Alkohol und Jugendliche - Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
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Alkohol und Jugendliche - Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
Alkohol und Jugendliche Über den Alkoholkonsum Jugendlicher wird viel in den Medien berichtet, vor allem, wenn drastische Ereignisse und neue Entwicklungstrends Anlass zur Sorge geben. Das Factsheet fasst aktuelle Daten und Fakten über den Alkoholkonsum Jugendlicher zusammen. Es versucht die teils sehr emotional geführte Diskussion auf eine wissenschaftlich fundierte Basis zu stellen und sinnvolle Präventionsmaßnahmen und Handlungsoptionen der Alkoholpolitik aufzuzeigen. Die jüngste Veröffentlichung des Rates der Europäischen Union zum Thema Alkohol erinnert die nationalen Regierungen noch einmal eindringlich, die effektivsten Maßnahmen zur Reduktion des jugendlichen Alkoholkonsums ein- und umzusetzen (Rat der Europäischen Union 2009). Daten und Fakten • Konsumeinstieg: Zwei Drittel der 12- bis 15-Jährigen haben schon einmal Alkohol getrunken. Bei 16Jährigen sind es über 90%, die schon einmal Alkohol getrunken haben (BZgA 2009). • Trinkmengen: Die durchschnittlich konsumierte Menge Alkohol bleibt bis 16 Jahre eher gering. Dann steigt sie sprunghaft an und bleibt auch danach auf diesem Niveau (BZgA 2009). • Regelmäßiger Konsum: Der Alkoholkonsum verfestigt sich bei den 16- bis 17-Jährigen soweit, dass ein Drittel regelmäßig trinkt, also mindestens einmal pro Woche (BZgA 2009). • Alkoholkonsum nach Schulform: Schulform: Während bei den Jungen mehr Haupt- und Realschüler regelmäßig trinken als Schüler von Gymnasien, ist dieses Verhältnis bei Mädchen umgekehrt (Lampert & Thamm 2007). • Geschlechtsspezifische Unterschiede: Es trinken mehr männliche Jugendliche regelmäßig als weibliche. Auch die durchschnittlichen Trinkmengen sind bei männlichen Jugendlichen höher (RKI 2009; BZgA 2009). • Alte/Neue Bundesländer: In den neuen Bundesländern trinken prozentual mehr Jugendliche regelmäßig Alkohol als in den alten Bundesländern (RKI 2009). • Internationale Vergleiche: Vergleiche : Deutsche Jugendliche trinken häufiger und mehr Alkohol als in anderen europäischen Ländern. In vielen Vergleichen liegt Deutschland in der Spitzengruppe (ESPAD 2007). • Riskanter Konsum:: 8,2% der 12- bis 17- Jährigen trinkt Alkoholmengen, die auch für Riskanter und Gefährlicher Konsum gesunde Erwachsene riskant oder gefährlich sind (BZgA 2009). • BingeBinge -Drinking: Drinking : Jeder fünfte Jugendliche trinkt einmal im Monat 5 Gläser oder mehr (BZgA 2009). Diese Menge ist für Jugendliche gefährlich, da sie die körperliche und geistige Entwicklung beeinträchtigen kann (Seitz, Bühringer & Mann 2008; weitere Informationen: DHS Factsheet Binge-Drinking und Alkoholvergiftungen). • Alkoholvergiftungen: Alkoholvergiftungen: Die Zahl der Jugendlichen, die mit akuter Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden müssen, ist zwischen 2000 und 2008 um 170 Prozent gestiegen (von 9.514 auf 25.709) (Destatis 2000-2009). • Jugendorientierte Produkte: Bier und Weinmischgetränke, sowie Alkopops, gehören zu den beliebtesten Getränken von Jugendlichen (BZgA 2004, 2007, 2009). Werbung und Marketing für diese Getränke führen dazu, dass Jugendliche das Risiko durch Alkoholkonsum unterschätzen, und bewirken dadurch einen erhöhten Alkoholkonsum Jugendlicher (Anderson 2007, DAK 2009; Science Group of the European Alcohol and Health Forum 2009; Saffer & Dave 2006; für weitere Informationen: DHS Factsheet Alkohol und Werbung 2009). 1 Konsumprävalenzen Erstkonsum und Konsumeinstieg In Deutschland machen Jugendliche schon früh erste Erfahrungen mit Alkohol. Der Erstkonsum findet im Durchschnitt mit 13,2 Jahren statt (Settertobulte & Richter 2007). Nach der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat bei den 12bis 15- Jährigen nur etwa ein Drittel bisher noch keinen Alkohol konsumiert. Von den 16- bis 17Jährigen haben fast alle (93,1%) schon einmal Alkohol getrunken. Konsummenge in Gramm Reinalkohol pro Woche Insgesamt 67,2 99,1 m w 33,5 15,3 12 bis 15 Jahre 89,1 16 bis 17 Jahre 84,3 18 bis 25 Jahre Quelle: BZgA 2009 Während die Lebenszeitprävalenz angibt, wer schon einmal Alkohol probiert hat, gilt die 12-MonatsPrävalenz als Indiz dafür, ob nach dem Erstkonsum weiterhin Alkohol getrunken wird. Bei den 12- bis 15- Jährigen liegt die 12-Monats-Prävalenz bei 53,7 %, bei den 16- bis 17- Jährigen liegt sie jedoch schon bei 92,3 %. Die Tendenz zum häufigeren Alkoholkonsum wird durch die 30-Tages-Prävalenz bestätigt. Regelmäßiger Konsum Regelmäßige Konsummuster (mindestens einmal pro Woche) entwickeln und verfestigen sich in der Altersgruppe der 16- bis 17- Jährigen. Während bei den 12- bis 15- Jährigen nur 6,4% regelmäßig trinken, sind es bei den 16- bis 17- Jährigen 36% und bei den 18- bis 25-Jährigen 37,1%. Regelm äßiger Alkoholkonsum (mind. einmal pro Woche) Der mit 16 – 17 Jahren begonnene Alkoholkonsum wird von den 18- bis 25- Jährigen beibehalten. Für die 18- bis 25- Jährigen liegen Lebenszeit- bzw. 12Monats-Prävalenz bei 97,4% bzw. 94,1%. Hinsichtlich des Beginns des Alkoholkonsums lassen sich keine geschlechterspezifischen Unterschiede feststellen. Insges amt 29,9% m 40,5% w 17,4% 6,4% 12 bis 15 Jahre 36,0% 16 bis 17 Jahre 88,8% 83,6% Insgesamt Quelle: BZgA 2009 65,8% 89,0% 84,6% m Alkoholkonsum nach Schulformen Im Kinder- und Jugendgesundheissurvey (KiGGS) wurden Daten zum regelmäßigen Alkoholkonsum von Jugendlichen (14- bis 17-Jährigen) nach Schulform erhoben. Schüler und Schülerinnen von Gesamtschulen weisen jeweils den niedrigsten Wert für regelmäßiges Trinken auf. Während bei den Jungen mehr Haupt- und Realschüler regelmäßig trinken als Schüler von Gymnasien, ist dieses Verhältnis bei Schülerinnen umgekehrt. 70,4% 88,4% 82,6% w 61,0% 65,2% 12 bis 15 Jahre 53,7% 28,6% 93,1% 92,3% 16 bis 17 Jahre 76,2% 97,4% 94,1% 18-25 Jahre Lebenszeitprävalenz 78,9% 12-Monats-Prävalenz 37,1% 18 bis 25 Jahre Konsumprävalenzen Jugendlicher 30-Tages-Prävalenz Quelle: BZgA 2009 Regelmäßiger Alkoholkonsum nach Schulformen KiGGS, 14- bis 17- Jährige (Angaben in Prozent) Trinkmengen Während die durchschnittlich konsumierte Menge reinen Alkohols pro Woche bei den 12- bis 15Jährigen noch 15,3g beträgt, sind es bei den 16- bis 17-Jährigen schon 89,1g und bei den 18- bis 25Jährigen 84,3g pro Woche. Im Alter von 16 bis 17 Jahren entwickeln Jugendliche die Trinkgewohnheiten, die sie auch später beibehalten. Hauptschule Realschule Gesamtschule Gymnasium m 50,5 48,8 41,3 43,9 w 25,3 25,3 18,2 28,8 Quelle: Lampert & Thamm 2007 2 Sozialstatus Jungen mit niedrigem oder mittlerem Sozialstatus trinken häufiger regelmäßig als diejenigen mit hohem Sozialstatus. Bei Mädchen trinken mehr Jugendliche mit hohem Sozialstatus regelmäßig und diejenigen am wenigsten mit niedrigem Sozialstatus. weiblichen Jugendlichen regelmäßig im Vergleich zu 40,5% der männlichen (BZgA 2009). Auch hinsichtlich der Trinkmenge bestehen deutliche geschlechterspezifische Unterschiede: Weibliche Jugendliche trinken mit durchschnittlich 33,5g reinen Alkohol pro Woche nur etwa ein Drittel so viel wie ihre männlichen Gleichaltrigen (99,1g pro Woche)(BZgA 2009). Regelmäßiger Alkoholkonsum nach Sozialstatus und Geschlecht (Angaben in Prozent) Regelmäßiger Alkoholkonsum Jugendlicher in alten und neuen Bundesländern Zwischen 1993 und 2008 ist der regelmäßige Alkoholkonsum Jugendlicher zurückgegangen. Das gilt sowohl für Jungen und Mädchen wie auch für die alten und neuen Bundesländer. Dieser Rückgang ist jedoch kein kontinuierlicher Trend. Die Entwicklung ist von Schwankungen geprägt, in 2004 war regelmäßiger Konsum wieder weiter verbreitet als in 2001. m W Niedrig 46,0 23,9 Mittel 49,8 26,1 Hoch 44,5 28,2 Quelle: Lampert & Thamm 2007 Aktuell trinken in den neuen Bundesländern prozentual mehr Jugendliche und junge Erwachsene regelmäßig Alkohol als in den alten Bundesländern. Dies gilt für Jungen seit 2001 und für Mädchen seit 2004, zuvor war das Verhältnis umgekehrt (mit Ausnahme für Mädchen in 1993). Geschlechterspezifische Unterschiede Beim regelmäßigen Konsum lassen sich deutliche Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Jugendlichen feststellen. In allen Erhebungsjahren trinken sowohl in den neuen wie in den alten Bundesländern wesentlich mehr Jungen regelmäßig als Mädchen (RKI 2009). In neuen und alten Bundesländern zusammen trinken 17,4% der In 2008 ist der Unterschied zwischen den alten und neuen Bundesländern (vor allem bei Jungen) größer als in den Jahren zuvor (RKI 2009). Quelle: Robert Koch-Institut 2009 nach den Drogenaffinitätsstudien der BZgA 1993, 1997, 2001, 2004 und 2008 Internationaler Vergleich Mit der „Europäischen Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD)“ liegt eine international vergleichende Wiederholungsstudie vor, in der Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren befragt werden. Nach der letzten ESPAD-Befragung aus dem Jahr 2007 haben 75% der deutschen 15- und 16-Jährigen in den letzten 30 Tagen mindestens einmal Alkohol getrunken. Bei der letzten Trinkgelegenheit konsumierten sie im Durchschnitt 40g reinen Alkohols. Damit liegt Deutschland im oberen Drittel, deutsche Jugendliche trinken im internationalen Vergleich häufiger und mehr Alkohol als die Gleichaltrigen in den meisten 3 anderen europäischen Ländern (ESPAD 2007). Ein Vergleich für „Trunkenheit“ in den letzten 12 Monaten und den letzten 30 Tagen zeigt, dass Deutschland im Ländervergleich hier ebenfalls zu den Ländern mit den höchsten Werten gehört (ESPAD 2007). Konsumierte Alkoholmenge bei der letzten Trinkgelegenheit (in "cl of 100% Alcohol" und umgerechnet in Gramm Reinalkohol) Alkoholkonsum 15- und 16- Jähriger in den letzten 30 Tagen (in ausgewählten ESPAD Ländern) Austria 75% Germany 70% UK 6,2cl / 48g UK 80% Austria 5,5cl / 43g 5,1cl / 40g Germany France 64% Poland Italy 63% France 3,6cl / 28g Italy 3,6cl / 28g Poland ESPAD 57% 61% ESPAD 3,9cl / 30g 4,2cl / 33g Quelle: (eigene Bearbeitung) nach ESPAD 2007 Riskanter und g efährlicher Konsum Untersuchungen des durchschnittlichen Pro-KopfKonsums reinen Alkohols (g/Tag) geben Auskunft über die Verbreitung von riskanten und gefährlichen Konsummustern. Die von Experten vorgeschlagenen Grenzwerte richten sich nach medizinisch relevanten Aspekten und gelten als Orientierung für gesunde Erwachsene (Bühringer et al. 2000). Auf Kinder und Jugendliche lassen sich diese Grenzwerte nicht anwenden. Kinder sollten gar keinen Alkohol trinken und Jugendliche sollten Alkohol weitgehend meiden, um negative Auswirkungen auf ihre Entwicklung zu verhindern (Seitz, Bühringer & Mann 2008). BingeBinge -Drinking Der Konsum großer Mengen Alkohols in kurzer Zeit wird als Binge-Drinking bezeichnet und wird definiert als der Konsum von 5 oder mehr Gläsern 2 Alkohol pro Trinkgelegenheit. Der Prävalenz des Binge-Drinking bei 12- bis 17Jährigen kommt besondere Aufmerksamkeit zu, da der Konsum solcher Mengen die körperliche und geistige Entwicklung negativ beeinflussen (Anderson 2007; De Bellis et al. 2000; Spear 2002). Der Anteil der Jugendlichen in dieser Altersgruppe, die in den letzten 30 Tagen mindestens einmal 5 oder mehr Gläser Alkohol getrunken haben, lag 2008 bei 20,4% (männlich: 23,0%; weiblich: 17,7%). Der Anteil beim wöchentlichen Binge-Drinking lag bei 5,8% (m:7,6%; w:4,0%). Die Zahlen (insgesamt und für beide Geschlechter) variierten zwischen 2004 und 2008 leicht, die höchsten Werte waren jeweils 2007 erreicht (BZgA 2007, 2009). Dennoch weisen 6,2% der 12- bis 17- Jährigen tägliche Konsummengen auf, die auch für gesunde Erwachsene riskant sind. Weitere 2,0% trinken täglich Mengen, die auch für Erwachsene als gefährlich gelten. BingeBinge-Drinking, 12 bis 17 Jahre (in Prozent) 2004 2005 2007 30-Tages22,6 19,6 25,5 Prävalenz wöchentliches 6,6 5,6 8,1 Binge-Drinking Konsumformen, Konsumformen, 12 bis 17 Jahre, 2008 (in Prozent) Gesamt Jungen Mädchen Abstinent 54,7 52,9 56,6 Risikoarmer Konsum1 37,1 38,0 36,1 Riskanter Konsum1 6,2 6,6 5,8 2,0 2,5 1,5 Gefährlicher Konsum/ Hochkonsum1 2008 20,4 5,8 Quelle: BZgA 2009 Quelle: BZgA 2009 Alkoholvergiftungen Seit dem Jahr 2000 werden immer mehr Jugendliche mit akuter Alkoholvergiftung in Krankenhäusern behandelt. Zwischen den Jahren 2000 und 2008 ist die Zahl der 10- bis 20-Jährigen, die mit einer akuten Alkoholintoxikation ins Krankenhaus eingeliefert werden um 170% 1 Die BZgA verwendet die von Bühringer et al. (2000) vorgeschlagenen Schwellenwerte („risikoarmer Konsum“: Männer bis 30g/Tag, Frauen bis 20g; „riskanter Konsum“: Männer 30-60 g/Tag, Frauen 20-40 g/Tag; „gefährlicher Konsum“: Männer 60-120 g/Tag, Frauen 40-80 g/Tag; Hochkonsum: Männer mehr als 120 g/Tag, Frauen mehr als 80 g/Tag). Nach den neueren Empfehlungen von Seitz, Bühringer und Mann (2008) ist der Schwellenwert zwischen „risikoarmen“ zum „riskanten“ Konsum nochmals gesenkt: Männer 24g, Frauen 12g 2 Ein Glas entspricht 10-12 Gramm reinen Alkohols; mehr zum Thema Binge-Drinking: vgl. DHS Factsheet BingeDrinking und Alkoholvergiftungen 4 gestiegen, von 9.514 auf 25.709 (Destatis 20002009). Anzahl Geschmacks und des an Jugendlichen orientierten Produktdesigns bei Jugendlichen unter 18 Jahren äußerst beliebt. Selbst bei den 12- bis 15-Jährigen trank 2004 ein Drittel mindestens einmal im Monat Alkopops. Kein anderes Getränk wurde bei weiblichen Jugendlichen ähnlich beliebt wie Alkopops (BZgA 2004). Um diesem steigenden Konsumtrend entgegenzuwirken wurde 2004 das Alkopopsteuergesetz (AlkopopStG) eingeführt. Die Sondersteuer bewirkte, dass der Konsum von Alkopops aufgrund der hohen Preise seitdem wieder zurückging (BZgA 2007, 2009). Die „Alkopopgeneration“ zählt heute zur Altersgruppe der 18- bis 24- Jährigen. Sie wurde durch die Markteinführung der Alkopops dahingehend geprägt, dass bei dieser Altersgruppe Spirituosen auch jetzt noch beliebter sind als in anderen Altersgruppen. Krankenhauspatienten mit akuter Alkoholvergiftung im Alter zwischen 10 und 20 Jahren 30.000 25.000 männlich w eiblich 20.000 Gesamt 15.000 10.000 5.000 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Statistisches Bundesamt 2000-2009 Mischgetränke Nach wie vor stellt Bier das beliebteste alkoholische Getränk von Jugendlichen dar. 47,3% der 12- bis 25Jährigen geben an, mindestens einmal im Monat Bier zu trinken (BZgA 2009). Bei den Präferenzen Jugendlicher spielen aber Mischgetränke, bei denen Spirituosen mit Limonade fertig gemischt (so genannte Alkopops) angeboten werden oder bierbzw. weinhaltige Mischgetränke eine besondere Rolle. Die alkoholhaltigen Mischgetränke, die aufgrund ihres süßen Geschmacks den Alkoholgeschmack überdecken, wurden insbesondere bei Mädchen und jungen Frauen äußerst beliebt (BZgA 2003; Farke 2008). Die speziell auf Jugendliche und ihre Lebenswelten ausgerichtete Werbung trägt ebenfalls zur besonderen Beliebtheit von Mischgetränken bei Jugendlichen bei (Anderson 2007; vgl. DHS Factsheet Alkohol und Werbung). Monatsprävalenz Spirituosen nach Altersgruppen Quelle: Pabst & Kraus 2008 Die Alkoholindustrie reagierte auf den Einbruch dieses Marktsegmentes indem sie zunehmend Bierund Weinmischgetränke auf den Markt bringt und diese jugendorientiert vermarktet. In den Jahren 2006 und 2007 verzeichneten die Brauereien einen Absatzanstieg an Biermischgetränken von 17,7% bzw. 18,2% (Deutscher Brauer-Bund 2009). Ein Anstieg des monatlichen Konsums solcher Mischgetränke bei Jugendlichen ist insbesondere zwischen 2005 und 2007 festzustellen. Bei Mädchen ist dieser Anstieg größer als bei Jungen (BZgA 2007). Zum Verkauf fertige Mischgetränke verbreiteten sich zunächst in Form von Alkopops Mitte/Ende der 1990er Jahre auf dem Markt. Es folgte ein dramatischer Anstieg des Konsums: zwischen 2001 und 2004 stieg der regelmäßige Alkopopkonsum (mind. einmal pro Woche) von 8% auf 16% an (BZgA 2004, 2009). Diese Entwicklung lässt sich bei beiden Geschlechtern erkennen. Mit Spirituosen gemischte Getränke dürfen nach dem Jugendschutzgesetz an Jugendliche unter 18 Jahren nicht verkauft werden. Dennoch wurden sie aufgrund des süßen Folgen und Konsequenzen des Konsums Alkoholkonsum kann für die Gesundheit schwerwiegende Folgen haben, sowohl akut als auch chronisch. Bei Jugendlichen beeinträchtigt der Konsum die körperliche und geistige Entwicklung in der Pubertät. Darüber hinaus kann sich Alkoholkonsum während der Jugendphase negativ auf den Sozialisationsprozess auswirken und zu andauernden Problemen im späteren Leben führen. In bestimmten situativen Kontexten wie z.B. im Straßenverkehr oder in Auseinandersetzungen kann Alkoholkonsum ernste, auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gesundheitliche Gesundheitliche Folgen Akute Gefahren wie Unfälle und Verletzungen, Bewusstlosigkeit und Atemstillstand, können beim Konsum von Alkohol auftreten (vgl. DHS Factsheet Binge-Drinking und Alkoholvergiftungen). In 5 psychischen Belastungssituationen kann Alkohol Suizid begünstigen. Der regelmäßige Konsum kann chronische Krankheiten auslösen, dauerhaft Organe schädigen und in eine körperliche Abhängigkeit führen. Über 60 verschiedene Krankheiten können durch Alkohol ausgelöst werden und nahezu jedes Körperorgan kann durch Alkoholkonsum dauerhaften Schaden nehmen (Anderson & Baumberg 2006). Jugendliche müssen eine Reihe von Entwicklungsaufgaben bewältigen, dazu gehören die Entwicklung intellektueller und sozialer Kompetenz, die Herausbildung einer eigenen Identität, die Herausbildung von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit und das Erlernen von Normen und Werten. Wenn bei der Bewältigung dieser Aufgaben Alkoholkonsum selbst eine determinierende Funktion übernimmt (und z.B. Identitätsstiftend wird), so wird der Entwicklungsprozess gestört (Hurrelmann 2007). In der Jugendphase finden wichtige Entwicklungsprozesse im Gehirn statt, die durch Alkoholkonsum beeinträchtigt werden. (Spear 2002). Insbesondere Hirnregionen die an Lernprozessen beteiligt sind, werden durch Alkoholkonsum geschädigt (De Bellis et al. 2000). Jugendliche sind für Langzeitschädigungen des Gehirns anfälliger als Erwachsene. Dazu zählen z.B. Schädigungen kognitiver Fähigkeiten und des Erinnerungsvermögens (IAS 2009b). Soziale Folgen Unmittelbare und langfristige soziale Folgen des Alkoholkonsums bekommen Jugendliche zu spüren, wenn der Alkoholkonsum Probleme im sozialen Umfeld, z.B. mit Eltern, Freunden und Bekannten, verursacht. Zusätzlich können Probleme in der Schule (mit schulischen Leistungen oder mit Lehrern) entstehen, bei Konflikten mit dem Gesetz auch mit der Polizei. Da Jugendliche aufgrund ihrer altersbedingten körperlichen Entwicklung meist noch ein geringeres Körpergewicht als Erwachsene haben, sind für Jugendliche schon geringere Mengen Alkohols gefährlich. Die gleiche Menge aufgenommenen Alkohols verteilt sich auf geringere Körpermasse und führt somit zu einer höheren Blutalkoholkonzentration. Das Feld sozialer Probleme, die durch Alkoholkonsum entstehen können, ist breit und steht in einem wechselseitigen Verhältnis mit anderen riskanten Verhaltensweisen. So hängt Alkoholkonsum in besonderem Maße mit riskantem Sexualverhalten zusammen (ESPAD 2007). Unvorsichtiger, ungeschützter Geschlechtsverkehr kann zu ungewollten Schwangerschaften führen und erhöht die Gefahr einer Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten. Bei mehr als jedem vierten Todesfall junger Männer im Alter von 15-29 spielt Alkohol eine Rolle. Die Grafik zeigt, den Anteil der alkoholbedingten Todesfälle an allen Todesfällen in verschiedenen Altersgruppen: Problematischer Alkoholkonsum in der Jugend erhöht das Risiko für einen niedrigen Bildungs- und sozioökonomischen Status im Erwachsenenalter und führt damit zu langfristigen negativen Folgen. Der frühe Konsumeinstieg ist auch deshalb problematisch, da er die Weichen für Konsummuster im Erwachsenenalter stellt. Riskantes Konsumverhalten in der frühen Jugend erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das riskante Verhalten im Erwachsenenalter fortgesetzt wird (IAS 2009a; Jefferis et al. 2005). Alkohol im Straßenverkehr Straßenverkehr Personen am Ende ihrer Jugendphase sind besonders häufig mit den Konsequenzen durch Alkohol im Straßenverkehr konfrontiert. Quelle: Anderson & Baumberg 2006 Jugendliche und junge Erwachsene sind von alkoholbedingten Straßenverkehrsunfällen am stärksten betroffen. In deutlich höherem Ausmaß sind es alkoholisierte junge Männer als Frauen, die an Straßenverkehrsunfällen beteiligt sind. Bei Unfällen mit Personenschaden wird ein Grossteil der Unfälle durch männliche, alkoholisierte Fahrer verursacht. Beeinträchtigung der Sozialisation Die Jugendphase ist ein wichtiger Abschnitt der Sozialisation. Soziales Verhalten wird in dieser Phase geprägt, Alkoholkonsum kann diesen Prozess stören. Sozialpsychologische Aspekte, wie die Herausbildung der eigenen Identität in der Jugendphase, werden durch Alkoholkonsum belastet. 6 jugendlicher Gewalttäter problematischen Alkoholkonsum auf, und diese begehen 60% der verübten Gewalttaten dieser Gruppe (Kuntsche et al. 2006). Am höchsten ist der Anteil bei den 21- bis 24Jährigen (74,5%), gefolgt von den 18- bis 20Jährigen (61,9%). Neben Gewaltdelikten stehen eine Reihe weiterer Gesetzesverstöße häufig in Zusammenhang mit Alkoholkonsum Jugendlicher, wie z.B. Beleidigungen, Diebstahl, Raub und Sachbeschädigung (2008 stand bei knapp einem Viertel aller Sachbeschädigungen durch Jugendliche der Täter unter Alkoholeinfluss, vgl. LKA NI. 2008). Alkoholisierte Beteiligte je 1.000 beteiligte PkwFahrer an Unfällen mit Personenschaden 2007 Alter 18-20 61,9 10,3 74,5 21-24 12,9 25-34 54,2 10,6 36,1 35-44 11,2 45-54 32,3 11,0 55-64 Im Jahr 2008 waren etwa 11% aller Straftäter unter Alkoholeinfluss minderjährig. Die Fallzahlen von Straftaten unter Alkoholeinfluss, bei denen der Täter minderjährig war, sind in den letzten Jahren gestiegen (allerdings weniger stark als der Anstieg bei Tätern unter Alkoholeinfluss insgesamt)(LKA NI. 2009). 23,3 8,5 12,5 65-74 5,2 m 75+ 5,4 w 1,6 Quelle: DHS Jahrbuch Sucht 2009 Junge Autofahrer sind meistens ungeübter und unerfahrener im Straßenverkehr als ältere Verkehrsteilnehmer. Hinzu kommt, dass Alkohol eine größere Wirkung auf Personen hat, die noch vergleichsweise wenig gewöhnt an Alkohol sind. Vergleiche von Blutalkoholwerten zeigen, dass bei jungen Menschen, die an Alkoholunfällen beteiligt sind, häufiger ein niedriger BAK Wert (unter 0,5 Promille) vorliegt als bei älteren (Statistisches Bundesamt 2007; DHS 2009; IAS 2009b). Kinder und Jugendliche haben aber auch oft unter dem Alkoholmissbrauch der Eltern und dadurch bedingte familiäre Gewalt zu leiden. Fast jedes fünfte Kind wächst in einer suchtbelasteten Familie auf (Klein 2008). Direkt, als Opfer, oder indirekt, als Zeuge, erleben Kinder in suchtbelasteten Familien gewalttätige Übergriffe. Das Erleben von Gewalt und Alkoholproblemen in der Kindheit erhöht das Risiko der Betroffenen, im späteren Leben selbst zu Tätern zu werden und auch selbst Alkoholprobleme zu entwickeln. Alkoholunfälle ereignen sich insbesondere häufig an Wochenenden und in den Nachtstunden (Statistisches Bundesamt 2007). In dieser Zeit sind Alkoholunfälle mit Personenschaden am häufigsten, was mit dem Trinkverhalten der meisten Menschen – an Wochenendabenden, in der Freizeit, in Kneipen, Diskos, auf Partys etc. – korreliert. In einigen europäischen Ländern werden auch abweichende aber nicht strafbare Verhaltensweisen in Verbindung mit Alkohol sehr ernst genommen. Häufiges Schulschwänzen wird z.B. in England viel stärker als Problem (und Ursache für spätere Probleme) wahrgenommen als in Deutschland. Auch hier werden Zusammenhänge mit problematischem Alkoholkonsum festgestellt (IAS 2009b; Best et al. 2006). Während die Anwesendheit von Beifahrern normalerweise das Unfallrisiko im Straßenverkehr senkt, zeigt sich, dass dies bei jungen Autofahrern ins Gegenteil gekehrt wird. Insbesondere durch alkoholisierte Beifahrer wird das Unfallrisiko noch erhöht (Vollrath et al. 1998). In der Berliner JAH-Studie (Jugendliche – Alkohol – Hintergründe) wurden im Jahr 2009 in Berliner Jugendeinrichtungen 178 Jugendliche danach gefragt, ob sie durch Alkohol in, aus ihrer Sicht, gefährliche oder sehr unangenehme Situationen gerieten. Die Mehrheit der Jugendlichen (60,7%) konnte von persönlich erlebten negativen Konsequenzen durch Alkoholkonsum berichten. Den größten Anteil daran hatte gewalttätiges Verhalten („Schlägereien“), aber auch Alkoholvergiftungen bei sich selbst oder Freunden und Unfälle wurden genannt, sowie „allgemein Unangenehmes“ (Fachsstelle für Suchtprävention im Land Berlin 2009). Alkohol und Delinquenz Die Wirkung von Alkohol führt dazu, dass es bei aggressiven Auseinandersetzungen häufiger zu Gewaltanwendung kommt – die Hemmschwelle ist herabgesetzt. Bei etwa einem Drittel aller Gewalttaten steht der Täter unter Alkoholeinfluss. Alkoholkonsum erhöht die Wahrscheinlichkeit, selbst Täter oder Opfer von Gewalttaten zu werden (vgl. PKS 2009). Insgesamt sind männliche Jugendliche häufiger in Gewaltverhalten verwickelt als weibliche, sowohl als Opfer als auch als Täter. Jugendliche mit problematischem Alkoholkonsum neigen stärker zu Gewaltdelikten als Jugendliche ohne problematischen Konsum. So weisen 25% männlicher, 7 Gründe für Alkoholkonsum im Jugendalter Jugendalter Entwicklungspsychologische Ebene Die Jugend ist die Lebensphase zwischen der Kindheit und dem Erwachsensein. Der Übergangsprozess wird von biologischen und sozialen Faktoren beeinflusst und verläuft individuell höchst unterschiedlich. Allgemeingültige Grenzen für den Beginn und das Ende der Jugendzeit lassen sich nicht aufstellen. Aus juristischer Sicht ist dies dennoch notwendig – z.B. für die Strafmündigkeit. Aber auch hier wird dem individuellen Verlauf der Entwicklung Rech- nung getragen, indem bei Heranwachsenden je nach Entwicklungsstand Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht angewandt wird. Die im Jugendschutzgesetz enthaltenen Normen zu Alkohol tragen der Erkenntnis Rechnung, dass Alkoholkonsum für Kinder und Jugendliche schädlicher ist als für Erwachsene. Die Regelungen des Jugendschutzgesetzes müssen – im Gegensatz zu einem Strafgesetzbuch – als Regelwerk verstanden werden, das dem Schutze der Jugend dient. Das Jugendschutzgesetz Jugendschutzgesetz (JuSchG) § 4 Gaststätten • Jugendlichen bis 16 Jahren ist der Aufenthalt in Gaststätten nur erlaubt, wenn sie in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person sind, oder wenn sie bis spätestens 23 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen. • Jugendlichen zwischen 16 und 18 (falls nicht in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person) ist der Aufenthalt bis 24 Uhr erlaubt. • Eine Ausnahme gilt, wenn es sich um eine Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe handelt oder wenn sich die Kinder/Jugendlichen auf Reisen befinden. § 5 Tanzveranstaltungen • Die Anwesenheit bei Tanzveranstaltungen (auch z.B. Discotheken) ist Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren, die nicht in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person sind, bis 24 Uhr gestattet. • Jugendlichen unter 16 Jahren ist die Anwesenheit bei Tanzveranstaltungen nicht gestattet, aber es gelten zwei Ausnahmen: wird die Veranstaltung von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt oder dient sie der künstlerischen Betätigung oder der Brauchtumspflege, so dürfen Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren bis 24 Uhr teilnehmen, Kinder unter 14 Jahren bis 22 Uhr. § 9 Alkoholische Getränke • • • Jugendlichen unter 18 Jahren ist der Erwerb und Verzehr von Spirituosen in Gaststätten, Verkaufsstelle oder sonst in der Öffentlichkeit nicht gestattet. (Alkopops enthalten Spirituosen und fallen unter diesen Absatz. Ein Hinweis darauf muss laut Gesetz auf dem Etikett deutlich zu sehen sein.) Für andere alkoholische Getränke (z.B. Bier und Wein) legt der Paragraf fest, dass Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren der Erwerb und Verzehr in der Öffentlichkeit nicht gestattet ist. Eine Ausnahme für letzteres gilt dann, wenn Jugendliche (ab 14) in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person sind. (Siehe auch: http://www.gesetze-im-internet.de/juschg/ ) Während die Biologie und die Medizin die Jugendphase vor allem unter Gesichtspunkten der körperlichen und psychischen Entwicklung betrachten, ist das Konzept der Jugendphase in der Soziologie etwas weiter gefasst. Es versteht den Lebensabschnitt Jugend als fließenden Übergang von der Rolle des Kindes zur Rolle des Erwachsenen. In dieser Phase spielen sich nicht nur biologische Veränderungen ab, sondern sie ist auch ein besonders wichtiger und prägender Abschnitt der Sozialisation. Auf klare Altersgrenzen legt sich die Soziologie nicht fest. stellt die Jugend die Phase des Lebens dar, in denen sich die Menschen aus diesem Bindungsverhältnis allmählich herauslösen. Jugend wird als eine Übergangsphase verstanden, in der Menschen sich aus der unselbständigen und von anderen abhängigen Kindheit zu selbstständigen und unabhängigen Erwachsenen entwickeln. Sie beginnt bereits vor der (biologischen) Pubertät und endet erst mit der vollständigen Übernahme der Rolle eines Erwachsenen mitsamt seinen Aufgaben und Verpflichtungen, Verantwortungen und Rechten. In der Kindheit stellen vor allem die Eltern die Bezugspersonen dar, die Einstellungen und Verhalten der Kinder maßgeblich beeinflussen. In der Schule und im Freizeitbereich nimmt dieser Während in der Kindheit von einer starken Einbindung ins Familienleben ausgegangen wird, 8 Deutschland ist es Jugendlichen ab 16 gestattet Bier und Wein zu kaufen, in anderen europäischen Ländern nicht), so dass die Antworten das Ergebnis verzerren müssen. Der Kauf von Spirituosen und Alkopops ist dagegen überall illegal, so dass die antworten „leicht“ und „sehr leicht“ aussagekräftig verglichen werden können. Einfluss mit fortschreitendem Alter ab und andere Bezugspersonen gewinnen an Bedeutung. In der Jugendphase sind dies neben Lehrern vor allem gleichaltrige andere Jugendliche, die eine zentrale Rolle spielen. Während der Findung der eigenen Identität und Bildung der Persönlichkeit sind Meinungen und Akzeptanz anderer Jugendlicher teilweise bedeutsamer als die Bindung zur eigenen Familie (Hurrelmann 2007). Verfügbarkeit alkoholischer Getränke; "leicht" und "sehr leicht" Dieses Verständnis der Jugend ist für die Erklärung von Alkoholkonsum (und von Drogenkonsum allgemein) sehr wichtig. Gründe für jugendlichen Alkoholkonsum lassen sich in den Einflüssen durch Gruppendruck finden, in der Identitätsfindung, dem Protest gegen und Loslösen von dem Abhängigkeitsverhältnis in der Familie oder dem Austesten von Grenzen (Hurrelmann 2007). In einer Studie der Universität Tübingen schildern Jugendliche ihre Trinkmotive, wonach sie einerseits trinken, um Spaß zu haben, locker und gut drauf zu sein, andererseits aber auch um Frust und Stress zu bewältigen (Stumpp et al. 2009). 57% Austria 77% 90% 52% Germany 72% 91% 59% 72% 70% UK 55% 58% France 73% 60% 73% Italy 80% 55% Poland na. 82% 56% 68% ESPAD 78% Spirituosen Alkopops Bier Quelle: ESPAD 2007 Die entwicklungspsychologischen Erklärungsansätze und die Untersuchung der Trinkmotive haben eine längere Tradition. Doch bei neueren Entwicklungstrends scheinen diese Ansätze an ihre Grenzen zu stoßen. Was früher wie heute gilt und Substanzkonsum von Jugendlichen erklärt, reicht nicht aus um stärkere Veränderungen nach der Jahrtausendwende zu erklären. Deshalb wird neuerdings oft eine weitere Perspektive hinzugenommen, die Gründe für Alkoholkonsum nicht nur im Individuum sucht, sondern auch bestimmte strukturelle Rahmenbedingungen der Gesellschaft in den Blickpunkt rückt. Die Angaben der Deutschen 15- bis 16-Jährigen liegen bei Bier erwartungsgemäß weit über dem Durchschnitt, bei Alkopops leicht darüber und bei Spirituosen leicht darunter. Dass über die Hälfte der 15- und 16- Jährigen es „leicht“ oder „sehr leicht“ findet, an Spirituosen zu gelangen muss als eklatanter Mangel der Durchsetzung des Jugendschutzes gewertet werden, selbst wenn Deutschland hier ausnahmsweise mal unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Die Berliner JAH-Studie befragte Jugendliche nach ihren Bezugsquellen für alkoholische Getränke. Über die Hälfte (52,2%) der Jugendlichen gab an, den Alkohol selbst gekauft zu haben, weitere 26,4% bekamen Alkohol von Freunden. Meist kauften die Jugendlichen die Getränke im Supermarkt (57%) oder in „kleineren Geschäften / Spätkauf“ (26,7%) (Fachsstelle für Suchtprävention im Land Berlin 2009). Strukturelle Strukturelle Ebene Ein wesentlicher Faktor, welcher das Konsumverhalten von Jugendlichen beeinflusst, ist die Verfügbarkeit alkoholhaltiger Getränke. Eine hohe Verfügbarkeit, dazu gehören zum Beispiel eine hohe Dichte an Verkaufsstellen, lange oder unbegrenzte Öffnungszeiten und leichter oder unbeschränkter Zutritt zu Verkaufsstellen, erhöht den Alkoholkonsum. Auch eine mangelnde Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen zum Verkauf an Jugendliche und inkonsequente Durchsetzung der Regelungen tragen zu einer höheren Verfügbarkeit bei. Neben der Verfügbarkeit hat auch die Erschwinglichkeit einen großen Einfluss auf den Alkoholkonsum Jugendlicher. Die EU-Kommission beauftragte 2009 RAND Europe mit einer Untersuchung der Erschwinglichkeit alkoholhaltiger Getränke in den europäischen Mitgliedsländern. Bei dem Konzept der Erschwinglichkeit werden neben dem Preis verschiedene Faktoren untersucht. So werden z.B. auch die verfügbaren Einkommen und weitere wirtschaftliche Faktoren wie die Inflation berücksichtigt. Der RAND Report kommt so zu dem Ergebnis, dass europaweit seit 1996 die größere Erschwinglichkeit alkoholischer Getränke hauptsächlich durch Anstiege des verfügbaren Einkommens verursacht In der ESPAD-Studie wurden Schüler gefragt, wie schwierig sie es einschätzen, selbst an Alkohol zu gelangen. Da in den europäischen Ländern unterschiedliche Altersgrenzen für den Erwerb von alkoholischen Getränken gelten, ist die Vergleichbarkeit für Bier nur eingeschränkt gegeben. Bei den befragten 15- und 16-Jährigen Schülern ist in manchen Ländern für einen Teil der Befragten der Kauf von Bier und Wein legal (in Österreich und 9 ist. Im Vergleich zu den gestiegenen verfügbaren Einkommen und den in Relation zu Alkoholpreisen stärker gestiegenen Lebenshaltungskosten sind Preise für alkoholische Getränke sogar gesunken, auch wenn nominell ein geringer Anstieg der Preise zu verzeichnen ist (RAND Europe 2009). preisgünstiger geworden), allerdings weniger stark als in anderen europäischen Ländern mit niedrigerem Ausgangsniveau. Trotz dieser Angleichung bleibt Alkohol in Deutschland erschwinglicher als in anderen Ländern. Es existiert ein Zusammenhang zwischen der Erschwinglichkeit und dem Konsumniveau, so ein weiteres Ergebnis des RAND Reports. Wird Alkohol erschwinglicher, so führt dies zu einem Anstieg des Alkoholkonsums, so die Wissenschaftler. Die Sensibilität, mit der Konsumenten auf Änderungen der Erschwinglichkeit reagieren ist bei Jugendlichen besonders hoch. Ein hohes Preisniveau führt zu einer Reduzierung des Konsums (RAND Europe 2009). Da im europäischen Vergleich Preise und Steuern für alkoholische Getränke in Deutschland niedrig sind, und die Einkommensverhältnisse eher auf hohem Niveau sind, liegt die Erschwinglichkeit damit auf relativ hohem Niveau. Das bedeutet, dass Alkohol in Deutschland relativ preiswert ist. Von diesem hohen Ausgangsniveau ist die Erschwinglichkeit im letzten Jahrzehnt weiter gestiegen (d.h. in Relation ist Alkohol noch Sinnvolle Prävention und Handlungsoptionen Verhalten ausbleibt. In einer von der BZgA veröffentlichten Expertise wurden suchtpräventive Maßnahmen und deren Wirkung analysiert. Die folgenden Settings für Suchtprävention werden als die wirksamsten identifiziert: Präventionsarbeit zielt darauf ab, Schäden vorzubeugen oder zu reduzieren. Um wirksam und effektiv zu sein, muss sie auf fachlich bewährten und Erfolg versprechenden Ansätzen basieren. Durch wissenschaftliche Evaluation wurden im vergangenen Jahrzehnt wirksame Projekte, Programme und Maßnahmen der Präventionsarbeit identifiziert. Studien diverser Fachgebiete (z.B. Medizin, Wirtschaft, Psychologie, Soziologie) zeigen in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht. (vgl. Anderson & Baumberg 2006; Babor et al. 2005, RAND Europe 2009). Settings und Methoden In der Familie: Familie umfassende Maßnahmen, das heißt kombinierte Eltern-, Kinder- und Familientrainings. • In der Schule: Schule interaktive, auf dem Modell des sozialen Einfluss oder der Lebenskompetenz aufbauende Programme. • In der Schule: Schule keine alleinige Informationsvermittlung, keine alleinige affektive Erziehung oder anderweitige nicht interaktive Maßnahmen • Einsatz von Medienkampagnen als flankierende Medien Maßnahmen und nicht als alleinige Maßnahme zur Verhaltensänderung. • Gesetzgeberische Maßnahmen zur Beeinflussung des Preises von Substanzen und der legalen Altersgrenze des Konsums [siehe Verhältnisprävention] (Quelle: BZgA 2006) • Je nachdem, an welchen Personenkreis die Prävention adressiert ist, unterscheidet man zwischen universeller, selektiver und indizierter Prävention. Universelle Prävention richtet sich z.B. über Aufklärungskampagnen in Massenmedien an die Allgemeinheit. Möglichst alle Mitglieder der Gesellschaft sollen erreicht und informiert werden. Selektive Selektive Prävention richtet sich an spezifische Zielgruppen, wird deshalb in bestimmten Kontexten platziert und ist in Ausgestaltung der Maßnahme auf eine Personengruppe zugeschnitten. Indizierte Prävention richtet sich an Betroffene, die bereits Probleme durch Alkoholkonsum zu spüren bekommen. Erfolgreiche Instrumente sind z.B. die Frühintervention, und Einzelgespräche in Krankenhäusern und Beratungsstellen. Links zu verschiedene Internetangeboten Neben dieser Unterscheidung auf verschiedenen Ebenen lässt sich Prävention auch nach Verhaltensprävention Verhaltensprävention und Verhältnisprävention unterscheiden. Während Verhaltensprävention am individuellen Konsumverhalten ansetzt, um Alkoholschäden zu reduzieren, wirkt Verhältnisprävention über die Regulierung von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mittels ordnungspolitischer Gesetzgebung. Die Verhaltensprävention versucht über Aufklärung, Information, Beratung und Intervention auf die Personen so einzuwirken, dass schädliches Aktionswoche Alkohol: http://www.aktionswoche-alkohol.de Präventionsprojekt Präv entionsprojekt „HaLT – Hart am Limit“ http://www.halt-projekt.de/ Kinder stark machen: machen http://www.kinderstarkmachen.de/ Bist Du stärker als Alkohol („Na toll!“) toll!“): http://www.bist-du-staerker-als-alkohol.de/ KlarSicht: KlarSicht http://www.klarsicht.bzga.de/ Kenn Dein Limit: Limit http://www.kenn-dein-limit.de/ Drugcom: Drugcom http://www.drugcom.de/ Zahlreiche Informationen über Kampagnen und Maßnahmen sind im Internet verfügbar. 10 Verhältnisprävention wirkt über die Einflussnahme auf bestimmte Rahmenbedingungen, die sich auf das Konsumverhalten auswirken. Es ist belegt, dass ein Zusammenhang zwischen Alkoholpreisen und Konsummenge mit den damit verbundenen Schäden besteht: je niedriger der Preis, desto höher der (riskante) Konsum, insbesondere bei Jugendlichen (Chisholm et. Al 2009; RAND Europe 2009). Weiterhin besteht ein Zusammenhang von Verfügbarkeit und Alkoholkonsum. Je leichter, länger und uneingeschränkter Alkohol verfügbar ist, desto stärker treten riskante Verhaltensweisen bei Jugendlichen auf (Anderson &Baumberg 2006; Babor et al. 2005). Erschwinglichkeit und Verfüg- barkeit können durch politische Entscheidungen beeinflusst werden. Diese Anwendungsbereiche verhältnispräventiver Arbeit ermöglichen die größten unmittelbaren Erfolge hinsichtlich der Reduktion von alkoholbedingten Schäden und sind für integrative Präventionsstrategien von größter Bedeutung. Auch Werbung für Alkohol erhöht insbesondere bei Jugendlichen den Konsum und ist ein Feld, in dem Verhältnisprävention regulierend eingreifen kann (DAK 2009; Science Group of the European Alcohol and Health Forum 2009; Saffer & Dave 2006). Handlungsoptionen für Entscheidungsträger Entscheidungsträgern aus der Politik stehen verschiedene Handlungsoptionen zur Reduzierung alkoholbedingter Schäden offen. Die hohe Wirksamkeit dieser Optionen sowie eine hohe Kosteneffektivität ist durch wissenschaftliche Studien belegt. • • • • PreisPreis- und Steuerpolitik Steuer politik: politik: Über Mindestpreise oder erhöhte Alkoholsteuern kann die Erschwinglichkeit und damit der Alkoholkonsum beeinflusst werden (RAND Europe 2009). Lizenzierung von Verkaufsstellen Verkaufsstellen: en: Über Lizenzierungsverfahren kann die Dichte von Verkaufsstellen begrenzt werden und somit die Verfügbarkeit beschränkt werden (Ramstedt 2002). Ladenöffnungszeiten: Ladenöffnungszeiten: Über Ladenschlussgesetze kann die zeitliche Verfügbarkeit beschränkt werden (Babor et al. 2005). Regulierung der Werbung: Werbung : Über gesetzliche Rahmenbedingungen für Alkoholwerbung können Jugendliche geschützt und riskanter Konsum reduziert werden (Science Group of the European Alcohol and Health Forum 2009). Policy Mix Die höchste Wirkung erzielt eine Kombination aus den genannten Präventionsarten. Sie ergänzen und unterstützen sich gegenseitig und bilden einen Mehrwert, der größer als die Summe der einzelnen Maßnahmen ist. So ein Policy Mix wird auch von dem europäischen Regionalkomitee der Weltgesundheitsorganisation empfohlen (WHO 2006). Auch der Rat der Europäischen Union hat die Relevanz verhältnispräventiver Maßnahmen erkannt und sie den Mitgliedsstaaten empfohlen: setzung im Bereich der Alkoholpolitik zu gewährleisten; -die Rolle der Preispolitik – etwa in Form von Regelungen für "Happy Hour"-Angebote, Sondersteuern auf Mix und Gratisgetränke – als wirksames Instrument zur Verringerung alkoholbedingter Schäden in Betracht zu ziehen und ihre Auswirkungen abzuschätzen; […]”(Rat der Europäischen Union 2009). Europäische Alkoholpolitik Einiges spricht dafür, in Europa gemeinsame Wege zu gehen. Der Markt für Alkohol und Alkoholwerbung ist ein europäischer Markt, Verhältnisprävention als gesundheitspolitisches Instrument auf nationaler Ebene läuft Gefahr, zu kurz zu greifen, wenn Waren und Werbung ohne Einschränkung Ländergrenzen überqueren. "DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION […] ERSUCHT DIE MITGLIEDSTAATEN, […] -die wirksamsten Maßnahmen zu nutzen, um auf einzelstaatlicher Ebene eine Regelung und Durch- Literatur Anderson, P. (2007). The impact of Alcohol Advertising: ELSA project report on the evidence to strengthen regulation to protect young people. Utrecht: National Foundation for Alcohol Prevention. Anderson, P.; Baumberg, B. (2006). (2006). Alcohol in Europe. London: Institute of Alcohol Studies. Babor, Th. et al. (2005). Alkohol – Kein gewöhnliches Konsumgut. Hogrefe. Göttingen. Best, D.; Manning, V.; Gossop, M.; Gross, S.; Strang J. (2006). Excessive drinking and other problem behaviours among 14-16 year old schoolchildren. Addictive Behaviours. 31(8): 1424-35 Bühringer, G. et al. (2000). Alkoholkonsum und Alkoholbezogene Störungen in Deutschland. Band 128, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit. Bonn, Bundesministerium für Gesundheit Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung [BZgA](2003). 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