PDF - Fondation Beyeler

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Medienmitteilung
Gustave Courbet
7. September 2014 – 18. Januar 2015
Die Fondation Beyeler widmet ihre Ausstellungen immer wieder Künstlern, deren Werk einen
massgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der modernen Malerei ausübte. Gustave Courbet, geboren
1819 in Ornans im französischen Jura nahe Besançon und 1877 im Schweizer Tour-de-Peilz
verstorben, ist eine dieser Schlüsselfiguren der Kunstgeschichte.
Zuletzt vor sechzehn Jahren wurde sein Werk in der Schweiz präsentiert. Die Ausstellung in der
Fondation Beyeler wird etwa 50 bis 60 Werke umfassen und sich auf Courbets Rolle als ersten
Avantgardisten konzentrieren. Mit provokativen Bildern und der Betonung seiner Individualität als
Künstler avancierte er zu einem Wegbereiter der Moderne, der mit den Konventionen der traditionellen
akademischen Ausbildung brach.
Mit den Selbstbildnissen, den Darstellungen von Frauen, Bildern von Grotten und Meereslandschaften,
hebt die Ausstellung Courbets neuartigen Umgang mit der Farbe und seine Strategie der
Mehrdeutigkeit hervor. Der Bruch mit der akademischen Tradition und die Entwicklung des
kunsthistorischen Realismus, Courbets revolutionäre Impasto-Maltechnik, in der sich seine
Individualität als Künstler ausdrückte, und sein spielerischer Umgang mit überlieferten Motiven und
Symbolen werden ebenfalls darin thematisiert.
Courbets berühmtes Gemälde, L’Origine du monde, steht im Mittelpunkt der Ausstellung. Zum ersten
Mal wird das berühmte Werk im deutschsprachigen Raum präsentiert. Das Gemälde aus dem Jahr
1866 ist das unbekannte Meisterwerk des 19. Jahrhunderts, das Bild, das damals nur wenige gesehen
hatten, worüber aber alle sprachen, dessen provokative Kraft noch heute ungebrochen ist.
Seine Landschaften, die für seinen Herkunftsort, den Jura rund um Ornans, charakteristisch sind, mit
ihren Quellen, Höhlen, steilen Kalkfelsen und dichten Wäldern, kombiniert er gerne mit weiblichen
Aktdarstellungen. Mensch, Sexualität und ursprünglicher Natur sind in einem faszinierenden
Gleichgewicht vereint. In anderen Bildern steht die undurchdringliche Dunkelheit der Jurahöhlen im
Zentrum. In ihnen erweist sich Courbet als Meister der Andeutung und veritabler Maler des
Unsichtbaren. Courbet ist ein Künstler, der neue Bildideen etabliert hat.
Im Raum, der den Titel „Spuren im Schnee“ trägt und Courbets Schneelandschaften präsentiert,
führen die Werke dem Betrachter vor, wie Courbets Malerei die Farbe selbst zum Gegenstand macht:
Pastos und expressiv, jedoch von dynamischer Leichtigkeit, die Farbe Weiss wird hier zum Schnee. Sie
scheint eine ganz eigene Realität zu schaffen.
Die Ausstellung entsteht als Kooperation mit dem Musée d’Art et d’Histoire in Genf, welches das
Schaffen aus der Periode von Courbets Schweizer Exil präsentiert. Gemeinsam werden die
Ausstellungen in Riehen/Basel und in Genf die „Saison Courbet“ einläuten, die im Herbst 2014
beginnen wird.
Katalog
Zur Ausstellung „Gustave Courbet“ publiziert die Fondation Beyeler einen Katalog in deutscher und
englischer Sprache. Die Buchhandelsausgabe erscheint im Hatje Cantz Verlag, Ostfildern. Der reich
bebilderte Katalog enthält Beiträge von Ulf Küster, Stéphane Guégan, Michel Hilaire, Laurence
Madeline, Bruno Mottin und James Rubin. 200 Seiten, 131 Abbildungen, Preis: 62.50 CHF (ISBN
978-3-906053-18-9, englische Ausgabe: ISBN 978-3-906053-19-6). Auch online im Shop der
Fondation Beyeler erhältlich unter: shop.fondationbeyeler.ch
Für projektbezogene Zuwendungen und Sonderbeiträge geht der Dank der Fondation Beyeler an:
Artephila Stiftung, Ernst Göhner Stiftung und Walter Haefner Stiftung, die mit ihrem grosszügigen
Engagement die Ausstellung ermöglichten.
Pressebilder: sind erhältlich unter http://pressimages.fondationbeyeler.ch
Weitere Auskünfte:
Elena DelCarlo, M.A.
Head of PR / Media Relations
Tel. + 41 (0)61 645 97 21, [email protected], www.fondationbeyeler.ch
Fondation Beyeler, Beyeler Museum AG, Baselstrasse 77, CH-4125 Riehen
Öffnungszeiten der Fondation Beyeler: täglich 10.00–18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr
Medienmitteilung
Gustave Courbet
7. September 2014 – 18. Januar 2015
Gustave Courbets Unabhängigkeit von formalen Konventionen, sein selbstbewusstes Auftreten, die
Betonung seiner Individualität als Künstler, sein Hang zur Provokation und zum Tabubruch wie auch
seine revolutionäre Maltechnik setzten Massstäbe, die Generationen von Künstlern geprägt haben. Er
zählt zu den wichtigsten Wegbereitern der klassischen Moderne.
Die Fondation Beyeler widmet dem französischen Künstler ab 7. September 2014 eine umfassende
Ausstellung, die erste in der Schweiz seit über fünfzehn Jahren. Gezeigt werden wegweisende Werke
aus allen Schaffensphasen Courbets, darunter zahlreiche Gemälde, die nur selten oder Jahrzehnte lang
gar nicht öffentlich zu sehen waren.
Die Ausstellung eröffnen die frühen, komplexen Selbstporträts, mit denen Courbet sich zu Beginn
seiner Karriere in Paris in Szene setzte. Darauf folgen die zahlreichen Landschaften seiner Heimat,
Gemälde von entlegenen Bachläufen und Quellen, von Felsen und Grotten. Courbets Darstellungen von
Wellen und seine Seestücke (die er "paysages marins" nannte) fangen die Schönheit und Dynamik der
Natur unmittelbar ein. Wie auch seine berühmten Winterlandschaften und Schneebilder, verdeutlichen
sie jedoch vor allem seinen innovativen wie virtuosen Umgang mit Farbe. Das Material des Künstlers,
die Farbe, wird zum Gegenstand der Kunst.
Im Zentrum der Ausstellung stehen die geheimnisvollen Frauenakte am Wasser sowie das bekannte
Gemälde L'Origine du monde, 1866. Dieser gemalte Tabubruch hat bis in die Kunst der Gegenwart
seine Spuren hinterlassen. Zum ersten Mal wird das ikonische Werk von Courbet an einem Museum im
deutschsprachigen Raum ausgestellt.
Die Ausstellung wurde von Ulf Küster, Kurator der Fondation Beyeler, realisiert und ist Teil der "Saison
Courbet", einer Kooperation mit den Musées d'art et d'histoire in Genf, die im Musée Rath gleichzeitig
eine Schau mit dem Fokus auf die letzten Jahre des Künstlers im Schweizer Exil legen.
*
Gustave Courbet wurde 10. Juni 1819 in Ornans im französischen Jura geboren und verstarb am 31.
Dezember 1877 in La-Tour-de-Peilz am Genfer See. Courbets Vater Régis Courbet war ein
wohlhabender Grundbesitzer und seine Mutter Sylvie stammte aus einer alten, eingesessenen Familie.
Er hat vier jüngere Schwestern: Clarisse, die knapp dreizehnjährig sterben wird, Zoé, Zélie und Juliette.
Wo genau Courbet geboren wurde, ist unsicher, denn in den amtlichen Aufzeichnungen ist ein exakter
Geburtsort nicht vermerkt. In Courbets Familie wurde die Geschichte erzählt, seine Mutter habe ihn am
Wegesrand unter einem Baum zur Welt gebracht, weil sie nicht mehr rechtzeitig von Flagey, wo ihr
Mann einen Hof und beträchtlichen Grundbesitz hatte, nach Ornans kommen konnte.
Den jungen, aus der Provinz stammende Courbet kostete es zunächst einige Mühe, in Paris als Maler
Fuss zu fassen. Ab 1841 versuchte er am Salon teilzunehmen. Nach mehreren gescheiterten Anläufen
debütierte Courbet im Salon mit dem Selbstporträt Courbet au chien noir, 1844.
Selbstporträts
Fast alle Selbstporträts von Courbet sind zwischen 1840 und 1855 entstanden. In dieser Zeit, als
Courbet sozusagen erst zu Courbet wurde, fällt ihnen eine entscheidende Rolle zu. Als sein eigenes
Modell konnte er sich selbst am besten trainieren. Im künstlerischen Dialog mit seiner eigenen
Erscheinung entwickelte Courbet seine Ausdrucksmöglichkeiten. Die unterschiedlichen Posen und
Rollen, in die er schlüpfte, sind als selbst gestellte Aufgaben zu sehen und es ist selbstverständlich,
dass er viele dieser Bilder bis zu seinem Lebensende bei sich behielt: Sie waren für ihn Zeugnisse
seines künstlerischen Weges.
Das extremste Beispiel dieser Art ist sein Gemälde Le Fou de Peur (Portrait de l'artiste), um 1844/45 es wurde einst auch unter dem Titel Der Suizid ausgestellt. Ob hier ein vor Angst Wahnsinniger, ein
Selbstmörder oder jemand gemeint ist, der einer Chimäre folgt, bleibt offen. Das Bild scheint im
unteren Bereich nicht fertig gemalt worden zu sein; auf die Zeitgenossen musste es wie eine Skizze
wirken - allerdings wies es Courbet bei seiner Ausstellung 1855 nicht als solche aus. Wenn Courbet das
Gemälde tatsächlich als vollendet angesehen hat, so kann dies durchaus programmatisch verstanden
werden. Das ist mutig und riskant: Hier sieht man, im wahrsten Sinne des Wortes, die Hand des
Künstlers. Auf dem weissen Farbfleck unten rechts meint man die Umrisse einer gespreizten Hand
erkennen zu können; es handelt sich wohl um einen "gemalten" Handabdruck. Der ambitionierte
Künstler wirft sich vor den Augen des Publikums ins Ungewisse, in etwas völlig Neues stürzt. Ist es der
Tod? Oder ist es die neue Malerei, in die sich Courbet durch Loslösung von der Tradition stürzt?
Unabhängigkeit und Individualität
"Ich wollte ganz einfach aus der völligen Kenntnis der Tradition das durchdachte und unabhängige
Gefühl meiner eigenen Individualität schöpfen."
Kaum jemals zuvor ist die Individualität des Künstlers, die auf Tradition gründet, aber grundsätzlich
unabhängig ist, so betont worden. Der Betrachter kann diese nicht ignorieren. Courbet sieht sich nicht
als abgehobenes Künstlergenie, das von akademischen Normen bestimmt und von "höheren Mächten"
geleitet wird. Er weiss um die Traditionen, ist aber in seinem Tun und Lassen nur sich selbst
verpflichtet. Dieses Künstlerselbstbild ist bis heute gültig, und hierin liegt ein Grund, warum es so
faszinierend ist, Werke von Courbet im Kontext einer Sammlung der Moderne wie der Sammlung
Beyeler zu zeigen. War der Individualist und Avantgardist Courbet, der die verwirrend vielfältigen,
irrationalen Möglichkeiten eines Bildes darstellte, der erste "moderne" Künstler?
Ab 1844 nahm Courbet regelmässig am Salon teil, seine Werke wurden ausgezeichnet, der Staat kaufte
einige Gemälde auf. Mit mancher Leinwand ruft Courbet Empörung herauf, z.B. mit dem realistischen
Un Enterrement à Ornans, 1850. Dessen realistisch gemalte Physiognomien der an der dargestellten
Beerdigung teilnehmenden Bauern fasst die Jury als skandalös auf, denn die ungeheuren Dimensionen
des Bildes haben den Anspruch einer Historienmalerei, auf der Bauern eigentlich nichts zu suchen
haben.
Der Jura, die See, der Schnee: Courbets revolutionärer Umgang mit Farbe
Die meisten, nach 1855 entstandene Bilder sind Landschaften; seine realistischen Hauptwerke hatte
Courbet bis dahin schon gemalt. Landschaften boten ihm die Möglichkeit, seine künstlerische
Individualität zu demonstrieren. Und sie verkauften sich auch gut. Courbets Stil wurde bald zur Marke,
für die es eine Nachfrage und einen Markt gab. Ein grosser Teil seiner Landschaftsbilder ist der
Darstellung seiner Heimat, der Gegend um Ornans, gewidmet.
Ein wiederkehrendes und markantes Motiv in Courbets Landschaftsgemälden ist der Übergang
zwischen Hochebene (Umgebung von Flagey) und Tal (Ornans) - charakteristisch für die Juralandschaft
seiner Heimat. Nicht der idealisierende, sondern der realistische Blick prägte Courbets Landschaften.
Auch wenn seine Gemälde zumeist im Atelier entstanden, zeugen sie doch von einem minutiösen
Naturstudium an den jeweiligen Schauplätzen.
Besucht man die von tiefen Tälern durchschnittenen Hochebenen mit ihren spektakulären
Felsformationen, den dunklen Flussläufen und die imposanten Quellgrotten, bemerkt man zugleich die
Virtuosität Courbets, der mit der Farbe die geologischen Strukturen der Felsen zu formen scheint. Ein
Beispiel: Courbets Gemälde La Source du Lison, 1864: Die räumliche Wirkung der übereinander
geschichteten Ablagerungen ist erstaunlich. Tritt man näher heran, löst sich alles in deutlich
erkennbare Pinselstriche auf, die einen plastischen Eindruck der Felsformationen vermitteln. Analog
verwandelt sich in La Source de la Loue, 1864, durch die hellen, meist ungemischten Farben die
Substanz der Felsen und des Wassers gleichsam in eine abstrakte Farbmasse. Das Ergebnis ist eine
scheinbar machtvoll bewegte Natur, die in ihrer reinen und authentischen Form Courbets sinnlicher
Erfahrung des Motivs entspricht.
Courbet benutzte in damals völlig ungewohnter Weise die Farbe als Material. Offenbar hat er sie mit
Bürste, mit dem Messer, einem Lappen oder sogar mit dem Daumen aufgetragen. Courbets intensiver
Einsatz des Palettmessers spielte eine besondere Rolle. Ein Palettmesser ist wie eine kleine
Maurerkelle, mit welcher die Maler die Farben auf der Palette mischten. Courbet aber spachtelte damit
direkt auf die Leinwand, wodurch die Bilderweniger gemalt, als durch vielmehr „gebaut“ wirkten.
Vom besonderen Farbauftrag Courbets zeugt auch Le Coup de vent, forêt de Fontainebleau um 1865.
Dieses herausragende Werk ist seine grösste Landschaftsdarstellung überhaupt. Sie entstand wohl als
Auftrag für die Dekoration einer Pariser Villa und zeigt einen aufkommenden Sturm. Courbet offenbart
hier die ganze Bandbreite seiner Meisterschaft und seine ungemeine Modernität. Die kühne
Komposition hat die Bewegung in Gestalt des Windes als Thema. Zugleich zeigt sie Courbets
differenzierte Behandlung der Farbe, mal detailliert mit feinem Pinsel, mal geradezu "stürmisch" mit
durchschimmernden, in schnellen Hieben aufgetragenen Farbschichten, die sehr frei und nahezu
abstrakt wirken.
In den Bildern von ruhiger und bewegter See ergibt die scheinbare Verwandlung von Farbe zu Form
eine derart direkte Wirkung, dass sie Paul Cézanne zum Ausruf veranlassten: "Es ist, als käme sie (die
Welle) auf einen gerade los, man schreckt zurück. Der ganze Saal riecht nach Wasserstaub". In
dieselbe Richtung weist die Bemerkung Joan Mirós, der angesichts von La Vague (die Welle) meinte,
man würde die Präsenz des Gemäldes auch spüren, wenn man ihm den Rücken zukehrt. Seine Technik
des Farbauftrags ermöglichte ihm, besonders schnell zu malen, womit er bei Bekannten prahlte: Ein
Farbton für den Himmel, dann einer für die See, dann einer für den Strand. Verhöhnung des
Publikums, Angabe vor Kollegen? Geht es hier nicht doch eher um die Beschreibung einer radikalen
Reduktion der malerischen Mittel? Drei Farbtöne in Verbindung mit der Geste des Malens haben Bilder
hervorgebracht, die heute zu den schönsten und stimmungsvollsten Werke Courbets gezählt werden.
Frauen und Wasser
Courbets Bilder von unbekleideten Frauen am Wasser, umgeben von wild wuchernder Natur,
entstanden in den Jahren zwischen 1866 und 1868. Die in der Ausstellung präsentierten,
gleichformatigen Gemälde La Jeune Baigneuse, 1866, Les Trois Baigneuses, 1865-68 und La Source,
1868 variieren das Thema der Einheit von Frau und Natur, das in der Kunstgeschichte eine lange
Tradition hat. Schon seit der Antike existieren weibliche Personifikationen von Quellen, Frauengestalten
an Flussläufen, Grotten oder Seen. Die Frau als Mittlerin zwischen Quellwasser und Vegetation
verkörpert Fruchtbarkeit, Initiation und Sexualität. Dass dieses Motiv erotisch aufgeladen ist, machte
sich Courbet bewusst zunutze. La Source, 1868 lässt an ähnliche Motive denken, die sich z.B. bei
Ingres finden. Doch Courbet weigert sich, seine weibliche Protagonistin zu idealisieren. Die nackte
Rückenfigur wird mit echt wirkender Haut wiedergegeben, deren Unebenheiten der Maler deutlich
hervorhebt. Auch die Betonung der weiblichen Rundungen, die der Maler oder das damals übliche
Korsett stark betonen, entsprach nicht den gängigen Vorstellungen von Schönheit. Für die meisten
Zeitgenossen war ein solcher, bisweilen sogar überzeichneter Realismus schockierend.
Courbets dunkles Zentrum der Malerei
Seinen Grottendarstellungen und den Wellen ist ein dunkles, geheimnisvolles Zentrum gemeinsam.
Courbet betonte, dass er seine Gemälde aus der Dunkelheit aufbaue, dass er somit mit malerisch
wiedergegebenem Lichteinfall gestalte. Diese Technik ist z.B. deutlich in der Darstellung der
dunkelblauen Jacke des rechten Jägers in Braconniers dans la neige, 1867, den der Maler mit sparsam
gesetzten Farbakzente modelliert.
Wiederum scheinen in den Landschaften Felsen um eine noch ungestaltete, schwarze Mitte zu
gravitieren, wie Wasser um die Grottenöffnungen oder das Innere der Welle herum. Courbets wohl
berühmtestes Gemälde L'Origine du monde, 1866 fasziniert durch einen ähnlichen Bildaufbau. Die
Kunstwissenschaft sieht darin formale und inhaltliche Parallelen. Das von – überwiegend männlichen –
sexuellen Fantasien geradezu besessene 19. Jahrhundert hatte ein umfassendes Instrumentarium
entwickelt, um diese mehr oder weniger deutlich darzustellen. Courbet war ein Meister der erotischen
Andeutung und natürlich geht das so weit, dass man seine Bilder von Grotten, auch wenn darauf keine
Frauen zu sehen sind, als anthropomorphe Landschaften interpretiert. Sind die Grotten Anspielungen
auf das Geschlecht der Frau?
(Zu L'Origine du monde finden Sie im Pressedossier einen zusätzlichen Text)
Epilog
In der Fondation Beyeler verabschiedet Courbets exquisite, kleine Seenlandschaft Le Bord de mer à
Palavas, 1854, die vermutlich den Künstler selbst darstellt, die Besucherinnen und Besucher mit
schwungvoller Geste aus der Ausstellung.
Courbets Lebensabend ist dramatisch. Der Künstler, der im Laufe seiner Karriere nicht nur zum
begehrten Sammlungs- sondern auch zum womöglich ersten Ausstellungskünstler überhaupt wurde,
hatte mit seinem politischen Engagement weniger Glück. Nach der Ernennung der Dritten Republik im
Jahr 1870 wird Courbet zum Präsidenten der Commission des Arts berufen. Allerdings bereitet die
Kapitulation der Commune seiner Karriere ein jähes Ende. Ihm wurde die Zerstörung der
Vendôme-Säule zur Last gelegt, obwohl seine direkte Beteiligung daran bis heute nicht nachgewiesen
werden konnte. Um die Säule wiederaufzubauen, wurde er zu einer exorbitant hohen Geldstrafe
verurteilt, die er trotz Konfiszierung seiner Besitztümer niemals hätte zurückzahlen können. Nach
einem Gefängnisaufenthalt in Paris und der Plünderung seines Ateliers sieht sich Courbet 1873 ins
Exil gezwungen. Er stirbt 58jährig in der Schweiz, wo er – vergeblich auf eine Begnadigung wartend –
bis zuletzt an neuen Werken arbeitet, in der Hoffnung, seine Geldschuld eines Tages tilgen zu können.
Katalog
Zur Ausstellung „Gustave Courbet“ publiziert die Fondation Beyeler einen Katalog in deutscher und
englischer Sprache. Die Buchhandelsausgabe erscheint im Hatje Cantz Verlag, Ostfildern. Der reich
bebilderte Katalog enthält Beiträge von Ulf Küster, Stéphane Guégan, Michel Hilaire, Laurence
Madeline, Bruno Mottin und James Rubin. 200 Seiten, 131 Abbildungen, Preis: 62.50 CHF (ISBN
978-3-906053-18-9, englische Ausgabe: ISBN 978-3-906053-19-6). Auch online im Shop der
Fondation Beyeler erhältlich unter: shop.fondationbeyeler.ch
Für projektbezogene Zuwendungen und Sonderbeiträge geht der Dank der Fondation Beyeler an:
Artephila Stiftung, Ernst Göhner Stiftung und Walter Haefner Stiftung, die mit ihrem grosszügigen
Engagement die Ausstellung ermöglichten.
Pressebilder: sind erhältlich unter http://pressimages.fondationbeyeler.ch
Weitere Auskünfte:
Elena DelCarlo, M.A.
Head of PR / Media Relations
Tel. + 41 (0)61 645 97 21, [email protected], www.fondationbeyeler.ch
Fondation Beyeler, Beyeler Museum AG, Baselstrasse 77, CH-4125 Riehen
Öffnungszeiten der Fondation Beyeler: täglich 10.00–18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr
L’Origine du monde
Die heimliche Sensation der Ausstellung „Gustave Courbet“ stellt ein Gemälde dar, das zu den
berühmtesten und berüchtigtsten der Kunstgeschichte gehört: L’Origine du monde. Das Bild ist
Tabubruch und Meilenstein, Huldigung der Frau und Voyeurismus, meisterliche Malerei und
Provokation zugleich. Gerade in dieser Widersprüchlichkeit liegt das Geheimnis des Gemäldes: Wird
hier der Geburtsort, der Ursprung der Menschheit, der Welt oder gar der Malerei zelebriert, oder wird
hier bloss der männliche Blick auf die Frau festgehalten? Ist hier Courbet der Voyeur oder sind wir es
alle? Vielleicht wollte Courbet auch zeigen, dass die Fotografie, deren Verbreitung gerade begonnen
hatte, weit davon entfernt war, die Malerei zu überholen. In diesem komplexen Spannungsfeld liegt die
Bedeutung dieses Gemäldes, das ursprünglich gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war und das
die angesehene französische Tageszeitung Le Monde jüngst als „eine Art zweite Mona Lisa“ beschrieb.
Courbet malte es für den ägyptischen Diplomaten Khalil Bey, der es hinter einem grünen Vorhang
verborgen hielt und nur ausgewählten Gästen zeigte. Wie passend, dass dieses provokante und
tiefgründige Werk schliesslich in den Besitz von Jacques Lacan kam, einem der wichtigsten
Psychoanalytiker des 20. Jahrhunderts. Das breite Publikum bekam das Gemälde erst mit dem Einzug
ins Musée d‘Orsay 1995 zu Gesicht. Die Fondation Beyeler zeigt nun erstmals im deutschsprachigen
Raum dieses Stück Kunstgeschichte, das die Betrachter bis heute zu immer wieder neuem Sehen,
Denken und Deuten herausfordert.
Der wohl von Courbet stammende Titel Der Urspung der Welt weist auf die lebensspendende Funktion
der Frau hin, was von einer voyeuristischen Lesart zu einer philosophischen Betrachtung führt.
Allerdings steht an deren Ursprung aber wiederum der Zeugungsakt, der angetrieben wird von der
sexuellen Begierde. Und dennoch: mit seiner meisterhaften Kunst, dem weichen Pinselstrich und der
fein abgestuften Palette, verleiht Courbet dem Körper eine Sinnlichkeit in der Tradition venezianischer
Malerei. Courbet selbst beruft sich auf Tizian und Veronese – in seiner ihm typischen unbescheidenen
Art soll er im Kreise von Freunden bei Khalil Bey nach Betrachtung des Gemäldes gesagt haben: „»Sie
finden das schön und Sie haben recht. Ja, es ist schön, sehr schön sogar. Und stellen Sie sich vor,
Tizian, Veronese, Euer Raffael und ich, wir haben nie etwas Schöneres gemacht«.
7. September 2014 – 18. Januar 2015
01 Gustave Courbet
Le Bord de mer à Palavas, 1854
Meeresküste bei Palavas
Öl auf Leinwand, 38 x 46,2 cm
Musée Fabre, Montpellier Agglomération
© Musée Fabre, Montpellier Agglomération / Frédéric Jaulmes
03 Gustave Courbet
Le Coup de vent, forêt de Fontainebleau, 1865
Windstoss im Wald von Fontainebleau
Öl auf Leinwand, 146,7 x 230,8 cm
The Museum of Fine Arts, Houston, Ankauf mit Mitteln von
Caroline Wiess Law
Foto: Thomas R. DuBrock
06 Gustave Courbet
La Source, 1868
Quelle
Öl auf Leinwand, 128 x 97 cm
Musée d‘Orsay, Paris
© bpk / RMN - Grand Palais / Patrice Schmidt
04 Gustave Courbet
La Roche Pourrie, étude géologique, 1864
Der Roche Pourrie. Geologische Studie
Öl auf Leinwand, 60 x 73 cm
Musée Max Claudet, Salins-les-Bains
Foto: Henri Bertand
07 Gustave Courbet
La Rencontre (Bonjour Monsieur Courbet), 1854
Die Begegnung (Bonjour Monsieur Courbet)
Öl auf Leinwand, 132,4 x 151 cm
Musée Fabre, Montpellier Agglomération
© Musée Fabre, Montpellier Agglomération / Frédéric Jaulmes
02 Gustave Courbet
Le Fou de peur (Portrait de l’artiste), ca. 1844/45
Der vor Angst Wahnsinnige (Selbstporträt)
Öl auf Papier auf Leinwand, 60,5 x 50,5 cm
Nasjonalmuseet for kunst, arkitektur og design, Oslo
05 Gustave Courbet
La Vague, ca. 1869
Welle
Öl auf Leinwand, 65,4 x 88,7 cm
Brooklyn Museum, Schenkung von Mrs. Horace Havemeyer
08 Gustave Courbet
Le Change, épisode de chasse au chevreuil en Franche-Comté, 1866
Wildwechsel bei der Rehjagd in der Franche-Comté
Öl auf Leinwand, 97 x 130 cm
Ordrupgaard, Kopenhagen
Foto: Pernille Klemp
FONDATION BEYELER
7. September 2014 – 18. Januar 2015
09 Gustave Courbet
L’Origine du monde, 1866
Der Ursprung der Welt
Öl auf Leinwand, 46 x 55 cm
Musée d’Orsay, Paris
© bpk / RMN / Hervé Lewandowski
10 Gustave Courbet
La Source du Lison, 1864
Die Quelle des Lison
Öl auf Leinwand, 91 x 73 cm
Privatsammlung
Foto: Paul Mutino
11 Gustave Courbet
Les Trois Baigneuses, 1865–68
Drei Badende
Öl auf Papier auf Leinwand, 126,5 x 95 cm
Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris
© Petit Palais, Musée des Beaux-Arts
de la Ville de Paris / Eric Emo
12 Gustave Courbet
Courbet au chien noir (Portrait de l’artiste), 1842
Selbstbildnis mit schwarzem Hund
Öl auf Leinwand, 46,5 x 55,5 cm
Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris
© bpk / RMN – Grand Palais / Jacques L’Hoir / Jean Popovich
13 Gustave Courbet
Paysage du Jura (Rochers d’Ornans, le matin), ca. 1851
Juralandschaft bei Ornans
Öl auf Leinwand, 54 x 65 cm
Kunstmuseum St.Gallen, Sturzeneggersche Gemäldesammlung,
erworben 1937
Foto: Sebastian Stadler
14 Gustave Courbet
Effet de neige, ca. 1868
Schneelandschaft
Öl auf Leinwand, 72 x 92 cm
French and Company, New York
15 Gustave Courbet
Marine, marée basse, 1865
Meeresstrand bei Ebbe
Öl auf Leinwand, 64,7 x 79,3 cm
Bristol Museums & Art Gallery
Pressebilder http://pressimages.fondationbeyeler.ch
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Eine Abbildung des Werks L’Origine du monde, 1866, ist auf Anfrage von der Pressestelle der Fondation Beyeler erhältlich.
FONDATION BEYELER
Biografie
1819
Jean Désiré Gustave Courbet wird am 10. Juni in Ornans bei Besançon in der Franche-Comté geboren.
Sein Vater Régis Courbet (1798–1882) ist ein wohlhabender Grundbesitzer und seine Mutter Sylvie
(1794–1871), geb. Oudot, stammt aus einer alteingesessenen Familie. Er hat vier jüngere Schwestern:
Clarisse (1821–1834), Zoé (1824–1905), Zélie (1828–1875) und Juliette (1831–1915).
1831–1837
Courbet besucht das Seminar in Ornans. Ab 1833 erhält er Kunstunterricht bei Claude-Antoine Beau,
einem Schüler von Antoine Jean Gros. 1834 entsteht das erste erhaltene Gemälde, Portrait de jeune
garçon.
1837
Courbet besucht das Collège royale in Besançon. Er erhält Zeichenunterricht bei Charles Antoine
Flajoulot, einem Schüler Jacques-Louis Davids und Professor an der Akademie von Besançon.
1839–1843
Im Herbst zieht Courbet nach Paris, wohl um Jura zu studieren. Doch er widmet sich dem
Selbststudium im Musée du Louvre und lernt bei Carl von Steuben sowie Nicolas Auguste Hesse.
Ausserdem besucht er die Privatakademien von Charles Suisse und von Père Lapin. 1841 erste Reise
ans Meer nach Le Havre. Seit 1841 versucht er am Salon teilzunehmen.
1844
Nach mehreren gescheiterten Anläufen debütiert Courbet im Salon mit dem Selbstportrait Courbet au
chien noir.
1847
Courbet macht Bekanntschaft mit dem Soziologen, Philosophen und Anarchisten Pierre-Joseph
Proudhon (1809–1865) sowie mit dem Schriftsteller Charles Baudelaire (1821–1867).
Im September reist er nach Belgien, wahrscheinlich in Begleitung des Schriftstellers Jules Champfleury
(1821–1889). Geburt des Sohnes Alfred Emile (1847–1872), den Courbet nicht anerkennt. Die Mutter
Virginie Binet (1808–1865) steht Courbet regelmässig Modell.
1848
Courbet nimmt an der Februarrevolution nicht teil, entwirft aber eine Illustration für die Zeitung Le
Salut public, die u.a. von Champfleury, Baudelaire und Charles Toubin (1820–1891) herausgegeben
wird. Er ist regelmässiger Gast der Brasserie Andler, einem Treffpunkt von Schriftstellern und
bildenden Künstlern. Der Salon findet ohne Jury statt; alle eingereichten Gemälde werden ausgestellt,
darunter zehn von Courbet.
1849
Für Une après-dînée à Ornans erhält Courbet eine Goldmedaille, der Staat kauft das Werk an.
1850
Courbet reicht neun Gemälde zum Salon von 1850/51 ein, die dank der Auszeichnung im Jahr zuvor
alle angenommen werden, darunter die sogenannte Trilogie des Realismus: Un enterrement à Ornans,
Les Casseurs de pierre und Les Paysans de Flagey revenant de la foire.
1852
Virginie Binet verlässt Courbet und zieht mit dem gemeinsamen Sohn nach Dieppe. Innenminister
Charles-Auguste duc de Morny kauft ein Werk, das anschliessend im Salon ausgestellt wird.
1853
Im Herbst reist Courbet durch die Schweiz, nach Bern und Freiburg. Der reiche Bankierssohn und
fortan wichtige Gönner Alfred Bruyas (1821–1877) kauft zwei der drei von Courbet im Salon
ausgestellten Werke. Ausserdem beauftragt er Courbet im Juni mit dem Porträt Tableau-solution. Zwei
weitere Porträts folgen 1854.
1854
Von Mai bis September hält sich Courbet bei Bruyas in Montpellier auf. Hier entstehen La Rencontre
und Le Bord de mer à Palavas.
1855
Auf der Pariser Exposition universelle werden elf der vierzehn von Courbet eingereichten Werke gezeigt.
Parallel dazu veranstaltet er im sogenannten Pavillon du Réalisme eine Einzelausstellung mit vierzig
Werken, darunter L’Atelier du peintre.
1857
Courbet reist nach Brüssel und anschliessend nach Frankfurt am Main. Beim Salon muss er sich wieder
der Jury stellen, die die sechs von ihm eingereichten Gemälde annimmt.
1858–1859
Courbet hält sich bis zum Frühjahr 1859 in Frankfurt am Main auf; er jagt im Taunus.
1860
Von Champfleury erscheint der Beitrag »Wagner et Courbet« im Courrier de Paris.
1861
Im Salon zeigt Courbet Jagdszenen sowie Tier- und Landschaftsbilder, für die er erneut eine
Auszeichnung erhält. Er sitzt im Auswahlkomitee für die französischen Beiträge der kommenden
International Exhibition in London. Auf Wunsch einiger Studenten eröffnet er im Dezember ein
Lehratelier, das jedoch nur bis zum April 1862 existiert.
1862
Courbet ist auf der International Exhibition in London mit zwei Gemälden vertreten. Den Sommer
verbringt er in der Saintonge. Er malt vor allem Blumenstillleben und Landschaften.
1864
Courbet verbringt die meiste Zeit des Jahres in Ornans, wo er viele Landschaften malt.
1865
Courbet hält sich in Trouville auf, wo er Claude Monet (1840–1926) und James Abbott McNeill
Whistler (1834–1903) trifft.
1866
Der Diplomat Khalil-Bey (1831–1879) beauftragt ihn mit dem Gemälde Le Sommeil, für ihn malt
Courbet auch L’Origine du monde.
1867
Courbet organisiert erneut eine eigene Ausstellung parallel zur Exposition universelle mit über hundert
Werken; an der offiziellen Ausstellung nimmt er mit vier Werken teil.
1869
Im August und September hält sich Courbet in Etretat auf. Es entstehen Meeresbilder und
Küstenlandschaften. Anlässlich der Internationalen Kunstausstellung in München, auf der er einen
eigenen Saal erhält, zeichnet Ludwig II. von Bayern ihn mit dem Ritterkreuz des Ordens vom Heiligen
Michael aus. Ende September entstehen in München fünf Gemälde.
1870
Courbet wird für die Légion d’honneur nominiert, eine Auszeichnung, die er in einem offenen Brief
zurückweist.
19. Juli: Frankreich erklärt Preußen den Krieg.
1. September: Napoleon III. wird nach der Niederlage von Sedan gefangen genommen.
4. September: In Paris wird die Dritte Republik ausgerufen.
6. September: Wahl Courbets zum Präsidenten der Commission des arts. Er soll die Pariser
Kunstschätze vor den Kriegswirren in Sicherheit bringen.
14. September: Er plädiert für die Abtragung der Vendôme-Säule, die die Napoleonischen Kriege ehrt.
29. Oktober: Er verliest seine offenen Briefe À l’armée allemande, um als überzeugter Pazifist dem
Krieg Einhalt zu gebieten.
1871
18. März: Bildung der Commune.
16. April: Courbet wird in die Commune von Paris gewählt.
16. Mai: Die Vendôme-Säule wird durch die Commune gestürzt.
28. Mai: Die Commune kapituliert.
3. Juni: Courbets Mutter stirbt.
7. Juni: Courbet wird verhaftet und für die Zerstörung der Vendôme-Säule verantwortlich gemacht.
2. September: Er wird wegen Mittäterschaft am Säulensturz zu sechs Monaten Haft und einer
Geldstrafe von 500 Francs verurteilt.
22. September: Er kommt ins Pariser Gefängnis Sainte-Pélagie. Wegen gesundheitlicher Probleme wird
er am 30. Dezember in eine Klinik in Neuilly verlegt, wo er bis zum folgenden April bleibt.
1872
1. Mai: Courbet findet sein Atelier geplündert vor. Von Mai bis September hält er sich in Ornans und
Umgebung auf. Unterstützt von den Gehilfen Cherubino Pata und Marcel Ordinaire entstehen viele
Ansichten Ornans sowie Schnee- und Meereslandschaften.
1873
Der Prozess gegen Courbet wird erneut aufgerollt.
30. Mai: Die Nationalversammlung beschliesst den Wiederaufbau der Vendôme-Säule. Die Arbeiten
sollen erst beginnen, wenn die Höhe der Restitutionszahlung durch Courbet festgelegt ist. Gleichzeitig
werden sämtliche Besitztümer Courbets konfisziert.
23. Juli: Courbet geht in die Schweiz ins Exil. Er lässt sich ab Oktober in La Tour-de-Peilz am Genfer
See nieder. Beginn der Ansichten des Château Chillon und des Genfer Sees.
Anlässlich der Weltausstellung in Wien zeigt Courbet im österreichischen Kunstverein eine
Werkauswahl, darunter L’Atelier du peintre.
1874–1875
26. Juni: Courbet wird die Alleinschuld am Sturz der Vendôme-Säule angelastet. Das Urteil wird am 6.
August 1875 bestätigt.
1876
Vergeblich bittet Courbet die neu gewählte republikanische Regierung um Gnade.
1877
4. Mai: Courbet wird zur Zahlung sämtlicher Kosten für die Wiedererrichtung der Vendôme-Säule in
Höhe von 323‘091,68 Francs verurteilt. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich. Gustave Courbet
stirbt am 31. Dezember.
Gustave Courbet
Gustave Courbet gehört zu den Schlüsselfiguren der Kunstgeschichte. Seine Malerei und seine
Künstlerpersönlichkeit prägten nicht nur das 19. Jahrhundert, sondern haben Nachwirkungen bis
heute. In vielerlei Hinsicht war er ein Wegbereiter der Moderne und es ist kein Zufall, dass sich Maler
wie Cézanne, Matisse und Picasso auf ihn beriefen und Gerhard Richter und Peter Doig ihn als
Inspiration nennen. Dies ist denn auch das ausschlaggebende Moment dafür, dass die Fondation
Beyeler diesem frühen Avantgardisten eine grosse Ausstellung widmet, in der versucht wird, eben
diesen – modernen – Aspekt des Meisters herauszuarbeiten.
Zu Beginn der Ausstellung wie auch in der Karriere Courbets stehen Selbstporträts, mit denen sich der
junge Maler im Pariser Kunstzirkus einen Namen zu machen suchte. Der aus der Provinz stammende
angehende Künstler hatte zunächst Mühe, sich in der mondänen und schnelllebigen Hauptstadt mit
ihren Heerscharen an Malern zu etablieren. Dass dies bisweilen Verzweiflung und Angst hervorrufen
konnte, die sodann in ein übersteigertes Selbstbewusstsein umschlägt, davon zeugen die
unterschiedlichen Posen, in die sich der junge Mann aus der Franche-Comté warf: Bald selbstbewusst
in rembrandtesken Dunkel, bald als „Fou de peur“ – vor Angst wahnsinnig -, erprobt und inszeniert er
seine malerischen Fähigkeiten und gleichzeitig seine Persönlichkeit. Hier scheint schon auf, was
Courbet zeitlebens begleiten und seinen Ruhm befeuern sollte: der Hang zur Selbstdarstellung, zur
Pose, zum Skandal. Dieses Bewusstsein um die Notwendigkeit von Medienpräsenz und einer
geschickten Selbststilisierung macht ihn zu einem der ersten modernen Künstler. Insbesondere
deswegen, weil Courbet – vordergründig – mit allen Traditionen brach: er wollte unabhängig sein,
keinem Mäzen, keiner Akademie, keiner Regierung, ja nicht einmal Gott Untertan sein, sondern berief
sich ganz auf sich selbst und seine Individualität als Maler. Und als solcher sollte er die Kunst
grundlegend verändern: Er vertrat eine neue Auffassung von Landschaftsmalerei, ohne klassischen
Bildaufbau und mit Sujets, die mit seiner Biographie verknüpft waren. Seine Darstellungen von
Schnee, Wasser, Wellen, Wolken und Stränden mit scheinbar schnellem, wenige Töne umfassenden
Farbauftrag verweisen auf den Impressionismus. Die Frauenakte am Wasser spielen mit Tradition,
Erwartung, Andeutung und Schönheitsvorstellungen, sind mehrdeutig und anregend. Wenn Courbet
Winter malt, so wird die Farbe zum Äquivalent von Schnee und die Grottendarstellungen sind förmlich
aus Farbmassen gebaute Bilder, was insbesondere Cézanne beeindrucken wird und Miró wird sagen,
dass wenn man Courbets Wellen den Rücken zukehrt, sie immer noch spüre.
Veranstaltungen zur Ausstellung „Gustave Courbet“
Vortrag von Laurence Des Cars
Mittwoch, 17. September 2014, 18.30–19.30 Uhr
Laurence Des Cars, Direktorin des Musée de l’Orangerie in Paris, referiert über Gustave Courbets
Schaffen. In Zusammenarbeit mit der Alliance Française de Bâle und der Société d’Etudes Françaises
de Bâle. Der Vortrag wird in französischer Sprache gehalten.
Veranstaltung im Museumseintritt inbegriffen.
Podiumsgespräch: Kunst im Spannungsfeld von Skandal und Tabubruch
Donnerstag, 9. Oktober 2014, 18.30–20.00 Uhr
Kunstskandale existieren, seit es Kunst gibt. Welche Rolle hat der Tabubruch in der zeitgenössischen
Kunst? Inwieweit werden Skandale und Tabubrüche inszeniert oder provoziert? Wo liegen die
Spannungsfelder und grenzen von Tabus, Provokation, Kunst und Kultur?
Die Künstlerin Tracey Emin, der britische Kurator und Kunsthistoriker Norman Rosenthal sowie
Elisabeth Bronfen und Andreas Beyer diskutieren diese und weitere Fragen in der Fondation Beyeler.
Das Podiumsgespräch findet in Englischer Sprache statt.
In Zusammenarbeit mit DAS MAGAZIN
Preis: CHF 35.- inkl. Museumseintritt / Art Club und Freunde CHF 10.Familientag Gustave Courbet
Sonntag, 26. Oktober 2014, 10.00–18.00 Uhr
Kurzführungen in der Ausstellung Gustave Courbet für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Familien
in verschiedenen Sprachen. Ein Museumsspiel und Workshops laden zum Experimentieren ein.
Preis: Kinder und Jugendliche bis 25 Jahre gratis. Erwachsene: Regulärer Museumseintritt.
Lesung aus dem Buch „Gustave Courbet“
Mittwoch, 29. Oktober 2014, 18.30 Uhr
Ulf Küster, Ausstellungskurator und Autor, liest aus seinem Buch „Gustave Courbet“.
Die zur Ausstellung erscheinende neue Publikation stellt den Künstler und sein Werk vor.
Veranstaltung im Museumseintritt inbegriffen.
Gustave Courbet am Abend
Jeweils Freitag, 18.00–21.00 Uhr
26. September
31. Oktober
28. November
Verlängerte Öffnungszeiten und reduzierte Eintrittspreise / Gratiseintritt bis 25 Jahre
Kuratorenführung, 18.30–20.00 Uhr
Preis: CHF 35.- / ART CLUB, FREUNDE und bis 25 Jahre CHF 10.Kunstdinner, Führung um 19.00 Uhr und anschliessendes Dinner
Preis: CHF 86.- / ART CLUB, FREUNDE und bis 25 Jahre CHF 69.Kunstfrühstück
Jeweils Sonntag, 09.00–12.00 Uhr
14. September
5. Oktober
9. November
Frühstücksbuffet im Restaurant Berower Park mit anschliessender Führung durch die Ausstellung
„Gustave Courbet“ um 11.00 Uhr.
Preis: CHF 59.- / ART CLUB, FREUNDE CHF 40.Mittwochs-Matinée
Mittwoch, 5. November 2014, 10.00–12.00 Uhr
Gustave Courbet – Wie echt: Fels, Wasser, Stoffe, Haut. Führung und Museumsgespräch in der
Fondation Beyeler.
Preis: CHF 10.Public Guided Tour in English
Sunday, 3–4 pm
September 21
October 12
November 23
December 14
Guided tour through the exhibition „Gustave Courbet“
Price: Admission fee + CHF 7.Visite guidée publique en français
Dimanche, 15.00–16.00 h
28 septembre
19 octobre
30 novembre
21 décembre
Visite guidée dans l'exposition „Gustave Courbet“
Prix: Tarif d’entrée + CHF 7.Montagsführung
Jeweils Montag, 14.00–15.00 Uhr
15. September
Gustave Courbet – Realist und Revolutionär
29. September
Gustave Courbet – Landschaftsbilder
13. Oktober
Programm noch offen
27. Oktober
Programm noch offen
10. November
Programm noch offen
24. November
Programm noch offen
8. Dezember
Programm noch offen
22. Dezember
Programm noch offen
Thematischer Rundgang in der Ausstellung „Gustave Courbet“
Preis: Eintritt + CHF 7.Kunst am Mittag
Jeweils Mittwoch, 12.30–13.00 Uhr
10. September
La rencontre ou Bonjour Monsieur Courbet, 1854
24. September
La Source, 1868
8. Oktober
Programm noch offen
22. Oktober
Programm noch offen
19. November
Programm noch offen
3. Dezember
Programm noch offen
17. Dezember
Programm noch offen
Werkbetrachtung in der Ausstellung „Gustave Courbet“
Preis: Eintritt + CHF 7.-
Führung für Sehbehinderte
Jeweils Mittwoch, 18.00–19.00 Uhr
24. September
19. November
Werke der Ausstellung „Gustave Courbet“ werden in eine sorgfältige Bilderzählung übersetzt.
Preis: CHF 7.-, Anmeldung erforderlich
Familienführung
Sonntag, 11.00–12.00 Uhr
21. September
2. November
7. Dezember
Führung für Kinder von 6 bis 10 Jahren in Begleitung.
Preis: bis 10 Jahre CHF 7.- / Erwachsene: Regulärer Museumseintritt
Workshop für Kinder
Mittwoch, 15.00–17.30 Uhr
10. September
15. Oktober
10. Dezember
Führung durch die Ausstellung „Gustave Courbet“ mit anschliessendem spielerischem Experiment im
Atelier. Für Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren.
Preis: CHF 10.- inkl. Material, Anmeldung erforderlich
Workshop für Erwachsene
Mittwoch, 12. November, 18.00–20.30 Uhr
Führung mit anschliessender gestalterischer Umsetzung im Atelier.
Preis: Eintritt + CHF 20.-, Anmeldung erforderlich
Kunstvermittlung
Öffentliche Führungen und Veranstaltungen
Tägliches Programm auf www.fondationbeyeler.ch/informationen/agenda
Private Führungen für Gruppen
Information und Anmeldung: Tel. +41 (0)61 645 97 20, [email protected]
Angebot für Schulen
Information und Anmeldung auf www.fondationbeyeler.ch/Ausstellungen/Kunstvermittlung/Schulen
Online–Ticketing für Eintritte und Veranstaltungen unter www.fondationbeyeler.ch
Oder Vorverkauf direkt an der Museumskasse
Service
Öffnungszeiten:
Täglich 10.00–18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr
Eintrittspreise Ausstellung:
Erwachsene CHF 25.Gruppen ab 20 Personen (mit Voranmeldung) und IV mit Ausweis CHF 20.Studenten bis 30 Jahre CHF 12.Familienpass (2 Erw. mit mind. 1 Kind bis 19J.) CHF 50.Jugendliche 11 bis 19 Jahre CHF 6.Kinder bis 10 Jahre, Art Club Mitglieder freier Eintritt
Katalog
Zur Ausstellung „Gustave Courbet“ publiziert die Fondation Beyeler einen Katalog in deutscher und
englischer Sprache. Die Buchhandelsausgabe erscheint im Hatje Cantz Verlag, Ostfildern. Der reich
bebilderte Katalog enthält Beiträge von Ulf Küster, Stéphane Guégan, Michel Hilaire, Laurence
Madeline, Bruno Mottin und James Rubin. 200 Seiten, 131 Abbildungen, Preis: 62.50 CHF (ISBN
978-3-906053-18-9, englische Ausgabe: ISBN 978-3-906053-19-6). Auch online im Shop der
Fondation Beyeler erhältlich unter: shop.fondationbeyeler.ch
Weitere Auskünfte:
Elena DelCarlo, M.A.
Head of PR / Media Relations
Tel. + 41 (0)61 645 97 21, [email protected], www.fondationbeyeler.ch
Fondation Beyeler, Beyeler Museum AG, Baselstrasse 77, CH-4125 Riehen
Öffnungszeiten der Fondation Beyeler: täglich 10.00–18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr
GUSTAVE COURBET
Von Ulf Küster, Gestaltung von Andreas Platzgummer
Deutsch
Ca. 128 S., ca. 40 Abb.,
12 x 19 cm, Broschur
€ 14,80 [D]
978-3-7757-3861-3
| Auf den Spuren eines Künstler-Revolutionärs
Gustave Courbet (1819–1877) gilt als Vorkämpfer der sozial engagierten Malerei, er ist der wichtigste Vertreter des Realismus. Diese der
schonungslosen Darstellung der Wahrheit verpflichtete Kunstrichtung stellte die von der Akademie geprägte, idealisierende Malerei
infrage und schockierte die Pariser Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Courbet wurde zu einer Leitfigur der aufrührerischen Künstlerboheme und pflegte regen Austausch mit tonangebenden
Dichtern und Künstlern. Er war aber keineswegs nur Bürgerschreck,
sondern vor allem ein großer Revolutionär der Landschaftsmalerei.
Das Buch führt anhand von sieben Essays zu ausgewählten Aspekten in das Leben und Werk des Künstlers ein, dessen Gemälde auch
diejenigen begeistern, die sich nicht täglich mit Kunst beschäftigen.
Courbets ungeheuer reichhaltiges Schaffen und sein aufregendes
Leben lohnen es, immer wieder neu entdeckt zu werden.
(Englische Ausgabe ISBN 978-3-7757-3877-4)
Zur Ausstellung erscheint auch ein Katalog (deutsche Ausgabe ISBN
978-3-7757-3862-0, englische Ausgabe ISBN 978-3-7757-3863-7) und
ein Band in der Reihe Kunst Digital (deutsche Ausgabe ISBN 978-37757-3867-5, englische Ausgabe ISBN 978-3-7757-3878-1).
Ausstellung: Fondation Beyeler, Riehen/Basel 7.9.2014–18.1.2015
Verkauf: Evelin Georgi
[email protected]
Presse D, A, CH: Meike Gatermann
[email protected]
Presse International: Caroline Schilling
[email protected]
Weitere Informationen unter www.hatjecantz.de
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