Praktisches Jahr Innere Medizin am Northwestern Memorial

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Praktisches Jahr Innere Medizin am Northwestern Memorial
Praktisches Jahr Innere Medizin am
Northwestern Memorial Hospital, Chicago
vom 26.10.2009 bis 18.12.2009
Bewerbung & Vorbereitungen
Die Bewerbungsmodaliäten und den Bewebungsschluss findet ihr auf der Homepage
des ChiC. Es lohnt sich, wenn Euch Chicago interessiert, Euch schon früh zu
überlegen, wann die 8 Wochen in Euer PJ am besten reinpassen könnten, da
manchmal die Bewerbungsfristen weit im Voraus liegen können, so dass unter
Umständen eine Bewerbung schon einiges vor PJ Beginn notwendig ist. Wenn ihr
die Zusage von ChiC erhalten habt, und Euch für einen Zeitraum entschieden habt,
gilt es, die entsprechenden Unterlagen rechtzeitig in Chicago einzureichen. Dabei
müsst ihr neben der Bewerbungsformulare, eine Immunization form auch ein
absolviertes Infectious Control Quiz
einreichen sowie an einer Online
Schulung zum Thema
Schweigepflicht teilnehmen. Die
genauen Details und
Bewerbungsfristen sind sehr gut auf
der Homepage der Feinberg School
of Medicine für Visiting Students zu
finden (die Charite gehört dabei zu
den sog. Global Partners und alle
relevanten Informationen sind unter
dieser Kategorie zu finden). Schaut
Euch vor Eurer Bewerbung den
Kalender mit den Zeitrahmen der
Rotations und den Katalog mit den
sog. Electives an, welcher auf der
Homepage der Feinberg School of
Medicine zu finden ist. Electives sind
die Platzierungen, für die ihr Euch
bewerben könnt. Zu beachten gibt es
lediglich, dass manche Rotations
nicht in allen Zeiträumen angeboten werden und auch nicht immer für Visiting
Students zugänglich sind. Weiterhin bei der Auswahl der Rotations zu beachten ist in Hinblick auf die Anerkennung beim LaGeso -, dass die Rotations aus einem
Fachbereich (z.B. Internal Medicine) ausgewählt werden (oder dies zumindest so
bescheinigt wird) und dass offiziell in einem geteilten Tertial kein Urlaub erlaubt ist.
Ich empfehle weiterhin für eine problemlose Anerkennung die englischen Vordrucke
des LaGeso. Eine Unterschrift für Eure Anwesenheit könnt ihr in der Regel von
Eurem Attending (Oberarzt) / Fellow(Assistent In in der Spezialisierung) bekommen,
den Stempel der Northwestern University im International Office. Das Siegel der
Fakultät wiederum ist etwas schwieriger zur erhaschen: dazu müsst ihr bei der
offiziellen Verwaltung (ich glaube die Büros sind im 3. OG von Feinberg, am
Übergang zum Gebäude „Olsson“) nachfragen – sie haben das entsprechende
Siegel.
Sprachlich kann ich zur Vorbereitung den Kurs „English for Medical Students“ am
Sprachenzentrum der HU empfehlen. Wie im Deutschen auch, gibt es jede Menge
Abkürzungen und Besonderheiten im Krankenhausenglisch. Ich habe es als sehr
hilfreich empfunden, diesen Kurs vorher besucht zu haben und diesen ganzen
„Fachtermini“ wenigstens schon einmal begegnet zu sein. Was man dort auch lernt
ist den Aufbau einer Patientenvorstellung nach Aufnahme oder bei der Visite. Dieser
ist sehr genau festgelegt und alle machen dies nach einem gewissen Schema. Ich
glaube aber auch, dass es ohne Kurs gut möglich ist, zu überleben. Im Notfall kann
man im Academic Bookstore noch ein Quick Medical Reference erwerben oder in der
ersten Woche einfach jede Menge Notes lesen, die immer gleich aufgebaut sind.
Notes sind nach einem bestimmten System strukturierte, schriftliche Aufzeichnungen
der Anamnese, des erhobenen Befundes und der Therapievorschläge. Diese werden
in der elektronischen Akte eines Patienten hinterlassen und können dann von allen
behandelnden ÄrztInnen eingesehen werden. In dem kleinen Büchlein steht das
Wichtigste auch noch mal drin.
Organisation Teil I – Flug & Visum
Mit der Bestätigung über Studium an der Northwestern University, einer Bestätigung
von Frau Heller, dass ihr plant, Euer Staatsexamen in Berlin abzulegen und ggf.
einer Bestätigung über Eure finanzielle Absicherung während Eures Aufenthaltes in
Chicago, sowie allen weiteren auf der Homepage zur Registrierung für das Visum
aufgeführten Unterlagen, könnt ihr Euch dann um ein Visum kümmern. Zunächst
muss online für die Beantragung eines Visums ein Termin ausgemacht werden. Das
Konsulat ist in Dahlem und die Ausstellung ist in der Regel problemlos. Nur so am
Rande: in das Konsulat darf außer der Visa Unterlagen nichts mitgenommen werden,
im Notfall könnt ihr Taschen etc am Kiosk am U Bahnhof abgeben.
Bezüglich der Flüge kann ich nur auf die entsprechenden Online Portale oder Airlines
verweisen. Immer wieder gibt es sehr günstige Angebote. Der internationale
Flughafen Chicago O’Hare ist gut angebunden, sowohl an das internationale
Flugnetz als auch an die Stadt, mittels CTA.
Organisation Teil II - Praktisches vor Ort
Die Frage nach Wohnungsmöglichkeiten ist sicherlich eines der wichtigsten Fragen
vor Abreise. Grundsätzlich gibt es zu sagen, dass die Mieten doch deutlich über dem
Niveau von Berlin liegen. Das Krankenhaus (sofern ihr nicht Pädiatrie macht), liegt in
der Nähe der Haltstelle Chicago auf der red Line mitten downtown. Zum Wohnen
bieten sich sicherlich andere Bezirke besser an als die sog. Gold Coast in der Nähe
des Krankenhauses. Zur Wohnungssuche kann ich Euch leider nicht so viele Tipps
geben, da ich in der Wohnung von Freunden unterkommen konnte. Ich denke aber,
dass man im Internet über craig’s list (www.craigslist.com) Erfolg haben kann und
nette WGs finden kann. Da dies meist recht kurzfristig ist, lohnt es sich unter
Umständen nicht, lange vor der Abreise zu schauen.
In der Stadt bewegt man sich am Einfachsten zu Fuß, mit Bussen und Bahnen der
CTA oder ggf. auch mit den Regionalzügen. Die CTA ist ein recht verlässliches
Unternehmen, die U Bahnen fahren zumindest am Wochenende die ganze Nacht.
Manchmal ist es zunächst etwas undurchsichtig wie man wo umsteigen kann, aber
das hat man schnell durchschaut. Je nachdem, ob ihr die Bahn jeden Tag für den
Weg zur Uni nutzt oder nicht, könnte es sich lohnen, ein Monatsticket zu kaufen.
Wenn man nur ab und an die Bahn nutzt, kann auch eine wiederaufladbare Karte
etwas günstiger sein, als immer wieder Einzelfahrten zu lösen. Im der wärmeren
Jahreszeit kann man in Chicago auch gut Fahrrad fahren. Entweder immer am See
entlang oder auch so in den Strassen gibt es viele Fahrradwege.
Ein paar Worte zur Kleidung im Krankenhaus. Falls man einen kurzen Kittel haben
möchte wie die amerikanischen Studenten, kann man diesen im Erdgeschoss des
Feinberg Pavillon in dem kleinen Laden dort kaufen. Kostenpunkt ca. 30 Dollar.
Grundsätzlich haben die Studenten kurze Kittel, die Assistenten wie die Attendings
längere Kittel. Man kann sicherlich aber auch einen langen (Charité) Kittel
mitnehmen. Unter dem Kittel sind Männer mit Anzugshose, Hemd und Krawatte gut
beraten, für Frauen empfiehlt sich freundliche, schicke Kleidung (Rock, Kleid, Hose,
durchaus auch hohe Schuhe). Auf den Intensivstationen und im OP darf man
gerne/sollte man den ganzen Tag Scrubs und Turnschuhe/OP Schuhe tragen.
Gängig sind auch clocks zu Scrubs. Seine Scrubs bekommt man mit seiner
Magnetkarte am Scrubs Automaten, von denen es einige im gesamten Krankenhaus
gibt.
Bevor ihr arbeiten könnt, bekommt ihr vom International Office vor Ort noch ein paar
Aufgaben zu erledigen. Unter anderem müsst ihr noch zum Betriebsarzt, müsst einen
PPD machen und bekommt eine Einführung in das hauseigene Computersystem.
Einen Pager bekommt ihr auch vom International Office. Allerdings hatte ich ein altes
Modell, auf das keine Nachrichten geschickt werden konnten, so dass ich das Ding
kaum benutzt habe. Auf diesem Weg geht zwar ab und an ein bisschen Information
an einem vorbei, aber nach meiner Erfahrung lässt es sich auch gut ohne überleben
(wobei das in anderen Fachrichtungen als der Innere ganz anders sein kann).
Generell sind die Pager das Herzstück der Kommunikation unter den Ärzten, aber
auch zwischen Pflegenden und dem ärztlichen Personal. Gepagt wird über eine
intranet Seite, von der aus sich Kurzmitteilungen versenden lassen.
Chicago
Chicago ist eine bunte, sehr lebendige Stadt und es ist eigentlich für jeden etwas
dabei. Die einzelnen Stadtteile sind sehr unterschiedlich und es lohnt sich, mal einen
Tag in der einen oder anderen Ecke zu verbringen und sich treiben zu lassen.
Downtown und somit direkt um die Ecke vom NMH (Northwestern Memorial Hospital)
gibt es jede Menge Möglichkeiten, sich leidenschaftlich dem Konsum hinzugeben,
aber auch – wie im Rest der Stadt
an ggf. eher versteckteren Orten
auch - viele architektonisch
interessante Gebäude. Für alle, die
sich etwas mehr für Architektur
interessieren, empfehle ich die
geführten Touren der Architectural
Foundation. Im Internet sind alle
Tourangebote aufgeführt: von
Bootstour bis zum nächtlichen
Spaziergang durch die City gibt es
reichlich Angebote. Lohnenswert ist
sicherlich auch ein Ausflug zu
Wrights Robie House im Süden der Stadt oder zum Studio von Frank Lloyd Wright
mit geführtem Spaziergang vorbei an den Prairie Style Homes in Oak Park. Das
Robie House liegt zudem ganz in der Nähe des Campus der Chicago University und
dem Wohnhaus und der Heimat von Obama...wer also sich von Obamas Friseur die
Haare schneiden lassen möchte oder in seinem Lieblingscafe einen Kaffee trinken
möchte, ist hier richtig.
Museumsmäßig hat mich Chicago beeindruckt. Ich kann nur empfehlen, das Art
Institute in Ruhe - und ggf. auch mehrfach - zu besuchen (donnerstags ist es immer
ab dem späten Nachmittag kostenlos und lange geöffnet) und auch bei der
Dinosaurier Dame „Sue“ – aber nicht nur wegen ihr - im Field Museum
vorbeizuschauen. Darüber hinaus gibt es unglaublich viel Kunst in Chicago und sehr
spannende Museen. In den öffentlichen Bibliotheken kann man sich Eintrittskarten
für die meisten Museen ausleihen, was sich hinsichtlich der doch oftmals stolzen
Eintrittspreise lohnen kann. Ebenso gibt es immer wieder Tage mit freiem Eintritt,
welche auf den Internetseiten der jeweiligen Museen gelistet sind. Auch ein
Spaziergang in „The Loop“ mit Blick auf die vielfältigen Kunstwerke, die sich
zwischen den Häusern und auf den Plätzen befinden, ist sehr lohnenswert. Weiterhin
ist einmal Spiegeln und Photos machen an „The Bean“ im Millenium Park ganz lustig
- insbesondere an einem sonnigen Tag.
Musikmäßig ist in Chicago auch immer viel los, von Klassik (Karten für das CSO –
Chicago Symphony Orchestra sind nicht teuer für Studenten) über Blues/Jazz bis hin
zu netten Kneipen/Clubs mit jeder Mende live Konzerten. Die Preise sind in der
Regel ganz erschwinglich. Aktuelle Infos finden sich entweder im Magazin „time out
Chicago“ oder im Internet.
Krankenhaus
Zunächst ein paar grundsätzliche Anmerkungen. Da ich Innere in Chicago gemacht
habe, kann ich auch nur zu diesen Kursen was sagen. Die meisten der Electives sind
aus dem Programm für Fourth Year Students, das heißt amerikanische StudentInnen
in ihrem letzten Jahr der Ausbildung. Je nachdem wann ihr dort seid, kann es sein,
dass sie sich gerade auf einem Bewerbungsmarathon für die Residency
(Assistenzarztausbildung) befinden oder auch diesen Prozess schon abgeschlossen
haben, d.h. sich für den Ort ihrer weiteren Ausbildung festgelegt haben. Offiziell
entsprechen auch wir als Visiting Students der Charité dem Status eines Fourth Year
Students. Man sollte aber wissen, dass alle amerikanischen Studenten im dritten
Jahr schon ein ganzes Jahr im Krankenhaus am Patienten gearbeitet und teilweise
selbstständig Patienten betreut haben. Und: sie haben von Anfang ihrer Ausbildung
gelernt, klinisch zu denken, und ihr Wissen am PatientInnen anzuwenden. Dieses
dritte Jahr ist sehr wichtig für die StudentInnen, da sie sich mit den Noten und
Empfehlungsschreiben aus dieser Zeit für die Residency bewerben. Bewertet und
benotet werden die StudentInnen von Northwestern bei jedem klinischen Einsatz.
Dieser Druck unter den StudentInnen macht sich gelegentlich bemerkbar und es ist
für alle sehr wichtig, zeigen zu können, was sie können. Dementsprechend kann
man aber den meisten StudentInnen auch einen deutlich sichereren Umgang mit
Patienten, Diagnosen, Therapien und natürlich den Arbeitsabläufen anmerken und
diesen „Vorsprung“ ab und an auch zu spüren bekommen – aber lasst Euch davon
nicht einschüchtern! Keiner erwartet dieses Niveau wirklich von Euch, insbesondere
wenn ihr kurz erklärt woher ihr kommt und wo ihr ungefähr steht. Wenn man dann ein
bisschen Engagement und Interesse zeigt, wird dies meiner Erfahrung nach, sehr
sehr positiv aufgenommen. Fragen ist immer okay, sogar gewünscht, Teil des guten
Tones im Hause.
Das NMH ist ein - sowohl in finanzieller als auch materieller Hinsicht - sehr gut
ausgestattetes Haus und ist mit seiner medizinischen Fakultät relativ weit oben auf
der Rangliste der Krankenhäuser in den gesamten USA. Dieses spiegelt sich nicht
nur an der Tatsache wieder, dass es nur Einzelzimmer gibt, sondern auch an
Umgangsformen und den Ansprüchen an die Behandlung der PatientInnen. Die
PatientInnen stellen jedoch im Großen und Ganzen einen Querschnitt durch die
amerikanische Gesellschaft dar, da über die Notaufnahme jeder aufgenommen wird.
Meiner Erfahrung nach lohnt es sich am meisten, sich bei Rotations für die sog.
Council Services zu bewerben. Das Krankenhaus ist so organisiert, dass es
Stationen gibt, auf denen alle internistischen Patienten zunächst einfach
aufgenommen werden und dann die notwendigen Expertenteams – die sog. Council
Teams hinzugeholt werden. Die Arbeit in so einem Konsilteam (i.d.R. 2-3
StudentInnen, ein Fellow (AssistentIn in der Spezialisierung), ein Attending und ggf.
auch noch ein Resident (AssistenzarztIn)) besteht ausschließlich im Abarbeiten der
angeforderten Konsile. Morgens werden die eingehenden Konsile unter allen
Mitgliedern des Teams aufgeteilt. Man geht dann zunächst alleine zu „seinen“
PatientInnen erhebt eine Anamnese, untersucht und trägt Labor und andere
relevante Befunde zusammen. Gegen Mittag treffen sich dann alle mit dem Oberarzt
und man stellt diesem die
gesehenen PatientInnen und
seine Vorschläge für das weitere
Prozedere und die Therapie vor.
Wie bei allen
Patientenvorstellungen spielt
hierbei die Form eine wichtige
Rolle und es lohnt sich wirklich,
sich diesbezüglich ein bisschen
vorzubereiten. Danach geht man
noch mal gemeinsam mit dem
gesamten Team zum PatientIn
und legt dann gemeinsam das
endgültige Prozedere fest. Dabei legten alle Oberärzte bei mir sehr viel Wert auf eine
gemeinsame und vollständige klinische Beurteilung der Patienten. Das Ganze muss
dann noch in Form einer Note im Computer dokumentiert werden. Diese Notes
werden entweder direkt an den Oberarzt zur Unterschrift oder zunächst an den
verantwortlichen Fellow zur Freigabe weitergeleitet. Diese gaben mir meist ziemlich
direkt feedback zu meinen Notes. Ich fand es sehr hilfreich und lehrreich, um meine
eigenen Gedanken zu einem PatientIn zu strukturieren und daraus entsprechende
therapeutische Konsequenzen abzuleiten. Je nach Fall wird dann auch entschieden,
wie oft und wer den PatientIn noch einmal sehen sollte. Empfiehlt man
Untersuchungen, sollten deren Ergebnisse selbstständig verfolgt, präsentiert und
wieder zur Diskussion gestellt werden.
Ich habe eine Rotation im Pulmonary Team gemacht. Während dieser Zeit habe ich
gelernt, Thoraxröntgen und Thorax-CTs zu befunden, Spirometrieergebnisse zu
interpretieren und habe mich nach und nach durch die verschiedensten Erreger der
(a)typischen Pneumonien gearbeitet. Auch die Behandlung von Asthma, COPD,
zystischer Fibrose und pulmonaler Hypertonie sowie Bronchialkarzinomen und
Tuberkulose kamen bei mir nicht zu kurz. Die Attendings bei mir waren wirklich sehr
bemüht, uns viel beizubringen und wenn mal nicht viel los war, konnte es schon sein,
dass sie uns noch kurz einen Vortrag zu einem bestimmten Thema gehalten haben
oder aber auch uns mit Papern zum Lesen für eine Präsentieren am nächsten Tag in
die Bibliothek geschickt haben. Generell hat mich fasziniert, wie viel Wert im NHM
auf aktuelle Studien und Therapieansätze - zusammengefasst auf Evidence Based
Medicine gelegt wurde und wie auch die StudentInnen sich vielfach schon
diesbezüglich richtig gut auskannten.
Meine zweite Rotation war auf der CCU – der kardiologischen ITS. Dort war das
Arbeitstempo und die Arbeitsatmosphäre ein bisschen anders. Für mich wäre es
sicherlich einfacher gewesen, hätte ich von Anfang an kapiert, wie die Arbeitsabläufe
gestaltet sind: Visite mit dem Oberarzt ist meist gegen 9.00 Uhr gewesen. Zuvor
wurde schon eine Pre-Round (Vorvisite) durch die Residents und Interns
(AssistentInnen im ersten Jahr der Ausbildung) gemacht (Beginn irgendwann
zwischen 6 Uhr und 6.30 Uhr). In der Morgenvisite wurde das über Nacht Neue und
auch alle Aufnahmen dem Attending präsentiert sowie entsprechende therapeutische
Konsequenzen und Vorschläge gemeinsam besprochen. Zweimal die Woche gab es
noch vor der gemeinsamen Visite eine Fortbildung für alle. Auf der CCU (wie in den
meisten anderen ICUs auch) wird in Teams bestehend aus Intern und einem älteren
Resident zusammengearbeitet, so dass ich es für sinnvoll hielt, mich an ein solches
Team dranzuhängen, denn das machen auch die amerikanischen StudentInnen. Das
Team, welches Dienst hatte, war verantwortlich für alle Aufnahmen an diesem Tag
und hat nach der Nachmittagsvisite, bei der die Aufnahmen des Tages und andere
Fragen zu Patienten besprochen wurden, die Verantwortung für die Station
übernommen. Mit „seinem“ Team kann man dann die Dienste mitmachen (ggf. auch
ganz über Nacht zu bleiben, falls man Lust hat), die Aufnahmen des Diensttages
besprechen und auch die eine oder andere Aufnahme selbstständig machen. Wenn
man eine Aufnahme gemacht hat, wird erwartet, dass man diesen PatientIn dann
auch weiter betreut. Dies bedeutet, in der pre-round „seinen“ Patientin zu
untersuchen, das Labor anzuschauen und zu bewerten, ergänzende
Laboruntersuchungen im Verlauf festzulegen, Ein- und Ausfuhr zu kontrollieren, ggf.
Beatmungsparameter und BGAs zu kontrollieren und die aktuelle Medikation zu
beurteilen. Alles geschieht immer in Absprache mit dem zugeordneten
Resident/Intern. Zur Patientenbetreuung gehört natürlich auch, „seine“ PatientInnen
in der Visite zu präsentieren und Fragen mit dem Oberarzt zu diskutieren. Dies ist zu
Beginn - auch aufgrund der sprachlichen Aspekte - eine wahre Herausforderung,
macht aber irgendwie Spaß und ich habe auf diese Weise gelernt, einen Patienten
vollständig zu verstehen. Auch auf der CCU müssen natürlich Notes verfasst werden
– und auch wenn sie nicht immer gelesen wurden, da die betreuenden
Residents/Interns sie oftmals selbst geschrieben haben - für mein eigenes
Verständnis war es sicherlich dienlich. Was ich während der Zeit auf der CCU
spannend fand, war, dass die Attendings regelmäßig gewechselt haben und jeder
von Ihnen einen eigenen Schwerpunkt gesetzt hat, um dem gesamten Team etwas
beizubringen: einer von Ihnen brachte einen Stapel EKGs zum Analysieren während
der Visite mit, ein anderer eine Reihe an Artikeln, die wir gemeinsam besprochen
haben. Auf diese Weise habe ich immer etwas mitgenommen, auch wenn ich mich
ab und an, insbesondere am Anfang, etwas verloren vorgekommen bin. Generell
hatten die meisten meiner Attendings immer den Anspruch alle offenen Fragen zu
einem PatientIn zur klären und es kam schon mal vor, dass sie noch spontan einen
kurzen Vortrag zu bestimmten Themen gehalten haben. Von den Krankheitsbildern
her finden sich auf der CCU (frische) Herzinfarkte, PatientInnen mit
Rhythmusstörungen, schwer herzinsuffiziente PatientInnen, PatientInnen mit Myo/Perikarditiden etc..
Weiterhin möchte ich Euch auch noch mitgeben, dass das sog „Pimpen“ – d-h. das
Ausfragen von MedizinstudentInnen zu einem Thema durch den Oberarzt oder auch
mal einen Resident, sich im ersten Moment wirklich schrecklich anfühlen kann. Aber
ich habe es nicht erlebt, dass ich schlecht behandelt wurde, wenn ich etwas nicht
wusste. Im Grunde gilt im NMH ein wichtiger Leitgedanke: dass man von jedem
PatientIn, den man mitbetreut viel lernen kann und jede dieser Chancen nutzen
sollte. Und wenn man dazu ein bisschen Bereitschaft zeigt (und sei es, zur nächsten
Visite einen kleinen Vortrag vorzubereiten), kann man sehr viel dort lernen – rein
Medizinisches, Menschliches und natürlich viel über seine eigene und die einem dort
begegnende „amerikanische" Medizinkultur. Mir jedenfalls ist die Zeit in sehr guter
Erinnerung geblieben.
Ich wünsche allen, die dort 2 Monate verbringen werden, ganz viel Spaß!