THS Newsletter 13 - Theodor-Heuss
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THS Newsletter 13 - Theodor-Heuss
THS Newsletter Informationen der Theodor-Heuss-Schule für Schüler, Eltern, Lehrkräfte und Ausbildungsbetriebe Mai 2010 • Ausgabe 13 In diesem Heft: Schule, Schüler und Projekte – Bunter Schulalltag auf dem Boden der Realität Schutzgebühr: Schüler 1,00 Euro, Lehrkräfte 2,00 Euro 125 JAHRE Theodor-Heuss-Schule Berufliche Schulen der Stadt Offenbach für Wirtschaft und Gesundheit THS Newsletter Inhaltsverzeichnis Liebe Leserinnen, liebe Leser, Editorial 2 Schülervertretung zieht Zwischenbilanz 3 Erkenntnisse für die Zukunft 4 »Trau Dich zu verstehen« 5 Schüler & Projekte 6 Von der Auflösung der Privatsphäre 8 Kreativ-Ecke 9 Ein großes Plus in der Bewerbungsmappe 10 Projekte & Events 11 Eine harte Schule 12 Wahre Bildung oder Ware Bildung? 14 Wenn das »Wir« zur Chance wird. 15 Hilfe! Hilfe! Hilfe! Wenn Ihnen der THS-Newsletter gefällt, sind Sie herzlich eingeladen, dieses Schulprojekt mit einer Spende an den THS-Förderverein zu unterstützen (Kennwort »THS-Newsletter«, Städtische Sparkasse Offenbach, Konto 8110875, BLZ 505 500 20). Sie erhalten nach Betragseingang eine Spendenquittung. Auch über Ihre Geschäftsanzeige freuen wir uns. Die Anzeigenpreise: 1/8-Seite 50,00 €, 1/4-Seite 100,00 €, 1/2-Seite 200,00 €, 1/1 Seite 400,00 €. Weitere Informationen: [email protected] 2 • THS Newsletter 13 • Mai 2010 zunächst möchte ich mich ganz herzlich beim Redaktionsteam und der Schulleitung dafür bedanken, dass ich als erste Schülerin im Namen der SV das Vorwort des THS Newsletter verfassen darf. Diese Ausgabe steht unter dem Motto »Schulprojekte von Schülern und für Schüler«. Deshalb finden Sie auf Seite 3 dieses Newsletters die Ergebnisse unserer SVUmfrage. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, meiner SV-Kollegin Natalie Arheilger aus dem beruflichen Gymnasium der Jahrgangsstufe 12 und den Schülerinnen und Schülern der Fachoberschulklasse 11Aa für ihre tatkräftige Unterstützung zu danken. Besonders die zeitintensive Auswertung der Umfrage wäre ohne deren Hilfe nicht denkbar gewesen. Ans Herz legen möchte ich Ihnen auch den Bericht über die Ergebnisse einer weiteren Umfrage, die im Nachgang zur Projektwoche mit dem Titel »Die Shoa – Was geht uns das noch an?« entstand. (S. 4). Repräsentativ für »Projekte von Schülern für Schüler« empfinde ich auch die Arbeit der Ausbildungslotsen im Rahmen des »JUMINA-Projektes« (S. 11). Ich bin davon überzeugt, dass das ehrenamtliche Engagement der Schüler dazu beitragen wird, dass viele Schülerinnen und Schüler mit dieser Unterstützung positive Perspektiven für ihren weiteren Werdegang erwerben. Die richtige Bewerbung ist für uns Schüler ein wichtiger Baustein, um nach dem Schulabschluss die Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu verbessern. Eine hilfreiche Unterstützung im Bereich des Überganges von der Schule in die Welt der Ausbildung erhielten auch die Fachoberschüler der Klassen FW1Aa und FW1Ak. Sie besuchten die Fachhochschule in Frankfurt und wurden ausführlich über ausgewählte Studiengänge informiert (S. 7). Ich finde es sehr wichtig, dass unsere Schule sich intensiv Gedanken darüber macht, was uns nach dem Schulabschluss erwartet. Damit zeigen die THS-Lehrerinnen und Lehrer, dass sie neben Abschlüssen auch Anschlüsse realisieren. Dazu gehört auch das Projekt zur muttersprachlichen Sprachstandserhebung (S. 10). Auch Aktivitäten wie die schulische Seelsorge (S. 15), der Schülerberatung, unsere diesjährige Projektwoche, der Kreativ-SchreibWorkshop (S. 9) und die regelmäßige Teilnahme am FRiSCH-Projekt (S. 8) zeigen das Bestreben der THS, auf die Sorgen und Interessen von uns Schülern einzugehen und unsere Talente so gut es geht zu fördern. Für dieses Engagement möchte ich mich im Namen der SV bei allen Lehrerinnen und Lehrern bedanken. Nun habe ich noch eine Bitte an Sie/an Euch: Wie in jedem Jahr findet auch dieses Jahr wieder (voraussichtlich im Juni) unser Sommerfest statt. Wir freuen uns über jede helfende Hand, die uns gereicht wird, denn das ist unser Schulfest und wir sollten es auch zusammen gestalten. Falls Sie/ihr Interesse haben/habt, unser Fest mitzugestalten, dann sprecht bitte unsere Vertrauenslehrer Herrn Mühlhaus oder Herrn Falcione an. Ich wünsche Ihnen/Euch viel Spaß beim Lesen! Ihre/Eure Larisa Pomeranets Stellvertretende Schulsprecherin sponsored by Impressum: »THS Newsletter« erscheint 2 x pro Jahr und ist der aktuelle Newsletter der Theodor-Heuss-Schule für Schüler, Eltern, Ausbildungsbetriebe und Lehrkräfte. Konzeption: Helmut Müssemann. Verantwortlich für den Inhalt: Stefan Falcione, Helmut Müssemann. Redaktionsteam: Gudrun Bayer, Stefan Falcione, Helmut Müssemann. Gesamtverantwortung: H. Kößler, Schulleiter. Gestaltung: arcus design & verlag oHG, 56814 Fankel/Mosel. www.arcusdesigns.de Herausgeber: Theodor-Heuss-Schule, Buchhügelallee 86, D-63071 Offenbach, Tel. 069 - 8065 2435, Fax 8065 3192. www.ths.schulenoffenbach.de Die SV informiert Schülervertretung zieht Zwischenbilanz SV-Umfrage zeigt Entwicklungsbedarf auf • Appell an Mitverantwortung Von Larisa Pomeranets und Natalie Arheilger Im September des letzten Jahres wurden wir für das Schuljahr 2009/10 in die Schülervertretung gewählt. Um uns in einer so großen Schule zu orientieren, war es für uns wichtig, uns einen Überblick über Eure Wahrnehmung der Schule zu verschaffen. Deshalb hatten wir die Idee einer großen SV-Umfrage, um die Stärken und Schwächen unserer Schule aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler aufzuzeigen. Wir wollen damit erreichen, dass Eure Interessen bei der Entwicklung der Schule berücksichtigt werden. Die Bearbeitung und Auswertung der 845 Fragebögen war allerdings ziemlich komplex und zeitaufwändig. In diesem Kontext möchten wir uns bei der Klasse FW1 Aa bedanken, die uns bei der Erstellung einer Auswertungsmaske sowie der Auswertung der Antworten sehr geholfen hat. Plenum für Klassensprecher Nachdem wir alle Fragebögen ausgewertet hatten, beriefen wir ein Plenum für alle Klassensprecherinnen und Klassensprecher sowie deren Vertreter ein, um die Ergebnisse vorzustellen. Auf diesem Plenum wurden weitere Vorschläge gemacht, was wir in der Schule noch verbessern können. Wir hoffen nun, dass die Klassensprecherinnen und Klassensprecher die Ergebnisse der Auswertung in ihren Klassen thematisieren und darüber diskutieren werden. Die PowerPoint-Präsentation zur Auswertung der Fragebögen kann jederzeit bei uns eingesehen werden, bzw. können wir sie Euch auf Wunsch per Mail senden. Bitte wendet Euch an Natalie Arheilger. Ihre E- Mail – Adresse lautet: [email protected] Schulleitung zeigte sich sehr kooperativ Direkt nach dem Plenum stellten wir dann die Ergebnisse auch der Schulleitung vor. Unser Schulleiter, Herr Kößler, und seine Stellvertreterin, Frau Steinmeyer, zeigten sich in den Gesprächen sehr offen und kooperativ. Sie verwiesen uns aber auch darauf, dass viele von Euch bemängelte Missstände gegenwärtig nicht behoben werden können, (z. B. die zu kleine Pausenhalle, fehlende PCArbeitsplätze, eine Mediothek, warmes Mittagessen etc.), weil der Schulträger wiederholt auf den geplanten Neubau verweist, der im Jahre 2011 auf dem Buchhügel gebaut werden soll. Das bedeutet, dass die Stadt kein Geld mehr ausgeben möchte, weil man davon ausgeht, dass sich diese Missstände mit dem Erweiterungsbau erübrigt haben. (Ein Artikel darüber erschien am 20. 3. 2010 in der Offenbach Post und Frankfurter Rundschau, siehe auch eine Kurzinformation dazu auf Seite 4.) Aus der Umfrage ergab sich, dass viele Schülerinnen und Schüler die Toiletten eher als mangelhaft empfinden. Die Anbringung von Falthandtuchspendern für Papierhandtücher, Seife, größeren auffälligen Mülleimern in den Toiletten, und ggf. eine zweite Putzschicht, die dafür sorgen soll, dass unsere Toiletten auch nach 10:00 Uhr noch angemessen benutzbar sind, wurden uns versprochen. Wir hoffen jetzt, dass die Schulleitung das umsetzt, was Ihr bemängelt habt. müssten diese zugesagten Maßnahmen wieder revidiert werden. Wir präsentierten Eure Ergebnisse auch dem »Tasty-Theo-Team«, da sich einige Fragen aus der Umfrage auch auf den Service und das Angebot des Kiosk, der Cafeteria, den Bioladen und die so genannte Office-Abteilung (Büroartikel, Lager, Automaten) bezogen. Eure Kritik wird von dem »Tasty-Theo-Team« überdacht und vielleicht werden einige Eurer Wünsche umgesetzt. Bemängelt wurden vor allem die manchmal langen Wartezeiten. Appell an Eure Mitarbeit Eure SV In diesem Zusammenhang bitten wir Euch daran mitzuwirken, dass unsere Schule und besonders die Toiletten nicht mehr allzu verdreckt werden. Bitte werft die Papierhandtücher nicht auf den Boden, ansonsten Larisa Pomeranets Stellvertretende Schulsprecherin Beitrag zur Entwicklung unserer Schule Wir hoffen, dass wir in Eurem Namen einen Beitrag zur Entwicklung unserer Schule leisten konnten. Wir werden uns auch weiterhin für Eure Belange stark machen und alles dafür tun, dass Ihr Euch an der THS wohl fühlen könnt. Natalie Arheilger SV-Vorstand THS Newsletter 13 • Mai 2010 • 3 THS Newsletter Erkenntnisse für die Zukunft THS oche ktw e j Pro 2010 THS-Schüler besuchten das Jüdische Museum und die Anne-Frank-Begegnungsstätte Offenbach Post 12. 2. 2010 Es gibt die leichten, die entspannenden Themen, wenn schulische Projektwochen mit Inhalten gefüllt werden wollen. Und es gibt Themen wie das, für das sich die Fachoberschulklasse FWA1Aa der Theodor-Heuss-Schule Ende Januar entschieden hatte. Die Woche stand unter dem Projekttitel: »Die Shoa - Was geht uns das noch an?« * Ein »komplexes wie beschwerliches Thema«, wie Klassenlehrer Stefan Falcione berichtet. Und eins, zu dem tiefe Zusammenhänge erarbeitet werden wollen. Kern des Programms: Spurensuche im Jüdischen Museum und in der Anne-Frank-Begegnungsstatte, beide in Frankfurt. Falcione und die Schülerinnen Michelle Brettmacher und Larisa Pomerantes haben eine Bilanz gezogen. Keine leichte Materie für eine Projektwoche: das Jüdische Museum in Frankfurt. Die Theodor-HeussSchüler durchforschten es. Im Anschluss an die Projektarbeit entstand ein hoch interessantes Folgeprojekt (siehe Seite 9). Mit der Geschichte konfrontiert Vielen sei deutlich geworden, »dass die Vergangenheit eine große Bedeutung für die Ge- genwart und damit auch für unsere Zukunft hat, weil aktuelle Konflikte, wie der im Nahen Osten, auch etwas mit der Geschichte Deutschlands zu tun haben. Dass viele Juden während des Nationalsozialismus in das heutige Israel flohen und Deutschland als Rechtsnachfolger des Dritten Reiches eine nicht nur moralische Verantwortung für den Staat Israel empfindet, war für die meisten Schüler keine alltägliche Erkenntnis.« Aber auch weiter zurückliegende historische Zusammenhänge wurden dank der Museumsführerin Barbara Rubert thematisiert. Sie erklärte die wichtigsten Stationen der Emanzipation und Assimilation der deutschen, vor allem der Frankfurter Juden. Viele von ihnen hatten wegen ihres Glaubens schon im Mittelalter nicht in die Zünfte eintreten dürfen und sich deshalb oft mit Waren- und Geldhandel beschäftigt. Das führte dazu, dass einige zu wohlhabenden Kaufleuten oder Bankiers wurden. Viele Rechte wurden ihnen allerdings verwehrt, obwohl die Entwicklung Frankfurts auch und vor allem großzügigen jüdischen Spendern zu verdanken ist. Nur schwer nachvollziehbar Das Interesse der Klasse für das Thema war kein Zufall. »Da wir in den Weihnachtsferien für den Deutschunterricht den Roman ›Der Vorleser‹ von Bernhard Schlink gelesen hatten und ihn nach der Projektwoche im Unterricht bearbeiteten, hatten wir uns schon im Dezember auf den Projektschwerpunkt geeinigt. Für uns ist heute nur schwer nachvollziehbar, wie so etwas geschehen konnte. Besonders unverständlich erscheint uns, dass so viele Menschen nichts gegen die Massenvernichtung der Juden unternommen haben. Auch das wird zu besprechen sein, wenn die Klasse das Thema weiterverfolgt. Aus diesem Projekt ergab sich kurz später ein Folgeprojekt (siehe Beitrag rechts). * »Holocaust« kommt aus dem Griechischen und steht für »vollständig Verbranntes«. »Schoah/Shoa« kommt aus dem Hebräischen und bedeutet »Unheil« oder »große Katastrophe«. Damit bezeichnet man heute den Völkermord an mindestens 5,6 bis 6,3 Millionen Menschen, die das nationalsozialistische Regime als Juden definierte. Die massenhafte Ermordung der Juden in Europa, heute meist Holocaust genannt, gilt als historisch einzigartiges Verbrechen, da die deutschen Nationalsozialisten nicht nur deutsche Bürger jüdischen Glaubens verfolgten, sondern während ihrer Herrschaft Juden in fast ganz Europa systematisch verfolgten und mit industriellen Methoden ermordeten. Quelle: Wikipedia 4 • THS Newsletter 13 • Mai 2010 Schüler & Projekte »Trau dich zu verstehen« Umfrage zum Zusammenleben mit jüdischen Mitbürgern und den Ursachen des Nahost-Konflikts zeigt Aufklärungsbedarf Tamara Vollmer, Hajar El – Arbouni für die Fachoberschule der FW 1 Aa Im Rahmen unserer Projektwoche im Januar 2010 besuchten wir unter anderem das Jüdische Museum in Frankfurt. Der von uns verfasste Artikel, in dem die Frage nach der Bedeutung der Shoa für die heutige Generation im Mittelpunkt stand, erschien unter dem Titel »Erkenntnisse für die Zukunft« am 12. Februar 2010 in der »Offenbach Post«. Herr Buchholz, Mitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, wurde auf den Artikel aufmerksam und kontaktierte unseren Klassenlehrer Stefan Falcione. Da die Gesellschaft anlässlich ihres 60. Jubiläums in diesem Jahr eine Broschüre herausbringen will, in der verschiedene Aspekte zum Verhältnis der beiden Religionen thematisiert werden, vereinbarten Herr Buchholz und Herr Falcione, dass wir einen Beitrag zum Thema »Die Shoa – Was geht uns das noch an?« für diese Ausgabe schreiben könnten. Herr Buchholz war daraufhin Gast im Unterricht und nahm an einer Präsentation zum Thema »Die Bedeutung des Reichskonkordats für den NS-Staat« teil. Im Verlaufe des nachfolgenden Unterrichtsgespräches zum Thema Vorurteile/Stereotypen kamen wir zu der Überzeugung, dass eine Umfrage zum Thema Antisemitismus in der Schule eine interessante Informationsquelle wäre. Daraus könne man erkennen, welche Vorurteile gegenüber Juden/Minderheiten in der Gesellschaft noch heute virulent sind. Umfrage »Die Shoa – Was geht uns das noch an?« Wir entwickelten einen Fragebogen mit 16 Fragen, repräsentativ befragt wurden 146 Schüler/innen der THS. Die Befragten besuchen das berufliche Gymnasium der 12. und 13. sowie die Fachoberschule der 11. und 12. Jahrgangsstufe. Der Auswertung ist zu entnehmen, dass fast die Hälfte (46%) der befragten Schüler weder Kontakt zu Juden haben, noch Juden kennen. Wir fragten auch, ob die Befragten die Anrede »Du Jude« schon einmal gehört bzw. benutzt hätten. 69% der Befragten hat diese abwertende Form der Anrede schon einmal gebraucht oder gehört. Auffällig ist, dass dies zu 32% auf dem Schulhof geschieht. Auf die Frage, welche Ursachen dem zugrunde liegen könnten, wurden als Motiv Gedankenlosigkeit (48%) oder Ärger (38%) angeführt. Daraus lässt sich entnehmen, dass antisemitische Vorurteile in der Gesellschaft noch sehr weit verbreitet sind. Auf die Frage, ob sich die Shoa wiederholen könnte, antworte- ten 41% mit »Nein« und 37% mit »Vielleicht«. Demnach ist es so, dass viele junge Menschen, die »Jude« als Schimpfwort benutzen, auch die Meinung vertreten, dass sich die Shoa nicht wiederholen könne. Dieser Widerspruch ist wohl auf die mangelnde Aufklärung über die Shoa und die Bedeutung von Vorurteilen zurückzuführen. Ansonsten würden sich viele junge Menschen nicht so gedankenlos und abwertend über Minderheiten äußern. Ein Indiz für diese Interpretation ist, dass fast die Hälfte (49%) der Befragten Aufklärung als wichtig empfindet. Einen weitereren Hinweis für diese Auslegung fanden wir bei den Antworten zu der Frage, ob die deutsche Geschichte etwas mit dem Nahost-Konflikt zu tun haben könnte. 31% der Befragten finden, dass dieser Konflikt etwas mit der deutschen Geschichte zu tun hat. 39% finden dies aber nicht und 30% sehen nur teilweise eine Verbindung. Mehr Aufklärung nötig Augenscheinlich sehen viele Schüler/innen keinen oder nur einen kleinen Zusammenhang zwischen der Judenverfolgung während der NS–Zeit, also einem wesentlichen Teil der jüngeren deutschen Geschichte, und dem Nahost–Konflikt. Es wird von vielen Schülern nicht gesehen, dass viele Juden, die damals in Deutschland und in den von den Nazis besetzten Gebieten lebten, in den Nahen Osten flohen. Das war ein Grund für den sich schon abzeichnenden Konflikt um das damalige Land Palästina – ursprünglich ausgelöst durch die BalfourDeklaration. Auch die letzte Frage bestätigte diese Analyse. Auf die Frage, ob wir als Rechtsnachfolger des »Ditten Reiches« eine besondere Verantwortung gegenüber Israel haben könnten, beantworteten 53% der Befragten mit »Nein«. 26% sehen eine Teilverantwortung und nur 21% der Befragten unterstützen die Leitlinie deutscher Außenpolitik. Wir sind der Meinung, dass diese Umfrage aufzeigt, dass noch viel Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Ursachen für die Shoa, aber auch über die Ursachen des Nahost-Konfliktes, hier besonders den Teil, der Deutschland betrifft, geleistet werden muss. Auch der Themenkreis »Entstehung und Bedeutung von Vorurteilen« sollte im Unterricht stärker thematisiert werden. Dies erscheint uns vor dem Hintergrund, dass es bald keine Überlebenden des NS–Terrorregimes mehr geben wird, als eine zeitlose Aufgabe, damit sich so etwas niemals wiederholen kann. THS Newsletter 13 • Mai 2010 • 5 THS Newsletter Engagement für »fairen Preis« THS oche ktw e j Pro 2010 THS-Schüler beschäftigen sich mit Entwicklungspolitik Von Alina Sajjad und Aftab Ahmad (HH) Deutschland unterstützt viele Entwicklungsländer in der Welt. Dies geschieht durch technische, finanzielle und humanitäre Unterstützung in Form vieler Projekte. In der Projektwoche haben wir uns mit Natalie Arheiliger (BG 12) und unserem Projektleiter Herrn Guth im Projekt »Entwicklungshilfe« ausführlich über diese Hilfe allgemein und konkret vor Ort informiert. Der »Faire Handel« war dabei ein Schwerpunkt. Fairer Handel bedeutet, dass Geschäfte Produkte verkaufen, die überwiegend in Entwicklungsländern produziert werden: zum Beispiel handgewebte Teppiche, handbemalte Dekorationsartikel, hochwertige Schals, Taschen und Kaffee. Diese Artikel werden meistens so billig verkauft, dass die Hersteller in dem jeweiligen Land nicht das Geld erhalten, das ihnen zustehen würde (siehe Grafik). Das ist ein wesentlicher Grund, warum so viel Armut in vielen Entwicklungsländern existiert. Fair handeln bedeutet also, dass die Hersteller den Verdienst be- THS-Schüler sammelten für Haiti Einige Schülerinnen und Schüler nutzen die Projektwoche, um eine Spendenaktion für Haiti ins Leben zu rufen. Die Foto-Projektgruppe bereitete an drei Tagen der Projektwoche die Aktion vor und führte am Donnerstag eine Aktion auf dem Marktplatz in Offenbach durch, bei der sie Passanten ansprachen und sie um Spenden baten. Von jedem, der etwas gab, machten sie ein Bild, das später auf der THS Internetseite publiziert wurde. Die Haiti-Aktion wurde im März auch vom THS Schulkiosk unterstützt, die den Bistro- und Office-ShopUmsatz eines ganzen Tages für die Haiti-Hilfe spendete. Insgesamt kamen aus beiden Projekten mehr als 500 Euro zusammen. 6 • THS Newsletter 13 • Mai 2010 kommen, der ihnen zusteht, ohne dass Zwischenhändler mitverdienen, da diese die Preise für die Hersteller drücken. Würden die Produzenten gerechtere Preise für ihre Produkte erhalten, könnten die Lebensbedingungen nachhaltig verbessert werden. Wir haben auch den »Weltladen Bornheim« in Frankfurt besucht. Dort gibt es viele schöne und nützliche Gegenstände, die aus Entwicklungsländern kommen. In diesem Vertrieb sind keine Zwischenhändler involviert, was bedeutet, dass die Hersteller einen gerechten Lohn für ihre Produkte erhalten. Wir haben neben vielen Erkenntnissen in diesem Projekt auch gelernt, dass jeder Bürger dieses Landes mit einem kleinen Beitrag im Alltag unsere Welt ein wenig gerechter machen kann. Denn Gerechtigkeit schafft Frieden! TALENTE GESUCHT Für das Sommerfest werden Talente gesucht Wir planen zurzeit das Sommerfest, das wieder im Juni stattfinden soll. Neben dem traditionellen Fußball- und Volleyball- turnier werden wir auch wieder eine Tombola mit attraktiven Preisen organisieren. Wir hoffen, dass Ihr das Fest tatkräftig unterstützt und uns bei der Organisation nicht alleine lasst. Wir wünschen uns, dass auch Schülerinnen und Schüler, die keinen Sport treiben, sich an dem Rahmenprogramm des Festes beteiligen. Ihr könnt Stände aufbauen, Utensilien verkaufen, Eure musikalischen und tänzerischen Talente vor Publikum aufführen etc. Ihr könnt Euch schon jetzt bei uns oder den Vertrauenslehrern Herrn Falcione oder Herrn Mühlhaus anmelden. Wir werden Euch dann im Mai über den Termin und die konkrete Planung für das Sommerfest unterrichten. Eure SV Larisa Pomeranets, stellvertretende Schulsprecherin Natalie Arheilger, SV-Vorstand Schüler & Projekte »Volkstanz liegt uns allen einfach im Blut« Iranisches Neujahrsfest »Nourouz« in der THS Von Veronika Szeherova Das Jahr 1389 hat gerade begonnen, möge es ein glückliches Jahr werden! Nein, es geht hier nicht um eine Zeitreise in die Vergangenheit. Nach dem persischen Kalender läuft die Zeitrechnung anders. Es wurde »Nouruz« gefeiert, der Beginn des neuen Jahres bei den Iranern, Kurden und Afghanen. Er fällt in etwa mit unserem kalendarischen Frühlingsanfang am 20. März zusammen. Kooperation mit FH Frankfurt THS-Schüler sollen besser auf ein Studium vorbereitet werden Von Meltem Uhra Özlü und Esra Djamaledin (FW1Aa) Am 10. Dezember 2009 besuchten die Fachoberschulklassen FW1Aa und interessierte Schüler aus der FW1Ak der Jahrgangsstufe 11 die Fachhochschule (FH) in Frankfurt. Klassenlehrer Stefan Falcione führte diesen Unterrichtsgang zum wiederholten Male durch. Diese Tradition ergibt sich aus der Tatsache, dass viele Absolventen der THS nach dem Abitur die FH in Frankfurt besuchen. Sie sind interessierte Schüler unserer Schule - mithilfe einer Diplompädagogin und Studierenden der FH – im letzten Schuljahr in der FOS oder im BG und im ersten Semester ihres Studiums – vorbereitet beziehungsweise begleitet und beraten. Unsere Schule hofft mit diesem Projekt dazu beizutragen, die Quote der Studienabbrecher reduzieren zu können. Wir finden: Weiter so! aber häufig nicht gut auf ein Studium vorbereitet. Dies führt oft zu einer falschen Studienwahl und damit zu einem Abbruch des Studiums schon oft während der ersten beiden Semester. Die THS wird zu Beginn des nächsten Schuljahres eine Kooperationsvereinbarung mit der FH Frankfurt umsetzen, damit wir uns besser auf ein Studium vorbereiten können. Diese Vereinbarung beinhaltet ein Projekt mit dem Titel »Chancen bilden«. In diesem werden Den ausführlichen Bericht und weitergehende Informationen findet Ihr auf unserer Homepage unter »News Archiv/Dezember 2009«. Unter den dort aufgeführten Links findet Ihr auch: • eine Übersicht mit der Vorstellung des Studiengangs Betriebswirtschaft und • einen Link zur Webpage der FH Frankfurt. Marjan Bafaiz (links), Asra Barakzai (rechts) und viele weitere aus Afghanistan und dem Iran stammende Schüler der THS feierten das Neujahrsfest »Nouruz«: übersetzt »Neuer Tag«. Auch afghanische und iranische Schüler der Theodor-Heuss-Schule begingen das Neujahrsfest. Die Schulaula platzte dabei aus allen Nähten. »Die Jugendlichen haben den Vorschlag, hier gemeinsam dieses Fest zu feiern, sehr gut angenommen«, freut sich Schul-Sozialarbeiter Matthias Eckhardt, der die Jugendlichen bei den Vorbereitungen zusammen mit Dr. Nadjib Scharifi, dem Migrationsberater der Schule, unterstützte. Ergebnis war eine einstündige orientalische Party. Die jungen Leute zeigten traditionelle Tänze in Folklorekleidern, spielten landestypische Musik und lasen zweisprachige Gedichte zum neuen Jahr vor. Ein Buffet mit gefüllten Teigtaschen und anderen Köstlichkeiten, eigens zubereitet von Schülern und EItern, durfte auch nicht fehlen. Asra Barakzai war Moderatorin der Veranstaltung. Die Afghanin ist in Deutschland aufgewachsen und besucht derzeit die 11. Klasse der Theodor-Heuss-Schule. Mit der ganzen Familie hatte sie schon zuvor am Wochenende gefeiert. Bei der Veranstaltung in der THS führte sie mit drei Mitschülerinnen einen Volkstanz auf. »Viel üben mussten wir ja nicht, das liegt uns Afghanen im Blut«, schmunzelte die 17-jährige und machte gleichzeitig klar, dass die deutsche Silvesterfete für sie ebenso wichtig ist. Das bestätigte auch Hassein Nasseri. Der gebürtige Iraner genießt es, gleich doppelt zu feiern. »Das gibt auch zweimal Geschenke«, sagte er lächelnd. Und freute sich auf die kommenden zwei Wochen: »Es steigen einige Neujahrpartys in Frankfurt und Offenbach.« THS Newsletter 13 • Mai 2010 • 7 THS Newsletter Von der Auflösung der Privatsphäre Welche Gefahren beim unbedachten Gebrauch von virtuellen Plattformen im Internet entstehen können Von Tugba Diker Das Projekt »FRiSCH« (Frankfurter Rundschau in der Schule) findet jährlich statt und ist eine Initiative der Frankfurter Rundschau. Während der dreimonatigen Projektzeit erhalten die beteiligten Schüler/innen jeden Tag – auch in den Ferien – kostenfrei eine aktuelle Ausgabe der Zeitung. Vor dem Projektstart suchen sich die beteiligten Schüler/innen ein aktuelles Thema im Bereich Politik und Wirtschaft aus, um im Verlaufe von zwölf Wochen einen Fachartikel zu verfassen. Sie müssen zu diesem Zweck Informationen recherchieren, die Zeitungen studieren und neueste Artikel zu ihrem Thema in einer Pressemappe sammeln. Diese Materialien fließen punktuell in die Artikel der Schüler/innen ein. Diese müssen vor Weihnachten beim Fachlehrer abgegeben werden. Die Arbeiten werden von ihm/ihr redigiert und benotet. Die besten Artikel werden an die Frankfurter Rundschau gesendet und veröffentlicht. In diesem Jahr nehmen vier Klassen an dem Projekt teil. Sie werden von unseren Kollegen Thorsten Braun und Stefan Falcione betreut. Wir werden auch in den folgenden Ausgaben in der Frankfurter Rundschau publizierte Artikel im THS-Newsletter würdigen und auf der THS-Webpage unter News einstellen. 8 • THS Newsletter 13 • Mai 2010 Immer mehr Menschen loggen sich Tag für Tag bei Facebook oder StudiVZ ein und geben ihre persönlichen und manchmal auch intimsten Informationen preis. Aber auch eine direkte Kommunikation ist durch die Benutzung vielseitiger Chat-Programme einfacher denn je. Menschen aus Berlin oder London können sich schriftlich oder per WebCam mit Menschen aus Amerika austauschen. Doch bei vielen Vorteilen, die diese Erfindung bietet, stellt sich mir dennoch die Frage, wo die Nachteile der Datenautobahn sind und worauf man achten sollte. Vor allem sollte man sich im Klaren darüber sein, ab welchem Zeitpunkt sich Realität und Virtualität gefährlich vermengen. Digitale Kommunikation kann auch gefährlich werden. Nutzer sozialer Netzwerke geben sehr viel von sich preis; Intimität oder Scham werden häufig vernachlässigt. Die Medienwissenschaftlerin Christine Nowak definierte dieses Problem folgendermaßen: »Heute ist das Verständnis von Privatsphäre wesentlich weiter gefasst als vor 30 Jahren. Viele Menschen nehmen öffentliche Kommunikation als selbstverständlichen Teil ihres Alltags wahr. Sie haben nicht das Gefühl etwas Privates zur Schau zu stellen.« Christine Nowak deutet das Problem an. Bei allzu großer Arglosigkeit besteht die Gefahr, dass private Informationen von anderen Usern missbraucht werden können. Nicht nur Informationen können missbraucht werden, auch Fotos können von anderen Usern benutzt beziehungsweise kopiert, bearbeitet und entstellt im Netz veröffentlicht werden. Auch das Chatten birgt Gefahren. Viele Menschen glauben sehr schnell, im Netz Freunde gefunden zu haben, oft ohne genau zu wissen, wer wirklich hinter dem anderen Computer sitzt. Es gibt durchaus Leute, die sich im Internet ganz anders darstellen, als sie in Wirklichkeit sind. Des Öfteren verfälschen User sogar ihre eigenen Daten und Fotos. Auch Mobbing hat sich im Internet schon verbreitet. Im Oktober 2006 erhängte sich zum Beispiel ein 13-jähriges Mädchen namens Megan Meier aus Dardenne Prairie, Missouri in Nordamerika. Sie verliebte sich in eine Internet-Bekanntschaft namens Josh. Statt Komplimente empfing sie jedoch sehr schnell Beschimpfungen, Beleidigungen und Androhungen. Ein Jahr später stellte sich heraus, dass »Josh« kein Junge war, sondern eine ehemalige Freundin, die sich mit Hilfe ihrer Mutter an Megan Meier rächen wollte. Diese wollte herausfinden, ob Megan Meier schlecht über ihre Tochter redete und nahm dafür sogar die Hilfe von ihren Angestellten in Anspruch. Aus Rache benutzte sie die Josh-Figur, um ein Bindungsverhältnis aufzubauen, und dieses dann zu missbrauchen. Man kann sich dabei vorstellen, dass neben Rachegefühlen und Neugier auch eine Menge niederträchtiger Spaß im Spiel war. Die ehemalige Freundin erstellte als Josh »AntiMegan-Gruppen« und stellte »Hassbriefe« mit Beleidigungen gegen Megan Meier auf »My Space«, bis Megan gegen diese Kampagne nicht mehr kämpfen wollte und sich aus Hilflosigkeit das Leben nahm. Ich kann dazu sagen, dass auch im Berufsleben die Veröffentlichung privater Details Nachteile bringen kann. Manche Firmen suchen gezielt auf Internetplattformen, um Informationen über ihre Bewerber zu bekommen. Das Internet ist zwar ein gutes Kommunikationsmittel, jedoch sollte man dieses Medium nicht auf die leichte Schulter nehmen. Persönliche Daten sollten nicht ohne Bedacht einem breiten Internetpublikum zur Verfügung gestellt werden. FRiSch & kreativ Kreativ-Ecke Teilnehmer-Beiträge beim THS Kreativ-Workshop im Oktober letzten Jahres Die letzten Worte Koffer Traum – Vergessen Der Bahnhof. Er ist überfüllt. Die Uhr schlägt 12. Jeder eilt zu seinem Zug, um rechtzeitig an sein Ziel zu kommen. Ich beobachte die Menschen um mich herum. Das tue ich oft, beobachten. Denn jeder hat seine eigene Geschichte, ich sitze da und stelle mir vor, was diese Menschen denken, was sie fühlen. Denn ihre Gesichter verraten einem viel. Ob es das kleine Kind ist, das von seiner Mutter gehetzt wird, weil es trödelt, oder der Geschäftsmann, der nachdenklich über den Bahnhof läuft, mit Desinteresse an dem, was um ihn herum passiert. Es ist die Vielfalt der Menschen, die einen so fesselt. Mein Blick schweift durch die Halle, ein reger Verkehr, wie immer. Ein paar Meter weiter steht ein Koffer, verlassen. Ich betrachte ihn genau, so wie es mir möglich ist aus dieser Entfernung, aber ich kann meinen Blick nicht abwenden. Der Koffer strahlt etwas aus, zieht mich magisch an. Ich schaue nach links und dann nach rechts. Keiner achtet auf mich oder den Koffer, als wäre dieser unsichtbar. Alle sind beschäftigt mit ihren eigenen Gedanken und aktuellen Sorgen. Ich stehe auf, laufe zum Koffer hinüber, den Blick nicht einmal abwendend. Ich bin allein am Bahnhof, nur ich und der Koffer. Ich stehe davor. Und jetzt, da ich ihn genau betrachten kann, bestätigen sich meine bisherigen Gedanken über den Koffer. Er muss schon viel durchgemacht haben, total abgenutzt. Er sieht alt aus, besitzt aber trotzdem eine gewisse Klasse …. Ich wache schweißgebadet auf, keuchend, nach Luft ringend. Schaue mich um, um mich zu vergewissern, dass ich doch sicher in meinem warmen, für mich ungefährlichen und sicheren Bett liege. Die Dunkelheit um mich herum erdrückt mich, die einzige Möglichkeit, um das zu ändern, wäre mich nach links zu drehen und die Nachttischlampe anzuschalten, aber so sehr mich diese Dunkelheit beängstigt, ich kann mich nicht bewegen. Zu groß ist die Angst, doch erkennen zu müssen, dass es vielleicht doch kein Alptraum war und ich das Gesicht sehe. Sein Gesicht. Keuchend und mir hinterherrennend. Im Grunde will ich nicht darüber nachdenken, warum oder weshalb ich diese Träume hatte und jetzt anscheinend wieder habe. Aber es ist mir bewusst, dass ein Besuch bei Dr. Freud light wieder ansteht. Geholfen hatte sie mir die letzten Male nicht, aber sie ist die einzige Psychologin im Umkreis, die jederzeit noch Termine frei hat. Im Dunkeln, auf dem Bett sitzend, mache ich mit mir selber aus, sie morgen aufzusuchen. Obwohl ich mich dagegen wehre, versuche ich wieder einzuschlafen. Ich schlafe, diesmal ohne Traum. Mein Wecker klingelt, ich setze mich langsam auf. Was für eine Nacht. Ich fühle mich, als hätte ich die ganze Nacht durchgefeiert und getrunken und dadurch einen heftigen Kater, der begleitet wird von heftigen Gliederschmerzen, ausgelöst durchs viele Tanzen. Ich wünschte, das wäre der wahre Grund für meine Kopfschmerzen und mein komisches Gefühl im Magen. Es ist 8 Uhr. Um 9:30 Uhr habe ich den Termin, je früher desto besser. Den Weg zur Psychologin nehm ich gar nicht richtig war. Erst vor ihrer Tür Von Alicia Roque-Lopez Die Stimmung in diesem Zimmer, sie bedrückt mich. Sie liegt da, fast blind und krank. Sterbenskrank. Sie schreit auf, verlangt nach Nahrung. Sie hat die Wahnvorstellung, wir würden sie verhungern lassen. Ich weiß, sie meint es nicht so, sie ist krank, verwirrt. Ich hole die Sanitäter, diese gehen nicht gerade sensibel mit ihr um, wenn man das an ihrem Wehklagen beurteilen müsste. Immer wieder dieses Aua, aua, aua. Ich weiß, sie will nicht ins Hospital. Nein, nein, nein, sagt sie. Nein, nein, nein. Aber sie fügt sich, liegt auf der Bahre im Krankenwagen. Ihr Blick geht aus dem Wagenfenster. Fragt mich, was all das Flaumige dort draußen sei. Bäume? Fragt sie mich. Aber sie will nichts wissen, nichts von meiner Antwort. Sie dreht ihren Kopf weg. Sie hat keine Schmerzen mehr, sie schläft, fest, für immer. betrachte ich mich selbst. Ich merke, heute habe ich, was meine Klamotten betrifft, die falsche Wahl getroffen. Viel zu locker, viel zu sportlich, ich sehe aus, als käme ich aus dem Fitnessstudio. Naja, ist ja eigentlich egal … sie therapiert mich und nicht meine Jogginghose. Ich klingel, sie öffnet, ich trete ein. Auf ihrem, mir so vertrauten Sessel nehme ich Platz. Eine Begrüßung, ein Lächeln. Es geht los. Ich erzähle von meinem Traum, sie macht ein ernstes Gesicht, das verunsichert mich, ich rede mir ein, das sei ihr Poker-Face, das sie für jeden Patienten bereit hält. Hier und da ein Nicken, schnelles Steno-ähnliches Aufschreiben. Sie macht sich Notizen, viele. Oh Gott! Ich bin garantiert die einzige, bei der sie sich so viele Notizen macht. Ich wusste es, es war keine gute Idee. Am liebsten aufstehen und wegrennen. Ich hole Luft, beende meinen Satz. Ich bin fertig mit erzählen. Sie analysiert mich, lächelt, stellt Thesen auf. Nach zwei Stunden ist es geschafft. Ich trete aus ihrer Praxis, laufe die Straße hinunter, hole Luft und atme die kalte Herbstluft ein. Vergesse sie, vergesse die Thesen, vergesse meinen Traum. Schließe ihn weg. Es geht mir besser. Ich bin mein eigener Therapeut. Vergessen kann so schön sein. THS Newsletter 13 • Mai 2010 • 9 THS Newsletter Ein großes Plus in der Bewerbungsmappe Sprachkenntnis-Test beim »Hessencampus«-Projekt Von Veronika Szeherova Das Phänomen ist nationenübergreifend: »Sobald Jungen das Wort Test hören, schalten viele ab«, sagt Gudrun Bayer, Abteilungsleiterin der Berufsfachschule an der TheodorHeuss-Schule. »Mädchen lassen viel eher mit sich reden, man kommt besser an sie ran.« Und so wundert es nicht, dass bei einer freiwilligen »Sprachstandserhebung« von 84 Offenbacher Berufsschülern die Zahl der Mädchen überwiegt. Das Projekt »Hessencampus« läuft in Offenbach bereits im vierten Jahr. Ziel ist es, muttersprachliche Kompetenz bei jungen Leuten nachzuweisen, die zwei- oder mehrsprachig aufgewachsen sind. Dazu werden die Schüler anhand eines »Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER)« mündlich und schriftlich in der jeweiligen Sprache getestet. Ursprünglich gelten diese Prüfungsnormen für Fremdsprachen. »In diesem Fall wird bei Schülern, die in einem anderen sprachlichen Umfeld aufgewachsen sind, die Muttersprache getestet«, erklärt Volkshochschulleiterin Dr. Gabriele Botte. Der »Hessencampus« ist eine Zusammenarbeit der drei beruflichen Schulen Offenbachs und der VHS. Letztere 84 Schüler aus drei Berufsschulen nahmen am Sprachniveau-Test des „Hessencampus"-Projekts in ihrer jeweiligen Muttersprache teil. stellt die Kursleiter und Prüfer in den Sprachen Türkisch, Arabisch, Russisch, Italienisch, Kroatisch, Serbisch und Bosnisch. Durchfallen kann man bei dem freiwilligen Sprachtest nicht. In der Bescheinigung erfolgt eine Einteilung in sechs Stufen. Von C2 (muttersprachliches Niveau) bis runter zu A1 (Basiskenntnisse). Der Test dauert einen Nachmittag, kann sich aber positiv aufs ganze spätere Berufsleben auswirken. »Der Bedarf an Mitarbeitern, die viele verschiedene Sprachen sprechen, wächst in den Betrieben«, sagt Dr. Botte. »Der Nachweis ist ein großes Plus in der Bewerbungsmappe.« Fremdsprache als Chance Nun wurden am Buchhügel die Bescheinigungen übergeben. Das übernahm Stadtrat Paul-Gerhard 10 • THS Newsletter 13 • Mai 2010 Weiß. Er appellierte an die Schüler, ihren Bildungsvorteil durch eine ungewöhnliche Fremdsprache als Chance zu sehen. »Unsere Welt wird immer internationaler, und das RheinMain-Gebiet ist mittendrin«, so Weiß. Es sei gerade für Menschen mit Migrationshintergrund wichtig, nicht nur Defizite aufgezeigt zu bekommen, sondern für ihre Leistungen anerkannt und wertgeschätzt zu werden. »Das enorme Sprachpotential ist ein Gewinn für unsere Stadt.« Neugierig auf die eigene Fähigkeit Larissa Tramontana hat sich in Italienisch testen lassen. »Zu hause spreche ich gemischt Deutsch und Italienisch«, sagt die gebürtige Offenbacherin. Im Test schnitt sie mündlich besser ab, als sie erwartet hätte, sie bekam C1. Im schriftlichen Teil lief es weniger gut. »So oft komme ich im Alltag nicht dazu.« An der Prüfung habe sie teilgenommen, um ihr Wissen für die spätere Bewerbung nachzuweisen. »Aber ich war auch neugierig, wie gut ich Italienisch überhaupt kann.« HaIe Ertuncs Hauptmotiv für die Beteiligung ist ebenfalls die erfolgreiche Bewerbung. Die 22jährige Türkin ist froh, dass sie den Test mitgemacht hat. »Es ist alles super gelaufen. Der mündliche Teil hat Spaß gemacht.« Von klein auf habe sie im Elternhaus nicht nur Türkisch gesprochen, sondern auch schreiben gelernt. »Zweisprachig aufzuwachsen ist eine große Bereicherung«, ist sie überzeugt. Und widerlegt damit alle Vorurteile, die etwas anderes behaupten ... Projekte & Events Engagement wurde belohnt Jumina Ausbildungslotsen im Hessischen Landtag von Minister Banzer geehrt Von Tamara Vollmer ( FW1 Aa) Unter den Ausbildungslotsen des »JUMINA-Projekts« (Junge Menschen in Ausbildung) sind auch die THS-Schülerinnen Luciana, Fernandes, Magdalena Gren, Nadja Bouhajra und Tamara Vollmer. Sie engagieren sich seit einigen Jahren ehrenamtlich im Rahmen des Projektes und verhelfen Schülern von Haupt-, Real-, und Förderschulen der Klassen 7 bis 10 zu einer erfolgreichen Bewerbung. Des Weiteren sind die Ausbildungslotsen unter anderem auf Berufsbildungsmessen in Frankfurt und in Mühlheim präsent und wirken bei dem JUMINA-Magazin »Abenteuer Ausbildung« mit. Am 12. Februar 2010 wurden wir auf Grund unserer Bewerbung um den Förderpreis 2008/ 2009 vom Hessischen Minister für Arbeit, Familie und Gesundheit, Jürgen Banzer, in den Hessischen Landtag eingeladen. Die Ausschreibung des Förderpreises stand unter dem Motto: »Wir engagieren uns sozial: für die Gemeinschaft und gegen Be- nachteiligung.« Minister Banzer wies in seinen Begrüßungsworten auf den Stellenwert des ehrenamtlichen Engagements hin und übergab sechs Initiativen einen Scheck über 500 Euro. Ehrungen wie dieser Förderpreis unterstützen und würdigen die ehrenamtliche Arbeit von etwa 23 Millionen Menschen. Ohne dieses Engagement würden viele Bereiche des sozialen Lebens nicht mehr existieren. Hausaufgabenhilfen, Helfer in Altenheimen und Behinderteneinrichtungen, freiwillige Feuerwehr und der Katastrophenschutz könnten ohne dieses Engagement nicht existieren. »RiSk«-Pilotprojekt an der THS verhilft Fahranfängern zu mehr Sicherheit Die zwölfte Klasse der Fachoberschule und die Moderatoren des »RiSk«-Projekts, das seine Premiere im Rhein-Main-Gebiet hatte, diskutierten über ihre Erfahrungen und Gefühle beim Autofahren. Die Fahrschulen Urban und Leibl stellten drei ihrer Autos für den praktischen Teil zur Verfügung. RiSk steht für »Risiken im Strassenverkehr kommunizieren« und ist ein Gemeinschaftsprojekt des hessischen Kultusministeriums, der Unfallkasse, des Fahrlehrerverbandes und der Verkehrsorganisationen Hessens. Neue Kollegin stellt sich vor Hallo, mein Name ist Meike Sundermann. Ich unterstütze das Kollegium der THS seit Mitte März im Fach Deutsch. Seit Abschluss meines Referendariats im Jahre 1992 in Darmstadt bin ich privat und beruflich viel herumgekommen. Am eindrucksvollsten war dabei das Jahr in einem russlanddeutschen Dorf in Sibirien, wo ich an der dortigen Mittelschule Deutsch unterrichtete. Zurück in der Heimat folgte ich meinem Mann an den Bodensee. Hier arbeitete ich zunächst als freiberufliche Lehrerin im Bereich Deutsch als Fremdsprache und leitete später Berufsintegrationskurse für Jugendliche und Frauen. Nach neun Jahren Bodensee-Idylle zog es uns nach Berlin. Die leider viel zu kurzen 2,5 Jahre in der Hauptstadt nutzte ich für eine Weiterbildung zur Lerntherapeutin. Seit knapp vier Jahren leben wir in Frankfurt und ich bin wieder als freiberufliche DaF - Lehrerin tätig. Während unserer Zeit an und auf dem Bodensee sind mein Mann und ich dem Segelsport verfallen. In der Saison verbringen wir viel Zeit auf unserem Boot am Edersee. Im Winter steht dann die Kultur im Mittelpunkt. Zwischendurch unternehmen wir gern die ein oder andere Wander- und Städtetour. Mein erster Eindruck von der THS ist äußerst positiv. Ich fühle mich gut aufgenommen, empfinde die Atmosphäre an der Schule als angenehm und aufgeschlossen und freue mich schon auf ein näheres Kennenlernen und eine gute Zusammenarbeit. THS Newsletter 13 • Mai 2010 • 11 THS Newsletter Eine harte Schule Die »kleinen« Herausforderungen im Schulalltag Von Grete Götze (Bild: Andreas Arnold) – Frankfurter Rundschau vom 8. 3. 2010 R Die Theodor-Heuss-Schule ist eine berufliche Schule für Gesundheit und Wirtschaft. Sie nimmt am Programm »Selbstverantwortung Plus« teil und verfügt über ein eigenes Budget. Es gibt eine Schulseelsorge, eine Migrationsberatung und einen Sozialarbeiter. Rund 2.000 Schüler und 110 Lehrer lernen und arbeiten in der Schule. Duale Berufsausbildung in zehn Berufen sowie Vollzeit-Bildungsgänge werden angeboten. Abschlüsse sind Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, Fachoberschulabschluss oder das Abitur. Neubau rückt näher Wie die »Offenbach Post« am 20. März berichtete, haben die Stadtverordneten am 18. März 2010 in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, mit dem Baukonzern Hochtief die Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) für die Beethovenschule und das Berufsschulzentrum auf dem Buchhügel einzugehen. Hochtief wird die Genehmigungsund Ausführungsplanung erstellen. Der Bau soll bis Mitte 2013 erledigt sein – falls nicht einer der Bieter ein Nachprüfungsverfahren erzwingt oder andere unvorhergesehene Ereignisse eintreten. 12 • THS Newsletter 13 • Mai 2010 aumnot, übervolle Klassen und Lehrermangel belasten den Alltag. Die TheodorHeuss-Schule in Offenbach nimmt am Programm »Selbstverantwortung Plus« teil. Die Schüler lernen und arbeiten in der Schule. dass wir nicht auf die Waldund auf die Friedrich-EbertSchule ausweichen müssten«, sagt Dagmar Hauenstein. Eng ist es hier schon seit den 70er Jahren. Die Pavillons, damals als Provisorium errichtet, stehen noch immer. 8:15 Uhr, Einzelhandelsklasse bei Frau Hauenstein. Schüler aus zehn Nationen sitzen dort, junge Erwachsene zwischen 16 und 25 Jahren. Manche machen ihre Ausbildung an der Tankstelle, andere im Handyladen. Einschulung war eigentlich im August, aber immer dann, wenn Betriebe Auszubildende einstellen, wird die Klasse größer. Und wieder kleiner, wenn Schüler aus den Betrieben rausfliegen. »Ich find´ es cool, dass wir was lernen, was wir später gebrauchen können, aber wir bräuchten kleinere Klassen«, sagt Xenia. Die Russin mit den großen Glitzerohrringen und den künstlichen Fingernägeln mit Blumen darauf ist auch in Hauensteins Klasse. Sie macht eine Ausbildung in einem Familienbetrieb. Drei Tage in der Woche ist sie dort, zwei Tage besucht sie die Theodor-Heuss-Schule, die berufliche Schule für Wirtschaft und Gesundheit in Offenbach. Die Schule hat zu wenig Platz: »Ich würde mir wünschen, 9:00 Uhr, im Zimmer des Schulleiters. Heinrich Kößler klagt: »Individuelles Lernen ist fast unmöglich, wenn in einem Flur sechs Klassen untergebracht sind.« Bis zu 30 Schüler sitzen in den Räumen, und das, obwohl die Schule Modellcharakter hat. Schwierig sei auch, geeignete Lehrkräfte zu finden. »Acht Stellen sind nicht besetzt, weil es niemanden gibt, der sich für Mangelfächer in den beruflichen Schulen interessiert«, sagt Kößler. Die Anforderungen seien enorm: Erst unterrichteten die Lehrer Klassen, in denen sie nur erziehen müssten, und direkt anschließend solche, in denen es wirklich um Inhalte gehe. »Manche Lehrer kommen da raus und können nicht mehr«, berichtet der Schulleiter. 9:05, Dagmar Hauenstein hetzt über den Gang: »Die Mischung ist brisant hier, meine Schüler sind auch schon aufeinander losgegangen«. Sie muss ständig Gespräche führen. Mit einzelnen Schülern – »manche hier können keinen vollständigen Satz schreiben« – aber auch mit den Eltern. Wenn sie überhaupt zu den Elternabenden kommen. 9:10 Uhr, Informatik bei Herrn Kößler, höhere Berufsfachschule. Ein Schüler pfeift: »Ey, ich wollt´ euch nur Bescheid sagen, morgen fällt Englisch aus.« »Schwörst Du?« »Ich schwör´ auf Koran.« 9:15 Uhr, fachpraktischer Unterricht im PC-Raum mit Frau Kutzera - und 28 Schülern. Sie sollen auf dem Computer tabellarische Lebensläufe erstellen. Es gibt aber nur 22 PCs. »Die Verhältnisse sind katastrophal«, sagt Ingrid Kutzera. »Wenn meine Schüler keinen eigenen Computer haben, machen sie auch nichts. Die schummeln, wo sie können.« Frau Kutzera versucht, ihren Schülern zu erklären, worauf der Betrieb, bei dem sie ihr Praktikum machen, achtet. »Die wollen wissen, was ihr vorher gemacht habt.« Ein Schüler überlegt: »Dann kann man doch nen´ Bekannten anrufen und dem sagen: Hier, wenn einer anruft, sag´ dem, ich habe ein Praktikum bei dir gemacht.« 10:00 Uhr, im Konferenzraum mit Migrationsberater Nadjib Sharifi. »Vielen ausländischen Eltern ist das Schulsystem fremd«, verteidigt er das Wegbleiben mancher Schüler. Der Projekte & Events Ausländeranteil an der Schule liegt bei 40%, einen Migrationshintergrund haben mehr als 80%. Viele Migranten sprechen kaum Deutsch. »In welche Klasse soll man die stecken? In die siebte? In die elfte?«, fragt Sharifi. Sein Handy klingelt. Es geht um einen Kosovo-Schüler, der mit auf Klassenfahrt nach Spanien fahren will. »Der Kosovo ist als Staat nicht anerkannt. Eigentlich darf der Schüler nicht aus seinem Landkreis heraus«, erklärt Sharifi. Er muss bei seiner Arbeit auch praktische Probleme lösen. Es klopft. Salim hat einen Termin. »Ich mach´ zu viel Quatsch«, erklärt der Türke die Verabredung. Sharifi »ist wie ein Arzt für mich, der soll mir helfen«, hofft der 17-Jährige. »Salam«, ruft Sharifi ihm entgegen. Das ist arabisch und heißt: »Friede sei mit Dir«. Der Migrationsbeauftragte schimpft nicht auf die Lehrer, die ihre Schüler manchmal nicht verstehen, sondern auf die Politik. »Wenn Deutschland Flüchtlinge ins Land holt, muss man sich anschließend auch anständig um sie kümmern.« Das heißt: kleinere Gruppen, mehr didaktische Inhalte, Förderkurse. 11:15 Uhr, Wirtschaftslehre bei Frau Wirtz, Fachoberschule, Klasse 12. Viele sind hier, weil sie keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Sie hoffen, dass ihr Abschluss ihnen eine bessere Zukunft ermöglicht. Motiviert sind sie also. Doch für Susann Wirtz wäre ein Coaching nötig, um den Schülern einen Berufsweg aufzuzeigen. »Die fallen extra durch, weil sie nicht wissen, was sie danach machen sollen.« Zunehmende Arbeitsbelastungen in der Schule: Personalversammlung der THS fordert in einem Offenen Brief an die hessische Kultusministerin Arbeitsteilzeitangebote und Arbeitszeitverkürzung Sehr geehrte Frau Kultusministerin Henzler, Ihrer Stellungnahme aus der Frankfurter Rundschau vom 20. November zum Bildungsstreik am 17. 11. 2009 konnten wir entnehmen, dass Sie davon ausgehen, dass die überwiegende »Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer« zufrieden sei. Wir Kolleginnen und Kollegen der Theodor-Heuss-Schule sind aber leider nicht nach unserer Zufriedenheit gefragt worden. Wir möchten betonen, dass wir sehr engagiert sind, unseren Beruf mit Hingabe und Verantwortungsgefühl verrichten, und alles tun, was möglich ist, um unseren Schülern die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen. Wir bemühen uns jeden Tag darum, den Herausforderungen unseres Berufes gerecht zu werden, müssen Ihnen aber auch mitteilen, dass die überwiegende Mehrheit unseres Kollegiums die stetig zunehmenden Arbeitsbelastungen spürt. In Bezug auf die Entwicklung von Unterrichtsqualität ist zum Beispiel die hohe Schülerzahl in den Klassen zu nennen, die mit großem Kräfteaufwand verbunden ist. Sie behindert sehr oft die Fortentwicklung und den Ausbau individueller Förderung, was dazu führt, dass viele Kolleginnen und Kollegen sich ausgebrannt fühlen. Wir wissen, dass diese Tatsache zu Lasten der Lern- und Kompetenzförderung der uns anvertrauten Schüler/innen führt. Das gilt insbesondere für Offenbacher Schulen, an denen der Migrantenanteil der Schulgemeinden relativ hoch ist, was auch auf die Theodor-Heuss-Schule zutrifft. Dazu kommen die immer weiter zunehmenden Zusatz- und Verwaltungsaufgaben, die bei vielen Kolleginnen und Kollegen dazu führen, dass die Grenzen der Belastbarkeit überschritten werden, wie zum Beispiel: • Arbeit am Schulprogramm bzw. Schulprofil • Lernstandserhebungen • Entwicklung und Durchführung von Eingangstests und Vergleichsarbeiten • Vorbereitung und Durchführung von Präsentationsprüfungen • Entwicklung von Evaluationsmethoden • Erstellung von Förderplänen und Durchführung von Förderplangesprächen • Implementierung von Bildungsstandards • Zunahme des Integrationsaufwands für auffällige und/oder lernschwache Schüler/innen • Kooperation mit außerschulischen Bildungseinrichtungen (z. B. Mitarbeit am HC) Besonders vor diesem Hintergrund empfinden wir den Wegfall der Möglichkeit der Altersteilzeit und die Erhöhung des Eintrittsalters in den Ruhestand als unverständlich und großes Ärgernis. Unverständlich erscheint uns auch, dass die Landesregierung mit Ihnen, als für uns verantwortliche Ministerin, den die Arbeitszeit betreffenden Teil des Tarifvertrags vom Frühjahr 2009, nicht auf die Beamtinnen und Beamten übertragen will. Wir fordern deshalb die zeit- und volumengleiche Übertragung der Arbeitszeitverkürzung aus dem Tarifvertrag durch Rücknahme der Pflichtstundenerhöhung von 2004 und 10.000 zusätzliche Deputatsstunden für die Lehrkräfte an den Schulen, rückwirkend ab dem 1. Februar 2010. Wir empfehlen Ihnen, sehr geehrte Frau Henzler, den Protest der Lehrerinnen und Lehrer ernst zu nehmen, unsere Forderungen zu berücksichtigen und sich für unsere Belange aktiv und öffentlich einzusetzen. Personalversammlung der Theodor-Heuss-Schule, Offenbach am Main Offenbach am Main, den 2. Februar 2010 Info: Eine Antwort von Frau Henzler steht noch aus. THS Newsletter 13 • Mai 2010 • 13 THS Newsletter Wahre Bildung oder Ware Bildung? Wenn »Aldi-Hörsäle« Bildungsinhalte und Forschungsziele beeinflussen Von Barbara Krämer Warum lernen wir? Was lernen wir? Welchen Sinn hat die Schule? Mit diesen Fragen setzte sich Professor Jochen Krautz bei einer gut besuchten GEW-Veranstaltung am 18. März in der TheodorHeuss-Schule auseinander. Professor Jochen Krautz, Autor des Buches »Ware Bildung« referierte am 18. März 2010 an der TheodorHeuss-Schule bei einer gut besuchten GEW-Veranstaltung. 14 • THS Newsletter 13 • Mai 2010 Er hat ein Buch mit dem Titel »Ware Bildung« über diese Themen geschrieben. Seine Recherchen haben gezeigt, dass viele Reformen im Bildungswesen in den letzten Jahren wesentlich von wirtschaftlichen Interessen geprägt sind, die »Bildung« als ein Wirtschaftsgut betrachten und Veränderungen anstreben, die diesen Sektor, ähnlich wie bei einem profitorientierten Unternehmen, organisieren sollen. Fragen nach den Inhalten und danach, was Bildung für das Leben jedes einzelnen Menschen bedeutet, werden nicht mehr gestellt. Wirtschaftsbegriffe prägen stattdessen die aktuellen Reformen: »Investitionen in Humankapital«, »Effizienz«, »Standardisierung«, »Methodentraining« sind die bekannten Schlagworte. Professor Krautz stellt dagegen die Frage nach dem Sinn des Lernens, nach den menschlichen Erkenntnissen, nach dem sozialen Zusammenhalt, nach Ent- deckerfreude und demokratischer Teilhabe, die Bildung ermöglichen sollte. Es geht um nicht weniger als die Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens, um die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft und um persönliche Sinnentfaltung jedes Menschen. Zitate aus der Hessischen Verfassung oder aus §2 des Hessischen Schulgesetzes untermauerten seine Sichtweise. Privatisierte Bildung? Dabei bestreitet Professor Krautz nicht die Notwendigkeit von Verbesserungen und Reformen im Bildungswesen; das versteht sich von selbst. Er kritisiert jedoch die Verselbständigung rein methodischer »Reformen«, die den Blick auf das Ziel des Lernprozesses, auf das Wieso und Warum, das »Cui bono« (lat.: Wem nützt es?) aus den Augen verlieren oder – schlimmer noch – bewusst vernebeln wollen. Er sieht die Gefahr, dass das Bildungswesen in die Privatisierung getrieben werden soll, wo dann große Firmen, allen voran Bertelsmann und seine Tochterfirmen, bestimmen, was und wie gelernt wird. An den Universitäten ist diese Entwicklung schon im Gange. Sponsoren (Drittmittel) bestimmen über Bildungsinhalte und Forschungsziele; es gibt zum Beispiel schon einen »ALDI-Hörsaal«. Die Firma Nintendo finanziert Studien über Medien-Wirkungsforschung. Einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin dieser Hochschule, die sich kritisch dazu äußerte und die die Freiheit von Forschung und Wissenschaft – immerhin ein Grundrecht – verletzt sieht, wird vonseiten der Hochschulleitung die Kündigung angedroht, weil sie gegen das »Corporate identity« verstoßen habe! Ein weiteres alarmierendes Beispiel: Eine Tochterfirma von Bertelsmann, die Firma CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) hat das neue Hochschulgesetz für NRW formuliert! In der Diskussion kamen viele Argumente zur Sprache, die die Analyse von Professor Krautz bestätigen. Die TeilnehmerInnen waren sich einig darin, dass sie diese Entwicklung verhindern wollen. Die nächste Debatte, die in diesem Zusammenhang ansteht, wird die Diskussion um »Bildungsstandards« sein. Events & Portrait Wenn das »Wir« zur Chance wird Interkulturalität als Chance und Bildungsressource begreifen. Ein Gespräch mit Carolin Simon-Winter im »Christlichen Keller« Von Madeleine Reckmann Wer zur Seelsorgerin Carolin Simon-Winter möchte, muss in den Keller im C-Bau der Theodor-Heuss-Schule steigen. Dort liegt ihr Sprechzimmer. »Christlicher Keller« heißt er unter den Kollegen, obwohl unter ihren Schülern nicht viele Christen sind. »Die meisten sind Muslime oder Atheiten«, sagt Simon-Winter. Manche kommen aber bewusst, weil ich Pfarrerin bin, sagt die 48-Jährige. »In dem Glauben, dass Gebete und religiöse Rituale grenz- und religionsüberschreitend sind.« Manche Schüler wollten sich auch ihrer inneren Kraftquellen vergewissern. Die zwölf Stunden Seelsorge, die je zur Hälfte von der evangelischen Kirche und der Schule finanziert werden, sind jedenfalls ausgebucht. »Die Schüler wissen, dass alles absolut vertraulich behandelt wird.« Die Schüler erzählen ihr von ihren Nöten und Sorgen. Sie brauchen jemanden, der ihren Kummer anhört; meist Liebeskummer, Krankheit oder Tod in der Familie. Notlagen durch extreme Gewalt im Elternhaus oder ungewollte Schwangerschaften gebe es aber auch. Simon-Winter sitzt bewegungslos auf ihrem Stuhl, den Oberkörper leicht nach vorne gebeugt und spricht ohne Unterbrechung, ihr Gegenüber aufmerksam im Blick. Nur ihre linke Hand gestikuliert leicht, ohne übertriebene Dramatik. Den Inhalt ihrer Rede hat sie seit langem durchdacht, theologisch, und mit ihren Lebenserfahrungen begründet, schon oft in Worte gegossen, die einzelnen Punkte in eine Reihenfolge gebracht. Gewalt hat keine Nationalität »Gewalt hat keine Nationalität, die gibt es überall«, ist so ein Satz. In ihrer Sprechstunde werde sie oft mit Gewalt unter ihren Schülern konfrontiert. Da gebe es Deutsche, die von ihrem Freund geschlagen würden, und Migrantinnen, die gegen ihren Willen verheiratet würden. Gewalt verdiene aber keine Rücksichtnahme, nie. Deshalb sei es gefährlich, Gewalt einer Kultur zuzusprechen. Schläge, Einsperren, Zwangsverheiratungen seien immer von der kulturellen Tradition zu trennen. Sie hätten etwas mit dem Gewaltpotenzial eines Menschen zu tun, nicht mit der Kultur. »Manchmal ist das Private aber auch politisch«, sagt die Pfarrerin. Carolin Simon-Winter wurde überregional bekannt, weil sie sich für einen von Abschiebung bedrohten Schüler einsetzte. Auf ihre Initiative bildete sich ein Unterstützerkreis, die den jungen Mann bis heute davor bewahrte, das Land verlassen zu müssen. Ihre Arbeit nennt sie daher auch interkulturelle Seelsorge. Freilich gebe es Konflikte aufgrund einer anderen kulturellen Zugehörigkeit, räumt sie ein. »Die jungen Migranten wollen ihren eigenen Weg finden und sich freimachen von unterdrückerischen Traditionen ihrer Eltern«, meint Simon-Winter. Dabei vertreten sie ihre Position emanzipiert – auch gegenüber der deutschen Gesellschaft – und entscheiden sich mitunter für die Traditionen ihrer Herkunftsländer. »Auch Jungen leiden unter einer Zwangsverheiratung« Inzwischen kämen auch immer mehr männliche Migranten auf der Suche nach einem anderen Selbstverständnis in die Sprechstunde. Ihr Anteil macht rund 25% aus. »Auch die Jungen leiden unter Zwangsverheiratung«, sagt sie. Dass in den Jugendlichen die Hoffnung auf eine gute Zukunft liegt, davon ist die Pfarrerin überzeugt. Das kleine Wörtchen »Wir« ist ihr der wichtigste Beleg dafür. »Wir« hätten die Elftklässler aller Religionen im Religionsunterricht geantwortet auf die Frage, wer ihnen am meisten Toleranz entgegenbringt. Hinter diesem »Wir« stehen Palästinenser und Israelis, Kurden und Türken, Serben, Bosnier und Deutsche. »Wir müssen den Reichtum an Kulturen und Religionen als Schatz begreifen, nicht als Defizit.« Simon-Winter weiß, wie es sich anfühlt, abwertend betrachtet zu werden. Wegen ihrer schwarzen Haare wird sie manchmal für eine Türkin gehalten. Die Frau, die drei Kinder hat, ist glücklich im Pfarrerberuf. »Das ist meine Berufung.« Dabei musste sie erst vom Katholizismus zum Protestantismus konvertieren, um ihn auszuüben. Simon-Winter: »Religiös motivierte Unterdrückung gibt es in allen Kulturen.« Dieser Bericht erschien am 2. Februar 2010 in der Frankfurter Rundschau . THS Newsletter 13 • Mai 2010 • 15 Zukunft bewegen. „Theorie und Praxis optimal miteinander verbinden. Mit einem dualen Studium bei der Deutschen Bahn.“ Die Deutsche Bahn ist ein führendes Mobilitäts- und Logistikunternehmen. Unsere Tochter DB Systel GmbH ist einer der wichtigsten Anbieter von ITK-Services in Deutschland und deckt dabei den gesamten Lebenszyklus von IT- und TK-Lösungen ab. Von der fachlichen Analyse über die strategische Planung und Entwicklung bis hin zu Betrieb und kontinuierlicher Optimierung. Die DB Systel GmbH sucht für 2010 (Fach-)Abiturienten (w/m) für das duale Studium Bachelor of Science Wirtschaftsinformatik für die Standorte Frankfurt/Main und Berlin Lernen Sie konzeptionelles Arbeiten in aktuellen Projekten, übernehmen Sie Aufgaben in aktuellen Projekten, in der Angewandten Informatik und im Business-Consulting und lernen Sie die Finanz- und Controllingsysteme des Unternehmens kennen. In nur 3 Jahren machen wir Sie mit Praxis im Unternehmen und mit Theorie an der Berufsakademie fit für den Berufseinstieg. Ihr Profil: gute bis sehr gute Hoch- oder Fachhochschulreife mit den Schwerpunkten Mathematik und Informatik sowie Physik oder BWL gute bis sehr gute Englischkenntnisse Praktika im Bereich IT oder Wirtschaft selbstständige und strukturierte Arbeitsweise aufgeschlossener, flexibler und durchsetzungsstarker Teamplayer Interessiert? Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung mit Lebenslauf, allen relevanten Zeugnissen und ggf. Nachweisen über Praktika sowie Angabe des gewünschten Standortes. Sie können sich auch schon für das Jahr 2011 bewerben. DB Mobility Logistics AG Bewerbermanagement Duale Studiengänge Karlstraße 6 60329 Frankfurt am Main Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Online-Bewerbung finden Sie unter: www.deutschebahn.com/schueler.