel. 0391 -28 92 25 17
Fax 0391-28 92 25 99 17
Erstauflage
Best.Nr. BW 100
INHALTSVERZEICHNIS I
INHALTSVERZEICHNIS II
Vorwort SCENE MADE - Vol. I .............................................................. 06
HARDCORE
Einleitung Hardcore..................................................................... 153
Einleitung PUNK .......................................................................... 07
'80er
Deutscher W. (OHL) .......................................................................
Sir Hannes Smith (Idiots Records/Honigdieb) ..............................................
Alex Schwers (ex-Hass/Slime) .............................................................
Wolfgang „Fox“ Funkauser .................................................................
Eugen Balanskat (Die Skeptiker/Rotorfon).................................................
Enrico Ollenhauer ........................................................................
Andreas Löhr (Fliehende Stürme) ..........................................................
Karl Nagel (ex-APPD/Kein Hass Da) ........................................................
Kerry Martinez (U.S.Bombs)...............................................................
Heiko W. (ehem. „Sondermüll“ Fanzine) ....................................................
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'90er
Einhorn (Atemnot) ........................................................................
Amelie Wieland (Luckenpaint) .............................................................
Rio (No Exit)............................................................................
Vivianne.................................................................................
Liane Schweiger (Zusamm-Rottung).........................................................
Alexander Beulich (Get A Life-Shop) ......................................................
Goethe (Zaunpfahl) .......................................................................
Gunnar (Dritte Wahl).....................................................................
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2000er
Adam „Ado“ Dera (Betontod)..............................................................
Hummel (Scheinwelten.Photography) .......................................................
Debby Earle (Tungsten Tips) .............................................................
Thomäs (Resist To Exist Open Air) .......................................................
Vojta Kalina (Pipes And Pints) ..........................................................
Sybille Lengauer........................................................................
Torben Höffgen (Kärbholz)...............................................................
MMB Friedhelm (Die Arbeitslosen Bauarbeiter)............................................
'80er
Parris Mayhew (Original Cro-Mags) ....................................................... 154
Gary Meskil (Pro Pain/ ex-Crumbsuckers)................................................. 155
'90er
Schrod (Protection Of Hate) ............................................................. 162
Micha Buchal (Anticops)................................................................. 163
2000er
Maik Weichert (Heaven Shall Burn) .......................................................
Felix Heiduk (ex-Final Prayer) ..........................................................
Relentless (Vengince) ...................................................................
Richard (Drugs Of Faith) ................................................................
Manthos Stergiou (Tardive Dyskinesia) ...................................................
Maria Heldt.............................................................................
Hendrik Fedor „Hazy“ Vangerow (Grober Knüppel)..........................................
Eric Haudan.............................................................................
Michel Hinz (Warstreet/The Bone Idles)..................................................
Angie „T-Cat“...........................................................................
Juan Camilo Rojas (Linea De Fuego) ......................................................
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200
201
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Hardcore Hall of Fame ................................................................... 223
Credits ................................................................................. 224
106
107
114
115
124
125
136
137
Punk Hall of Fame ....................................................................... 151
VORWORT
PUNK‘S NOT DEAD!
- Ich widme dieses Buch Seira (R.i.F.), Zedy, meinem Dad (R.i.F.) und meiner Mutter Alles begann mit der Frage eines ehemaligen Kumpels,
der mich irgendwann Ende 2.009 / Anfang 2.010 fragte,
warum ich nicht ein Szenebuch schriebe - und es später
über sein Label rausbrächte?! Diese Frage war der
sprichwör tliche Funke auf trockenem Heu. Es gab keine
Millisekunde eines Zweifels und ich machte mich Anfang
2.010 daran ein noch nicht dagewesenes Konzept zu
erschaffen, zu recherchieren und in Folge dessen mit den
ersten Interviews für dieses Buch zu beginnen.
Im Vorfeld dieses Buches hatte ich bereits 24 Jahre Schreiberei (diverse eigene Versbände, Songs, eigene Bücher)
auf der Habenseite. Des Weiteren hatte ich bereits
knapp ein halbes Jahrzehnt für das Fatal Underground
(und auch kurze Zeit für das Online Magazin „Eternity
Magazin“; Links zu beiden siehe unten) geschrieben und
interviewt. Soviel zu den Referenzen als Basis.
Durch meine freie Mitarbeit beim Fatal Underground
Zine hatte ich auch schon einen passenden Buchtitel
parat: SCENE MADE (eine Rubrik, die ich erfunden
hatte). Das klang kurz, knackig und traf den Kern- und
nicht zuletzt hätte keine andere Headline das Konzept
dieses Gesamtwerkes so perfekt treffen können.
Es war von Anfang an mein Ansinnen die jeweilige
Szene für sich selbst sprechen zu lassen. Durch die sehr
individuellen Interviews mit den Musikern und Szeneleuten in diesem Buch, die alle ihren Beitrag zu einer
oder mehreren subkulturellen Szenen beigetragen
haben und somit eine Ar t eigene Welt in dieser, unseren
Welt geschaffen haben. Eine Welt, die von sozialem
Auf begehren, Musik- und von viel Leidenschaft lebt.
Eine Welt, die der Mainstream nie komplett ausbeuten
und vereinnahmen konnte. Dabei schwingt bei jedem
Interviewpar tner auch ein biographischer Wind mit, der
auch den jeweiligen Menschen im Erleben seines Lebens
und seiner Zeit zeigt. Aus all´ diesen Interviews ergibt
sich der Hauch einer Ahnung wie die jeweilige subkulturelle Szene läuft, wie deren Räder ineinandergreifen und
letztlich rollen. Dennoch möchte ich kein Bild vorgeben,
denn denken sollt Ihr Leser selbst.
Dieses Buch ist in seiner Gesamtheit sicherlich ziemlich
unkonventionell, zum Beispiel was die grammatikalische
Schreibweise(n) betrifft. Ich möchte durchaus ein
Bewußtsein schaffen, daß es eine Generation (u.a. meine
Generation) gibt, die nach der „alten“ Rechtschreibung
erzogen- und (aus-)gebildet wurde und sich irgendwann
nach der Schulzeit plötzlich mit dem Plan der Gelehr ten
einer Rechtschreibreform konfrontier t sah. Deshalb habe
ich ganz bewusst den Konsens beider mir geläufigen
Rechtschreibformen gewählt, quasi eine alternative
Mischform, zumal in diesem Buch auch alle RechtschreibGenerationen vorkommen. Dieses Buch ist in erster Linie
für WIRKLICH Interessierte gedacht, nicht für Mamas
Besserwisser oder Rechtschreib-Reinkultur-Puristen.
Was natürlich ebenso unkonventionell/unüblich in einem
Buch ist, wenn man Werbeflächen diverser Metiers mit
einbindet. Es war am Ende der rettende Strohhalm, um
dieses Buch überhaupt Realität werden zu lassen. Ich
selbst hatte einfach nicht die finanziellen Mittel einen
professionellen Grafiker (bzw. in diesem Falle Grafikerin!)
bezahlen zu können. Qualität hat nun einmal ihren Preis.
Nichts desto trotz habe ich versucht darauf zu achten,
dass ich die Werbeflächen mit Firmen bestücke, die auf
die eine- oder andere Weise auch Teil der Subkultur
waren bzw. noch immer sind.
Anders, als andere Szenebuchautoren, gebe ich ganz
bewußt nicht den Geschichtslehrer mit erhobenem Finger
und monologiere nicht, wie tausend Andere, darüber
wann- und wo die Szene ihren Ursprung nahm etc.. Ich
begründe dies´ damit, daß dies´ bereits genug Leute vor
mir getan haben und sich in Zeiten des World Wide Web
Jede/-r sein/ ihr eigenes Bild machen kann. Ich entschied
mich eher dafür meine Erfahrungen mit der jeweiligen
subkulturellen Szene mit einfließen zu lassen, nicht(!), um
mich selbst auf einen Sockel zu heben, sondern einfach,
um die Authentizität dieses Buches zu untermauern und
um zu zeigen, daß ich keiner dieser pseudo-wissenschaftlichen, sozialpädagogischen Studenten- oder Professoren
bin. Ganz im Gegenteil, jede einzelne der Szenen hat einen
festen Platz in meinem Leben, da ich mich weder auf
eine bestimmte Szene limitiere, noch meine musikalische
Offenheit bei einer bestimmten Szene aufhör t. Gut und
richtig ist alles, was gefällt.
Ich achtete darauf, daß ich wenigstens den Großteil
der Interviewpar tner (sowohl die Musiker, wie auch
die Szeneleute) mindestens einmal persönlich traf, um
möglichst viele Sympathieträger im Buch zu haben (was
sicherlich subjektiv ist). Das heißt, daß ich fern von am
Reißbrett konstruierten PR-Strategien agier te. Ich stand
stets in direktem Kontakt zu den Interviewpar tnern und
kann sagen, daß jede/-r Einzelne in diesem Gesamtwerk
ein Mensch ist, mit dem man es einige Zeit aushalten
könnte. Ich konnte bei keinem Einzigen etwas Gespieltes
oder Aufgesetztes entdecken und DAS zählte für mich,
nebst derer Schöpfungen in- oder mit der Szene.
Natürlich gab es auch unliebsame, ärgerliche (manchmal
sogar zeitlich zurückwerfende) Momente. Ob das ein
-6-
„Manager“ war, der pro Foto seines Schützlings 100,- ¤
bis 200,- ¤ (!!!) aufrief oder auch Musiker, die zuerst Feuer
und Flamme waren und dann nach mühevoller Recherche
absagten. Am Schlimmsten empfand ich es aber, wenn
sich Interviewpartner nach Einsicht der Fragen einfach
nicht mehr meldeten (was größtenteils Szeneleute betraf).
Noch schlimmer allerdings war allerdings, der, der
„eigentlich“ nicht einmal der Rede wer t wäre, wenn
er mich nicht nur ca. ein halbes Jahr, sondern letztlich
auch jede Menge Nerven gekostet hätte, nachdem
er hinschmiss und klar wurde, daß ich einem Blender
aufgesessen war. Scheiße passier t...
Deshalb Danke ich an dieser Stelle noch einmal ALLEN
Interviewpar tnern, die mir Ver trauen und Geduld
geschenkt haben und den Mut hatten ihre Geschichte
zu erzählen!!!
Ein Dank geht auch an all‘ meine Freunde, die mir soviel
Liebe und Verständnis entgegenbrachten, wenn ich aufgrund des Buches oft keine Zeit für sie hatte. Genauso
Danke ich vor allem Hazy (dafür, daß er den Kontakt
zu Mark Lorenz von Bandworm Records e.K. vermittelt hat!!! TAUSEND DANK!!!), Friedhelm (für den Tip
bezüglich Katrin!), Mark Lorenz und dem gesamten
Bandworm Records e.K. /Spirit Of The Streets Team,
sowie all´ meinen fleißigen Helfern Katrin Böckenheuer,
Rachel (for your great suppor t!), Steffi Kröger- und
nicht zuletzt Anja Heppe, Gordon (anfangs) und Isi
(PHRENETICA) für die gigantische visuelle Umsetzung!
Und last but not least DANKE ich EUCH, schließlich habt Ihr Euch dieses Buch gekauft und belohnt
damit das Tun all´ derer, die an diesem Buch bei der
Umsetzung mitgewirkt haben! IHR seid es, die die in
diesem Buch beschriebenen Szenekreise- und deren
Musiken am Leben haltet, deshalb unterstützt kleine
Labels oder kauft die jeweiligen Werke direkt bei Euren
Lieblingsbands, damit dieser Kreislauf auch weiterhin so
facettenreich pulsier t!
In diesem Sinne,
Vielen Dank und nun viel Freude beim Lesen!
Danny B Helm
Berlin, 2.013
eternitymagazin.de
fatal-underground.de
schafe-schuesse.de
facebook.com/pages/SCENE-MADE/124543380962839
Viele Leute sagen der Punk sei längst tot, szeneintern wie
auch extern. Gerade die szeneinternen Leute, die möglicherweise keinen Iro mehr tragen, weil sie vielleicht einfach
älter geworden sind, widersprechen sich jedoch damit oft
selbst, denn waren es nicht oft auch dieselben Leute, die
Textzeilen wie „Für immer Punk, ein Leben lang, für immer
Punk…“ mitgesungen haben?! Ich persönlich glaube,
dass der Punk noch lange nicht tot ist, sondern sich just
weiterentwickelt hat. Punk hat letztlich viele Musikstile
beeinflusst und selbst die Style-Trends profitieren immer
wieder von dem, was einst in der Punk Szene gelebt wurde,
von der Gesellschaft aber an den Rand gedrängt oder sogar geprügelt wurde. Da mutet es natürlich paradox an,
dass die Sytlingideen heutzutage schwer angesagt sind.
Doch das soll hier nur als Nebengedanke im Raum stehen.
Ich für meinen Teil kann nur sagen, daß ich das „Punk
Feeling“, das dich schon vom Rest deiner Umgebung
unterschied, als ich selbst noch nicht einmal wusste, was
Punk eigentlich ist, immer in mir trug. Meine „Rettung“ aus
dieser Unwissenheit muß so ca. in der Drehe 1.987/88 gewesen sein?! Ich war, wie so oft, bei meinem damals besten
Kumpel zu Hause, dessen älterer Bruder damals Punk war.
Ich lebte in jenen Tagen in einem Grenzgebiet in Thüringen
- sprich in der DDR und war zwischen 11- und 12 Jahre
alt. Mein bester Kumpel stibitzte öfter mal eine Kassette
seines älteren Bruders, auf der oft in nicht gerade bester Tonqualität Punk Bands wie OHL, Die Firma, Sex
Pistols, Angelic Upstarts, U.K. Subs,
Die Skeptiker und viele andere, an
die ich mich leider nicht mehr exakt
erinnere, zu hören waren.
Der Bruder meines Kumpels wurde
quasi unser „(Musik-)Dealer“ des
Vertrauens und so kamen wir in den
Genuß von einigen Alben, wie zum Beispiel
von OHL (die Aufnahmen, die man heutzutage
größtenteils auf dem Doppelalbum „Im
Westen nichts Neues“ hören kann), das
U.K. Subs Album „Japan Today“ (von
1.987), vereinzelte Songs von Die
Firma, Die Skeptikter, Sex Pistols
„Never Mind the Bollocks“ Album
(Original 1.977 erschienen) und
so um die Wendezeit herum Nina
Hagens selbstbetiteltes ‘89er Album. Dabei
habe ich sicher noch einige vergessen. Das, was uns
damals bannte, war diese „Andersartigkeit“, der spürbare
- ja hörbare, Geruch der Rebellion, also genau DAS, was
wir brauchten in dieser, unseren pubertären Zeit. Die
sogenannten „schwarzen Schafe“ in unseren Familien und
der Schule etc. waren wir längst, da wir Beide einfach von
Beginn an „anders“ waren. Da es zu DDR Zeiten aber
nicht gerade „easy“ war sich mit 11/ 12 Jahren zum Punk
zu bekennen, nutzten wir kleine Lücken und quetschten
uns (bildlich gesprochen) mit voller Euphorie in diese
Systemlücken hinein. Und so zogen wir beim Faschings(=Karnevals-)Umzug in unserer Kleinstadt mit ausgestrecktem Mittelfinger im Troß des Umzuges mit. Unsere
Haare hatte der ältere Bruder meines Kumpels stilecht
mit Kernseife, Zuckerwasser und Haarspray auf Punk
getrimmt. Das Haar stand felsenfest und das ganz ohne
Haargel oder Drei-Wetter-Taft. Ein anderer Kumpel, der
anfangs mitmachen wollte, bekam (sprichwörtlich) kalte
Füße, aus Angst davor, daß er eine Standpauke von seinen
Eltern zu hören bekäme, aber sicher auch aus Angst um
den Ruf seiner Familie und nicht zuletzt vor den Behörden
des DDR-Staates.
Für uns trennte sich damals ein wenig die Spreu vom Weizen.
Wir glaubten WIRKLICH die Welt verändern zu können.
Und dieser damalige Umzug war unser „Weg der Freiheit“, unsere „Demo der ausgestreckten Mittelfinger“
- direkt und unverblümt zeigten wir unsere Mittelfinger
-7-
mit breitem
Grinsen dem Spießbürger tum
unserer Kleinstadt, schließlich
bedeutete Fasching/Karneval
die Freiheit der „Verkleidung“.
Nun ja, diese eine kleine Episode aus
meinem Leben war nur ein Erlebnis von vielen. Ärger hatten wir vor- sowie nach dem Fall der Mauer genug, aber
das Punk Feeling im Herzen blieb immer, bis Heute. Die
Wende kam, unsere Wege nahmen ihre eigenen Läufe.
Ich persönlich verlor` das Interesse an für mich allmählich
zauberverlierenden Bands wie Die Ärzte, hatte aber
Spaß an aberwitzigen Songs der Abstürzenden Brieftauben, erfreute mich an so manchem „Schlachtrufe BRD“
Sampler, Daily Terror, Slime, Normahl, OHL und hatte parallel begonnen die Böhsen Onkelz (so ab ca. 1.988), diverse
Metal- und Hardcore Bands (seit ca. 1.987) zu hören. Mitte
der ‘90er hatte ich sogar eine Zeit lang eine eigene Punk/ Hardcore Band am Start. All` das brachte Höhen und
Tiefen mit sich, bis Heute. Am Ende bleibt die Tatsache den
eigenen Weg aufrecht gegangen zu sein. Punk war was
gefällt, fern von der leider zunehmenden Politisierung. Punk
war für mich immer gegen alles, was (an-)stinkt, egal, ob
das rechts, links, oben, unten oder was weiß ich war.
In diesem Sinne viel Spaß in der Welt des Punk.
PUNK-t.
Danny B Helm.
DEUTSCHER W.
SIR HANNES SMITH (IDIOTS RECORDS)
„Halte die Augen auf, um die Realität zu sehen“
„Das Leben im Jetzt und Hier.“
(OHL / DER FLUCH)
OHL (ausgesprochen: Oberste HeeresLeitung) sind eine der dienstältesten Punkbands aus Deutschland (und polarisieren nach wie vor, allein durch ihre Doppelschläge gegen extremistische Formen). Egal ob jene Formen aus dem extrem linken - oder
rechtem Lager kommen, oder ob sie fanatisch- religiöse Ansichten haben. OHL erlauben sich seit 1.980, also seit 33(!) Jahren - die Dinge im wahrsten Sinne des Wortes
zu hinterfragen. Oft trafen sie thematisch den Nerv der Zeit und legten den in Salz
getränkten Finger auf die Wunde(n). Bis Heute gelten OHL als umstritten und werden in Punkkreisen gerne mal als „CDU Punk“ betitelt, nicht zuletzt, weil man sich
(THE IDIOTS / HONIGDIEB)
in keine politische Schublade drängen läßt, sondern einfach Musik machen möchte.
Und was auch immer man über OHL so alles spekulieren könnte, Fakt ist, daß der
Gründer „Deutscher W.“ (* das W steht in seinem Fall für Widerstand) sich in 33
Jahren an KEINE Seite verkauft hat und sich NICHT instrumentalisieren ließ, wie es
manch´ andere Band tat. Und auch mit den Gothic Rock-/ Horror Punk Klängen
von DER FLUCH und PROJEKT MENSCH hat er schon so manches Konzert oder
auch so manche Clubtanzfläche gefüllt. Hier nun mein ganz offener Versuch, mittels
ebenso offener Fragen den Menschen hinter dem „Deutschen W.“ näherzubringen.
Willkommen im SCENE MADE
Vol. I Buch, Deutscher W. Bevor es losgeht: Gratulation zu
mittlerweile 32 Jahren musikalischen Schaffens und Erfolges!
Laß uns zuerst einmal 32 Jahre
zurückgehen, ins Jahr 1.980.
Wie genau kam es zur OHL
Gründung? War das ‘ne spontane Aktion oder wußtest du
recht früh, daß du mehr, als nur
„Punk`s Not Dead“ oder „No
Future“ zu sagen hättest?
Die erste Musik, mit der ich in Kontakt kam, waren
The Yardbirds und The Kinks, die mir ein Freund meines
Vaters mal vorgespielt hat - ich muß wohl so 13 gewesen
sein. Das fand ich zwar ganz gut und besser, als das,
was damals so im Radio lief, aber irgendwie war mir das
auch zu „alt“. Dann bin ich an The Sweet rangekommen
und Stücke wie „Ballroom Blitz“ oder „Hellraiser“ waren
die erste Musik, die ich wirklich klasse fand.
Aber die Initialzündung waren dann The Adver ts und
deren, aus heutiger Sicht zwar extrem schlechtem, aber
für mich damals sensationellen Film „Brennende Langeweile“. Das lief 1978 spät abends im ZDF und das war‘s
dann, ich war 14 und von da an war klar welchen Weg
ich einschlagen würde.
Es gab da zwar auch schon Sex Pistols, The Clash,
Ramones etc., aber merkwürdigerweise fand ich die
irgendwie schon zu „bekannt“. Mich haben immer mehr
die anderen Bands interessier t, die nicht so gehypt
wurden. Wire, Ar t Attacks, Chelsea und The Pack
(heute immer noch unerreicht) und über John Peels
Radiosendung „Rock Today“ habe ich dann immer mehr
faszinierende Bands kennen gelernt.
1979 habe ich dann angefangen selber Musik zu machen
und im Januar 1980, ich bin gerade 16 geworden, OHL
gegründet. Damals war „Punk`s Not Dead“ kein Thema
und „No Future“ war eh nie mein Ding. (*The Yard-
birds: von 1.962 - 1.968 und 1.992 reaktivier t, waren so
bekannte Leute wie Eric Clapton, Jeff Beck -Jeff Beckl
Group- und Jimmy Page - Led Zeppelin aktiv; *The Kinks:
eine der erfolgreichsten britischen Bands der ‘60er Jahre)
Beschreibe doch bitte mal das „Herz aus Beton“
von Leverkusen 1.980. Gab es in Leverkusen und
Umgebung eine Punk Szene oder bist du an den
Wochenenden zum Beispiel nach Frankfurt a. M.
gefahren, wo es 1.980 bereits eine spürbare Punk
Szene gab, oder woanders hin...?
Wir waren zwar die Ersten in Leverkusen, aber kurz
nach uns gründeten sich Stosstrupp, mit denen wir uns
dann auch einen Proberaum teilten. Die Jungs waren im
Schnitt 2, 3 Jahre älter, als wir, aber Leute mit ähnlichem Musikgeschmack waren in Leverkusen halt sehr
rar. Nach Frankfur t zog es uns nie, eher nach Düsseldorf
und Köln, wo ich fast jeden Samstag im Rock-O-Rama
war, und dor t kam ich dann auch mit den Kölner Cotzbrocken in Kontakt, die dann kurz nach uns ihr erstes
Album auf Rock-O-Rama veröffentlichten. (* Rock-ORama einst als Label für Punk Musik gegründet, driftete
später leider zu sehr in den Rechts-Rock ab, wodurch
man jegliche Sympathien in der Punk Szene zerstör te
und verspielte)
-8-
Die Krupps, aktiv)
Welche Punkbands gab es
1.980 neben OHL in Deutschland, an die du dich gern
erinnerst?
Ich fand den „deutschen Punk“
von Slime und Konsor ten einfach
nur scheiße. Das war szenetauglicher, langweiliger Mainstream.
Da fand ich die wahren Pioniere
wie Mittagspause hunder tmal
geiler oder auch die ersten Alben von SYPH oder Male, waren
echt klasse. (*bei Male zum Beispiel war Jürgen Engler, danach
Laut einigen Internetquellen gab es wohl eine
OHL Kassette, die ihr damals selbst vertrieben habt. Gab es damals schon eine sogenannte
Tapetrading-Szene, wie es sie zum Beispiel auch
in Metal Szenekreisen gab? Wenn ja, wie wichtig
nahmt ihr diese Tapetrader?
Nach dem wir im Keller meines Bassers ein paar Stücke
mit einem Kassettenrecorder aufgenommen- und vervielfältigt hatten, boten wir die Kassetten im Rock-O-Rama
zum Verkauf an. Als wir eine Woche später wieder dort
aufliefen, waren alle 20 Tapes verkauft und wir hatten
unseren ersten Plattenvertrag. Ansonsten hatten wir mit
Tapetrading nix am Hut.
Bereits ‘81 habt ihr 2 EPs - sowie die erste OHL LP
„Heimatfront“ beim später umstrittenen Label RockO-Rama rausgebracht. Wie hast du dich damals mit
deinem ersten Plattenvertrag in der Tasche gefühlt?
Das war natürlich klasse, aber mit 16 reflektier t man
ja nicht so und ist sich auch nicht bewußt, daß man da
irgendwie was Besonderes geschaffen hat. Allerdings
halte ich die „Heimatfront“ für nicht sonderlich
Hannes, auch vielen als „Sir Hannes“ oder „der Honigdieb“ von Bands wie THE
IDIOTS, PHANTOMS OF FUTURE oder aktuell HONIGDIEB bekannt, hat sich über
die Jahrzehnte ein Denkmal in der Punk, sowie in der Hardcore- und Metal Szene
Europas hart erspielt/ erarbeitet. In diesem Buch wollte ich Hannes aber ganz
bewußt eher im Bereich der Szene-Supporter interviewen, einfach, weil Hannes
nicht nur mit seinen Bands, sondern auch mit seinem Dortmunder Laden „Idiots
Hallo Hannes, zuerst einmal ein herzliches Willkommen im Buch SCENE MADE - Vol. I. Bevor wir intensiver auf deinen Weg mit- und innerhalb der Szene
zu sprechen kommen, möchte ich ganz am Anfang
deines Weges beginnen. Erzähle doch bitte zuerst
einmal wo- und unter welchen Gegebenheiten du
aufgewachsen bist?!
…in meinen ersten Kindheitsjahren wuchs ich westlich
von der Dortmunder Innenstadt in einer 1 Zimmerwohnung (Toilette im Hausflur, eine Etage tiefer) zusammen
mit meinen Eltern auf. Das 10- Familien Haus stand direkt
an der sehr stark befahrenen Hauptstraße, (Rheinischestraße - dort wo ich seit 1992 auch den IDIOTS RECORDS
Laden betreibe nur mehr in der Stadtmitte)
Dort wurde auch mein damals 5jähriger Freund bei
dem Überqueren einer grünen Ampel totgefahren
wurde. Es war eine für Kinder sehr harte Gegend und
wenn man eine Straße zu weit ging, gab es Prügel oder
Steinschlachten. Als 3jähriger wurde ich von anderen Kids
mit meinem Fahrrad mit Stützrädern mit voller Wucht
vor eine Steinmauer (Hoesch- Gelände) geschoben. Die
Fahrradspeichen steckten in meinem Oberschenkel.
Im Kindergarten wurden uns schon Boxhandschuhe
angezogen und da ich mich oft für Schwächere stark machte,
war Nasenbluten und blauen Augen keine Seltenheit.
Meine Eltern führten einen kleinen Tante Emma „EDEKA“
Markt und hatten eigentlich nie Zeit für mich. Ich wuchs
mehr bei Nachbarn auf und war dadurch sehr früh auf
mich selbst gestellt.
Ich nehme an, daß deine Kindheit von völlig anderen
Werten und Idealen geprägt war, als das heutzutage
der Fall ist?!
Klar da gab es noch Helden und Idole. Das ging schon mit
den Comics „Supermann“ oder „Spiderman“ los.
Ganz wichtig, daß es noch super anspruchsvolles Kinderprogramm im Fernsehen gab und so Meilensteine wie:
„Pippi Langstrumpf“ von Astrid Lindgren (1968-70 von
Astrid Lindgren) und dann kamen noch die ganzen tsche-
Records“ den Kreislauf zwischen Szeneleuten, Musikern und der wichtigen Basis
in den Plattenläden, die nicht so unpersönlich (wie es in vielen Supermärkten zum
Beispiel praktiziert wird) dem Kunden gegenüber agieren. Natürlich werde ich,
schon allein aus Respekt vor seinem Schaffen, seine Musik nicht völlig unberührt
lassen, zumal das Gesamtwerk seines Weges mehr als nur respektabel ist. Darum entlasse ich Euch Leser nun direkt in das Interview mit Hannes.
chischen Kinderfilme wie „Pan Tau“ (1969-78 kamen 33
Episoden von den Autoren Ota Hofmann und Jindrich
Polak), „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ (1973 von Vaclav
Parlicek) dazu. Es war eine andere Zeit mit nur 3 Fernsehprogrammen, wo am nächsten Tag in der Schule
oder beim Brötchenkaufen über einen Spielfilm oder ein
Medienereignis heiß diskutiert und philosophiert wurde.
Die frivole- und anarchische Luft der spät 60er schwappte
in die ‘70er Jahre über und der Mensch war offen,
interessiert und herzlicher. (Nicht wie heutzutage: seelisch
mit Hunderten von Verblödungs- Fernsehprogrammen
vereinsamt und von der Menschheit abgeschottet) Da
war Amoklauf noch ein Fremdwort! Die Leute wurden
nicht mit so vielem oberflächlichem Müll suggeriert und
von ihren eigentlichen Wünschen und Lebens Ideologien
abgelenkt.
Welche Bands / Songs fallen dir ein, wenn du an
deine Kindheit denkst?
Zur Zeit meiner Grundschuljahre hörte ich Pink Floyd,
Genesis, Yes, The Who, Beatles, Zappa, Uriah Heep
(„Look at your self“), Led Zeppelin, Black Sabbath,
Hawkwind („Silver Machine“) und über T-Rex kam ich
dann später zu Iggy Pop and The Stooges („Raw Power“,
„Search and Destroy“, „No Fun“).
Mit welcher subkulturellen Szene kamst du zuerst in
Berührung? Und kannst du in gleichem Atemzug ein
wenig die damalige Szeneatmosphäre beschreiben?
Ganz klar die Hippie/ Freak Bewegung der End-60er und
Anfang der ‘70er.
Wir trugen verwaschene Flicken- Jeans mit ultraweiten
Schlag und dazu schwarze abgetragene Samtjacken,
Parker oder Kampfjacken (damals auch eine Parker Art).
Schon ab dem 4. Schuljahr nutzten wir die Pausen um
auf einen nahegelegenen Friedhof selbstgedrehte Tüten
zu rauchen. Oft ließen wir die Schule auch ganz ausfallen
und hörten stundenlang völlig bekifft abgedrehte Scheiben und verloren uns in unsere eigene Welt. Wir waren
-9-
gegen Atomkraft, Diskriminierung jeglicher Art, Unterdrückung, Spießertum und versuchten unsere Ideen und
Lüste auszuleben. Es war, als wenn man fliegen kann…
daraus entstand dann auch später der Punk. Es waren
die gleichen Werte nur radikaler und lauter. Keine Lust
mehr zum Diskutieren. Jetzt wurde aggressiver gehandelt und mit seinem Aussehen noch mehr schockiert und
provoziert.
Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, hattest du als circa 13jähriger deine allererste Band
KELLERGEISTER am Start. Eine Art Schülerband.
Wie wichtig war diese Band für alle nachkommenden Bands, bei denen du später am Mikro standest?
1975 traf ich mich mit meinem Schulkumpel „Rabe“ öfters
in meiner sturmfreien Bude (meine Alten waren ja immer
arbeiten…) und wir machten richtig krach. Ich schlug
mit hölzernen Kochlöffeln, mit denen mich sonst meine
Mutter verdrosch, auf Kochtöpfen und Mülleimern herum
und benutze die Kochpottdeckel als Becken meines selbst
kreierten Schlagzeugs. Dazu schrammelte „Rabe“ auf der
Kinder- Gitarre und zusammen sangen wir „Kellergeister,
Kellergeister- Rütgers Club - wir sind alle - alle verrückt.“
Kellergeister nannten uns einerseits unsere Eltern und
andererseits war es damals eins von den oft gewählten
Getränken, da es billig war.
In etwa in der Zeit schickten deine Eltern dich zum
Psychologen. Quasi eine fast schon witzige, gedankliche Brücke zu THE IDIOTS?
gelungen. Ich hätte das ganze Album lieber im Sound
der „Live EP“. Allerdings bin ich mit den Nachfolgern
„1000 Kreuze“ und ganz besonders der „Verbrannte
Erde“ sehr zufrieden. Das war ein echter Meilenstein.
Da ihr ja auf den OHL Coverartworks stets Bilder aus
dem 1.- und 2. Weltkrieg verwendet liegt die Frage nahe,
ob du sehr früh ein geschichtlich interessierter Mensch
warst? Was war denn der Auslöser für das Interesse?
Hast du damals ganz bewußt dieses polarisierende
Image für OHL kreiert? Oder anders gefragt: war
es damals noch relativ einfach mittels Polarisieren
Aufmerksamkeit zu erregen, weil es ja „schockierend“ war, daß du ganz offen (punk-gemäß eben)
und frei rausgelassen hast, was du dachtest?
Ich glaube, daß jeder Mensch ein geschichtlich-, politischund sozial interessier ter Mensch sein sollte! Was das OHL
Ar tworks etc. angeht, paßt unsere aggressive Musik
und die progressiven Texte perfekt zu unseren Covern.
„Heimatfront“ zeigt einen 16jährigen Soldaten, der das
Elend des Krieges wiederspiegelt. Das „1000 Kreuze“
Cover stammt aus dem Abspann des Anti-Kriegsfilms
„Im Westen nichts Neues“ und auf den anderen Covern
Also bei OHL ist nichts künstlich kreier t. Wir waren von
Anfang an echt und authentisch und so sind wir auch
Heute noch. Was unser Image angeht, bekommt man
dies´ ja meistens von Außenstehenden. Aber es stimmt,
daß ich es gerne sehe, nicht jedermanns Freund zu sein.
Jeder der Provokation nur um der Provokation Willen
einsetzt, ist langweilig und inhaltslos. Wir sind nicht provokant - wir sind die Wahrheit.
Wo war denn dein allererster Auftritt überhaupt
und unter welchen Bedingungen hast du damals
mit welchen Gefühlen auf der Bühne gestanden?
sind z.B. U.S.- Soldaten zu sehen, die am D-Day Hitlerdeutschland von den Nazis befreit haben usw.
Das sogenannte „Türkenlied“ wurde ja viel und oft
heiß diskutiert, deshalb möchte ich an dieser Stelle
gar nicht so sehr die Diskussion weiter führen. Ich
möchte eher anmerken, daß es in DDR-Punkkreisen durchaus beliebt war, zumal es schon
gefährlich war das Lied innerhalb der DDR auch
nur zu hören. Ich selbst erlebte das einst, da in
unmittelbarer Nähe der ABV seinen Sitz hatte und
ich wohl etwas zu laut bei offenem Küchenfenster
die gefühlt tausendmal kopierte OHL Kassette hör-
Als ich dann 1976 anfing die pinkfarbenen Hosenanzüge
meiner Mutter zu tragen, meine Schuhe mit silberner
Ofenfarbe anzumalen und mir Sicherheitsnadeln durch
meine Backe, Ohren und Brust zog, schickten mich meine
Eltern zum Psychiater.
Erinnerst du dich noch an deinen allerersten
Auftritt? Sofern ja, erzähl` doch bitte mal wo und
unter welchen Rahmenbedingungen das war?!
Früher hatten wir eigentlich bei jeder Probe kleine
Auftritte, da die Punks unsere Freunde waren und die
Proberäume gleichzeitig als Treffpunkte dienten.
Die ersten Live Erfahrungen machte ich eigentlich bei
Konzerten von irgendwelchen Hippie- oder Blues Bands.
Irgendwann habe ich dem Sänger das Mikro geklaut und
dann dort rülpsender Weise hinein gegrölt bis alles in ein
Chaos oder Konzertabbruch endete.
Den ersten offiziellen Auftritt spielten wir 1980 im „Che
Coolala“ in Dortmund. Es kostete 3,33 DM („E.D.E.K.A. Ein Deutscher Esel kauft alles“- Sonderpreis) und war mit
über 300 Leuten ausverkauft.
Beschreibe doch bitte mal ein damals typisches Punk
Outfit.
Wir hatten die Haare mit Seife, Penaten Creme und
Haarspray aufgestellt. Sicherheitsnadeln durch die
Ohren, Backen gesteckt, die dann mit Ketten verbunden.
Dazu zogen wir unsere mit Autolack selbstbesprühten,
selbstgemachten T-Shirts und Jacken an. Der eine trug
ein Hundehalsband, manch´ Einer hatte einen Müllsack
an…. Ich trug die Jacken und Mäntel verkehrtherum und
mit nur einem Ärmel. Da war jeder ein Individuum in der
Anfangszeit. „No Future“ Feeling aber sehr kreativ, alles
war möglich - umso bekloppter umso cooler!
Soweit ich weiß waren eure Shows schon ziemlich exzessiv
vom Flaschen auf dem Kopf kaputthauen, Schweineköpfe
ins Publikum werfen und blutbesudeltem „Edeka- Arbeitskittel“ gab es einige für damalige Zeiten krasse Aktionen
in der Show. Ich vermute mal, daß sich das ziemlich schnell
herumsprach und auch Empörung mit sich brachte?
Oh ja, wir waren sicher eine der extremsten deutschen
Punk Bands und das nicht nur auf der Bühne! Dagegen
wirkten Bands wie z.B. Slime oder Upright Citizen eher
wie Studentenbands. Ich schlug mir Flaschen auf den
Kopf, war komplett mit Rasierklingen am ganzen Körper
aufgeschlitzt, trug Buttons in meiner Brust und warf
Schweineköpfe ins Publikum. Aber trotz des ganzen Destruktiven versprühten wir eine Menge Spaß und Lebensfreude mit einer gewissen Lebensironie. Hunderte von
Dosen Hansa Bier flogen ins Publikum und es waren wirklich großartige Schaum- und Pogo Partys. Durch unsere
exzessive Show wurden wir schnell überregional bekannt
Ja, das war kurz nach meinem 16. Gebur tstag und
von Bühne kann keine Rede sein. Ein Schuppen in Leverkusen, ich habe den Namen vergessen. Irgendein
Jugendzentrum. Aber cool war´s trotzdem. Ich glaube
den Gig hat mein Gitarrist damals klar gemacht - ohne
Kohle und mehr Hippies und Rocker, denn Gleichgesinnte im Publikum, tja so war das damals.Unser Set, war
fast identisch mit der „Heimatfront“ - bzw. der „Klänge
des Widerstands“. Wie hab ich mich gefühlt? Ist schon
lange her..., aber nervös war ich nicht. Ich hatte schon
immer ein starkes Selbstbewußtsein.
War es damals schwer für dich mit den Reaktionen
umzugehen oder gab es vom befreundeten Umfeld
zum Beispiel eher Schulterklopfen, das die anklagenden Reaktionen erträglicher machte?
„Damals“ gab es keine Kritik - das war die Zeit, in der
Punk bedeutete alles zu dürfen und alles zu sagen was
man wollte. Meine Eltern fanden es kreativ, meine
Freunde cool und auf der Schule waren wir Helden. Und
was die heutige Kritik an OHL und meiner Person angeht, zeigt mir das doch immer wieder, daß wir, wie es
ein Magazin nannte „Deutschlands einzig wahre Punkband“ sind. Diese ganzen langweiligen, realitätsfernenund szenetauglichen Parolen liegen doch Bild- ZeitungsNiveau zugrunde und haben nichts mit Punk zu tun.
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und spielten immer öfters als Headliner auf Festivals in
Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und auch im Ausland wuchs der Bekanntheitsgrad. Das lag sicher auch
an den vielen positiven Kritiken in der weltweiten Fanzine
Szene. (Sogar Jello Biafra, * Dead Kennedys orderte die
erste Idiots EP, da wir öfters in den Top 5 des amerikanischen Maximum Rock`N`Roll Magazins waren.) Nicht nur
unsere Show bewegte die Leute. Nein, auch unsere Musik
brannte sich ins Herz, weil sie sehr rotzig und authentisch
klang. „E.D.E.K.A.“ war einer der früheren Idiots Songs.
„E.D.E.K.A.“ meine Übersetzung: „Ein Deutscher Esel
kauft alles!“. Der Esel ist Heute auch mein Bandlogo bei
Honigdieb. Empörung und Entsetzen waren für uns der
Alltag. Es waren auch oft andere Punk Bands, die von uns
schockiert waren, wenn wir zum Beispiel im Backstage
auf den Salat urinierten und eine spezielle Salatsoße
kreierten…(dabei werden doch Eigenurintherapien zur
Stärkung des Immunsystems empfohlen…).
Das war ein geiler Punk Schuppen, direkt in der Fußgängerzone der Dortmunder Innenstadt. Es gehörte wie
das „Che“ in Dortmund zu den Kultläden in Dortmund,
wie z.B. in Düsseldorf der „Ratinger Hof“ oder in
Duisburg das „Eschhaus“. In der Anfangszeit gab es noch
den „Keller“, das „Painthaus“ und den „Musikkeller“ in
Dortmund, wo Freaks und später die ersten Punks sich
amüsierten. Wir trafen uns aber auch in einer abgewrackten 5,- DM Puffkneipe, wo wir uns Sonntags trafen
und Plattenspieler und unsere Scheiben selber mitbrachten und Punk Partys feierten. Dort waren dann auch
die anderen Dortmunder Punk Bands wie „The Clox“,
„Modern Heroes“ (fr üher „The Neat“ und Andere). Das
war schon ein cooler Schuppen, vorne in der Kneipe, wo
Bilder mit Einschüssen an den Wänden hingen, ließen sich
irgendwelche Freier für 5,- DM einen blasen und hinten im
Hinterraum wurde gepogt. Ich erinnere mich noch, daß
der Kellner ein Glasauge hatte und daß er sehr skurril war.
Wie reagierten denn zum Beispiel deine Eltern
auf derlei Aktionen bzw. auf deinen Style, das
Szeneumfeld und die Musik? Ich nehme stark an,
daß es damals auch ernstere Konflikte zu Hause
gab?
Würdest du sagen, daß THE IDIOTS die erste
deutsche Punkband waren?
Meine Mutter zerschlug über 200 Kochlöffel auf mir, wobei
ich sie dabei noch anfeuerte. Dann gab es Fernsehverbot
und Hausarrest, was ich aber mit dem verlassen meines
Elternhaus schnell verabschiedete. Da war ich 13 Jahre
alt. Meine Eltern versuchten mir schon im 5. Schuljahr
den Umgang mit ein paar befreundeten Hippie- Freaks
vergeblich zu verbieten.
Wer waren denn deine musikalischen Helden in
deiner Jugend?
Anfang der ‘70er: Frank Zappa, Pink Floyd, ab Mitte
der ‘70er: Iggy Pop, Sex Pistols, T-Rex, The Slade, The
Damned, The Stranglers, The Clash.
1978 begann dein Weg mit THE IDIOTS. Wie kam es
damals zur Gründung von THE IDIOTS?
„The Idiots“ nannte ich nach der Iggy Pop Scheibe „The
Idiot“, die er mit David Bowie machte. Ich hatte schnell
bei meinen Schlagzeugexperimenten bei meiner ersten
Band „Kellergeister“ gemerkt: „Hey Hannes du mußt an
die Front! Du mußt singen!“. Schlagzeug war geil, aber
für mich zu passiv. Ich suchte bei meinen Freunden unter
den Punks nach Mit- Musikern und in vielen Städten stand
der Name „The Idiots“ schon an den Hauswänden und
Brücken gesprüht, bevor wir überhaupt einen Ton gespielt
hatten.
Bereits 1.979 habt ihr im Dortmunder Club „Tatort“
gespielt. War das eine Art Stammclub, in dem ihr
regelmäßig rumhingt oder gab es da andere Clubs/
Räumlichkeiten?
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Nein, wir gehören sicher zu den ersten deutschsprachigen Punk Bands und haben den Begriff „Deutsch Punk“
entscheidend mitgeprägt. Das „Haus der deutschen
Geschichte“ in Bonn hatte deswegen unsere Frühwerke
und Kleidungsstücke bei der Ausstellung „50 Jahre Musik
in Deutschland“ neben den Beatles und Elvis ausgestellt.
1981 wart ihr auf dem Sampler „HÄRTCORE“ mit
dem Song „S04 und der BVB“ vertreten, mit dem ihr
eine ziemliche Pionierstellung eingenommen habt.
Heutzutage sind Songs über Fußballspiele längst
salonfähig. Wie wichtig war dieser Sampler aus
heutiger Sicht für deine weitere Karriere mit THE
IDIOTS?
Der Samplerbeitrag war unsere erste Studioerfahrung.
Wir hatten glaube ich 1 Stunde Zeit und nahmen den
Song live auf. Das war wirklich Punk Rock pur. Einmal
rausgekotzt und festgehalten. Der Sampler steigerte
auch unseren Bekanntheitsgrad, aber die kurz später
unzähligen weltweiten Kassetten- Samplerbeiträge
machten viel mehr aus. Es gab eine wahnsinnig, große
weltweite Punk- Kassetten Tape Bewegung.
Mit der ersten THE IDIOTS 5-Track EP „S04 und
der BVB“ (erschien 1.982) begann der Reigen eurer
Veröffentlichungen. Diese EP wurde in Punkkreisen
Kult. Wie fühlte es sich für dich damals an die erste
eigene Platte in den Händen zu halten?
Ich bekam die EP`s damals aus Berlin, da ich vom damaligen befreundeten „Deutsche Trinker Jugend“ Manager
Ralf Rexin Unterstützung zwecks Pressung - Presswerk
bekam. Ich packte sie aus und es war ein echt cooles
Gefühl die erste eigene Single in der Hand zu haben und
das wurde dann gleich richtig begossen.
te. Er hatte offenbar die Text zeile „Kinderträume
in der Mauerstadt ...“ gehört und kam deshalb direkt vorbei, mit der Aufforderung ihm die Kassette
zu übergeben. Ich gab ihm letztendlich eine Phudys
Kassette und er kam nie wieder. Hast du in Zeiten
der beiden deutschen Staaten je Reaktionen aus
der DDR mitbekommen? (* ABV = AbschnittsBeVollmächtigte; eine Ar t „PseudoSheriff“)
Das Stück spielen wir heutzutage noch immer live und ist
eine Reminiszenz an Mittagspause. Später dann noch von
Fehlfarben und DAF gecovert. Das Stückt zeigt doch eher
Solidarität mit einer Minderheit und spricht sich gegen
soziale Ghettobildung aus. Aber um das zu verstehen,
muß man natürlich sein Hirn einschalten. Wir haben ja
sehr oft in Berlin gespielt und sind dann meistens mit
dem Zug durch die Zone gefahren und wurden halt
immer ordentlich von den Bewachern des Arbeiter- und
Bauernstaates gefilzt. Die wußten anscheinend nicht,
daß sie Staatsfeinde vor sich hatten?!
Faschismus gehört bekämpft, egal ob er von links, rechts,
oben oder unten kommt. Wir lassen uns seit 32 Jahren vor
keinen Karren spannen, egal, ob rot oder braun und genau
weil wir eben auf keiner Seite stehen, können wir auch alles
kritisieren und bekämpfen und sind weder auf dem linken
noch auf dem rechten Auge blind!
Und was bitte ist der Unterschied zwischen Faschismus,
Unrechtssystem usw.? Ich schreibe keine Bücher oder halte
Vorlesungen über diese Themen, ich verpacke meine politische
Meinung in 3 Strophen und brauche keine Worthülsen und
Schachtelsätze, um die Wahrheit zu sehen und zu sagen.
Doch kommen wir zurück zu dir. Magst du außer
Musik auch andere, kreative Ausdrucksformen,
wie zum Beispiel Malerei oder ähnliches?
Mit OHL, DER FLUCH und PROJEKT MENSCH bin ich
vollkommen ausgelastet.
Hattest du eigentlich je Bedenken, daß OHL zu
sehr / zu oft mißverstanden würden?
Einst warst du Redakteur bei RTL Ikone Hans
Meiser. Würdest dich als einen diskussionsfreudigen
Menschen bezeichnen?
Ich mag es anzuecken und sehe es als Bestätigung,
wenn sich die Blinden und Tauben aufregen. Bedenken
hätte ich nur, wenn meine Freundin einen meiner Texte
nicht verstehen würde…kam aber bisher noch nicht vor.
Du sagtest in einem Interview du wärest „radikalliberal“. Was genau verstehst du unter „RadikalLiberalismus“? Würdest du die bekannten OHL
Schlagworte „Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit“
damit verbinden?
In wie fern tun wir das? Nur weil wir beides verurteilen?! Es
gibt klare, in ihrer finalen Aussage, Parallelen im realen Kommunismus und im realen Nationalsozialismus. Aber um ehrlich zu sein interessiert es mich nicht, wer was über uns denkt.
In den ‘80ern hast du auch DER FLUCH gegründet,
die eher im Gothic Rock/ Horror Punk zu Hause
sind. Manchmal gab es sogar ähnlich stilistische
Songs unter OHL. War bzw. ist DER FLUCH eine
Art Gegenpol deiner Kreativität zu OHL?
Mit ähnlich meinst du bestimmt die einzige unpolitische
OHL „Jenseits von Gut und Böse“?! Es stimmt, daß DER
FLUCH schon recht wichtig für mich ist. Die Musik- und
insbesondere die Texte gehen halt in eine ganz andere
Richtung und bilden wirklich einen guten Gegenpol zu
OHL. Ich bezeichne das Ganze ja als „B-Movie Music“.
Absolut - allerdings lieber von Angesicht zu Angesicht.
Das hat allerdings weniger mit meinem Beruf, als vielmehr mit mir als Mensch zu tun. Ich bin offen, klar und
ehrlich, und stehe zu allem was ich tue.
Martin Büsser warf OHL einst vor ihr würdet
durch die Gleichstellung von Faschismus und Kommunismus die Einmaligkeit der Naziverbrechen zu
relativieren versuchen. Kann man deiner Meinung
nach Faschismus und Kommunismus überhaupt
gleichsetzen? Ich meine hieße eine gedankliche
Gleichstellung nicht, daß das Regime unter Hitler
dem Regime unter Ulbricht _ bzw. später Honecker gleichgesetzt würde? (ich persönlich halte beide Diktaturen für NICHT gleichstellbar- und halte BEIDE
Diktaturen, also sowohl Hitlers Reich, sowie die DDR für
UNmenschliche, menschenverachtende Systeme)
Par tei etc. von Vordenkern bestimmen läßt, oder weil er/
sie die Realität nicht sehen kann- oder will.
Das hat mal jemand über mich geschrieben und ich fand
das sehr kreativ und treffend. „Radikal“ darin, die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie weh tut. „Liberal“, weil ich
mich nicht als Extremisten, sondern als Realisten sehe.
Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit sind nicht nur die
Eckpfeiler bei OHL, sondern auch in meinem privaten
Leben und ich glaube, daß sich das gut mit „Radikal“
und „Liberal“ verbinden läßt.
Würdest du zustimmen, wenn man die OHL
Philosophie wie folgt umschreiben würde: „Halt die
Augen auf, um nicht beschissen und verarscht zu
werden!“?
Ich würde es eher in „ Halte die Augen auf, um die
Realität zu sehen“ abändern. Wer sich verarschen
läßt, trägt meistens selbst die Verantwor tung dafür.
Entweder, weil er/ sie sich in irgendeiner Szene / Kultur /
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Wie schwer war es für dich 1.986/87 OHL zum
Vorteil deines Studiums in Trier aufzulösen?
Wie man ja schon an unserem vier ten, eher persönlichem Album „Jenseits von Gut und Böse“ merkte, langweilte mich diese ganze Punkszene. Offiziell habe ich
OHL nie aufgelöst, aber es war wie eine Ruhephase in
der man Kraft sammelt, um danach noch stärker und
konsequenter seinen Weg mit OHL zu gehen. Also, war
das kein bewußter Entschluß, sondern einfach nur das,
was ich wollte.
In wie fern tangierte dich die Indizierung des
„Heimatfront“ Albums 1.987?
Das war ja dann 6 Jahre nach der Veröffentlichung noch
mal eine ganz nette PR. Ansonsten, war das ja ein Sturm
im Wasserglas und hat dann doch in der Punkszene eher
dafür gesorgt, daß man uns jetzt noch mehr liebte.
1.983 fanden in Hannover die ersten Chaostage
statt. Punks waren in damaligen Zeiten ja nicht
gerade beliebt im Kern der konservativen Gesellschaft. Wie hast du deine Wut damals kanalisiert,
abgesehen von THE IDIOTS? Und vor allem auf
wen- oder was hattest du damals Wut?
Ganz klar auf die verlogene Gesellschaft, die alles glaubt
und frißt was ihr vorgeworfen wird. Da flogen dann
schon öfters mal Steine oder Flaschen, wenn wir unseren
Unmut ausdrückten. Es gab auch Situationen, wo wir
Freunde wieder aus dem Polizeigewahrsam befreiten und
die Polizisten mit Hundertschaften die Flucht ergriffen.
Geht in etwa auf diese Zeit auch die Gründung von
„Idiots Records“ zurück? Zumal das Schweine-Logo
in diversen Figuren/Varianten ja bereits existierte?!
Oder würdest du sagen, daß der Idiots Mailorder
von 1.982 quasi die Mutter von Idiots Records ist?
1.985 hast du mit Dörfel von der Band Rimshout ein
Punkfestival „Punks für Aktion Sorgenkind“ für die
„Aktion Sorgenkind“, die vom ZDF gestützt wurde,
organisiert. Bei eurem Festival spielten Bands wie:
Ausbruch, Daily Terror, Rimshout, sowie natürlich
du mit THE IDIOTS. Auszüge dieses Festivals wurden
damals sogar im ZDF ausgestrahlt. Wo habt ihr das
Festival durchgezogen und welche Reaktionen gab
es damals darauf?
Das Konzert war ja auch wieder so eine Art Satire. Es
fand im Dortmunder FZW statt. Es gab viel Medieninter-
Klar der Idiots Mailorder war die Mutter von Idiots Records.
Mir war sehr schnell und früh bewußt geworden, daß
ich nur meine eigene Musik machen kann ohne jegliche
Kompromisse und dafür benötigte ich ein zweites Standbein. Deswegen machte ich auch meine Kaufmannslehre
bei Edeka, weil ich schon mit 15 Jahren wußte, daß ich einen
Plattenladen eröffnen werde. Das Schweine Logo war ja
von Anfang an bei den Idiots unser Symbol.
Bisher noch nicht. Vielleicht kommt das ja jetzt nach
deiner Veröffentlichung?!
Wie hast du die deutsch-deutsche Wiedervereinigung 1.989 erlebt und wahrgenommen?
Wie würdest du die damalige Punk Szene in Deutschland bzw. in Dortmund und Umgebung beschreiben?
Dieses Konzert kam zu Stande, da ich viel Post von The
Idiots Fans aus Südafrika bekam, die mir ihre unterdrückte Lebenssituation schilderten. Wir sollten auch mit den
Idiots in Südafrika auftreten. Dieses Angebot verneinten
wir aber, wegen des damaligen Menschen verächtlichen
Regimes dort.
Mit den Idiots haben wir in den ‘80ern durch unsere
musikalische Entwicklung mit Metal-Crossover HardcoreAttitüden stark das Zusammenwachsen von Metal und
Punk gefördert. Idiots Records war ein Punk und Metal
Shop. Dort trafen sich auch viele Bands. Es gab einen
regen Austausch. Die Punk- und Metal Szene inserierten
sich gegenseitig. Metalbands fingen an sozialkritische
Texte zu schreiben (weg von den Monster und Schlößer
Klischees) und Punkbands bauten Gitarrensolie in ihre
Songs ein.
Wer meine musikalische Geschichte ein wenig durchleuchtet, wird schnell merken, daß ich schon immer kreativ in
Bewegung war. So bauten wir, ich z.B. bei dem Idiots
Klassiker „Mädchen mit den roten Haaren“, in unserer LP
Fassung (1984) schon einen Rap Teil ein. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine deutschsprachigen Rap Bands.
Irgendwie war ich musikalisch der Zeit immer etwas
voraus. In den ‘80ern war ich sicherlich einer der Köpfe,
die den Begriff „Crossover“ entscheidend mitgeprägt
haben. Ich wollte neben den Idiots musikalisches Neuland
ergründen, um meine psychodelischen Emotionen und
Phantasien auszuleben.
Der Film war authentisch und gleichzeitig sicher auch
Satire, da er genau das Klischee der Gesellschaft widergespiegelt, aus welchen minimalisierten Blickwinkel sie
Punk sahen- oder sehen wollten.
Soweit du selbst in Interviews eingeräumt hast, hast
du damals begonnen täglich so um die 15 Flaschen
Bier und 1 bis 1½ Flaschen Fernet Branca zu trinken.
Mit anderen Worten du wurdest mit der Zeit
Alkoholiker. Was trieb dich damals zur Flasche?
Hautfarbe oft blutig prügelte und schikanierte; genauso
wie es in Amerika viele bekannt gewordene Fälle gab, bei
denen Polizisten Afro- Amerikaner schwer misshandelten)
Parallel zu THE IDIOTS hast du 1.986 die Crossover/
Indie-Rock Band PHANTOMS OF FUTURE, die zuerst „Hoeschcombo“ hieß, gegründet. Wolltest du
damals bewußt musikalisches Neuland ergründen
oder warst du mit THE IDIOTS einfach nicht mehr
ausgelastet genug?
1.984 erschien eure erste LP „They Call Us the
Idiots“, der 1.985 die 2- Track EP „Schweine ins Weltall/ Emmy oh Emmy“ folgte. In etwa in dieser Zeit
hast du mit THE IDIOTS einen etwas freakigen Low
Budget Kurzfilm gedreht, den ich bei YouTube.com
entdeckte. Aus heutiger Sicht könnte man den Film
fast schon als eine Satire ansehen?!
Nun es war die „No Future“ Zeit und die hatte etwas
sehr selbstzerstörerisches in sich. Alkohol unterstützte
dieses Gefühl. Irgendwann hatte er mich dann besessen
und er gehörte zum täglichen Geschehen. Später löste
ich mich dann von allen Drogen, da es nicht zu meiner
Lebensideologie paßt von irgendetwas besessen zu
werden. Zumindest mein Körper gehört mir!
Hat die Kauf hof-Kette eigentlich je versucht gegen
OHL zu klagen?
Unsere Punk- und Oi Szene war gut organisiert. Wir
hatten sogar eine eigene Fußballmannschaft: „Dynamo
Doppelkorn“. Wir waren mit vielen anderen Punks und
Skins befreundet und es herrschte ein reger Austausch.
esse und der Normalbürger fing an zu grübeln…
Wenig später hast du dich als Organisator / Initiator
auch an weitere Genre- übergreifende Veranstaltungen wie dem „Thrash Against Apartheid“ gewagt,
bei dem neben den Emils und THE IDIOTS auch
die Metalbands Darkness und Violent Force spielten. Das Ganze fand in der berühmt berüchtigten
Bochumer Zeche statt. Wie kamst du als Punk denn
generell mit den damaligen Metalheads klar? Und
was konntet ihr mit dieser Veranstaltung bewegen?
(* „Apartheid“ bedeutet so viel wie „Rassentrennung“
und wurde seit den ‘40er Jahren zum Beispiel in Europa,
Amerika und auch Afrika betrieben. Besonders in den
‘80er Jahren gab es immer wieder blutige Auseinandersetzungen, besonders in Afrika, wo man Afrikaner schwarzer
- 13 -
Erst 1.987 erschien die nächste THE IDIOTS LP „Cries
of the Insane“, die mit Songs wie „Selbstmord“,
„Tage ohne Alkohol“, „Nuclear War“ und „Edeka“
verschiedene Themen im Gepäck hat. Wie wichtig
waren dir die Songinhalte bei THE IDIOTS damals?
Meine textlichen Aussagen waren- und sind mir der wichtigste Bestandteil eines Songs!
Was empfandest du, wenn zum Beispiel „Mille“
Petrozza von Kreator mit einem THE IDIOTS Shirt
Konzerte geben sahst? Oder waren dir solcherlei
Ehrerbietungen relativ egal?
Ich fand es cool, da ich auch seine Band klasse fand. Aber
es gab einige bekannte Musiker, die The Idiots als ihre
Idole sahen.
Circa 1.987/88 hast du deinen Laden „Idiots Records“
in Dortmund eröffnet, der auch als Treffpunkt für
Musiker und Musikliebhaber eine Anlaufstelle wurde.
Wie schwer oder gegebenenfalls einfach war es
damals einen eigenen Laden zu realisieren?
Ich war gegen die “Wiedervereinigung“. Um es kurz zu
sagen, waren das weder meine Brüder - noch meine
Schwestern. Aber ich fand es toll, daß ein faschistisches
Unrechtssystem, von innen heraus gestürzt wurde.
Allerdings waren die Helden von einst, dann wie
zu erwar ten wieder die großen Verlierer und alte
Seilschaften und Konformisten haben profitier t.
Ich hätte es gut gefunden, wenn das System sich
erneuer t hätte und der Staat als solcher eigenständig
geblieben wäre – natürlich auch mit Unterstützung der
BRD.
Kannst du eigentlich irgendein Instrument spielen?
Wenn ja, welches?
Das kann man wirklich nicht als „Instrument spielen
bezeichnen“. Ich weiß wie die Stücke klingen müssen und
habe zum Glück einen Gitarristen, der mich versteht.
Mein damaliger Basser Dr. Saubermann, wollte mir
nach der „Heimatfront“ mal Gitarre beibringen. Hätte
ich damals geahnt wie lange OHL existier t, hätte ich
sein Angebot vielleicht angenommen.
Oft warst du auch als Gastsänger bei anderen
Bands zu Gast, zuletzt meines Wissens nach bei
der Punk Band ATEMNOT. Trotzdem heißt es,
daß du wenige Freundschaften zu anderen Bands
pflegst. Bist du von daher eher ein mißtrauischer
Mensch oder fehlt dir einfach nur die Zeit Freundschaften zu pflegen? (* Deutscher W. war auf dem
Atemnot Album „Unvergessen“; 2.010 erschiene; beim
Song „Kopf krieg“ am Mikro zu Gast)
Das hat weniger mit Zeit oder Mistrauen zu tun, eher
damit, daß mich nicht sonderlich viel mit anderen Bands
verbindet. Auch Heute gibt`s vielleicht nur `ne Handvoll Bands zu denen wir ein freundschaftliches Verhältnis
haben und auch das beruht dann meistens darauf,
daß wir mit den Jungs gut klar kommen und nicht
unbedingt auf deren musikalischen Ergüssen. The Other
sind richtige Freunde von mir, mit denen ich auch live
manchmal ein Stück singe.
Was hast du in den 6 Jahren musikalischer Pause
nebst Studium so gemacht? Hat dir die Musik nie
gefehlt?
In der Zeit nicht wirklich, aber wer weiß, was passier t
wäre, wenn mein Basser Egon Krenz damals nicht mit
seinem Bandprojekt Volkswiderstand sechs OHL Stücke
auf dem gleichnamigen Album gecover t hätte und wir
dadurch in Kontakt kamen...?!
Wir hatten ein sehr langes Telefonat, in dem er mich
fragte, ob ich nicht Lust hätte OHL wieder ins Leben zu
rufen? Er hätte Musiker für die es eine Ehre wäre, mit
mir Musik zu machen. Damals spielte er zusammen mit
meinem Drummer bei den Emils, wo es aber musikalische Differenzen gab. Es gab dann ein Emils Konzer t bei
dem die Jungs 3 OHL Stücke mit mir als Sänger spielten.
Ja und so ging´s dann in die zweite OHL Phase, die jetzt
schon wesentlich länger und erfolgreicher andauer t, als
die `80er OHL Jahre.
1.993 hast du OHL, sowie DER FLUCH, wiederbelebt. Was war der Auslöser weiterzumachen?
Die Nachfrage von Seitens der Fans?
Anfragen bzgl. OHL und DER FLUCH gab es immer
mal wieder und auch Labels boten mir an, bei ihnen zu
produzieren. Aber letztendlich war es einfach die Lust
wieder Musik zu machen.
Gehen dir nach nun schon 32 Jahren Karriere die
Fragen nach dem Standpunkt von dir bzw. OHL
nicht langsam gewaltig auf die Nerven? Wenn
nicht, wie hält man das Dauerfeuer aus, das größtenteils aus den Lagern der Extremisten und den
Medien kommt?
Wer sich ernsthaft, ehrlich und offen mit uns
beschäftigen will, dem beantwor te ich gerne alle
Fragen und bin auch bereit schon 1000 mal Gesagtes
zu wiederholen. Kleine Wichtigtuer bekommen von mir
allerdings auch „passende“ Antwor ten und die machen
mir manchmal noch viel mehr Spaß. Und was heißt
Dauerfeuer?! Wir haben einen starken und stabilen
Zuspruch und die paar Deppen, die uns versuchen in
irgendwelche Schubladen zu stecken, die sind doch das
Salz in der Suppe und erst recht motivierend mit OHL
auch noch weitere 32 Jahre verbrannte Erde zu hinterlassen.
Sicher gab es doch auch ab- und an Versuche
bestimmter linker oder rechter Organisationen
dich, deine Texte bzw. OHL allgemein für deren
Zwecke/ Ziele zu instrumentalisieren? Konntest du
diese Versuche bislang immer vereiteln?
Ich denke schon. Wir stehen doch wie keine andere
Band für offene und klare Wor te.
Bist du heutzutage noch fähig optimistisch zu sein,
wenn du den alltäglichen Wahnsinn via TV frei
Haus bekommst?
- 14 -
Klar, allerdings gibt es neben dem ganzen politischen
und religiösen Dreck, ja auch noch das soziale Problem
der „Verdummung“. Mir graut davor, wenn die ganzen
unterentwickelten Intelligenzen in 2020 ihre Dummheit
an die nächste Generation weiter gegeben haben.
Auf welche Songs, an denen du mitgewirkt hast,
bist du nach 32 Jahren musikalischem Schaffens
besonders stolz?
Stolz ist das falsche Wor t. Ich habe meine Favoriten. Bei
OHL wären das z.B.: „Der Preis der Freiheit“ und bei
DER FLUCH finde ich das aktuelle Album „Im Dorf der
Verdammten“ wirklich sehr stark. Aber bei etwa 250
Stücken kann ich da nicht wirklich drauf antwor ten.
Glaubst du, daß es heutzutage einfacher ist
indiziert zu werden? Ich denke da an Namen wie
zum Beispiel Rammstein oder auch Bushido, Sido...
Nein, ich glaube es ist schwieriger, da die „Reizschwelle“
einfach höher liegt.
Gibt es Musikstile, mit denen man dich eher los
wird?
Die ganze Black Music Scheiße wie Soul, R‘n‘B oder Hip
Hop.
Nenne doch bitte mal je 3 Alben pro Dekade, die
du in deiner privaten Sammlung NICHT missen
möchtest. Mit den ‘80ern beginnend bis Heute.
Das kann ich so nicht sagen. Ich kann dir mal ‘ne Top
Five erstellen.
1. Adver ts „Crossing the Red Sea“
2. Stiff Little Fingers „Inflammabel Material“
3. Joy Division „Unknown Pelasure“
4. Misfits „Walk among Us“
5. Chelsea „Chelsea“
Was glaubst du wäre aus dir geworden, wenn du
keine Musikkarriere gemacht hättest?
Ich bin ja mehr, als nur der Sänger einer Band und OHL/
DER FLUCH sind ja auch keine Fulltime Jobs. Aber ohne
meine Musik, kann ich mir mein Leben ehrlich gesagt
nicht vorstellen…vielleicht wäre ich Familienvater
geworden?
Am Anfang ab Feb. ‘87 hatte ich einen 15 Stunden Tag.
Ich veranstaltete noch Konzerte, spielte selbst in 2 Bands
(Idiots und Phantoms) und hatte dadurch 4 Proben in
der Woche und gab zwischen 80- 100 Auftritte im Jahr.
Zudem war ich für Konzert- Promotion, Plakatierungensowie für das Austeilen von Flyern täglich unterwegs.
Gab es damals, wie auch Heute, bestimmte Magazine,
mit denen du dich auf dem Laufenden gehalten hast?
Ich verkaufte und las´ auch das „Maximum Rock`n`Roll“,
den „Falschmelder“, „Trust“, „Scumfuck“ und das „Rock
Hard“ und noch einige andere Fanzines.
Mit der LP „Station of Life“ endete 1.989 der Weg
von THE IDIOTS. Was war der Grund, daß THE
IDIOTS aufhörten? Und wie gingst du mit dem Ende
von THE IDIOTS um?
Es gab für mich viele Gründe die Idiots zu beerdigen, aber
das zu erläutern würde ausarten und für viele Extraseiten
sorgen. Aber ganz klar ohne den Gründer, Kopf Sir Hannes
gibt es keine Idiots. (Ohne Motor fährt kein Auto)
Ein thematisch anderes Ende vollzog sich mit dem
Fall der Mauer 1.989. Wie hast du die Wiedervereinigung Deutschlands erlebt und was veränderte der
Mauerfall in deinem Leben?
…ich habe mich einerseits für die Menschen gefreut, die
endlich ein Gefühl von Freiheit entdeckten, auch wenn es
für sie nur kurzeitig war. Anderseits hatte ich kein gutes
Gefühl, da genau der Ausverkauf und das Überrollen der
Menschen dort passiert ist, was ich kommen gesehen
habe.
An was denkst du spontan zurück, wenn du an die
80er Jahre zurück denkst?
Sex and Drugs and Rock `n` Roll!
Direkt nach der letzten THE IDIOTS Platte erschien
1.990 (also 4 Jahre nach der Gründung) die PHANTOMS OF FUTURE Debüt CD „Cruel Times“. Rein
musikalisch schienst du gern den Entwicklungen
etwas voraus zu sein?! Gerade 1.990 war ein sehr
facettenreiches Jahr, was den Musik(er)markt und
angesagte Musikstile in Deutschland betrifft?!
1987 veröffentlichten wir schon ein 8- Track Demo Tape
von dem auch Songs auf unserem Debüt Album „Cruel
Times“ zu hören sind. Wir gehör ten sicher zu den ersten
Bands die mystischen Wave angehauchten Psychodelic
Rock mit Punk, Pop und anderen Stielen mixten. Von der
Show her hatten wir Elemente wie viele Bands wie Marilyn Manson oder Rammstein sie viele Jahre später benutzten. Ich sang z.B. in Feuerkäfigen, als böser Clown
geschminkt, sprang wie ein Löwe durch brennende Reifen ins Publikum, sang mit brennenden Händen und trat
als Nosferatu in dem Kult Stummfilm „Nosferatu“ mit
„Max“ Schreck auf, der auf Riesenleinwand zu unserem
Auftritt lief. Wir spielten praktisch in dem Film unseren
Gig. Was die Phantoms ausmachte, war daß wirklich
jeder Auftritt anders war, weil ich ein sehr spontaner
Mensch bin und jeweils die Kulisse, die Konzer thalle und
das Publikum in die Show mit einbaue. (Ok das war bei
den Idiots, Phantoms und ist auch beim Honigdieb so)
Leider wird bei 99% aller Bands alles bis ins Detail genau
geplant und runtergespielt. Kunst bedeutet für mich unberechenbar zu sein!
In etwa 1.992 müßte es gewesen sein, daß du das
„Café Banane“ aufgemacht hast. Um was ging es
dir konzeptionell beim Café Banane?
Das war im Mai 1992. Es diente als kulturelle Kombination
zu Idiots Records. Da viele Kunden von weiter her kommen, mittlerweile aus der ganzen Welt, wollte ich den
Leuten ermöglichen sich nach dem Plattenkaufen noch
gemütlich einen Kaffee oder Bier zu trinken und über
Musik zu philosophieren. Viele Musiker fanden für ihre
Bands die fehlenden Musiker und für sozial- schwache
Menschen gab es den einen oder anderen Rat.
Dort entstanden viele Freundschaften, es wurden Fahrgemeinschaften zu Konzerten organisiert, es fanden viele
Autogrammstunden von sehr vielen internationalen
Bands statt. Es gab regelmäßig einen Indie- und einen
Metal Abend. Ich verkaufte dort ganz bewußt keine
harten Getränke. Nach 13 Jahren gab ich das Café aus
Zeitgründen ab.
Laß´ uns nun einen kleinen Zeitsprung machen.
Nachdem weiteren EPs (*„Loco Poco“ EP ‘91; „This Flight
Tonight“ EP ‘94) - sowie das erste Full Length Album
(*„Chapter III - The Trance“ 1.992) von PHANTOMS
OF FUTURE erschienen waren, erschien Mitte der
90er die recht erfolgreiche EP „Call of the Wild“
(*1.995). Zum Song „Crackin` Up“ habt ihr sogar einen Videoclip gedreht. Stilistisch gab es satten ‚90er
Crossover mit Metal Nähe und leichten Hardcore
Elementen. Würdest du sagen, daß du musikalisch
immer auf der Suche nach neuen Stilen warst?
Nein auf der Suche nicht. Das liegt an meiner kreativen
Ader. Ich bin ein sehr offener Mensch, der immer in
Bewegung ist und reich an Phantasie, Musik und Poesie
(das behaupten meine engen Freunde von mir). Zu
meinem Ideenreichtum dienten sicherlich auch meine
vielen Reisen und meine große Freude an der Literatur.
Die „Eule“ stand symbolisch eng mit PHANTOMS
- 15 -
OF FUTURE in Verbindung. War die Eule just ein
Bandlogo oder stand hinter eine tiefere Verbindung
hinter dieser Eule?
Die Eule war unser Bandlogo. Sie ist, wie wir, nachtaktiv,
schlau und unberechenbar.
An was denkst du spontan, wenn Du an die ‘90er
Jahre denkst?
Oh Gott, das war die schreckliche musiklose Techno- Zeit.
Zum Glück entstanden in den 90ern noch Bands wie:
Temple of the Dog, Pearl Jam, Soundgarden, Mother Love
Bone, die den Musikstil „Grunge“ erfanden.
Bis 2.000 habt ihr noch 3 weitere Alben (*„Chimera“
1.996; „Tie Me Up“ 1.998; „Inside Outside“ 2.000)
herausgebracht. Was amtliche Zeugnisse für kreativen In- und Output sind. Was führte letztlich nach
über 800 (!) gespielten Konzerten zum Ende der
PHANTOMS OF FUTURE?
Ich bin ein Mensch, der immer in Bewegung ist und für
meine Kunst und für meine Lebensideologie immer neue
Ausdrucksmöglichkeiten benötigt. Bei den Phantoms
stimmte für mich in den letzten Jahren des Bestehens
nicht mehr die Chemie innerhalb der Band. Dazu kam,
daß ich gemerkt habe, daß viele Leute die englischen
Texte nicht verstehen, und es für mich eine neue Herausforderung war wieder in Deutsch zu singen. Dann wollte
ich lebensbejahende Musik verkörpern, die den Leuten
Spaß und Energie vermittelt, aber gleichzeitig mit einem
Augenzwinkern zum Nachdenken anregt. Die Phantoms
waren sehr mystisch angelegt mit einem Sex & Drugs
& Rock‘n‘Roll- Touch, das paßte nicht mehr zu meinem
Lebensgefühl und daher brauchte ich eine neue Plattform
für meinen Ausdruck.
Viele Dinge änderten sich mit den Anschlägen auf
die World Trade Center Twin Towers in New York,
im September 2.001. Wie hast du dieses geschichtlich tief einschneidende Ereignis erlebt? Und haben
die Anschläge auch etwas in dir bewegt oder gar
verändert?
Ich war mit meiner Sonne, meiner Frau bei Ikea und dann
sahen wir auf einem Bildschirm das Einstürzen der Towers.
Mir kam es erst unreal vor, wie ein Godzilla Film. Als wir
dann sahen, daß Menschen aus den Fenstern sprangen
waren wir schon richtig geschockt. Ich habe mich später
sehr viel mit diesem Anschlag beschäftigt und muß sagen,
daß die eigentliche Wahrheit, die wie immer vertuscht
wird, so eklig und menschenverachtend ist, daß ich gewisse Dinge Heute lieber gar nicht mehr wissen will, da
ich sonst...! Leider ist alles sehr korrupt und verlogen und
wer zu viel weiß, bekommt seinen Preis…das war im Mittelalter schon so und ist immer noch so. Brot und Spiele!
Ich möchte die Werke von PHANTOMS OF FUTURE
Was war bisher der größte Moment in deinem
Leben?
Da gibt es zum Glück mehr, als nur einen. Allerdings
haben die Wenigsten mit der Musik zu tun.
Würdest du sagen, daß du mit OHL auch versucht
hast die geschichtliche, deutsche Vergangenheit
zu verarbeiten? Ich denke da unter anderem zum
Beispiel an das Album „Das 7. Zeichen“.
Meinst du das Stück „Helden für immer“ und das darin
thematisier te Hitlerattentat? Wir haben ja diverse Stücke über das 3. Reich geschrieben, allerdings mußte
ich die Vergangenheit nie verarbeiten, das waren / sind
einfach Themen, die mich interessieren.
Gab es je Überlegungen eine Art autobiographisches Buch oder eine DVD über den wirklichen
Lauf der Dinge um dich- und OHL / DER FLUCH zu
veröffentlichen oder ist es okay so wie die Würfel
liegen?
Du kannst ja mal Eine schreiben. Ich bin recht zufrieden
mit unserer Position und damit, daß wir schon zu unserer
aktiven Zeit eine Spur hinterlassen haben. Zumal OHL
noch nie so aktiv war wie zur Zeit, kannst du da noch
einiges erwar ten.
Letzte Frage: Wo siehst du dich in 5 Jahren?
Nach 32 Jahren, sind 5 Jahre ja nur ein kleiner Zeitsprung.
Ich denke mit OHL werden wir dann ein oder zwei
weitere Alben veröffentlicht haben, mit DER FLUCH zum
7. oder 8. Mal auf dem WGT in Leipzig gespielt haben
und vielleicht auch mehr als nur ein PROJEKT MENSCH
Album auf dem Markt sein wird. Privat werde ich dann
wohl weiterhin mein Geld im TV Business machen und
eine faszinierende und schöne Frau an meiner Seite
haben.
www.o-h-l.com
www.facebook.com/ohl1980
www.myspace.com/derfluch1981
www.facebook.com/pages/DERFLUCH/153505188062630
DISCOGRAPHY
D E U T S C H E R W.
DISCOGRAPHY - DEUTSCHER W.
+++ OHL +++
1980
1981
1981
1981
1982
1982
1983
1983
1983
1986
1993
1994
1994
1996
1996
1997
1998
2002
2003
2005
2005
2006
2009
2013
Klänge des Widerstands (Demokassette, 2004 auf LP wiederveröffentlicht)
Oberste Heeresleitung (EP)
Live (EP; enthält Studioaufnahmen, keine Livestücke)
Heimatfront (indiziert)
Die Deutschen kommen (Samplerbeitrag, indiziert)
1000 Kreuze
Oktoberrevolution
Verbrannte Erde
The Kids Are United (Split-EP mit The Skeptix)
Jenseits von gut und böse
Die Auferstehung (enthält Neuaufnahmen alter Stücke und neue Songs)
Alptraummelodie 2 (Samplerbeitrag)
Das 7. Zeichen
Die Stunde der Wahrheit
Spionage/ Die kleine Stadt (Single)
Im Westen nichts neues (2CD, enthält nahezu alle Studioaufnahmen
der 1980er Jahre)
Blitzkrieg
Wir sind die Türken von Morgen (enthält einen Großteil des Albums Heimatfront, die zwei ersten Singles + ein unveröffentlichtes Bonusstück)
Zurück zur Front
Live in Wien 2004 (PicLP)
Heimkehr (Live)
Feindkontakt
Krieg der Kulturen
Freier Wille
Was ist denn Durchbruch? Von den Bands, die den
sogenannten kommerziellen Durchbruch geschafft haben,
bekomme ich meistens nur Durchfall. Wer sich ernsthaft
mit Musik beschäftigt, kennt- und kannte die Phantoms!
Wir waren in den DAC (Deutsche Alternative Charts) in
den Top 5 vor Nirvana und Metallica. Unser Song „Sun“
wurde in fast jeder Rock Disco in Europa gespielt und
sorgte für volle Tanzflächen. Wir hatten Sondersendungen
bei Viva und waren in den Top100, spielten viele Festivals
als Headliner vor über 15000 Zuschauern und konnten
10 Jahre sehr gut von unserer Musik leben und das ohne
irgendwelche Kompromisse. Außerdem tourten wir mit
unseren Kindheitsidolen wie Iggy Pop, Sex Pistols, The
Stranglers und vielen anderen… Wir machten Weihnachten 2001 unsere beiden Abschiedskonzerte und im Januar
2012 spielten wir schon den ersten Honigdieb Auftritt.
Ich hatte parallel zu den Phantoms schon lange an den
Songs und an dem Konzept vom Honigdieb gearbeitet.
Soweit ich einigen Interviews entnehmen konnte,
hast du ziemlich viele Auditions abgehalten, bevor
das HONIGDIEB Line Up stand. Somit hast du offenbar bewußt nichts dem Zufall überlassen. Wie wichtig
ist neben dem musikalischen Können der Sympathiefaktor zwischen dir und deinen Bandkollegen?
+++ DER FLUCH +++
Mit Leuten, die mir unsympathisch sind, kann ich nicht musizieren. Es gibt Zeiten, da verbringt man mehr Zeit mit
seinen Mitmusikern, als mit seiner Familie. Daher hat man
schon eine sehr enge Beziehung zu seinen Bandkollegen.
1982
1982
1994
1996
1998
2000
2002
2007
2008
In einem Interview sagtest du, daß du mit HONIGDIEB bewußt Schlager parodierst und dir quasi
einen Spaß daraus machst, wenn ihr zum Beispiel
in China auf Tour seid und du Sätze wie: „Wer
ficken will, muß freundlich sein...“ oder auch: „Wann
machen wir mal wieder Telefonsex“ singst und dazu
3000 Chinesen mitklatschen wie in der alten ZDF
Hitparade. Würdest du sagen, daß das deine Art
von „Punk im neuen Jahrtausend“ ist?
Der Fluch
Die Gesandten des Grauens (Single)
Für immer
Im Feuer der Liebe
Verlorene Seelen
Sünde
Die Nacht des Jägers
Geschichten aus der Gruft
Im Dorf der Verdammten
+++ PROJEKT MENSCH +++
www.Projekt-Mensch.org
www.facebook.com/pages/PROJEKTMENSCH/164501300273355
keineswegs schmälern (zumal ihr mit PHANTOMS
OF FUTURE für meine Begriffe ziemlich unterbewertet wurdet und euch der große Durchbruch
verwehrt blieb), jedoch möchte ich jetzt mal auf
deine aktuelle Band HONIGDIEB zu sprechen kommen. Veröffentlichungsmäßig dauerte es 3 Jahre bis
man via HONIGDIEB wieder von dir hörte. Wann
begannst du mit HONIGDIEB? Und was hast du in
den 3 Jahren sonst noch gemacht? Hast du dir quasi
eine kreative Auszeit gegönnt?
2011 Seelenfeuer
Fotos: © Privatarchiv Deutscher W./ Bandarchiv OHL
- 16 -
Klar! Die stupiden 3 Akkorde Songs mit Scheiß Staat,
Scheiß Bullen sind schon lange überholt und langweiligen
mich. Dafür ist es für mich auch wichtig Leute mit meiner
Message zu erreichen, die sonst keinen Zugang dazu finden würden.
Bereits die zweite Veröffentlichung - die 2003er EP
„Madame“ und der dazugehörige Videoclip bringen
die Ausrichtung von HONIGDIEB ziemlich gut auf
den Punkt. Wie entstehen Songs wie dieser zum
Beispiel?
Jeder Song entspringt durch gewisse Lebensereignisse und
Einflüsse. Ich erlebe etwas und in meinem Kopf entwickeln
sich dazu Melodien, Bilder und Texte, die ich dann aufschreibe und auf ein Diktiergerät festhalte. Später arbeite
ich täglich an den Ideen, forme sie bis sie zu einem Song
ausreifen. Zum Abschluß treffe ich mich dann meistens in
Köln mit dem Honigdieb Gitarrist Stefan und wir arrangieren den Song so weit, daß wir ihn mit der ganzen Band
nach meinen Vorstellungen auf den Punkt bringen.
Als recht „unüblich“ könnte man eure dritte Veröffentlichung „Einzig, aber nicht artig“ (*2.004) bezeichnen, zumal ihr zur CD eine DVD dazu gepackt
habt, was ziemlich früh für eine neue Band ist. Oder
habt ihr euch einfach nur der Zeit angepaßt, in der
quasi jede zweite Band eine DVD herausbringt?!
Unsere Honigdieb Freunde wollten gern ein paar Honigdieb „China Live Impressionen“ sehen und für die Leute,
die uns noch gar nicht live erlebt haben sollte es als
Appetizer dienen.
Mit dem Titeltrack vom im Moment aktuellen Album (* Stand Februar 2.011) „Seelentropfen“
(*erschienen 2.007) erscheinen mir die Songtexte um
Nuancen tiefsinniger geworden zu sein. Würdest du
sagen, daß du in Anbetracht der ziemlich extremen,
überreizten Zeiten dementsprechend „natürlich“
mit mehr Nachdenklichkeit reagierst?
Nein, wer die drei Honigdieb Alben kennt, weiß daß es von
der ersten bis zu dritten Platte viele tiefsinnige Nuancen
gibt. Z.B. vom ersten Album „Tag ohne Schatten“: „…
losgelöst von den Ketten, losgelöst von der Zeit, des
Robotordaseins, der Alltagsmanege – Es ist ein Tag ohne
Schatten –der erste Tag ohne Sklaverei – ab heute beginne ich zu leben…Ich werde frei wie ein Vogel sein…“
Oder „Sei wie Du bist“, „…denn nur so wie Du bist da
bist Du gut…lebe Deine Wünsche und lebe im Jetzt, folge
Deinem Herzen komm hab`den Mut“. Das geht weiter bei
den Songs „Kannst Du was – bist Du was“ oder Clown
oder König“.
Beim zweiten Album „Einzig, aber nicht artig“ geht meine
ironische - gesellschaftliche Kritik weiter: z.B. der Song
„Überholspur“: „…Scheiße am Stock ist auch eine Blume,
der Jahrmarkt des Grauens steht direkt vor Deiner Tür…“
Du nutzt HONIGDIEB auch bewußt, um Organisationen wie Greenpeace oder auch World Society For
The Protection Of Animals zu unterstützen. Wie
glaubst du kann der Einzelne heutzutage in Sachen
Tier- und Umweltschutz aktiv etwas tun? Ich denke
- 17 -
da zum Beispiel an Mülltrennung, Heizung mal einen
Grad weniger aufdrehen oder auch Boykott von
Plastikeinkaufstüten... oder bringt das alles nichts,
sondern suggeriert nur ein falsches Bewußtsein?
Nun ich bin seit über 20 Jahren Vegetarier, benutze in
meinem Laden von Beginn an nur Öko Plastiktüten, die
verbrennbar ohne Giftaussetzung sind, und lebe den
Kunden vor unsere Stoffbeutel zu benutzen.
Im Privaten lebe ich in einem Holzständerfachwerkhaus,
welches sich in Europa als einziges Haus ein Gesundheitshaus nennen darf, da es den niedrigsten Energieverbrauch hat. Mit meinem Wasser- und Stromverbrauch
gehe ich auch sehr sensibel um, da ich mir immer vor
Augen halten muß, wie viele Menschen nichts zu trinken
haben oder jeden Tag kilometerweit laufen müssen, um
etwas Wasser zu bekommen. Natürlich beziehe ich meinen Strom und Gas für meinen Laden und auch privat
von Ökoanbietern.
Ich liebe die Tiere mehr als die Menschen, da sie rein,
ehrlich und treu sind! („Ich geh´ so gern als Nackedei –
niemals Habich ein Pelz dabei…“ Textauszug Honigdieb)
Wir haben mit dem Honigdieb auch schon ein BenefitsKonzert für ein Tierheim gespielt.
Gibt es im Moment bereits Planungen für ein
weiteres HONIGDIEB Album? Sofern ja, kannst du
schon etwas darüber sagen?
Ja, die Texte und Songs für das 4. Honigdieb Album sind
komponiert und müssen mit meiner Band noch arrangiert werden. Im Laufe des Jahres, spätestens im Januar
2012 werden wir das neue Album im Studio aufnehmen.
Musikalisch, setzen wir die Honigdieb Tradition fort. Musik
ohne Grenzen – völlig anarchisch. Alles ist möglich! Alles
ist erlaubt! Textlich bin ich immer noch der Eulenspiegel in
der Computerzeit. Frech, frivol, lyrisch, sowie ironisch und
charmant. Das Album wird „A.N.G.E.L.A.“ heißen. (kleiner
Spaß – Titel ist noch in Arbeit) („Du bist ein Arschgedeih
– Arschgedicht. Du trägst Deine verlogenen Hämorriden
im Gesicht. Du bist die A.N.G.E.L.A. – Angela aus dem
wilden Osten klar…Angela - Atomkraft ist für alle da!
Atomkraft hin – Atomkraft her – Fische mit drei Köpfen
schmecken umso mehr“)
Welche gravierenden Veränderungen durch technische Neuerungen hast du als Ladenbesitzer und
Platten bzw. CD Verkäufer wahrgenommen. Stören
dich zum Beispiel Formatneuerungen wie MP3, MP4,
Blue Ray etc. oder versuchst du diesbezüglich selbst
mit der Zeit zu gehen?
Ich freue mich riesig darüber, daß bei mir im Laden die
Nachfrage nach Vinyl sich verdrei- oder vervierfacht hat.
Schallplatten sind für mich auch noch echte SammlerKultur-Güter. Sie klingen für mich auch viel authentischer
und nicht so steril. Ich selbst besitze auch weit über 1000
Stück. Wenn man im Studio analog auf 24 Spur aufnimmt,
klingt es natürlich und auch viel wärmer, als die glatten
Digital- Produktionen. Ich habe mich bei meinen eigenen
Aufnahmen ob Idiots, Phantoms oder auch Honigdieb nie
wegen den enorm höheren Studiokosten gesträubt. Mit
MP3 und dem ganzen Rotz kann ich nichts anfangen und
ich ignoriere das.
Hast du manchmal auch Wege von Kollegen, wie
zum Beispiel von Karl Nagel mitverfolgt? Ich frage,
weil ich gewisse Wegparallelen zwischen euren
Wegen sehe...
Wir hatten in den ‘80ern mehr Kontakt und auch gemeinsame Konzerte. (Idiots und geteilte Köpfe) Er war- und ist
ein sehr kreativer Mensch und gehört zu den Leuten, die
wirklich immer in Bewegung sind. Es gibt viele, denen wurde statt einer Frikadelle eine Kulturmedaille verliehen…
Karl Nagel ist Kultur!
Gibt es auch Musik(en), die du gar nicht ertragen
kannst?
Techno, Schlager. Für mich muß Musik mit Instrumenten
handwerklich gemacht sein, wobei man die Instrumente
auch mit dem Mund bzw. mit der Stimme imitieren–
kreieren kann. Musik muß für mich Gefühle und Emotionen
erzeugen.
Bist du in irgendeiner Form religiös?
Ich versuche im Einklang mit dem göttlichen Universum zu
leben. Ich glaube an Gott, gehöre aber zu keiner religiösen
Einrichtung oder Institution. Ich bin mit 14 Jahren aus der
Kirche ausgetreten. „...Mein Hund ist Gott, der Kaktus ist
Gott und der Esel im Galopp – Lebe Deine Wünsche und
lebe im Jetzt. Liebe Deine Schmerzen und folge Deinem
Herzen. Ich bin Gott! Er, sie es ist Gott!“ (Textauszug vom
Honigdieb - „ICHGOTT“)
‘90er:
‘00er:
- Phantoms of Future „Cruel Times“,
- Phantoms of Future „Loco Poco“,
- Pearl Jam „Ten“.
- Bolt Thrower „Those Once Loyal“,
- Honigdieb „Sei wie Du bist“,
- I „Between Two Worlds“.
Abschlußfrage: Wo siehst du dich in 5 Jahren?
Ich lebe im Jetzt!
Nenne doch bitte mal je 3 Alben pro Dekade (aus
den ‘80ern, ‘90ern und der ersten Dekade der
2000er), die du NIEMALS missen möchtest.
Tausend Dank Hannes für deine Unterstützung und deinen ausführlichen Beitrag zu diesem Buch!
Viel Erfolg weiterhin!
‘80er:
www.idiots.de
www.honigdieb.de
- Slayer „Reign in Blood“,
- The Idiots „Cries of the Insane“,
- Dead Kennydys „Fresh Fruit for Rotting
Vegetables“.
Foto „Hannes früher“: Privatarchiv Sir Hannes Smith ©
Foto „Hannes_1“ (aktuell): Benito Barajas ©
Foto live (Coverfoto): Privatarchiv Sir Hannes Smith ©
DISCOGRAPHY
SIR HANNES SMITH
DISCOGRAPHY - SIR HANNES SMITH
+++ THE IDIOTS +++
Wie definierst- und lebst du für dich den Begriff Punk?
Punk ist für mich ein Lebensgefühl, ein Herzschrittmacher, der für Individualität, Kreativität und Selbstverwirklichung schlägt. Ein Gegenpol gegen jede Art
von Schubladendenken, Engstirnigkeit, Korruption,
Unterdrückung, Respektlosigkeit. Genauso gehört für
mich dazu, anders zu sein und Andersartiges zu respektieren, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen und über
sich selber lachen zu können. Nicht käuflich zu sein und
keine Werbeverträge mit Alkoholfirmen abzuschließen,
wie es z.B. eine Möchtegern- Punk Band mit Kirmeshosen
seit Jahren macht und dabei ihre teilweise 9- 14jährigen
Fans zum Alkohol animiert und dabei völlig ihre Verantwortung vergißt. Das ist genauso wie vor jedem Fußball
Länderspiel „Keine Macht den Drogen!“ –das Spiel wird
gesponsert von Krombacher…da wird den Kids schon
von klein auf eingeimpft zum Fußball gehört Alkohol. Das
finde ich von unserem Staat sehr kriminell und verlogen
und von Bands, die selber schon arge Probleme damit
hatten genauso unglaublich makaber. Ich hatte auch in
meiner musikalischen Laufbahn Angebote von Brauereien und Zigarettenfirmen, habe sie aber sofort ablehnt.
Nun klar, ich habe in meinem Leben auch wirklich sehr
exzessiv gelebt, mir wurde öfters der Magen ausgepumpt
und ich wurde wiederbelebt, (etliche frühere Punk- und
Skin Freunde sind schon im Nirwana) aber man muß ja
nicht unbedingt anderen vermitteln ohne Alkohol und
Drogen ginge es nicht. Sich selbst treu bleiben und im
Jetzt zu Leben!
1982
1984
1985
1987
1989
2012
S04 und der BVB (5 Track EP)
They call us the Idiots (LP)
Schweine ins Weltall/ Emmy oh Emmy (EP)
Cries of the Insane (LP)
Station of Life (LP)
Heavy Metal Psycho Punk
+++ PHANTOMS OF FUTURE +++
1987
1990
1991
1992
1994
1995
1996
1998
2000
Demo
Cruel Times
Loco Poco
Chapter III - The Trance
This Flight Tonight (Live CD)
Call Of The Wild (EP)
Chimera
Tie Me Up
Inside Outside
+++ HONIGDIEB +++
2003 Sei wie Du bist
2003 Madame (EP)
2004 Einzig, aber nicht artig (CD + DVD)
2007 Seelentropfen
2012 Mein Hut hat keine Ecken
(* Das Album „Mein Hut hat keine Ecken“ sollte laut Hannes selbst ursprünglich
„A.N.G.E.L.A.“ heissen)
- 19 -
ALEX SCHWERS (HASS/SLIME)
WOLFGANG „FOX“ FUNKHAUSER
„Draußen Staat und Bullen,
„Wenn es nicht aneckt, hat es kaum Bedeutung.“
Es gibt Musiker über die man nicht gerade viel in Erfahrung bringt, bei denen
aber ihr Weg- und die damit einhergehenden Kollaborationen quasi selbstredend sprechen. Alex Schwers ist einer jener „Musikverrückten“. Es scheint, als
gäbe es für ihn keine Grenzen, was das musikalische Wirkungsfeld betrifft, dennoch blieb er sich selbst stets treu und zog sein Ding mit dem nötigen Quänt-
chen Humor durch. Nicht ganz nebenher ist er mittlerweile Drummer bei
SLIME und zudem auch Veranstalter des „Ruhrpott Rodeo“ und des „Punk im
Pott“ Festivals. Nahezu logisch also, daß ich mehr als gespannt war, was ALEX
SCHWERS im Rundumblick auf Vergangenheit, Gegenwart_ und Zukunft so
zu erzählen hätte...?!
Hallo Alex, willkommen im Buch
SCENE MADE - Vol. I. Laß´ uns mit
der obligatorischen Einstiegsfrage
beginnen: Wo und wie bist du aufgewachsen?
Wie kamst du zu deinem ersten
Instrument? Hast du dir das mühsam erspart oder geschenkt bekommen?
Hallo Danny, ich bin im Ruhrgebiet
aufgewachsen, genauer gesagt in
Gladbeck, als jüngstes von 3 Kindern
einer Beamtenfamilie in einem Eckreihenhaus mit Gar ten.
Gab es in deiner Kindheit irgendeine
Art musikalischer Vorprägung - bzw.
ein wegweisendes, musikalisches
„Erlebnis“? Bezogen auf Letzteres:
wenn ja welche Band(s)-/welche(r)
Song(s) war das?
Klar, in meiner Kindheit gab es ständig
musikalische aha Erlebnisse. Der erste
Song auf den ich abgefahren bin war
„Matador“ von Garland Jeffreys, da
muß ich so 5 gewesen sein. Meine
Oma hatte die Single und ich bin über Tische und Bänke
gesprungen. Später stand ich dann mal auf Marius
Müller Westernhagen, das war so zu der Zeit als „Das
Herz eines Boxers“ rauskam, da war ich glaub ich 10. Da
war ich dann auch mal mit meiner Mutter beim Konzer t
und fand das total steil. Kurz danach war ich Fan von
Grandmaster Flash und der Rocksteady Crew und bin
ein Jahr lang als Break Dancender Roboter durch die
Welt gelaufen. Irgendwann hab´ ich dann Led Zeppelin entdeckt, obwohl das ja zu der Zeit schon ein alter
Schinken war. Mit Punkrock kam ich so mit 14 Jahren
zum ersten Mal in Berührung. Das waren dann am Anfang die Sex Pistols und Black Flag.
Gab es innerhalb deines familiären Umfeldes künstlerische Einflüsse?
Nö, meine Mutter hat ihr Leben lang beim Spülen Simon &
Garfunkel und Demis Roussos gehört, das wars auch schon.
drinnen Freiheit und Selbstverwirklichung.“
Soweit ich mitbekam spielst du ja nicht nur Schlagzeug, sondern kannst offenbar auch Bassgitarre
spielen?! Was war denn dein erstes Instrument, das
du gespielt- und gelernt hast? Wenn möglich nenne
doch bitte auch das Model mit dem du anfingst...
Mein erstes Instrument war Trompete. Model weiß ich
nicht mehr. Da hab´ ich auch als Kind schon im Orchester auf Schützenfesten usw. gespielt. Der Schlagzeuger
in dem Orchester war damals ein ziemliches Tier. Der
war auch schon einige Jahre älter. Da hab ich dann oft
nur so getan als würde ich mitspielen und hab´ zu ihm
rüber geschielt. Ich glaube das war mein erster Kontakt
zum Schlagzeug, irgendwann war klar, daß ich das machen muß. Ich hab´ dann noch ein paar Jahre Klavierstunden genommen, weil ich mal Musik studieren wollte,
daraus is aber nix geworden. Gitarre und Bass hab´ ich
erst so mit 20 angefangen.
- 20 -
Mein erstes Schlagzeug hab´ ich mir
von dem Geld, das ich zur Kommunion bekommen habe, gekauft.
Das ist eine ganz lustige Geschichte.
Meine Mutter ist katholisch und mein
Vater evangelisch und ich bin als Kind
evangelisch getauft worden. Da ja
die evangelische Konfirmation ein
paar Jahre später ist, als die katholische Kommunion, mußte ich irgendwie katholisch werden. Also hab ich
meinen Eltern erzählt, daß ich ja sooo
total an die katholische Scheiße glaube und durfte schließlich den Glauben
wechseln. In einer atemberaubenden, kirchlichen Zeremonie wurde
ich schließlich katholisch und konnte
direkt an der Kommunion teilnehmen.
Das Geld, was ich dann bekommen
habe, reichte auch für ein nettes Drumset aus. Ein paar
Jahre später bin ich dann übrigens komplett aus der
Kirche ausgetreten.
Gab es musikalische Vorbilder / Idole in deiner Kindheit / Pubertät, die dich vielleicht sogar bei der
musikalischen Entwicklung beeinflusst haben?
Klar, unzählige. Als Schlagzeuger hat mich John Bonham
von Led Zeppelin sehr geprägt, Chuck Biscuits (D.O.A.;
Black Flag; Danzig und andere), Phil Rudd (AC/DC) und
Buddy Rich (unter anderem: Louis Armstrong; Miles Davis; Bird and Diz) haben auch ihre Spuren hinterlassen.
Generell als Musiker haben mich auf jeden Fall Joe Jackson, Udo Lindenberg, Jello Biafra (Dead Kennedys), Bon
Scott (AC/DC) und tausende mehr beeinflusst (bei Joe
Jackson meinte Alex einen englischen Blues Musiker, nicht
Michael Jacksons gleichnamigen Vater).
Fox lernte ich durch Zufall oder um es genauer zu formulieren durch die Berliner Band „Zerfall“ kennen. Zerfall ist eine Band, die eng verbunden mit den
„Blauen Möwen“ (* auch aus Berlin) irgendwann zwischen 1.983 und 1.985 in der
Punk Szene Ost- Berlins für Furore sorgten. Fox, damals selbst Punk, besuchte
Ost- Berlin in jenen Tagen sehr oft, lernte ZERFALL und deren Umfeld kennen
und dadurch entstand eine tiefe Freundschaft zur Band und deren Umfeld. Diese
Freundschaft ging so weit, daß Fox selbst ziemlich viel riskierte und damals
existierende Aufnahmen von Zerfall einige Male in die BRD schmuggelte. Nur
um die Tragweite dieses Risikos auch nur ansatzweise bewußt zu machen: Zerfall
hatten damals bereits Songs wie „Besatzer raus!“ (* „Besatzer raus!“ richtete
sich gegen die Besatzungsmächte, vor allem gegen die damals in der ehemaligen
DDR- ansäßige Sowjetarmee), „Bullenherden“ und andere im Set. Wären diese
Songs den Organen der DDR- Staatsmacht in die Hände gefallen, hätte dies´
mit nahezu 1000%iger Sicherheit längeren Gefängnisaufenthalt für die gesamte Band Zerfall und möglicherweise sogar für deren Umfeld bedeutet. Das
allein ist schon Grund genug, um Fox innerhalb dieses Buches zu interviewen.
Hallo Fox, Willkommen im
Buch SCENE MADE - Vol. I.
Umreiße den Lesern doch
bitte mal wo und unter welchen Gegebenheiten du aufgewachsen bist?
wandter eines türkischen Arbeitskollegen
in Berlin mit einem Namensschild zu mir
und meinte: „Wenn du Türke wärst, würdest du Orhan heißen!“. Noch Heute
antwor te ich auf die Frage nach meinem
Namen durch Türken: „Ich heiße Orhan.“
Die Russen nennen mich Makari, was soll´s...
(* grinst)
Mit 15 fing ich auch einen Schülerjob bei McDonalds an. Dort traf sich die einschlägige
Szene von Wiesbaden. Da ging´s ab.... Später ging ich dann auch in verschiedene Diskotheken. Da waren auch G.I.´s (*so nannte
man amerikanische Soldaten im Volksmund).
Ich fing mit illegalem Zigarettenhandel an,
da die Amis diese steuerfrei kauften- und
verkauften. Dafür bekamen meine Eltern
einen „blauen Brief“ von der Schule. Die ersten Drogenkontakte hatte ich natürlich auch
schon hinter mir.
Ich stamme aus Wiesbaden/
Hessen. Dort wuchs ich als
einziger, männlicher Spross einer
Arbeiterfamilie auf. Es waren
die ‘60er und ‘70er Jahre, die
mich in jeder Beziehung geprägt
haben. Nachkriegszeit, kalter
Krieg, Antikommunismus und
eine anfangs noch spießige Zeit
kollidierten mit meiner Neugier.
Welche Rolle spielte die Musik
in deiner Kindheit? Und an
welche Bands/Songs erinnerst
du dich, wenn du an deine
Kindheit zurückdenkst?
Nun, das fing an mit einem Schlagerfutzi namens „Wolfgang“, wie meine Eltern mich nannten, und dem „Lied vom
Trödler Abraham“. Irgendwann hörte ich The Beatles und
dann ging es in den Glam Rock. The Sweet, Slade, T-Rex
usw. Musik war mir immer wichtig. Ich sang als Kind auch
mit dem Mikrophon aufs Tonband zur ZDF Hitparade...
Später war ich Mitglied im Realschulorchester und spielte
Pauke.
Kommen wir gleich mal direkt zum sicher interessantesten Teil: deiner Jugend. Mit welcher subkulturellen Szene kamst du als erstes in Berührung? Und
kannst du die Atmosphäre der damaligen Szene beschreiben?
Nun. Ein paar Hängengebliebene rutschten in der Schule in meine Schulklasse. Die waren ein Jahr älter und
hatten eine Rockergang namens „Gods Of Thunder“,
benannt nach dem bekannten Kiss Stück, gegründet.
Da war ich dabei. Später hieß meine Gang „Red Angels Wiesbaden“. Also Rocker eben. Wir waren jung,
puber tär und antibürgerlich, gepaar t mit einer gewissen
kriminellen Energie. Zu der Zeit erhielt ich auch meinen
Spitznamen beim Flippern verpaßt. Erst „Fuchs“, als
dann einer aus der Punk Szene so mit Familiennamen
hieß und auch so genannt wurde, nannte mich meine
Freundin Saskia nur noch „Fox“, was bis Heute an mir
hängen blieb. Aber was sind schon Namen?! Als ich
das erste Mal 1984 in die Türkei reiste, kam ein Ver-
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Wo hingst du damals (szenemäßig)
regelmäßig so ab? Wo ging man damals
hin etc.?
Wir trafen uns auf der Straße, z. B. am Anarchistenbrunnen Mauritiusplatz (in Wiesbaden). Als dann der Punk
so ca. 1976 kam, gab es die Diskothek „Lu“. Das war der
Treff-Punk-t. Die Chefin war eine Farbige namens Edith.
Echt geil der Laden. Ein Transvestit namens Mike coverte
manchmal auch Zarah Leander.
Circa 1.982 kamst du nach Berlin, um genau zu sein
nach West-Berlin, Kreuzberg. Was war der Stein
des Anstoßes von Wiesbaden nach Berlin umzuziehen?
Mit welcher Szene kamst du denn zuerst in Berührung?
Der ganze 70er Glam Rock hat mich ziemlich gekickt.
Punkmäßig waren es mehr die Ami- Bands als die
Englischen.
Wie hast du die Wendezeit 1.989/90 erlebt? Und
hattest du damals Interesse an den Menschen und
deren Musik des vorherigen Gegenübers?
Ich war ja damals grade 16 und hatte meine erste
Freundin. Was da wirklich passier t ist, ist mir erst 2
Jahre später klar geworden, als ich mit Hass die ersten
Konzer te im der ehemaligen DDR gemacht habe. So
wie die ersten Konzer te da abgelaufen sind, hab´ ich mir
Punk 1977 immer vorgestellt.
Wann und wo hattest du deinen ersten Bühnenauftritt? Beschreibe doch mal bitte die Rahmenbedingungen deines ersten Gigs...
Meinen allerersten Auftritt hatte ich als Trompeter, so im
Alter von 8 Jahren. Da hab´ ich damals auch zusammen
mit der Trompeter - Legende Walter Scholz gespielt, der
fand das wohl gut mit Kindern auf die Bühne zu gehen?!
Zu der Zeit hab´ ich auch oft zusammen mit meinem
Trompeten-Lehrer bei Veranstaltungen von Kriegsgeschädigten gespielt. Da saß dann der Frührentner mit
Granatensplittern im Gehirn neben der Omi ohne Arme
und haben zusammen zu „So ein Tag“ geschunkelt.
Meinen ersten Auftritt als Schlagzeuger hatte ich mit
14 auf einem Schulfest. Meine erste Band hieß „Peeping
Tom“ und wollte so sein wie Dead Kennedys.
Ich war ja bei Hass mit fast 15 Jahren Altersunterschied
der Jüngste. Da kam es schon zu witzigen Situationen.
Zum Beispiel hat Hecktor, der Gitarrist, unserem damaligen Mischer zeitweise verboten in meiner Gegenwar t
zu kiffen. Ich war damals eher unzuverlässig und hab´
auch öfters mal `ne Probe platzen lassen. Fürs Kiffen
und Alkohol war ich immer sehr begeisterungsfähig.
Ich glaube die waren einfach froh, daß die `nen guten
Schlagzeuger hatten und haben da bestimmt teilweise
schon Vatergefühle entwickelt!? Im Laufe der Jahre wurden daraus echte Freundschaften, die bis heute anhalten.
Warst du vor deinem Einstieg bei HASS mit deren
Musik aufgewachsen oder kamst du über sogenannte „Connections“ in die Band?
Die erste Hass Platte war die erste deutsche Punk
Platte, die ich überhaupt kannte. Der große Bruder von
`nem damaligen Freund hatte die in seinem Plattenschrank und wir haben die abgekultet.
In die Band kam ich dann über eine gemeinsame
Bekannte. Das ging alles ratzfatz, ich glaube wir haben 3
Wochen nach meinem Einstieg die erste Tour gemacht.
Aufgrund der recht respektablen Liste der Bands
und Musiker bei denen du bislang gespielt hast,
gehe ich mal davon aus, daß du öfters parallele
Engagements hattest, um dich finanziell über
Wasser zu halten, ist das soweit richtig?
Klar, ich hab´ immer in mehreren Bands gespielt, aber
dabei ging es meistens nicht ums Geld, sondern in erster
Linie um den Spaß. Daß da auch öfters mal was übrig
geblieben ist, war ein positiver Nebeneffekt.
Wie reagierten deine Eltern darauf, daß du mit
der Musik dein Geld verdienen wolltest?
1.994 kam das HASS Album „Liebe ist tot“ raus.
Wie wichtig war das Album für dich?
Die konnten sich da gar nichts drunter vorstellen, haben
das aber immer unterstützt. Ich hab´ ja auch früher mal
`ne Schreinerlehre gemacht und war sogar mal 1 Jahr
lang Bestatter, aber letztendlich lief alles aufs Musikmachen und Festivals Organisieren hinaus. Mittlerweile
kommen meine Eltern auch auf ein Bier beim Ruhrpott
Rodeo vorbei und finden das ziemlich geil. Meine Mutter
hat ein Jahr sogar an der Kasse gesessen.
Für „Liebe ist Tot“ gab es damals riesige Papp-WerbeAufsteller bei Karstadt und WOM (* Musikfachhandelskette; vergleichbar mit Saturn, Media Markt heutzutage)
usw. - das war schon seltsam. Ich hatte aber davor auch
schon Platten mit anderen Bands gemacht, von daher
isses nur eines von vielen Babys. „Liebe ist Tot“ ist eine
gute Hass Platte, aber sicher nicht die Beste.
1.992 kamst du zu HASS, die im April ‘92 ihr viertes
Album „Allesfresser“ herausbrachten. Wurdest du
von Anfang an als vollwertiges Mitglied akzeptiert
oder mußtest du dir eine gewissen Respekt erst
erspielen?
HASS hatten ja in Punkkreisen immer einen Status,
der zwischen Underground und Kult war / ist. Quasi
auf einer hauchdünnen Linie. Wie hast du HASS von
innen her, also direkt aus dem Herzen der Band
damals wahrgenommen?
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Hass waren damals relativ abgeschnitten vom Rest der
deutschen Punkszene. Das war ein kleiner Mikrokosmos
von 4 völlig unterschiedlichen Leuten, die ihr Ding gemacht
haben. Ob das in irgendeine Szene paßt oder erfolgreich
wird war egal.
Was war / ist dir persönlich bei Punkmusik wichtiger
die Aussage oder der Spaßfaktor?
Ursprünglich ging es ja beim Punk um die Aussage,
das ist schon die Motivation hinter der ganzen Sache.
Allerdings langweilt mich mittlerweile das ewige Durchkneten der gleichen Themen auch ganz schön an. Wenn
eine Band wirklich was zu sagen hat und das auch originell und neu verpacken kann ist es geil. Falls nicht, sollte
sie besser nicht versuchen wer weiß wie bedeutungsschwangere Texte zu machen, sondern das Ganze eher
lustig angehen, sonst wird es schnell peinlich.
1.996 folgte das HASS Album „Anarchistenschwein“. Was vom Titel her etwas konträr zur
Punkszene wirkt. Hast du persönlich auch mal
verbale Prügel aus der Punkszene bezogen oder
konntest du dich stets voll und ganz auf die Musik
konzentrieren?
Auf „Anarchistenschwein“ sind einige sehr gute Songs,
leider ist der Sound der Platte damals total in die Hose
gegangen. Klar gab es immer mal wieder auch schlechte Kritiken und Leute denen irgendwas nicht paßt, aber
wer will schon everybodys Darling sein?! Die Musik - und
der eigene Geschmack gehen immer vor.
Wie wichtig waren denn Freundschaften zu
anderen Bands in deiner bisherigen Lauf bahn? Sind
sie zweitrangig oder sind da auch echte Freundschaften fürs Leben entstanden?
Eigentlich ist es doch das wofür man das alles macht.
Was nutzen dir die tollsten Konzer terlebnisse, wenn du
sie mit niemandem teilen kannst? Mittlerweile sind da
dicke Freundschaften über ganz Deutschland ver teilt
entstanden.
Aber auch entferntere Bekanntschaften zu Leuten, die
man in regelmäßigen Abständen bei Konzer ten usw.
trifft sind Motivation das weiter zu machen.
An was denkst du spontan, wenn du an die 90iger
zurückdenkst?
An 10 Jahre vor 10 Jahren.
Ich nannte damals Wiesbaden „Fiesbaden“. Es war
spießig und es war auch nicht viel los. Ich wollte weg,
z.B. nach Frankfur t/a.M., ins Hüttendorf an der Star tbahn West usw. 1982 fuhr ich dann im Sommer nach
Berlin. Dor t traf ich Micki aus der Görlitzer Straße.
Und schon hatte ich eine Bleibe in einem besetzten
Haus. Det war geil! Vorne wohnten die Langhaarigen, die Ton Steine Scherben hör ten, hinten die Punks
usw.…
land und entsprechende Möglichkeiten, aber es war
auch beklemmend in so ´ner Mauerstadt.
Wer waren damals deine musikalischen Helden?
Erst U.K. Subs, Exploited, Slime, dann auch VKJ
(* = Vorkriegsjugend), Anti Nowhere League, One
Way System, Cockney Rejects und Discharge.
Hattest du damals auch ernstere Konf likte mit
deinen Eltern, weil du dich offen zur Punk Szene
bekanntest?
Nachdem du 1.983 nach Berlin- Kreuzberg umgezogen warst, bist du 1.984 nach Ost- Berlin gefahren und lerntest die ersten DDR Punks kennen.
Erinnerst du dich noch an deine erste Begegnung
mit den Ost- Punks damals?
Mein Vater hatte es nicht leicht mit mir und ich nicht
mit ihm. Er war so ein „Was denken die Nachbarn?“Typ und machte sich nicht ganz unberechtigt Sorgen,
daß ich auf die schiefe Bahn kommen könnte. Er
intervenier te auch gegen meine Klamotten. Klar, Punk
Rocker war nicht sein Gusto....
Ich war mit einem Freund im Osten. Wir tranken reichlich Bier in der Kneipe „Zur Sonne“ und gingen dann
Richtung S- Bahn. Da standen in der Lichtenberger
Weitlingstraße ein Haufen Punks. Ich sah die und wußte: die sind nicht von uns drüben. Dann quatschten wir
mit denen und tauschten Adressen aus.
Was hast du damals beruf lich gemacht?
Ab 1.984 bist du dann regelmäßig nach Ost- Berlin gefahren. Konntest du zwischen deinen Besuchen in Ost- Berlin auch Kontakt zu deinen Freunden in Ost- Berlin halten? Sofern ja, wie hieltet ihr
Kontakt?
Da mein Schulabschluß nicht gerade rühmlich war,
war es mit einer Lehrstelle nicht so einfach. Aber im
Hotel- und Gaststättengewerbe machte ich erst mal
„Karriere“ - ´ne Kellner Lehre.
Soweit ich weiß, war eines deiner ersten PunkKonzerte, die du besucht hast, U.K. Subs 1.982 im
legendären SO36 (in Berlin). Erinnerst du dich
noch an die damalige Atmosphäre in der Berliner
Punk Szene und an das Konzert selbst?
Mein erstes Berliner Konzi waren die U.K. Subs im
SO 36. Ich habe die Eintrittskar te noch und zeigte
sie Jahrzehnte später mal Charlie Harper (U.K. Subs
Frontmann). Ich stand damals mit großen Augen vor
der Bühne und irgendwann pogte ich eben mit der
Meute und sang mit in das Mikro des Sängers Charlie
Harper, das er uns entgegen hielt. (PS: Charlie I love
you!)
In Berlin war ich dann Stammgast am Heini (* Humboldthain-Volkspark in Berlin-Wedding), am Kotti
(* Kottbusser Tor; Berlin-Kreuzberg) und in der TEK
(* Berlin-Kreuzberg). Da spielte auch DIE Berliner
Punkband „Vorkriegsjugend“. Herrlich. Die Stimmung
war gut, wenn auch manchmal aggressiv. Da wollten die Spandauer Skins Kreuzberg stürmen und wir
saßen mit Knüppeln am Kotti, um sie köstlich zu erwar ten und unsern Kiez zu ver teidigen. Das ging ja
gar nicht. Und die Mauer sorgte zwar für viel Sonder-
Wir hatten Brief kontakt, selten ging es
auch per Telefon. Die Leitungen waren
oft überlastet oder manipulier t.
Kannst du in etwa sagen
ab wann ungefähr die DDRStaatssicherheit (* kurz: Stasi)
auf dich aufmerksam wurde?
Hast du das damals bewußt
wahrgenommen?
Das muß so 1985 gewesen
sein. Ich wurde plötzlich jedes
Mal gefilzt. Ich durfte in ein
Hinterzimmer am Grenzübergang mitkommen und
dann alle Taschen leeren
und einen Haufen Fragen
beantwor ten. Mir war
schon
einigermaßen
klar, was da lief.
Beschreibe
doch
bitte mal wie man sich das
vorstellen kann, wenn du in die ehe-
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malige DDR „eingereist“- und wieder in die
ehemalige BRD „ausgereist“ bist? Mußtest du
dich, wie viele Menschen, demütigenden Fragen
oder gar Untersuchungen stellen?
Die haben z.B. im Por temonnaie alle Zettel mit
Adressen angeschaut und nach sonstigen Hinweisen
gesucht. Und Dinge durchleuchtet mit so einem Röntgenapparat. Meinen Labellostift, eine originalverpackte Zigarettenpackung und was noch verdächtig sein
konnte. Und immer wieder Gespräche. Um Standpunkte auszukundschaften und Kontakte zu entlarven.
Eine quasi „neutrale Zone“ waren ja die Kirchen
innerhalb der DDR, in denen oft auch Punkkonzerte stattfinden konnten. Hast du zum
Beispiel das ZERFALL Konzert in der Galiläakirche
in Berlin- Friedrichshain 1.984 selbst auch miterlebt?
Zerfall habe ich im Osten nie live erlebt. Aber ich
erinnere mich an Konzer te in Kirchen. Das war wie
in zwei verschiedenen Welten. Draußen Staat und
Bullen, drinnen Freiheit und Selbstverwirklichung.
Kannst du in etwa sagen, was es mit den legendären
Ost- Berliner „Blauen Möwen“ auf sich
hatte? War das eine Band oder nur
eine Clique?
Im Februar 2.000 erschien dann das letzte HASS
Album „Endstation“. In einem Interview sagtest
du, daß eine Reunion von HASS allein schon aufgrund des Alters unmöglich sei. Wie hast du die
Auf lösung von HASS erlebt? Hast du heute noch
Kontakt zu deinen ehemaligen Bandkollegen?
Wir haben ja 2007 noch eine Abschiedstour gemacht,
obwohl die Band zu dem Zeitpunkt schon seit 6 Jahren
auf Eis lag. Das hat ein paar Konzer te gedauer t bis
wir wieder drin waren, aber am Ende wars `ne runde
Sache. Ich war dann aber auch irgendwie froh als das
Kapitel Hass endgültig geschlossen wurde. Irgendwie
war die letzten Jahre klar, daß es nicht weiter geht. Mit
Hecktor hab´ ich heute noch sehr viel zu tun, er wickelt
den Vorverkauf für meine Festivals ab und macht die
Internetseiten. Und mit Tommi gehe ich ab- und zu mal
ein Bier trinken. Chris hab´ ich seit der Abschiedstour
nicht mehr gesehen.
Laut meinen Recherchen hast du ja in den ‘90ern
unter anderem auch in der Band des 2.000 verstorbenen Schlagersängers IBO gespielt. Wie hast
du die Schlagerwelt, insbesondere IBO als Mensch,
erlebt?
Ibo war ja auch aus Gladbeck und ich hab´ damals ziemlich viele Abende bei ihm verbracht. Er war ein netter
Kerl aus `ner anderen Welt, halt ein Schlagerstar. Ich
hab seit jeher ein lockeres Verhältnis zum Schlager. Mich
interessier t nicht wirklich was da so abgeht, aber ich
hab´ das immer als netten Trommeljob gesehen und
spiele auch heute noch manchmal mit irgendwelchen
Schlagerfuzzis.
Gerade innerhalb der Schlagerbranche gab es
doch mit Sicherheit viel Scheinheiligkeit nach
außen, während „Backstage“ oft echte Tragödien
abliefen. Haben dich Engagements mit vermeintlich „etablierten Großverdienern“ und die damit
einhergehenden Deals quasi ernüchtert oder
gehärtet, was das Business im Allgemeinen betrifft?
Eigentlich hat mich das eher belustigt. Ich war ja mit
Ibo auch beim 50. Gebur tstag von Jürgen Drews und
so. Da passieren dann schon manchmal sehr bizarre
Geschichten.
Zum Beispiel hab´ ich mal im Backstage auf `nem
Schlagerfestival jemanden kennen gelernt und ihm erzählt, daß ich glaube Andrea Berg hat `ne Geschlechtsumwandlung gemacht und hieß früher Andy Borg.
Während ich mich über meinen eigenen Witz schlapp
lachte, erzählte er mir daß er der Manager von Andrea
Berg ist. Im Großen - und Ganzen sind die Meisten hinter
den Kulissen ganz in Ordnung und haben auch einen
ganz guten Humor bei der Sache. Bis auf ein paar Ausnahmen natürlich, denen wirklich keiner mehr helfen
kann.
Ernüchternd ist manchmal das Publikum. Ich kann mich
noch sehr gut an Ibo‘s Beerdigung erinnern, wo so ca.
6000 Leute waren, die einfach kreuz- und quer über alle
Gräber gerannt sind und alles kaputt getreten haben. Irgendwann haben sie dann Wolfgang Petry entdeckt, der
in seinem Mantel da rumstand und wollten während der
Beerdigungszeremonie Autogramme von dem haben.
Ansonsten gibt´s innerhalb der Schlagerbranche genauso
viele Scheinheiligkeiten und Dummschwätzer wie in der
Punkszene auch. Der Verhaltenscodex ist nur ein anderer.
In deiner Vita tauchen ja jede Menge Namen auf,
bei denen du gespielt hast. Gib´ den Lesern doch
bitte mal eine jeweilige Jahreszahl und ein paar
kurze Erinnerungen an die jeweilige Band/Musiker
an die Hand, um deinen Weg etwas besser nachvollziehen zu können.
Fühltest du dich als damaliger Bürger der BRD
trotz der Filzungen etc. sicher oder konnte man
auch (gerade wenn man zu den sogenannten
„DDR Staatsfeinden“ (* so bezeichneten DDR Organe Punks und ihr Umfeld ja gern), die in der DDR
lebten) auch Gefahr laufen auch als BRD Bürger
vorübergehend festgehalten zu werden?
Also Ausweiskontrollen kamen vor. Auch Festnahmen
ohne Grund auf der Straße. Aber ich hatte immer
das Gefühl, die peilen mehr auf die Leute aus ihrem
eigenen Staat. Wenn ich meinen West- Pass zeigte,
war das wie ein Freifahr tschein. Denn wir hauten
Abends ja eh zwangsweise wieder in den Westen ab.
Wann hast du das erste Mal Musik, also Kassetten oder gar Schallplatten, in die DDR bzw. auch
in die BRD geschmuggelt?
viel größeres Reper toire an Schikanen zur Verfügung
hatte. Es reichte schon aus anders auszusehen, um
aus der Berliner Innenstadt depor tier t oder ver trieben zu werden. Das Interesse der West- Punks war
zwar vorhanden, aber wenige setzten das auch in die
Tat um. Vielleicht waren die alle zu sehr mit sich selbst
beschäftigt?
Laut off izieller Bandbiographie lösten sich deine
Freunde von ZERFALL aufgrund des Drucks von
Seitens der Stasi, in Form von Verhören und
Haftaufenthalten, auf. Würdest du sagen, daß
das tieferen Eindruck bei den Punks in Ost-Berlin
hinterließ?
Als Plansch, der Drummer von Zerfall, zur Fahne (Armee)
mußte, war die Band eben erst mal personell stark eingeschränkt. Einer von Dreien, das sind glaube ich 33 %!!!
Hast du auch andere DDR Punkbands persönlich
kennengelernt?
Ich bin Schlagzeuger seiner Tourband und großer
Fan. Auf der letzten Tour hab´ ich mir den linken Fuß
gebrochen und hab damit noch 3 Wochen lang weiter gespielt, damit das Ganze nicht abgeblasen werden
muß. Selten ging`s mir so schlecht.
Das war 1985. Ich brachte denen immer meine Lieblingsstücke mit und nahm dann auch was mit. Und
vom Zwangsumtauschgeld kaufte ich Essen, Alkohol
usw. vom Zentrum-Kauf haus am Alexanderplatz ganz
legal und Musikkassetten transpor tier te ich illegal in
der Hose. Schön war mit denen z.B. „Live in Pankow“
von der italienischen Band CCCP zu hören. (*CCCP
war übrigens das damalige Kürzel für die Sowjetunion,
dieses Kürzel sah man zum Beispiel oft beim Spor t auf
der Kleidung sowjet-russischer Spor tler)
GUNTER GABRIEL, der ja bekanntlich ein großer
JOHNNY CASH Fan war / ist:
Was faszinierte dich damals so an der DDR Punkszene?
Ja, Gunter halt. Ich hab´ mal ein Festival für ihn mitorganisier t und er hat als Gast in `nem Song von mir
mitgemacht. Super Typ und ganz anders, als der Großteil der Schlagerszene und wahrscheinlich auch mehr
Punk, als ein Großteil der Punkszene.
Sie waren echt. Das war wirklich Widerstand. Punk
sein in der DDR war was anderes als bei uns im Westen, wo jeder Lallo einen auf Punk machen konnte.
Und sie kannten sich auch mit unseren Bands bestens
aus und hatten einen tieferen politischen Hintergrund.
EISENPIMMEL
1.985 warst du unter anderem auch in der
berühmten Hamburger Hafenstraße zu Besuch.
Was unterschied denn die Punks in der ehemaligen BRD von den Punks der ehemaligen DDR?
Und hatten Punks aus der ehemaligen BRD auch
Interesse daran etwas über die Szene in der damaligen DDR zu erfahren?
Das war die Zeit als gerade die ganzen Leninstatuen
von Kränen abgebaut wurden. Da kam mir der Name
„Fallen Idol“ in den Sinn, der dann unser Bandname
wurde. Wir hatten nicht viele Auftritte. Einer war im
Jugendzentrum in Bad Cannstatt (*ältester Stadtbezirk Stuttgar ts). Gleich neben einem Altenheim,
was ich gut fand. So gegen die jeweilige Isolation.
Da trat damals immerhin auch die Metal Band
Pungent Stench auf. Wir hatten nebenan auch symbolisch die Stadtbücherei besetzt, um deren Schließung
zu verhindern. (* Pungent Stench kommen aus Österreich und spielen Death Metal; sie waren quasi eine
Ar t österreichisches Pendent zu Cannibal Corpse oder
Carcass - rein vom Image her)
Wie schon eben gesagt. Die Punks in der DDR
hatten es wesentlich schwerer, weil der Staat ein
Sehr kurz bevor die Mauer f iel, kam es zu einer
echten Tragödie. Dein Freund Schulle (R.I.F.), der
JEFF DAHL GROUP
Ich hab´ Tom Tonk (Sänger bei Eisenpimmel) vor ein
paar Jahren wohl ziemlich genervt, weil ich unbedingt
Eisenpimmel beim Punk im Pott Festival haben wollte.
Eigentlich gab es Eisenpimmel ja gar nicht als richtige Band.
Irgendwann hat er dann gesagt: „O.K. ich mach´ das, aber
dann spiel du halt Schlagzeug“. Seit ca. 5 Jahren treten
wir gelegentlich auf und haben letztes Jahr `ne Platte gemacht, die sehr geil ist. Eisenpimmel sind ein großer Spaß.
- 24 -
Die „Blauen Möwen“ kannte ich damals nur von dem
Lied. Das war so eine Clique.
Nein, damals leider nicht. Später dann aber. Vor nicht
allzu langer Zeit z.B. die Zusamm-Rottung Bassistin
Liane Schweiger.
1.987 bist du dann von Berlin ins schwäbische
Ländle - bzw. ins schwäbische Städtle Stuttgart
gezogen. Dort f ingst du selbst an Musik zu
machen. Kurze Zeit warst du bei der Band
OGMANIX und später bei FALLEN IDOL, dein
Beginn an der Bass Gitarre. Erinnerst du dich
noch an deinen ersten Auftritt? Wenn ja wo war
er und wie waren die Rahmenbedingungen?
- 25 -
einer der Ost Berliner Punks war, nahm sich
das Leben. Wie hast du diesen Schicksalsschlag
damals aufgenommen und verkraftet? Und mischte sich auch Wut in deine Trauer, zumal Schulle ja,
soweit ich aus Erzählungen weiß, regelmäßig von
den DDR Staatsorganen schikaniert wurde?!
Schulle war ohne Zweifel mein bester Freund im
Osten. Ich wohnte zu der Zeit in Stuttgar t und f inde es schade, daß ich in der Zeit nicht öfter bei ihm
sein konnte. Auf die Staaten (BRD und DDR) war ich
sowieso wütend. 2 Monate vorher war auch noch
mein bester Freund Hank aus West-Berlin an Alk und
Heroin gestorben. Da fühlte ich mich schon komisch.
(* die Kombination von Alkohol und Heroin endet fast
immer tödlich)
1.989 f iel die Mauer und der „kalte Krieg“ war
endlich zu Ende. Wie hast du die Zeit des Mauerfalls aus deiner Sicht erlebt und was hat dieses
historische Ereignis in deinem Leben verändert?
Das war, abgesehen von Schulle`s Tod, eine großar tige Zeit. Fast niemand hatte an den Fall der Mauer
geglaubt. Aber ich Sturkopf sagte immer: „Ich glaube
daran, und wenn es erst meine Enkel erleben.“ Seit
1994 lebe ich ja auch im ehemaligen Osten.
An was denkst du spontan zurück, wenn du an
die ‘80er Jahre zurückdenkst?
In den ‘80ern konnte man sich in West- Berlin gut
ausleben. Es war eine brodelnde, kapitalistische - aber
auch kulturelle Insel, mitten im angeblichen Kommunismus. In der Nähe der Mauer gab es auch viele
Freizonen.
Im sogenannten schwäbischem Ländle wurde es
dir offenbar schnell über?! 1.994 gingst du nach
Berlin zurück. Was zog dich zurück?
Ich merkte, daß ich mich in Stuttgar t niemals heimisch
fühlen würde. Es war eher ein Exil. Berlin war für mich
der Inbegriff meiner persönlichen Freiheit und meiner
Selbstverwirklichung.
In den ‘90er Jahren schossen extrem viele
Punkbands aus dem Boden, die diverse
„Schlachtrufe“-Sampler füllten. Daneben gab es
großen Nachholbedar f in Ostdeutschland, was
Bands wie zum Beispiel: OHL, Normahl, Slime,
EA80, Nina Hagen etc. anging. Wie hast du die
RASTA KNAST, bei denen du z.B. Bass gespielt hast .. .
Ich hab´ mal ein ¾ Jahr als Bassist ausgeholfen, weil die
`nen Arsch voll Konzer te gebucht hatten und das sonst
hätten absagen müssen. Es war aber klar, daß das nicht
von Dauer ist. Bass spielen ist irgendwie nicht so mein
Ding. Ich glaub´ das war so 2006 rum.
DIE MIMMIS
Bei den Mimmis spiele ich seit 2 Jahren Schlagzeug. Fabsi
hat mich gefragt und eigentlich war nur geplant, daß
ich zur Aushilfe spiele bis ein neuer Drummer gefunden
ist. Allerdings hatten wir dann so viel Spaß, daß gar kein
Drummer mehr gesucht wurde.
LILI, eine eher frauendominierte Band. Spielte es
irgendeine Rolle, zum Beispiel auf Tour, wenn du
mit LILI unterwegs warst?
Bei Lili hab´ ich nur mal kurz ausgeholfen, wie in vielen
anderen Bands die ich mittlerweile wieder vergessen
habe. Woher weiß man das mit Lili eigentlich??? Das war
keine so glückliche Konstellation, obwohl ich die eigentlich ganz gerne mag.
CHEFDENKER
Bei Chefdenker spiele ich seit ein paar Jahren immer,
wenn der eigentliche Schlagzeuger nicht kann. Unglaublich, ich liebe sie. Es gibt nur wenige Künstler in der deutschen Punk Szene, Chefdenker gehören dazu.
KNOCHENFABRIK, die es ja mittlerweile nicht
mehr (oder immer mal wieder?) gibt...
Hab´ ich nur mal für 1 Konzer t ausgeholfen.
MOFAGANG
Bei der Mofagang hab´ ich Gitarre gespielt und
gesungen. Die Songs waren von mir, leider gibt es keine
ganze Platte, sondern nur diverse Sampler Beiträge. Die
Band hat sich 2005 aufgelöst.
Es hat dazwischen unzählige andere Bands von Jazzrock
bis Hardcore gegeben mit denen ich Platten aufgenommen hab´ oder auf Tour war, die mir jetzt spontan nicht
einfallen würden.
Nenne doch in diesem Zusammenhang mal 3
Songs deiner bisherigen Karriere, an denen du mitgewirkt hast und auf die du besonders stolz bist.
Punk Szene im Allgemeinen innerhalb der ‘90er
Jahre wahrgenommen?
Och nö, ich nenne dir lieber 3 Songs, die ich gerne
geschrieben hätte. Also das wären: AC/DC „Touch
too Much“, Knochenfabrik „Filmriss“, ABBA „Dancing
Queen“.
In den ‘90ern kamen ja viele Bands wieder zusammen und machten Konzer te. Manche sah ich bei der
Gelegenheit zum ersten Mal. Aber auch viel „Post
Punk“. Den Begriff mochte ich nicht. Punk Rock is
here to stay, it will never die!
Beneidest du manchmal Bands, wie zum Beispiel
die TOTEN HOSEN, daß sie mit Punk Rock ihr
nicht geringes, festes Einkommen haben?
Konntest du, als du Mitte der ‘90er zurück in
Berlin warst, alte Freundschaften wieder aufleben lassen? Und wie war das Wiedersehen in
dieser fast noch „neuen“ Freiheit? Ich meine hat
sich der Kontakt zu ehemaligen Freunden der
ehemaligen Ost Punks eher intensiviert oder
eher dadurch relativiert, daß man sich fortan
immer dann treffen konnte, wann man wollte?
Sagen wir mal so: Ich hätte nichts dagegen.
Da du ja wie eben schon erwähnt so einige Leute
und deren Kreise kennengelernt hast, liegt doch
die Frage nahe, warum du noch kein eigenes Buch
veröffentlicht hast?! An Story-Mangel kann das ja
sicher nicht liegen...?!
Genug Storys gibt`s da bestimmt, aber ein Buch zu
schreiben reizt mich irgendwie nicht. Ich arbeite schon
länger an einer Platte mit komplett eigenen Songs, wo
ich auch die meisten Instrumente, abgesehen von ein
paar Gästen, selbst einspiele. Ich denke mal 2012 kommt
das auch endlich raus?!
Nicht ganz nebenbei bist du unter anderem auch
Veranstalter der Festivals „Ruhrpott Rodeo“ und
„Punk im Pott“. Seit wann veranstaltest du diese
beiden Festivals?
Punk im Pott gibt es seit 1999 und das Ruhrpott Rodeo
seit 2007.
Was sagst du als Veranstalter dazu, daß es seit Jahren immer mehr Trittbrettfahrer gibt, die mittels immer mehr Festivals das schnelle Geld machen wollen?
Das funktionier t ja so nicht. Wenn man ein Festival in
der Größenordnung vom Ruhrpott Rodeo veranstaltet,
hat man zwar die Chance Geld zu verdienen, man kann
sich aber genauso auch total damit auf die Schnauze
legen und bis ans Lebensende verschulden. Wer keinen
langen Atem beweist und nicht wirklich in der Sache
drin steckt, wird über kurz - oder lang scheitern. Das
schnelle Geld kann man wer weiß wo machen, aber
nicht mit Punkrock.
Seit 2.009 bist
du bei SLIME hinterm Schlagzeug. Ist mit deinem
Einstieg bei SLIME ein Traum von dir in Erfüllung
gegangen oder ist SLIME quasi just eine weitere
Station deiner Karriere?
Slime sind was Besonderes. Mittlerweile haben wir ja
die ersten Konzer te gespielt und das geht schon ab. Ich
habe meine Musikerlauf bahn nie als Karriere betrachtet,
es hat sich alles einfach irgendwie ergeben. Ich war noch
nie bei `nem Casting oder so `nem Quatsch.
Können SLIME Fans hoffen, daß es neue SLIME Alben
mit dir geben wird? (*diese Frage stellte ich Alex
noch vor Bekanntwerden, daß es ein neues SLIME
Album geben wird, d.h. davon wußten zu diesem
Zeitpunkt allenfalls die Bandmitglieder selbst.)
Darüber reden wir im Moment nicht, im Vordergrund
steht erst mal die Tour. Wenn es als Band zusammenwächst wird eine Platte an mir nicht scheitern.
Welche Phase von SLIME gefällt dir persönlich
besser eher die ‘80er Sachen oder eher ‘90er Alben wie zum Beispiel „Schweineherbst“?
Hattest du nie Angst vor zu viel Streß und einem
damit einhergehendem „Burn Out“?
Die beste Slime Platte ist „Alle gegen Alle“. Die hab´ ich
auch früher rauf- und runtergehör t.
Ehrlich gesagt hab´ ich gar keinen Streß. Ich mache das,
was ich mache, ganz gerne und stehe selten vor 11:00
Uhr auf.
Im Zuge meiner Recherchen stolperte ich über den
recht witzigen Videoclip „Herr Schwers - Another
Stein on the Bullenschwein“, der die „1. Mai-
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Beides. Manche hatten damals gerne West-Freunde,
um an West- Waren ranzukommen usw., Andere
hatten wirklich Interesse und wollten echte Freundschaft.
Die Technik ist natürlich toll. Was es da heutzutage
für Möglichkeiten gibt. Aber das ist mir alles zu sehr
auf Konsum aufgebaut. Immer das Neueste haben zu
müssen ist ätzend!
Am 30. Mai 2.008 kam es zum ReunionÜberraschungskonzert der Band Zer fall in
Berlin- Kreuzberg. Du warst zu dieser Zeit als
Bassist bei Zer fall aktiv und hast das Jubiläumskonzert zu 25 Jahre Zer fall und der „Blauen
Möwen“ mitgespielt. Wie hast du dieses Event
erlebt?
Das war ein tolles Ereignis. Es fand ja im „Lido“ in
der Cuvrystraße (* in Berlin-Kreuzberg) statt. In der
Straße wohnte ich auch von 1983- 1987. Und es war
der 40. Gebur tstag von Kalle, dem Sänger von Zer fall.
Wir waren nur vier Mal im Proberaum und legten
dann das Konzer t hin. Absolut nicht professionell,
aber mit Spaß und Elan bei der Sache.
An was denkst du spontan zurück, wenn du an
die `90er Jahre zurückdenkst?
Politisch denke ich da besonders an Michail Gorbatschow zurück. Ich erinnere mich daran als er „geputscht“ wurde, daß ich ein Bild von ihm auf meinem
Balkon auf hing - als Solibekundung. Musikalisch denke ich an R.E.M., die damals mit einem neuen, frischen
Rocksound überzeugten.
Später erschien eine Limited Edition des selbstbetitelten Zer fall Albums, dem eine Bonus DVD
von jenem Jubiläumskonzert beilag. Im Vor feld
der Veröffentlichung wurden auch Inter views
mit Musikern von Zer fall, sowie mit Freunden wie
dir- und denen, die zum Bandumfeld angehör(t)
en, geführt und dabei wurde mitgef ilmt. Der
„eigentliche“ Plan war eine Art Inter view-Extramenü auf die DVD mit draufzupacken. Woran
scheiterte es?
Leider ist da etwas ganz schief gelaufen. Ich
hatte das von Anfang an (Remastern der alten
geschmuggelten Kassettenaufnahmen) bis hin zu den
Filmaufnahmen im Lido und den Interviews mit Kalle
zusammen organisier t und abgesprochen. Nach dem
Konzer t hat Kalle dann plötzlich alles im Alleingang
gemacht. Das hat mich enttäuscht, weil jetzt auch das
Ergebnis ein ganz Anderes ist.
Nach Veröffentlichung dieses Albums gab es auch
einige Idioten, die den Song „Besatzer raus!“ als
rechtes Liedgut zu diffamieren/ zu denunzieren
versuchten. Du selbst kennst die Zerfall Leute seit
Jahrzehnten, wie reagierst du auf solche völlig
haltlosen Behauptungen?
Es gibt immer einige verwirr te Leute. „Besatzer Raus“
ist ein Lied aus der damaligen DDR Zeit. Und der Tex t
hatte damals wirklich seine Berechtigung im geteilten
Berlin. Aber Zerfall „Faschismus“ vorzuwerfen ist
absurd. Als TSS ihre CD mit 18 Liedern einfach „18“
nannten, hieß es ja auch, das stünde als Abkürzung für
Adolf Hitler, nur weil einige geistig verwirr te Idioten
so was benutzen... so ein Käse!
Laß´ uns nun etwas zwei größere Zeitsprünge machen. Das neue Jahrtausend brachte viel
Neues mit sich. Vor allem weltweite Veränderungen. Wie hast du als Zeitzeuge die Terroranschläge 2.001 in New York wahrgenommen?
Was haben sie in dir bewegt?
Gibt es auch Musik(en), die du gar nicht magst?
Ich habe Respekt vor jedem Künstler. Aber Jazz und
Soul mag ich weniger.
Nun, das war doch imposant und der alte Feind hat
mal eins auf die Mütze bekommen. Aber mir tut es
für jedes unschuldige Opfer leid. Und die genaue
Täterschaft, ja der ganze Fall ist bis heute nicht wirklich aufgeklär t.
Bereits seit 2.004/ 2.005 bist du dein eigener
Chef. Du und Klaus Schacherer gründeten eine
Gbr. „Sprossenmanufaktur“ Berlin. Wie ist das
für dich dein eigener Chef zu sein? Vom Punk zum
Chef?
Andere Veränderungen hingegen war der Vormarsch der rasanten, technischen Neuerungen.
Heutzutage sind Dinge wie Internet, Handy, Computer- und daraus folgende Digitalformate, MP3,
3D etc. kaum noch aus dem Alltag wegzudenken.
Kannst du dich für diese Entwicklungen begeistern?
Ich kann etwas Sinnvolles machen, was auch mit
gesunder Ernährung zu tun hat. Und kann selbstkritisch
mal sehen, ob ich ein besserer „Chef“ sein kann, als die,
die ich früher selbst hatte. Außerdem habe ich keine
- 27 -
Randale“ Thematik eher im modernen Satire Stil
augenzwinkernd behandelt. Mit dabei sind allerlei
bekannte Szenemusiker wie: Wölfi (KASSIERER),
Claus (KNOCHENFABRIK), Schlaff ke (SCHLIESSMUSKEL; ZWACKELMANN), Costa Cannabis
(SONDASCHULE) und auch GUNTER GABRIEL.
Wie kamst du auf die Idee? Ich meine rein musikalisch schwingt da ja unter anderem zum Beispiel
PINK FLOYD mit...
Aus den ‘00ern:
- Alice Cooper „Dir ty Diamond“,
- Chefdenker „Eine von hunder t Mikrowellen“,
- The Aggrolites „Dir ty Reggae“.
Zum Abschluß die Frage: Wo siehst du dich in fünf
Jahren?
Lust von irgendeinem Amt abhängig zu sein. Lieber
autonom selbstständig.
Hier!
Hattest du je ernsthaft die Überlegung ein
bürgerliches, businessfreies Leben zu beginnen, so
mit eigener Familie (falls letztgenanntes nicht sogar
schon vorhanden?!) etc.?
Vielen Dank für deinen Beitrag und den Einblick
in dein Leben in diesem Buch Alex! Viel Erfolg
weiterhin!
Beschreibe den Lesern doch bitte mal in kurzen
Worten was genau Sprossen sind und wozu man
sie nutzen kann?!
Ich hab´ schon länger den Tex t von Slime´s
Bullenschweine im Kopf gehabt, wenn im Radio „Another Brick in the Wall“ von Pink Floyd lief. Und als Slime
mich gefragt haben, ob ich bei ihnen spielen will, hab´
ich das halt aus Gag mal aufgenommen.
Das Video zu drehen war dann nochmal eine total
spaßige Sache. Wir haben tagelang Crash Szenen mit
ferngesteuer ten Autos und wilden Explosionen gedreht. Sehen kann man das bei http://www.myspace.
com/herrschwers.
Ich habe 2 Kinder und deswegen trotzdem kein bürgerliches Leben. Im Gegenteil, für mich bringen Kinder eine
schöne Unruhe ins Leben, man dreht sich nicht mehr
so um sich selbst. Allerdings hab´ ich auch das Glück,
daß ich nicht jeden Tag 8- oder mehr Stunden irgendwo
arbeiten muß. Da sind meine Kinder mehr oder weniger
die einzige Konstante, der Rest ist wie ein großes Hobby.
www.myspace.com/herrschwers
www.slime.de
www.myspace.com/slime79
Wie wichtig ist dir persönlich eine gewisse Form
der Rebellion heutzutage? Glaubst du, daß der
Großteil Deutschlands eines Tages wieder aus der
Lethargie erwacht?
Tut was euch glücklich macht und spielt Gitarre,
statt Schlagzeug, dann braucht ihr nicht so viel zu
schleppen.
Rebellion ist wichtig. Wenn es nicht aneckt, hat es
kaum Bedeutung. Ich meine damit nicht nur Rebellion
im politischen Sinne, sondern einfach das Betreten neuer und eigener Wege und das Riskieren von Kritik. Leider ist unsere Gesellschaft mittlerweile so vollgestopft
mit allem nur Denkbaren, daß sie irgendwie satt wirkt.
Das wird sich wohl erst wieder ändern, wenn zu wenig
zu essen da ist?!
Nenne doch bitte mal je 3 Alben pro Dekade, aus
den ‘80er, ‘90ern und den 2000ern, die dir viel
bedeuten.
Da würde ich gerne die 70er dazu nehmen.
Also aus den ‘70ern sind das:
- Led Zeppelin „Presence“,
- Joe Jackson „I´m the Man“,
- AC/DC „Powerage“.
Aus den ‘80ern:
- Hanoi Rocks „All Those Wasted Years“,
- Slime „Alle gegen Alle“,
- Circle Jerks „Group Sex“.
Aus den ‘90ern:
- Turbonegro „Apocalypse Dudes“,
- Jeff Dahl „Wicked“,
- Butthole Surfers „Independent Worm Saloon“.
Foto „1983“: Privatarchiv Alex Schwers ©
Foto „Slime beim Wacken Open Air“: Mirja Nicolussi ©
Foto „Por trait“: Ralph Nitz ©
Was würdest deinen Kindern mit auf den Weg
geben, wenn sie Musiker werden wöllten?
DISCOGRAPHY
ALEX SCHWERS
DISCOGRAPHY - ALEX SCHWERS
+++ HASS +++
Singles und EPs
1995 Leise rieselt der Schnee (EP)
1996 Für die besten Fans der Liga (MCD)
Alben
1992 Allesfresser
1994 Liebe ist tot
1996 Anarchistenschwein
1997 Die ersten Tage 78–80 (Juni 1997)
2000 Endstation
Sprossen sind jüngste Pflänzchen, welche aus Saatgut
wachsen. Und die Pflanze hat nie wieder einen so hohen
Gehalt an Vitaminen und Inhaltsstoffen, als im Keimstadium. Man kann sie im Salat, in der Pfanne, im Smoothie
oder in vielen anderen Variationen zu sich nehmen. Auch
Johanna Zeul (* Liedermacherin) oder etwa die Bollock
Brothers (britische New Wave Band) erfreuten sich bei
Gigs schon an unserem Sprossen-Catering.
Zum Thema „Essen“ im Allgemeinen: kann man sich
heutzutage überhaupt noch gesund ernähren?
Die großen Nahrungsmittelkonzerne verkaufen uns teils
höchst ungesunde Dinge, um ihres Profits willen. Manche
haben auch starkes Interesse an „Genfood“, um damit
reichlich den Reibach zu machen. Aber es gibt doch
leckere Bioprodukte aus der Region. Die sind auf jeden
Fall vorzuziehen.
Thema „Umweltschutz“. Wie lebst du deinen
Beitrag, um der Müll- und Wegwerfgesellschaft entgegenzuwirken bzw. die Umweltverschmutzung zu
entlasten?
Also bereits mit 13 Jahren gründete ich einen Umweltschutz
Club in Wiesbaden. Wir machten z.B. Waldsäuberungen.
Nebenbei war ich noch im NaBu (damals hieß er noch
„Deutscher Bund für Vogelschutz“) und im Tierschutzverein aktiv. Heute hänge ich noch Nistkästen für Vögel
auf und pflege sie. Im Sommer 2.011 besuchte ich Slumkinder in Indien und unterstütze ihre Lehrer, damit die Kinder
lernen können. Mülltrennung und ökologisches Verhalten
zu Hause ist selbstverständlich. Außerdem lebe ich vegetarisch.
Nenne doch bitte je 3 Alben pro Dekade: ‘80er,
‘90er und erste Dekade der 2000er, die du NIEMALS missen möchtest.
‘80er:
- Discharge „Hear Nothing, See Nothing,
Say Nothing“,
- Voivod „Dimension Hatröss“,
- U.K. Subs „Diminished Responsibility“,
- Anti Nowhere League „Anti
Nowhere League“(EP),
- Sodom „In the Sign of Evil“
(EP)
‘90er:
- Black Sabbath „Reunion“
(* Livealbum),
- Nirvana „Nevermind“,
- Slime „Schweineherbst“
+++ SLIME +++
Alben
2012 Sich fügen heißt Lügen
Videos
HERR SCHWERS „Another Stein on the Bullenschwein“
- 28 -
- 29 -
‘00er:
- Die Elenden „Bacilly“,
- Kiss „Kiss Symphony: Alive IV“,
- She-Male Trouble „Burner“ (EP)
Abschlußfrage: Wo siehst du dich in 5 Jahren?
Das ist Zukunftsmusik.
VIELEN DANK Fox, daß du dieses Buch unterstützt hast und einen Einblick in dein Leben gewährt hast! Viel Erfolg weiterhin!
DISCOGRAPHY
WOLFGANG „FOX“ FUNKHAUSER
2009 ZERFALL (Bonus DVD; Fox wirkte
auf BONUS DVD als Live-Bassist
mit)
www.sprossenmanufaktur.de
Fotos: © Privatarchiv Wolfgang „Fox“ Funkhauser