NR. 20/10 Wortprotokoll/Protokoll

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NR. 20/10 Wortprotokoll/Protokoll
NR. 20/10
20. WAHLPERIODE
Wortprotokoll/Protokoll
der öffentlichen Sitzung
des Ausschusses für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung
Sitzungsdatum:
28. Februar 2012
Sitzungsort:
Saal 1/2, Sofitel Hamburg
Sitzungsdauer:
16:50 Uhr bis 21:47 Uhr
Vorsitz:
Abg. Farid Müller (GAL)
Schriftführung:
Abg. Urs Tabbert (SPD)
Sachbearbeitung:
Marie-Christine Mirwald
____________________________________________________________
Tagesordnung:
1. Drs. 20/2720
Feststellung des Senats über das Zustandekommen der Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“
(Senatsmitteilung)
und
Drs. 20/2741
Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“
(Unterrichtung durch die Präsidentin)
Hier: Erläuterung durch die Initiatoren der Volksinitiative gemäß Artikel 50 Abs. 3 der Hamburgischen Verfassung und
Anhörung von Auskunftspersonen gemäß § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft
2.
Verschiedenes
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Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Anwesende:
I.
Ausschussmitglieder
Abg. Gabi Dobusch (SPD)
Abg. Dr. Andreas Dressel (SPD)
Abg. Jan-Hinrich Fock (SPD)
Abg. Farid Müller (GAL)
Abg. Dr. Christel Oldenburg i. V. (SPD)
Abg. Finn Ole Ritter i. V. (FDP)
Abg. Christiane Schneider (Fraktion DIE LINKE)
Abg. Viviane Spethmann (CDU)
Abg. Olaf Steinbiß (SPD)
Abg. Sabine Steppat (SPD)
Abg. Urs Tabbert (SPD)
II.
Ständige Vertreterinnen und Vertreter
Abg. Norbert Hackbusch i. V. (Fraktion DIE LINKE)
Abg. André Trepoll (CDU)
III.
Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter
Behörde für Justiz und Gleichstellung
Frau
Senatorin
Jana Schiedek
Herr
Staatsrat
Dr. Ralf Kleindiek
Herr
SD
Wolfgang Siewert
Herr
LRD
Dr. Holger Schatz
Frau
LRD’in
Christiane Garmatter
Herr
RiLG
Sebastian Weihrauch
Finanzbehörde
Frau
ORR’in
Herr
LRD
IV.
Dr. Ulrike Klocke
Hans Randl
Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Prof. Dr. Johannes Caspar
Dr. Christoph Schnabel
V.
Auskunftspersonen
Vertreter der Volksinitiative
Gregor Hackmack, Mehr Demokratie e. V.
Gerd Leilich, Transparency International Deutschland e. V.
Michael Hirdes, Chaos Computer Club Hamburg e. V.
Sachverständige
Prof. Dr. Marion Albers, Fakultät der Rechtswissenschaft, Universität Hamburg
Prof. Dr. iur. Ulrich Karpen, Fakultät der Rechtswissenschaft, Universität Hamburg
Dr. Manfred Redelfs, Netzwerk Recherche e. V., Hamburg
Prof. Dr. Matthais Rossi, Juristische Fakultät, Universität Augsburg
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Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Dr. Sönke E. Schulz, Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften, Christian-Albrecht-Universität, Kiel
VI.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bürgerschaftskanzlei
Marie-Christine Mirwald
VII.
Vertreterinnen und Vertreter der Öffentlichkeit
Ca. 120 Personen
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Zu TOP 1
Vorsitzender: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir würden so langsam gern beginnen wollen. Wenn Sie vielleicht Ihre Plätze einnehmen könnten.
So, dann begrüße ich alle Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen. Ich begrüße den
Senat, Frau Senatorin Schiedek. Herr Staatsrat, der zwar angekündigt ist, den sehe ich noch
nicht, kann ja noch kommen. Wolfgang Siewert ist noch angekündigt vom Senat, Dr. Holger
Schatz, Christiane Garmatter und Herrn Sebastian Weihrauch habe ich hier auch noch auf
der Liste seitens des Senates. Seien Sie alle herzlich willkommen.
Ich begrüße natürlich auch sehr herzlich die Vertreter der Volksinitiative. Kommen wir gleich
noch einmal zu, können Sie sich ja auch gleich noch einmal vorstellen. Und ich begrüße
auch die Expertinnen und Experten, die im Nachklapp der Volksinitiative uns Abgeordneten
mit Rat zur Seite stehen wollen. Auch herzlichen Dank dafür, dass Sie heute hier sind. Wir
haben heute einmal einen anderen Raum, nicht so weit vom Rathaus, aber dennoch etwas
ungewohnt. Die Raumprobleme unseres relativ kleinen Rathauses sind in den letzten Wochen immer augenscheinlicher geworden. Deswegen mussten auch wir heute ausziehen,
aber soweit ich das wahrnehmen kann, sind ausreichend Plätze vorhanden für die Öffentlichkeit. Auch da herzlichen Gruß, dass Sie da sind.
Ich muss ein paar formelle Dinge, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, noch kurz sagen,
dass die Filmaufnahmen und Tonaufnahmen nur zu Anfang der Sitzung erlaubt sind laut
unserer Geschäftsordnung. Das ist aber auch dem Hamburg Journal so auch schon signalisiert worden und wir dann nach einer kurzen Zeit das beenden müssen. Ich denke, dass es
schlau ist, dass wir ein Wortprotokoll führen. Wenn es da keinen Widerspruch gibt seitens
der Kollegen und Kolleginnen, dann würde ich das so begrüßen, wenn wir das machen könnten. Auch eine andere Sache noch, wir haben ja unter den Obleuten vereinbart, dass wir
aufgrund der mangelnden Zeit bis zur nächsten Bürgerschaftssitzung nicht noch einen weiteren Termin für die Auswertung hinbekommen hier im Ausschuss und dass die Auswertung
der heutigen Anhörung in den Fraktionen laufen soll. Deswegen ist das Wortprotokoll natürlich auch von Bedeutung. Aber damit dann die Fraktionen in der nächsten Bürgerschaft
überhaupt tätig werden können, bedarf es dort eines Berichtes des Ausschusses. Und da wir
aber ja nun keine Beschlussfassung machen heute über den Gegenstand der Initiative, war
ein Vorschlag der Bürgerschaftskanzlei, dass wir das Wortprotokoll als Bericht nehmen und
auf der nächsten Tagesordnung der Bürgerschaft haben. Wenn die Kolleginnen und Kollegen diesem Vorschlag folgen wollen, dann ist das einfacher für uns, wenn es Bedarf gibt
seitens der Fraktionen, sich dann einzubringen inhaltlich, dann ist das möglich über einen
Zusatzantrag, ansonsten würde das tatsächlich über die Frühjahrsferien ein bisschen schwer
werden für uns alle, dann in der Bürgerschaft darauf zu reagieren. Wenn ich da jetzt keinen
Widerstand oder keinen Einspruch zu höre, dann würde ich so verfahren wollen.
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Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Wir haben noch einen weiteren organisatorischen Punkt. Herr Professor Dr. Rossi, ich sage
es jetzt doch schon einmal vorab, hat signalisiert, dass er auch um 20.00 Uhr wohl uns hier
verlassen muss und wir haben auch noch eine kleine Pause, die wir organisieren müssen.
Ich würde sagen, den Zeitpunkt der Pause werden wir unter den Kollegen einmal ein bisschen abstimmen, wenn wir merken, wie die Sitzung weiter vorangeschritten ist und wo es am
besten passt. Und wir nehmen den Hinweis von Herrn Professor Dr. Rossi hiermit auf, dass
Sie vielleicht eher am Anfang Ihre Ratschläge und Ihr Wissen uns kundtun. Wenn es bei den
Kolleginnen und Kollegen der Experten noch weitere reisebedingte Hinweise gibt auf Terminprobleme, dann kommen Sie gerne auf uns zu, wir werden versuchen, das im Rahmen
der Möglichkeiten zu lösen. So weit, so gut.
Dann würde ich jetzt gerne in die Tagesordnung eintreten und die Drucksache 20/2720,
Feststellung des Senats über das Zustandekommen der Volksinitiative „Transparenz schafft
Vertrauen“ zusammen mit der Volksinitiative „… schafft Transparenz, Unterrichtung der Präsidentin“. Die Initiatoren der Volksinitiative erhalten gemäß Artikel 50 Absatz 3 der Hamburgischen Verfassung Gelegenheit, ihr Anliegen vorzutragen, und wurden entsprechend eingeladen. Herr Hackmack ist, glaube ich, soweit auch der Sprecher der Initiative, hat uns auch
signalisiert, dass Sie gerne eine Präsentation hier vorstellen möchten. Ich habe damit kein
Problem, wenn das der Transparenz des Gesetzes gilt, sozusagen dienlich ist, dann nehmen
wir auch das gerne. Wir müssen dann wahrscheinlich uns gleich umdrehen als Abgeordnete,
damit wir Ihrer Präsentation folgen können. Vielleicht stellen Sie sich noch einmal kurz vor
als Volksinitiative, uns Abgeordneten, das wäre vielleicht ganz gut. Und dann können wir
weiterkommen.
Herr Hackmack: Gut. Vielen Dank, Herr Vorsitzender, vielen Dank an den Ausschuss für die
Einladung und vor allen Dingen auch vielen Dank an alle Bürgerinnen und Bürger, die heute
ihren Weg hierher gefunden haben und hier an dieser Sitzung teilnehmen. Mein Name ist
Gregor Hackmack, ich bin die Vertrauensperson für die Initiative Mehr Demokratie, eine der
drei Gründungsinitiativen. Hauptberuflich bin ich Mitgründer und Geschäftsführer des gemeinnützigen Internetportals abgeordnetenwatch.de, was den Abgeordneten der Bürgerschaft sicherlich bekannt sein dürfte. Dort kann man Politiker öffentlich einsehbar befragen.
Ich gebe jetzt an meine Kollegen, dass die sich selbst kurz vorstellen.
Herr Leilich: Mein Name ist Gerd Leilich, ich bin für Transparency International Vertrauensperson bei dieser Initiative, bin dort Regionalleiter Hamburg/Schleswig-Holstein.
Herr Hirdes: Ja, Michael Hirdes, ich bin die Vertrauensperson des Chaos Computer Clubs in
der Initiative, bin hauptberuflich Systemadministrator und das war es so weit.
Vorsitzender: Ja, herzlichen Dank. Wir würden dann jetzt so verfahren, dass wir Ihnen die
Möglichkeit geben, Ihre Initiative hier vorzustellen. Vielleicht können Sie uns vorab ein kurzes
Zeitfenster nennen, wie lange Sie ungefähr für Ihre Präsentation benötigen, und dann können Sie natürlich hinterher auch noch Erläuterungen oder auch unsere Fragen beantworten,
falls welche hier aus dem Raum kommen sollten.
Herr Hackmack: Also, wir benötigen circa zehn Minuten für die Präsentation (siehe Anlage
1) und freuen uns dann im Anschluss auf Fragen, zu denen wir dann Stellung nehmen können.
Vorsitzender: Ja, herzlichen Dank. Dann würde ich sagen, dass wir mit der Präsentation
beginnen können und vielleicht noch eine Minute Zeit ist, dass wir Abgeordneten uns kurz
umdrehen können.
Herr Hackmack: Gut. Also, bevor wir in die Präsentation einsteigen, möchte ich noch einmal
kurz erläutern, wie es zu dieser Initiative gekommen ist. Im Juni 2011, also im letzten Jahr,
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Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
haben wir von Mehr Demokratie uns gedacht, naja, also, nachdem die Volksgesetzgebung
verbessert wurde in der Stadt in den letzten Jahren – wir sitzen ja jetzt auch gerade interfraktionell zusammen, um das Volksabstimmungsgesetz der neuen Verfassungslage anzupassen, auch diese Anhörung ist ja nur durch die Verfassungsänderung 2008 zustande gekommen und auch eine direkte Auswirkung unserer politischen Arbeit bisher in der Stadt, das
begrüßen wir sehr – nachdem die Volksgesetzgebung verbessert wurde in der Stadt und aus
unserer Sicht auch sehr bürgerinnen- und bürgertauglich gemacht wurde, das Wahlrecht
personalisiert wurde, was wir 2009 ja zum zweiten Mal dann noch einmal umsetzen mussten
noch im Volksbegehren, fehlt uns eigentlich in dieser Stadt noch die dritte Säule der Bürgerbeteiligung, nämlich der Informationszugang.
Und da gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz aus dem Jahr 2009, welches wir für unzureichend halten, wir werden auch gleich erklären, warum, und haben uns dann überlegt, welche Organisationen oder Initiativen in dieser Stadt könnten ein ähnliches Anliegen teilen und
sind da sehr schnell auf Transparency International gekommen, die internationale Antikorruptionsorganisation, und den Chaos Computer Club, der auch hinlänglich bekannt ist. Wir
haben uns im Juni 2011 das erste Mal zusammengesetzt, haben dann erst einmal überlegt,
was gibt es eigentlich für internationale Beispiele, wo gibt es best practice, wie man das so
schön nennt, haben nach Neuseeland geschaut, in die USA geschaut, nach Großbritannien,
aber auch in die Slowakei, nach Bremen und Berlin, manchmal muss man gar nicht so weit
schauen, und haben uns die besten Regelungen zusammengesucht. Das heißt, alles, was
wir in das Transparenzgesetz aufgenommen haben, gibt es an irgendeiner anderen Stelle in
der Welt bereits, und es hat sich in der Praxis auch bereits bewährt.
Also, insofern, die Innovation ist nicht ganz so groß, wie sie erst einmal scheint, sondern es
sind alles Regelungen, die irgendwo in der Welt schon existieren und, wie gesagt, schon
umgesetzt wurden.
Wir haben dann gesagt, wir wollen den Gesetzentwurf erst einmal zusammen schreiben. Wir
haben das in einem Wiki auch dokumentiert. Vielleicht haben die einen oder anderen dieses
Wiki auch schon entdeckt. Wenn man in Google Wiki und Transparenzgesetz eingibt, dann
kann man auch die Entstehung dieses Gesetzentwurfes nachverfolgen. Alle Änderungen
sind in der Historie dokumentiert. Wir raten nur immer, den endgültigen Gesetzentwurf anzuschauen und keine Zwischenstadien zu bewerten. Wir haben es auch schon mitbekommen,
dass der eine oder andere Vorentwurf in der Verwaltung zirkuliert und deswegen nicht ganz
die richtige Grundlage hinzugezogen wird, was die Kritik auch an dem Gesetzentwurf betrifft.
Wir haben dann zwei Wochen, bevor wir den Gesetzentwurf eingereicht haben, haben wir
uns dann noch einmal einen weidlichen Sachverstand hinzugeholt und wir konnten den Dr.
Jürgen Kühling aus dem Kuratorium von abgeordnetenwatch dafür gewinnen, den Gesetzentwurf noch einmal auszuarbeiten, das Ganze noch einmal zu überarbeiten. Herr Kühling
war acht Jahre lang am Bundesverfassungsgericht, dem Ersten Senat, davor war er Vorsitzender Richter im Oberverwaltungsgericht Celle und in der Verwaltung hat er auch schon
gearbeitet als Ministerialdirektor in der niedersächsischen Verwaltung. Insofern hat er auch
eine Menge Erfahrung, Verwaltungserfahrung mitgebracht, die dann letztlich in diesen Gesetzentwurf eingeflossen ist.
Wir haben den Gesetzentwurf eingereicht als Volksinitiative am 28. Oktober 2011 und haben
dann innerhalb von sechs Wochen 15.119 Unterschriften gesammelt. Das heißt, wir hätten
eigentlich sechs Monate Zeit gehabt, aber wir dachten, sechs Wochen ist besser, weil, dann
schaffen wir es möglicherweise mit dem Volksentscheid für den Fall, dass die Bürgerschaft
den Gesetzentwurf nicht übernehmen sollte, pünktlich zur Bundestagswahl 2013. Und am 9.
Dezember 2011, am Tag der Einreichung, war auch noch der internationale Antikorruptionstag. Wir dachten, das passt ganz gut, weil das auch ein wesentliches Anliegen der Initiative
ist, Korruption vorzubeugen.
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Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Worum geht’s? Jetzt kommen wir zur eigentlichen Präsentation. Ganz grundsätzlich am Anfang. Wir finden, öffentliches Handeln muss grundsätzlich öffentlich sein. Das heißt, alles,
was in der Verwaltung passiert im Namen der Bürgerinnen und Bürger, aber auch, was in
der Politik passiert, das soll grundsätzlich öffentlich zugänglich sein. Das ist der Grundsatz,
von dem wir ausgehen und den wir im Transparenzgesetz umgesetzt haben. Nun könnte
man sagen, na ja, das gibt es ja schon. Stimmt, wir haben eigentlich de jure, also in der Theorie, Zugang zu allen Informationen, die in der Verwaltung vorliegen, und zwar nach dem
Hamburger Informationsfreiheitsgesetz – 2009 verabschiedet und auch überarbeitet worden,
hat sich in der Praxis, in der kurzen Praxis bisher allerdings nicht bewährt. Es ist bürokratisch, es ist gebührenpflichtig, oftmals sehr langwierig und die Erfolgsaussichten sind auch
nicht immer gegeben. Wir wissen von Bürgerinitiativen, die versucht haben, Bauanträge,
Baugenehmigungen einzusehen und dergleichen, die teilweise dann vor das Verwaltungsgericht ziehen mussten und innerhalb von mehreren Jahren dann ihren Informationsanspruch
durchsetzen mussten. Leider war es dann so, dass in dem Moment, wo sie die Informationen
dann tatsächlich bekommen haben, war das Verfahren politisch zumindest nicht mehr relevant und insofern hatte sich das Informationsfreiheitsgesetz aus unserer Sicht „Information
auf Antrag“ nicht bewährt.
Das ist nämlich genau das, was wir ändern wollen. Das ist auch der wesentliche Punkt im
Transparenzgesetz. Bislang ist das Informationsfreiheitsgesetz ein passives Gesetz. Das
heißt, Bürgerinnen und Bürger müssen einen Antrag stellen, eine Gebühr bezahlen, um dann
letztlich an die Information zu kommen. Das finden wir etwas antiquiert. Deswegen sagen
wir, wir wollen aus dem Informationsfreiheitsgesetz ein Transparenzgesetz machen. Transparenzgesetz deswegen, weil es ein aktives Gesetz ist. Wir wollen, dass die Behörden, dass
der Senat von sich aus Informationen in einem allgemeinen Informationsregister zugänglich
macht, und zwar kostenfrei und anonym zugänglich. Das heißt, alle wesentlichen Informationen und welche sollen das sein, die haben wir auch ausgeführt, finden Sie im Paragraf 3
Absatz 1. Im Wesentlichen sind das Senatsbeschlüsse, Verträge, Dienstanweisungen, Zuwendungsbescheide, Statistiken, Geodaten, also alle Informationen von öffentlichem Interesse, sollen künftig von Amts wegen ins Internet gestellt werden, sodass die Bürgerinnen
und Bürger, die dort Informationseinsicht wünschen, nichts anderes tun müssen als ins Internet zu gehen und sich die Informationen kostenfrei abzurufen.
Alle anderen Informationen, die wir nicht explizit aufgeführt haben im Paragrafen 3, sollen
natürlich weiterhin zugänglich sein. Das bestehende Informationsfreiheitsgesetz hat das
auch geregelt und wir wollen, dass alle anderen Informationen, die nicht im Informationsregister aufgeführt werden, dass die zumindest auf Antrag weiterhin zugänglich sind.
Wir haben auch noch eine Öffnungsklausel eingeführt. Das heißt, wir können zum jetzigen
Zeitpunkt noch nicht genau absehen, welche Informationen vielleicht in der Zukunft interessant sind, was vielleicht noch für Informationssammlungen, Datensammlungen oder dergleichen in den Behörden angelegt werden in den nächsten Jahren und deswegen wollten wir
auch noch einmal die Möglichkeit schaffen, dass zumindest, wenn ein öffentliches Interesse
nachgewiesen wird, zum Beispiel durch eine große öffentliche Debatte oder eine Unterschriftensammlung, dass dann auch die Behörde sagen kann, okay, diesen Informationstypus,
den nehmen wir von Amts wegen jetzt auch in das Informationsregister.
Wer ist von dem Informationsgesetz betroffen beziehungsweise von dem Transparenzgesetz? Im Prinzip ähnlich wie jetzt, alle Behörden, klar, aber auch juristische oder private Personen, die Hamburg unterstützen bei der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben. Also,
wir haben das so formuliert, soweit sich die Freie und Hansestadt Hamburg ihrer zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient oder ihr die Erfüllung ihrer Aufgaben übertragen hat bei der
Wahrnehmung dieser Aufgaben. Was bedeutet das? Es soll natürlich jetzt nicht so sein, dass
nach dem Erlass des Transparenzgesetzes der Senat vielleicht ganz schlau ist und sagt, na
ja, also, dann wollen wir erst einmal noch ein paar öffentliche Aufgaben privatisieren, um sie
der Transparenzpflicht zu entziehen. Und deswegen sagen wir, das darf natürlich nicht die
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Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Reaktion darauf sein, das ist politisch nicht gewollt von uns als Initiative. Deswegen nehmen
wir auch juristische oder auch Privatpersonen mit auf in die Transparenzpflicht, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Beispielsweise der Abschleppunternehmer, der im Auftrag der
Stadt Autos abschleppt und in den Autoknast verbringt, der muss dann sozusagen zumindest auch offenlegen, warum das dann so teuer ist, wenn man sein Auto praktisch abgeschleppt bekommt und wie die genauen Verträge sind, sofern sie in die Transparenz oder
Veröffentlichungspflicht dann auch fallen.
Ausnahmen – ja, Ausnahmen bestätigen die Regel und Ausnahmen gibt es auch bei uns im
Transparenzgesetz weiterhin. Klar, wir können kein höherrangiges Recht, also kein Bundesrecht ändern. Wir wollen, dass persönliche Daten weiterhin geschützt sind. Unsere Maxime,
die wir mit dem Chaos Computer Club auch teilen natürlich, sind öffentliche Daten nützen,
private Daten schützen. Das ist für uns ganz wichtig. Transparenz und Datenschutz, das
schließt sich nicht aus, sondern bedingt sich einander. Wir wollen auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse weiterhin wahren. Das heißt, wenn ein Vertrag auf einmal ein ganzes
Patent mit anhängig hat, dann muss natürlich das Patent als solches nicht veröffentlicht werden, zumindest wenn es ein nachweisbarer schwerer, erheblicher Schaden für den Vertragsnehmer bedeuten würde. Den Petitionsausschuss, Justiz, Rechnungshof, Verfassungsschutz, das ist eigentlich klar. Und wir haben auch eine Bagatellgrenze geschaffen, denn wir
wollen ja, dass künftig Verträge auch veröffentlichungspflichtig sind. Allerdings wenn sie unter 100.000 Euro fallen, kumuliert in den letzten zwölf Monaten, also eine Stückelung hilft da
nicht weiter mit dem gleichen Vertragsteilnehmer, dann sind sie auch nicht veröffentlichungspflichtig. Die Verträge zur Elbphilharmonie, das sagen wir ganz klar, würden natürlich
unter die Veröffentlichungspflicht fallen, weil, da wissen wir alle, dass die damals als kostenneutrale Kultureinrichtung eigentlich auf den Weg gebrachte Elbphilharmonie mittlerweile
schon über 500 Millionen Euro kostet. Also, insofern ganz klar, würden solche Verträge unter
die Transparenzpflicht fallen.
Das Ganze soll veröffentlicht werden in einem Informationsregister, und das ist ein zentrales
Anliegen dieses Gesetzes. Dieses Informationsregister ist im Internet verfügbar, es ist kostenlos und anonym einsehbar und dort sind alle Veröffentlichungen auffindbar. Wie sieht so
etwas aus? Da haben wir uns international einmal umgeschaut und sind auf das Informationsregister der Slowakei gestoßen. In der Slowakei hat die Regierung seit Januar 2011
sämtliche Verträge veröffentlichungspflichtig gemacht, übrigens ohne Bagatellgrenzen. Das
heißt, auch Verträge, die gar keinen Vertragswert haben oder ab 1 Euro sind veröffentlichungspflichtig, und Sie sehen hier auch Verträge mit 0 Euro, die eingestellt sind oder mit
14,94 Euro. Sämtliche Verträge sind dort veröffentlichungspflichtig und müssen online einsehbar ins Internet gestellt werden. Und es ist in der Slowakei sogar so, dass Verträge erst
dann in Kraft treten können und gültig werden, wenn sie im Internet einsehbar sind. Alle anderen Verträge, die nicht einsehbar sind in der Slowakei, aber mit der öffentlichen Hand geschlossen wurden, sind in dem Sinne nicht einklagbar.
Ganz so weit wollen wir nicht gehen in Hamburg. Hier gibt es ein Informationsregister unserer Nachbarstadt Bremen. Bremen hat das technisch schon umgesetzt. Dort sind auch Verträge, zumindest der öffentlichen Daseinsfürsorge veröffentlichungspflichtig, Aktenpläne und
dergleichen und man kann über die Internetseite der Stadt Bremen solche Informationen
einsehen. Bremen hat momentan allerdings den Nachteil, dass nicht ganz so viele Informationen, wie wir das fordern im Transparenzgesetz, dort veröffentlichungspflichtig sind. Aber wir
wissen auch von Initiativen aus Bremen, und einige sind auch heute hier im Zuschauersaal,
die sich für unser Transparenzgesetz hier in Hamburg interessieren und möglicherweise eine
ähnliche Initiative in Bremen starten, um dieses Informationsregister, was dort technisch
schon umgesetzt ist, mit weiteren Inhalten zu füllen.
Ein ganz wichtiger Punkt für uns ist auch Open Data. Das heißt, wir wollen alle Informationen, die im Informationsregister zur Verfügung gestellt werden, in allgemein verfügbaren
Formaten dort maschinenlesbar zur Verfügung stellen. Das heißt, man kann sozusagen nicht
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nur bloß eingescannte PDF-Dokumente im Informationsregister sich anschauen, sondern
man kann auch per Computer die Information durchsuchbar machen und daraus dann auch
wiederum Anwendungen bauen. Sodass Bürgerinnen und Bürger sich beispielsweise informieren lassen können, wenn in einem Umkreis von ihrem Haus, vielleicht von zwei oder fünf
Kilometern, je nachdem was sie auswählen, ein Bauantrag gestellt wird, dass sie dann automatisch benachrichtigt werden und sich frühzeitig kümmern können. Es wird ja auch immer
wieder gefordert und auch zu Recht gefordert, dass Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in
politische Entscheidungen einbezogen werden sollen und nicht erst auf die Barrikaden gehen, wenn die Baufahrzeuge anrollen, sondern sich möglichst auch in den Planungsprozess
mit einbringen. Dazu muss man natürlich auch erst einmal wissen, wo, wann, was überhaupt
geplant ist. Und deswegen ist Open Data natürlich ganz wichtig.
Open Data hat auch noch andere Vorteile. Man kann es einmal schauen, wie das in Berlin
geregelt ist. Hier ist zum Beispiel die Schnittstelle. In Berlin kann man sich die einzelnen Daten und Datensätze zum Arbeitsmarkt, zur Demografie, zu Bildung und so weiter über die
Open-Data-Schnittstelle Berlin exportieren und dann kann man mit diesen Datensätzen arbeiten und auch Applikationen schreiben. Hier sind zum Beispiel ein paar Applikationen aus
Berlin. Da ist zum Beispiel, ist da die Berlin-Wahlkarte, wie war die Wahlbeteiligung in den
einzelnen Stadtteilen, oder Fluglärm rund um den geplanten Flughafen Berlin-Brandenburg.
Da kann man Auswertungen machen, Ozonwerte beispielsweise und kann die dann mit anderen Daten kombinieren und sehr sinnvolle Applikationen dort bauen.
Eine Anwendung, die auch schon existiert, ist zum Beispiel der offene Haushalt, der offene
Bundeshaushalt. Hier sieht man dann auf einen Blick, wie einzelne Haushaltsgelder in
Deutschland verteilt sind. Dieser große Punkt, der orange, ist Arbeit und Soziales. Ganz unten rechts, also in der Mitte dieser große blaue Punkt ist die Bundesschuld. Man sieht zum
Beispiel, dass wir allein an Zinszahlungen schon mehr Geld ausgeben als beispielsweise für
Gesundheit, was der ganz dunkelblaue Punkt ist. Also, man kann auf einen Blick große Datenvolumina dank Open Data und den entsprechenden Visualisierungen und Applikationen
verarbeiten und dann auch politisch bewerten.
Das heißt, wir wollen die Bürgerinnen und Bürger nicht mit Daten erschlagen, sondern wir
wollen ihnen die Möglichkeit geben, als Grundlage für ihre politische Entscheidung, ihre politische Beteiligung, diese Daten dann auch auf einen Blick bewerten zu können, und das geht
eben durch sogenannte Open-Data-Applikationen.
Was sind unsere Ziele dabei? Die übergeordneten Ziele – wir hoffen, dass dieser Transparenz, dass das Transparenzgesetz künftig Korruption und Manipulation erschwert. Auch Korruption ist auch in Hamburg ein Thema, auch wenn wir alle darüber nicht gerne sprechen.
Steuerverschwendung soll reduziert werden, also Doppelanschaffungen beispielsweise, die
doch immer einmal wieder vorkommen. Schwarzbuch des Bund des Steuerzahlers beispielsweise, Bürokratie abbauen. Wir wollen zum Beispiel Hierarchien in den Verwaltungen,
ja, etwas einschränken, dass man gemeinsam kollaborativ auch an Dokumenten arbeiten
kann. Auch innerhalb von den Behörden, wurde uns zumindest zugetragen in der Volksinitiative. Es ist nicht immer einfach, an Behördeninformationen zu kommen, insbesondere wenn
die Informationen in anderen Behörden liegen. Insofern kann man da Bürokratien abbauen,
dass man nicht so lange braucht, um Informationen auch behördenintern einzuholen, sondern da kann man einfach ins Informationsregister gehen. Das Ganze soll natürlich Vertrauen in Politik und Verwaltung stärken. Klar, wenn ich weiß, was dort tatsächlich passiert, dann
erhöht das natürlich auch mein Vertrauen. Ich kann das viel besser nachvollziehen, warum
vielleicht bestimmte Entscheidungen so lange dauern oder so getroffen wurden, wie sie denn
getroffen wurden. Und wir wollen natürlich die Mitbestimmung erleichtern. Das hatte ich
schon angesprochen. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger sich frühzeitig einbringen
und nicht erst sozusagen einen ganzen Bürgerentscheid oder Volksentscheid initiieren müssen, um ein bestimmtes Vorhaben dann zu stoppen, sondern frühzeitig den Dialog aufnehmen mit Politik und Verwaltung.
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Das soweit erst einmal zu unserem Transparenzgesetz. Der Rest ist, glaube ich, Textarbeit,
der Gesetzentwurf liegt so weit vor. Ein ganz prominentes Beispiel, was künftig nicht mehr
ganz so einfach möglich sein wird, die Kostenexplosion, Stichwort Elbphilharmonie, ist eine
direkte Anwendung vom Transparenzgesetz. Und ansonsten stehen wir jetzt für Fragen gerne zur Verfügung, haben auch schon sehr viel Anregungen eingesammelt und wollen das
auch noch einmal explizit sagen, wir verstehen das Ganze natürlich hier als Anregung. Wir
sind auch bereit, den Gesetzentwurf an der einen oder anderen Stelle noch zu überarbeiten,
anzupassen. Also, gerade wenn Sie jetzt Parlamentarier sind, verstehen Sie das nicht als
den Gesetzentwurf der Mehrheitsfraktion, wo gar nichts mehr geht, sondern wir sind sehr
offen und freuen uns über konstruktive Kritik und Anregungen. Vielen Dank.
(Beifall)
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Hackmack. Ich freue mich auch, dass Sie das so vorgetragen haben. Vielleicht noch einen Hinweis für die Gäste. Wir haben ja nachher auch noch
Beiträge der anderen Expertinnen und Experten. Und es ist bei uns so im Rathaus nicht üblich, mit Beifall oder Misskundgebungen sozusagen da Kommentare abzugeben. Wenn Sie
sich ein bisschen zurückhalten, wäre das nett. Wir haben manchmal auch Themen, wo das
noch ein bisschen augenfälliger ist so etwas dann und das dann für die Geladenen meistens
nicht besonders angenehm. Also, in dem Sinne, jetzt haben wir ja Freude und gehört und
jetzt, denke ich, werden wir einmal ein bisschen einsteigen in Ihren Gesetzentwurf und haben ja auch eine Stellungnahme des Datenschutz- und Informationsbeauftragten schon ganz
frisch vorliegen (siehe Anlage 2).Wir haben außerdem noch Fragen von der CDU-Fraktion
für das Anfragenkomplex bekommen, auch relativ kurzfristig noch auf den Tisch. Und ich
frage jetzt einfach einmal an meine Kolleginnen und Kollegen, ob es da schon gleich den
Einstieg geben möchte, ob es vielleicht einen Vorschlag gibt für eine Strukturierung oder ob
wir einfach einmal von vorn nach hinten durchgehen. Ich habe jetzt hier eine Redemeldung
gesehen, Frau Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Ja, ich würde erst einmal gern grundlegend eine kurze Stellungnahme für die CDU abgeben und würde dann empfehlen, dass wir uns nach mehreren Komplexen voranarbeiten, denn ich glaube nicht, dass jeder einzelne Paragraf entscheidend ist,
aber es ist, ich denke einmal, ich werfe einmal hier rein, der Behördenbegriff, der Katalog
des Paragraf 3 sind von Bedeutung. Ganz wichtiger Bereich ist der Schutz personenbezogener Daten und für uns ist der Bereich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ein sehr wichtiger Punkt. Und das wären Fragen, die wir zuerst an die Initiative stellen würden und danach
dann auch gleichlautend auch an die Experten, weil, ich glaube, das sind unterschiedliche
Antworten, die wir wahrscheinlich bekommen würden und würde erst einmal deswegen vorab für die CDU-Fraktion erklären. Wir haben bereits im Jahr 2006 damals in Alleinregierung
zum ersten Mal das System umgewandelt, haben das damalige Amtsgeheimnis, was vorrangig war, haben wir umgewandelt in die grundsätzliche Veröffentlichungsverpflichtung. Das
war ja schon ein Paradigmenwechsel eines der ersten Bundesländer und haben dann unter
Schwarz-Grün das Gesetz weiter verbessert, sodass deswegen heute hier schon ein IFG
vorliegt, was ja beileibe nicht in allen Bundesländern vorliegt. Also, insoweit hier auch ein
bisschen aufzuräumen mit dem Vorurteil, die CDU hätte etwas dagegen, wie es so manchmal verlautbart worden ist. Wir waren diejenigen, die durchaus schon einmal den ersten
Schritt gemacht haben und über Verbesserungen wollen wir uns nicht verschließen, mit denen wollen wir uns gern hier auch beschäftigen, dafür sitzen wir heute hier. Wir werden Ihre
Punkte auch ausgiebig prüfen und insoweit mit Ihnen gemeinsam da bestimmt gute Lösungen finden. Und deswegen finde ich das sehr schön, dass wir dann hier weiter sitzen werden
und das Ganze wahrscheinlich über mehrere Stunden besprechen, wahrscheinlich werden
wir auch noch einmal in Gespräche gehen.
Ich gucke sonst meine Kollegen an, ob wir das sonst in Komplexen abarbeiten wollen.
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Vorsitzender: Ja, das können wir ja jetzt kurz einmal klären. Dann habe ich jetzt Herrn Tabbert, der sich gemeldet hat.
Abg. Urs Tabbert: Ich finde den Vorschlag sehr plausibel. Also, ich hatte mir genau diese
Komplexe, die Sie gerade genannt haben, es bietet sich ja auch an, auch notiert, dass man
erst einmal schaut, wer ist Adressat des Gesetzes, Umfang und dann eben auch innerhalb
des Umfangs die besonderen Problempunkte, sag ich mal, personenbezogene Daten und
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Darüber hinaus gibt es ja noch Sonderfragen, die dann
zum Beispiel auch die Gesetzgebungskompetenz einiger Regelungen, hier zum Beispiel das
vertragliche Rücktrittsrecht, betreffen. Vielleicht kann man die dann noch in einem – ja – fünften Schritt, wenn man so will, dann abschichten, aber dieses Vorgehen, was die Kollegin
Spethmann vorgeschlagen hat, finde ich sehr plausibel.
Vorsitzender: Wenn dem nichts entgegensteht jetzt von den anderen Fraktionen, dann von
meiner Seite würde ich das auch unterstützen wollen.
Haben Sie noch eine Ergänzung, Herr Ritter?
Abg. Finn Ole Ritter: Ja, wir haben noch, ich weiß nicht, ob das in den Themenkomplexen
mit drin ist, wir haben noch das Thema mit der Gebührenordnung als Komplex. Ich weiß
nicht, ob das schon genannt wurde, ich glaube nicht. Und das Nächste wäre die Harmonisierung von Regelungen, die praktisch Informationszugang regeln. Das ist auch noch einmal
Themenkomplex, glaube ich, der noch ergänzend dazukommt.
Vorsitzender: Ich würde vorschlagen, da mir auch noch das eine oder andere einfällt, was
jetzt vielleicht nicht in diese Struktur passt, dass wir so einen dritten Part machen, wo wir all
das fragen, was noch übrig bleibt. Wollen wir das so machen, ja?
Dann würde ich vorschlagen, dass wir so vorgehen. Da wäre jetzt der erste – Herr Tabbert,
haben Sie noch eine Anmerkung? Ja.
Abg. Urs Tabbert: Ja. Ich hätte noch zwei Ergänzungen, die vielleicht also jetzt nicht sozusagen struktureller Natur sind, aber Aspekte, die wir auch noch mit einbeziehen sollten. Das
ist – wir hatten es ja gerade schon gehört, dass es Gesetze gibt, die auch schon über das
Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz hinausgehen, gerade in Berlin und in Bremen.
Also, wenn man darauf sozusagen vielleicht dann, on the way, auch immer, wo das denn
möglich ist, Bezug nehmen könnte, dann fände ich das auch wichtig. Und vielleicht kann
man auch noch innerhalb dieser Struktur einspeisen Fragen der Praktikabilität, also der Anwendbarkeit. Also die jenseits des Rechtlichen sozusagen, soweit das der Initiative, aber
eben auch den hier geladenen Experten möglich ist, eine Einschätzung dazu zu geben, inwieweit diese doch sehr weitgehenden Transparenzregelungen eben dann auch aus Ihrer
Sicht handhabbar für die öffentliche Verwaltung wären.
Vorsitzender: Also, ich würde gern noch einen weiteren Vorschlag machen, weil mir das
sonst ein bisschen zu auseinanderläuft. Ich denke, wenn wir jetzt die Fragen an die Initiative
haben zu einzelnen Punkten und es gibt auch entsprechende Antworten, fände ich es eigentlich auch angemessen, wenn die anderen Experten, wenn sie etwas dazu sagen wollen, es
auch gleich tun könnten. Wenn Sie der Meinung sind, dass das erst im zweiten Block erfolgen soll, in einem zweiten, also noch einmal alles noch einmal, dann würde ich das gerne
hören, aber ich meine, jetzt würde es eigentlich Sinn machen, das zu verschränken, damit
wir vielleicht sogar auch bei Nachfragen auch noch einmal auch eingehen können auf die
einzelnen Äußerungen.
Ich habe jetzt einmal Nicken vernommen, dass das so als – ja – ein Vorgehen ist, das Anklang findet. Ich würde dazu, das habe ich vorhin noch nicht gemacht, weil wir das eigentlich
in zwei Blöcke geteilt haben, würde ich gern den Expertinnen und Experten noch einmal kurz
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Sie überhaupt vorstellen. Einen hatte ich vorhin schon vorgestellt, Herrn Professor Dr. Rossi.
Da hatte das den Hintergrund seiner Reisepläne. Ich würde aber jetzt gern aber noch Frau
Professor Dr. Marion Albers von der Universität Hamburg, Fakultät Rechtswissenschaft, vorstellen. Guten Tag, schön, dass Sie da sind. Herrn Professor Dr. Ulrich Karpen, Universität
Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft. Guten Tag, Herr Kollege, wir kennen uns, einige
kennen ihn noch aus alten Zeiten in der Bürgerschaft.
Dann haben wir hier noch Herrn Dr. Manfred Redelfs, Netzwerk Recherche e. V. in Hamburg. Guten Tag. Wir haben noch Professor Dr. Rossi, den ich eben schon vorgestellt habe,
von der Universität Augsburg, Juristische Fakultät, und Herrn Dr. Sönke Schulz, Lorenz-vonStein-Institut für Verwaltungswissenschaften, Christian-Albrecht-Universität Kiel. Guten Tag,
schön, dass Sie da sind.
Ja. Ich glaube, dann haben wir alle noch einmal jetzt die Experten vor Augen, auch wo sie
herkommen und mit welchem Hintergrund.
Ich würde dann tatsächlich jetzt einsteigen wollen in den Fragenkomplex und habe eine Redeliste, die noch offen ist und bin aber offen auch für Redebeiträge und Fragen. Frau
Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Ich weiß jetzt nicht, ob es vielleicht dann doch sinnvoll wäre,
dass die Experten dann ihre jeweilige Präsentation kurz vorbringen, bevor wir mit Fragen
kommen. Vielleicht erübrigen sich manche Fragen auch dadurch. Also, sorry, wenn ich jetzt
eingreife, aber …
Vorsitzender: Ja, dann frage ich aber erst einmal, ob die Expertinnen und Experten überhaupt ein Statement vorab gerne abgeben möchten.
(Zwischenruf Herr Dr. Karpen: Das wurde uns so vorgegeben. Deswegen sind wir
wie immer präpariert.)
(Zwischenruf Frau Dr. Albers: Mir scheint es auch sinnvoll zu sein, dass wir vielleicht
kurz das Statement abgeben, damit einfach die Positionen vielleicht auch schon ein
mal klar sind und dann wäre ja die Fragerunde sinnvoll.)
Ja. Dann machen wir das auch noch vorab. Haben Sie ungefähr den Zeithorizont auch vorgegeben bekommen von der Kanzlei?
(Zwischenruf Herr Dr. Karpen: 10 Minuten)
10 Minuten jeweils.
(Zwischenruf Herr Dr. Rossi: Herr Karpen lügt, 5 Minuten.)
(Zwischenruf Abg. Herr Tabbert: Ich habe 5 gehört, ja.)
Also, damit wir sozusagen einigermaßen zurechtkommen mit der Zeit, bitte ich Sie dann,
sehr effektiv voranzukommen. Dann würde ich doch sagen, beginnen Sie einmal, Frau Marion Albers, mit Ihrem Statement.
Frau Dr. Albers: Ja, vielen Dank. Dem Transparenzgesetz liegt ähnlich wie dem Informationsfreiheitsgesetz die Idee zugrunde, durch mehr Transparenz Demokratie und das Vertrauen in das Handeln staatlicher Organe zu stärken. Das ist sicher im Ansatz eine sehr gute
Idee. Die gleiche Idee liegt den Informationsfreiheitsgesetzen zugrunde, die aber aus verschiedenen Gründen Realisierungsprobleme haben und partiell auch sehr restriktive Zugangsvorschriften beziehungsweise sehr extensive Ausnahmevorschriften haben. Das hat
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aber weniger etwas mit der Verordnung zu tun. Das betrifft jetzt die Frage, in welchem Gesetz man das eigentlich machen sollte, als wie man mit der Ausgestaltung des Gesetzes,
sodass es durchaus auch in Betracht käme, das Informationsfreiheitsgesetz zu novellieren.
Ich möchte einige der innovativen Aspekte des Entwurfs kurz nennen. Kernelement ist sicher
die Kombination eines Informationsregisters mit einem Zugangsanspruch auf Antrag. Das ist
ja eben vorgestellt worden. Die Realisierung der Idee des IFG scheitert heute auch oft daran,
dass die Bürger und Bürgerinnen gar nicht wissen, welche Dokumente, welche Daten bei
welcher Stelle vorhanden sind und wie sie da eigentlich rankommen. Das ist aber zum Teil
auch ein bisschen historisch bedingt, weil früher eben das Arkanprinzip galt, sodass wir im
Grunde ja auch keine Informationskultur haben.
Das IFG des Bundes versucht das mit Informations- und Kommunikationsverzeichnissen und
-plänen zu realisieren. Das ist aber im Grunde eine durchaus altbackene Idee, sodass ein
Internetportal heute eigentlich der modernere Ansatz wäre und sicher auch zukunftsbezogen
und für die Zukunft sehr sinnvoll.
Die einzelnen Aspekte sind dann allerdings Probleme im Detail. Wenn man sich den Gesetzentwurf näher anguckt, muss man sicher sehen, dass bei Dokumenten, die in den Anwendungsbereich des Registers einbezogen sind, einige unproblematisch sind, andere so
undifferenzierbar, aber nicht unbedingt aufgreifbar. Das betrifft Verträge, vielleicht auch Subventions- und Zuwendungsbescheide, Gutachten, Bauanträge. Man muss sich das dann im
Einzelnen angucken. Wie weit das veröffentlicht werden kann in einem so allgemein zugänglichen Register, hängt dann natürlich auch von der Ausgestaltung der Einschränkungen ab.
Ich habe auch grundsätzlich hier Zweifel, das betrifft das Gesetz insgesamt, ob es funktioniert, ein solches Informationsregister und den Zugangsanspruch auf Antrag mit dem gleichen rechtlichen Zugriff zu behandeln. Also ob im Grunde die Zugangsvorschriften und die
Ausnahmevorschriften bei Sachen, die eigentlich veröffentlicht werden könnten in einem
Register, und bei Sachen, die dann doch nur auf Antrag zugänglich sind und auch eine Detailabwägung erfordern, ob das wirklich dann mit einem Gesetz zu machen ist. Zentral- und
Transparenzgesetz ist weiter die Ausweitung des Kreises der betroffenen Stellen, insbesondere weg von alleinstaatlichen Behörden hin zu auch privat ausgestalteten oder privaten
Unternehmen, bei denen die öffentliche Hand dann beteiligt ist. Es wird in der Diskussion im
Moment durchaus drüber diskutiert, ob man nicht auch private Unternehmen in bestimmtem
Umfang zu Veröffentlichungen veranlassen soll im gesetzlichen Wege. Auch das ist eine
Frage der Ausgestaltung im Detail, also keineswegs von vornherein ausgeschlossen. Das
muss man sich im Einzelnen angucken. Es reicht sicher nicht, wenn Unternehmen einfach
ein Darlehen erhalten haben, aber auch private Unternehmen oder Unternehmen, an denen
die öffentliche Hand nur beteiligt ist, könnten durchaus Adressaten sein.
Wesentlich entgegenstehende Rechtsposition ist der Schutz personenbezogener Daten. Das
ist von der Initiative anerkannt. Man muss sich allerdings darüber klar sein, wie viele der
staatlichen Dokumente tatsächlich personenbezogene Daten enthalten, mindestens partiell,
sodass man sich das nicht so vorstellen kann, als gäbe es Dokumente, die ohne Weiteres
veröffentlichungsfähig wären und dann Dokumente, die im Wesentlichen personenbezogene
Daten enthalten. Das ist also im Einzelnen kompliziert. Was das Verhältnis zwischen Informationsfreiheit und Datenschutz wirklich kompliziert macht, ist, dass dem Datenschutz heute
berechtigterweise die Idee des Schutzes nach Maßgabe des Verwendungszusammenhanges zugrunde liegt. Das heißt, man versucht den Datenschutz darauf abzustellen, welche
Beeinträchtigungen die Person, auf die die Daten verweisen, zu befürchten hat, weil jemand
anders die in einem bestimmten Verwendungszusammenhang später nachteilig nutzt und
die Person deswegen bestimmte Nachteile hat.
Es gibt bei Daten also nicht die schlichte Differenz, das sind geheim zu haltende private,
persönliche Daten und das sind Daten, die man ruhig veröffentlichen kann, sondern wir ha-
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ben heute einen relativen Datenschutz, der von der Verwendung der Daten durch andere
abhängt. Und das macht das Ganze unglaublich kompliziert, denn man guckt im Grunde auf
die späteren Verwendungsmöglichkeiten, den Informationsfreiheitsgesetzen und dezidiert ja
auch dem Entwurf des Transparenzgesetzes, liegt aber zugrunde, wir veröffentlichen die
Daten und dann sollen die eigentlich beliebig weiter verwendet werden können im Transparenzgesetzentwurf, auch in einer ganz weitreichenden Weise. Und das ist ein Grundsatzproblem, das so meiner Meinung nach nicht funktioniert. Sobald man mit personenbezogenen Daten zu tun hat, gerät man im Grunde in differenzierte Einzelabwägungen, die dann
schwierig werden.
Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist auch zentral, in vielen Informationsfreiheitsgesetzen reicht er sehr weit. Das Hamburger IFG enthält eine Abwägungsklausel, die allerdings vage gestaltet ist. Begrifflich werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
in der zivilrechtlichen Literatur häufig – das wird gerügt im Transparenzgesetzentwurf – nach
Maßgabe des Willens der Unternehmen bestimmt. Das ist aber auch eine eher ältere Sicht.
Die jüngere Rechtsprechung des BGH und auch des Verfassungsgerichts legt durchaus einen objektiven Maßstab zugrunde, nach dem es darauf ankommt, ob die Publizität der Informationen die Wettbewerbs- und Existenzfähigkeit des Unternehmens gefährdet. Das führt
allerdings auch zu einem relativen, auf Verwendungszusammenhänge und auf die Zusammenhänge, in denen potenziell die Informationen zu einem Schaden führen könnten, auf
denen es darauf ankommt. Und deswegen ist dieser Punkt auch im Detail schwer zu handhaben. Es ist allerdings richtig, hier vielleicht weniger starke Restriktionen einzuführen, als
die meisten Informationsfreiheitsgesetze das vorsehen.
Ja, damit will ich vielleicht bis hierhin auch schließen.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Dann würde ich Herrn Professor Karpen bitten, zu folgen.
Herr Dr. Karpen: Herr Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, das – die Transparenz, die dieses Gesetz tragen soll, hat das Bundesverfassungsgericht
vor etwa zehn Stunden zum letzten Mal sehr deutlich gemacht, als es gesagt hat, bei den
Investitionen, die aus dem europäischen Stabilisierungsfonds vorgenommen werden soll, ist
die größte Transparenz notwendig. Das heißt, ein kleiner Miniausschuss des Haushaltsausschusses, der ein Ausschuss des Parlamentes ist, darf über diese Dinge nur ganz ausnahmsweise entscheiden. Ich will also betonen, dass der Gedanke der Transparenz sehr
wichtig ist. Datenschutz und Informationsfreiheit speisen sich, in wenigen Worten ausgedrückt, aus den wesentlichen Quellen unserer Verfassung, nämlich aus Artikel 1 und 2 für
den Schutz der personenbezogenen Daten, letztlich aus der Menschenwürde, und aus Artikel 5 der so noch nicht ausgeschöpft ist, das heißt, die Informationsfreiheit, den Zugang zu
Informationen sichert. Hinzu kommt der Partizipationsgedanke, der in unserer Zeit wohl über
die Demokratie durchaus weit kritisch geredet wird, immer wichtiger wird und das rechtsstaatliche Argument, dass auch die Verwaltung als eine staatliche Gewalt der Kontrolle des
Parlamentes und des Volkes unterliegen muss.
Man kann das so machen wie nach dem bisherigen Informationsfreiheitsgesetz des Bundes
und der Freien und Hansestadt Hamburg, das heißt, nach dem Antragsprinzip, oder man
kann es nach dem Offenlegungsprinzip machen. Was man nicht so machen kann, meine
sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ist, dass man den Kerngedanken, nämlich
das Informationsrecht des Einzelnen in Paragraf 10 ganz hinten irgendwo versteckt. Der gehört nämlich in Paragraf 1, wie es das Bundesinformationsfreiheitsgesetz auch tut.
Der zweite Gedanke ist, ich habe, wie die Frau Kollegin Albers an mehreren Stellen schon
angedeutet hat, sehr viele Bedenken, was die Klarheit des Gesetzes angeht. Schon beim
Begriff der Behörde, der funktional verstanden werden soll, ist vieles unklar. Was ist etwa
eine „indirekte Beteiligung“ im Paragraf 3 b, da muss Butter bei die Fische, wie die Hamburger das sagen. Die Dokumente, ich stimme Frau Albers voll zu, was ist das im Einzelnen?
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Da wird aufgelistet, aber es ist nicht wirklich klar, was das ist. Was mich am meisten stört, ist,
dass an vielen Stellen abgewogen werden muss, das Informationsinteresse soll das Geheimhaltungsinteresse überwiegen, die informationelle Selbstbestimmung soll zurücktreten
gegenüber dem Interesse an der Auskunftserteilung.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, diese Art Schaukelpolitik mit beiden Händen so
gewichten, dass letztlich nur der, der es formuliert, verstehen kann, warum das so ist, die
wollen wir doch besser dem Bundesverfassungsgericht überlassen. Etwas Gleiches gilt für
die personenbezogenen Daten. Sie können unkenntlich gemacht werden. Das ist eine weite
Ermessensbestimmung an die Verwaltung, die wir an sich heute nicht mehr wollen, weil die
Klarheit des Gesetzes, nämlich die Entscheidung des Gesetzgebers, Vorrang haben sollte.
Ebenfalls unklar ist im Paragrafen 2 Absatz 2, solange und soweit die öffentlichen Interessen
überwiegen, und es gibt auch, soweit die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angeht, ebenfalls das Thema, was eben aufgeworfen ist, wenn ein erheblicher Schaden entsteht. Meine
Damen und Herren, was ist ein erheblicher Schaden? Für den einen sind 20 Euro ein erheblicher Schaden, für andere sind es erst 2 Millionen Euro. Das muss dann das Gericht entscheiden. Mit einem Satz, diesen zweiten Punkt zusammengefasst: Wer solch ein Gesetz
schreibt, wird Rechtsprechung ernten. Genauer gesagt, wer so viel Unklarheiten, Ermessensbestimmungen, unbestimmte Rechtsbegriffe einbaut, schafft im Grunde genommen eine
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Verwaltungsgerichte. Ob das der Sinn parlamentarischer Tätigkeit ist, bezweifle ich.
Drittens, ganz kurz, es ist vorhin gesagt worden, das Gesetz sei nicht, hat Herr Hackmack
gesagt, nicht sehr effektiv und es habe sich nicht bewährt. Nun habe ich mir die Zahlen aus
anderen Ländern angesehen. Ich habe mitgewirkt am Informationsfreiheitsgesetz eines exotischen Staates in den Neunzigerjahren schon, das ist Bosnien-Herzegowina. Ich habe in
Irland mitgearbeitet. In all diesen Fällen hat sich das, was man sich vorstellte, die Journalisten werden sich auf diese Kataloge, auf diese Informationsregister stürzen, nicht bewahrheitet. Das heißt, der Run auf die Vielfalt der veröffentlichten Dokumente hat nicht stattgefunden. Und ich habe mir den Bericht von Herrn Professor Caspar, der dazugekommen ist über
die Jahre 2010 und 2011, einmal angeschaut. Da steht, 444 Anträge, davon sind nur 86 abgelehnt worden. Da kann man doch nicht sagen, dass das ineffektiv ist. Es sind, der überwiegende Teil der Anträge sind mit Erfolg gekrönt worden. Man kann nur sagen, wenn man
das wieder reichlich platt, gebe ich zu, zusammenfasst, hier wird mit dem neuen Gesetz
ziemlich viel Wind mit einem kurzen Hemde gemacht.
Und viertens, in der Tat Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und personenbezogene Daten,
da sind die Regelungen noch unausgegoren und fast würde ich empfehlen zur Ehrenrettung
der hier anwesenden Professoren, einmal gemeinsam ein Seminar über die Konkurrenzverhältnisse der Grundrechte durchzuführen. Vielen Dank.
Vorsitzender: Ja, herzlichen Dank, Herr Karpen, für Ihre deutlichen Worte. Und jetzt würde
ich Herrn Dr. Redelfs gerne vom Netzwerk Recherche e. V. hier in Hamburg zu Wort bitten.
Herr Dr. Redelfs: Ja, herzlichen Dank für die Gelegenheit, hier den Standpunkt von Netzwerk Recherche einzubringen. Das ist eine Journalistenorganisation. Wie der Name schon
sagt, engagieren wir uns für die Stärkung der Rechercherechte und damit gehört natürlich
dann auch die Arbeit an Verbesserung der Informationszugangsgesetze eindeutig dazu. Und
ich bin der Meinung, was die Initiatoren hier vorgelegt haben, das ist ein wirklich überfälliger
Vorstoß, um demokratische Mitwirkungsrechte zu stärken. Also, wir sind uns sicherlich darüber einig, dass erst durch ausreichende Informationen ja überhaupt eine qualifizierte Teilhabe der Öffentlichkeit an politischen Prozessen möglich wird und deswegen sollte es aus
unserer Sicht die Politik auch begrüßen, wenn eine solche Initiative aus der Zivilgesellschaft
heraus gestartet wird, um die Informationsrechte jedes Bürgers zu stärken. Also, etwas Besseres kann ja eigentlich der Politik nicht passieren, als wenn Bürger sich engagieren und
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bewirken wollen, dass sie sich auch besser in den politischen Prozess, informierter einbringen können.
Ich möchte zunächst etwas Allgemeines zu dem Gesetzesvorschlag sagen und dann kurz
auf ein paar Detailregelungen eingehen. Der Ansatz, den die Initiatoren hier gewählt haben,
entspricht den bundesdeutschen, aber erst recht den internationalen Trends bei der Weiterentwicklung der Informationsrechte. Das ist genau die Richtung, die auch gefragt ist. In den
USA ist es etwa seit 15 Jahren in vielen Kommunen eine ganz selbstverständliche Praxis,
dass alle Verträge, die die öffentliche Hand abschließt, umgehend ins Internet gestellt werden. Also, genauso wie die Ergebnisse übrigens von öffentlichen Ausschreibungen. Das
kann man in vielen Kommunen schon seit über zehn Jahren nachlesen. Wir können uns also
am Rechner anschauen, was in Washington etwa die Reinigung der Polizeifahrzeuge kostet,
aber in unserer eigenen Heimatstadt bleiben uns selbst Millionenverträge unbekannt.
Ich möchte in dem Zusammenhang etwas sagen zu dem Aspekt, nach dem Herr Tabbert
gefragt hat, nämlich die Anwendungsmöglichkeit der hier vorgeschlagenen Regelungen. Der
Charme der Nachzüglerrolle, die Deutschland hier einnimmt, ist ja, dass wir andererseits
empirische Erfahrungen haben, auf die wir zurückgreifen können. Also, das Spätkommerland
Deutschland, was die Informationsrechte angeht, kann sehr wohl darauf schauen, was in
anderen Ländern für Erfahrungen gesammelt worden sind. Ein zentraler Einwand ist ja immer die mögliche Überlastung der Verwaltung und die ist in Ländern mit Informationsregistern nicht eingetreten. Ganz im Gegenteil.
Ich habe vor dieser Anhörung einfach einmal auch eine Kommune in den USA angerufen
und mich erkundigt, was das Informationsregister an Aufwand verursacht, wie viele Stellen in
der Verwaltung denn dort zusätzlich eingerichtet werden mussten, und schon meine Frage
an sich stieß auf Verwunderung, weil mir der Gesprächspartner erklärt hat, es sei umgekehrt.
Die Verwaltung hätte eine Entlastung erlebt, das war Prince William County, wo ich mich zu
Testzwecken einfach einmal gemeldet hatte. Der Zuständige im Finanzressort hat mir da
erklärt, dass er jetzt Hunderte von Anfragen, die sonst telefonisch bei ihm landeten, weniger
zu beantworten hätte, weil ja alle das im Internet nachschauen könnten. Und man muss im
Übrigen für diese Erfahrung nicht bis in die USA schauen und nach Prince William County,
es reicht auch der Blick in die Nachbarhansestadt, nach Bremen, wie bereits erwähnt. Auch
der dort für die Umsetzung zuständige Dr. Martin Hagen, bei der Finanzsenatorin für das
Informationsregister zuständig, bestätigt auf Nachfrage ausdrücklich, dass Bremen keine
einzige zusätzliche Stelle der Verwaltung benötigt hat, um dieses Register einzuführen.
Ein zweiter, großer Komplex, wenn es um die möglichen Sorgen in Zusammenhang mit
Transparenzgesetzen geht, sind ja immer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse privater Firmen, die möglicherweise öffentlich werden könnten. Auch das hat sich als unbegründet erwiesen. Dabei kommt es noch zu einer paradoxen Situation, nämlich dass gerade die Staaten sehr weitgehende Transparenzregelungen aufweisen, die auch auf ihre Wirtschaftsfreiheit außerordentlichen Wert legen. Also, sicherlich kann man in den USA auch vieles kritisieren, aber Wirtschaftsfeindlichkeit wird normalerweise amerikanischen Kommunen nicht vorgeworfen. Das kann vielleicht auch diejenigen beruhigen, die in einem öffentlichen Informationsregister eine generelle Gefährdung von Wirtschaftsbeziehungen sehen.
In gleicher Weise kann bei Informationsregistern auch ein guter Ausgleich gefunden werden,
wenn es um den Datenschutz geht. Das sieht man in der Bundesrepublik ja auch schon daran, dass es gerade die Datenschutzbeauftragten sind, die in Personalunion mit für das Informationsfreiheitsgesetz zuständig sind, die sich für solche Register stark machen.
Ein Wort noch zu dem Aspekt der Anträge, weil mein Vorredner das angesprochen hat. Es
ist durchaus so, dass in anderen Ländern erheblich höhere Antragszahlen zustande kommen
als in Deutschland. Ich denke, da haben wir einfach auch das Erbe eines Amtsgeheimnisses
hier zu tragen. Also, in Großbritannien war zum Beispiel das Informationsfreiheitsgesetz und
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auch die dort geschaffenen Register ein wesentlich größerer Erfolg. Es gibt viele Länder, in
denen die Antragszahlen um den Faktor mehrere Dutzend über dem liegen, was wir in
Deutschland haben. Und außerdem ist dazu zu sagen, dass aus unserer Sicht, also aus der
Sicht meiner Organisation, sich demokratische Rechte nicht durch die Quantität ihrer Nutzung legitimieren müssen. Das wäre ein sehr problematisches Argument. Also, bestimmte
demokratische Rechte, ja, die kosten etwas, aber das muss eine Demokratie in Kauf nehmen. Wir würden hier auch nicht vorrechnen, wie häufig bei öffentlichen Gerichtsverhandlungen der Gerichtssaal tatsächlich voll ist, weil es Zuhörer gibt. Aber das Prinzip, dass eine
Gerichtsverhandlung öffentlich stattfindet, ist einfach selbstverständlich. Während das Prinzip der Verwaltungsöffentlichkeit offenbar noch nicht so selbstverständlich ist, es aber durchaus werden sollte.
Nach diesen Vorbemerkungen möchte ich jetzt zu drei Regelungen des konkreten Gesetzentwurfs noch etwas sagen. Also, die Vorlage will ja einer Flucht ins Privatrecht vorbeugen,
richtigerweise, indem Unternehmen der Veröffentlichungspflicht unterworfen werden, bei
denen die öffentliche Hand am Stammkapital zu mehr als 25 Prozent beteiligt ist. Das ist
dieser Paragraf 2 Absatz 3. Damit es da nicht zu einem verfassungsrechtlich problematischen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit kommt, wird normalerweise eine Schwelle bei 50 Prozent der Anteile oder der Mehrheit der Aufsichtsratsmandate für die Kontrolle eines Unternehmens angelegt. Das ist auch das, was ich so aus dem Presserecht kenne, so auch die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn es um den journalistischen Auskunftsanspruch gegenüber Unternehmen geht. Also soweit Informationen von Firmen betroffen sind,
kann man im Übrigen bei der Nachbesserung auch sehr gut auf das gerade novellierte Berliner IFG schauen, weil dort sehr klare Regelungen zum Auskunftsanspruch gegenüber Unternehmen enthalten sind.
Nachbesserungsbedarf sehe ich außerdem beim personenbezogenen Datenschutz. Es ist
auch von den Vorrednern ja schon angesprochen worden, die Formulierung in Paragraf 4,
„personenbezogene Daten können in Veröffentlichungen unkenntlich gemacht werden“, ist
als vage Kann-Bestimmung für die Verwaltung so sicherlich nicht anwendbar. Also, hier
muss deutlich klarer formuliert werden. Das Gleiche gilt auch in Paragraf 3, was die Zugänglichkeit von Bauanträgen betrifft. Also, auch hier ist sicher eine Einschränkung nötig, soweit
keine personenbezogenen Daten betroffen sind.
Und schließlich, und damit komme ich dann auch gleich zum Schluss, wäre noch zu prüfen,
ob die Regelung, dass Verträge 30 Tage vor ihrem Inkrafttreten veröffentlicht werden müssen und dann noch mit einem Rücktrittsrecht versehen werden, überhaupt mit der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes vereinbar sind. Also, der Bund hat ja im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung das Recht zur Regelung des Bürgerlichen Rechts, in diesem
Rahmen also das Vertragsrecht, vollständig geregelt und die Einführung eines solchen Rücktrittsrechts durch die Vorlage der Initiative, das könnte sehr wohl als Eingriff in den Grundsatz der Vertragsfreiheit gesehen werden. Aber das halte ich für einen Punkt, der ist nachbesserbar. Es ist ja für die öffentliche Debatte schon sehr viel gewonnen, wenn überhaupt
geschlossene Verträge ins Internet gestellt werden, so wie das ja momentan noch nicht passiert und wie die Vorlage es sich zum Ziel gesetzt hat. Insgesamt führt der Entwurf meiner
Meinung nach zu einer sehr begrüßenswerten Verbesserung. Das gilt sowohl für die Form
des Informationszugangs, indem Daten ohne Antrag in einem Register sehr bürgerfreundlich
zugänglich gemacht werden, als auch für den Umfang der Daten, die erfasst sind. Und ich
denke, die Punkte, die hier kritisch zu benennen sind, die sind sehr leicht reparabel. Auf keinen Fall stellen diese Kritikpunkte einen Grund dar, wegen einiger handwerklicher Schwächen das absolut richtige und notwendige Ziel des Entwurfs insgesamt infrage zu stellen.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Ich denke, wir können jetzt nach der Reihe vorgehen, noch
sind Sie ja da und wir sind ja noch ganz gut in Zeit. Ich würde ganz gern Herrn Dr. Schulz
jetzt bitten, uns ein bisschen etwas zu sagen.
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Herr Dr. Schulz: Vielen Dank, Herr Vorsitzender, für die Möglichkeit, hier Stellung zu nehmen. Man hat jetzt, je weiter man in der Reihe sitzt, das Problem, etwas Neues noch zu finden, aber ich werde es versuchen. Also – mein, wenn ich das richtig verstanden habe, zielt
die Initiative ja selbst im Grunde auf zwei wesentliche Punkte. Einerseits geht es darum,
Umkehrung, vom Antragsverfahren weg, hin zu einer proaktiven Bereitstellung. Das ist so
aus meiner Sicht einer der Schwerpunkte. Und, auch wenn das jetzt in der Präsentation nicht
so durchkam, ist der zweite Schwerpunkt aus meiner Sicht die Begrenzung der Ausnahmetatbestände, was personenbezogene Daten, Verträge, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
und Ähnliches angeht.
Sozusagen vorab meine Wertung des Ganzen. Den ersten Aspekt, die Umkehrung weg vom
Antragsverfahren hin zu proaktiver Veröffentlichung, die ist im Grundsatz zu begrüßen. Auch
wenn ich glaube, dass das Gesetz an einigen Stellen tatsächlich noch Nachbesserungsbedarf hat, weil es Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung im Umgang mit Daten nicht
vielleicht berücksichtigt. Das zielt auch so ein bisschen in die Richtung, ist das Ganze praktikabel für die Verwaltung. Dazu würde ich gern am Ende auch noch ein bisschen etwas sagen.
Was den zweiten Punkt angeht, ich glaube, da sind wir uns, bin ich mit den Vorrednern,
stimme ich weitgehend überein, was den Schutz personenbezogener Daten angeht und
auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, glaube ich, geht der Entwurf, so
wie er jetzt vorliegt, an einigen Stellen deutlich zu weit, insbesondere auch, was den Bestimmtheitsgrundsatz angeht, ob das so handhabbar ist.
Zum ersten Teilaspekt, also der Frage „Umkehrung, weg vom Antragsverfahren“ würde ich
gern sozusagen ein paar grundlegende Dinge sagen. Ich glaube, das fügt sich gut ein in die
Debatte, die unter dem Stichwort Open Government, Open Data, das wurde ja auch angesprochen, geführt wird, worunter man eben klassischerweise nicht nur Transparenz, sondern
Partizipation und Kooperation mit Bürgern versteht und auch aus meinem Verständnis ist die
Transparenz eigentlich der erste Schritt. Partizipation und Kooperation mit der Zivilgesellschaft, mit Bürgern macht nur Sinn, wenn man auf einer gleichen Informationsgrundlage
handelt. Insofern ist es, glaube ich, nachhaltig zu begrüßen. Ob das die Verwaltung nicht
doch an einigen Stellen hier vor Herausforderungen stellt, glaube ich allerdings anders, auch
wenn das Gesetz ja im Paragraf 1 schön betont, dass die Handlungsfähigkeit der Verwaltung
nicht eingeschränkt werden soll. An dem einen oder anderen Punkt ist das vielleicht anders.
Ich würde gern noch zwei weitere Aspekte, neue Aspekte, die bisher nicht angesprochen
wurden, in die Debatte einbringen. Einerseits die Frage, die Berücksichtigung von Entwicklungen auf der Bundesebene im Bereich Open Data, auch gesetzlicher Natur. Es gibt ein
Gesetzesentwurf zu einem E-Government-Gesetz des Bundes, der sich auch mit der Veröffentlichung von Daten proaktiv einer Verpflichtung aller öffentlichen Stellen, und vom Anwendungsbereich sollen da eben auch Landesbehörden, soweit sie Bundesrecht vollziehen,
drunterfallen, sodass ich glaube, diese Entwicklungen, die dort stattfinden, muss man in einem solchen Gesetzgebungsverfahren auf jeden Fall mit berücksichtigen. Und das gilt auch
für Aktivitäten des Bundesinnenministeriums, die eine Studie beauftragt haben, die Grundlagen für den Bereich Rechtsrahmen, Nutzungsbedingungen, Lizenzen von Open Data und
Ähnlichem entwickeln sollen. Das nur als Hinweis, dass man das vielleicht im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mit berücksichtigt.
Und ein weiterer Punkt, der bisher in der Debatte gar nicht auftaucht, den man, glaube ich,
aber nicht vernachlässigen darf, ist, dass Open Data nicht nur den Transparenz-, den Demokratiehintergrund hat, sondern Open Data durchaus auch wirtschaftliche Bedeutung haben
kann. Die Daten, die dort veröffentlicht werden, werden eben nicht nur von der Zivilgesellschaft, von Bürgern zu Demokratieprozessen verwendet, sondern können unter Umständen
auch Grundlage von wirtschaftlichen Anwendungen. Sie sprachen von Apps, die da programmiert werden und Ähnlichem. Also, damit verdient irgendwann möglicherweise einer
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Geld, sodass man hier, glaube ich, die daraus resultierenden Folgen mit berücksichtigen
muss. Also, im Bereich Lizenzen, Nutzungsbedingungen, Sie haben – das Gesetz geht da im
Grunde gar nicht drauf ein, geht von einer völlig freien Weiterverwendung, so habe ich es
verstanden, aus. Eben in Ihrer Präsentation stand nur, dass die Daten einsehbar sind, öffentlich. Das ist schon eine Diskrepanz, die man, glaube ich, aufklären müsste. Also die Fragen,
was darf ich mit diesen Daten machen, darf ich sie auch kommerziell weiterverwenden, ist
ein Punkt, der, glaube ich, zu diskutieren ist.
Auf Einzelheiten möchte ich eigentlich gar nicht so weit eingehen. Ich glaube, was sehr wichtig ist, was auch schon die Vorredner angesprochen haben, der Anwendungsbereich, also
der Behördenbegriff, ist für mich auch nicht hinreichend klar an einigen Punkten. Insbesondere stellt sich für mich die Frage im Paragrafen 2 Nummer 3, die besteht aus einem Satz 1
und aus einem Satz 2, „das Verhältnis hier zu zählen“, beginnt der zweite Satz, das Verhältnis von Satz 1 und Satz 2 ist mir nicht ganz klar, weil, Sie haben das Beispiel auch angeführt, der Abschleppunternehmer, den würde ich unter den Satz 1 fassen. Und da würde ich
dann mir die Frage stellen, wie weit geht die Veröffentlichungspflicht bei einem einfachen
Vertrag, einem Dienstleistungsvertrag, den die öffentliche Verwaltung mit einem Privaten
abschließt, was man ja unter die Einbindung in öffentliche Aufgaben subsumieren könnte.
Abschließend vielleicht noch so ein paar Aspekte für die Verwaltungspraxis. Ich glaube, der
Punkt – es soll innerhalb von zwölf Monaten die technischen Voraussetzungen geschaffen
werden. Also, ich glaube, das ist doch eine enorme Herausforderung. Inwieweit man das
gesetzlich verpflichtend vorgeben kann und sollte, bedarf, glaube ich, einer Diskussion und
insbesondere, wenn man verfolgt, dass auch auf Bundes- und auf anderen Landesebenen
Aktivitäten stattfinden. Man sollte da sich Gedanken über Standardisierungen und Ähnliches
machen, sodass vielleicht diese zwölf Monate – man will natürlich möglichst schnell realisieren – vielleicht etwas zu kurz gesprungen sind. Und, ich glaube auch, dass die neuen Anforderungen daran, dass Urheberrechte abzubedingen sind in vertraglichen Vereinbarungen,
die Verwaltungen durchaus vor Herausforderungen stellen können. Ich komme aus dem
Wissenschaftsbereich. Wenn ich mir vorstelle, ich schreibe ein Gutachten für die öffentliche
Verwaltung und meine Urheberrechte sind damit weg, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ich mache das Ganze nicht oder das Ganze wird teurer. Das sind, glaube ich, Konsequenzen, die man sich da vielleicht für die Verwaltungspraxis noch einmal vergegenwärtigen
sollte. Und insofern meinem Vorredner muss ich auch recht geben, ich glaube auch, es gibt
Bereiche, gerade in diesem Schnittwerk Urheberrecht, wo die Gesetzgebungskompetenz
fehlt. Sie hatten das Rücktrittsrecht angesprochen. Es gibt auch eine Regelung zu Altverträgen, eine Pflicht zur Nachverhandlung. Wenn die Nachverhandlung erfolglos ist, wird trotzdem veröffentlicht. Ich glaube, die Regelungsbefugnis in bestehende Verträge einzugreifen,
steht dem Landesgesetzgeber hier auch nicht unbedingt zu. Vielen Dank.
Vorsitzender: Ja, herzlichen Dank. Jetzt würde ich dann Herrn Professor Rossi gerne das
Wort geben.
Herr Dr. Rossi: Haben Sie vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich sehr, heute hier im
Norden einmal wieder zu sein, wo ich ursprünglich auch herkomme. Und jetzt, da ich in Bayern bin, bedaure ich, dass die Initiative hier in Hamburg tätig wird und nicht gerade in Bayern, wo es noch nicht einmal ein einfaches Informationsfreiheitsgesetz gibt. In Hamburg dagegen, habe ich mich sehr gewundert über die Initiative, weil ich der Auffassung bin, dass
das derzeitige Hamburger Informationsfreiheitsgesetz in seiner Fassung aus dem Jahr 2009
durchaus ordentlich ist und auch ausreichend und vielleicht in Punkten, verschiedenen Punkten angepasst werden könnte noch an modernere Entwicklungen, aber im Großen und Ganzen, ich glaube, dass das Hamburger IFG schon recht weit geht.
Der Kernpunkt ist natürlich die Umkehr vom passiven Informationszugangsanspruch hin zu
einer, wie Sie es nennen, proaktiven Informationszugangspflicht. Und auch das haben fast
alle Vorredner betont, ist im Prinzip auch begrüßenswert. Ob der Staat das nämlich vielleicht
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von Anfang an schon so machen sollte oder wie es jetzt ist, ob es private Initiativen gibt, wie
„befreite-akten.de“ oder was es da noch so alles im Internet gibt, die sämtliche Informationen, die irgendwann einmal zugänglich gemacht wurden, dann bereitstellen, also so Art Privatinformationsregister vorhalten. Das macht dann natürlich keinen Unterschied mehr. Also,
im Großen und Ganzen würde ich die prioritäre, aktive Informationspolitik auch begrüßen.
Aber zwei Punkte muss man, glaube ich, schon sehen. Erstens war Ihr Kostenargument. Sie
bedauern, dass sozusagen nach dem Informationszugangsrecht Gebühren entstehen. Und
da glaube ich schon im Unterschied auch zum Sachverständigen Redelfs, dass man hier
schon quantifizieren kann, jedenfalls wenn man Politiker ist. Als Verfassungsrechtler ist es
egal, aber als Politiker muss ich mir doch überlegen, ob ich 444 Leuten, die einen Antrag
stellen, zumute, bis zu 500 Euro dafür zu zahlen, oder ob ich auf Kosten aller Steuerzahler
die gesamte Verwaltung verpflichte, ständig Informationen in einem Informationsregister einzuspeisen. Ich glaube, politisch kann man sich und darf man sich diese Frage stellen.
Ein zweiter Punkt im Zusammenhang mit der aktiven Veröffentlichungspflicht ist die Frage,
wen sie trifft. Da kommen wir wieder auf den Behördenbegriff zu sprechen. Das haben auch
verschiedene Sachverständige schon gesagt. Und wenn Sie hier Private mit hineinnehmen,
dann muss man immer berücksichtigen, dass diese Privaten dafür gar nicht ausgebildet sind.
Die können diese Abwägung im Vorhinein nicht treffen, welche Informationen zugänglich
gemacht werden können und welche nicht. Und dementsprechend glaube ich, dass hier ein
gewisses Risiko da liegt, dass man grundrechtsrelevante Informationen Privaten überlässt.
Ich will damit nicht sagen, dass die das nicht freistellen sollen, aber verschiedene andere
Informationsfreiheitsgesetze wählen dann ja den Weg, dass diejenigen, die sich dieser Privaten bedienen, dazu verpflichtet sind. Also, in Anführungszeichen, ich nenne es jetzt einmal,
„die führende Stelle“ sozusagen.
In Anknüpfung dann auch an diesen Behördenbegriff wieder stellt sich die Frage, ob die tatsächlich Verwaltungsakte erlassen können. Wir haben das im Umweltinformationsgesetz
zwar auch, dass Private tatsächlich, in Anführungszeichen jedenfalls, „Bescheide erlassen“,
aber unproblematisch ist das nicht. Auch hier würde ich drüber nachdenken, ob man nicht
dann doch wieder die staatliche, die öffentliche Stelle in die Pflicht nimmt und nur mittelbar
dann sozusagen die Privaten, um da nicht missverstanden zu werden.
Im Folgenden will ich mich dann noch auf drei Punkte beschränken, die in meinen Augen zu
wenig angeklungen sind. Das eine betrifft noch einmal den Schutz personenbezogener Daten. Da hat eigentlich Marion Albers schon den Finger in die Wunde gelegt. Hier ist das eigentliche Problem, dass der Datenschutz zweckorientiert ist und das Informationsfreiheitsgesetz letztlich ja davon ausgeht, dass Informationen dann vollständig zugänglich sind, egal zu
welchem Zweck. Es ist überhaupt nicht absehbar, zu welchem Zweck die personenbezogenen Daten hinterher einmal verwendet werden. Und hier ist ein Grunddilemma im Informationsfreiheitsrecht, auch in den geltenden Informationsfreiheitsgesetzen im Übrigen, das aber
das Transparenzgesetz Hamburg nicht löst, nämlich die Frage, wie man abwägt.
Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf, und vor allen Dingen dann auch in den Erläuterungen
dazu, dass das öffentliche Informationsinteresse überwiegen muss, und schreiben in den
Erläuterungen, bloße Ausforschungsinteressen würden nicht genügen. Aber wie soll ich das
denn gewichten, wenn ich doch den Informationszugang gar nicht begründen muss? Ich
muss ja gar nicht darlegen, wozu ich diese Information haben will. Das ist ja gerade der Clou
des Gesetzes. Das macht aber dann eben auch die Gewichtung so schwer. Das heißt, ich
muss eigentlich mit dem abstrakten Gewicht der Zugänglichkeit in die Abwägung hineingehen, und das wiederum bedeutet aber auf der anderen Seite, dass ich den Grundrechtschutz
personenbezogener Daten eigentlich vergessen kann. Und das kann ich mir nicht vorstellen,
dass der Chaos Computer Club das mitträgt. Da müsste man sozusagen eher von der anderen Seite kommen und immer vom denkbar größten Risiko für die personenbezogenen Daten ausgehen, was dann allerdings bedeutet, dass Sie möglichst wenig nur freistellen können. Dieses Grundproblem, das wäre schön, wenn das angegangen wäre.
- 20 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Ein zweites Problem im Zusammenhang mit den Ausnahmen sind die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Hier würde ich sogar die klare Position vertreten, dass es unzulässig ist,
diesen Begriff hier im Hamburger Landesverfassungs- – im Hamburger Gesetz zu definieren.
Dieser Begriff ist mittlerweile durch das Bundesverwaltungsgericht, vor allen Dingen aber
auch durch das Bundesverfassungsgericht, so hinreichend klar definiert, und übrigens nicht,
wie vorgetragen wurde, basierend auf der Willenstheorie, sondern da gibt es durchaus objektive Komponenten, die eine Information zum Betriebs- und Geschäftsgeheimnis werden lassen, sie sind so hinreichend klar definiert vom Bundesverfassungsgericht, auf der Grundlage
des Artikel 12 und 14 des Grundgesetzes, dass ich nicht durch ein Landesgesetz diesen
grundrechtlichen Schutz verringern kann.
Und der letzte Punkt, der mir auch am Herzen liegt, sind die Gesetzgebungskompetenzen,
das ist ja mehrfach schon betont worden, sowohl in Bezug auf das Urheberrecht als auch in
Bezug auf das Rücktrittsrecht, glaube ich, geht der Entwurf viel zu weit. Das ist rechtlich in
meinen Augen nicht möglich, das zu regeln. Politisch wäre es möglich, dem Senat vorzuschreiben, bestimmte Verträge eben nur zu schließen oder nicht zu schließen. Aber diese
rechtlichen Folgen kann ich daran nicht knüpfen. Ich kann ihm Vorgaben machen, nur dann
muss man sich darüber im Klaren sein, dass man den Hamburger Senat möglicherweise in
eine Situation bringt, in der er mit anderen Ländern, mit anderen Landesregierungen nicht
konkurrieren kann. Der Hinweis auf die Rechtsvergleichung hilft da in meinen Augen wenig.
Wenn Sie sagen, jede Norm für sich genommen gibt es in irgendeinem Staat oder in einem
Bundesland auf dieser Welt, in der Bundesrepublik Deutschland, dann, in der Tat, ist das
genau das Problem. Sie nehmen sich, um jetzt einmal einen sehr plumpen Vergleich zu wählen, aus verschiedenen internationalen Küchen immer schöne Spezialitäten heraus, aber das
Gericht, das dabei herauskommt, schmeckt nicht mehr. Deshalb, glaube ich, muss man dieses Gesetz reduzieren, man muss es vor allen Dingen gesetzestechnisch anpassen, da sind
noch erhebliche Mängel. Ich glaube nicht, dass man es von heute auf morgen lösen kann, da
braucht man mehr als ein Wochenendseminar dazu. Im Grundsatz, das möchte ich dann
allerdings doch noch einmal betonen, glaube ich, dass jedenfalls die aktive Veröffentlichungspflicht in die richtige Richtung geht, wobei die Möglichkeit dazu auch im jetzigen
Hamburger Informationsfreiheitsgesetz schon gegeben ist. Zwar nur sehr mittelbar, indem es
heißt, man kann Anträge ablehnen unter Verweis auf Publikation im Internet, aber diese
Möglichkeit ist vielleicht das bessere und mildere Mittel, und vielleicht lernt die Verwaltung,
lernt der Senat selbst, dass er dadurch erstens Vertrauen schafft und zweitens sich Arbeit
vom Hals schafft, indem er möglichst viele unproblematische Informationen ins Netz stellt.
Vielen Dank.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Professor Rossi. Ich würde jetzt gerne noch einmal vorschlagen, dass wir Herrn Professor Dr. Caspar die Möglichkeit geben, kurz das, was er uns
schriftlich gegeben hat, auch noch einmal zu erläutern. Er war vorhin ja noch nicht da, aber
jetzt, finde ich, sollte er die Gelegenheit auch bekommen. Und dann können wir, glaube ich,
einsteigen. Wenn das auf Zustimmung so fällt, dann würde ich gerne so verfahren. Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Ja, vielen Dank, Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren. Zunächst
einmal liegt unsere Stellungnahme vor, das, denke ich, ist wahrscheinlich dann auch öffentlich. Wäre jedenfalls von meiner Seite – gäbe es da keine Bedenken.
Zunächst einmal grundsätzlich begrüßen wir deutlich die Initiative. Daten sind der Rohstoff
der digitalen Gesellschaft. Daten vermitteln soziale Kontrolle, vermitteln Herrschaft, vermitteln aber auch auf der anderen Seite die Kontrolle dann von Herrschaft, und insofern ist es
ganz entscheidend, dass wir den Begriff der Demokratie eben in den Bereich der Transparenz, in den Bereich der Open Government tragen, dass demokratische Prozesse eben generiert werden durch Wissen der Betroffenen, von Daten der Verwaltung und flankiert werden von entsprechenden Zugangsansprüchen der Bürgerinnen und Bürger zu diesen Daten.
- 21 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Insofern sind wir auf einem Weg hin vom Amtsgeheimnis über die beschränkte Aktenöffentlichkeit zu einem proaktiven, im Prinzip auch antragsunabhängigen Informationsanspruch
von Bürgerinnen und Bürgern. Und das bildet sich hier eben sehr schön ab durch die parallele oder durch das kumulative Moment eines antragsabhängigen Anspruchs und eines antragsunabhängigen Anspruchs.
Ich habe ein paar Ausführungen zu Defiziten dieses Gesetzentwurfs gemacht, die ich auch
deutlich sehe und die hier in der Diskussion auch schon angeklungen sind. Ich habe hier
unter anderem die Probleme zunächst einmal gehabt, mit den öffentlichen Stellen nach Paragraf 2, hier scheint mir die Definition nicht sehr gelungen. Und wenn wir davon ausgehen,
dass hier Behörden und auch Private letztlich von dieser Informationsverpflichtung umfasst
sind, haben wir ein grundsätzliches Problem, nämlich das Problem der Gesetzgebungskompetenz. Wir sind ja hier im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, Recht der Wirtschaft,
wenn man dann so will, hat der Bund ein Informationsfreiheitsgesetz erlassen auf diesem
Sektor für Bundesbehörden. Er hätte die Möglichkeit gehabt, dieses eben auch auf Privatsubjekte zu erstrecken, wenn er gewollt hätte. Das hat er nicht gemacht. Insofern liegt
keine Regelungslücke vor, die dem Bundesland Hamburg jetzt es ermöglichen würde, etwa
private Stellen mit in diese Informationsverpflichtung hineinzunehmen. Also, insofern wäre
für diesen Paragrafen 2 aus meiner Sicht eine Klarstellung zumindest erforderlich.
Wir haben dann im Bereich des Paragrafen 3 den Anwendungsbereich des künftigen Informationsregisters, also den Anwendungsbereich antragsunabhängig zu veröffentlichender
Informationen. Hier ist durchaus problematisch, dass dies eine Aufzählung ist, die letztlich
nicht abschließend erscheint. Am Ende wird letztlich die Behörde in das Ermessen versetzt,
alle weiteren Informationen von öffentlichem Interesse ebenfalls zu veröffentlichen. Und da
haben wir natürlich Probleme, hier liegen wir so ein bisschen im Clinch mit dem Datenschutzrecht, auch das kam ja in der Diskussion schon heraus. Das ist unsere große Sorge.
Hier muss klar werden, welche Informationen werden denn von dieser Veröffentlichungspflicht erfasst. Es darf nicht sein, dass die Bürger plötzlich über Nacht durch solche Automatismen der Verwaltung dann praktisch mit ihren Daten in die Öffentlichkeit gezogen werden.
Insofern wäre es sinnvoll, entweder diesen Katalog zu beschränken oder ganz konkret zu
sagen, sind öffentlich Informationen zu stellen, soweit davon personenbezogene Daten nicht
betroffen sind. Insofern, also auch hier bitte ich dann um eine Klarstellung, die dann im
Dienst des Datenschutzes wäre.
Paragraf 4 betrifft dann den Schutz personenbezogener Daten, und hier haben wir es in Paragraf 4 Absatz 1 mit einer nicht gelungenen, muss man deutlich sagen, Abwägungsregelung
– eigentlich ist es keine Abwägungsregelung – zu tun, denn es ist eine Ermessensregelung,
bei der eigentlich gar nicht klar wird, nach welchen Kriterien die Verwaltung gebunden ist.
Personenbezogene Daten, heißt es dort, können in Veröffentlichungen unkenntlich gemacht
werden. Das ist natürlich zu wenig. Sie müssen sogar unkenntlich gemacht werden, wenn
die betroffenen Interessen hier das schutzwürdige Interesse der Informationsfreiheit überwiegen. Und das muss man deutlich auch hier in den Absatz 1 schon reinschreiben, sonst
bekommt man nämlich nachher, gerade mit Blick auf die antragsunabhängig zu veröffentlichen Daten eine Schlagseite und bekommt die eigentlich nicht mehr unter Kontrolle. Also,
auch hier muss man deutlich sehen, der Datenschutz ist hier stärker zu verankern.
Im Übrigen, bei den antragsabhängigen Abwägungsregelungen, da darf ich auch noch einmal drauf hinweisen, setzt dieses Gesetz hier die Tradition des Informationsfreiheitsgesetzes, das wir ja bereits haben und das sich im Grund auch bewährt hat, fort. Das sind genau
die Formulierungen, die das alte Gesetz hat. Und insofern sehe ich da auch kein Problem in
der Frage antragsabhängiges Begehren auf Information gegen schutzwürdige informationelle
Selbstbestimmungsinteressen der Betroffenen. Hier ist deutlich, dass es eben nicht ausreicht, dass der Betroffene nur Informationen haben will, er braucht ein schutzwürdiges Interesse an der Information. Also, er muss hier sozusagen ein gesteigertes Interesse vorwei-
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sen. Insofern müssen wir auch sehen, es gibt zwei verschiedene Wege, an Informationen
heranzukommen, einmal den antragsabhängigen Weg und einmal den antragsunabhängigen
Weg, und für den antragsabhängigen Weg gelten hier andere Regelungen und Regularien
und andere Verfahren. Insofern also, denke ich, kann man hier keine durchgreifenden Bedenken erkennen.
Weiterhin mag man vielleicht noch hinzufügen, dass wir durchaus positiv zu bewertende
Neuerungen auch sehen. Also, wenn wir Kritik üben, müssen wir natürlich auch positiv etwas
dazu hier beitragen, denn da kann man nur sagen, hat sich bei der – die Abschaffung der
Ablehnungsfiktion etwas durchgesetzt, was wir ja bereits auch im letzten Informationsfreiheitsbericht gefordert haben. Es geht nämlich darum, dass Anträge, die nach einer bestimmten Zeit nicht beschieden wurden, als abgelehnt gelten, also eine negative Fiktion. Das ist
natürlich eine Regelung, die die Rechte des Bürgers beschneidet, ohne dass die Verwaltung
irgendetwas getan haben muss. Das geht im Prinzip gar nicht. Gehen wir davon aus, dass
das Informationsfreiheitsinteresse grundrechtlich geschützt ist, was natürlich nicht ganz unproblematisch ist, dann wäre das sogar ein Verfassungsverstoß. Also, insofern, diese Ablehnungsfiktion ist dann auch letztlich nicht mehr in dem Gesetz drin.
Die Regelung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse scheint mir im Wesentlichen gelungen. Wir müssen ja sehen, dass wir auch in der Vergangenheit erhebliche Probleme mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hatten bei antragsabhängigen Begehren von Bürgerinnen und Bürgern. Zu schnell war es der Verwaltung möglich, mit Hinweis auf bloße Betriebsund Geschäftsgeheimnisse den Antrag abzulehnen. Und zu oft ist es dann auch gelungen,
dass die Bürgerinnen und Bürger sich nicht mehr dagegen zur Wehr gesetzt haben. Jetzt
geht es um die Umkehrung der Argumentationslasten, die ich begrüße, und letztlich auch um
klarere Abwägungsregelungen zugunsten des öffentlichen Interesses auf Zugang zu den
Informationen. Das insbesondere mit Blick auf Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge
und dem öffentlichen Eigentum scheint mir auch ganz geboten, weil in dem Bereich eine
erhöhte Informationspflicht des Staates besteht, die wir dann auch entsprechend dieser Abwägungsregularien hervorheben sollten.
Insgesamt sollte man auch noch den recht systematischen Charakter hier dieser Gesetzgebung noch einmal deutlich machen. Wir sind ja hier – hier wird ja nicht das Rad neu erfunden. Es gibt ja bereits in Berlin, aber auch in Bremen, also zwei Stadtstaaten, auch das sicher kein Zufall, dass es Stadtstaaten sind, bereits diese Regeln im Wesentlichen ja auch
deckungsgleich. Wenn man so will, kumuliert das Ganze hier in Hamburg. Man hat sich
sozusagen auch die Regelungen aus den beiden Bereichen genommen, die am weitesten
gehen, und hat die auch noch ein bisschen angereichert. Aber es ist nicht etwa etwas Neues. Also, gerade, was die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anbelangt, einerseits, und
das Informationsregister, sind diese Regelungen im Prinzip schon in Kraft. Und es ist sicher
auch einmal interessant oder es wäre sicher interessant einmal, Vertreter aus diesen Ländern zu fragen, ob es wirklich ein großes Problem macht der Verwaltung, diese Regelungen
auch anzuwenden.
Ja, insgesamt also unser Petitum, durchaus ein sehr mutiger und auch guter Ansatz, der
unser Gemeinwesen hier in Hamburg nach vorne bringen würde, den demokratischen Prozess optimieren würde, die Mitbestimmung von Bürgerinnen und Bürgern deutlich stärkt,
sodass wir, vorausgesetzt, dass die eben geschilderten Defizite beseitigt werden, durchaus
hinter der Initiative stehen. Danke.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Professor Caspar. Ich würde sagen, dass wir jetzt dann
eintreten, nachdem wir die Experten und Expertinnen haben zu Wort kommen lassen. Ich
würde mich dann an den Überschriften, die wir vorhin so auch einvernehmlich unter uns besprochen haben, gerne halten. Noch einmal so für die Kolleginnen und Kollegen zur Erinnerung, wir wollten uns zuerst dem Thema Behördenbegriff widmen, dann kommt das Thema
Reichweite der Veröffentlichungspflicht, als dritten Punkt haben wir Schutz personenbezoge-
- 23 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
ner Daten. Und dann haben wir noch einmal so einen Punkt, Themen, die da nicht drunterfallen, aber trotzdem von Interesse sind und wichtig sind. Und ich würde dann auch jetzt erst
einmal mit dem ersten Teil beginnen wollen, das ist der Behördenbegriff, der ist ja auch von
allen Experten in verschiedenen Beleuchtungen angesprochen worden, und habe auch
schon bereits Meldungen von Rednern, das ist, ich lese es einmal vor, das ist Herr Tabbert,
das ist Herr Müller, meine Wenigkeit, Herr Ritter, und ich sehe, Frau Spethmann möchte
auch etwas fragen. Und – Sie möchten zurückziehen, Herr Ritter? Gut, dann kommen Sie
später vielleicht noch einmal. Herr Steinbiß, ja. So, Herr Tabbert, Sie haben das Wort.
Abg. Urs Tabbert: Ja, meine erste Frage richtet sich an die Vertreter der Initiative. Wir hatten ja gerade auch schon von dem Landesdatenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragten Kritik gehört zu Paragraf 2 Absatz 3 und dort eben auch das Verhältnis, ich glaube, es
wurde vorhin auch schon mehrfach thematisiert, zwischen Satz 1 und Satz 2. Ich wollte jetzt
einmal die Initiatoren fragen, wie sie das Verhältnis sehen. Sehen Sie es denn so wie in dem
heute oder der Stellungnahme des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, dass sozusagen der Satz 1 immer notwendige Zusatzvoraussetzung für
dann die in Satz 2 aufgeführten Adressaten ist? Und dann daran anschließend – oder, nein,
ich belasse es erst einmal dabei, damit wir nicht zu sehr durcheinanderkommen.
Vorsitzender: Wer möchte von den – von der Volksinitiative darauf antworten?
Herr Leilich: Wir haben ja im Wesentlichen im Auge, dass Behörden Stellen sind, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen beziehungsweise sich anderer zur Erfüllung dieser Aufgaben
bedienen. Das ist der Kernpunkt, den wir ansteuern. Wir wollen also nicht Auskünfte über
privatrechtliche Aufgaben von einzelnen Unternehmen, sondern wir wollen nur die Erfüllung
der Aufgaben, bei der eben diese Aufgaben auch wahrgenommen werden. Insofern ist diese
Aufzählung, die da als Zweites folgt, eher vielleicht eine, sagen wir einmal, erläuternde Definition, vielleicht müsste man das in die Begründung übernehmen.
Vorsitzender: Reicht Ihnen das erst einmal als Antwort, Herr Tabbert, oder –
Abg. Urs Tabbert: Ja, also, das finde ich jedenfalls interessant. Die Frage ist dann tatsächlich, wenn das so ist, warum man das dann weder in die Begründung und dann auch überhaupt nicht gleich in den Gesetzestext eigentlich hineingeschrieben hat. Das hätte wahrscheinlich einiges an Konfusion erspart. Darf ich daran anschließend noch eine Frage stellen
in diesem – zu dieser Norm?
Vorsitzender: Ja.
Abg. Urs Tabbert: Und zwar, der ja hier auch eben schon erwähnte Paragraf 2 Absatz 3 b,
die Frage zu den Unternehmen, an deren Stammkapital die öffentliche Hand direkt oder indirekt zu mehr als 25 Prozent beteiligt ist, dass das mit den Darlehen und Bürgschaften problematisch ist, hatten wir vorhin schon mehrfach gehört. Aber noch einmal zu den 25 Prozent.
Das ist ja wohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts so, dass es sich
dort dann eben auch um Grundrechtsträger handelt. Und deswegen meine Frage, jetzt einmal insbesondere an die hier anwesenden Professoren, aber an alle Experten, die sich dazu
sozusagen für auskunftsfähig halten, gerne auch, inwieweit halten Sie das vor dem Hintergrund insbesondere von Artikel 12, der ja dann auch sozusagen zugunsten hier der Adressaten, sage ich einmal, wirkt, für verfassungskonform, eine solche Regelung?
Vorsitzender: Ja, dann gebe ich einmal an die Expertinnen und Experten zurück. Hat jemand schon spontan die Neigung, etwas zu sagen, zu antworten?
Frau Dr. Albers: Spontan hängt das zum Teil von der Antwort auf Kompetenzfragen ab, das
hat Herr Caspar schon ausgeführt, ob man etwa der Meinung ist, dass der Bund mit dem
Informationsfreiheitsgesetz diesen Bereich abschließend und erschöpfend geregelt hat. Das
- 24 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
wäre Voraussetzung, das müsste man sich im Einzelnen angucken. In der Sache würde ich
sagen, dass Artikel 12 einer Verpflichtung privater Unternehmen zur Veröffentlichung bestimmter Sachen nicht von vornherein entgegensteht. Ob das dann möglich ist, das so weitreichend zu gestalten, wie das hier im gesamten Gesetz, zugeschnitten auf staatliche Behörden, angelegt ist, ist ein Problem. Und man müsste sich das dann sicherlich detailliert
angucken. Als Pauschalregelung wäre es wahrscheinlich nicht in der Form möglich.
Vorsitzender: Nicht möglich. Ja. Nicht möglich.
Frau Dr. Albers: Nicht in der Form und nicht als Pauschalregelung, aber in Einzelfällen
schon. Aber vielleicht kann ich dazu sagen, es gibt ja durchaus Veröffentlichungspflichten
privater Unternehmen. So ist es ja nicht, dass sie nichts veröffentlichen müssten. Insofern
muss man eben im Einzelnen gucken.
Vorsitzender: Gibt es noch Ergänzungen? Sonst würden wir in der Fragestellung weiter
fortfahren. Ja? Herr Schulz?
Herr Dr. Schulz: Vielleicht auch – Also, ich teile das, glaube ich, dass das so pauschal nicht
möglich ist. Vor allem, wenn man sich auch dann vergegenwärtigt, dass natürlich auch als
Grundrechtsträger die hier Erfassten auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen für sich geltend machen können, sie allerdings nicht unter den Paragraf 7 fallen. Der
Paragraf 7 bezieht sich immer nur, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, auf Daten, die
sich auf Vertragspartner oder Dritte beziehen. Also, der eigentlich Informationspflichtige darf
sich hier nicht auf ein Betriebsgeheimnis, so habe ich die Systematik des Gesetzes verstanden, berufen, sodass man da eventuell auch einen Ausgleich noch vollziehen müsste.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Ja, vielen Dank. Ich bin als nächster Fragesteller auf der
Liste, und meine Frage geht auch in diesen Bereich.
Ich habe noch einmal eine Frage zu dem Anteil der öffentlichen Hand an dem Unternehmen,
wieweit das eine Rolle spielt. Also, wir haben ja hier im Gesetzentwurf 25 Prozent. Wäre
denn also eine Behörde in Ihrem Sinne dann – dann hätte man ja wieder eine andere Frage
von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, wenn es einmal 51 Prozent wäre – wäre das eine
Lösung, die abseits der Frage, ob wir das regeln dürfen, eine Kompetenzfrage des Bundes,
aber wenn es 51 Prozent wären, wäre das ein möglicher Lösungsansatz, um aus diesem
beschriebenen Dilemma rauszukommen?
Wenn sich jemand berufen fühlt. Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Ich bin nicht sicher. Es geht doch letztlich darum, dass der Anteil der öffentlichen Hand, durch Steuereinnahmen generiert, im Haushalt ausgewiesen, kontrolliert
werden kann. Und für diese Frage ist es meines Erachtens nicht von entscheidender Bedeutung, ob das Glas halb voll ist, 51 Prozent, oder halb leer ist, 49 Prozent. Sondern es spielt
wirklich die Grundsatzfrage eine Rolle, ob das Outsourcen von öffentlichen Mitteln und damit
die Steigerung der Wirtschaftskraft, das will ich nicht verkennen, des Staates, so möglich ist.
Und ich habe, genau wie ich es vorhin kurz angedeutet habe, den Eindruck, dass, werden
wir nachher besprechen, das Verhältnis der Grundrechte 1,2, 5 und auf der anderen Seite 12
und 14, für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, auch soweit der Staat daran beteiligt ist,
nicht ausgewogen ist. Zum Beispiel scheint mir in der Tat 12 und 14 unterbelichtet, der nicht
ein Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung beliebig verpflichtet, und zwar nach landesrechtlicher Regelung, alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenzulegen.
Das ist ein Eingriff in das Wirtschaftsleben, das ist uns allen klar, und mir scheint die Bemerkung von vorhin völlig richtig, es ist auch ein Eingriff in das Wirtschaftsrecht und das gehört
sich einfach für Hamburg nicht, weil Hamburg dafür nicht zuständig ist.
- 25 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Vorsitzender: Gibt es doch einen weiteren, anderen Punkt noch?
Herr Dr. Caspar: Ja, zu der Frage auch noch. Im Prinzip, denke ich, ist die Beteiligung, sind
die Beteiligungsverhältnisse nicht wirklich entscheidend. Wir haben ja bereits auch in unserem alten, sage ich einmal, altwürdigen Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz eine
Regelung, die etwa Beliehene betrifft. Beliehene sind gänzlich Private, aber sowie sie öffentliche Aufgaben für die öffentlichen Stellen erfüllen, fallen sie gleichwohl unter das Gesetz.
Und das ist im Übrigen deckungsgleich auch mit der Vorschrift in Paragraf 2, bis dann eben
diese Vorschrift oder diese etwas merkwürdige Verquickung mit den Beteiligungen und den
Darlehen kommt. Also, man sollte diesen Bereich vielleicht gänzlich weglassen, und dann
kommt man in der Tat auf eine Regelung, die auch dem, was wir bisher schon haben, entspricht. Also, wie gesagt, die Beteiligung halte ich für nicht entscheidend. Entscheidend ist,
dass die Stelle öffentliche Aufgaben wahrnimmt.
Vorsitzender: Also, habe ich das jetzt so verstanden, die Beteiligung ist nicht der Kern des
Problems, sondern die Frage ist, was macht dieses Unternehmen für den Staat. Und wenn
es staatliche Aufgaben erfüllt, dann ist es zu behandeln wie eine Behörde, im Sinne des
Transparenzgesetzes. Habe ich das so richtig verstanden?
Herr Dr. Karpen: Herr Vorsitzender, das haben Sie richtig verstanden, denn im Paragraf 1
Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes von Hamburg steht kurz und knapp und nicht
so ausführlich wie in Herrn Hackmanns Entwurf, Behörde im Sinne dieses Gesetzes, jede
Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, und zwar mit 0 Prozent, wie
beim Beliehenen, den es nicht mehr so oft gibt, aber immer noch, oder mit 100 Prozent.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank für die Klarstellung. Ich sehe hier noch eine Wortmeldung bei
Frau – Ja?
Frau Dr. Albers: Ja, vielleicht eine kurze Ergänzung. Ich habe den Gesetzentwurf so verstanden, dass es durchaus darum geht, die Transparenzvorschriften über den bisher anerkannten Bereich der staatlichen Behörden oder derer, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen,
zu erstrecken. Also, beispielsweise auch auf bestimmte Informationen. Bestimmte Unternehmen, die man da nicht bisher so drunterfassen würde. Und ob das möglich ist, würde ich
genauso einschätzen. Also, es gibt ja beispielsweise auch Unternehmen, die von der öffentlichen Hand verwaltet oder betrieben werden, bei denen es gegebenenfalls schwierig ist zu
sagen, die nehmen jetzt öffentliche Aufgaben wahr. Was eine öffentliche Aufgabe ist, ist zum
Teil ja auch nicht so leicht zu beantworten. Aber es kommt da eben tatsächlich nicht auf die
Beteiliungsverhältnisse an, sondern darauf, was das konkrete Unternehmen macht und inwieweit das dann zugänglich gemacht werden kann. Und das ist eine Einzelfallfrage. Eine
Detailfrage, auf die man – bei der man dann genau gucken muss, um was für ein Unternehmen handelt es sich eigentlich.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Ich habe noch eine Zusatzfrage zu dem Komplex. Wenn
es also – das keine Rolle spielt, ob 0 Prozent oder 100 oder 50, sondern nur auf die Aufgabenwahrnehmung ankommt, bedeutet das auch, dass, wenn ein Unternehmen die Aufgaben
übernimmt und das wiederum an Dritte, Subunternehmer vergibt, mit Verträgen, dass diese
Verträge eben genauso öffentlich zu machen sind wie eigentlich, wenn eine Behörde das
sozusagen rausgibt? Ist das sozusagen dann auch so weit zu denken, wenn also ein Unternehmen gegenüber der Stadt einen Vertrag macht, sich selber Subunternehmer sucht, die
wiederum Teile davon erfüllen, ist das genauso öffentlich zu machen, als wenn es eine Behörde getan hätte?
Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Wenn ich den Entwurf richtig verstehe unter Einschluss dessen, was die
Frau Kollegin Albers gesagt hat, dass es über den klassischen Behördenbegriff hinausgehen
sollte, so haben Sie völlig recht. Denn das wäre – Wer hat das vorhin gesagt? – ein kluger –
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ein kluger Verwalter würde dann ja, weil die Flucht ins Privatrecht verboten ist, die Flucht aus
der Flucht fortsetzen und an einen Unternehmer weitergeben. Das kann nicht im Sinne des
Gesetzgebers sein. Das muss verhindert werden. Das muss aber geklärt werden, wenn man
sich im Paragrafen 1 über den Behördenbegriff und wie er erweitert werden soll, was durchaus fraglich ist, geregelt werden.
Frau Dr. Albers: Vielleicht ganz kurz ergänzend.
Vorsitzender: Ja.
Frau Dr. Albers: Ich würde sagen, es ist nicht so, dass es gar nicht auf die Beteiligungsverhältnisse ankommt. Aber sie sind, wie Herr Caspar gesagt hat, nicht der Kern des Problems,
jedenfalls nicht im Ansatz. Und da kommt es zunächst einmal auf die Aufgaben an, was das
Unternehmen genau macht. Wenn man sich das angeguckt hat, dann kann es dann durchaus darauf ankommen, ob man jetzt mit Privaten zu tun hat oder nicht. Also, im zweiten
Schritt kann es durchaus darauf ankommen, ob man jetzt mit einer öffentlichen Stelle oder
mit einem Privaten zu tun hat, weil das im zweiten Schritt dann durchaus noch zu berücksichtigen ist. Also, Sie sehen, es ist leider etwas komplizierter, als es dann hier im Gesetzentwurf zum Vorschein kommt.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank noch einmal für diese Klarstellung. Gibt es noch –
Herr Dr. Schulz: Ich würde gerne noch eine Ergänzung dazu vornehmen. Wenn man auf
den Begriff der öffentlichen Aufgabe abstellt, Herr Caspar, Professor Caspar, Sie hatten das
Beispiel des Beliehenen, der zu 0 Prozent – da sehe ich das voll und ganz so, aber das – der
Gesetzesentwurf spricht auch von den Verwaltungshelfern, und der Verwaltungshelfer, ob
der selbst die öffentliche Aufgabe wahrnimmt, habe ich doch erhebliche Zweifel. Und wenn
wir uns überlegen, also, das ist ja offensichtlich beabsichtigt, auch einen Verwaltungshelfer,
der Abschleppunternehmer ist der typische Verwaltungshelfer, hier mit in den Regelungsbereich einzubeziehen, da habe ich extreme Zweifel, ob das möglich ist, weil, Verwaltungshelfer haben wir relativ viele, und die öffentliche Aufgabe verbleibt aber bei der Behörde, die
beauftragt.
Vorsitzender: Hm, das hat jetzt nicht zur Klarstellung beigetragen, aber ich nehme das einmal so hin, dass es unterschiedliche Auffassungen in dieser Frage gibt. Wenn es jetzt dazu
nicht noch weitere Äußerungen der Experten – Doch, Herr Professor Rossi.
Herr Dr. Rossi: Ich fürchte, Ihr Resultat ist in der Tat zutreffend. Es ist umstritten. Es ist umstritten, und das heißt aber mit anderen Worten auch, es ist nicht hinreichend bestimmt. Und
wenn man sich klarmacht, dass es hier um ganz sensible Bereiche geht, nämlich um die
Frage, ob man grundrechtsverpflichtet ist oder grundrechtsberechtigt, ob man sich also auf
die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse noch berufen kann oder nicht, bedarf es dringend
einer hinreichenden Bestimmtheit. Das betrifft dann auch, wenn Sie weiterlesen, den Buchstaben C, da geht es ja gar nicht mehr um die öffentliche Beteiligung von irgendwelchen Unternehmen, sondern da geht es um Unternehmen, die Monopolstellung einnehmen, die ihnen
durch die Freie und Hansestadt Hamburg gewährt wird. Ich weiß nicht genau, weil ich jetzt
kein Hamburger bin, wen die Initianten da im Blick haben, ob es da jemanden Besonderes
gibt, aber das ist jedenfalls eine sehr, sehr weitgehende Vorschrift, bei der die Grundrechte
mindestens tangiert sind, möglicherweise einschränkbar sind, da würde ich Frau Albers dann
wieder recht geben.
Vorsitzender: Ja, Herr Dr. Renett.
Herr Dr. Redelfs: Redelfs. Ja, ich denke, man kann sicherlich festhalten, in dem Moment,
wo wir eine Übertragung einer öffentlichen Aufgabe haben und gleichzeitig noch eine Mehrheit der Anteile der öffentlichen Hand, da gibt es natürlich auch einschlägige Urteile. Also,
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der Bundesgerichtshof hat das, das hatte ich eingangs schon erwähnt, auch in Zusammenhang ja schon mit dem Auskunftsanspruch der Presse, also nach eigentlich einem viel
schwächeren gesetzlichen Anspruch, entschieden, dass dann eine Mehrheitsbeteiligung der
Kommunen an einer privaten GmbH, sei es nun Parkhäuser oder Abfallentsorgung, durchaus so gesehen wird, dass ein solches Unternehmen, auch wenn es eine private Rechtsform
hat, unter den Auskunftsanspruch fällt, weil es wie eine Behörde behandelt wird. Also, man
könnte sicherlich hier sehr viel heilen, indem man die verschiedenen Kriterien vielleicht auch
zusammennimmt. Also, indem man den Bereich der öffentlichen Aufgabe hier noch einmal
betont, und wenn man das kombiniert mit der Mehrheit entweder der Anteile oder der Aufsichtsratsmandate, wäre wahrscheinlich doch schon etwas gewonnen.
Der Berliner Gesetzentwurf macht es noch anders, indem er besonders abhebt auf Bereiche
der Grundversorgung. Also, das kann natürlich im Sinne der Initiative vielleicht auch eine
Möglichkeit sein, Bereiche zu definieren, der Grundversorgung, die informationsrechtlich
privilegiert werden. Da ist der Hintergrund in Berlin der Streit um die Privatisierung der Wasserversorgung gewesen, in der Folge sind ja die Wasserpreise in Berlin auf einen Spitzenwert im Bundesvergleich gestiegen, und man hat es jetzt in Berlin so geregelt, dass Verträge
aus der Daseinsvorsorge, wie Nahverkehr, Wasserversorgung oder auch Energieversorgung, mit denen die öffentliche Hand Aufgaben an Private überträgt, grundsätzlich unter das
IFG fallen, und da sind auch die Auskunftsrechte besonders stark geregelt, im Berliner IFG.
Also, die Definition solcher Bereiche würde vielleicht auch schon helfen.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Dr. Redelfs. Herr Professor Karpen noch einmal?
Herr Dr. Karpen: Ich bin besonders an der Technik interessiert. Also, wir haben jetzt festgestellt, es soll in das Gesetz etwas reingeschrieben werden, dass das öffentliche Aufgaben
sein sollen. Es soll reingeschrieben werden die Art der Beteiligung. Es soll reingeschrieben
werden, wie viel Aufsichtsrat. Es soll reingeschrieben, Grundversorgung. Dann können wir
doch in dem überschaubaren Hamburg schon sagen, wir wollen die und die Geschäftsgeheimnisse von der Stadt haben, dann können wir doch uns schon auflisten, was es sein soll.
Das ist für ein Gesetz viel zu kompliziert.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank erst einmal. Ich habe jetzt noch einmal eine Meldung von
Herrn Dr. Dressel gehabt. Der würde dann vor Herrn Steinbiß liegen, weil er zu dieser Frageproblematik etwas fragen wollte. Ich müsste Herrn Steinbiß fragen, ob er das erlaubt oder
möchte.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Also, es geht auch, glaube ich, ganz schnell, weil es auch im
Anschluss an das –
Vorsitzender: Er möchte also, dann gebe ich Herrn Dr. Dressel das Wort.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Ich wollte das mir jetzt nicht hier ergreifen, das Wort, sondern
nur Bezug nehmen, weil Sie das Wort Bestimmtheit auch in den Mund genommen haben,
das noch einmal als Frage auch an die anderen Experten auch von der juristischen Seite
bewerten, weil es natürlich immer um Grundrechtsträger geht, die vorher wissen können
müssen, was das eigentlich für sie bedeutet. Und da fallen sie jetzt, vor allem, wenn es in
gemischten Bereichen geht, wo teilweise öffentliche Aufgaben und teilweise rein private Aufgaben wahrgenommen werden, in diesen gemischten Bereichen, unterfalle ich dem jetzt
oder unterfalle ich dem nicht. Inwieweit teilen Sie das, was Professor Rossi auch gesagt hat
zu der Frage, auch möglicherweise Verletzung von Bestimmtheitsgeboten. Denn jeder
Rechtsanwender muss ja wissen, was ihn erwartet.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Dressel. Wer möchte darauf antworten? Sonst können
wir auch, ich weiß nicht, ob Herr Steinbiß auch in diese Richtung fragen wollte, dann nehme
ich die Frage noch mit hinzu.
- 28 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Abg. Olaf Steinbiß: Es geht so ein bisschen in die gleiche Richtung, ja.
Vorsitzender: Ja? Dann stellen Sie doch Ihre Frage auch noch.
Abg. Olaf Steinbiß: Es war mehr eine praktische Frage. Also, bei einem Unternehmen, zum
Beispiel, bei dem die Stadt jetzt mit 30 Prozent beteiligt ist, wie soll das praktisch eigentlich
vorgehen? Wie soll ein Beschluss gefasst werden von den 30 Prozent gegenüber den
70 Prozent, dass gerne alles jetzt veröffentlicht werden soll? Ich sehe da einfach ein praktisches Problem in der Umsetzung. Vielleicht können sie mir da weiterhelfen. Vielleicht habe
ich da aber auch nur einen Denkfehler.
Vorsitzender: So, ich glaube, das passt ja auch alles noch da rein in diesen Fragenkomplex.
Wer möchte denn vielleicht zu den gestellten Fragen etwas sagen? Herr Dr. Schulz.
Herr Dr. Schulz: Nur zu dem letzten Punkt. Wenn es die gesetzliche Verpflichtung gibt,
dann muss nicht die 30-Prozent-Minderheit das gegenüber den 70 Prozent durchsetzen,
sondern dann ist es ja eine gesetzliche Verpflichtung, die das Gesamtunternehmen trifft,
wenn wir sie so regeln. Also, insofern sehe ich das Problem in der praktischen Durchsetzung
dann nicht.
Und zu der Frage von Ihnen, Herr Dr. Dressel, ich sehe auch so, wir müssen das, glaube ich,
bestimmt regeln, was dafür spricht, vielleicht eher in die Richtung zu gehen, wie sie Herr Dr.
Redelfs hier andeutete, den Fall, der ja wohl hier unstrittig ist, den wir erfassen können und
rechtlich auch für zulässig halten. Also, nehmen wir einmal an, Mehrheitsbeteiligung öffentlicher Aufgaben, wir haben so ein paar Kriterien entwickelt, den sollte man dann auch so reinschreiben und nicht noch durch eine offene Formulierung ergänzen, um möglichst viele andere Fälle abdecken zu wollen. Also, das wäre meine Empfehlung dann an der Stelle.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Dr. Schulz. Herr Professor Rossi.
Herr Dr. Rossi: Ich bestätige mich natürlich nicht, möchte nur noch einmal darauf hinweisen,
dass das tatsächlich alles ziemlich im Flusse ist gerade. Das Bundesverfassungsgericht hat
jüngst eine Entscheidung getroffen, die Fraport-Entscheidung, bei der in etwas anderer
Konstellation es tatsächlich um die Frage geht, wann aus Grundrechtsberechtigten Grundrechtsverpflichtete werden können. Das wird man ganz genau untersuchen und abwarten
müssen und dann eben auch bestimmt regeln müssen, sondern ich wollte antworten auf Ihre
Frage beziehungsweise nicht antworten, denn Herr Schulz hat es schon zusammengefasst,
die Pflicht ist eine originäre gesetzliche Pflicht, sodass es keines Gesellschafterbeschlusses
sozusagen mehr bedarf. Aber, was Sie ansprechen, ist das, was ich vorhin versucht habe
anzudeuten. Es gibt Folgeprobleme. Was nämlich passiert, wenn ein Unternehmen dieser
Pflicht nicht nachkommt, wie klage ich ein, wo klage ich ein, vor welchen Gerichten klage ich
ein. Deshalb, noch einmal, hielte ich es doch für sinnvoller, jeweils immer in Anführungszeichen, das klingt jetzt so nach Nachrichtendienst oder so, nach einem führenden Offizier,
aber die führende Stelle, diejenige Behörde, die sich der Privatperson bedient, in die Pflicht
zu nehmen, und die muss dann intern dafür sorgen, dass die Informationen bereitgestellt
werden. Ich glaube, dass man sich jedenfalls einer Reihe von Problemen begibt, wenn man
diese Lösung wählen würde.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Ja, Frau Albers.
Frau Dr. Albers: Vielleicht ganz kurz zunächst einmal zur Bestimmtheitsfrage. Man wird das
im Gesetz natürlich nie so hinkriegen, dass das im Grunde aus dem Gesetz immer völlig klar
ist, und gerade in diesem schwierigen Bereich kann man möglicherweise nicht damit rechnen, dass man das ganz klar definieren kann. Man sollte es natürlich so bestimmt wie möglich machen. Sie haben ein bisschen auch zwei Probleme angesprochen, nämlich einmal so
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eine Art Rückwirkungsproblem, was ist eigentlich mit denen, die jetzt schon zu diesen Unternehmen gehören und dann auf einmal betroffen sind. Das wäre aber ein Fall der sogenannten unechten Rückwirkung, meiner Meinung nach, sodass die sich in Zukunft drauf einstellen
müssten, dass das jetzt eben so ist, und man müsste gegebenenfalls überlegen, ob man
Übergangsregelungen oder besondere Klauseln schafft. Das wäre dazu.
Zu diesen 30 und 70 Prozent teile ich es, dass es natürlich dann die gesetzliche Verpflichtung ist, aber in der Tag gibt es Folgeprobleme unter anderem immer dann, wenn die Frage
der Veröffentlichung eine besondere Entscheidung erfordert, weil das Gesetz möglicherweise unbestimmt ist oder wenn Abwägungen zu treffen sind. Dann hat man natürlich das
Problem, wer das jetzt entscheidet und wie sich die öffentliche Hand dann gegebenenfalls
durchsetzen kann. Allerdings ist der Bezugspunkt dann möglicherweise auch das Unternehmen selbst und nicht mehr unbedingt die Behörde.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Frau Professor Albers. Gibt es noch eine Nachfrage von
Herrn Steinbiß? So nicht. Dann habe ich jetzt Frau Schneider auf der Liste.
Abg. Christiane Schneider: Meine Frage zu diesem Komplex hat sich erledigt. Danke.
Vorsitzender: Ja. Dann sehe ich von den Abgeordneten zurzeit keine weiteren Fragen, aber
Herr Caspar möchte sich noch einmal äußern.
Herr Dr. Caspar: Ja, ich wollte auch noch einmal zu dem ein bisschen, ja, Vorwurf der Unbestimmtheit kurz replizieren, Herr Professor Rossi. Ich glaube, wir kommen in der Tat, Frau
Albers hat es ja bereits angedeutet, ohne die Abwägungsklauseln hier nicht aus, insbesondere im Scharnierbereich zwischen personenbezogenen Daten und antragsabhängigen Informationsbegehren ist ja jetzt bereits auch eine Abwägungsklausel im Gesetz, mit der wir im
Übrigen auch in den letzen Jahren gut gefahren sind. Es hat eigentlich keine Probleme gegeben. Wo ich auch kein Problem habe, ist mit der Abwägung im Bereich von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen. Da ist die ja sozusagen grundrechtlich praktisch schon prädestiniert, dass Sie da zu einer Abwägung kommen müssen.
Nicht von der positiven Einschätzung umfasst ist aber ausdrücklich noch einmal die Unbestimmtheit im Bereich des Gegenstandes des Informationsfreiheitsregisters, soweit dieses
sich auf personenbezogene Bereiche mit personenbezogenen Daten bezieht. Da muss man
in der Tat gucken, dass man dafür eine Konkretisierung schafft, aber ansonsten sehe ich
diese Unsicherheiten nicht.
Vorsitzender: Ja, herzlichen Dank. Denn würde ich sagen, wir haben diesen Themenkomplex Behördenbegriff abgeschlossen. Oder haben Sie doch noch eine Frage? Nein. Gut.
Dann würde ich sagen, wir schließen den jetzt ab und gehen weiter.
Wir haben uns gerade eben hier kurz besprochen, und ich würde gerne, damit Sie auch ein
bisschen wissen, wie das jetzt weitergeht, wir hatten bisher den Vorschlag, um 19 Uhr eine
Pause zu machen. Und wir sind ja jetzt schon ein bisschen weitergekommen. Mein Vorschlag ist, wir machen erst einmal noch durch und versuchen, das bis acht Uhr zu machen.
Dann können wir Herrn Professor Rossi noch so lange nutzen, wie er da ist, und würden
dann eine – Verzeihen Sie mir die Despektierlichkeit, aber Sie wissen, was ich meine, also,
Ihren Sachverstand natürlich weiter hier zu hören – und denn könnten wir bis 20.00 Uhr hier
fortfahren und dann die Pause einlegen. Würde das auf Ihre Zustimmung stoßen? Ich sehe
jetzt keinen Widerspruch, denn machen wir das so.
Also, Herr Tabbert hat doch noch eine wichtige Frage zum ersten Themenkomplex, dann
machen wir die eben noch, bevor wir es jetzt abschließen.
- 30 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Abg. Urs Tabbert: Ja, Entschuldigung, ich hatte mir noch eine Frage notiert, die vorhin auch
schon von einem der Experten, glaube ich, aufgegriffen worden ist, nämlich die Frage, auch
wieder in dem Paragrafen 2, Absatz 3 b, die Frage der indirekten Beteiligung. Das wollte ich
hier nur noch einmal loswerden. Denn wenn wir uns nachher irgendwie daran machen, irgendwie mit dem Gesetz näher zu beschäftigen, dann würde ich gerne auch Ihre Auffassung
dazu noch einmal gehört haben. Meine Frage, wann liegt eine indirekte Beteiligung im Sinne
dieser Vorschrift vor? Nach der Begründung sollen auch Beteiligungen von durch die FHH
betriebenen Unternehmen erfasst sein. Also, von daher bleibt ja unklar, wann davon auszugehen ist. Reicht das zum Beispiel, wenn ein Unternehmen zu 40 Prozent in der Hand der
FHH ist und sich diese zu 40 Prozent an einem weiteren Unternehmen beteiligt, damit Letzteres eine Behörde ist, oder muss das vermittelnde Unternehmen zu 100 Prozent im Besitz
der öffentlichen Hand stehen? Also, das fände ich einerseits spannend, von den Initiatoren
etwas dazu zu hören, aber natürlich auch, wie Sie das rechtlich bewerten würden. Also zunächst einmal vielleicht die Initiatoren.
Vorsitzender: Ja, wer möchte von den Initiatoren vielleicht etwas darauf sagen?
Herr Hackmack: Ja, vielleicht einmal ganz generell zu dem Punkt 25 Prozent. Also, wir haben den Gesetzentwurf damals im Lichte der Debatte geführt und erarbeitet, als es um die
Energienetze ging in Hamburg, Gas, Strom, Fernwärme und so weiter, wo der Senat ja sagt,
dass er mit 25,1 Prozent eine strategisch wichtige Beteiligung hat. Deswegen haben wir gesagt, okay, das könnte ein Indikator dafür sein, dass jetzt eine öffentliche Aufgabe erfüllt
wird. Aber ganz grundsätzlich wollen wir mit dieser Regelung immer nur dann greifen, wenn
tatsächlich öffentliche Aufgaben ausgeführt werden oder der Gesetzgeber oder der Senat
unterstützt wird bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben. Deshalb stiftet diese Klausel vielleicht jetzt ein bisschen starke Verwirrung hier in der Runde, und wir werden die sicherlich
auch noch einmal im Bündnis besprechen und schauen, ob wir den Teil vielleicht in die Begründung übernehmen, also, da sind wir ganz offen, und, ja, und freuen uns auch, dass die
Probleme hier so offen angesprochen werden, und sind durchaus bereit, da noch einmal
dran zu arbeiten.
Abg. Urs Tabbert: Entschuldigung. Wenn ich da nachfragen darf: Also, ich glaube, es ging
etwas an meiner Frage vorbei, Ihre Antwort, weil, Sie haben jetzt auf die 25 Prozent geantwortet und nicht auf die indirekte Beteiligung.
Herr Hackmack: Genau. Also, wir – also, wenn es eine direkte oder indirekte Beteiligung ist,
das heißt, wenn man sozusagen die Beteiligung wieder durch Unterbeteiligung aufschlüsselt,
muss man natürlich irgendwann schauen, wann sind die 25 Prozent noch gewährleistet. Also
können Sie sich das wahrscheinlich selber ausrechnen, ob ein Unternehmen, was
40 Prozent in öffentlicher Hand ist, sich dann wiederum mit 25 Prozent an einem Unterunternehmen beteiligt, ob dann das Unterunternehmen eigentlich noch zu 25 Prozent in der öffentlichen Hand ist oder nicht. Da überlasse ich die Rechenaufgabe Ihnen. Darum geht es
aber auch nicht. Sondern es geht darum, dass Unternehmen erfasst werden, die öffentliche
Aufgaben wahrnehmen. Insofern sind die Beteiligungsverhältnisse aus unserer Sicht erst
einmal nachrangig.
Vorsitzender: Ist das soweit erst einmal beantwortet?
Abg. Urs Tabbert: Ja, aber ich hätte gerne noch eine rechtliche Bewertung der sich hierzu,
sage ich einmal, berufen fühlenden Experten.
Vorsitzender: Fühlt sich jemand berufen, spontan etwas dazu zu sagen? Ja, Herr
Dr. Schulz.
Herr Dr. Schulz: Ich teile sozusagen, dass es eine Rechenaufgabe ist, nicht. Also, so wie
ich den Gesetzentwurf – so wie es jetzt formuliert ist, und ich glaube, darauf zielte auch Ihre
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Frage, habe ich es so verstanden, es kommt auf 25 Prozent Beteiligung bei dem Letzten in
der Kette an, und wenn auf dem Weg dorthin alle unter den Behördenbegriff hier fallen, dann
ist der Letzte auch erfasst, wenn 25 Prozent Beteiligung vorliegen. Sozusagen eine geschlossene Kette von Verpflichteten hier, wenn beim Letzten noch 25 Prozent gegeben sind.
So verstehe ich die jetzt gesetzlich formulierte Regelung. Wenn sie anders gemeint sein sollte, mit einer Rechenaufgabe, dann hätte man es, glaube ich, anders formulieren müssen.
Vorsitzender: Ja? Herr Dr. Redelfs.
Herr Dr. Redelfs: Ja, ich möchte noch einmal auf die Anregung zu sprechen kommen, wenn
es denn den Initiatoren wichtig ist, ganz bestimmte Fälle zu regeln, ob man dann nicht tatsächlich sich anlehnt an das Modell des Berliner Gesetzes. Da heißt es in einem der Paragrafen, „Übertragen öffentliche Stellen im Sinne von Paragraf 2 Absatz 1 Beteiligungen an
Unternehmen in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung, öffentlicher Nahverkehr, Energieversorgung, Krankenwesen oder Verarbeitung von
Daten, die im Zusammenhang mit hoheitlicher Tätigkeit stehen, vollständig oder teilweise,
mittelbar oder unmittelbar auf Private, so unterliegen die geschlossenen Verträge grundsätzlich dem Informationsrecht des Paragrafen 3.“ So ist das im Berliner Gesetz geregelt. Und
ich glaube, hier sind die Bereiche der Grundversorgung abgedeckt, der Daseinsvorsorge, an
die im Grunde genommen die Initiatoren gedacht haben. Vielleicht hilft es tatsächlich, es so
konkret zu regeln.
Vorsitzender: Herr Professor Rossi.
Herr Dr. Rossi: Nur ganz kurz. Das ist, glaube ich, jetzt ein Missverständnis, Herr Redelfs,
weil es hier um die Frage geht, ob die Verträge offenzulegen sind. Das ist in Berlin so geregelt, in der Tat. Aber es geht nicht um die Frage, ob dann diese Unternehmen selbst informationsverpflichtet sind.
Vorsitzender: Ja, ich glaube, das war vorhin auch diese Frage, Übernahme von öffentlichen
Aufgaben, dann spielt die Beteiligung nicht eine große Rolle, und ist sie aber sozusagen
auch noch unter 50 Prozent, und dann ist es sozusagen eine Schwierigkeit, je weiter die Verträge offen sind, oder das Geschäftsgebaren, so habe ich das auch verstanden. Aber, gut,
hier scheint auf alle Fälle, das habe ich so verstanden, noch einmal Konkretisierungsbedarf
zu sein. Weil so, wie es jetzt ist, scheint es nicht praktikabel zu sein. Das würden, glaube ich,
alle unterschreiben. So habe ich das auch verstanden.
Okay, dann können wir jetzt – Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Vielleicht kurz noch einmal, wo wir schon aus Berlin jetzt zitiert haben, in
Bremen steht eben nur der Satz, „Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser
Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.“ Das steht im Grunde
auch schon im Informationsfreiheitsgesetz, wie wir es gegenwärtig haben, und das Beiwerk,
was Sie jetzt noch dort hineingebracht haben, das halte ich für eher schädlich. Das führt eher
in die Irre, und insofern würde ich dafür plädieren, dass Sie das einfach erst einmal rausnehmen. Also, ich glaube, da kommt man schon durchaus mit weiter.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Professor Caspar. Herr Professor Karpen noch einmal.
Herr Dr. Karpen: Ich meine, dass die Berliner Lösung auch das Problem dieses ein bisschen kryptischen Begriffes der Monopolstellung – denn natürlich hat die Abfallversorgung
eine Monopolstellung, es gibt ja nicht mehrere Abfallversorger und so weiter – also, ich glaube, dieser ganze Artikel wäre zu überdenken. Aber gerade in den Bereichen ist zugleich die
Monopolstellung gegeben und damit ein zusätzliches Argument für die staatliche Kontrolle.
- 32 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Vorsitzender: Wenn es jetzt keine weiteren Äußerungen gibt, würde ich tatsächlich diesen
Bereich Behördenbegriff jetzt verlassen wollen und dann zum Bereich kommen Reichweite
der Veröffentlichungspflicht. Schließt ja ein bisschen an an den Definitionsbegriff, um was
handelt es sich eigentlich, eine Behörde oder Unternehmen oder was auch immer. Wer hat
dazu Fragen? Frau Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Ja, hier sind eine Anzahl von Veröffentlichungspflichten genannt,
manche sind durchaus sehr nachvollziehbar, bei einigen Punkten haben wir uns aber gefragt, was steckt dahinter, was ist eine Datensammlung, was ist eine Handlungsempfehlung.
Und dann steht da noch diese Öffnungsklausel „sowie alle weiteren Informationen von öffentlichem Interesse“. Das ist natürlich ein sehr weiter Begriff. Und dann schiebt man letztendlich
die gesamte Verantwortung auf den einzelnen Beamten. Was soll damit verstanden werden?
Und da würde ich gerne von der Initiative wissen, was Sie damit genau bezwecken wollen.
Vorsitzender: Wer möchte von der Initiative antworten? Herr Hackmack.
Herr Hackmack: Also, Sie müssten uns jetzt einmal erklären, welche Begriffe Sie genau
erklärt haben wollen. Also, Datensammlung ist sicherlich eine Zusammenstellung verschiedener Daten zwecks Entscheidungsfindung in der Verwaltung. Sie haben – später regeln wir
auch, dass es keine vorbereitenden Notizen oder Entwürfe sein sollen, sondern letztlich
endgültige Daten. Also, da könnte man zum Beispiel das Baumkataster nennen, das wäre
eine solche Datensammlung. Handlungsempfehlungen – ich selber arbeite nicht in einer Behörde, aber es gibt so etwas wie Dienstanweisungen oder Vorschriften oder – die jedem einzelnen Sachbearbeiter oder den einzelnen Mitarbeitern und Beamten gegeben werden, um
auf bestimmte Vorgänge zu reagieren. Das sind dann Handlungsempfehlungen, wie bestimmte Vorgänge abzuschließen sind. Ansonsten, denke ich, hat Herr Caspar da eine ganz
gute Regelung vorgeschlagen, wenn er davon ausgeht, dass es immer um amtliche Aufzeichnungen geht. Also, das heißt, ganz klar, wir wollen natürlich private Daten, also, wenn
jemand noch Familienfotos auf dem Amtsrechner gespeichert hat, die müssen natürlich nicht
ins Informationsregister eingestellt werden, die sollen natürlich ausdrücklich ausgenommen
werden.
Wir wollten das so spezifisch wie möglich aufzeichnen, denn es werden ja durch das Trasparenzgesetz nicht alle Informationen ins Netz gestellt, sondern nur ein Auszug an Informationen, die sogenannte Positivliste, und uns erschien das leichter, anstelle zu regeln, was alles
nicht eingestellt wird, zu regeln, was eingestellt werden soll. Und deswegen sind wir auf diese Sammlung gekommen, und wir halten sie auch eigentlich hinreichend spezifisch. Im Zweifel wird man sich dann eben auseinandersetzen müssen mit der Behörde, aber ich wüsste
jetzt nicht, was da noch definierungswürdig ist. Das könnten wir natürlich noch in die Begründung aufnehmen, also, wenn Sie da einen Vorschlag haben.
Vorsitzender: Frau Spethmann, Sie haben noch eine Nachfrage signalisiert?
Abg. Viviane Spethmann: Also, diese Erwähnung, im Zweifel muss man sich mit der Behörde auseinandersetzen, klingt mir ein bisschen schwierig. Bei der Masse, die nämlich, ja,
positiv eingestellt werden muss, ist die Frage, wer kontrolliert, was dann eingestellt werden
soll, und wer soll sich dann mit der Behörde streiten, also, das erscheint mir im Moment ein
bisschen schwammig und verschwammt das sogar noch mehr, als was im Prinzip hier drinsteht. Und da würde ich mir eigentlich konkretere Lösungsvorschläge wirklich vorstellen, wie
wir mit diesem Begriff umgehen können, damit wir das auch dementsprechend positiv umsetzen können.
Vorsitzender: Ich habe zu diesem Fragenkomplex jetzt noch zwei weitere, ich würde sagen,
wir fassen die einmal zusammen und dann gucken wir einmal, ob wir uns da annähern können. Ich habe Frau Schneider und dann Herrn Tabbert.
- 33 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Abg. Christiane Schneider: Zum Teil stehen die Begriffe ja auch in dem Bremer Informationsfreiheitsgesetz. Deshalb meine Frage, gibt es da irgendwelche Unklarheiten oder ist das
da klar, was dann eingestellt wird in das Informationsregister oder nicht, also, wo die Veröffentlichungspflicht besteht oder nicht?
Vorsitzender: Und dann würde ich jetzt Herrn Tabbert auch noch dazunehmen.
Abg. Ulf Tabbert: Also, meine Frage richtet sich in erster Linie jetzt an die Experten, wieder
an jede oder jeden, der sich zur Antwort berufen fühlt. Und zwar unter Bezugnahme auch auf
die Stellungnahme von Herrn Professor Caspar, er hatte ja insbesondere den letzten Punkt
in dieser enumerativen Aufzählung, der ja dann sozusagen wieder alles öffnet mit dem unbestimmten Rechtsbegriff, weitere Informationen von öffentlichem Interesse jedenfalls als
problematisch vor dem Hintergrund der Normenklarheit bezeichnet, die ja, ich glaube, seit
dem Volkszählungsurteil ja auch Eingang in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefunden hat, also, wenn das eben um Anforderungen von Gesetzen geht, die eben
auch datenschutzrechtliche Sachverhalte betreffen, inwieweit Sie diese Einschätzung von
Herrn Professor Caspar teilen würden. Inwieweit halten Sie das für verfassungsrechtlich bedenklich, womöglich sogar verfassungswidrig, weil das eben diesen Grundsatz der Normenklarheit nicht erfüllt?
Vorsitzender: Wer möchte antworten? Herr Professor Rossi.
Herr Dr. Rossi: Ich möchte zunächst klarstellen, Herr Professor Caspar, dass ich hier vorhin
überhaupt nicht zur Unbestimmtheit im Bereich der Ausnahmen etwas gesagt habe, sondern
vorhin haben wir uns nur über die Bestimmtheit im Rahmen des Anwendungsbereichs des
Informationsfreiheitsgesetzes befasst, gar nicht hier. In diesem Zusammenhang glaube ich
tatsächlich, dass diese Formulierung „sowie alle weiteren Informationen von öffentlichem
Interesse“ dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügen, und zwar insbesondere dann nicht, wenn man die Gesetzesbegründung mit hinzuzieht. Da soll ja ein öffentliches Interesse indiziert werden durch eine gesteigerte Anzahl von Anträgen. Das würde
aber bedeuten, bei 444 Anträgen in diesem Jahr kann man sich relativ schnell ausmalen,
dass eine gesteigerte Anzahl vielleicht schon bei – im zweistelligen Bereich vorliegt, im unteren zweistelligen Bereich, dass ich dann es in der Hand habe, eine allgemeine Veröffentlichungspflicht auszulösen. Das halte ich für nicht richtig. Ich glaube, der Gedanke, der dahintersteckt, den möglicherweise auch die Initiatoren hatten, der ist grundsätzlich richtig. Nur,
den muss man nicht in eine Verpflichtungsnorm reinschreiben, sondern der Gedanke, der
dahintersteckt, ist doch, Behörde, wenn du doch dauernd dieselben Anträge kriegst, dann
mache es doch zugänglich, dann brauchst du auch nicht auf jeden individuell zu antworten.
Nur, ich glaube, dass das mit einer Möglichkeit, mit einem Recht dazu der Behörde, genauso
gut getan ist, vielleicht besser getan ist als mit einer Pflicht.
Vorsitzender: Gibt es weitere Anmerkungen noch? Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Kurz noch einmal aus unserer Sicht. Der Bestimmtheitsgrundsatz ist ja hier
nur relevant, soweit es grundrechtliche Belange gibt. Und die kann es nur geben, wenn davon personenbezogene Daten betroffen sind. Wenn Sie also den Zusatz deutlich auch beziehen auf alle Informationen ohne personenbezogene Daten, habe ich damit kein Problem
mehr.
Vorsitzender: Ja. Vielleicht möchten die Initiatoren noch antworten?
Herr Hackmack: Ich würde gerne noch einmal auf Frau Spethmann antworten. Sie hatten
gesagt, wer entscheidet das dann im Einzelnen, wenn sozusagen es eine Auseinandersetzung darüber mit der Behörde gibt, was veröffentlichungspflichtig ist und was nicht. Auch das
haben wir im Gesetzentwurf geregelt. In erster Instanz wird als Schlichtung Herr Caspar hinzugezogen als Datenschutzbeauftragter und Beauftragter für Informationsfreiheit und im
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Zweifelsfalle dann eben steht der Verwaltungsgerichtsweg offen. Ich glaube, dass Herr
Caspar das dann entsprechend beurteilen kann, was tatsächlich eine Datensammlung oder
eine Handlungsempfehlung ist und was nicht. Und im Zweifelsfalle kann man das einmal
gerichtlich normieren lassen und dann steht das in dem jeweiligen Grundsatzurteil. Also, ich
glaube, das kann man klären.
Auch noch einmal die Anmerkung dazu. Man kann in einem Gesetzentwurf nicht immer den
Einzelfall regeln, ganz im Gegenteil, man sollte auch nicht den Einzelfall regeln, sondern
man braucht eine abstrakte Regelung, die dann möglichst viele Fälle umfasst, und deswegen
müssen wir hier – können wir hier nicht ganz so bestimmt sein, wie es vielleicht manchmal
wünschenswert wäre. Das dazu.
Vorsitzender: Gibt es noch seitens der Abgeordneten Fragen? Frau Schneider?
Abg. Christiane Schneider: Ja, ich wollte noch einmal nachfragen. Sind denn irgendwelche
Probleme mit ähnlichen Formulierungen aus dem Bremer Informationsfreiheitsgesetz bekannt oder nicht?
Vorsitzender: An wen geht jetzt diese Frage?
Abg. Christiane Schneider: Ja, Beispiel an die Initiatoren, weil, die haben sich ja bei den
Formulierungen etwas gedacht. Und wenn es in Bremen so ähnlich steht, dann, dachte ich,
wissen sie vielleicht, ob es in Bremen Probleme gibt. Dann könnte man ja Frau Spethmann
auch vielleicht durch die Praxis widerlegen.
Herr Hackmack: Uns sind keine Probleme aus Bremen bekannt.
Vorsitzender: Herr Dr. Redelfs.
Herr Dr. Redelfs: Also, ich hatte ja schon erwähnt, in Vorbereitung auf diese Anhörung habe
ich letzte Woche mit dem Bremer Zuständigen im Finanzressort zu dieser Frage telefoniert.
Der sagt, das Hauptproblem wäre eigentlich, dass man verschiedene Verwaltungsgliederungen immer wieder daran erinnern müsse, die Dinge tatsächlich online zu stellen. Aber von
Abgrenzungsproblemen hat er nicht berichtet.
Vorsitzender: Gibt es weitere Fragen zu dem Thema Veröffentlichungspflicht und Reichweite? Herr Dr. Tabbert.
Abg. Urs Tabbert: Dr. nicht, aber ich habe daran anknüpfend noch eine Frage. Kann das
auch daran liegen, dass vielleicht in Bremen der Anwendungsbereich der Norm um einiges
geringer ist als hier? Also, das muss man ja dann auch immer, wenn man zwei Sachverhalte
miteinander vergleicht, berücksichtigen, inwieweit handelt es sich hier um wesentlich Gleiches.
Herr Dr. Redelfs: Ja, das ist natürlich einzuräumen. Also, der Anwendungsbereich nach der
Hamburger Vorlage ist größer gefasst, das ist völlig richtig.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Dann vielleicht jetzt von meiner Seite noch einmal ein Zusatzfrage, sonst habe ich momentan niemanden. Da der Anwendungsbereich größer ist und
der Begriff eben dann auch größer ist, ist die Frage, sollte man ihn dann aber irgendwo wieder einschränken, damit klar ist, was gemeint ist? Das war ja, glaube ich, jetzt ein bisschen
die Frage, die hier im Raum stand seitens der Abgeordneten. Und wenn ja, gibt es eine
schlaue Einschränkung? Herr Dr. Schulz.
Herr Dr. Schulz: Also, ich würde das gerne noch einmal aufgreifen, was Professor Caspar
sagte, also, gerade dieser Punkt “sowie alle weiteren Informationen von öffentlichem Interes-
- 35 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
se“. Was sehr schwammig ist, ist eben dieses öffentliche Interesse, wie will ich das festmachen. Wenn man da aber die Klarstellung reinmacht, es geht um Informationen, die keinen
Personenbezug haben, da tauchen dann auch keine rechtlichen Fragen auf, dann ist die
Frage, ist eine Behörde in der Lage, alle Daten zu veröffentlichen. Das ist aber sozusagen
die nachgelagerte Verwaltungspraxis, aber das wäre eine klare Regelung und man müsste
dann nur diejenigen aufführen, extra nennen, bei denen typischerweise personenbezogene
Daten enthalten sind, die man aber gleichwohl veröffentlichen möchte, wie Bauanträge, Verträge und Ähnliches. Also, das könnte man so, glaube ich, gesetzessystematisch sauberer
machen, dass man erst einmal den Grundsatz statuiert, die ohne Personenbezug grundsätzlich und für die anderen, die ich dann auch veröffentlichen möchte, da kann ich ja auch dann
spezifische Regelungen treffen, wie ich damit umgehe, mit dem Personenbezug.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Dr. Schulz. Hat sich Herr Dr. Dressel gemeldet?
Abg. Dr. Andreas Dressel: Ja, an die Experten noch einmal ein Punkt, der vielleicht jetzt so
auch noch nicht angesprochen ist, das ist der Schutz des Kernbereichs exekutivischer Eigenverantwortung, Arkanbereich, aber es betrifft natürlich die Veröffentlichungspflicht natürlich dann im Besonderen, wenn hier auch auf Senatsbeschlüsse auch Bezug genommen
wird. Also, wie – weil ich nun auch nicht die letzten Schwingungen der Rechtsprechung zu
Arkanbereich, exekutivischer Eigenverantwortung dann auf dem Zettel habe – wie ist das
aus Ihrer Sicht zu bewerten, bis wohin geht das? Wir haben ja auch da noch eine Rechtsprechung auch des Hamburgischen Verfassungsgerichts, die vielleicht noch einmal etwas
strengere Maßstäbe anlegt, als das in anderen Bundesländern der Fall ist. Wie wird das aus
Ihrer Sicht eingeschätzt, wie weit geht das und geht dieser Ansatz hier über das hinaus, was
eigentlich verfassungsgerichtlich anerkannt ist?
Vorsitzender: Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Also, Herr Dr. Dressel, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und anderer Gerichte in Bezug auf den autonomen Bereich der Politik, das heißt, des
Regierungshandelns, ist ziemlich klar. Den gibt es. Und die Politik im Rathaus ist auch nicht
in aller Hinsicht veröffentlichungspflichtig. Allerdings, soweit Beschlüsse des Senates sich zu
Papieren, die zu den Akten gehen, quod non est in actis, non est in mundo, soweit es diese
angeht, dürften die veröffentlichungsreif und veröffentlichungspflichtig sein. Aber Sie wissen
selbst genau, dass im Bereich des Senates Entscheidungen getroffen werden, die nicht in
die Akten gehen, und hier genau wäre der Kernbereich. Ich würde sagen, was zu Papier
gebracht ist, was ein ordentlicher Senatsbeschluss ist, der müsste veröffentlicht werden. Das
umfasst schon das Kontrollrecht des Parlamentes und sollte jetzt erstreckt werden auf die
Öffentlichkeit.
Vorsitzender: Noch weitere Anmerkungen? Dr. Redelfs?
Herr Dr. Redelfs: Also, zu dieser Frage der exekutiven Eigenverantwortung als möglichem
Ausschlussgrund hat ja das Bundesverwaltungsgericht gerade vor einigen Wochen ein Urteil
gefällt, und das Gericht hat dabei festgestellt, dass es dem Gesetzeszweck der Informationsfreiheitsgesetze komplett widerspricht, wenn man von vornherein ganze Teilbereiche der
Vorbereitung und Willensbildung für das Gemeinwesen vom Geltungsbereich eines IFG ausschließen würde. Und das BVG verweist da auch darauf, dass es ja eine ganze Reihe von
Ausnahmeklauseln, etwa zum Schutz der internationalen Beziehungen oder der inneren Sicherheit, gibt, und da, so die Logik, wenn das Regierungshandeln generell ausgenommen
wäre, dann bräuchte man ja diese Schutzklausel nicht. Also, die exekutive Eigenverantwortung bleibt gewahrt, indem die konkreten Schutzklauseln zum Tragen kommen, nicht durch
eine pauschale Ausklammerung des Regierungshandelns. Das ist, glaube ich, noch einmal
wichtig, hier zu betonen. Also, der Beratungsprozess ist geschützt, die Beschlüsse selbst
aber immer nur insoweit, wie es konkrete Versagensgründe gibt.
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Vorsitzender: Herr Dr. Schulz noch einmal dazu.
Herr Dr. Schulz: Vielleicht noch eine Ergänzung dazu. Also, ich finde eigentlich genau richtig zu sagen, man muss diese Abgrenzung leisten zwischen einem Beschluss, darauf zielte
ja Professor Karpen auch ab, also die Entscheidung, die dann vom Senat verantwortet wird
oder von einem Minister oder von wem auch immer in der Verwaltung, aber der Prozess bis
dahin, also der Willensbildungsprozess des Senats, der muss, glaube ich, frei sein, solange
er noch stattfindet. Und ich glaube, das Gesetz, der Gesetzesentwurf hat mit der Abgrenzung von Senatsvorlagen, die grundsätzlich der Veröffentlichung unterliegen, aber Entwürfe,
vorbereitende Notizen und Vermerke, das sind auch schriftlich dargelegte, aber dass man
die nicht der Veröffentlichungspflicht unterwirft, finde ich, glaube ich, einen sachgerechten
Ausgleich gefunden. Dass der im Einzelfall schwer zu bewerten sein wird, ist das noch vorbereitender Prozess, ist das schon sozusagen abschließende Entscheidung, da kann es
Graubereiche geben. Aber ich glaube, detaillierter kann man das nicht regeln in einem Gesetz.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Ich habe Frau Professor Albers noch, möchte aber gerne
eine Zusatzfrage noch loswerden. Vielleicht können wir das noch machen.
Würden auch zur Vorbereitung einer Regierungsentscheidung Gutachten zählen? Weil wir ja
an einer anderen Stelle sozusagen die Freigabe der Gutachten haben. Aber um sich eine
Meinung zu bilden, gehören ja oft sozusagen Gutachten zur Meinungsfindung einer Regierung. Wie würden Sie das beurteilen? Wo hört das auf,
wo fängt das an?
Aber Frau Professor Albers hat erst einmal das Wort.
Frau Dr. Albers: Ich glaube, dass man bei dieser Regelung das gleiche Problem hat wie
auch bei manchen anderen Sachen, dass es in bestimmten Hinsichten relativ unproblematisch und klar ist, bei anderen Begriffen kommt es eben ganz darauf an. Also, was Sie möglicherweise auch mit dem Kernbereich meinten, ist so etwas wie Dienstanweisungen, Handlungsempfehlungen, wonach Sie hier auch schon gefragt hatten, das kann eben in einen
Bereich fallen, wo man mit der Veröffentlichung keine Probleme hat, es kann aber durchaus
auch sein, wo man sagt, eine Dienstanweisung gehört jetzt eigentlich noch in einen inneren
Bereich der Vorbereitung einer Entscheidung, die möglicherweise auch nicht unbedingt etwas für die Veröffentlichung ist, weil das eben Interna sind. Sodass man bei dem gesamten
Katalog des Paragrafen 3 Absatz 1 möglicherweise tatsächlich noch einmal bilanzieren
müsste, was relativ klar ist, Organisations-, Geschäftsverteilungs- und Aktenpläne etwa, damit hätte ich keine Probleme. Dienstanweisung und Handlungsempfehlung ist so ein Graubereich. Andere Bereiche, etwa Subventions- und Zuwendungsbescheide, ist natürlich auch
sehr differenzierungsbedürftig. Alle weiteren Informationen von öffentlichem Interesse haben
aus meiner Sicht den guten Hintergrund, dass da im Grunde ein bisschen funktional zu bestimmen versucht wird, worum es eigentlich geht, auch um ein Abgrenzungskriterium zu
schaffen und eine dynamische Klausel einzuführen, die eben dann auch – das ist ja auch
gemeint mit dem, wenn da vermehrte Anträge kommen, eine dynamische Klausel zu schaffen, damit man hier eben nicht jeden einzelnen Tatbestand aufzählen muss. Also, möglicherweise wäre es tatsächlich sinnvoll, da erst einmal funktional dranzugehen, dann klare Beispiele zu finden. So etwas wie Handlungsempfehlung, Dienstanweisung wäre meiner Meinung nach auch möglicherweise weglassbar, weil das eher unter Veraltungsvorschriften fällt,
was gemeint ist, könnte man zumindest einmal überleben. Und so müsste man das einfach
noch einmal durchgehen.
Vorsitzender: Professor Karpen und dann Herr Professor Caspar.
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Herr Dr. Karpen: Herr Vorsitzender Müller, ich möchte Ihre Frage ganz klar beantworten.
Wenn eine Regierung zur Vorbereitung einer Entscheidung ein Gutachten einholt, entscheidet sie selbst darüber, ob sie es veröffentlichen möchte oder nicht.
Vorsitzender: Ja, sehr klar. Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Ich hatte es eben schon von Frau Professor Albers gehört, das Problem
der individualrechtlichen Gewährleistung beziehungsweise individualrechtlichen Anträge,
Subventionsbescheide, etwa Bauanträge, da haben wir noch nicht drüber geredet. Das ist
auch in der Tat ein Problem vom Datenschutzbereich her. Wir haben vom EuGH ein Urteil
zur Veröffentlichung von Empfängern von Agrarsubventionen. Und da sagt der EuGH ganz
deutlich, wenn dieses pauschal zur Veröffentlichung freigegeben wird, ohne Häufigkeit, Art
und Umfang der Gewährleistung dieser Subventionen, dann ist das so nicht hinnehmbar mit
Blick auf den Datenschutz. Und das muss man sich hier natürlich auch deutlich machen,
dass hier etwa alle individuellen Bauanträge etwa dann von Bürgerinnen und Bürgern veröffentlicht werden oder Subventionsbescheide in diesem Zusammenhang, halte ich für problematisch. Und es bedarf zumindest einer Eingrenzung dieser Vorschrift auf Extremfälle,
sage ich einmal, etwa, wenn jemand ein riesiges Areal bebaut, was dann schon gewerblich
sein kann, dann ist das etwas anderes, als wenn jemand sozusagen sein Haus etwas erweitert und vielleicht einen Treppenlift, weil er behindert ist, dort hinbringt, das muss nicht in ein
solches Verzeichnis hinein. Zumal wir dann auch es hier mit besonders sensiblen Daten zu
tun hätten. Aber, ich glaube, das muss man hier noch einmal deutlich machen, dass auch an
dieser Vorschrift, an dieser Formulierung noch Bedarf besteht, hier noch einmal drüber
nachzudenken.
Vorsitzender: Jetzt hat sich Herr Dr. Schulz noch gemeldet.
Herr Dr. Schulz: Ich versuche noch einmal, Ihre Frage aufzunehmen und zu beantworten,
mit den Gutachten, ob die da drunter fallen. Ich glaube, wenn man den Gesetzentwurf so,
wie er vorliegt, zugrunde legt, hat der Gesetzgeber, wenn es so inkraft träte, die Entscheidung getroffen, Gutachten unterliegen der Veröffentlichungspflicht. Das steht explizit drin. Er
hat sich mit der Frage Senatsbeschlüsse noch einmal explizit beschäftigt und hat gesagt,
unter Senatsbeschlüsse im Sinne des Paragrafen 3 sollen folgende Dinge, die später ausgeführt werden, nicht fallen, hat die Gutachten aber nicht ausgenommen, sodass ich sagen
würde, Gutachten, wenn es so inkraft tritt, würden unter – definitiv drunter fallen. Da müsste
man möglicherweise nacharbeiten, wenn man es nicht möchte.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Dann habe ich dazu eine kurze Nachfrage.
Wäre das aus Ihrer Sicht dann verfassungswidrig im Sinne von dem Kernbereich der Regierungsaufgaben, der geschützt ist? Oder muss sozusagen ein Gutachten dazu dienen, zu
einem Senatsbeschluss zu kommen und – also, hängt das von der Wichtigkeit eines Gutachtens ab, die dann zu einem Senatsbeschluss führen soll irgendwann? Oder wo macht
man die Trennung auf da?
Herr Dr. Schulz: Da sprechen Sie in der Tag eine schwierige Frage an, also das, muss ich
sagen, kann ich jetzt nicht sofort sagen, das würde ich als verfassungswidrig – Aber Sie
sprechen wirklich einen entscheidenden Punkt an. Ob Gutachten per se aus diesem Willensbildungsprozess auszuordnen sind, glaube ich nicht. Und das macht der Gesetzgeber
hier oder versucht – würde er dann versuchen. Insofern muss man wahrscheinlich auch, wie
in dem Bereich personenbezogene Daten, auch für den Bereich Willensbildungsprozess der
Exekutive eine Regelung finden, die eine Abwägung zulässt. Also, finde ich schwierig. Also,
dieses Schwarz-Weiß ist in dem Fall eher schwierig.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Dr. Schulz. Frau Professor Albers.
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Frau Dr. Albers: Ganz kurz. Also, bei Gutachten würde – muss man das natürlich mit dem
Gutachter oder der Gutachterin abstimmen, aber im Grundsatz dient das ja gerade dazu,
eine objektive, sachverständige Stellungnahme zu einer Frage zu erhalten und ist deswegen
auch nicht unbedingt der interne Willensbildungsprozess, sodass ich relativ wenig Probleme
damit hätte, wenn das abgestimmt ist mit dem Gutachter. Der hat natürlich ein Urheberrecht
gegebenenfalls, das muss man dann im Einzelnen sich angucken. Aber im Grundsatz hätte
ich mit der Veröffentlichung von Gutachten bei solchen Sachen nicht unbedingt Probleme.
Vorsitzender: Womit habe ich das ausgelöst? Wir gehen einmal nach der Reihenfolge. Ich
glaube, Herr Redelfs hat sich dann gemeldet, dann Herr Professor Rossi und noch einmal
Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Redelfs: Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Gutachten auch nach dem bestehenden Gesetz ja durchaus schon zugänglich gemacht werden können. Also, wir haben das
zum Teil durch das Umweltinformationsgesetz zum Beispiel seit der EU-Richtlinie 1990. Also, ich selber habe viele Gutachten im Umweltbereich eingesehen, die zugänglich gemacht
wurden, ohne dass es da zu Problemen gekommen ist. Also, insofern sollte jetzt nicht der
Eindruck entstehen, dass wir hier mit Gutachten ein ausgesprochenes Neuland betreten
würden.
Vorsitzender: Ich glaube, es ging ein bisschen um die Pflicht oder das Anrecht. Herr Professor Rossi.
Herr Dr. Rossi: Vielleicht eine Bemerkung zum Urheberrecht. Ich habe da in der Tat auch
gewisse politische Bauchschmerzen, rechtliche eigentlich letztlich nicht. Man kann als Gesetzgeber, als demokratischer Gesetzgeber, die Regierung verpflichten, Gutachten öffentlich
zu machen. Man kann das auch urheberrechtlich abdingen, dieses Publikationsrechte, was
man definitiv aber nicht abdingen kann, der Gesetzgeber, ist dann das Urheberrecht, das
Namensrecht. Das ist ein Persönlichkeitsrecht, das überhaupt nicht abdingbar ist im Urheberrecht. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt, ich glaube, der Paragraf 3 leidet insgesamt darunter, dass nicht hinreichend deutlich wird, und vielleicht auch nicht gewollt ist, das kann ich aber nicht beurteilen,
dass die verschiedenen Ausnahmen hier auch zu berücksichtigen sind. Deshalb würde ich
eine Formulierung empfehlen, etwa, der Veröffentlichungspflicht unterliegen, Gedankenstrich, vorbehaltlich der Ausnahmebestimmungen in den Paragrafen 4 bis 7, und dann geht
es weiter. Dann wird auch das deutlich, worüber Herr Caspar und Frau Albers und andere
vorhin gesprochen haben, dass nämlich die weiteren Informationen, an denen ein öffentliches Interesse besteht, jedenfalls nicht die personenbezogenen Daten sind. Derzeit ist die
Gesetzestechnik anders herum, dass die Ausnahmen immer wieder sagen, der Veröffentlichungspflicht unterliegen nicht – und ich würde es gerade, weil es die aktive Informationspolitik ja sein soll, die im Vordergrund steht, dann aber auch dort schon auf die Ausnahmen
hinweisen.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Professor Rossi. Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Also, auch gegen formulierten Widerspruch beharre ich darauf, dass die
Regierung natürlich die Möglichkeit haben muss, über schwierige Gesetzgebungsfragen oder über schwierige Fragen des Sachgebietes, Nukleartechnik, Lebensmitteltechnik, sich
Gutachten einzuholen, die sie auch geheim halten kann. Die Diskussion spielt im Bereich der
Forschung im Augenblick eine sehr große Rolle, nämlich, ist der Gutachter oder überhaupt,
ist ein Autor, ein wissenschaftlicher Autor, verpflichtet, zum Beispiel als Universitätsangehöriger und also Beamter, all seine Gutachten und sonstigen Stellungnahmen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen? Er sollte es, aber es gibt Ausnahmen. Und zu diesen Ausnahmen gehören ausgerechnet die Gutachten. Und jetzt kommt eine Unterfrage, die hier
vielleicht nicht so wichtig ist oder doch. Wenn dieses Gutachten denn nun, wie es in der Re-
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gel der Fall ist, aus dem Budget der Freien und Hansestadt Hamburg bezahlt wird, hat dann
die Öffentlichkeit – Aber bisher ist die Rechtsprechung so weit nicht gegangen. Gutachten für
Private, und ich sage das ganz klar, auch gerade, und für die Regierung, können geheim
gehalten werden, solange es der Regierung für ihre Vorbereitungen notwendig erscheint.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Herr Dr. Dressel noch einmal.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Ja, noch einmal ganz konkret an dem Gesetz entlang. Da steht
drin, Senatsbeschluss, also Senatsbeschlüsse fallen da drunter, und danach kommt das
Wort Mitteilung an die Bürgerschaft. Das ist ja ganz häufig so, dass dann der Senat einen
Beschluss fasst und dann in der Anlage eine Mitteilung an die Bürgerschaft ist, dass die irgendwie, die wird er sowieso – da sind wir ja schon super transparent als Bürgerschaft, weil
die nachher als Mitteilung natürlich ohnehin auch in unsere Parlamentsdatenbank, die auch
bundesweit relativ state of the art ist, sodass sie sowieso schon jeder lesen kann.
Aber die Frage ist, worauf bezieht sich der Senatsbeschluss. Das wäre jetzt auch noch einmal eine Frage an die Initiative, was genau, aus Ihrer Sicht, nach Ihrem Willen des Gesetzgebers, davon erfasst sein soll, und die Frage ist, auch an die anwesenden Experten, wo Sie
da die Grenze ziehen. Ist das – der eigentliche Beschluss ist in der Regel ja am Schluss immer ein Petitum, zum Beispiel die anliegende Mitteilung an die Bürgerschaft zu beschließen.
Bezieht sich das auf diesen Beschluss oder auf, sage ich einmal, die ganze Drucksache, wo
alle möglichen Erwägungen, die letztlich führend, zielführend gewesen sind, die Mitteilung,
die anliegende Mitteilung an die Bürgerschaft zu beschließen, bezieht sich das auf alle Erwägungen, also eigentlich müsste es dann heißen Senatsdrucksachen und nicht nur Senatsbeschlüsse. Das ist ja eine Frage, also die, wenn man am Gesetz entlangarbeitet, dann
auch klarhaben muss, damit wir wissen, woran wir da sind. Deswegen einmal an die Initiatoren, die sich bestimmt etwas dabei gedacht haben, und dann an die Experten, was Sie sich
darauf aufbauend darüber denken.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Dressel. Dann würde ich zuerst den Initiatoren das Wort
geben und dann jeweils den Experten.
Herr Hackmack: Also, nach unserem Kenntnisstand ist es aktuell in Hamburg so, dass der
Senat seine Beschlüsse nicht veröffentlichen muss und lediglich eine Auswahl der Senatsbeschlüsse dann im Anschluss an die Senatssitzung am Dienstag auf der jeweiligen Landespressekonferenz vorstellt. Das, finden wir, kann nicht sein, wenn die Exekutive, also die
Regierung, einen Beschluss fällt, dann muss dieser Beschluss auch öffentlich sein. Alles,
was auf diesen Beschluss vorbereitend gewirkt hat, das haben wir ja an hinterer Stelle beim
Gesetzentwurf wieder ausgenommen, also, das heißt, wir wollen jetzt nicht das Innenleben
des Senates nach außen kehren und auch abgelehnte Senatsvorlagen sind nicht veröffentlichungspflichtig, aber wenn ein Regierungsbeschluss dann vorliegt, der dann in der Senatssitzung am Dienstag getroffen wird, dann gehört der selbstverständlich veröffentlicht. Das ist
der Hintergrund.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Die Frage war, wenn ich noch einmal nachfragen kann, nicht –
Also abgelehnte Senatsvorlagen ist klar, das war auch schon klargestellt, was heißt Senatsbeschluss aus Sicht der Initiative? Ist das quasi die gesamte Vorlage, alle Erwägungen, die
Bestandteil einer Drucksache sind, oder nur der eigentliche Beschluss? Das müssen Sie sich
ja überlegt haben.
Vorsitzender: Also, vielleicht lasse ich der Initiative im Moment noch Zeit zu überlegen, und
sonst hat sich Herr Professor Karpen noch gemeldet.
Herr Dr. Karpen: Also, so klar ist der Begriff Beschluss nicht. Aber ich interpretiere ihn so:
Wir müssen zurückgehen auf die Aufgaben der Regierung. Die Regierung bereitet in der
Regel Gesetzentwürfe vor. Dann gehört das, was Sie, Herr Dr. Dressel, gesagt haben, was
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als Mitteilung des Senates an die Bürgerschaft, das gehört – bereitet das Budget vor. Das
geht auch an die Bürgerschaft. Dann gibt es aber einen weiteren Bereich, Öffentlichkeitsarbeit und das, was man den Kern der Politik nennt. Zum Beispiel, wenn Hamburg im Senat
diskutiert und dann zu einem Beschluss kommt, der entweder so aussieht, sind wir alle damit
einverstanden, oder, wie es der gegenwärtige Erste Bürgermeister zu tun scheint, dat mookt
wi so, das machen wir so, dann ist das ein Beschluss. Zum Beispiel, lass uns die Freundschaft mit Schleswig-Holstein ein bisschen langsamer fahren, um aus der heutigen Sitzung
in Kiel zu berichten, das ist natürlich, wenn das Kabinett sich damit beschäftigt und gemeinsam zu einer Entscheidung kommt, ist das ein Beschluss, aber nicht ein Beschluss in dem
Sinne, dass das, wie alle Einzelheiten, in die Öffentlichkeit gerät. Das ist es nicht. Sondern,
ich glaube, wir müssen von den Aufgaben ausgehen, damit haben Sie angefangen, mit dem
Gesetz, mit dem Budget, und was sonst so geschieht. Zum Beispiel die Benennung eines
Ehrenbürgers und so weiter, das ist ein Beschluss, der geht natürlich ins Internet. Klar.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Ich habe auch noch einmal eine Nachfrage. Also, ich meine, dass veröffentlichungsmäßig eine Regierung beschließt, Gesetzentwürfe, also alles, was
dem Parlament sowieso zugehen muss, damit er es dann letztlich beschließt und das auch
wahr wird, die Regierung kann ja keine Gesetze allein letztendlich abschließend beschließen, ist mir klar. Aber der Rest, der jetzt nicht vom Parlament bestätigt werden muss, aber
könnte, da gibt es offenbar einen Katalog, der aus Ihrer Sicht geschützt ist. Habe ich das
jetzt richtig verstanden? Also, Staatsverträge, die nicht so wichtig sind, aber die Bürgerschaft
nicht erreichen müssen, wenn der Senat einen Staatsvertrag macht, der nicht zwingend
durch die Bürgerschaft muss, ist das dann veröffentlichungspflichtig?
Herr Dr. Karpen: Also, ich gehe eher von der umgekehrten Annahme aus. In der Regel ist
das Regierungshandeln geschützt. Nur gewisse formale Dinge, und dazu gehören selbstverständlich die Verträge, dazu gehört selbstverständlich der Gesetzentwurf mit Begründung,
die müssen veröffentlicht werden. Aber ich will nicht von Arkanbereich reden, sondern ich
spreche von dem genuinen Regierungsbereich, Senatsbereich, wie das Parlament einen
eigenen Bereich hat. Der ist im Grunde genommen, das verlangt die Gewaltenteilung so, die
Öffentlichkeit ist nicht eine Superorganisation, die alle Gewalten verschlingt, sondern die
Gewaltenteilung verlangt, dass die Regierung ihre Aufgabe der Staatsführung zunächst einmal vorbereiten und durchführen kann. Wenn daraus dann Papiere anfallen, so sind diese,
wenn der Gesetzgeber es denn so will, wie Herr Hackmack und andere das wollen, was ja
noch nicht feststeht, dann ist das etwas weiter als bisher.
Vorsitzender: Gibt es zu dem Fragenkomplex – Ja, es gibt noch eine Nachfrage. Herr Dr.
Dressel.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Ich glaube, irgendwo haben wahrscheinlich alle hier schon einmal, weil wir alle einmal irgendwo schon einmal Regierungsfraktion – na, Christiane Schneider jetzt noch nicht, aber andere waren ja hier schon einmal Regierungsfraktion und haben
wahrscheinlich irgendwann schon einmal in ihrem parlamentarischen Leben auch einmal
eine Senatsdrucksache zu Gesicht bekommen, wo natürlich immer ein Beschlusstext am
Schluss steht. Und ich habe das jetzt so verstanden, insofern, vielleicht müsste die Initiative
mich noch einmal korrigieren, dass Gegenstand dessen, was die Initiative will, ist, dass der
Beschlusstext veröffentlicht wird und nicht die zu dem Beschlusstext führenden Erwägungen.
Wo zum Beispiel auch Sachen aus der Abstimmung, der Behördenabstimmung zum Beispiel, stehen, die und die Behörden haben zugestimmt, die und die haben die Bedenken,
das wäre damit nicht von der Veröffentlichungspflicht umfasst, das heißt, auch keine ganzen
Senatsdrucksachen, sondern lediglich der Beschlusstext. Da wollte ich nur, dass das hier als
– auch Klarheit hier hergestellt ist. Da müsste jetzt Herr Hackmack noch einmal nicken oder
Ja sagen.
Herr Hackmack: Das sage ich nicht, sondern –
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Vorsitzender: Der Initiative gebe ich gerne das Wort.
Herr Hackmack: Also, selbstverständlich sind auch die Begründungen für Senatsbeschlüsse
veröffentlichungspflichtig. Allein schon, um den Beschluss zu verstehen, zu interpretieren,
was meint der Senat jetzt eigentlich mit diesem Beschluss. Und insofern gehen wir von der
größtmöglichen Veröffentlichungspflicht aus, ohne gleichzeitig natürlich in den Kernbereich
der Exekutive eingreifen zu wollen. Also, das vielleicht immer im Hinterkopf behalten. Wir
wollen natürlich möglichst veröffentlichungsfreundlich diesen Gesetzentwurf interpretiert sehen.
Vorsitzender: Das hat jetzt wahrscheinlich eher noch einmal Nachfragen auch von Frau
Spethmann eben ausgelöst. Frau Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Ja, also das, was Sie jetzt eben gesagt haben, ist ja genau das.
Wenn in einem vorbereitenden Papier drinsteht, welche Behörde dem zustimmt, welche Erwägungen es dafür oder dagegen gibt, der Datenschutzbeauftragte hat vielleicht auch irgendwelche Stellungnahmen gegeben, das wollen Sie dann ja doch veröffentlicht wissen.
Das heißt, der gesamte Entscheidungsweg steht ja in dieser vorbereitenden Senatsdrucksache drin, die dann in einen Beschluss mündet. Das heißt, ich würde daraus verstehen, Sie
würden diese gern auch veröffentlicht haben.
Vorsitzender: Herr Hackmack.
Herr Hackmack: Insofern es der Nachvollziehbarkeit des Senatsbeschlusses dient und
wenn es sich um einen abschließenden Vorgang handelt, ja.
Vorsitzender: Herr Dressel.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Aber dann müssen Sie sich doch schon vorwerfen lassen, dass
Sie dann auch unsauber an dem Gesetz gearbeitet haben. In dem Gesetz steht drin, Senatsbeschlüsse. Wir haben das jetzt hier versucht gemeinsam herauszuarbeiten.
(Zwischenruf Abg. Christiane Schneider: Nebst!)
Ja, Mitteilung an die Bürgerschaft, dass die Fragen von Sachen, die an das Parlament gehen, klar erfasst sind, haben wir hier Herausgabe, das ist völlig in Ordnung. Aber es kann ja
letztlich nicht sein, dass dann jeweils am Dienstag – das steht jedenfalls in dem Gesetz nicht
drin. Sonst müsste – wäre das Bestandteil der Gesetzesinitiative gewesen zu sagen, Senatsbeschlüsse und dann darüber hinaus alles das, was von der Begründung von Senatsbeschlüssen auch noch erfasst sein könnte, sofern es nicht im Einzelfall den Arkanbereich oder
sonstwie noch verletzt. Das steht da aber alles nicht drin. Es steht da Senatsbeschlüsse.
Und das ist, finde ich, genau ein Punkt, wo es dann wirklich hier auch verfassungsrechtlich
auf des Messers Schneide an der Stelle steht, wo ich dann auch erwarte, dass es so sauber
uns hier dargelegt wird, wir sollen das ja beschließen, das ist ja das Petitum, was an uns
geht, dass wir da auch wissen, woran wir sind. Und Senatsbeschlüsse sind nun einmal Senatsbeschlüsse und nicht die Frage, was da zur Behördenabstimmung und sonst wie zu
steht. Das, finde ich, geht an dem Willen über die Spur hinaus und das entnehme ich jetzt
aber erst, dass das der eigentliche Wille ist, den die Initiative hat. Den hat sie aber in ihrer
Initiative nicht zum Ausdruck gebracht.
Vorsitzender: Frau Spethmann, nein, Frau Schneider hat sich noch einmal kurz gemeldet
und dann haben Sie auch gerne das Wort, Herr Hackmack.
Abg. Christiane Schneider: Also, Herr Dressel, da würde ich Ihnen widersprechen. Ich habe das so verstanden, weil, da steht, in öffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse nebst den
zugehörigen –
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(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Ja, die Senatssitzung ist nicht öffentlich,
glaube ich.)
– nebst den zugehörigen Protokollen und Unterlagen. Und wenn ich jetzt einmal an ein konkretes Beispiel denke, da würde ich zum Beispiel sagen, die Obachtliste, da hatten wir uns ja
im Innenausschuss drüber gestritten, dass es da keine Drucksache zu gibt, also dass sozusagen, dass man das irgendwie weiß aus einer Antwort auf die Kleine Anfrage, dass es irgendwas gibt, aber was es genau ist, weiß man nicht, und wie es da hingekommen ist, mit
welcher Begründung das beschlossen wurde, weiß man auch nicht. Und wenn ich das richtig
verstanden habe, geht es darum, also das wissen wir jetzt nicht einmal als Abgeordnete,
sonst wüsste es ja die Öffentlichkeit dann auch, aber geht es doch darum, dass man die –
also, so einen gefassten Beschluss des Senats für die Einrichtung einer Obachtliste für Jugendliche, also, gefährdete Jugendliche, sage ich einmal, dass die Öffentlichkeit diesen Beschluss zur Kenntnis bekommt und die Erwägungsgründe dafür zur Kenntnis bekommt, weil
sie sonst gar nicht beurteilen kann, so habe ich die Argumentation verstanden, wozu das
Ding eigentlich gut sein soll.
Vorsitzender: Herr Hackmack, Sie kommen gleich dran. Es gibt noch einmal Beratungsbedarf unter den Abgeordneten bei der Frage, die an Sie gerichtet sein soll oder auch nicht.
Herr Dr. Dressel hat sich noch einmal gemeldet.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Ich finde das ja – Also, erstens glaube ich, tagt der Senat, sonst
müsste Frau Schiedek widersprechen, in der Regel nicht in öffentlicher Sitzung, insofern ist
das, glaube ich, schon einmal einfach schlicht das nächste Beispiel. Und ich verstehe auch
diese Aufzählung so, da steht Senatsbeschlüsse, Mitteilungen an die Bürgerschaft, was das
ist, haben wir jetzt hier schon ja herausgearbeitet, dann in öffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse nebst den zugehörigen Protokollen und Unterlagen. Das heißt, das Protokolle und
Unterlagen bezieht sich auf die in öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse, was eben nicht
Senatsbeschlüsse sind. Also, insofern müssen wir das – diese Aufzählung, die der Initiativenkreis sich sicherlich sehr sorgfältig überlegt hat, auch genauso nehmen, wie sie hier
steht. Wir können ja im Moment nur von dem Gesetzentwurf ausgehen, den wir hier vorliegen haben, und genau dazu stellen wir eben auch die Nachfragen.
Vorsitzender: Also, Herr Hackmack, Sie haben jetzt vielleicht noch einmal die Gelegenheit,
das klarzustellen, dass wir hier nicht in einen verfassungsrechtlich schwierigen Bereich
kommen.
Herr Hackmack: Also, die Positivliste ist praktisch die Mindestveröffentlichungspflicht, und
dem Senat steht es natürlich immer frei, auch darüber hinauszugehen und die Begründungen zu liefern. Aber jetzt haben Sie uns natürlich auf eine Idee gebracht, und vielleicht nehmen wir tatsächlich die Begründung gleich mit in diesen Anwendungskatalog mit auf, sodass
das heißen könnte, Senatsbeschlüsse samt Begründungen, Komma, und dann führen wir mit
der Aufzählung fort. Wir würden dann noch einmal prüfen, ob wir da zu stark in den Kernbereich der Exekutive eingreifen. Wenn das nicht der Fall ist, nehmen wir das – übernehmen
wir das gerne. Vielen Dank für die Anregung.
Vorsitzender: Also, der Kernbereich des Regierungshandelns. Herr Dr. Schulz, vielleicht
mögen Sie auch noch einmal etwas zu beitragen.
Herr Dr. Schulz: Ich würde gerne noch zum Kernbereich tatsächlich – Ich glaube, die
Grundfrage, die sich stellt, ist, wie will ich da rangehen. Will ich bestimmten Unterlagen vorbereitenden Charakter zuerkennen und sagen, die sind deswegen raus, oder umgekehrt,
wäre es auch möglich zu sagen, ab dem Zeitpunkt, wo eine verbindliche Entscheidung in
Form eines Senatsbeschlusses oder wie auch immer gefallen ist, ist rückwirkend sozusagen
der Prozess dahin auch öffentlich zu machen? Es ist sozusagen nur nicht in ein laufendes
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Verfahren einzugreifen. Das wäre die Alternativmöglichkeit, die sehr weitgehend wäre. Ich
glaube, das sind die beiden unterschiedlichen Regelungsansätze. Und ich hatte den gewählten so verstanden zu sagen, grundsätzlich auch nach abgeschlossener Willensbildung bleiben vorbereitende Unterlagen frei von der Veröffentlichungspflicht, und ich glaube, das
müsste man aus Gründen des Kernbereichs auch weitgehend so anerkennen. Und dann
würde es sich tatsächlich nur auf die Beschlüsse beziehen. Ansonsten würde man auch dazu führen, wenn man das jetzt erweitert auf Senatsdrucksachen, dann würde in der Senatsdrucksache nur noch der Beschluss stehen und alles andere in vorbereitenden Vermerken.
Also, ich glaube, da wäre auch den Initiatoren nicht so viel geholfen. Also, das würde man
dann ... Das, was man veröffentlichen will, steht in der Drucksache, das, was man nicht veröffentlichen will, steht in dem, was nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegt.
Vorsitzender: Also, ich denke, es ist jetzt einiges an Rat bei Ihnen angekommen, das sauber noch einmal im Gesetzentwurf zu trennen und ob nun direkt im Gesetz oder in der Gesetzesbegründung, können Sie ja noch einmal in sich gehen, aber ich glaube, dass wir da
noch einmal eine Klarstellung brauchen.
Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Also, Herr Vorsitzender, Gesetzesbegründung reicht nicht aus. Das Gesetz spricht für sich. Die Begründung ist ein Auslegungshilfsmittel, in Zweifelsfällen ist es
aber nicht. Aber wir kreisen die ganze Zeit um ein Problem, was im Grunde genommen,
wenn auch eben unklar geregelt ist, es muss eigentlich heißen, „Senatsbeschlüsse, Mitteilungen an die Bürgerschaft (unter Berücksichtigung des Paragrafen 6)“, da steht das nämlich
alles drin, dass Senatsvorlagen, Entwürfe und alles das, was die Vorbereitung von Entscheidungen betrifft, nicht veröffentlichungspflichtig ist. Darüber werden wir gleich noch reden
müssen. Der Aufbau des Gesetzes lässt sehr zu wünschen übrig.
Vorsitzender: Gut, dann haben wir diese Frage jetzt noch einmal konkreter gehabt. Wollen
wir weitergehen, ich frage jetzt meine Kolleginnen und Kollegen, im Bereich unserer Themen? Dann würde ich an sich jetzt gern den Bereich Veröffentlichungspflicht und die Reichweite beenden wollen. Und der nächste Bereich wäre Schutz der personenbezogenen Daten
durch Paragraf 4. Da kann ich mir vorstellen, dass es ein bisschen länger dauert. Noch einmal die Frage in die Runde: Wollen wir weitermachen und dann die Pause danach und wie
sieht es aus? Kann aber dann sein, dass wir wahrscheinlich mitten in dieser Beratung unterbrechen müssen mit acht. Also, ich glaube nicht, dass wir in einer halben Stunde diesen Bereich jetzt hinkriegen, aber wer weiß. Professor Karpen, haben Sie noch dazu?
Herr Dr. Karpen: Ich habe eben auf die Systematik hingewiesen und Sie haben jetzt den
Anwendungsbereich für abgeschlossen erklärt. Das ist aber nicht der Fall, sondern der Paragraf 5 gehört zum Umfang der Informationsfreiheit und Veröffentlichungspflicht dazu und
der Paragraf 6 sowieso. Und wenn ich hier Abgeordneter wäre, würde ich als Erstes Herrn
Hackmack einmal fragen, warum er eigentlich Paragraf 5 und 6 getrennt hat. Beides sind
Begrenzungen der Veröffentlichungspflicht beziehungsweise der Informationsfreiheit des
Bürgers. Also, wir können jetzt nicht zu einem anderen Thema übergehen, ehe wir nicht diese mehr formalen Fragen geklärt haben.
(Abg. Andreas Dressel: Die Frage geben wir doch gleich mal weiter.)
Vorsitzender: Ja, also, ich habe jetzt von den Kollegen gehört, dass wir die Frage gerne
weitergeben an die Initiatoren.
Herr Hackmack: Also, die Frage war, warum wir Paragraf 5 und 6 getrennt haben, ich kann
mich daran jetzt nicht im Einzelnen erinnern. Also, es ist nicht so, dass ich den Gesetzentwurf allein geschrieben habe, sondern wir haben den gemeinsam erarbeitet in einem großen
Bündnis und ich denke ‘mal, die haben wir getrennt, damit ein Paragraf nicht so lang ist. Also, dann kann man das spezifizieren. Also, das erschien uns logisch. Also, Paragraf 5, also
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vielleicht für alle, die den Gesetzentwurf jetzt nicht vorliegen haben. Hier geht es einmal um
Ausnahmen der Informationspflicht und dann geht es noch einmal extra um den Schutz öffentlicher Belange, die auch weitere Ausnahmen definieren. Also, da wird das zum Beispiel
spezifischer gefasst. Also, wir können das auch gerne zusammenfassen. Also – mein Gott,
gehüpft wie gesprungen.
Abg. Christiane Schneider: Ich habe eine Frage an Herrn Karpen.
Vorsitzender: Ja, Frau Schneider.
Abg. Christiane Schneider: Ist das denn nun ein Problem?
Herr Dr. Karpen: Für mich, ja. Ich melde mich hier nur zu Wort, wenn es für mich Probleme
gibt. Ich will Ihnen nicht die Zeit stehlen.
Vorsitzender: Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Ich glaube, das kann man mit Blick auf unsere bestehende Regelung erklären. Wir haben den Anwendungsbereich in dem Paragraf 3, wo dann eben auch ein Anspruch auf Informationszugang für bestimmte Bereiche verneint wird, und dann haben wir
den Paragraf 8 „Schutz öffentlicher Belange“ dann noch einmal extra. Also, ich glaube, man
hat sich einfach die alte Regelung hier zum Vorbild genommen und die entsprechend umgesetzt. Ob das jetzt Sinn macht, mag man hinterfragen. Aber ich glaube, es ist jetzt kein
grundsätzliches Problem, das man mit der Initiative haben sollte.
Vorsitzender: Ich hab das jetzt einmal wahrgenommen als Gesetzessystematiksfrage und
wir kommen dann doch, glaube ich, zu dem Bereich „Schutz personenbezogener Daten“,
Paragraf 4, aber auch, würde sagen, insgesamt, was das Gesetz betrifft. Wer hat da eine
Frage? Herr Tabbert.
Abg. Urs Tabbert: Ja, wir hatten das ja auch in den Eingangsstatements vorhin schon gehört, dass diese Ermessensbestimmung in Paragraf 4 Absatz 1 hier Probleme bereiten könnte. Also, ich kann mir vorstellen, in mancherlei Fällen würde man das wohl auch zum einen
vor dem Hintergrund eben des Grundrechts auf Informationsfreiheit wahrscheinlich auch als
gebundene Entscheidung wahrscheinlich lesen müssen und dann schließen sich daran
schon die Fragen wieder an nach der hinreichenden Normklarheit und dann … Also, das so
viel zum Rechtlichen, das würde ich gerne wieder von den Experten wissen. Aber ich möchte
auch noch die Initiative nicht versäumen zu fragen, warum ist darauf verzichtet worden, im
Gesetzentwurf eine Vorschrift aufzunehmen, wie das etwa in dem bisherigen Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz der Fall ist, die in hinreichend bestimmter Weise festlegt,
wann personenbezogene Daten zu anonymisieren sind und wann nicht. Also, zunächst einmal, macht vielleicht mehr Sinn die Frage an die Initiatoren und dann an die Experten, wie
das rechtlich einzustufen ist.
Vorsitzender: Die Initiatoren. Wer möchte antworten? Herr Hackmack.
Herr Hackmack: Also, ich lese die Regelung für alle einmal vor, dass jeder das nachvollziehen kann. Wir haben gesagt in Paragraf 4 Absatz 1: „Personenbezogene Daten können in
Veröffentlichungen unkenntlich gemacht werden.“ Das heißt, hier setzen wir großes Vertrauen in die Verwaltung, von sich aus zu entscheiden, was sind personenbezogene Daten, die
wir veröffentlichen wollen, und was sind welche, die wir unkenntlich machen wollen. Wir wollten verhindern, dass per se alle personenbezogenen Daten unkenntlich zu machen sind, weil
wir denken, dass es manchmal doch darauf ankommt und auch von öffentlichem Interesse
sein könnte, beispielsweise welcher Verwaltungsbeamte jetzt einen bestimmten Vorgang
bearbeitet hat oder eine Dienstvorschrift erlassen hat, sodass noch nachvollziehbar bleibt für
die Bürgerinnen und Bürger, zu sehen, wo ist eigentlich die Verantwortung dort in der Ver-
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waltung. Vielleicht ist es vergleichbar mit der Forderung nach der Veröffentlichungs- oder
Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten bei Demonstrationen. Da ist es manchmal auch
ganz hilfreich, wenn man genau weiß, mit wem man das eigentlich zu tun hat. Aber auch das
ist ein Punkt, der im Bündnis noch diskutiert wird. Und ich finde, da hat Herr Caspar eine
sehr gute Regelung vorgeschlagen und die nehmen wir auch so mit in das Bündnis. Und wir
wollen natürlich eine möglichst datenschutzfreundliche Regelung, das ist völlig klar. Wenn
Sie sich die Initiatoren hier angucken mit dem Chaos Computer Club und Transparency zusammen, dann wird es mit uns kein Gesetzentwurf geben können, der sozusagen nicht das
Okay von dem Datenschutzbeauftragten hat. Also, das auch an dieser Stelle einmal so klar
gesagt.
Vorsitzender: Ist das erst einmal beantwortet, Herr Tabbert? Dann würde ich Frau Spethmann sonst nehmen, oder? sie können ja später noch einmal.
Abg. Urs Tabbert: Ja, also ich fand das erst einmal, ist ja auch eine spannende Neuigkeit,
dass Sie sozusagen auch hier den Landesdatenschutzbeauftragten als sozusagen Ihre Kontrollinstanz ansehen. Also, das finde ich schon einmal, würde ich einmal begrüßen, ja.
Vorsitzender: Das begrüßen wir auch von den anderen Fraktionen, zumal er ja von uns allen gewählt wurde. So. Frau Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Na, ich glaube auch, dass Ihre letzte Ausführung, dass Sie die
Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten übernehmen, durchaus ganz beruhigend ist,
denn ich glaube, gerade der Datenschutzbeauftragte hat durchaus einmal festgestellt, dass
man leider nicht jedem Beamten immer vertrauen kann. So sehr wir das wollen, gibt es da
durchaus auch manchmal Punkte, die vielleicht einmal daneben gehen könnten, und ich
glaube, da die Verantwortung auf den Einzelnen abzuwälzen, würde auch nicht im Interesse
der CDU sein. Da könnten wir uns vorstellen, wäre die Lösung von Herrn Caspar wirklich
dann praktikabler und lösbarer. Damit ergeben sich ja hier weniger Fragen, wenn Sie das
jetzt so schon übernehmen.
Vorsitzender: Ja. Gibt es seitens der Experten vielleicht noch Anmerkungen dazu? Frau
Professor Albers und dann Herr Professor Rossi.
Frau Dr. Albers: Die Regelung ist sicher zu unbestimmt, sie kann nicht so bleiben. Ich bin
allerdings durchaus auch der Ansicht, dass es nicht so sein muss, dass per se alle personenbezogenen Daten in Veröffentlichungen unkenntlich zu machen sind. Aber man müsste
es eher umgekehrt angehen und sich überlegen, was vielleicht notwendig mit einer bestimmten Veröffentlichung auch mit veröffentlicht werden muss. Das IFG des Bundes hat ja beispielsweise auch eine bestimmte Abwägungsklausel, wo es den Schutzgehalt personenbezogener Daten differenziert und das kann man meiner Meinung nach durchaus machen.
Alle personenbezogenen Daten unkenntlich zu machen, das muss man sich dann natürlich
auch klarmachen, das kann bei bestimmten Dokumenten einen enormen Verwaltungsaufwand bedeuten, der dann auch wiederum nicht unbedingt gerechtfertigt ist.
Vorsitzender: Professor Rossi.
Herr Dr. Rossi: Ich schließe mich dem Petitum von Frau Albers an. Ich kenne jetzt den Vorschlag von Herrn Caspar nicht, weiß deshalb jetzt nicht genau, was hier auf Konsens gestoßen ist, aber ich sehe das genauso. Weder kann es beim Können bleiben noch muss es zum
Müssen werden, sondern die Abwägungsvorgaben, die in Absatz 2 dann für die Informationen gelten, die auf Antrag zugänglich zu machen sind, die gelten eigentlich exakt auch für
die nach Absatz 1 stets zu publizierenden Angaben. Deshalb würde ich einfach in der Gesetzessystematik versuchen klarzumachen, dass ich diese Angaben brauche. Da könnte ich
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theoretisch auch sogar an die Einwilligung denken, die ja nach dem Trennungsgebot durchaus schon bei der Aktenführung berücksichtigt werden könnte.
Vorsitzender: Herr Dr. Redelfs.
Herr Dr. Redelfs: Ja, dem schließe ich mich an. Noch ein Hinweis auch zu Nummer 3, wo ja
geregelt wird, dass bei Verträgen die personenbezogenen Daten der Vertragspartner nicht
unkenntlich gemacht werden dürfen. Ich verstehe zwar, warum das da drinsteht und dann
auch noch mit dem Hinweis, dass das vertraglich auch so zu regeln sei. Aber da muss man
tatsächlich im Blick behalten die schon zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
zu den Agrarsubventionen. Die kenne ich recht gut, weil ich selber Kläger auf Offenlegung
dieser Subventionen war, und der Europäische Gerichtshof da eben entschieden hat, dass
eine voraussetzungslose Veröffentlichung ohne einen Abwägungstatbestand nicht rechtens
sei. Also, hier wäre quasi eine Geringfügigkeitsschwelle einzuführen. In dem Moment, wo
man eine Güterabwägung vornimmt, wäre es dann wieder möglich. Aber einfach die pauschale Veröffentlichung der Namen der Vertragspartner wird so nicht gehen.
Vorsitzender: Na, das war noch einmal ein guter Hinweis, vielen Dank. Frau Schneider.
Abg. Christiane Schneider: Aber ist das nicht schon dadurch geregelt, dass ja nur Verträge
ab 100.000 Euro veröffentlicht werden sollen und nicht jeder x-beliebige Vertrag über 14,92
Euro?
Vorsitzender: Herr Dr. Redelfs.
Herr Dr. Redelfs: Das könnte dadurch schon gelöst sein. Ich kann es jetzt ad hoc auch nicht
beantworten, aber der Hinweis ist richtig, dass in dem Moment, wo wir eine bestimmte Größenordnung haben, eigentlich das Erfordernis, dass der Europäische Gerichtshof aufgestellt
hat, besser zu erreichen ist. Also bemängelt wurde, dass im Fall der Agrarsubventionen jegliche Summe ohne irgendeine Geringfügigkeitsschwelle zugänglich gemacht worden war und
das wurde eben als nicht rechtmäßig angesehen, als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht.
Vorsitzender: Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Ja, jetzt muss ich natürlich auch noch einmal gucken, was jetzt letztlich
letzter Stand unserer Diskussion war und worauf Sie sich eben bezogen haben, als Sie mich
zitierten. Ich glaube, wir brauchen den Paragraf 4 Absatz 1 insofern nicht, als – so wie die
Regelung jetzt ist, ist sie, denke ich, verfassungsrechtlich nicht tragfähig. Wir brauchen einen
Schutzbereich für personenbezogene Daten mit Blick auf das Informationsregister, mit Blick
auf die Informationspflichten. Und jetzt war meine Idee, dass man sozusagen dort hineinschreibt, dass eben geeignete Informationen über das Informationsregister zu veröffentlichen
sind ohne Angabe von personenbezogenen Daten. Das war jetzt meine Idee, dass man also
den Personenbezug dort kappt. Das halte ich für durchaus gangbar und das hat eben auch
die Regelung in Bremen so vorgesehen. Und da kommt man dann nicht in so eine Problematik hinein, wie wir sie jetzt haben. Wenn wir dann den Paragraf 4 Absatz 1 nicht mehr haben,
dann ist der Paragraf 4 letztlich nur bezogen in diesem Bereich auf die Informationen, die per
Antrag zugänglich gemacht werden, und diese Vorschrift ist ja auch bereits im gegenwärtigen Gesetz enthalten, und zwar vollkommen identisch. Da hat man dann, glaube ich, kein
Problem mit.
Vorsitzender: Gibt es noch weitere Fragen seitens der Abgeordneten zu dem Bereich personenbezogene Daten? Also, ich habe das jetzt so verstanden, dass die Initiative von sich
aus gesagt hat, sie würde alle Anmerkungen des Datenschutz- und des Informationsfreiheitsgesetz-Beauftragten, die hier vorliegen, für sich schon einmal mitnehmen für eine Überarbeitung des Gesetzentwurfs. Die Anmerkungen der Experten werden uns dann ja in einem
Wortprotokoll auch vorliegen und wir werden noch einmal gucken und abgleichen, inwieweit
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wir darüber hinaus noch Regelungsbedarf dann finden. Wollen wir die jetzige, sozusagen,
Stille nutzen, vielleicht die Pause einzuläuten? Es ist jetzt zehn vor acht und dann könnten
wir Herrn Professor Rossi sogar noch zehn Minuten früher entlassen.
(Zwischenruf Abg. Urs Tabbert: Dann sollten wir Herrn Rossi noch einmal die Gele
genheit zu einem abschließenden Statement geben.)
Das ist noch einmal eine gute Idee. Ich habe, wenn es jetzt auch ein bisschen dazwischenkommt, aber Herr Tabbert hat eben gerade angeregt, wenn Sie das Bedürfnis hätten, Herr
Professor Rossi, uns ein abschließendes Statement zu diesem Gesetzentwurf zu geben,
dann hören wir den jetzt gern und die anderen Expertinnen und Experten würden das dann
nachher natürlich auch noch können.
Herr Dr. Rossi: Haben Sie vielen Dank für diese Möglichkeit, auf die ich allerdings mit Blick
auf die Zeit auch gerne verzichte, weil ich den Eindruck habe, dass sämtliche rechtliche Positionen hier durchaus gut vertreten sind, sowohl in Gestalt der anderen Experten als auch in
Gestalt einiger Abgeordneter, als auch in Gestalt des Datenschutzbeauftragten. Insofern,
glaube ich, können Sie auch in Ihre wohlverdiente Pause gehen.
Vorsitzender: Ja, herzlichen Dank. So, dann würde ich sagen, wir unterbrechen die Sitzung
für 20 Minuten und würden uns dann hier zehn nach acht wieder einfinden, sodass wir auch
ein absehbares Ende für heute ins Auge fassen können. Vielen Dank.
Pause von 19:50 Uhr bis 20:15 Uhr
Vorsitzender: So. Wir würden dann jetzt weiter fortfahren, gestärkt. Wir haben uns jetzt den
Bereich Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorgenommen, Paragraf 7. Da
gibt es auch einige Fragen seitens der Abgeordneten und ich weiß nicht, wer hatte sich da
jetzt zuerst gemeldet? Die Frau Spethmann hat sich gemeldet und Sie haben das Wort.
Abg. Viviane Spethmann: So. Bei dem Bereich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse haben
wir bisher die größten Probleme bei uns in der Fraktion gesehen, da wir da den Artikel 12
massiv beeinträchtigt sehen und wollten einmal wissen von der Initiative, inwieweit Sie den
Schutzbereich des Artikel 12 Grundgesetz trotzdem gewährleisten wollen und würden uns da
über Ihre Aussage freuen.
Vorsitzender: Wer möchte von den Initiatoren sprechen? Herr Hackmack.
Herr Hackmack: Also, wir haben in Paragraf 7 Absatz 1 geregelt, ich lese es einmal vor für
alle zum Mitverfolgen: „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind Informationen, durch deren
Weitergabe einem Vertragspartner oder einem Dritten ein erheblicher Schaden entstehen
würde.“ Das ist jetzt keine so innovative Regelung, die ist in weiten Teilen übernommen von
dem, was das Bundesverfassungsgericht, Bundesverwaltungsgericht und andere Gerichte
auch schon festgestellt haben. Natürlich ist es immer eine Einzelabwägung. Wir wollen praktisch, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht wie bisher so eine Generalausschlussklausel sind. Bislang wurden sie so angewandt, das kann Herr Caspar vielleicht
gleich noch einmal näher ausführen, sind, sondern wir wollen sozusagen, dass hier auch
nachweislich ein objektiver, erheblicher, schwerer Schaden entstehen muss für den Vertragsteilnehmer oder für den Vertragspartner, um sich auf diesen Ausschlussgrund zu beziehen. Das war damit gemeint.
Vorsitzender: Frau Spethmann, sind Sie zufrieden mit der Antwort oder wollen wir noch weiterfahren, um weitere Fragen zu bekommen?
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Abg. Viviane Spethmann: Also, ehrlich gesagt, Sie haben zwar Ihre Intentionen genannt,
aber Sie haben trotzdem nicht gesagt, wie Sie den Schutzbereich sicherstellen wollen. Also,
mir hat das noch nicht so viel geholfen, aber warten wir einmal ab, was die anderen noch an
Fragen dazu haben.
Vorsitzender: Herr Tabbert.
Abg. Urs Tabbert: Ja, Sie sagten das gerade, die Weitergabe darf keinen erheblichen
Schaden verursachen. Heißt das im Umkehrschluss, und das frage ich zuerst, ja, Sie, Herrn
Hackmack oder die Initiative, und dann auch im Hinblick auf eine rechtliche Bewertung die
Experten, heißt das im Umkehrschluss, dass ein einfacher Schaden und was – also, dass
ein einfacher Schaden sozusagen dann nicht unter ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
fallen würde? Auch wieder hier die Frage womöglich der hinreichenden Normklarheit oder
auch die Frage, ob gegebenenfalls Artikel 12, das mit Artikel 12 Grundgesetz vereinbar wäre, also eine Bewertung in Hinblick darauf, würde ich mir hier gerne wünschen.
Vorsitzender: Ja, wer möchte von den Expertinnen und Experten dazu vielleicht sich äußern? Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: In erster Annäherung, Herr Vorsitzender, möchte ich sagen, das ist wiederum Gesetzestechnik und ich habe mich mit der Gesetzestechnik hier im Hause lange beschäftigen müssen. Höchst ungewöhnlich ist, dass die Konsequenz einer Offenlegung von
Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen mit dem Schaden, also, in einen Tatbestand hineingepackt wird. Zunächst ist zu klären, wie der Fragesteller richtig gesagt hat oder Frau
Spethmann richtig gesagt hat, ob der Tatbestand, der Schutzbereich des Artikels 12, überhaupt betroffen ist. Und das betrifft das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Das wird hier
sozusagen als selbstverständlich unterstellt, aber in ganz anderer Weise, als es das Bundesverfassungsgericht, auf das sich eben der Redner bezogen hat, tut. Denn im Bundesverfassungsgerichtsurteil heißt es: „Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein
Unternehmen bezogene Tatsachen“ und so weiter, „im Wesentlichen technisches Wissen
und im weitesten Sinne.“ Von Schaden ist da überhaupt nicht die Rede, sondern es geht
zunächst darum, ob ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis weitergegeben werden muss,
und das ist meines Erachtens ein Grundfehler schon im Absatz 1 und der müsste beseitigt
werden. Abgesehen von der Frage, die schon wiederholt Gegenstand der Diskussion war:
Was ist ein erheblicher Schaden? Ich habe das vorhin schon dadurch zu erklären versucht,
für mich sind 20 Euro bei meinem bescheidenen Gehalt als Ortsarmer von Hamburg schon
viel Geld, aber für einen anderen ist es eine halbe Million. Das ist eine Frage, die dann im
Zweifel wieder das Verwaltungsgericht entscheiden müsste oder im Vorwege der Daten- und
Informationsschutzbeauftragte.
Vorsitzender: Gibt es noch weitere Äußerungen? Frau Professor Albers.
Frau Dr. Albers: Der Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses wird in der jüngeren
Rechtsprechung zum einen bestimmte Angaben oder Daten geknüpft, aber zum anderen
durchaus an ein objektiviertes, berechtigtes Interesse des Unternehmens an der Geheimhaltung. Das gehört durchaus schon mit zum Begriff, ist begriffskonstitutiv. Anderenfalls hätte
man ja das Problem, dass man alle möglichen, auf das Unternehmen bezogenen Angaben
sofort als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis einstufen müsste. Und ob das Unternehmen ein
berechtigtes Interesse hat, hängt davon ab, ob die Veröffentlichung die Wettbewerbsfähigkeit
des Unternehmens gefährdete. Insofern kann man hier durchaus von einem Nachteil oder
Schaden des Unternehmens als begriffskonstitutiv für das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
reden, ein erheblicher Schaden muss allerdings nicht vorliegen. Der Nachteil aber schon.
Oder jedenfalls das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung und das stütze ich nicht
allein auf den Willen des Unternehmens, bestimmte Angaben geheim zu halten, sondern
bemisst sich nach objektiven Maßstäben. Trotzdem halte ich auch die jetzige gesetzliche
Begriffsbestimmung für problematisch. So kann man es sicherlich nicht präzisieren.
- 49 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Vorsitzender: Ich hatte, glaube ich, eben noch eine Meldung gesehen bei den Experten,
aber das habe ich nicht mehr in Erinnerung. Frau Schneider hat jetzt zurückgezogen, aber
wir hatten noch eine andere Rednerin. Jetzt hat Herr Hackmack sich noch einmal gemeldet
als Vertreter der Initiative, auch Herrn Caspar, Professor Caspar habe ich auch gesehen.
Herr Hackmack: Ich wollte an dieser Stelle noch darauf verweisen, dass wir im Prinzip die
Berliner Regelung übernommen haben. Dort heißt es im Paragrafen 7: „Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht,“ also der Ausnahmetatbestand, „soweit
dadurch ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird oder den Betroffenen durch
die Offenbarung ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen kann.“ Also
– ja.
(Zwischenruf Frau Dr. Albers: Oder! Das ist eine Oder-Formulierung.)
Vorsitzender: Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Insoweit muss man, denke ich, hier differenzieren zwischen dem Schutzbereich und der dann erforderlichen Abwägung im Nachhinein. Der Schutzbereich, der ist mit
dem Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses gegeben, der ja weitgehend identisch
ist, denke ich, mit dem des Bundesverfassungsgerichts, sodass man das hier durchaus für
zulässig erachten kann. Und die Frage dann der Abwägung ist letztlich in diesem Bereich ja
auch deutlich anders als in einem Bereich, wo man es mit rein privaten Rechtsträgern zu tun
hat, die also überhaupt keine öffentlichen Aufgaben erfüllen. Wenn wir hier eben gerade im
Bereich Daseinsvorsorge, gerade im Bereich öffentliches Eigentum zu einer Abwägung
kommen, dann ist die vermutlich anders im Ergebnis, als wenn wir das auf ein Unternehmen
übertragen würden, das mit der öffentlichen Hand überhaupt nichts zu tun hätte, für das aber
die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse natürlich auch gelten. Insofern ist es natürlich in der
Tat eine Frage der Abwägung. Und Berlin hat es eben entsprechend gemacht, so geregelt ist
es ja hier auch. Ich denke, von daher sehe ich erst einmal prima vista hier keine durchgreifenden Bedenken.
Vorsitzender: Gibt es Fragen seitens der Abgeordneten noch zu dem Bereich Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse? Frau Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Ich hätte noch eine Frage an die Initiative, aber auch an die Experten, ob möglicherweise durch eine solche Regelung die Vertragsparteien, die Unternehmen abgeschreckt werden, mit der Stadt einen Vertrag abzuschließen, weil ja möglicherweise eben diese gesamten, ich sag mal, auch Kalkulationsunterlagen, Vertragsbestandteile
dann offengelegt werden. Das kann natürlich für die Stadt auch dann ein erheblicher Schaden sein, dass nur noch ganz bestimmte Unternehmen mit der Stadt in Geschäftsverhandlung treten, da die anderen sich da gänzlich rausziehen wollen. Also, ich denke jetzt an Bauunternehmen, die ihre Geschäftskalkulation komplett nicht mehr offenlegen wollen, woran die
Öffentlichkeit natürlich ein Interesse hätte, aber dadurch schließen sich natürlich erhebliche
Vertragspartner aus, die eigentlich ganz sinnvoll wären.
Vorsitzender: Gibt es noch Anmerkungen? Herr Professor Caspar und Herr Redelfs.
Herr Dr. Caspar: Ich muss noch einmal mich verbessern. Also, es ist in der Tat eine etwas
andere Regelung in Berlin. Hier geht es darum, „das Recht auf Akteneinsicht besteht nicht,
soweit dadurch ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbar wird oder“ – ich habe da ein
„und“ reingelesen – „oder den Betroffenen durch die Offenbarung ein nicht unwesentlicher
wirtschaftlicher Schaden entstehen kann“. Also, es ist von der Konzeption anders. Nur das
jetzt für das Protokoll. Insofern ist das nicht identisch.
Vorsitzender: Herr Dr. Redelfs.
- 50 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Herr Dr. Redelfs: Ja, ich wollte auf einen praktischen Aspekt eingehen, den Frau Spethmann angesprochen hat. Also, die Frage, könnten eventuell Firmen abgeschreckt werden. In
der Tat, das habe ich mich auch gefragt im Blick auf die Anwendungspraxis in den Ländern,
wo das schon seit vielen Jahren üblich ist. Man hat mir erklärt, als ich wissen wollte, wie das
in den USA läuft, dass das da ganz selbstverständliche Praxis ist, dass die Firmen bereits
mitzuteilen haben, wenn sie einen Vertrag schließen, was ihrer Meinung nach ein Betriebsund Geschäftsgeheimnis dieses Vertrages darstellt, sodass das rein praktisch auch abgesondert werden kann. Und das hat bisher zu keinerlei Problemen geführt. Also, ich habe
noch explizit nachgefragt, wie viele Verfahren es denn gegeben hat, ob Unternehmen da
auch gerichtlich einmal vorgegangen sind, und mir wurde gesagt, not a single case. Offensichtlich hat also diese rein handwerkliche Methode, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
klar zu deklarieren, in der Praxis zum Erfolg geführt.
Vorsitzender: Frau Spethmann hat noch eine Nachfrage.
Abg. Viviane Spethmann: Muss das dann im Gesetz geregelt sein? An sich ja schon, denn
dann sonst hätten die nicht die Möglichkeit, dieses dann herauszunehmen. Also, das wäre ja
eine praktikable Möglichkeit, aber das müssten wir dann explizit mit reinnehmen.
Vorsitzender: Herr Dr. Redelfs.
Herr Dr. Redelfs: Das ist – also das ist bundesstaatlich auch unterschiedlich geregelt in den
USA, aber meines Wissens nach steht es in dem jeweiligen Gesetz, dass das möglich ist. Da
würde ich hier aber keine große Hürde sehen, das müssen die Initiatoren beantworten.
Tauchte das nicht sogar in dem Entwurf auf?
Also, ich meine, ich habe es irgendwo gelesen, dass das auch vorgesehen ist. Es wäre ja
auch eine Regelung, die die Verwaltung von manchem entlasten würde.
Vorsitzender: Ich sehe, dass die Initiatoren sich noch einmal dazu melden möchten.
Herr Leilich: Wir haben das ja im Paragraf 7 Absatz 3 stehen. Da fehlt zwar in der zweiten
Zeile das Wort „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“, aber das ist nur ein Übertragungsfehler. Da steht dann, das Geheimhaltungsinteresse ist zu erläutern und die Angaben sind zu
kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Das heißt also, es ist ein Prozedere, das vorgesehen ist. Vielleicht noch einmal, Frau Spethmann, zu Ihrer Frage, ob es unter denen gibt, die
also an dieser Stelle wirklich Sorge hätten, mit der Stadt einen Vertrag zu schließen. Ich
denke, die Vergabevolumina der Stadt sind so groß, da kann ein Unternehmen nicht dran
vorbei und wird auch nicht dran vorbeigehen, sondern es wird sich eben genau überlegen,
was sind wirklich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die müssen dann halt eben separat
im Vertrag verankert werden.
Vorsitzender: Herr Tabbert hat zurückgezogen. Gibt es noch seitens der Experten Anmerkungen zu diesem Bereich? Frau Professor Albers.
Frau Dr. Albers: Ich könnte vielleicht nur noch ergänzen, dass bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen natürlich gegebenenfalls genau das gleiche Problem besteht wie bei personenbezogenen Daten, nämlich dass es genau die Angaben sein können, an denen die Öffentlichkeit natürlich gegebenenfalls ein besonderes Interesse hat. Kostenkalkulationen, die
beispielsweise zu bestimmten Preisen führen, können für ein Unternehmen natürlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sein, weil, wenn sie das der Konkurrenz offenlegen würden, wie sie kalkulieren und wo sie vielleicht besondere Vergünstigungen haben bei irgendwelchen Materialien und so weiter, kann das die Wettbewerbsfähigkeit natürlich gefährden.
Insofern ist das eben auch ein Punkt, den man nicht pauschal regeln kann. Aber natürlich
würde so etwas unter Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse fallen können.
- 51 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Vorsitzender: Ich sehe jetzt keine weiteren Anmerkungen mehr zu dem Bereich. Doch –
Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Ich will noch einmal einen Hinweis auf die Berliner Regelung, weil die uns
ja hier schon ein paarmal beschäftigt hat. Die differenzieren in der Tat zwischen den herkömmlichen Geschäftsgeheimnissen insgesamt, Paragraf 7, und den Schutz von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen bei besonderen Verträgen, also bei der Daseinsvorsorge. Mir
scheint dieses Vorgehen nicht ganz von der Hand zu weisen und die Plausibilität dieser Abstufung, weil das in der Tat in dem zweiten Bereich bei besonderen Verträgen eben doch ein
gesteigertes öffentliches Interesse an der Offenlegung auch gibt, sodass man da durchaus
eben die Argumentationslast stärker auf diejenigen, die diese Geschäftsgeheimnisse haben,
verlagern kann und die das dann auch darlegen müssen, also auch dann die öffentlichen
Stellen.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Dann frage ich jetzt einmal eins. Weil, was wir ja vermeiden wollen, ist, wie vorhin ja schon kurz eingeworfen, dass wir ein Beschäftigungsprogramm
für Anwaltskanzleien hier produzieren. Wie läuft das denn – ist diese Regelung, die wir jetzt
im Gesetz haben, so ausgelegt, dass es nicht zu solchen Prozessen kommt, was ist denn
nun ganz speziell Betriebs- und Geschäftsgeheimnis oder nicht? Glauben Sie, dass diese
Regelung so, wie sie jetzt ist, dass die Pflicht zur Konkretisierung und warum das so ist, also
auch eine Begründungslieferung, ausreichend geregelt ist hier? Ich glaube, das wäre jetzt
wichtig.
(Zwischenruf Frau Dr. Albers)
Ja, in diesem Paragrafen, den wir jetzt gerade behandeln. Ja. Weil, sonst würde ich doch
bitten, dass wir noch einmal Hinweise bekommen, was wir zusätzlich regeln müssten, wenn
es jetzt nicht ausreicht. Herr Dr. Redelfs.
Herr Dr. Redelfs: Ja, also, vom Grundsatz her sollten meiner Meinung nach die Betriebsund Geschäftsgeheimnisse zunächst einmal eng gefasst werden. Und da haben wir natürlich
mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Begriffsdefinition schon eine Vorgabe. Richtig finde ich auch, was Herr Caspar angeregt hat, dass man schaut, wie haben die
Berliner eine besondere Klausel im Bereich der Grundversorgung eingeführt. Das trägt,
glaube ich, auch den Interessen sowohl der Bürger als auch dem Initiatorenkreis Rechnung,
dass es im Regelfall bestimmte Verträge sind, für die sich die Öffentlichkeit besonders interessiert, sodass man da eine eigene Klausel einführt. Und da kann man im Prinzip direkt auf
das Berliner Gesetz schauen.
Vorsitzender: Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Zunächst möchte ich das unterstreichen, was Herr Dr. Redelfs gesagt hat.
Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht zur Konkretisierung ausdrücklich drin, Umsätze, Ertragslage, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen und so. Das würde ich
vielleicht aufnehmen, damit klar ist, was gemeint ist.
Zweiter Punkt. Das mit der Daseinsvorsorge, Herr Kollege Caspar, das irritiert mich insgesamt ein bisschen. Erst haben wir etwa seit den Fünfzigerjahren erkannt, dass die Daseinsvorsorge, die Leistungsverwaltung des Staates, etwas Besonderes ist. Dann wurden die
Kassen klamm, und dann haben wir gesagt, da sourcen wir das einmal aus, machen wir das
privat. Und dann haben wir es mit den Krankenhäusern gemacht, mit bekanntem Erfolg, mit
dem Wasserwerk, mit dem Abwasser, und jetzt kommen wir plötzlich auf die Idee, aha, da ist
doch etwas schiefgegangen, wir müssen die staatliche Kontrolle wieder anziehen, und die
ziehen wir dadurch an, dass wir die Öffentlichkeit als Superkörper darüber stülpen, sozusagen eine Observationskuppel. Das gefällt mir nicht.
- 52 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Die dritte Bemerkung ist, die dritte Bemerkung ist, das mit dem erheblichen Schaden, das
würde ich ganz rausnehmen. Hier ist von dem berechtigten Interesse die Rede, und darüber
sind wir uns einig, man kann nicht einfach sagen, das ist mein Geschäftsgeheimnis, plumps,
sondern man muss ein berechtigtes Interesse – Das kann man aber auch unter Hinweis auf
die Wettbewerbsverzerrung und so weiter machen. Aber was ein erheblicher Schaden ist,
das weiß ich nicht und das gehört auch gar nicht, meines Erachtens, hinein, weil das berechtigte Interesse in der Regel, weil das berechtigte Interesse in der Regel schon darauf hinweist, wo der Schaden entstehen könnte. Und die Frage, wir wollen kein Beschäftigungsprogramm für schlecht bezahlte Rechtsanwälte haben, das kriegen Sie aber hiermit, weil jeder
natürlich zum Gericht laufen wird und sich das bestätigen lassen wird. Da brauchen wir eine
konsolidierte Rechtsprechung.
Vorsitzender: Ja, das hat mich jetzt nicht froher gemacht, aber wahrscheinlich wird es so
sein. Herr Tabbert hat sich noch gemeldet.
Abg. Urs Tabbert: Ja, da noch einmal in diese Kerbe. Also, mich hat erstaunt, und ich glaube, da liegt ja auch ein bisschen ein Problem, dass Sie jetzt keine näheren Abwägungskriterien hier für das Informationsinteresse auf der einen Seite und das Geheimhaltungsinteresse
– also, richtet sich an die Initiatoren zunächst – mit auf den Weg gegeben haben. Außer,
dass – wenn es jetzt Anhaltspunkte für eine Straftat gibt. So. Das finde ich, ehrlich gesagt,
ein bisschen wenig. Und da wir ja auch vorhin von Herrn Professor Karpen gehört hatten,
dass sozusagen da – dürfte ja auch gar nicht in Ihrem Sinne sein – also, dass es ja noch gar
nicht so viel, sage ich einmal, in der Verfassung an Normen gibt, die, sage ich einmal, so ein
Informationsinteresse hier aufladen könnten, fände ich es auch als schlecht bezahlter
Rechtsanwalt erfreulich, wenn man hier ein paar mehr Abwägungskriterien mit auf den Weg
bekommen könnte. Warum haben Sie oder warum haben Sie davon abgesehen? Das würde
mich interessieren.
Vorsitzender: Ja, gibt es Meldungen von den Initiatoren?
Herr Hackmack: Ja. Also, vielleicht direkt dazu, also, wir finden, dass wir das schon recht
klar geregelt haben. Es ist ja so in der Praxis, was kann denn tatsächlich passieren. Da liegt
ein Vertrag vor, dann sagt einer der Vertragsteilnehmer oder der Vertragspartner auf Unternehmensseite sagt, okay, also dieser Teil des Vertrags ist jetzt ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, deklariert das beim Datenschutzbeauftragten, und dann wird der Rest veröffentlicht. So. Nun muss sich ein Bürger finden, der sagt, okay, Moment mal, also, das möchte ich
aber noch einmal überprüft haben, das kann aus meiner Sicht kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ist, weil, hier fehlen beispielsweise die Preiskalkulationen im Vertrag, und ich
vermute, dass dahinter diese Kalkulationen stecken. Dann wird Herr Caspar sich daransetzen, das prüfen, sich das angucken und objektiv abwägen, und im Zweifelsfall werden das
die Verwaltungsgerichte dann überprüfen. Das ist wirklich der Ausnahmefall.
Dem Gericht haben wir dann in der Begründung auch noch mit auf den Weg gegeben, wie
dieser Paragraf im Einzelnen gemeint war, und ich lese den jetzt hier einfach einmal vor,
damit es deutlich wird für alle, was wir damit gemeint haben. „Darunter fallen nicht etwa
sämtliche Informationen,“ jetzt unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, „welche die Beteiligten gerne geheim halten würden. Vielmehr ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Nur wenn
ein schwerer Schaden droht, kann ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegen.“ Und
jetzt noch einmal, direkt eine Antwort auf Frau Albers, „Preise und andere Vertragskonditionen sind in aller Regel nicht schutzwürdig.“ Dann, „Bei Verträgen zwischen Behörden überwiegt grundsätzlich das öffentliche Informationsinteresse“, da ist jetzt kein privater Vertragspartner betroffen, „dasselbe gilt bei besonders hohen Vertragswerten oder unvorhergesehenen Kostensteigerungen“ – die dann auch im Einzelfall dann eben zu würdigen sind. „Für
den Fall, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafbaren Handlung vorliegen,“ – da
haben Sie sich jetzt drauf bezogen, Herr Tabbert – „erlischt der Anspruch auf Nichtveröffentlichung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.“ Das dürfte klar sein. Und insofern finden
- 53 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
wir, dass es aus unserer Sicht ganz gut geregelt ist und wirklich nur im absoluten Ausnahmefall zum Streitfall führen wird, wenn nämlich tatsächlich eine Bürgerin oder ein Bürger Herrn
Caspar bittet, das zu überprüfen, und im Zweifel dann sich dann noch ein Gerichtsverfahren
anschließen sollte.
Vorsitzender: Herr Professor Caspar, Sie freuen sich über Arbeit.
Herr Dr. Caspar: Da möchte ich ja auch gerade noch einmal drauf zugehen. Also, ich denke, man muss Ihre Befürchtungen, dass das jetzt justiziabel wird über den Begriff erheblicher
Schaden, den kann man nicht ganz aus der Welt räumen. Man muss wohl sehen, die Bundesverfassungsgerichtsdefinition geht hier von der Gefahr von Marktverschiebungen aus,
spricht also nicht insofern von erheblichem Schaden, insofern hat man da schon so ein bisschen das Problem, dass man da so Neuland ansteuert, auch wenn das, in Berlin ist es, glaube ich, auch, so drinsteht. Aber insofern müsste man sich überlegen, ob man nicht mit dem
Begriff der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung hier ebenfalls leben könnte und
eine Marktverschiebung für erforderlich hält in diesem Zusammenhang, oder ob man dieses
möglicherweise ganz streicht, denn bei den weiteren Absätzen wird ja deutlich, dass die Argumentationslasten sich ja auch verteilen. Das heißt, das ist der große Knackpunkt immer
gewesen bei den Entscheidungen, die wir hatten, dass man eben diese Dinge nicht weiter
substanziiert hat im Endeffekt und dass man dann in der Abwägung auch nicht dartun konnte, dass das öffentliche Interesse hier überwiegt. Das würde man aber in dem Moment, wenn
diese Absätze 2 und 3 hier gelten, denke ich, schon besser können. Also, insofern gebe ich
da noch einmal zu bedenken, ob man in der Tat mit dem Begriff erheblicher Schaden hier
operieren muss.
Dann vielleicht noch einmal zu Ihnen, Herr Professor Karpen. Ja, das ist klar, dass die Aufgaben der Daseinsvorsorge zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder ausgesourct wurden,
aber das ist ja kein Argument gegen demokratische Prozesse, die sich gerade von Bürgerinnen und Bürgern in dem Bereich ganz entscheidend eben auf die Frage, wie sind diese Verträge konzipiert, was steht dahinter, beziehen. Und ich glaube, ein modernes Verständnis
von Demokratie muss gerade diesen Bereich, den Bereich der Daseinsvorsorge, aber auch
den gesamten Bereich des öffentlichen Eigentums und der Vermögensverwaltung der öffentlichen Hand sehr ernst nehmen und da auch erhöhte Transparenzanforderungen durchaus
stellen.
Vorsitzender: Ja, Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Ich will nicht lange erwidern. Was mich nur stört im Grundsätzlichen ist,
dass der Bereich des öffentlichen Interesses und des privaten mehr und mehr vermischt
wird. Darauf sind wir heute schon mehrfach gestoßen. Und zu Herrn – ich weiß nicht, ob
Herr Leilich oder Herr Hackmack gesprochen hat – Sie wollen die Preise und Kalkulationen
rauslassen. Haben Sie schon einmal etwas davon gehört, dass der Markt allein über den
Preis reguliert wird? Unser gesamtes Wettbewerbssystem wird über den Preis reguliert.
Wenn Sie hier Eishörnchen an der Ecke für 80 Cent verkaufen und zwei Häuser weiter verkauft es jemand für 70 Cent, macht der den Reibach. Das ist doch völlig klar. Sie können
doch ein solches – einen Grundpfeiler unserer Wirtschaftsordnung können Sie doch nicht
rausnehmen. Das ist illusionär.
Vorsitzender: Frau Professor Albers.
Frau Dr. Albers: Ja, vielleicht zur Regelung. Ich würde durchaus auch empfehlen, den Absatz 1 der Definition, wie sie der BGH und das Bundesverfassungsgericht gefunden haben,
anzunähern, also das mit dem erheblichen Schaden gegebenenfalls wegzulassen und zu
ersetzen. Dann hat man zumindest – dann hätte man gegebenenfalls den Begriff definiert,
angemessen auch durchaus, mit dem berechtigten Interesse, also mit einem objektiven
Maßstab. Das Zweite wäre dann die Abwägungsklausel, und da würde ich gegebenenfalls
- 54 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
auch anstelle der Initiative noch einmal überlegen, ob man diese vage Abwägung nicht durch
Beispiele, die gemeint sind, substanziieren sollte, um bestimmte Bereiche, bei denen man
wirklich eine verstärkte Informationspflicht möchte, tatsächlich auch gesetzlich festzuhalten,
das schiene mir sinnvoll zu sein.
Der Satz, der jetzt drinsteht, „Ein überwiegendes Informationsinteresse liegt insbesondere
vor, soweit Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung gegeben sind“, ist so unproblematisch
nicht. Denn es kann ja … Die Frage der strafbaren Handlung ist noch einmal eine ganz spezifische Perspektive, mit der man bestimmte Angaben und Daten auswertet. Und dass jemand möglicherweise eine strafbare Handlung begangen hat, kann nicht bedeuten, dass
man jetzt im Grunde alles offenlegt, was mit einem bestimmten Vertrag oder Unternehmen
zu tun hat und es dann gegebenenfalls am Markt gefährdet. Der Satz scheint mir völlig überflüssig zu sein. Er ist auch uneingeschränkt nicht richtig, würde aber aufgefangen von dem
überwiegenden Informationsinteresse. Da ist sich die Rechtsprechung eigentlich einig, dass
jedenfalls, soweit die strafbare Handlung unmittelbar mit den Informationen, zu denen Zugang begehrt wird, zusammenfällt, dass dann das Informationsinteresse überwiegt, das ist in
der Rechtsprechung Konsens. Und es kann aber durchaus Konstellationen geben, wenn das
so vage formuliert ist wie hier, wo das ein recht großes Problem werden kann. Also, ich würde es substanziieren und den zweiten Satz in Absatz 2 streichen, Paragraf 7 Absatz 3
scheint mir ganz sinnvoll zu sein.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Frau Professor Albers. Ich glaube, auch die Initiatoren sind
dankbar, jetzt auch noch einmal konkrete Hinweise auf die Karlsruher Rechtsprechung zu
haben. Ich habe jetzt noch ein paar Fragen seitens der Abgeordneten, dann nähern wir uns
vielleicht auch dem Ende diesen Komplexes. Frau Schneider.
Abg. Christiane Schneider: Sind wir natürlich vielleicht schon ein Stück weiter. Trotzdem
hatte ich noch einmal in dem Informationsfreiheitstätigkeitsbericht geblättert und da beklagen
Sie ja, dass es viel zu weit gefasst ist, das Geschäftsgeheimnis und Betriebsgeheimnis. Und
Sie zitieren ja auch aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, zu derartigen Geheimnissen würden etwa Umsätze und so weiter, ich zähle das jetzt nicht alles auf, „durch welche
die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können.“ Und
jetzt bin ich nicht Juristin und weiß nicht, ob ich da einen Denkfehler mache. Aber ich denke
einmal, Sie schreiben ja selber diesem letzten Halbsatz mit dem maßgeblich, wann eben
Geschäftsgeheimnisse vorkommen, wäre sehr wichtig, und das ist ja dann schon eine deutliche Einengung dessen, was ein Geschäftsgeheimnis ist. Und ich sehe das irgendwie ein
bisschen in Zusammenhang da mit dem erheblichen Schaden. Also, wenn das maß-, wenn
sozusagen das maßgeblich ein – wenn das maßgeblich vorliegt, dann ist auch der Schaden
erheblich. Also, deswegen weiß ich nicht, ob das wirklich so falsch ist, was jetzt in dem –
oder so problematisch ist, was jetzt in dem Gesetzentwurf drinsteht. Aber, wie gesagt, ich bin
nicht Juristin und weiß nicht ganz genau, ob ich da richtig denke.
Vorsitzender: Ich habe das jetzt nicht zwingend als Frage wahrgenommen, sondern erst
einmal so als –
(Zwischenruf Abg. Christiane Schneider: Das war eine Vergewisserung, an Herrn
Professor Caspar gerichtet.)
Ja, okay, eine – nehmen wir das einmal – lassen wir das einmal so stehen. Und ich habe
dann noch Herrn Tabbert.
Abg. Urs Tabbert: Ja, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die stehen ja hier auch in
der Gesamtsystematik jetzt nicht isoliert im Raum. Und deswegen greife ich noch einmal
zurück auf unseren vorherigen Diskurs über den Behördenbegriff in Paragraf 2 Nummer 3.
Und da ist mir aufgefallen, dass die Stoßrichtung des Paragrafen 7 Absatz 1 ja ist, dass es
hier, also, der lautet ja, „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind Informationen, durch de-
- 55 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
ren Weitergabe einem Vertragspartner oder einem Dritten ein erheblicher Schaden entstehen würde.“ Vor dem Hintergrund frage ich jetzt die Initiative: Ist es denn beabsichtigt, dass
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von solchen Unternehmen, die der Gesetzentwurf nach
Paragraf 2 Nummer 3 als Behörde ansieht, durch die sehr enge Definition in Paragraf 7 Absatz 1 von vornherein keinerlei Schutz beanspruchen können, selbst, wenn deren Weitergabe einen erheblichen Schaden bei diesen Unternehmen verursacht? Das muss man ja dann
auch im Blick haben, dass diese Unternehmen, die eben dann mit 25,1 Prozent und einem
öffentlichen oder durch ein öffentliches Darlehen oder wie auch immer dann ja auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse haben können, dass die eventuell dann überhaupt nicht
unter diesen Schutz fallen. Haben Sie das bedacht?
Vorsitzender: Die Initiatoren.
Herr Leilich: Uns geht es ja nur um Verträge, und in diesem Zusammenhang, wenn dort
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorhanden sind, die bei Offenlegung der Verträge offengelegt würden. Das heißt also, hier müssen schon mehrere Dinge zusammenkommen.
Also einmal öffentliche – Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, dann Verträge dieser Unternehmen, vielleicht mit Dritten, dann Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dieser Unternehmen in diesen Verträgen und dann nicht die Möglichkeit zu begründen, warum gibt es dafür
ein Geheimhaltungsinteresse. Also, ich denke, wenn man also auf diese Fragestellung vorbereitet ist und man hat also ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, dann kann man das so
dokumentieren, warum es das gibt, und dann ist das eben geschützt.
Vorsitzender: Beantwortet das Ihre Frage, Herr Tabbert?
Abg. Urs Tabbert: Also, ich hätte gerne noch auch eine rechtliche Einschätzung der Experten, also, wie das sozusagen aus, sag ich einmal, objektiver Sicht zu sehen wäre, so eine
Norm.
Vorsitzender: Wer möchte vielleicht dazu etwas sagen? Herr Dr. Schulz.
Herr Dr. Schulz: Ich hatte eingangs auch auf diese Problematik mit dem Paragrafen 7 hingewiesen. Ich sehe das nämlich gerade nicht so, wie jetzt die Initiative argumentiert hat. Dieser Fall ist tatsächlich aus meiner Sicht auch von der jetzigen gesetzlichen Regelung nicht
abgedeckt. Dass der Schaden bei dem Unternehmen durch die Veröffentlichung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Schaden bei dem veröffentlichungspflichtigen Unternehmen selbst entsteht, der ist hier nicht geregelt. Es wird immer nur auf Dritte oder den
Vertragspartner Bezug genommen, sozusagen eigene Betriebsgeschäftsgeheimnisse der
veröffentlichungspflichtigen Stellen sind hier nicht gesondert geschützt. Und das, würde ich
sagen, ist auch ein Bruch in der Systematik für all diejenigen, wenn man sie in den Behördenbegriff reinziehen will, die auch sich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und auf
Artikel 12 berufen können, muss man da zumindest eine Regelung für treffen. Man kann da
möglicherweise schneller rechtfertigen, warum zu veröffentlichen ist, oder die Grenze anders
ziehen, aber so, wie es jetzt ist, fallen die hinten runter. Das sehe ich auch so.
Vorsitzender: Ist das Konsens bei den Experten, dass die Unternehmen, an denen die Stadt
Hamburg in diesem Fall Anteile hält, sozusagen genauso offen sind wie die Behörden? Das
war doch jetzt, was Sie gesagt haben?
Abg. Urs Tabbert: Daran anschließend die Frage, halten Sie die Regelung unter dem Gesichtspunkt dann für verfassungskonform?
Vorsitzender: Frau Professor Albers. Sie schütteln mit dem Kopf.
Frau Dr. Albers: Also, ich glaube, das ist einfach nachzubessern. Das ist sicherlich nicht
bedacht. Also, es – Die Unternehmen sind nicht einbezogen, soweit sie unter den Behörden-
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begriff fallen sollen. Es war aber oben schon ein gewisser Bruch. Und soweit man – jedenfalls, soweit Private beteiligt sind, aber sicher auch, soweit es um die öffentliche Hand geht,
da Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse völlig offenlegen würde, wäre das sicherlich nicht
tragfähig. Also, bei privaten Unternehmen verfassungswidrig, aber wahrscheinlich ja so auch
nicht gewollt. Insofern …
Vorsitzender: Vielleicht möchten die Initiatoren noch etwas dazu sagen, ob das tatsächlich
übersehen wurde oder ob das eine Regelungslücke ist oder was die Intention bei Ihnen war.
Herr Leilich: Ich denke, das sollten wir einmal offen lassen. Wir müssen darüber noch einmal schauen, wir haben …
Vorsitzender: Ja, ist okay. Nehmen Sie sie mit …. Ich habe jetzt Herrn Professor Caspar
und dann Herrn Dr. Schulz.
Herr Dr. Caspar: Also, ich denke, es macht sicher Sinn, auch die Einbeziehung derjenigen,
die öffentliche Aufgaben als Privatrechtsubjekt erfüllen, hier zu erwägen. Also, insofern ist
das hier durchaus auch noch einmal sinnvoll, in so einem Diskurs kommt man immer dann
bei diesen Detailfragen noch auf Punkte, die man möglicherweise noch einmal nachschieben
kann. Aber auf Ihre Frage, Frau Schneider, möchte ich auch gerne noch einmal antworten.
Nach dem Bundesverfassungsgericht sind letztlich Betriebsgeheimnisse umfasst durch Faktoren, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs wesentlich maßgeblich
bestimmt werden können. Das ist in der Tat eine andere Definition, als wenn man sagt, dass
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Informationen sind, durch deren Weitergabe dem Vertragspartner ein wesentlicher Schaden entstehen muss. Das muss man konzedieren. Ich
denke, das muss man deutlich machen. Und wenn man ein minimales Risiko haben will in
diesem Zusammenhang, mit Blick auf die Beschäftigung von Anwälten, dann sollte man das
möglichst auch bedenken, denn dass wirtschaftliche Verhältnisse maßgeblich bestimmt werden durch bestimmte Faktoren, Marktverhältnisse eine Rolle spielen, lässt sich wahrscheinlich schneller darlegen als ein Schaden. Ein Schaden, der ja dann auch konkret beziffert
werden muss. Und insofern stehen die Unternehmen durch diese Definition dann möglicherweise schlechter. Und insofern kann man sicher auch nicht gänzlich ausschließen, dass es
da zu rechtlichen Verfahren kommen wird. Also, das würde ich jetzt hier auch deutlich sozusagen anmerken, da würde ich meine Hand jetzt hier nicht ins Feuer legen. Insofern ist es
sicher sinnvoll, diesen Begriff auch noch einmal zu überdenken und ihm so ein bisschen die
Klärung oder die Prägung des bundesverfassungsgerichtlichen Begriffs zu geben, um diesen
Gefahren von vornherein vorzubeugen.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: So. Ich habe den Eindruck, dass wir jetzt bei dem Bereich
durch sind. Dann könnten wir diesen Bereich abschließen, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Und wir haben ja noch einmal einen Bereich gehabt, vielleicht erinnern
Sie sich, am Anfang, wo wir gesagt haben, da sammeln wir einmal so ein paar Sachen, die
nicht so richtig zuordbar sind. Bei denen sind wir jetzt angelangt. Und ich habe da auch noch
einen Punkt, und dann nehme ich einmal an, dass die Kollegen vielleicht auch noch den einen oder anderen haben, wo wir zum Schluss noch einmal so ein paar offene Fragen kurz
ansprechen wollen.
Also, mir liegt noch einmal daran, das Thema Übergangsfristen. Also, die Frage, wie lange
ist die Implementierung. Wie lange brauchen wir da eigentlich für das Gemein- – für so ein
Gemeinwesen, dass das zu schaffen ist? Da haben die Initiatoren ja nun inzwischen ihre
Meinung auch kundgetan, und ich würde vielleicht von den Expertinnen und Experten noch
einmal hören, sehen Sie diese zwölf Monate als realistisch an oder raten Sie zu anderen
Fristen, Übergangsstaffelung oder wie auch immer. Müsste der Gesetzentwurf da irgendetwas anderes vorsehen? Das würde mich sehr interessieren.
- 57 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Wir können auch erst einmal noch die Fragen sammeln, wenn Sie mögen. Können Sie noch
einmal überlegen, ob Sie dazu vielleicht eine Meinung haben. Ich habe hier noch Frau
Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Ich habe zwei Bereiche. Einmal erinnere ich noch für die FDP,
die nicht mehr durch ihre Abgeordneten vertreten ist, die Frage der Gebührenordnung. Und
noch die zweite Frage an die Initiative. Ich habe einmal versucht zu schauen, wie viele gerichtliche Verfahren es zum jetzigen IFG gegeben hat. Das sind insbesondere die Kunststiftungen und insbesondere Insolvenzverwalter, scheint sich das IFG im Moment mit großer
Beliebtheit zu erfreuen. Gibt es da aus Ihrer Erfahrung mehr? Sie reden ja auch hier davon,
dass Gerichtsentscheidungen veröffentlicht werden sollten. Welche Gerichtsentscheidungen
stellen Sie sich vor? Pauschal alle, die ergehen, oder soll es da gewisse Entscheidungen
geben? Und ich würde mich freuen, als Anwältin wäre das für mich ein Fundus sondergleichen, also, insoweit schlagen in meiner Brust zwei Herzen. Aber ich könnte mir vorstellen,
dass das natürlich ein riesiger Aufwand ist, wenn alle Gerichtsentscheidungen, in welcher
Form auch immer sortiert, in das System eingegeben werden sollen.
Vorsitzender: Wir haben jetzt gedacht, wir nehmen jetzt noch weitere auf. Oder sind – oder
reichen Ihnen die Fragen erst einmal und dann machen wir noch einmal einen zweiten
Durchgang? Oder anders herum, möchte jemand von Ihrer Seite etwas sagen zu den beiden
aufgelaufenen Fragen? Kann jemand etwas sagen? Herr Dr. Schulz.
Herr Dr. Schulz: Ich würde gerne zu der Zwölfmonatsfrist – Ich finde es natürlich – sozusagen soll man da auch ehrgeizig sein und sagen, wenn man das Ganze möchte, möglichst
schnell, das kann ich auch verstehen, dass man so etwas in einen Gesetzentwurf – Ich würde das aber – Ich habe schon Zweifel, ob eine solche für den Verwaltungsvollzug letztlich
den Vollzug dieses Gesetzes betreffende Regelung, ob die überhaupt direkt im Gesetz zu
verankern ist, ob man das überhaupt tun sollte. Und habe auch Zweifel, dass man die zwölf
Monate realisiert, wenn man sozusagen, glaube ich, dieses Gesamt-, also gerade dieses
Informationsregister, das ja Kernstück des Transparenzgesetzes sein soll, in einen größeren
Kontext stellt, muss man da, glaube ich, mehr Fragen noch beantworten, wie ein solches
Informationsregister aussieht, dass es irgendwie anschlussfähig an andere Portale und Ähnliches wird, wenn man unter dem Schlagwort Open-Data-Kriterien, wenn so etwas wie Maschinenlesbarkeitsstandards, ich will das gar nicht alles vertiefen. Ich glaube, das sind aber
Fragen, die jetzt auf der gesetzlichen Ebene noch gar nicht auftauchen, wenn man sich jetzt
konkret daranmacht, tauchen die dann auf, die möglicherweise auch noch Regelungsbedarf
und Anpassungsbedarf nach sich ziehen, sodass ich die zwölf Monate für nicht realistisch
halte.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Ja, vielen Dank. Vielleicht eine Zusatzfrage. Gar keine
Regelungen oder würden Sie – was würden Sie den Initiatoren empfehlen? Also, ich nehme
einmal an, Sie waren von der Sorge sozusagen getragen, dass das Gesetz dann zwar beschlossen ist, aber sehr auf die lange Bank geschoben wird. Sehen Sie da eine Möglichkeit,
sozusagen, diesem Anliegen, dass die Umsetzung nicht im Nirwana geschieht, sozusagen
Rechnung getragen werden kann?
Herr Dr. Schulz: Das ist schwierig. Also, kann ich schlecht beantworten. Also, ich würde
eine solche Regelung nicht in einem Gesetz verorten. Wenn man sie weglässt, gilt eigentlich,
wenn man nicht das Inkrafttreten des Gesetzes hinausschiebt, die Veröffentlichungspflicht
sofort. Das heißt, eigentlich ist man dann auch als Verwaltung gehalten, möglichst schnell
die technischen Voraussetzungen zu schaffen, ohne explizit jetzt an eine Frist gebunden zu
sein.
Vorsitzender: Vielen Dank. So. Dann habe ich Frau Schneider und Herrn Tabbert.
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Abg. Christiane Schneider: Ich habe eine Frage an Herrn Redelfs und auch an die anderen
Experten. Sie hatten geltend gemacht Bedenken, den Paragraf 11 Absatz 2, Verträge sind
30 Tage vor ihrem Inkrafttreten zu veröffentlichen, könnten Sie die vielleicht noch einmal
verdeutlichen? Und dann würde mich die Meinung der anderen Experten und vielleicht auch
der Initiative dazu interessieren.
Vorsitzender: Tja, wer möchte? Herr Hackmack?
Herr Hackmack: Also, ich würde ganz gerne einmal den Katalog hier abarbeiten, der jetzt
aufgelaufen ist. Zur Umsetzungsfrist. Also, wir hatten darüber natürlich diskutiert, macht man
sechs Monate, macht man gar keine Umsetzungsfrist, zwölf Monate. Es erschien uns so,
dass ja jetzt schon bereits verankert ist im Informationsfreiheitsgesetz das sogenannte Trennungsprinzip, das heißt, die Verwaltung ist jetzt schon angehalten, sensible Daten abzutrennen von veröffentlichungsfähigen Daten. Wenn sie das konsequent schon getan hat bisher,
dann sollte dieser weitere Schritt zum Informationsregister kein allzu großer sein. Insofern
hatte sie jetzt schon auch ein paar Jahre Zeit, sich vorzubereiten. Ansonsten wäre es klasse,
wenn sie dieses Gesetz jetzt schon zum Anlass nimmt und davon ausgeht, dass es umgesetzt wird, und vielleicht auch die Zeit bis zum Volksentscheid dann auch nutzt, das Gesetz
umzusetzen.
Die zweite Sache, Gerichtsentscheidungen. Wir wollen natürlich unveröffentlichte Gerichtsentscheidungen, die der Verwaltung vorliegen, die sich die Verwaltung besorgt hat, um bestimmte Einschätzungen zu machen oder dergleichen, die sollen künftig auch veröffentlichungspflichtig sein im Informationsregister. Gerichtsentscheidungen sind ja öffentliche Güter, aber sie werden eben nicht immer publiziert. Und da wollen wir auch Anwälte wie Sie
dann auch unterstützen, Zugang zu diesen Gerichtsentscheidungen zu haben.
Gebühren, zur FDP, schade, dass die FDP jetzt schon gegangen ist, aber wir wären natürlich für eine Abschaffung des Gebührenkatalogs in Gänze gewesen, sind als Volksgesetzgeber allerdings daran gehindert, weil Gebühren sozusagen von Volksentscheiden ausgenommen sind.
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Aus gutem Grund.)
Ja, aus gutem Grund, sagt der Fraktionsvorsitzende. Insofern hoffen wir, dass, wenn wir hier
in dieser Runde einen Konsens schaffen, dass wir dann vielleicht – dass dann der parlamentarische Gesetzgeber hier tätig wird und dann den Gebührenkatalog von sich aus abschafft.
Die Ausgestaltung des Informationsregisters, wie kann das genau aussehen? Da gab es
eine Nachfrage dazu. Das haben wir in Paragraf 11, soweit möglich, abstrakt geregelt. Uns
ist wichtig, dass, wie es in Paragraf 11 Absatz 1 ausgeführt ist, „Unverzüglich sind sie im
Volltext in elektronischer Form im Informationsregister zu veröffentlichen, alle Dokumente
müssen leicht auffindbar, maschinell durchsuchbar und druckbar sein.“ Und dann haben wir
im Paragraf 11 Absatz 5 auch noch einmal gesagt, „Alle veröffentlichten Informationen müssen in einem wiederverwendbaren Format vorliegen. Eine maschinelle Weiterverarbeitung
muss gewährleistet sein und darf nicht durch eine plattformspezifische oder systembedingte
Architektur begrenzt sein. Das Datenformat muss auf verbreiteten und frei zugänglichen
Standards basieren und durch herstellerunabhängige Organisationen unterstützt und gepflegt werden. Eine vollständige Dokumentation des Formats und aller Erweiterungen muss
frei verfügbar sein.“ Also, ich glaube, konkreter und genauer kann man das als Gesetzgeber
kaum regeln.
Und den letzten Punkt – Verträge, die Veröffentlichungspflicht –, dass Verträge 30 Tage vor
Inkrafttreten zu veröffentlichen sind, da kann ich auch etwas zu sagen, aber wir können das
ja auch noch einmal gemeinsam diskutieren. Gemeint ist damit – und das ist vielleicht ein
bisschen unverständlich im Gesetzentwurf ausgedrückt und deswegen würden wir das noch
- 59 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
einmal überarbeiten in dem Punkt –, wir meinten damit, die Behörde wird verpflichtet, Verträge so zu verhandeln, dass Verträge erst 30 Tage nach Abschluss in Kraft treten und sie innerhalb dieser 30 Tage ein Rücktrittsrecht behält. Warum war uns das wichtig? Viele im
Bündnis haben gesagt, Mensch, das ist ja schön, wenn Verträge veröffentlicht werden, zum
Beispiel im Fall der Elbphilharmonie, aber wenn man jetzt merkt, oh, da ist aber etwas ganz
faul an diesem Vertrag, dann ist der Vertrag beschlossen, und Verträge sind eben einzuhalten in Deutschland, und da kann man ja gar nichts mehr gegen machen. Und deswegen
macht es natürlich Sinn, Verträge mit einem Rücktrittsrecht auszustatten, sodass im Zweifelsfalle auch noch einmal der Bürgermeister dazwischengrätschen kann und sagen, Moment mal, was hat mein Verwaltungsbeamter da jetzt eigentlich vereinbart. So nicht, und der
Vertrag tritt so nicht in Kraft. Also insofern, das wollen wir sozusagen dem Bürgermeister
oder einem Senator oder einer Senatorin dann doch noch zugestehen.
Vorsitzender: Ja, es hat zu leichter Erheiterung geführt, noch einmal die Klarstellung von
Ihnen. Danke, Herr Hackmack. Wir sehen schon den Bürgermeister sich ein Google Alert für
seine Verträge einzurichten. Herr Professor Caspar hat sich noch einmal gemeldet zu den
Punkten.
Herr Dr. Caspar: Vielleicht – danke.
Vorsitzender: Ganz kurz. Frau Professor Albers, Sie auch noch einmal?
Frau Dr. Albers: Nicht unmittelbar.
Vorsitzender: Okay.
Herr Dr. Caspar: Danke. Dazu vielleicht kurz noch. Wir hatten es schon einmal angemerkt,
dass wir da so ein bisschen das Problem haben wieder mit dem Rücktrittsrecht, dass es zivilrechtlich überlagert ist und insofern kompetenzrechtlich ein Problem mit sich bringen würde
möglicherweise. Und die Frage wäre jetzt auch, die Einbeziehung von Arbeitsverträgen ist ja
sicherlich nicht intendiert, und insofern müsste man das also zumindest ja dann auch davon
ausnehmen. Also ich denke, da sollte man vielleicht auch noch einmal gucken, ob man das
nicht letztlich in den Vertrag reinschreibt und als Verpflichtung der öffentlichen Stellen, das in
den Vertrag hineinzuschreiben, dann auch auf der sicheren Seite hält kompetenzrechtlich.
Vorsitzender: Ja, dann habe ich jetzt Herrn Dr. Redelfs noch.
Herr Dr. Redelfs: Ja, ich habe ja noch eine Frage von Frau Schneider zu beantworten. Das
schließt jetzt unmittelbar an, weil meine Anmerkung im Grunde genommen sich auf den gleichen Punkt bezog wie das, was Herr Caspar ausgeführt hat, dass hier es einfach daran
krankt, dass die Kompetenz beim Bund liegt und Hamburg einfach keine Landesregelung
treffen kann, wenn der Bund hier schon eine Regelung vorgegeben hat. Also es wäre ein
Eingriff in den Grundsatz der Vertragsfreiheit, hier ein solches BGB, ein solches Rücktrittsrecht einfach gesetzlich vorzuschreiben. Gleichwohl, finde ich, haben wir aber ja schon sehr
viel an Transparenz gewonnen, selbst wenn nur die abgeschlossenen Verträge, die auch
schon wirksam geworden sind, ins Internet gestellt werden. Also auch damit wäre ich als
Anhänger der Transparenz schon sehr zufrieden.
Vorsitzender: So, ich glaube, jetzt ist noch einmal ein Punkt aufgekommen, wo ich – bevor
ich jetzt Herrn Tabbert rannehme, damit wir Klarheit haben. Sehen die anderen Experten das
auch so, dass diese Veröffentlichungspflicht mit 30 Tagen Rücktrittsrecht als Zwang der
Verwaltung, so die Verträge abzuschließen, nicht geht? Habe ich das jetzt richtig verstanden?
(Zwischenruf Herr Dr. Karpen: Ja!)
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Und das sagen auch alle Experten?
(Zwischenruf Herr Dr. Karpen: Ja!)
Damit wir da – wollen wir das – Herr Dr. Schulz.
Herr Dr. Schulz: Ich glaube, die Vertreter der Initiative, so wie es eben erläutert wurde, dass
es darum geht, dass der Abschließende darauf dringt, dass so ein Rücktrittsrecht aufgenommen ist, das ist unproblematisch. So, wie es im Moment gesetzlich formuliert ist, ist es
eben kompetenzrechtlich ein Problem, weil es zivilrechtlich geregelt ist. Und der Vollständigkeit halber würde ich dann noch als Hinweis mitgeben – das betrifft auch die Regelung Paragraf 4 Absatz 3, der letzte Satz meiner Meinung nach. Da heißt es, ihr Einverständnis ist
Voraussetzung für das Zustandekommen des Vertrages. Auch da muss man eine andere
sozusagen Regelungssystematik wählen, weil man sonst in den Konflikt gerät. Und der letzte
Punkt war, glaube ich, Paragraf 18 Absatz 2, zu den Altverträgen, dass man da in bestehende Verträge eingreift, das geht, glaube ich, aus kompetenzrechtlichen Gründen auch nicht.
Nur damit sozusagen –
Vorsitzender: Ja, herzlichen Dank. Herr Hackmack noch einmal?
Herr Hackmack: Also da vielleicht die Nachfrage seitens der Initiative, noch einmal genau
die Rechtsgrundlage auf den Tisch zu legen, gegen die das verstoßen soll. Sozusagen allgemeine Regelung im BGB ist mir da ein bisschen zu wenig. Unserer Meinung nach gibt es
die Vertragsautonomie, und wenn ein Vertragspartner auf bestimmte Regelungen besteht,
dann hat der andere Vertragspartner die Möglichkeit, diese zu akzeptieren und der Vertrag
kommt zustande, oder der Vertrag kommt eben nicht zustande und ein anderer Vertragspartner kann diesen Vertrag zu den entsprechenden Bedingungen schließen. Insofern –
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Das ist Bundesrecht!)
Ja, und – gerne – das Bundesrecht dann auch einmal Butter bei die Fische und die Paragrafen auf den Tisch, gegen die das angeblich verstoßen soll.
Vorsitzender: Also, ist kein Problem. Wir geben den Experten noch einmal die Gelegenheit,
das zu präzisieren. Herr Dr. Schulz.
Herr Dr. Schulz: Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Das, was Sie jetzt beschrieben
haben, stellt hier keiner infrage, dass man darauf dringen kann, dass der Vertragspartner –
und ich kann auch intern eine Behörde darauf verpflichten, nur solche Verträge einzugehen.
Im Moment spricht aber das Gesetz, so wie Sie es formuliert haben, eine Rechtsfolge aus für
den Vertrag unmittelbar aus dem Gesetz, dass der dann ein Rücktrittsrecht hat – nicht ein
vertragliches, das wäre ein gesetzliches, was Sie versuchen zu begründen – oder eine Änderung bestehender Verträge kraft Gesetzes. Und dafür fehlt die Kompetenz. Das, was Sie
beschrieben haben, stellen, glaube ich, alle hier nicht infrage, dass das geht, dass man darauf dringt. Und die Regelung ist 73 – keine Ahnung – Privatrecht Nummer 1.
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: 74 Absatz 1 Nummer 1)
Vorsitzender: Ich glaube, die Initiatoren wollten jetzt auch hören, okay, wenn es nicht so
gesetzlich ist, wie kann ich es sicherstellen als Gesetzgeber, dass das eine Folge ist für die
Verwaltung. Das war, glaube ich, das Ziel. Das ist nicht über das Gesetz zu regeln, so habe
ich das verstanden.
(Zwischenruf Herr Dr. Karpen: Das ist bürgerliches Recht, gilt seit 100 Jahren und
kann durch den Landesgesetzgeber nicht erweitert werden.)
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Vorsitzender: Gut. Jetzt will ich nicht weiter bohren. Ich habe Herrn Tabbert noch auf der
Redeliste und ich habe Herrn Steinbiß und Frau Spethmann.
Abg. Urs Tabbert: Ja, also meine Fragen zur Gesetzgebungskompetenz sind – es sei denn,
ich höre jetzt hier Widerspruch – haben sich, glaube ich, insoweit erübrigt, als hier ein Konsens zu bestehen scheint, dass die Gesetzgebungskompetenz des Landes oder der Länder
insgesamt hierzu nicht gegeben sind. Aber daran anschließend eine Frage an Herr Professor
Caspar. Er hielt es ja, wenn ich das richtig gerade verstanden habe, für praktikabel, dass
man diese Bestimmung sozusagen dadurch rettet, dass man eben kein Rücktrittsrecht, wie
es ja im BGB dann geregelt werden müsste, hier reinschreibt oder durch den Bundesgesetzgeber – muss ja auch nicht im BGB stehen –, sondern dass man hier sozusagen eine Verpflichtung der FHH reinschreibt, dass sie das vertraglich regelt. Das mag sozusagen das
Problem der Gesetzgebungskompetenz umschiffen, aber dann eben meine Frage an Herrn
Professor Caspar, was ist, wenn die Freie und Hansestadt Hamburg – also bei dieser Regierung habe ich jetzt keine Zweifel daran, dass sie da vertrags-, sich an die Gesetze hält, aber
es kann ja sein, dass in 44 Jahren oder so einmal wieder eine andere Regierung dran ist.
Deswegen jetzt einfach die Frage, was kann man denn machen, was kann man denn machen, wenn tatsächlich sozusagen das Gesetz insoweit nicht befolgt wird, also was für eine
Möglichkeit hätte der Bürger dann. Das wäre die eine Sache.
Und ich lass einmal meine andere Frage gleich – oder ich stelle die auch noch einmal gleich
in den Raum. Das sind so die beiden wichtigsten Punkte, die mir noch auf dem Herzen liegen. Das ist die Bestimmung des Paragrafen 11 Absatz 3. Hier geht es noch einmal um das
Thema Urheberrechte, denn hier liegt eben sozusagen eine Handlungsanweisung an die
Behörden – soll hier geschaffen werden, dass die Beschaffung von Informat-, bei der Beschaffung von Informationen Urheberrechte abzubedingen seien. Da meine Frage – das
würde ich auch gerne zunächst an Herrn Professor Caspar richten: Was geschieht in den
Fällen, in denen ein Abbedingen sozusagen mangels Vertragsbeziehung nicht möglich ist?
Sie hatten dazu ja auch etwas in Ihrer Stellungnahme geschrieben, aber dazu hätte ich gerne auch noch eine Auskunft von den anderen Experten. So.
Vorsitzender: Ja, wer möchte vielleicht dazu etwas sagen?
(Zwischenruf Herr Dr. Caspar: Ich bin ja wohl angesprochen.)
Ja, Sie müssen nicht, aber Sie können gerne, Herr Professor Caspar.
Herr Dr. Caspar: Nein, also Urheberrecht, soweit ich das sehe, hatten wir da auch kompetenzrechtliche Probleme, insbesondere ging es da ja um eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz, also die Problematik noch klarer, noch problematischer hier etwas zu regeln über die Länder mit Blick auf die Konstellation der vertraglichen Abreden. Wenn der
Vertrag in einer bestimmten Weise geschlossen werden soll – und das kann das Landesrecht natürlich vorgeben –, dann ist die Frage, was folgt daraus, wenn es nicht befolgt wird.
Das ist allerdings ein grundsätzliches Problem auch bei Gesetzen, die sich an die öffentliche
Hand richten. Wenn Sie jetzt also keine Sanktionen vorsehen, etwa Ordnungswidrigkeiten für
diejenigen, dann ergibt sich letztlich möglicherweise eine Schadensersatzpflicht der öffentlichen Hand aus Amtspflichtsverletzung, aber dann muss der andere Teil einen Schaden haben. Davon ist hier eigentlich nicht nach der allgemeinen Lebenserfahrung auszugehen,
dass man einen Schaden bekommt, weil man eine Information nicht herausbekommt. Jedenfalls ist das nicht unmittelbar auf der Hand liegend. Insofern müssten Sie sich überlegen, ob
Sie da nicht eine Ordnungswidrigkeit, einen Ordnungswidrigkeitentatbestand daraus schaffen. Das wäre dann in der Tat die Konsequenz. Aber das ist, denke ich, da ja unsere Verwaltung immer nach Recht und Gesetz handelt, vielleicht nicht unmittelbar nötig.
Vorsitzender: So, zum Urheberrecht. Gibt es noch Anmerkungen seitens der Experten, also
im Sinne der Gesetzgebungskompetenz?
- 62 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Ja. Momentan gibt es da keine weiteren Anmerkungen. Gibt es sonst noch offene Fragen.
Herr Dr. Dressel. Oh Moment, entschuldige, ich habe Frau Spethmann übersehen. Das war
–
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Ich wollte mich nur auf die Liste setzen.)
Ja, das ist gut. Und Herr Steinbiß hat sich auch noch gemeldet. Also wir losen das bei der
SPD einmal aus, aber jetzt kommt erst einmal Frau Spethmann.
Abg. Viviane Spethmann: Die Ausführungen von Herrn Hackmack zum Thema Gerichtsentscheidung haben mich doch etwas aufgewühlt als Anwältin. Also, ich würde mir ja eher
wünschen, dass Sie alle Gerichtsentscheidungen ins Internet stellen lassen. Das würde mir
als Anwältin auf jeden Fall sehr entgegenkommen. Dass Sie nun da zurückrudern und nur
der Meinung sind, dass diejenigen Punkte, die die Verwaltung für entscheidend hält oder
selber gebraucht und sich darauf beruft, das wäre mir ehrlich gesagt zu wenig. Also da würde ich Sie doch bitten, dass Sie das dann erweitern auf alle Gerichtsentscheidungen. Das
würde mich doch sehr freuen.
Herr Hackmack: Also nachdem wir eine Erweiterung vom Kollegen Dressel aufgenommen
haben, nehmen wir Ihre Erweiterung selbstverständlich auch auf, Frau Spethmann.
Vorsitzender: So sammeln wir Bündnispartner. Jetzt möchte ich mich – Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Aber hier taucht wieder ein Kompetenzproblem auf, Frau Spethmann. Sie
haben natürlich völlig recht, aber das gehört ins Gerichtsverfassungsrecht, hat mit der Verwaltung überhaupt nichts zu tun. Alle Entscheidungen und Urteile ergehen im Namen des
Volkes, folglich liegt es bei denen sehr nahe – und das ist der Fall –, dass sie alle veröffentlicht werden. Eigentlich bedarf es keiner besonderen Veröffentlichung durch die Verwaltung,
die sich das herauspickt, was für sie wichtig ist.
Vorsitzender: Ja. Gut, dass wir sehr viele Experten hier haben, und wir werden das Wortprotokoll uns dann sehr genau durchlesen, um zu gucken, wie wir diesen Gesetzentwurf
dann noch besser machen. Ich möchte mich ganz kurz bei Herrn Steinbiß entschuldigen,
dass ich Sie übersehen habe. Es sind leichte Konzentrationsmängel, aber Sie sind jetzt dran.
Abg. Olaf Steinbiß: Das ist nett. Noch einmal eine Frage zu den Zielen. Also ich habe zwei
Fragen insgesamt. Also die Ziele, die Sie vorgegeben haben, sind unter anderem Korruption
erschweren, Steuerverschwendungen vorbeugen und Verwaltungsabläufe vereinfachen.
Glauben Sie ernsthaft, dass die Ziele erreichbar sein werden mit diesem Gesetzesentwurf –
das wäre die erste Frage – und die zweite wäre ganz allgemein, gibt es eine Einschätzung
zu den Kosten, die hier entstehen und die ja irgendwo umzulegen sind, in welcher Höhe das
ungefähr anfallen wird. Das wäre die erste Frage.
Vorsitzender: Wer möchte von den Initiatoren antworten? Herr Hackmack.
Herr Hackmack: Also zur ersten Frage: Ja. Und zur zweiten Frage …
(Zwischenruf Abg. Olaf Steinbiß: Konkretes Beispiel dann bitte, weil, ich kann es mir
ernsthaft nicht vorstellen, also zum Beispiel jetzt …)
Also wie man zum Beispiel Korruption vermeiden würde? Indem man die Elbphilharmonie,
die Verträge zur Elbphilharmonie hätte veröffentlichen müssen, 30 Tage –
(Zwischenruf Abg. Olaf Steinbiß: Die sind korrupt?)
- 63 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
- vor Inkrafttreten. Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich kenne die Verträge der Elbphilharmonie
bis heute nicht, aber eine Kostenexplosion von „kostet gar nichts“ bis aktuell „500 Millionen,
nach oben hin offen“, erscheint mir doch nicht mehr auf dem ganz rechten Wege zugegangen zu sein. Also insofern –
(Zwischenruf Herr Dr. Karpen)
- ja, das ist meine persönliche – Herr Karpen, das ist kein Vorurteil, das ist meine persönliche
Einschätzung, meine Meinung dazu. Ich hoffe, dass auch die Gerichte noch die Möglichkeit
bekommen, das genau zu überprüfen und auch noch einmal nachzuschauen, wo die Gelder
im Einzelnen eigentlich hingeflossen sind, denn in den Elbphilharmoniebau sind sie mit Sicherheit nicht geflossen, also aktuell wird da gar nicht gebaut.
Dann die zweite Sache: Glauben wir ernsthaft, Verwaltungsabläufe zu vereinfachen? Ja, das
glauben wir, und insgesamt in der Welt ist es so, dass sich auch die Unternehmenskulturen
dahingehend ändern, dass man Hierarchien abbaut, dass man zum Beispiel Dokumente
gemeinsam bearbeitet, im Wiki beispielsweise. Also bei uns ist das so, bevor ein Brief rausgeht oder im Newsletter haben alle Mitarbeiter die Möglichkeit, da noch einmal raufzuschauen. Man kann Protokolle kollaborativ erarbeiten. Wenn Sie schauen die Wikipedia als Enzyklopädie hat sich durchgesetzt gegen den Bertelsmann-Verlag, also da gibt es keine 20 Bände Lexika, die noch verkaufsfähig sind, sie sind auch qualitativ inhaltlich besser, was also bei
der Wikipedia momentan im Netz steht. Also da gibt es viele Sachen, die kann man einfacher fassen, und wir denken, durch den Informationszugang auch innerhalb der Behörden,
auch zwischen den Behörden werden wir Verwaltungsabläufe vereinfachen und Kosten auch
sparen – das war Ihre letzte Frage, was kostet das Ganze – für uns, es werden natürlich
einmalige Kosten anfallen, was das Informationsregister betrifft, aber letztlich werden massiv
Kosten gespart, nicht nur dadurch, dass Korruption verhindert wird. Ein Teil der Gelder, die
jetzt in die Elbphilharmonie geflossen sind und noch fließen werden, mit denen hätte man
wahrscheinlich schon das Informationsregister doppelt und dreifach bezahlen können. Aber
insgesamt wird es natürlich auch so sein, dass Verwaltungshandeln vereinfacht wird. Und
Herr Redelfs hat es anfangs ausgeführt, wenn eine Frage nicht immer individuell beantwortet
werden muss, sondern die Bürgerinnen und Bürger sich unkompliziert, ohne einen Beamten
damit zu bemühen, sozusagen im Informationsregister diese Informationen nachschauen
können, dann spart das Verwaltungskosten, und insofern glauben wir, dass dieser Gesetzentwurf nicht nur kostenneutral ist, sondern auch mittel- und langfristig erhebliche Kosten
einsparen wird.
Abg. Olaf Steinbiß: Ich möchte einmal ganz kurz direkt darauf –
Vorsitzender: Sie sind noch nicht zufrieden, Herr Steinbiß?
Abg. Olaf Steinbiß: Nein, ich glaube, ich bin falsch verstanden worden. Also ich möchte auf
gar keinen Fall, dass hier der Eindruck entsteht, dass ich in irgendeiner Form zufrieden bin
mit unserem schrecklichen Bauvorhaben dort unten an der Elbe, also das ganz und gar
nicht. Und ich hätte sehr gerne irgendwelche Mittel, irgendwelche Möglichkeiten, dort doch
rechtzeitig eingreifen zu können, aber ich sehe das einfach nicht, dass dadurch, dass die
Verträge, wenn sie denn öffentlich gemacht worden wären, sich irgendetwas verbessert hätte, also diesen Ansatz kann ich einfach nicht nachvollziehen. Ja, ich meine, das sind
höchstwahrscheinlich Verträge, die – wo mehrere Juristen dran geprüft haben und dran gesessen haben. Das glaube ich nicht, dass durch eine einfache Veröffentlichung dadurch irgendetwas leider besser geworden wäre. Aber jetzt noch einmal zum Thema der Kosten,
glaube ich, da wollten auch noch die Experten etwas insgesamt hierzu sagen.
- 64 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Vorsitzender: Also, ich habe jetzt das so verstanden, dass auch noch einmal die Experten
sagen sollen, ob die Ziele des Gesetzentwurfes aus Ihrer Sicht erreicht werden können. Wer
möchte was dazu sagen? Herr Dr. Redelfs.
Herr Dr. Redelfs: Ja, ich möchte noch einmal etwas zu den praktischen Fragen sagen, weil
ja hier offenbar doch sehr die Sorge im Raum steht, die Verwaltung würde damit ungebührlich überfrachtet und man würde hier ein bürokratisches Monster konstruieren, das klingt
zumindest zwischen den Zeilen so durch. Das sehe ich nicht. Ich hatte es eingangs schon
ausgeführt, dadurch dass Deutschland bei den Transparenzregelungen im internationalen
Vergleich eher hinterherhinkt, haben wir wiederum den positiven Effekt, dass wir schauen
können, wie ist es denn bei den anderen gelaufen, als Nachzügler. Und da ist tatsächlich die
Erfahrung, dass es nirgendwo zu einer Überlastung der Verwaltung gekommen ist, sondern
wirklich im Gegenteil. Es gab sicherlich Umstellungsschwierigkeiten, wenn man bestimmte
Softwareprogramme vereinheitlichen muss, aber eine clevere Verwaltung wird genau diese
Herausforderung als Modernisierungsschub begreifen und vielleicht auch sehen, dass es zu
mehr Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen kommt, wenn man ein größeres Maß an
Transparenz herstellt. Also das führt ja auch zum Abbau von Reibungsverlusten. Ich kann
Ihnen auch ein konkretes Beispiel nennen aus dem Bereich der Agrarsubventionen. Bei den
Exportsubventionen ist zum Beispiel nach der Veröffentlichung es hier zu einer Razzia im
Hamburger Hafen gekommen wegen Zweckentfremdung von Subventionsmittel in Höhe von
einer Drittel-Milliarde Euro. Das ist eine Summe, dafür kann man ziemlich lange Informationsanträge bearbeiten als Verwaltung, bis man einen solchen Betrag, der normalerweise ja
nie gegengerechnet wird, tatsächlich ausgegeben hätte. Also die Befürworter der Informationsfreiheit geraten immer leicht in die Defensive, weil man sagt, das kostet alles, aber das
liegt auch mit daran, dass die positiven Effekte normalerweise nicht so gut quantifizierbar
sind und eben nicht gegengerechnet werden. Denken Sie an dieses eine Beispiel, dann wird
schon deutlich, dass es da auch Einsparungspotenzial gibt.
Ich komme zurück auf mein Gespräch mit der Verwaltung in den USA, was ich gezielt als
Vorbereitung für diese Anhörung geführt habe, wo man mir eben auch erklärt hat, dass es für
die öffentliche Hand durchaus Vorteile mit sich bringt, weil alle Ergebnisse der Angebotsabgabe veröffentlicht werden und dann eher ein Wettbewerb nach unten eingesetzt hat, weil es
so transparent ist, dass man genau erkennt, wer hat welches Angebot abgegeben. Jeder
kann es nachschauen, auch der Konkurrent. Sind die Firmen eher darauf aus, dann bei den
folgenden Angebotsabgaben auch wirklich günstiger sich zu orientieren, Sie sehen ja, was
die Konkurrenten gemacht haben. Das war also sehr – in den USA – zum Vorteil der öffentlichen Hand und auch zur Kostensenkung. Und abschließend möchte ich da noch betonen,
dieses Beispiel, auf das ich mich da beziehe, da handelt es sich nicht um irgendwelche basisdemokratischen Hitzköpfe, also auch Prince William County wird nicht von der Piratenpartei regiert, sondern das sind Republikaner, die diese Transparenz eingeführt haben, und die
republikanische Partei kann damit offenbar gut leben.
Vorsitzender: Ja. Noch Fragen, wollte ich jetzt gerade sagen, aber ich sehe noch einmal
Professor Albers.
Frau Dr. Albers: Ja, ganz kurz vielleicht. Ich denke schon, dass das Gesetz, wenn man sich
nur auf die Kosten konzentriert, die das für die Verwaltung bedeutet, durchaus mit erheblichem Aufwand und auch mit erheblichen Kosten verbunden ist. Das wird schon so sein, aber
man kann es sicherlich gegenrechnen. Im Übrigen ist mir bei Paragraf 11 natürlich die relativ
weitreichende Weiterverwendungsmöglichkeit aufgefallen und ich würde anregen, aber das
führt vielleicht auch weit über dieses Gesetz hinaus, möglicherweise noch einmal über Sachen nachzudenken, die am Anfang der Debatte schon ein bisschen angeklungen sind, nämlich, was man eigentlich macht, wenn Leute das nicht aus Demokratieinteresse, sondern
zwecks Kommerzialisierung nutzen. Da gibt es im Moment ja eine große Debatte, was eigentlich im Falle der Kommerzialisierung von Informationen aus dem öffentlichen Sektor gemacht werden soll, private Unternehmen setzen sich da drauf. Das hängt auch vom jeweili-
- 65 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
gen Anwendungsbereich eines Gesetzes ab, und der ist hier ja weit gefasst, also alles, was
an substantiierter und ja auch hochkarätiger Arbeit in der Verwaltung geleistet wird, wird
schön frei ins Internet gestellt, private Unternehmen setzen sich da drauf, machen da vielleicht noch eine kleine eigene Leistung und kommerzialisieren das recht schön. Da gibt es im
Grunde jetzt die große Debatte über Lizenzen und über die Möglichkeit, das eben auch zu
verkaufen und dann eben darüber auch wieder zu Geld zu kommen. Hier ist eigentlich gerade die – mir ist dieser Gedanke sehr sympathisch, denn ich sehe ja, was für gute Arbeit zum
Teil in der Verwaltung gemacht wird bei Geodaten, Katastern und Ähnlichem, und dass Private das dann so einfach kommerzialisieren können, scheint mir gar nicht unbedingt plausibel zu sein. Und hier ist es eher so die Gegenlinie, die diesen Aspekt gar nicht einbezieht,
so, die Daten sollen zur Verfügung gestellt werden, in jedem beliebigen Format, und beliebig
weiterverwendet werden können, und mir scheint das bei Weiterdenken eigentlich gar nicht
so einleuchtend zu sein. Aber das würde sicher über dieses Gesetz hinausführen.
Vorsitzender: Ich habe Herrn Dr. Dressel noch auf der Redeliste.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Ja, genau daran anknüpfend noch einmal. Ich glaube, man
muss es sehr differenziert auch betrachten, durchaus einige haben ja hier am Tisch, auch
wenn wir jetzt ein bisschen dezimiert sind, auch durchaus Verwaltungserfahrung und wissen,
was das sozusagen in der Praxis auslöst. Ich glaube, dass dann bestimmte Datensammlungen, die jetzt schon da sind, die die Verwaltung ja zum Beispiel auch unter Nutzung von
SharePoint jetzt schon in eigene Intranetzusammenhänge stellt, dass man da sagt, das stellen wir auch einem erweiterten Kreis der Öffentlichkeit zur Verfügung, ist, glaube ich, etwas,
was sich wahrscheinlich relativ einfach noch machen lässt. Aber das Problem ist natürlich –
fängt da an, wo es darum geht, bei einzelnen Vorgängen abzuwägen, ist das jetzt veröffentlichungsfähig oder nicht und was muss ich schwärzen, was muss ich prüfen, was – wie muss
ich das beurteilen und bewerten entlang der Kriterien des Gesetzes. Und da, glaube ich, wird
es viele Vorgänge geben, wo die Sacharbeit kürzer ist als die Prüfung anhand der Maßstäbe
des Gesetzes, also kann ich mir selbst gut vorstellen oder auch aus eigener Erfahrung
durchaus so beisteuern. Und das ist etwas, was eben in diesem Gesetzentwurf überhaupt
nicht abgebildet wird, sondern da wird eben gesagt, ja, langfristig spart das auf jeden Fall
Geld und es wird alles – Verwaltung wird weniger korrumpierbar und so weiter, aber in
Wahrheit geht es ja nachher darum, es auch wirklich abzubilden, wie viele Stellen sind das,
wie viele Personalkostenanteile sind das, wie muss das entsprechend abgebildet werden.
Deshalb auch da die Frage, auch an die Initiative konkret, ich weiß, es ist eine Sollbestimmung in unserem schönen Volksabstimmungsgesetz, aber trotzdem kann ich das auch nicht
der Initiative ersparen. Irgendwo steht am Anfang unseres Gesetzes, dass die Initiative auch
einen Deckungsvorschlag machen soll. Und ich finde, der Beweis, dass das im Moment jedenfalls für die erste Phase, für die ersten Jahre, sage ich mal, die erste Dekade, ohne
Mehrkosten abgeht, das halte ich für eine ziemlich kühne Behauptung, ehrlich gesagt. Und
deshalb wäre es schon dann, wo wir alle irgendwie auf die Schuldenbremse – die einen wollen es vielleicht weniger, die anderen – also, ob wir es nun wollen oder nicht, sie gilt für uns
spätestens 2020. Und das heißt, jede Mehrkosten, die wir jetzt haben – und das ist jedenfalls
unsere Einschätzung zu dem Gesetzentwurf, dass wir sie erst einmal haben werden, jedenfalls in einer längeren Übergangsphase für die Verwaltung –, da finde ich schon ist eine
Volksinitiative, wenn sie hier verantwortungsvoll auch für die Stadt mitwirken will, in der Verantwortung, selber auch einen Vorschlag dazu zu machen, wie das finanziert werden soll.
Das habe ich bei der Netzinitiative, glaube ich, auch schon einmal in einer Anhörung gefragt.
Deshalb auch die Frage an den geschätzten Gregor, vielleicht dazu auch etwas zu sagen.
Vorsitzender/Abg. Farid Müller: Also ich würde gerne auch noch eine Frage anschließen,
damit wir ein bisschen sozusagen hier effektiver umgehen. Geht an den Datenschutz- und
Informationsbeauftragten der Stadt, Herrn Caspar. Wie würden Sie einschätzen, dass das
aktuell geltende Trennungsgebot bei der Aktenführung einen Teil der Frage, die eben gestellt
wurde, schon beantwortet? Vielleicht zuerst Herr Hackmack.
- 66 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Herr Hackmack: Also lieber Andreas, der Anwendungsbereich ist ja genau deswegen so
eng gefasst, dass es klar wird, was online gestellt werden muss und was nicht, das heißt, nur
ein Bruchteil der Informationen, die tatsächlich vorliegen, muss überhaupt in das Informationsregister eingestellt werden. Und ich glaube, das ist ein Positivkatalog in Paragraf 3, der
überschaubar ist. Den kann man natürlich erweitern, und die Behörden und die Verwaltung
ist natürlich frei, auch weitere Informationen ins Netz zu stellen, aber das ist sozusagen das
Mindestmaß, und das, denken wir, dass es überschaubar ist und auch mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. Was die einzelnen Kosten im Einzelnen betrifft, also eine Elbphilharmonie, ich hatte es schon gesagt, könnte dieses Informationsregister mehrfach finanzieren.
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Sollen wir die jetzt abreißen, oder
was?)
Nein, aber vielleicht könnte man ja aufhören, weiter Geld dort reinzupumpen. Also wenn man
jetzt die erste halbe Milliarde vielleicht versenkt hat, vielleicht spart man die nächste halbe
Milliarde ein und investiert die in das Informationsregister. Ganz so viel wird es mit Sicherheit
nicht kosten, also insofern, ich kann dazu keine Kostenabschätzung machen, aber du hattest
uns ja gebeten, die Kosten gegenzufinanzieren, insofern hast du offenbar eine konkrete Vorstellung, was das kosten kann. Und wir wären da sehr dankbar, wenn du uns einmal diese
Kostenaufstellung zugänglich machen würdest, und dann gucken wir uns das an, schätzen
das ein, wie realistisch ist das Ganze eigentlich, und würden dir dann eventuell einen Gegenvorschlag machen, wie die Kosten zu refinanzieren sind. Aber aktuell liegen uns keine
Kostenberechnungen vor, wir glauben auch nicht, dass die seriös leistbar sind. Und wenn du
und deine Fraktion, wenn ihr das leisten könnt, dann bitte gerne.
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Aber ich gehe …)
Vorsitzender: Halt, halt, halt. Ich würde doch gerne auch Herrn Caspar das Wort geben,
und dann können wir wieder zurück zu den Abgeordneten. Herr Caspar.
Herr Dr. Caspar: Ja, danke. Also die Hoffnung, dass das Trennungsgebot schon so gut umgesetzt wurde, dass es Kosten sparen würde, würde ich nicht teilen. Also wir haben wohl
wenig Anhaltspunkte dafür, dass die Verwaltung da schon massiv auf dem Weg ist in Richtung Trennungsgebot. Das muss man wohl so sagen, und insofern also ist in der Tat da,
glaube ich, die Hoffnung nicht reinzusetzen, dass dadurch die Kosten minimiert würden.
Vorsitzender: Herr Dressel, jetzt aber.
Abg. Dr. Andreas Dressel: Also zum einen ist ja Grundlage dieser ganzen Veranstaltung,
dass die Volksinitiative uns ein Gesetz vorgelegt hat, und das quasi mit dem Antrag, dass wir
das jetzt hier übernehmen sollen. Insofern ist es zunächst einmal, finde ich, auch Aufgabe
der Volksinitiative, ihren gesetzlichen Verpflichtungen – auch eine Sollvorschrift ist meines
Erachtens eine gesetzliche Verpflichtung – auch nachzukommen und zu sagen, das schlagen wir vor und da sagen wir auch, so könnte man das finanzieren. Denn die Situation, warum das im Moment keine Mehrkosten, das Informationsfreiheitsgesetz, nach der geltenden
Rechtslage verursacht, liegt ja vor allem daran, dass es so wenig Anträge gibt und dass alle
Mitarbeiter in der Hamburger Verwaltung – da haben wir ja auch noch eine ganze Menge –
das im Moment neben ihrem normalen Aufgabenturnus mitmachen können, weil, da flattert
mal alle Jubeljahre einmal ein Antrag auf Einsicht irgendwie mit rein, das macht man dann so
mit.
Wenn natürlich – und das ist ja das gesetzgeberische Ziel – man das alles umdreht, wofür ja
auch politisch durchaus einiges spricht, dann hat man zwar einerseits dieses Register, aber
andererseits natürlich auch viel mehr laufende Überprüfungen, was kann zur Verfügung ge-
- 67 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
stellt werden oder nicht, und das erfordert zeitliche Ressourcen bei einem knapper werdenden Personalbestand in dieser Stadt. Und deswegen, finde ich, ist es wichtig, dass man sich
da auch einfach hier keine falschen Vorstellungen macht, und da, finde ich, ist in einer Zeit,
wo wir alle auf die Schuldenbremse zusteuern, auch eine Volksinitiative in der Pflicht, dann
nicht zu sagen irgendwie, wir bestellen hier und Politik muss sich dann darum kümmern, wie
das irgendwie abgearbeitet wird, sondern ich finde, da ist es auch wichtig, dass eine Volksinitiative sich der Verantwortung stellt. Und man hat eben jetzt nicht in jeder Behörde noch
einmal Geld für fünf zusätzliche Stellen, die das dann alles nachher prüfen und machen und
tun. Das finde ich schwierig und da würde ich mir wünschen, dass auch da eine Initiative
dazu etwas beizutragen hat, was jenseits dessen ist, einfach die Elbphilharmoniebaustelle
einzustellen. Also ein bisschen mehr Konkretisierungsgrad fände ich dann schon für die Debatte ganz hilfreich.
Vorsitzender: Jetzt haben sich noch einmal zwei Experten gemeldet. Frau Schneider, ich
habe Sie gesehen. Ich würde mich auch noch einmal draufsetzen. Herr Dr. Schulz und Herr
Dr. Redelfs.
Herr Dr. Schulz: Also ich würde da gerne auch noch einmal ein bisschen sozusagen sich
das angucken, wie sich das wahrscheinlich realistisch entwickeln wird. Den Fall, den Sie
ansprechen und schildern, das sind ja die problematischen Fälle, wo sich tatsächlich jemand
ransetzen muss und sagen, ich trenne das Veröffentlichungsfähige vom Nichtveröffentlichungsfähigen. Ich glaube – und wir hatten ja über die Frage, wie schnell kann so etwas
realisiert werden, wenn man das vielleicht miteinander verknüpft und sich erst einmal auf die
Bereiche sozusagen fokussiert, wo dieser Aufwand entfällt, weil es relativ offensichtlich ist,
da sind keine Betriebs- und keine Geschäftsgeheimnisse drin, da sind keine personenbezogenen Daten drin. Also wenn ich da als Beispiel sehe, es geht um Senatsbeschlüsse, es
geht um Baumkataster und Ähnliches, also wenn man den Bereich zunächst angeht. Und
dann gibt es, glaube ich, auch große Bereiche in der Verwaltung, da ist von vornherein klar,
da ist es überhaupt – gibt es keine veröffentlichungsfähigen Daten, also das Sozialamt wird
jetzt nicht großartigen Aufwand haben, irgendetwas auszusortieren. Und dann bleibt irgendwann, glaube ich, der Bereich jetzt von dem, was genannt ist, der Bereich der Verträge, der
wahrscheinlich da relevant werden wird, aber auch da glaube ich nicht, dass das sozusagen
in der Fläche einen so großen Prüfaufwand produzieren wird. Ich kann es aber auch kostenmäßig nicht einschätzen. Ich glaube, es gibt den Aufwand, und deswegen würde ich da
vorschlagen, zu sagen, wenn man im Sinne einer größeren Transparenz und im Sinne des
Ziels eines solchen Gesetzes vorangehen will, dann sollte man einmal anfangen vielleicht
mit den Bereichen – Herr Caspar hatte ja vorhin auch zu den sonstigen Informationen angeregt, den Zusatz zu nehmen „Sonstige Informationen, die keinen Personenbezug haben“ –
dann entfällt ein Prüfungsschritt und vereinfacht das, und wenn man das zuerst angeht, kann
man, glaube ich, schon einmal etwas erreichen und hat das so ein bisschen abgeschichtet.
Herr Dr. Redelfs: Ja, da kann ich nahtlos anschließen. Der Entwurf, den wir heute diskutiert
haben, ist ja mit Verlaub in manchen Punkten durchaus maximalistisch angelegt, was ja erst
einmal als Ansatz, als Zielvorstellung auch richtig ist, aber die Anhörung hat ja auch ergeben, dass in vielen Punkten da noch nachgebessert werden muss. Und dann, glaube ich,
sind die Sorgen, die Sie jetzt geäußert haben, gar nicht mehr so groß, wie sie vielleicht wären, wenn man exakt bei diesem Text bleiben würde, wie er jetzt vorliegt. Und insofern bin
ich eigentlich sehr beruhigt, dass die Initiatoren mehrfach im Laufe der Debatte ja darauf
hingewiesen haben, dass sie diese Bedenken aufnehmen und dann wird auch die Anwendungsfähigkeit für die Verwaltung natürlich viel besser werden als bei dem jetzigen Text, der
hier vorliegt. Im Übrigen möchte ich noch eine Erfahrung beisteuern aus Bremen, weil ich
mich da auch erkundigt habe, wer denn ganz besonders eifrig dieses Register nutzt. Das
sind natürlich zum einen interessierte Bürger und Initiativen, aber die Rückmeldung aus
Bremen war auch – und das interessiert vielleicht gerade die Parlamentarier –, besonders
sei es für den parlamentarischen Raum spannend, weil jetzt alle Abgeordneten wunderbar
- 68 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
dieses Register nutzen könnten und das seien eigentlich die großen Gewinner dieses Registers. Also vielleicht im Sinne der Werbung –
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Hätten Sie das doch gleich gesagt!)
- können Sie auch diesen Effekt noch einmal bedenken.
Vorsitzender: Sie sehen, die Stimmung steigt wieder. Möglicherweise muss gar nicht so viel
Geld umverteilt werden für die Transparenz. So, jetzt habe ich noch Frau Schneider.
(Zwischenruf Abg. Christiane Schneider: Die Initiatoren hatten sich ja noch gemeldet.)
(Zwischenruf: Hat sich –)
Hat sich dann erst einmal soweit erledigt. Frau Schneider.
Abg. Christiane Schneider: Ja, meins hat sich insofern auch erledigt durch die beiden Antworten. Und dann will ich noch einmal darauf hinweisen, ein Problem besteht ja darin, dass
nicht gegengerechnet wird. Also da wäre ja dann die Frage zum Beispiel einmal an den Senat oder wie verbunden, wie viele Schäden denn in Hamburg zum Beispiel durch Korruption,
die auf diese Weise dann unterbunden werden könnte, entstehen. Und dann könnte man das
ja vielleicht gegenrechnen. Und das ist doch jetzt eine Sache, die kann die Initiative überhaupt nicht machen, also die hat doch gar nicht die Vorstellung.
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Wenn man in Pay-as-you-go-Kategorien
rechnet …)
Ach, man lernt nie aus.
Vorsitzender: Na ja, das glauben wir jetzt nicht so ganz. Ich würde – die Initiatoren möchten
noch kurz etwas sagen, ja.
Herr Hirdes: Vielleicht noch eine Kleinigkeit da zu den Kosten. Wir haben uns da schon Gedanken drüber gemacht, zumindest von der IT-Seite her. Da ich ja ITler bin, denkt man ja
dann auch über solche Projekte nach, was die so umfassen würden und habe circa ein Vierteljahr lang versucht, rauszubekommen, auf welcher Basis arbeitet die Hamburger Verwaltung mit Rechnern, mit welcher Software, mit welchen Geschichten, die da irgendwo dranhängen und wo kann man da mit einer Schnittstelle andocken. Wenn irgendjemand in diesem hohen Hause nebenan mir das beantworten könnte, wäre ich sehr, sehr, sehr dankbar.
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Können wir auch nicht.)
Und genau da ist die Problematik für uns als Initiative, da eine sinnvolle Kosteneinschätzung
zu machen, wenn es allein daran scheitert, die Informationen zu bekommen, was die Grundlage ist.
Vorsitzender: Ja, wir werden vielleicht noch einmal nachdenken, eine zweite Anhörung mit
Dataport zu machen. Ich – es ist ja jetzt schon ein bisschen fortgeschritten in der Zeit, und
ich wollte die Kolleginnen und Kollegen fragen, ob wir uns so langsam dem Ende der Anhörung nähern können. Ich glaube, so langsam ist überall ein bisschen Müdigkeit eingetreten.
Mein Eindruck ist, es gibt doch erheblichen Überarbeitungsbedarf noch an den einen oder
anderen Stellen und –
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Darf ich da noch eine Nachfrage stellen?)
Zu was wollten Sie jetzt noch eine Nachfrage stellen?
- 69 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Zu dem Überarbeitungsbedarf.)
Bitte?
(Zwischenruf Abg. Dr. Andreas Dressel: Zu dem Überarbeitungsbedarf.)
Ja, Herr Dressel. An wen? An die Initiatoren?
Abg. Dr. Andreas Dressel: An die Initiative. Also was für Vorstellungen hat die Initiative
selber jetzt zeitlich im Hinblick auf Überarbeitungsbedarf? Das ist ja für uns auch für die ganzen weiteren Fragen, der weiteren Beratung eine nicht ganz unrelevante Fragestellung.
Vorsitzender: Die Initiative.
Herr Hackmack: Es ist ja klar geregelt, dass wir für die Anmeldung des Volksbegehrens
einen überarbeiteten Gesetzentwurf vorlegen können und die Anmeldung des Volksbegehrens wird nach dem 9. April erfolgen, wahrscheinlich Mitte April, ich habe jetzt das genaue
Datum nicht im Kopf, und bis dahin werden wir einen überarbeiteten Gesetzentwurf haben.
Und insofern haben uns die Anregungen heute auch sehr viel weitergebracht, es gibt an der
einen oder anderen Stelle sicherlich Überarbeitungsbedarf. Wir sehen das anders als der
Ausschussvorsitzende, also es sind keine erheblichen Mängel, sondern das sind Sachen, die
kann man geradebiegen, davon lebt auch ein Gesetzentwurf. Nichts ist so gut, dass man es
nicht noch besser machen kann, und insofern glauben wir, dass wir bis zum 15. April, sage
ich jetzt mal in den Raum gesprochen, auf jeden Fall einen Gesetzentwurf haben, der sozusagen alle Anmerkungen und Rückmeldungen aus dieser Sitzung berücksichtigt und dann
hoffentlich ein viel besserer Gesetzentwurf ins Volksbegehren geht. Und wir hoffen und wir
appellieren natürlich auch hier an das Haus, es gar nicht zum Volksbegehren kommen zu
lassen und dann bis zur Sommerpause diesen Gesetzentwurf dann in überarbeiteter Form
zu übernehmen.
Vorsitzender: Ja, Herr Hackmack, vielleicht war das den vier Stunden sehr, sagen wir mal,
intensiven Beratungen über die Frage, was Ihr Gesetzentwurf betrifft, sozusagen mein Eindruck, der da sich so aufgedrängt hat. Aber ich nehme das einmal so mit, dass auf alle Fälle
Überarbeitungsbedarf besteht, auch von Ihrer Seite das eingeräumt wird. Ich habe aber jetzt
noch ein paar Meldungen der Experten und vielleicht abschließende Ratschläge, da sind wir
gerne für offen. Und zunächst erst einmal Herr Professor Karpen.
Herr Dr. Karpen: Ich habe wirklich einen abschließenden kleinen Ratschlag an Herrn
Hackmack und der betrifft den Absatz 1. Ich würde ihn umformulieren. Ich würde den Absatz
1 des Paragrafen 1 nennen: Zweck dieses Gesetzes ist es, den freien Zugang zu den Behörden – bei den Behörden vorhandenen Informationen zu gewährleisten. Und den Absatz 2
würde ich nennen: Jedermann – und das ist Ihr Absatz 10 – jedermann hat nach Maßgabe
des Gesetzes Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen Informationen, die den Behörden und so weiter zur Veröffentlichung vorliegen, unbeschadet des geschützten – des Rechtes der Persönlichkeit und der Wirtschaft. Damit sind die zwei wichtigsten Ausnahmebereiche unbeschadet des Rechtes der Persönlichkeit und der Wirtschaft. Und ich würde vorschlagen, Herr Hackmack, dass Sie den Absatz 3 ersatzlos streichen, weil das im Grunde
genommen Konsens ist, jedermann weiß das, dass Sie die Transparenz steigern wollen.
Dann hätten Sie zwei Absätze ohne Verlängerung und das wäre vielleicht ein ein bisschen
besserer Text.
Vorsitzender: Ja, gibt es noch weitere Anmerkungen von der Seite? Dann lassen wir das
einmal so stehen. Ich finde, Ratschläge sind jetzt ergangen, diverse, und jetzt noch einer.
Frau Schneider, hatten Sie sich jetzt noch gemeldet?
- 70 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Abg. Christiane Schneider: Nein.
Vorsitzender: Gut, dann versuche ich, zum Ende zu kommen jetzt. Mein Eindruck ist, wie
gesagt, dass wir jetzt einmal mitgenommen haben, dass da noch Änderungsbedarfe sind.
Und Sie können gerne auch noch gleich etwas sagen, Herr Hackmann, ist kein Problem. Ich
will nur versuchen, das jetzt hier ein bisschen zuzumachen, damit wir hier so ein bisschen
jetzt Richtung Ende gehen. Also, ich bedanke mich bei allen Expertinnen und Experten für
ihre Mühe, ihre Zeit und ihr Engagement, uns hier schlauer zu machen bei einem wichtigen
Gesetzentwurf. Und wir werden alle in einem Wortprotokoll alles noch einmal nachlesen
können. Dafür auch einmal vielen Dank an die Bürgerschaftsverwaltung, dass sie auch so
tapfer ausgehalten hat mit uns hier. Und es wird nicht mehr zu einer Senatsanhörung in diesem Punkt kommen, das schaffen wir nicht mehr aus zeitlichen Gründen, wir sind in den
Fraktionen jetzt selber gehalten, uns eine Meinung zu bilden. Dazu dient das Wortprotokoll
und vielleicht dann ja auch noch ein überarbeiteter Entwurf, den wir uns dann natürlich auch
alle noch einmal ansehen werden. Für die Kostenfrage, das ist durchaus eine, die, wenn ich
sie vielleicht auch nicht so formuliert hätte wie der Kollege Dr. Dressel, die eine ist, die man
auf alle Fälle ernst nehmen muss. Wir könnten überlegen, ob wir, wenn das Volksbegehren
erfolgreich ist und es vorher jetzt nicht zu einer Übernahme kommt, vielleicht auch noch Vertreterinnen und Vertreter aus anderen Städten einladen, vielleicht Berlin und Bremen. Da
haben die ja schon ein bisschen angefangen, da kann man sich vielleicht der Sache ein
bisschen nähern, was da bei denen die Mühen waren und auch die Kosten, sodass wir ein
bisschen mehr Sicherheit bekommen. Ich glaube, das ist schon auch gut, dass wir uns als
Gesetzgeber das auch ernst nehmen, ein bisschen einschätzen zu können, was unsere Beschlüsse dann, wenn wir es übernehmen, auch auslösen. Und vielleicht kann man gemeinsam so ein bisschen gucken, auch mit den Initiatoren, mit den Erfahrungen aus anderen
Städten, was das bedeutet.
Ich habe jetzt von Herrn Hackmack doch noch wahrgenommen, dass er auch gerne noch
einmal ein Schlusswort sprechen möchte oder zumindestens noch einmal kurz etwas sagen
möchte, und das gebe ich Ihnen gerne.
Herr Hackmack: Ja, vielen Dank. Ich möchte mich auch bedanken, insbesondere bei den
Expertinnen und Experten heute bei der Runde, auch bei den Bürgerinnen und Bürgern, die
als Zuschauer heute hier so lange durchgehalten haben. Also wir fanden das sehr, sehr
spannend als Anhörung, wir haben hier viele wichtige Anmerkungen mitgenommen, die auch
in die Überarbeitung hineinfließen werden. Ganz – am liebsten sind uns natürlich so konkrete
Anmerkungen wie die jetzt eben von Herrn Professor Karpen, also konkrete Gesetzesformulierungen. Damit können wir natürlich am besten arbeiten. Insofern auch noch einmal ein
Appell an alle hier Versammelten: Konkrete Anmerkungen sind uns am liebsten an [email protected]. Ansonsten bitte auch eine Telefonnummer heute hier hinterlassen, sodass wir auch eine Rückfrage schnell klären können. Wir müssen ja bis Mitte April
einen überarbeiteten Entwurf vorlegen. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass wir uns zumindest politisch einig sind, also handwerklich und von der Praktikabilität gibt es sicherlich
noch die eine oder andere Stellschraube, aber politisch hatte ich den Eindruck, dass es hier
Konsens ist, dass wir mehr Informationszugang wollen für die Bürgerinnen und Bürger.
Wenn wir uns darauf heute einigen können, dann ist es, glaube ich, eine schöne Sache und
wir gehen hier zufrieden nach Hause. Vielen Dank.
Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Damit beende ich den Tagesordnungspunkt 1.
- 71 - Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung Nr. 20/10
Zu TOP 2
Selbstbefassung „Tod des jungen Menschen aus Sierra Leone in der Untersuchungshaft“
Die Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE beantragte gemäß § 53 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft eine Selbstbefassung zu dem Thema „Tod des jungen Menschen aus Sierra Leone in der Untersuchungshaft“ und regte an, die Beratung hierzu in der nächsten Ausschusssitzung – gegebenenfalls unter Herstellung der NichtÖffentlichkeit – durchzuführen.
Die Mitglieder des Ausschusses beschlossen die Selbstbefassung einstimmig bei Abwesenheit der FDP-Abgeordneten. Auf den genauen Zeitpunkt der Beratung legten sie sich noch
nicht fest und ließen auch die Frage nach einer Beratung in nicht-öffentlicher Sitzung oder
mit der Verpflichtung zur Verschwiegenheit offen.
gez.:
Farid Müller (GAL)
(Vorsitz)
gez.:
Urs Tabbert (SPD)
(Schriftführung)
gez.:
Marie-Christine Mirwald
(Sachbearbeitung)
Anlage 1
»Es ist eine Irrlehre, dass es Fragen gibt, die für normale
Menschen zu groß und zu kompliziert seien. Akzeptiert man
einen solchen Gedanken, so hat man einen ersten Schritt in
Richtung Technokratie, Expertenherrschaft, Oligarchie getan.
(...) Die Politik ist zugänglich, beeinflussbar für jeden. Das ist
der zentrale Punkt der Demokratie.« (Olof Palme)
http://www.transparenzgesetz.de
Anlage 1
Transparenz
Öffentliches Handeln muss grundsätzlich
öffentlich sein.
Bürgerinnen und Bürger sind die legitimen
Auftraggeber von Politik und Verwaltung.
Anlage 1
Ausgangslage: HmbIFG
Informationen nur auf Antrag:
• bürokratisch
• gebührenpflichtig
• langwierig
• unsichere Erfolgsaussichten
Anlage 1
Veröffentlichungspflicht
HmbIFG
Passives Gesetz:
Bürgerinnen und Bürger
müssen einen Antrag
stellen und eine Gebühr
bezahlen um an
Informationen zu
kommen.
Transparenzgesetz
Aktives Gesetz:
Behörden stellen
Informationen von sich
aus ins
Informationsregister mit
kostenfreiem und
anonymem Zugang.
Anlage 1
Veröffentlichungspflicht
• Positivliste (§3 Abs. 1)
• Öffnungsklausel
• Alle anderen
Informationen auf
Antrag
•
•
•
•
•
•
•
Senatsbeschlüsse
Verträge
Dienstanweisungen
Zuwendungsbescheide
Statistiken
Geodaten
uvm.
Anlage 1
Behördenbegriff
„(...) als Behörden gelten auch natürliche
oder juristische Personen des Privatrechts,
soweit sich die Freie und Hansestadt
Hamburg ihrer zur Erfüllung ihrer Aufgaben
bedient oder ihr die Erfüllung ihrer Aufgaben
übertragen hat, bei der Wahrnehmung dieser
Aufgaben.“
Anlage 1
Ausnahmen
• Höherrangiges Recht
• Persönliche Daten
• Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse
• Petitionsausschuss
• Justiz
• Rechnungshof
• Verfassungsschutz
• Steuererhebung
• Beeinträchtigung
internationaler
Beziehungen
• Strafrechtliche
Ermittlungsverfahren
• Verträge unter 100.000€
Anlage 1
Informationsregister
Einführung eines zentralen
Informationsregisters im Internet.
Darin sind alle Veröffentlichungen nach
dem Transparenzgesetz kostenlos und
anonym einsehbar.
Anlage 1
Informationsregister: Slowakei
Anlage 1
Informationsregister: Bremen
Anlage 1
Open Data
• Offener Zugang zu allen öffentlichen
Informationen
• Bereitstellung von Tools für die Auswertung
• Interessierte Bürger/innen können besser mit
ihrer Kommune / ihrer Staat kommunizieren
• Visualisierung von Daten schafft Klarheit.
• http://www.opendata-showroom.org
Anlage 1
Open Data: Berlin
Anlage 1
Open Data: Berlin
Anlage 1
Open Data: Anwendung
Anlage 1
Ziele
• Korruption und Manipulation erschweren
• Steuerverschwendung reduzieren
• Bürokratie abbauen
• Vertrauen in Politik und Verwaltung stärken
• Mitbestimmung erleichtern
Anlage 1
Vielen Dank
für die
Aufmerksamkeit
Anlage 2
Der Hamburgische Beauftragte für
Datenschutz und Informationsfreiheit
Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Klosterwall 6 (Block C), D – 20095 Hamburg____________
An
den Vorsitzenden des Ausschusses für Justiz,
Datenschutz und Gleichstellung der Bürgerschaft
Klosterwall 6, Block C
D – 20095 Hamburg
Telefon: 040 - 428 54 - 40 41 Zentrale - 40 40
Telefax: 040 - 428 54 - 40 00
Ansprechpartner: Prof. Dr. Caspar
E-Mail*: [email protected]
Az.:
Herrn Farid Müller
D31 / 04.50-01/3
Hamburg, den 27. Februar 2012
Stellungnahme des HmbBfDI zum Transparenzgesetz
Sehr geehrter Herr Müller,
auf Ihre Bitte zu einer Bewertung des von der Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“
vorgelegten Gesetzentwurfs darf ich wie folgt Stellung nehmen:
I. Einleitung
Nach seiner Anlassdarstellung dient der Entwurf eines Transparenzgesetzes Hamburg
(TGH-E) einer Fortentwicklung des mit dem HmbIFG vom 17. Februar 2009 verfolgten Anliegens, die Transparenz und damit die Akzeptanz des Verwaltungshandelns zu erhöhen. Bei
dem Gesetzentwurf handelt es sich faktisch um eine Änderung des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes, die darauf abzielt, den Informationszugangsanspruch für Bürgerinnen
und Bürger wesentlich zu erweitern. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Einrichtung eines Informationsregisters zu.
Der Entwurf sieht eine antragsunabhängige und damit für den Bürger niederschwellig zugängliche Informationsmöglichkeit durch die Errichtung eines Zentralen Informationsregisters
vor. Dieser neue Ansatz zeichnet eine Entwicklung ab, die mit der Ersetzung des Amtsgeheimnisses durch eine beschränkte Aktenöffentlichkeit begann und nun in Richtung eines
allgemeinen voraussetzungslosen Informationszugangsrechts gegenüber der öffentlichen
Verwaltung verläuft.
Homepage im Internet:
www.datenschutz.hamburg.de
E-Mail Sammelpostfach*:
[email protected]
Öffentliche Verkehrsmittel:
U-Bahnstation Steinstraße (Linie U1)
Busse 112, 120, 124, 34 (Steinstraße)
*Vertrauliche Informationen sollten auf elektronischem Weg nur verschlüsselt an uns übermittelt werden.
Unser öffentlicher PGP-Schlüssel ist im Internet verfügbar (Fingerprint: 53D9 64DE 6DAD 452A 3796 B5F9 1B5C EB0E)
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Gleichzeitig öffnet das Transparenzgesetz den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes, in dem es weitere Tatbestände einbezieht, Hürden gegenüber einem freien
Zugang zu öffentlichen Dokumenten abbaut und informationsfreundlichere Abwägungsregelungen insbesondere zu konfligierenden Belangen, wie etwa Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, schafft. Damit und mit weiteren einzelnen Änderungen beseitigt das Gesetz Unzulänglichkeiten des bisherigen Informationsfreiheitsgesetzes, die bereits in der Vergangenheit (Tätigkeitsbericht 2010/2011) von uns angemerkt wurden.
Dreh- und Angelpunkt aus der Sicht des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und
Informationsfreiheit bei einer Auseinandersetzung mit dem Transparenzgesetz ist die Vereinbarkeit der Regelungen mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht Betroffener.
Die Verabschiedung eines Transparenzgesetzes darf nicht dazu führen, dass Bürgerinnen
und Bürger künftig befürchten müssen, mit ihren sensiblen personenbezogenen Daten, die
sich in Akten und Dokumenten der Verwaltung befinden, via Informationsregister in die Öffentlichkeit gezogen zu werden. Insoweit hat das Transparenzgesetz dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts von Bürgerinnen und Bürgern angemessen Rechnung
zu tragen. Hier besteht durchaus noch Nachbesserungsbedarf. Das Transparenzgesetz in
seiner derzeitigen Entwurfsfassung weist gerade im Spannungsverhältnis zwischen Informationsfreiheit und informationeller Selbstbestimmung von Bürgerinnen und Bürgern eine Reihe
von Defiziten auf, die im Folgenden näher dargestellt werden (siehe dazu bereits Tätigkeitsbericht Informationsfreiheit des HmbBfDI 2010/2011, Tz. 6.7).
Im Anschluss hieran werden zur rechtssystematischen Analyse die beiden gegenwärtig wohl
informationsfreundlichsten Regelungen – die des Berliner und des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes – vorgestellt und mit dem Entwurf zum Transparenzgesetz verglichen.
II. Zu einzelnen Bestimmungen des TGH-E und ihren Defiziten
Zu den einzelnen Vorschriften ist Folgendes anzuführen:
1. § 2 Begriffsbestimmungen
Nr. 1 und 2 sollten sich auf „alle amtlichen Aufzeichnungen“ beziehen, um zum Beispiel private Urlaubsfotos oder Einkaufslisten auszunehmen. Diese Beschränkung
existiert bisher nur in der Gesetzesbegründung und wird von der Rechtsprechung
hergeleitet (VG Hamburg, Urt. v. 30.11.2011 – 17 K 361/11).
Nach Nr. 3 unterfallen den auskunftspflichtigen Stellen auch privatrechtliche Unternehmen, wenn die FHH daran Anteile in Höhe von mindestens 25% des Stammkapitals hält. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch private Unternehmen
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richtet sich aber ausschließlich nach dem BDSG, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 HmbDSG.
Für die Einbeziehung privater Stellen in das Regelungsinstrumentarium der Informationsfreiheit ist der Bund gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuständig. Er hätte nach
dieser Bestimmung die Kompetenz, eine Erstreckung des Geltungsbereichs des IFG
auf private Rechtssubjekte anzuordnen. Dies hat er jedoch bei Verabschiedung des
IFG bewusst unterlassen. Insoweit ist davon auszugehen, dass es sich bei dem IFG
um eine abschließende Vorschrift handelt, so dass ein Rückgriff auf eine Landesregelung nach Maßgabe des Art. 72 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt. Eine Einbeziehung von privaten Stellen kann daher nur zulässig sein, soweit diese tatsächlich
öffentliche Aufgaben wahrnehmen. § 2 Nr. 3 TGH-E sollte dies deutlich hervorheben.
2. § 3 Anwendungsbereich
Nach Abs. 1 erfasst die Veröffentlichungspflicht neben einzeln aufgezählten Referenzbereichen, „alle weiteren Informationen von öffentlichem Interesse“. Damit soll
eine Öffnungsklausel für eine unbestimmte Zahl weiterer Veröffentlichungen geschaffen werden.
Dass die Liste nicht abschließend ist, erscheint problematisch. Da durch die Veröffentlichungen zum Teil auch Grundrechte betroffen werden (z.B. das Recht der informationellen Selbstbestimmung bei der Veröffentlichung personenbezogener Daten) muss die gesetzliche Regelung erhöhten Anforderungen an die Normenklarheit
gerecht werden. Dies ist bei einer offenen Aufzählung grundsätzlich nicht der Fall. Eine unabgeschlossene gesetzliche Regelung, die neben einem zwingend zu öffnenden Bereich behördlicher Transparenz auch eine Erweiterungsbefugnis der Behörden
für zukünftige Entwicklungen beinhaltet, bedarf als eine „dynamische Transparenzklausel“ zumindest des Zusatzes, dass die darin enthaltenen Veröffentlichungen keine personenbezogenen Daten enthalten. Dies ist bei den Regelungen zu Veröffentlichungspflichten in anderen Gesetzen der Fall (siehe unten unter IV.1).
Soweit vom Transparenzgesetz die Veröffentlichung von individuellen Rechtsakten
bzw. -gewährleistungen wie Bauanträgen sowie Baugenehmigungen oder Subventions- bzw. Zuwendungsbescheiden gefordert wird, die jeweils Personenbezug aufweisen, dürfte dies mit einer regelhaften Übermittlung via Internet durch ein Informationsregister aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kaum vereinbar sein. Der EuGH
hat entschieden, dass die ausnahmslose Veröffentlichung der Empfänger von Agrarsubventionen, ohne Berücksichtigung von Häufigkeit, Art und Umfang der Subventionen, gegen datenschutzrechtliche Grundsätze verstößt und daher unzulässig ist
(EuGH, EuZW 2010, 939 ff.). Daher sollten auch im TGH-E die aufgezählten Informa-
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tionsarten nicht ausnahmslos einer Veröffentlichungspflicht unterliegen, sondern es
sollte bei klar begrenzten Referenzbereichen auf das Vorliegen weiterer qualitativer
oder quantitativer Voraussetzungen abgestellt werden.
Für die ebenfalls genannten Geodaten bestehen speziellere Vorschriften im Hamburgischen Geodateninfrastrukturgesetz und im Vermessungsgesetz. Auch für andere
Informationen kann es Spezialregelungen geben. Inwiefern eine Verdrängung erfolgen würde und diese sinnvoll wäre, bedürfte einer umfassenden Prüfung.
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Für gemäß § 3 Abs. 1 TGH-E veröffentlichte Informationen sollte die Möglichkeit der
Antragstellung nicht ausgeschlossen werden, da es durchaus im Interesse von Antragstellenden liegen kann, Informationen, zum Beispiel durch Akteneinsicht vor Ort,
zu gewinnen. Für Antragsteller, die keinen Zugang zu elektronischen Medien haben
oder nur eine unzureichende Erfahrung mit diesen, kann zum Beispiel eine Akteneinsicht vor Ort den geeigneteren Zugang zu behördlichen Informationen darstellen. Im
Übrigen bietet die klassische Akteneinsicht im Gegensatz zum Informationsregister
auch Kontextinformationen und Metadaten wie insbesondere Aktenzeichen, Verbindungen von Aktenzeichen und Leitzeichen und damit Strukturinformationen zur
Chronologie der Vorgangsbearbeitung.
3. § 4 TGH-E Schutz personenbezogener Daten
Soweit die öffentliche Verwaltung personenbezogene Daten der Öffentlichkeit zugänglich macht, unterliegt dies einem Gesetzesvorbehalt. Hierzu ist eine konkrete,
normenklare Regelung erforderlich, die die öffentlichen Stellen zur Datenübermittlung
ermächtigt.
§ 4 TGH-E stellt die Unkenntlichmachung von personenbezogenen Daten in das Ermessen der verantwortlichen Stelle, ohne einen Maßstab hierfür vorzugeben. Mangels einer rechtsstaatlich bestimmten Übermittlungsbefugnis bestehen gegen diese
Norm verfassungsrechtliche Bedenken. Als Folge einer derartigen Vorschrift ist ein
Automatismus zu befürchten, der dazu führen kann, dass personenbezogene Daten
von Bürgerinnen und Bürgern künftig durch die Verwaltung auf Abruf für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden, ohne dass dies einer rechtsstaatlichen justiziablen Kontrolle zugänglich ist.
Soweit ein Antrag auf Zugang zu Informationen gestellt wird, übernimmt § 4 Abs. 2
TGH-E die bisherige Reglung des § 11 HmbIFG. Die Unterrichtung nach § 11 Abs. 2
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HmbIFG sowie die Gelegenheit zur Stellungnahme von Betroffenen sollte ebenfalls
übernommen werden.
In Absatz 3 wird die Wirksamkeit eines Vertrages von der Einwilligung der Vertragspartner in die Veröffentlichung des Vertrages abhängig gemacht. Diese ist überflüssig, wenn es eine gesetzliche Pflicht zur Veröffentlichung gibt. Außerdem erscheint
die notwendige Freiwilligkeit der geforderten Einwilligung zweifelhaft. Schließt die öffentliche Hand Verträge ab, so sollten die darin enthaltenen personenbezogenen Daten der Vertragspartner von Gesetzes wegen stets offenzulegen sein. Einer Konstruktion von Erlaubnistatbeständen wie eines vertraglichen Einverständnisses sollte es in
derartigen Fällen nicht bedürfen.
Ferner ist eine Kompetenz des Landesgesetzgebers für die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) nicht erkennbar. Die Regelung könnte
auch im Zusammenhang mit der europäischen Handels- und Dienstleistungsfreiheit
problematisch sein.
Abs. 4 Satz 2 TGH-E: Regelt ein Akteneinsichtsrecht in Personalakten für Betroffene.
Dafür existiert bereits eine Spezialregelung in § 88 HmbBG, § 28 Abs. 3 HmbDSG.
4. § 5 Ausnahmen von der Informationspflicht
Folgende Ausnahmen, die im HmbIFG enthalten waren, sind im TGH-E gestrichen
worden:
- Bürgerschaft, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung tätig geworden ist
- Innenrevision
- Prozesstaktiken
- Stiftungsaufsicht
- Grundlagenforschung
- Beteiligungsverwaltung
- Wettbewerb
Ob alle diese Streichungen sinnvoll sind, ist fraglich. Welche Auswirkungen sie haben
werden, muss für den Einzelfall beurteilt werden. Gleiches gilt für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit, zum Beispiel im Bezug auf die Stellung des Parlaments bei
der Gesetzgebung.
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5. § 6 TGH-E Schutz öffentlicher Belange
Die Sinnhaftigkeit, nach Abs. 1 Vermerke von der Informationspflicht auszunehmen,
erschließt sich nicht unmittelbar. Es ist nicht deutlich, ob die Einschränkung „vorbereitende“ sich auch auf Vermerke beziehen soll.
6. § 7 TGH-E Betriebs- und Geschäftsgeheimisse
Absatz 1: Hier könnte auch die von der Rechtsprechung entwickelte Definition zugrunde gelegt werden. Die Kriterien, die eine Information zu einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis machen, sollten im Einzelnen benannt werden. Die Rechtsprechung stellt maßgeblich darauf ab, ob durch die Offenbarung von Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen eine nicht unerhebliche Marktverschiebung eintreten würde.
Grundsätzlich ist die Einschränkung des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu begrüßen. Es handelt sich dabei um eine Ausnahme, die in der Vergangenheit zu oft zur Verhinderung von IFG-Ansprüchen herangezogen wurde, auch
wenn sie fernliegend war (vgl. HmbBfDI Tätigkeitsbericht 2010/2011 Kap. 4.1 und
6.3).
7. § 11 TGH-E Ausgestaltung der Veröffentlichungspflicht
Abs. 2 enthält Regelungen zur Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge. Eine Kompetenz
des Landesgesetzgebers ist fraglich.
Absatz 3:
Satz 1 verändert das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG), welches auf einer
Richtlinie basierendes Bundesrecht darstellt.
Satz 2 wird in der Praxis einen Eingriff in Urheberrechte darstellen, für den dem Landesgesetzgeber ebenfalls die Kompetenz fehlt.
Satz 3 enthält Vorgaben für Vertragsverhandlungen. Diese sollten nicht in ein Gesetz
aufgenommen werden.
III. Positiv zu bewertende Neuerungen des TGH-E
Durch die Neuregelung bereinigt der TGH-E einige Regelungen des HmbIFG und sieht sinnvolle Erweiterungen vor.
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1. Abschaffung der Ablehnungsfiktion
§ 7 Abs. 4 HmbIFG enthält eine Ablehnungsfiktion. Danach gilt ein nicht innerhalb der Frist
des § 7 Abs. 1 und 2 HmbIFG beschiedener Antrag als abgelehnt. Antragsteller können dann
aber nicht sofort vor ein Gericht ziehen, weil in der Regel vorher ein Widerspruchsverfahren
durchzuführen ist, für das keine starren Fristen gelten. Wird dieses nicht oder zu langsam
durchgeführt, so kommt allenfalls eine Untätigkeitsklage des Antragstellers in Betracht. Damit kann die Behörde aber nur zum Handeln gezwungen werden, die Information selbst bekommt der Antragsteller dadurch nicht. Eine Beschleunigung kann sich daher nur in den Fällen ergeben, in denen kein Widerspruchsverfahren erforderlich ist. Ferner sind die verwaltungsgerichtlichen Bearbeitungszeiten dergestalt, dass nach unserer Beobachtung eine Antwort der Verwaltung regelmäßig erfolgt, lange bevor das Verwaltungsgericht auch nur eine
erste Reaktion auf die Klage zeigt. Im Ergebnis hat die Ablehnungsfiktion damit ihr avisiertes
Ziel, dem Bürger zu einer schnelleren Entscheidung und schnellerem Rechtsschutz zu verhelfen, nicht erreichen können.
Zudem erscheint es problematisch, wenn eine Regelung das Nichthandeln der Verwaltung
mit einer für den Rechtskreis des Bürgers negativen Auswirkung belegt (sog. negative Fiktion; allgemein zum fiktiven Verwaltungsakt s. Caspar AÖR 2000, S. 130ff). Damit werden die
Bürger faktisch gezwungen, sich gegen eine nicht näher substantiierte Untätigkeit verwaltungsgerichtlich zur Wehr zu setzen. Die Ablehnungsfiktion birgt dazu auch noch Risiken.
Die Ablehnung kann in Bestandskraft erwachsen, wenn der Bürger dagegen nicht rechtzeitig
Widerspruch einlegt, was er mangels Bescheid und mangels Rechtsbehelfsbelehrung vergessen könnte oder schlicht nichts davon weiß. Uns ist ein Urteil bekannt, in dem die Ablehnungsfiktion und ein nicht ausreichender Widerspruch zu einer dauerhaften Versagung der
Information geführt haben (VG Hamburg, Urt. v. 30.11.2011 – 17 K 361/11). Insoweit ist die
Rechtsfigur der negativen Fiktion abzulehnen (Caspar, Informationsfreiheit als Verfassungsgrundrecht – Analyse und Argumente für ein Grundrecht auf staatliche Transparenz, in: Dix
u.a. (Hrsg), Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2011, S. 297, 304).
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass neben Hamburg nur Schleswig-Holstein eine solche Ablehnungsfiktion im Informationsfreiheitsrecht vorgesehen hatte. Beim Erlass des neuen Schleswig-Holsteinischen Informationszugangsgesetzes im Jahr 2011, welches IFG-SH
und UIG-SH zusammenführt, wurde die Ablehnungsfiktion ersatzlos gestrichen.
2. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
Das gegenwärtige Gesetz enthält keine Definition, was als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis einzuordnen ist. Die Gesetzesbegründung verweist auf eine Entscheidung des BVerfG.
Die modifizierte Definition im TGH-E begegnet grundrechtlich keinen Bedenken. Betriebs-
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und Geschäftsgeheimnisse fallen zwar in den Schutzbereich der Berufsfreiheit. In dieses
Grundrecht kann jedoch aufgrund einer verhältnismäßigen gesetzlichen Regelung ohne Weiteres eingegriffen werden. Schon die bisherige Regelung erlaubt die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auch gegen den Willen des Betroffenen, vgl. § 10
HmbIFG. Andere Länderregelungen enthalten ebenfalls erhebliche Einschränkungen des
Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. So gesteht die Berliner Regelung nur
dann Schutz zu, wenn ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt und durch dessen Offenbarung dem Vertragspartner ein wesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen würde
(siehe dazu unten unter IV.2.).
Im Übrigen bleibt hinzuzufügen, dass die Definition in § 7 TGH-E gar nicht notwendigerweise
enger ist, als die des BVerfG, da erstere zum Beispiel nicht die Anforderung enthält, dass bei
Kenntnis des Betriebs- und Geschäftsgeheimnis die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens bestimmt werden können. Eine klarere Definition, wie sie durch den Zusatz, dass
durch die Weitergabe ein Schaden entstehen könnte, ist wünschenswert. Die momentane
Gesetzeslage führt dazu, dass häufig bei unternehmensbezogenen Daten vorgetragen wird,
es handele sich um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis und diese Einschätzung von der
auskunftspflichtigen Stelle geteilt wird (vgl. HmbBfDI Tätigkeitsbericht 2010/2011 Kap. 4.1
und 6.3).
Gegen eine engere Definition könnte eingewandt werden, dass dies zu einer Offenbarung
nach dem TGH-E führen könnte, obwohl die Information nach anderen Vorschriften als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis geschützt ist und ihre Offenbarung eventuell sogar unter
Strafe steht. Dem ist zu entgegnen, dass Strafvorschriften lediglich die „unbefugte“ Offenbarung derartiger Informationen pönalisieren. Eine zwingende Regelung im TGH-E führt jedoch
dazu, dass die Offenbarung nicht unbefugt ist und somit auch nicht bestraft werden kann.
Die Vorgabe in § 7 Abs. 2 Satz 2 TGH-E, dass bei Vorliegen von Anhaltspunkten für eine
strafbare Handlung das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt, ist erforderlich. In
der wettbewerbsrechtlichen Literatur wird die Ansicht vertreten, dass rechtswidrige Geschäftspraktiken als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis geschützt sein können (Mayer,
GRUR 2011, 884 ff. m.w.N.). Dieser Ansicht hat sich in Teilen sogar die Rechtsprechung
angeschlossen (OVG Schleswig, Beschluss v. 22.6.2005 – 4 LB 30/04; VG Frankfurt/a.M.,
Urteil v. 12.3.2008 – 7 E 5426/06). Wenn Verstöße gegen geltendes Recht als Geschäftspraktiken geschützt werden, führt dies zu einer Rechtsordnung, die sich selbst nicht
ernst nimmt und im Ergebnis abschafft. Wir haben daher bereits in unserem letzten Tätigkeitsbericht den Ausschluss rechtswidriger Praktiken aus dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gefordert (HmbBfDI, TB HmbIFG 2010/2011, 6.3). Der TGH-E kommt
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dem nun etwas entgegen, indem in solchen Fällen wenigstens die Abwägung zugunsten der
Offenbarung ausfallen soll.
3. Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung
Der TGH-E enthält nicht mehr die Regelung des § 9 Abs. 4 HmbIFG, der die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung des Senats und damit den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung schützt. Das Fehlen einer solchen Ausnahme ist allerdings unschädlich. Zahlreiche Länder-IFGe (Bremen, Rheinland-Pfalz, das Saarland sowie Thüringen) und das des
Bundes enthalten keine solchen Ausnahmen. Im Ergebnis ergibt sich in diesen Fällen der
Schutz unmittelbar aus der Verfassung, eine Schutzlücke entsteht nicht (siehe dazu Schnabel/Freund, DÖV 5/2012 i.E.). Da sich der Schutz „nur“ noch aus der Verfassung ergibt, ist er
auf das unabdingbare Maß reduziert und kommt der Informationsfreiheit soweit entgegen,
wie es verfassungsrechtlich zulässig ist.
4. Vertragliche Vereinbarungen
Es ließe sich kritisieren, dass die Regelungen des Transparenzgesetzes die Möglichkeit entfallen lassen, vertraglich Stillschweigen zu vereinbaren, was als Verlust von Verhandlungsmasse angesehen werden könnte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass
es bereits nach geltendem Recht unzulässig ist, in Verträgen mit Dritten Ansprüche aus dem
Informationsfreiheitsgesetz abzubedingen. Soweit dies geschieht, sind entsprechende Vereinbarungen nach § 134 BGB nichtig (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 17.5.2011 – 13 K 3505/09,
Rn. 70).
IV. Regelungen in anderen Bundesländern
In anderen Bundesländern und zum Teil auch im Bund existieren bereits Regelungen für
Veröffentlichungspflichten (1.) und auch für einen stark eingeschränkten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (2.).
1. Veröffentlichungspflichten
§ 3 Abs. 1 TGH-E zählt eine Reihe von typisierten Informationen auf und endet mit dem Zusatz „sowie alle weiteren Informationen von öffentlichem Interesse.“
§ 11 IFG-Bund regelt ebenfalls eine Informationspflicht. Auch diese Norm zählt einige typische Informationen auf und endet mit dem Zusatz „sowie weitere geeignete Informationen“
(§ 11 Abs. 3 IFG-Bund). Dem entspricht die Regelung in Sachsen-Anhalt (§ 11 IZG LSA). Im
Gegensatz zur Regelung, die im Transparenzgesetz vorgesehen ist, werden dort jedoch keine personenbezogenen Daten veröffentlicht. Ein konsequenter Schutz ergibt sich hieraus
allerdings nicht, da die Mitarbeiterdaten auf Antrag herauszugeben sind (vgl. § 5 Abs. 4 IFG-
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Bund). Verfassungsrechtliche Bedenken sind hiergegen, soweit ersichtlich, nicht vorgebracht
worden. Die juristische Fachliteratur weist darauf hin, dass dies nur bedeutet, dass personenbezogene Informationen nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegen. Die Verwaltung
dürfe personenbezogene Daten aber trotzdem veröffentlichen, da der Datenschutz nach § 5
Abs. 4 IFG-Bund für amtliche Kontaktdaten entsprechend eingeschränkt ist (Schoch, IFG,
2009, § 11, Rn. 31).
Da das erste Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz ein Verweisgesetz war, galt die oben
dargestellte Rechtslage bis zum Erlass des jetzigen HmbIFG 2009 auch für Hamburg.
§ 17 Abs. 1 BerlIFG enthält ebenfalls eine Veröffentlichungspflicht und zählt diverse Pläne
auf, die dieser Veröffentlichungspflicht unterliegen. Auch diese Regelung enthält eine Öffnungsklausel: „…und vergleichbare Pläne sind zu veröffentlichen.“
§ 11 BremIFG enthält die weiteste bekannte Regelung zur Veröffentlichungspflicht. Danach
sind aufgezählte Verzeichnisse zu veröffentlichen „sowie weitere geeignete Informationen
ohne Angabe von personenbezogenen Daten“. § 11 Abs. 4 Satz 2 BremIFG lautet: „Weitere
geeignete Informationen sind insbesondere Handlungsempfehlungen, Statistiken, Gutachten,
Berichte…“.
2. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
§ 7 TGH-E schränkt den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen stark ein. Auch
diesen Weg sind andere Länder in ihren jeweiligen Informationsfreiheitsgesetzen bereits
gegangen.
Nach § 7 Satz 2 BerlIFG ist die Berufung auf das Vorliegen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses ausgeschlossen, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafbaren
Handlung bestehen. § 7a BerlIFG enthält Sonderregelungen für Verträge, die die Bereiche
Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung, öffentlicher Nahverkehr, Energieversorgung und Krankenhauswesen betreffen. Ein Schutz besteht nur hinsichtlich solcher
Vertragsbestandteile, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten und durch deren
Offenbarung dem Vertragspartner ein wesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Selbst dann kann das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen. Die Argumentationslast trägt nach § 7a Abs. 2 BerlIFG der private Vertragspartner.
Nach § 6a BremIFG sind „Verträge der Daseinsvorsorge“ grundsätzlich offenzulegen, wenn
der oder die Betroffene im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder wenn der oder dem Betroffenen durch die Offenbarung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse kein wesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen
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würde. Auch hier werden die Anforderungen an den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erhöht und mit dem Erfordernis eines wesentlichen wirtschaftlichen Schadens
verknüpft.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der TGH-E die Informationsfreiheit mit Bezug
auf das Informationsregister qualitativ weiterentwickelt und mit Blick auf die gesetzlichen
Weiterungen das antragsabhängige Informationsbegehren auf eine tragfähigere Grundlage
stellt.
V. Fazit
Der rechtssystematische Vergleich mit den Regelungen anderer Bundesländer und des
Bundes zeigt, dass Hamburg mit dem TGH-E nicht etwa Neuland betritt, sondern sich auf
einen Weg begeben würde, den andere Länder im Grundsatz bereits eingeschlagen haben.
Die Vorschläge des Gesetzentwurfs der Initiative sind durchaus geeignet, die Transparenz
der Hamburgischen Verwaltung wesentlich zu stärken und damit demokratische Prozesse
künftig zu optimieren.
Die in dieser Stellungnahme angeführten Defizite sprechen danach nicht gegen eine Umsetzung des Entwurfs zum Transparenzgesetz, soweit diese im Verlauf des Verfahrens ausgeräumt werden.
Für weitere Informationen und Beratungen stehen wir gern zur Verfügung. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, den derzeitigen Entwurf den datenschutzrechtlichen Anforderungen
sowie dem grundrechtlichen Schutz der informationellen Selbstbestimmung von Bürgerinnen
und Bürgern anzupassen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Johannes Caspar