- Haus kirchlicher Dienste

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ARBEITSHILFEN AUS DEM FRAUENWERK
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BIBEL
IN GERECHTER SPRACHE
Bausteine für die Arbeit in der Gemeinde
Frauenwerk
PRAXISNAH
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• Übersetzung – kein Problem?
• Verführung zur Erkenntnis
• Die Ewige –
eine neue Gottesbeziehung
• Freiheit – Vertrauen
• Gerechtigkeit
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INHALTSVERZEICHNIS
O-Töne mit Bildern ........................................................................................................... 1
Vorwort .............................................................................................................................. 3
Einführungsvortrag zur „Bibel in gerechter Sprache“ ................................................. 4
Anne Rieck
Übersetzen – kein Problem?
Bausteine für einen Studientag zur „Bibel in gerechter Sprache“ .................................... 14
Ursel Duensing/ Hanne Finke/Anne Rieck
„Verführung zur Erkenntnis“
Bibelarbeit zu Genesis 3,1-15 .......................................................................................... 19
Helena Kritzokat/Marga Renz/Perdita Wünsch
„Adam, aus Erde geschaffen – Eva aus seiner Rippe“?
Bibelarbeit zu Genesis 2, 4b – 8.15-24 ............................................................................ 22
Helena Kritzokat/Marga Renz/Perdita Wünsch
„Von Freiheit und Vertrauen“ – Ein Frauenabend zum 23. Psalm ................................ 29
Ursel Duensing
„Die Ewige“ – eine neue Gottesanrede, ein neues Sprachbild
Gemeindeabend für Frauen und Männer ......................................................................... 32
Gisela Mustermann-Fiedler
Gesehen und nicht übersehen
Vier Einheiten zum Thema Gerechtigkeit für einen Mädchentreff,
eine Jugendgruppe, eine Schulklasse der Jahrgangsstufe 10 -11
oder eine Frauengruppe ................................................................................................... 34
Gudrun Junge
Materialanhang:
Anleitung zum Einsatz der Karten mit den Gottesnamen ................................................. 43
Kopiervorlage Gottesnamen ............................................................................................. 45
Ansichtsvorlage Vortragsfolien ......................................................................................... 51
PRAXISNAH
Arbeitshilfe aus dem Frauenwerk, Heft 4
Herausgeber: Haus kirchlicher Dienste der
Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Verantwortlich: Frauenwerk, Franziska Müller-Rosenau (v.i.S.d.P.)
Hausanschrift: Archivstraße 3, 30169 Hannover
Postanschrift: Postfach 2 65, 30002 Hannover
Fon: 0511 1241-424 Fax: 0511 1241-186
E-Mail: [email protected]
Internet: www.frauenwerk-hannover.de
Satz und Layout: Volker Tellermann
Druck: Haus kirchlicher Dienste; gedruckt auf Recycling-Papier aus 100% Altpapier
2. Auflage: 250
Ausgabe: November 2007 Artikelnummer: 545573
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„BIBEL
IN
O-TÖNE ZUR
GERECHTER SPRACHE“
Ich freue mich, dass es die Bibel in gerechter Sprache gibt, weil ich weiß, dass
Sprache nicht einfach ist und manipulieren kann. Die „Bibel in gerechter Sprache“
hilft mir, das Verstehen der biblischen Texte zu intensivieren.
Perdita Wünsch, Diakonin, Referentin im Frauenwerk
„Mich fordert diese Bibel besonders heraus, mit den Begriffen aus dem Glossar
ein Selbststudium zu betreiben und mich damit immer wieder in eine spannende
Auseinandersetzung zu begeben. Dabei gehen mir so viele >Lichter< auf!“
Hanne Finke, Landesbeauftragte des Frauenwerks
„Diese Bibel bietet hilfreiche Ergänzungen, die ein tiefer gehendes Verständnis
der Texte ermöglichen.“
Monika Fritsche, Religionslehrerin
Die Bibel in gerechter Sprache – endlich!
Ich bin gemeint und werde angeredet und nicht übergangen.
Ich werde gesehen und nicht übersehen,
ich werde genannt, ausdrücklich.
Gudrun Junge, LandesschülerInnenpastorin
Ich lese die „Bibel in gerechter Sprache“, weil sie mich überrascht und irritiert
und mir neu die Ohren für die alten Texte öffnet.
Anne Rieck, Theologische Referentin im Frauenwerk
Ich lese die Bibel in gerechter Sprache, weil ich durch sie plötzlich ganz anders
herausfinden kann, was eigentlich hinter diesen Texten steckt. Ich freue mich auf
die nächsten Übersetzungsschätze, die ich im Gespräch mit anderen entdecken
werde und bei denen mir das Herz weit wird.
Lilo Gebhard, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Frauenwerks im Kirchenkreis
Uelzen
Ich freue mich an der neuen Bibelübersetzung als eines wunderbaren, reichhaltigen Kompendiums an exegetischem, philologischem, theologischem und
historischem Wissen, welches Frauen und Männern ermöglicht, tief in die Lektüre
biblischer Texte einzudringen und sich von ihnen berühren, verwandeln und auf
den Weg der Gerechtigkeit rufen zu lassen.
Franziska Müller-Rosenau, Pastorin, Leiterin des Frauenwerks
Ich lese die Bibel in gerechter Sprache, weil mein Verstand beim Glauben auch
gefragt ist und… weil wissenschaftliche Impulse mich in meinem Glauben weiter
bringen.
Christiane Friedrich, Beauftragte des Frauenwerks im Kirchenkreis Uelzen
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Mädchen zeigen sich verwundert, Jungen sind verdutzt, wenn da SIE íst und kein ER.
So finde ich es schwierig, die Bibel in gerechter Sprache zu lesen mit dem Gedanken, wie wird
sie denn den unterschiedlichen Geschlechtern gerecht?
Dörte Köhler, Ehrenamtliche aus der geschlechtsbewussten Arbeit in der Evangelischen Jugend
Die Bibel ist mir tägliche Begleiterin wie eine gute Freundin. Seit es die BigS gibt, nutze ich sie für
die fortlaufende Bibellese. Bereichernd, wenn eine alte Freundschaft neue Impulse erfährt!
Ursel Duensing, stellvertretende Landesbeauftragte des Frauenwerks
Die vielfältigen Gottesnamen rütteln mich oft wach und feste Bilder bekommen ein neues Aussehen. Für mich ist die neue Übersetzung eine riesige Bereicherung und eröffnet mir einen neuen
Horizont.
Gisela Mustermann-Fiedler, Regionalbeauftragte des Frauenwerks in der Region Osnabrück
Ich kann mich mit der Bibel in gerechter Sprache nicht anfreunden.
Der Psalm 23 ist mir z.B. in der neuen Übersetzung sehr fremd. Meine Bibel in gerechter Sprache
habe ich bereits wieder verkauft.
Gisela Schmidt, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Frauenwerks in Bramsche
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VORWORT
Im Oktober 2006 ist die „Bibel in gerechter
Sprache“ erschienen.
Sie hat eine öffentliche Resonanz ausgelöst,
der sich keine andere neuere Bibelübersetzung
rühmen kann. Die Debatten um diese Übersetzung, die 52 Theologinnen und Theologen
in fünfjähriger Arbeit erstellt haben, sind heftig
und kontrovers.
Wir möchten mit dieser Arbeitshilfe dafür werben, die neue Übersetzung jenseits von
Polemik und hitzigem Disput dem Praxistest zu
unterziehen, sie wertschätzend und konstruktiv,
aber nicht unkritisch in Gebrauch zu nehmen.
Vielleicht machen Sie dabei ähnliche Erfahrungen wie wir:
Texte, die durch langen Gebrauch „abgeschliffen“ waren, beginnen neu zu sprechen.
Altvertrautes wird fremd und schwer Verständliches erschließt sich, unbekannte Nuancen
werden hörbar, anrührende Entdeckungen
werden möglich und Bibelgespräche entwickeln
eine ungeahnte Dynamik.
„Prüft alles, aber das Gute behaltet“, sagt
Paulus.
Für die eine ist das Gute der vertraute Luthertext, für die andere ist es die neue Übersetzung
und für wieder eine andere wechselt es von
Bibeltext zu Bibeltext. Diese Vielfalt wahrzunehmen und zuzulassen haben wir nicht als
gefährlich, sondern als reizvoll erlebt, denn
immer wieder sind daraus intensive und bewegende Gespräche über den eigenen Glauben
erwachsen.
Die einzelnen Bausteine dieser Arbeitshilfe sind
variabel einsetzbar. So können unterschiedliche
Schwerpunkte gesetzt werden. Gemeindeseminare können damit konzipiert werden, aber
auch Studientage, Bibelabende und sogar
Unterrichtseinheiten für Jugendliche – je nach
Bedarf und Geschmack.
Wir wünschen uns, dass diese Arbeitshilfe Lust
macht zum Bibellesen und dass sie einen Raum
öffnet, in dem das lebendige Wort Gottes wirken
kann. So dass die LiebhaberInnen der einen
wie der anderen Übersetzung spüren können:
Der Glaube hängt nicht von den Buchstaben
ab, sondern von Gottes heiliger Geistkraft, die
durch die Buchstaben hindurch immer noch
weht, wo sie will.
In diesem Sinne Ihnen allen einen fröhlichen,
glaubensstärkenden und protestantisch gelassenen Umgang mit der „Bibel in gerechter
Sprache“!
Ihre
Ursel Duensing
Hanne Finke
Gudrun Junge
Gisela Mustermann-Fiedler
Anne Rieck
Perdita Wünsch
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EINFÜHRUNGSVORTRAG
ZUR „BIBEL IN GERECHTER SPRACHE“
Der folgende Vortrag kann als Einführungsvortrag in die „Bibel in gerechter Sprache“ in
unterschiedlicher Weise eingesetzt werden.
Im Rahmen eines Studientages bietet es sich
an, ihn in Einzelabschnitte zu unterteilen und
die jeweiligen thematischen Schwerpunkte in
Kleingruppenarbeiten zu vertiefen.
Einen Vorschlag dazu finden Sie in dieser
Arbeitshilfe.
Steht weniger Zeit zur Verfügung, ist es aber
auch ohne weiteres möglich, den Vortrag en
bloc zu halten und anschließend unterschiedliche Bibelarbeiten zur Konkretion anzubieten.
Dazu eignen sich die Bausteine zu Adam und
Eva, zum Gottesnamen „die Ewige“ und zum
23. Psalm.
In jedem Fall ist es aus unserer Sicht sehr zu
empfehlen, den Vortrag „optisch“ zu unterstützen. Es erleichtert ein konzentriertes Zuhören
und ermöglicht den TeilnehmerInnen, selbst der
vollen Vortragslänge (ca. 1 Stunde) ohne große
Anstrengung zu folgen.
Vortrag: „Bibel in gerechter Sprache“
Gliederung
(Folie 0)
1
1.
Einleitung
2.
2.1.
2.2.
2.3
2.4.
2.5.
„Bibel in gerechter Sprache“ –
„Political correctness“ oder reformatorisches Projekt?
Reformare heißt erneuern
Entstehungsgeschichte der Übersetzung
Übersetzung als Diskussionsprozess
Übersetzung als Ermächtigung und Sensibilisierung der LeserInnen
Übersetzen als Verhandlungsprozess
3.
3.1.
3.2.
3.3.
3.4.
Grundbedingungen des Übersetzens
Wortfelder
Sprachwandel
Kontextwandel
Voraussetzungen und Interesse
(Folie 7-9)
(Folie 10)
(Folie 11)
(Folie 12-14)
4.
4.1.
4.1.1.
4.1.1.1.
4.1.1.2.
4.1.1.3.
4.1.1.3.1.
4.1.1.3.2.
4.1.2.
4.1.3.
4.2.
4.3.
Gerechtigkeit als besonderes Kriterium im Übersetzungsprozess
Geschlechtergerechtigkeit
Gottesbilder
Gott bin ich und kein Mann
Fülle weiblicher Gottesbilder
Gott hat einen Eigennamen
Gottes Eigenname ist nicht geschlechtlich bestimmt
„Ersatznamen“ für Gottes Eigennamen
Inklusive Sprache
Androzentrische Sprache
Gerecht im Blick auf das jüdisch-christliche Verhältnis
Soziale Gerechtigkeit
(Folie 15)
(Folie 16)
(Folie 17)
(Folie 17)
(Folie 18)
(Folie 19)
(Folie 20)
(Folie 21)
(Folie 22)
(Folie 23)
(Folie 24+25)
(Folie 26)
(Folie 1)
(Folie 2)
(Folie 3)
(Folie 4)
(Folie 5)
(Folie 6)
1 Sie finden eine Ansichtsvorlage der Powerpoint-Präsentation zur visuellen Unterstützung des Vortrags im
Anhang. Diese können Sie als CD oder einzelne DIN A4-Folien für den Overheadprojektor zum Paketpreis
von jeweils 7,50 €/ermäßigt 5,– € für Mitglieder der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers im Frauenwerk bestellen.
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1. Einleitung
Wie kaum eine Bibelübersetzung zuvor hat
die „Bibel in gerechter Sprache“ eine breite
öffentliche Debatte ausgelöst. Eine Debatte,
die sowohl innerhalb als auch außerhalb der
Kirche mit großer Leidenschaft und massiver
Polemik geführt wird. Da würde aus Gründen
der „political correctness“ der Bibeltext verfälscht, indem aller Rassismus, aller Sexismus,
aller Antijudaismus aus den Texten entfernt
würde, sagen die GegnerInnen. Wohingegen
die BefürworterInnen behaupten, dass diese
Übersetzung nur dort „korrigierend“ oder besser „revidierend“ eingreife, wo Antijudaismus
und Sexismus durch Auslegungstradition und
traditionelle Übersetzung gegen den Urtext in
diesen eingetragen wurden.
Sie plädieren für die neue Übersetzung, weil
sie Ernst mache mit den Erkenntnissen der
Bibelwissenschaft aus den letzten 40 Jahren
und versuche endlich, dem, was die Texte ursprünglich sagen wollten, gerecht zu werden
und zwar so, dass Menschen von heute es
verstehen.
Wer hat Recht? Man sollte meinen, dass sich
das am Text klären ließe. Seltsamerweise
scheint das zumindest zwischen den öffentlichen ProtagonistInnen der Debatte nicht
möglich zu sein...
Warum nicht? Eine erste These: Weil diese
Bibelübersetzung zwar etliche Schwächen
und sicher auch die eine oder andere Fehlübersetzung beinhaltet, aber doch im Ganzen
reformatorische und d. h. verändernde und
bilderstürmende Kraft hat.
Darum eine Bitte vorweg an Sie alle als ZuhörerInnen: Es könnte sein, dass es Sie auch
erwischt. Und Sie Zorn, Ärger und Angst spüren oder auch Freude, Rührung, Schmerz und
Glück. Versuchen Sie mit diesen Gefühlen
achtsam umzugehen, sie wahr und ernst zu
nehmen, aber sich nicht völlig in sie hineinfallen zu lassen, denn dann ist es schwer, diese
Bibelübersetzung wertschätzend und doch auch
kritisch wahrzunehmen. Denn ich finde, das hat
sie verdient.
2. „Bibel in gerechter Sprache“:
„Political correctness“ oder reformatorisches
Projekt?
Ich komme zu meiner Grundthese, dass diese
Bibelübersetzung darum einen solchen Sturm
von Entrüstung und Begeisterung auslöst, weil
sie reformatorische und d. h. verändernde und
befreiende Kraft hat.
Martin Luther, der die erste epochale und
sprachgeschichtlich sicherlich bedeutendste
Bibelübersetzung in deutscher Sprache vorgelegt hat, musste sich vor 500 Jahren mit ganz
ähnlichen Angriffen auseinandersetzen, wie
die Übersetzerinnen der „Bibel in gerechter
Sprache“.
Gegen den Vorwurf, er habe nicht eins zu eins
von der Ursprache ins Deutsche übersetzt, verteidigte er sich mit dem Argument, dass es ihm
bei aller Unterschiedlichkeit und Unvergleichbarkeit der Sprachen darum gegangen sei, den
Sinn des Urtextes zu vermitteln – der durch eine
reine Buchstäblichkeit der Übersetzung oft völlig
verdeckt würde. Es ging ihm darum, den Sinn
des Textes so zur Sprache zu bringen, dass
Menschen seiner Zeit ihn verstehen konnten.
Dieses reformatorische Anliegen gilt auch für
die ÜbersetzerInnen der „Bibel in gerechter
Sprache“ (im Folgenden: BigS).
2.1. Reformare heißt erneuern
Die BigS verarbeitet Erkenntnisse der Bibelwissenschaft, der sozialgeschichtlichen Forschung,
des Sprachwandels. Sie versucht, das, was der
Urtext meint, für unsere Zeit wieder hörbar zu
machen, es im Gehör der Bibelleserinnen und
-leser zu erneuern und ihnen zu ermöglichen,
sich selbst einen Eindruck von der Weite der Bedeutungsmöglichkeiten der Urtextsprachen zu
verschaffen. Sie gibt damit NichttheologInnen
einen Einblick in die Variabilität von Übersetzungen und ermächtigt sie zugleich, selbst aus
dem Spektrum der Übersetzungsmöglichkeiten
eine andere eigene Wahl zu treffen. In dieser
Ermächtigung der LeserInnen ist sie ein reformatorisches Projekt.
2.2. Die Entstehungsgeschichte der
Übersetzung
31.10.2001 bis 31.10.2006: Fünf Jahre hat es
gedauert, bis die Arbeit abgeschlossen werden
konnte. Die Daten zeigen an, dass auch die
ÜbersetzerInnen selbst ihre Übersetzung in
reformatorischer Tradition verstehen.
Wie ist es zu dieser Übersetzung gekommen?
Die Vorgeschichte beginnt mit den Kirchentagsübersetzungen. Wer die deutschen evangelischen Kirchentage besucht hat, erinnert sich
vielleicht daran, dass es zu den dort in den
Bibelarbeiten und anderen Zusammenhängen benutzten biblischen Texten neben der
Lutherübersetzung immer auch „moderne“
Übersetzungen gab, die von BibelwissenschaftlerInnen unter Berücksichtigung des aktuellen
Forschungsstandes erarbeitet worden waren.
Aus der Erfahrung, wie fruchtbar und anregend
der Umgang mit diesen Übersetzungen war,
entstand schließlich der Wunsch, nicht nur für
die jeweiligen Kirchentagsbibeltexte, sondern
für die ganze heilige Schrift auf eine solche
Übersetzung zurückgreifen zu können.
Die Hessen-Nassauische Landeskirche beschloss, das Übersetzungsprojekt zu unterstützen, um die Bibel neu ins Gespräch zu bringen
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und sie der jungen Generation attraktiv und
zugänglich zu machen. Die ev.-luth. Landeskirche von Hessen-Nassau stellte eine Pfarrstelle
u.a. für die Koordinierung und die Einwerbung
von Spendengeldern zur Verfügung, die Übersetzungsarbeit selbst aber ist ehrenamtlich
erfolgt. Entgegen manchen Behauptungen
in der Presse sind die Gesamtkosten von
400 000 € (Reisekosten etc) nicht aus Kirchensteuermitteln, sondern von 1200 Einzelpersonen und Gruppen, konfessionsübergreifend
im deutschsprachigen Raum zur Verfügung
gestellt worden (im Anhang der BigS einzeln
aufgelistet).
Der reformatorische Grundimpuls dieser Übersetzung zeigt sich auf unterschiedlichsten
Ebenen:
2.3. Übersetzung als Diskussionsprozess
Die „Bibel in gerechter Sprache“ ist nicht im
„Elfenbeinturm“ entstanden. Die beteiligten
WissenschaftlerInnen (42 Frauen und 10 Männer) haben ihre vorläufigen Übersetzungen
nicht nur miteinander immer wieder diskutiert,
sie haben auch 300 Gemeindegruppen und
Einzelpersonen ermutigt, diese Übersetzungen
zu testen, anzufragen, zu loben oder zu kritisieren. Denn alle ÜbersetzerInnen verstehen
ihre Übersetzung als eine Übersetzung auf
dem Weg,1 als einen Prozess, der weitergeht.
Darum ist jeder Leser, jede Leserin der „Bibel
in gerechter Sprache“ weiterhin gebeten, die eigenen Erfahrungen mit den Texten an die ÜbersetzerInnen zurück zu melden, Anmerkungen,
Kritik und Verbesserungsvorschläge einzubringen und sich so an dem Projekt zu beteiligen
(Adresse: www.bibel-in-gerechter-sprache.de).
Alle ÜbersetzerInnen legen ihre Voraussetzungen offen:
Sie benennen nicht nur ihre theologischen
Grundeinstellungen, sondern kennzeichnen
auch jede Übersetzung mit ihrem Namen. So
ist es für jeden Leser, jede Leserin nicht nur
möglich, mit den ÜbersetzerInnen direkt ins Gespräch zu kommen, sondern ggf. auch Einblick
zu nehmen in die persönlichen Rahmenbedingungen, die notwendig in jede Übersetzung
einfließen. Reformatorische Anliegen nimmt die
BigS aber auch in Blick auf die Lesenden auf.
2.4. Übersetzung als „Ermächtigung“ und
„Sensibilisierung“ der LeserInnen
Die BigS „demokratisiert“ Urtextkenntnisse, indem sie Entdeckungen ermöglicht, die sonst nur
Menschen mit hebräischen bzw. griechischen
Sprachkenntnissen zugänglich sind:
1 „Diese Übersetzung ist also ein Zwischenstand
auf einem Weg, der niemals zu Ende ist.“
U. Bail, F. Crüsemann, M. Crüsemann u.a. (Hg),
Die Bibel in gerechter Sprache, Gütersloh,
1. Auflage 2006, S. 26
z. B. dadurch, dass alle biblischen Zentralbegriffe im Text gekennzeichnet sind, am Rand
das Urtextwort in Umschrift wiedergegeben
ist2 und sich schließlich im Glossar ein Erläuterungstext findet, der die ganze Bedeutungsbreite des Begriffs erläutert.
LeserInnen, die die Urtextsprachen nicht sprechen, können so nicht nur zu einem tieferen
und umfassenderen Verständnis des Textes
kommen, sondern haben auch die Möglichkeit,
für sich selbst u. U. eine andere Übersetzungsentscheidung zu treffen.
Aber nicht nur für NichttheologInnen ist die
BigS ein Gewinn, auch TheologInnen profitieren von dieser Übersetzung, weil sie neue und
ungewohnte Wahrnehmungen am biblischen
Text ermöglicht.
Denn: Ohne Frage ist die Lutherbibel in ihrer Sprachkraft und Schönheit unersetzbar,
aber sie ist ein sehr vertrauter Text und sehr
vertraute Texte „schleifen ab“. Wir hören bestimmte „Nuancen“ nicht mehr.
Darum brauchen wir immer wieder einmal eine
neue Übersetzung, eine Übersetzung, die eine
Reformation, eine Erneuerung des Urtextes im
Gehör des Lesenden ermöglicht.
2.5. Übersetzen als Verhandlungsprozess
„Die Bibel übersetzen bedeutet für mich: Die
Worte zu den Menschen herüber und die
Menschen zu den Worten hinüber zu setzen“
schreibt Jürgen Ebach, Professor für Altes Testament und einer der Übersetzer der BigS.3
Jede Übersetzung steht vor der Schwierigkeit,
das, was der Urtext sagt, so in die je eigene
Sprache zu übertragen, dass dabei möglichst
viel von dem ursprünglich Gemeinten transportiert wird. Eine 100% ige Übertragung ist dabei
aber kaum möglich. In der Regel ist darum
jede Übersetzung gewissermaßen ein Kompromiss. Er ergibt sich aus der Verhandlung
zwischen den drei wichtigsten Erfordernissen,
die den Übersetzungsvorgang ausmachen: den
Erfordernissen des Urtextes, der Zielsprache
und der jeweiligen Kontexte.
Was das im Einzelnen bedeutet, möchte ich
Ihnen im Folgenden noch ein wenig genauer
erläutern und dann auch an einigen Textbeispielen zeigen. Dabei werden Sie sicher
merken: Ein absolut richtiges („gerechtes“)
Ergebnis gibt es dabei nicht, nur mehr oder
weniger gute Lösungen...
2 Die/der Vortragende könnte an dieser Stelle zur
besseren Verständlichkeit den TN eine kopierte
Seite aus der BigS in die Hand geben oder als
Overheadfolie kopieren.
3 Helga Kuhlmann (Hgn); Die Bibel – übersetzt in gerechte Sprache? Grundlagen einer neuen Übersetzung,
Gütersloh, 3. Auflage 2006, S. 61
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3. Grundbedingungen des Übersetzens
Übersetzen ist ein schwieriges Geschäft, sagt
Martin Luther sinngemäß in seinem „Sendbrief
vom Dolmetschen“. Wie schwierig, das weiß
jede und jeder, der einmal eine fremde Sprache
gelernt hat. Da muss man sich gar nicht erst in
die Feinheiten von Stil und Grammatik vertiefen,
es reicht schon, sich die
Beide Übersetzungen sind „richtig“, bringen aber
andere Assoziationsfelder hervor: Die Angst, die
einem Menschen die Kehle zuschnürt, lässt
mehr an eine akute Lebensgefahr denken als
die Angst der Seele, die sich vielleicht nicht auf
eine unmittelbare Gefahr, wohl aber auf eine
grundsätzliche Gefährdung/Verfehlung des
Lebens beziehen mag….
3.1. Wortfelder
anzusehen, um zu merken: Sprachen sind in
sich geschlossene Symbolsysteme, die jeweils
wie ein eigener kleiner Kosmos funktionieren.
In diesem Kosmos hat jedes Wort seinen Platz,
von dem aus es mit anderen Worten in Beziehung tritt, bestimmte Haupt- und Nebenbedeutungen auslöst usw. So kommt es, dass man
zwar von der einen Sprache zur anderen oft eine
scheinbar ganz klare Übersetzungsmöglichkeit
hat und erst im zweiten Nachdenken merkt: Es
ist vielleicht gelungen, den Hauptsinn zu übersetzen, aber im Bereich der Nebenbedeutungen
ist etwas hinzugekommen oder entfallen.
Denken Sie z. B. an die beiden englischen
Wörter sky und heaven und das deutsche Wort
Himmel. „Our father in heaven“ – „unser Vater
im Himmel“ – auf den ersten Blick scheint das
eine ganz genaue und wörtliche Übersetzung
zu sein. Aber auf den zweiten Blick sieht man:
„our father in heaven“ und „unser Vater im Himmel“ ist im Deutschen und im Englischen nicht
exakt das Gleiche, schon weil wir Himmel auch
sagen können für den Raum, den die Flugzeuge
gen Süden durchqueren, der Begriff heaven im
Englischen aber reserviert ist für eine geistige
Wirklichkeit.
Noch schwieriger, beinahe unmöglich wird
das Übersetzen bei Redewendungen oder
gar poetischen Zeilen. Da kann eine wörtliche
Übersetzung sogar falsch sein und den Sinn
des Gemeinten völlig verzerren. Denken Sie
z. B. an das englische: „it is raining cats and
dogs“ – wenn Sie das wörtlich übersetzen, ist
es eindeutig falsch.
Um „Nefesch“ geht es auch im folgenden Text
und um „Leb“: Herz, Verstand, Wille, Gewissen,
Mut.
5. Mose 6,5:
Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben
von ganzem Herzen (leb), von ganzer Seele
(nefesch) und mit all deiner Kraft (revidierte
Lutherbibel 1984, im Folgenden L)
So liebe denn Adonaj, Gott für dich, mit Herz
und Verstand, mit jedem Atemzug, mit aller
Kraft (BigS).
Die Lutherbibel ist, am reinen Wortlaut des
Urtextes gemessen, genauer (da steht: mit
ganzem leb, mit ganzer nefesch, mit ganzer
meod/Kraft) als die Übersetzung der BigS. Aber
seine Übersetzung bringt das Gemeinte in der
Zielsprache – im Deutschen – doch in einer
Verschiebung zum Ausdruck, die dem Urtext
vermutlich nicht angemessen ist.
Denn das Gebot, Gott zu lieben, zielt im hebräischen Kontext auf die ganze Existenz des
Menschen, nicht nur auf seine/ihre emotionalen
innerlichen Seiten, an die wir heute bei den
Stichworten „Herz“ und „Seele“ denken.
Biblische Textbeispiele zum Thema
„Wortfelder“
Nehmen wir als Beispiel das hebräische Wort
„Nefesch“. Es kann stehen für: Atem, Hauch,
Duft, Kehle, Seele, Gemüt, Leben, Person.
In 1. Mose 42,21b lesen wir bei Luther:
Das haben wir an unserem Bruder verschuldet!
Denn wir sahen die Angst seiner Seele, als er
uns anflehte und wir nicht gehört haben….
In der BigS heißt dieselbe Stelle:
Ach, wir sind schuldig geworden an unserem
Bruder, wo wir doch die Angst seiner Kehle
gesehen haben, als er uns anflehte und wir
nicht gehört haben….
3.2. Sprachwandel
Eine weitere Schwierigkeit beim Übersetzen
ist der Sprachwandel – manchmal verändern
Worte ihre Bedeutung innerhalb weniger Jahre
oder Jahrzehnte.
Im Deutschen ist für mich immer das Wort „geil“
ein eindrückliches Beispiel. In meiner Kindheit
wäre ich heftig gescholten und ermahnt worden,
wenn ich es benutzt hätte – heute ist es fast „salonfähig“ geworden. Jedenfalls wird Werbung
damit getrieben.
Bezogen auf die Bibel: Martin Luther schreibt
z. B., dass Menschen seiner Zeit den Ausdruck
„Maria voll Gnaden“ für das griechische „chaire
kecharitomine“ nicht verstehen würden, er
daher „gegrüßet seist du Holdselige“ übersetzt
habe, damit „ein Deutscher sich desto besser
vorstellen kann, was der Engel mit seinem
Gruß meinet. Aber hier wollen die Katholiken
toll werden über mich, dass ich den Engelsgruß
verderbet habe: obwohl ich damit noch nicht das
beste Deutsch getroffen habe.“
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Und Luther fährt fort, im besten Deutsch, aber
weiter vom Urtext entfernt wäre zu übersetzen:
„Gott grüße dich, du liebe Maria“.4
Biblisches Textbeispiel zum Thema
„Sprachwandel“
Lukas 1,48a (aus dem Lobgesang der Maria):
Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd gesehen … (L)
Sie hat auf die Erniedrigung ihrer Sklavin gesehen … (BigS)
Ich bitte Sie, einmal die weibliche Gottesbezeichnung zu übersehen und Ihr Augenmerk
auf die Übersetzungen Niedrigkeit/Erniedrigung
und Magd/Sklavin zu richten.
„Magd“ war in der bäuerlichen Gesellschaft
Martin Luthers eine durchaus angemessene
Übersetzung für das griechische „doule“. Denn
Mägde waren in seiner Gesellschaft ebenso
wie die antiken Sklavinnen auf ihren „Stand“
fixiert und befanden sich in einem engen
Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer jeweiligen
„Herrschaft“.
Heute aber assoziieren wir mit „Magd“ nicht
mehr die ehemals harten sozialen Realitäten,
sondern denken eher an romantisch gefärbte
Bilder bäuerlicher Idylle und im Zusammenhang mit „Niedrigkeit“ auch an eine, vielen
Frauen sehr vertraute, unangenehme weibliche
Selbstabwertung unter den Bedingungen patriarchaler Gesellschaftsstrukturen.
Die Übersetzung „Erniedrigung ihrer Sklavin“
bringt demgegenüber nicht nur den ursprünglichen Sinn des Textes wieder zur Geltung,
sondern ist auch transparent für gegenwärtige
Aktualisierungen. Frauen, die als „Haushaltssklavinnen“ , als „Sexsklavinnen“, als „Arbeitssklavinnen“ weltweit missbraucht und erniedrigt
werden, kommen in den Blick ebenso wie die
GewalttäterInnen, die für ihr Schicksal verantwortlich sind.
Und ein letzter Pluspunkt dieser Übersetzung:
Der Lobgesang der Maria wird erkennbar als
ein prophetisches Lied, das anknüpft an das
Lied, das Mirjam, die Schwester des Mose,
nach der Befreiung Israels aus der ägyptischen
Sklaverei sang.
3.3. Kontextwandel
Schließlich ist auch der Kontextwandel beim
Übersetzen zu berücksichtigen. Wir kennen das
vermutlich alle: „Wenn zwei das Gleiche sagen,
ist es noch lange nicht dasselbe“.
Die Nuancen, die unterschwelligen Bedeutungen einer Aussage sind immer auch abhängig von demjenigen, der redet, der hört und von
der Situation, in der beide stehen.
Ein Beispiel: Wenn wir als Deutsche über die
unmöglichen Deutschen im Urlaub schimpfen,
ist das etwas anderes, als wenn eine Italienerin
das tut. Oder: Wenn ein mächtiger Politiker zur
Rechtfertigung seiner Strategien von der Herrschaft Gottes spricht, ist das etwas anderes, als
wenn ein ohnmächtiger und verfolgter Widerstandskämpfer sich an dem Bekenntnis festhält,
dass Christus allein der Herr ist.
Biblisches Textbeispiel zum Thema „Kontextwandel“
Hoheslied 1,5
Ich bin braun, aber gar lieblich. (L)
Schwarz bin ich und schön. (BigS)
Beide Übersetzungen sind vom hebräischen
Text her möglich. Der Zusammenhang jedoch
legt als Übersetzung eher die Version der Lutherbibel nahe. Die BigS übersetzt trotzdem mit
„und“ statt mit „aber“, weil der Satz der Schulamith im ursprünglichen Kontext nicht rassistisch
verstanden worden sein dürfte, ein „aber“ in
unserem jetzigen Kontext jedoch ein solches
Missverständnis hervorrufen könnte.
3.4. Voraussetzungen und Interesse
Einer der Hauptvorwürfe an die Übersetzug
der „Bibel in gerechter Sprache“ ist, dass sie
interessegeleitet sei.
Dieser „Vorwurf“ stimmt. Aber er gilt für jede
Übersetzung, insofern als keine frei von Interpretation ist. Denn niemand kann voraussetzungslos an einen Text herangehen.
Was wir hören und wahrnehmen, ist bestimmt
und begrenzt von den Prägungen, dem Wissen,
den Erfahrungen, die wir mitbringen.
Darum gehört es zur „Wissenschaftlichkeit“
dazu, die eigenen Voraussetzungen zu reflektieren und offen zu legen, damit andere
den subjektiven Anteil an einer Interpretation
erkennen können.
Es ist das Besondere an der Übersetzung
der „Bibel in gerechter Sprache“, dass sie
ihre Voraussetzungen im Gegensatz zu allen
anderen Übersetzungen offen legt und so die
subjektiven Einfärbungen bewusst erkennbar
werden lässt.
Biblische Textbeispiele für
„Voraussetzungen und Interesse“
1. Mose 3,16b
Und dein Verlangen soll nach deinem Manne
sein, aber er soll dein Herr sein. (L)
Unter der Macht des Mannes wirst du sein und
er wird dich beherrschen. (Hieronymus)
Auf deinen Mann richtet sich dein Verlangen.
Doch der wird dich beherrschen. (BigS)
4 Martin Luther, Ein Sendbrief vom Dolmetschen 1530,
in: Kurt Aland(Hg), Luther Deutsch, Band 5, Stuttgart
1963, S. 86
8
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Die Übersetzung der BigS kommt in diesem Fall
dem Wortlaut am nächsten5. Der für seine Frauenfeindlichkeit bekannte Kirchenvater Hieronymus entfernt sich am weitesten vom Text, aber
auch Martin Luther trägt mit seiner Übersetzung
„er soll dein Herr sein“ eine Befehlsform in den
Text ein und versieht so (vermutlich unbewusst)
die männlich geprägten gesellschaftlichen Herrschaftsformen seiner Zeit mit einer göttlichen
Rechtfertigung.
Die Übersetzung der BigS lässt die Worte
Gottes an dieser Stelle verstehbar werden als
eine Beschreibung menschlich/irdischer Verhältnisse jenseits des Paradieses. Arbeit und
Schmerzen, Herrschaft und Ungerechtigkeit
erscheinen nicht als gottgewollte gute Ordnung,
sondern als bedauerliche Folge menschlichen
Handelns, als Beschreibung der Bedingungen
des Lebens jenseits des Paradieses.
RömerInnen 16,7
Grüßt Andronikus und Junias, meine Stammverwandten und Mitgefangenen, die berühmt
sind unter den Aposteln. (L)
Grüßt Andronikus und Junia, meine Verwandten, unter den Apostelinnen und Aposteln haben
sie eine herausragende Rolle. (BigS)
Das Beispiel der Apostelin Junia ist eines der
bekanntesten für unbewusst interessegeleitetes Übersetzen.
Der Kirchenvater Chrysostomos (354-407)
wusste noch, dass Junia weiblich war. Und die
alte Kirche konnte von Maria Magdalena als
„Apostola apostolorum“ sprechen und darin
das Wissen von den einflussreichen Positionen
bewahren, die Frauen in der frühen Jesusbewegung innehatten.
Mit der zunehmenden Verdrängung der Frauen
aus allen kirchlichen Ämtern aber ging das
Wissen von ihrer frühen Bedeutung verloren.
Man(n) konnte sich schließlich gar nicht mehr
vorstellen, dass „Apostel“ auch weiblich sein
konnten.
So wurde aus dem vielfach in antiken Dokumenten belegten Frauennamen Junia der Männername Junias, der in keiner Inschrift, keinem
Dokument der Antike zu belegen ist.
Gerade die Übersetzung von Rö 16,7 zeigt, wie
sehr die eigenen gesellschaftlichen Verhältnisse
die Wahrnehmung der alten Texte und ihre
Übersetzung prägen können.
Bis heute gilt: „Wir denken oft viel patriarchaler,
als die Verhältnisse waren.“6
5 Trotzdem ist auch diese Übersetzung der BigS nicht
interessefrei: Sie geschieht nicht zufällig in einem Kontext, in dem die männliche Vorrangstellung in Frage
gestellt ist.
6 1. Korinther 14,34 „Die Frauen sollen in den Gemeindeversammlungen schweigen“ belegt bereits die veränderten Verhältnisse einer sich institutionalisierenden Kirche.
Der Satz stammt vermutlich nicht von Paulus selbst,
sondern ist von späteren Redaktoren in seinen Brief eingefügt worden.
7 Helga Kuhlmann (Hgn), Die Bibel – übersetzt in gerechte Sprache?, Grundlagen einer neuen Übersetzung,
Gütersloh, 3. Auflage 2006, S. 67
4. Gerechtigkeit als besonderes Kriterium
im Übersetzungsprozess
Die ÜbersetzerInnen der BigS betonen, dass
sie nicht den Anspruch haben, dass ihre Übersetzung „gerecht“ sei in dem Sinne, dass alle
anderen Übersetzungen „ungerecht“ wären. Mit
dem Stichwort „gerecht“ beschreiben sie nur
das besondere Anliegen, das sie verfolgt haben:
Nämlich unter den Grundvoraussetzungen der
urtext-, zielsprachen- und kontextgemäßen
Übersetzung ein besonderes Augenmerk auf
drei Themenbereiche zu legen, in denen die sozialgeschichtliche und exegetische Forschung
der letzten Jahrzehnte viele neue Ergebnisse
erbracht hat.
Das betrifft v. a. die Geschlechterverhältnisse
in der frühen Christenheit, das Verhältnis von
JüdInnen und ChristInnen und die sozialen
Gegebenheiten in den ersten Jahrhunderten
n. Chr. Was das im Einzelnen bedeutet, möchte ich Ihnen im Folgenden an einigen kleinen
Beispielen zeigen:
4.1. Geschlechtergerechtigkeit
Geschlechtergerechtigkeit beinhaltet, bezogen
auf die biblischen Texte, v. a. drei Aspekte:
Gottesbilder, inklusive Sprache und androzentrische Sprache.
Ich beginne mit den Gottesbildern.
4.1.1. Gottesbilder
Die meisten von uns werden – vermute ich –
keine Einwände haben, wenn ich sage, dass
Gott weder männlich noch weiblich ist. So
bereitet die Gebetsanrede: „Gott, der du uns
Vater und Mutter bist“ den meisten ChristInnen
keine Probleme.
Ganz anders die Anrede: Gott, die du uns
Mutter und Vater bist. Das deutet darauf hin,
dass wir entgegen aller verstandesmäßigen
Beteuerungen heimlich und unbewusst doch
auf ein männliches Gottesbild festgelegt sind.
Klaus Wengst schreibt diese Festlegung der
Sprache zu, er sagt: „Ich übersetze mit an der
Bibel in gerechter Sprache, weil Gott kein Mann
ist - und der Anschein, dies sei so, nicht durch
die Sprache erweckt werden soll.“7
Klaus Wengst beruft sich darin auf die Bibel
selbst. So heißt es in Hosea 11 und 4. Mose
23,19 explizit:
9
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4.1.1.1. „Gott bin ich und kein Mann“
In beiden Belegstellen wird im hebräischen
Urtext das Wort Isch verwendet, das mit „Mann“
zu übersetzen ist und im Gegensatz zu Adam,
das mit Mensch wiederzugeben ist, nicht Mann
und Frau einschließt. Die Lutherübersetzung
bietet hier gegen den Urtext: „Gott bin ich und
kein Mensch“.
4.1.1.2. Fülle weiblicher Gottesbilder
Die biblische Vielfalt der Sprachbilder und Metaphern für Gott entspricht dem Bilderverbot der
zehn Gebote. Denn je mehr Sprachbilder wir
für Gott benutzen, desto deutlicher wird für uns
selbst und für andere: Gott übersteigt jedes Bild
und ist nicht in einem einzigen Bild zu erfassen.
Und: Je mehr Bilder und Namen wir für Gott
kennen, desto schwieriger wird es, sich heimlich
und unbewusst auf ein Bild zu fixieren.
Trotzdem hat das Übergewicht männlicher
Sprachbilder für Gott in der Bibel dazu geführt,
dass die weiblichen Bilder verdrängt worden
sind und viele ChristInnen heimlich von Gottes
Männlichkeit überzeugt sind. So kommt es bei
vielen zu massiven Abwehrgefühlen, wenn von
Gott in weiblichen Bildern gesprochen wird und
von ihrem Mutterschoß, ihrer Mutterbrust, ihrer
Gebärmütterlichkeit8 die Rede ist bzw. Gott
mit einer gebärenden oder stillenden Frau, mit
einer Mutter oder Hebamme, Bäckerin, Bären-/
Adlermutter, Henne, Haushälterin oder Quelle
verglichen wird.
4.1.1.3. Gott hat einen Eigennamen
Mindestens seit dem dritten Jahrhundert v. Chr.
wird der Eigenname Gottes (bestehend aus
vier Konsonanten JHWH) aus Ehrfurcht vor der
Unverfügbarkeit Gottes nicht ausgesprochen.
Bis heute wird darum im Judentum für die vier
Buchstaben ( das so genannte „Tetragramm“)
ein „Ersatzwort“ gesprochen: „Adonaj“, was so
viel bedeutet wie „Meine Herrschaften“ und im
Gegensatz zum deutschen „Herr“ allein für die
Anrede Gottes reserviert ist.
Auch „ha Schem“, das einfach nur „der Name“
heißt, kann als Ersatzwort fungieren.
Martin Luther hat in seiner Übersetzung von
1545 als Ersatzwort für den Eigennamen Gottes
„HERR“ gewählt und durch die Großbuchstaben mindestens für Leserinnen und Leser
seiner Übersetzung deutlich gemacht, dass es
sich hier nicht um das „Herr“ des alltäglichen
Sprachgebrauchs handelt. Bis heute wird der
Gottesname in der revidierten Lutherübersetzung mit HERR wiedergegeben.
Aber das ist nur (über)lesbar, nicht hörbar und
es ist schwer abgrenzbar, weil mit „Herr“ au8 Erbarmen“ heißt im Hebräischen Rachamim und
kommt aus der gleichen Wurzel wie Rächäm = Mutterleib/ Gebärmutter
10
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ßerdem nicht nur Jesus, sondern auch jeder
beliebige Mann bezeichnet werden kann.
Dadurch kommt es unter der Hand zu einer
heimlichen und dem biblischen Sprachgebrauch
unsachgemäßen Annäherung von männlich und
göttlich. Die Übersetzung der BigS versucht,
dem zu entkommen:
4.1.1.3.1. Gottes Eigenname ist nicht
geschlechtlich bestimmt
Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus
Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt
habe … (L)
Ich, Ich-bin-da9, bin deine Gottheit, weil ich
dich aus der Versklavung in Ägypten befreit
habe… (BigS)
Durch die Übersetzung „Ich bin der Herr, dein
Gott, der“ entsteht der Eindruck von Männlichkeit. Das Relativpronomen aschär aber
ist geschlechtlich nicht bestimmt. Es bindet in
dieser Selbstvorstellung Gottes vielmehr die
Befreiungstat Gottes mit seinem Gottsein für
Israel zusammen.
Für die ganze hebräische Bibel ist dieser Zusammenhang so grundlegend, dass sich fast
sagen lässt: Ein Gott, der nicht befreit, kann
nicht Gott (JHWH) sein. Will man also diesen
Zusammenhang festhalten und zugleich eine
„Vermännlichung“ des Urtextes in der Übersetzung vermeiden, ist „weil“ eine angemessene (und vom Wortspektrum her mögliche)
Übersetzung.
Sie sehen hier an dieser Argumentation nicht
nur, dass keine Übersetzung ohne theologische
Grundentscheidungen auskommt, sondern
auch, wie schwierig es im Einzelfall sein kann,
das, was im Urtext steht, in der Zielsprache
angemessen auszudrücken…
Wie soll man nun aber nach all dem mit dem
Eigennamen Gottes umgehen?
Die ÜbersetzerInnen der BigS schlagen vor,
die Komplexität und Weite der biblischen
Gottesvorstellung durch eine Vielzahl von
biblisch-theologisch gut begründeten Gottesnamen aus der jüdisch-christlichen Tradition
auszudrücken:
4.1.1.3.2. „Ersatznamen“ für den
Eigennamen Gottes
Adonaj, der Ewige, die Ewige, Schechina10,
ha-Schem, der Name, Gott, die Lebendige,
9 Die „Übersetzung“ des Tetragramms mit „ICH-BIN-DA“
geht auf die „Selbstvorstellung“ Gottes in 2.Mose 3,14
zurück.
10 Schechina kommt von dem hebräischen Verb schachan – wohnen und bezeichnet die „Einwohnung“ Gottes,
eine weiblich geprägte Vorstellung, die vor allem in der
mystischen Tradition verbreitet ist. Sie knüpft an die
großen Trost- und Hoffnungstexte der Bibel, in denen
davon die Rede ist, dass am Ende der Zeit Gott selbst
bei den Menschen wohnen wird und so innig mit ihnen
verbunden sein wird, dass alles Leid und aller Schmerz
vorüber sind.
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der Lebendige, ICH-BIN-DA, ha-Makom11,
Du, ER SIE, SIE ER, die Eine, der Eine, die
Heilige, der Heilige.
Jede Übersetzerin, jeder Übersetzer der BigS
hat aus dieser Auswahl von Gottesersatznamen für ihren/seinen Übersetzungstext
einen ausgewählt.12
Aber gleichzeitig ist es durch besondere Markierungen im Übersetzungstext jeder Leserin,
jedem Leser möglich, sich selbst an den
entsprechenden Stellen für einen anderen
Gottesnamen zu entscheiden.
Auf den ersten Blick mag das ein gewöhnungsbedürftiges Verfahren sein. Aber wenn
Sie sich einmal versuchsweise darauf einlassen mögen – vielleicht in der anschließenden
Gruppenarbeit zum Gottesnamen – werden
Sie merken, wie sehr sich der Eindruck und
die Wirkung eines Textes in Abhängigkeit
von dem Gottesnamen, der verwendet wird,
verändert.
4.1.2. Geschlechtergerechtigkeit:
Inklusive Sprache
Lukas 2,8:
Und es waren Hirten in derselben Gegend
auf dem Felde, die hüteten des Nachts ihre
Herde. (L)
In jener Gegend gab es auch Hirten und
Hirtinnen, die draußen lebten und über ihre
Herde in der Nacht wachten. (BigS)
Eine der am meisten umstrittenen Textstellen,
gern zitiert als Beleg für die ideologiegeleitete unzulässige Einfügung der Frauen in
patriarchale biblische Texte, ist die berühmte
Passage aus dem Weihnachtsevangelium.
„Hirtinnen gab es damals gar nicht“, so
die Behauptung vieler KritikerInnen dieser
Übersetzung. Die hebräische Bibel aber
berichtet, dass die Erzmütter Rahel und
Zippora Hirtinnen waren. Ihre späteren Männer begegneten ihnen zum ersten Mal an
einer Wasserstelle in der Wüste, zu der sie
11 ha Makom heißt übersetzt „der Ort“. Diese seltsame
Gottesbezeichnung kommt aus dem Buch Ester. Sie
taucht dort im Zusammenhang schwerer Lebenserfahrungen auf, in denen Menschen an der Nähe Gottes
zweifeln, ja mit einem Gefühl des „Gottesschweigens“
ringen und von der Hoffnung sprechen, dass ihnen
„von einem anderen Ort“ her Rettung geschieht. Die
Rabbinen haben darin eine Anspielung auf Jerusalem,
den fernen und damals unerreichbar scheinenden Ort
des Heils gesehen, an dem Gott selbst seinen Namen
wohnen lässt. Ha Makom ist ein Name Gottes, der
vielleicht besonders in Zeiten des Zweifels seine Kraft
entfaltet.
12 Außer im zweiten Buch Mose und in den Psalmen gilt die Regel, dass jeweils ein biblisches Buch
durchlaufend einen Gottesnamen als Ersatzwort führt.
Kritisch anzumerken ist, dass die Auswahl offenbar
eher zufällig und nicht nach bestimmten theologisch
nachvollziehbaren Kriterien erfolgt ist.
gekommen waren, um ihre Kleinviehherden
zu tränken.
Dieses Beispiel mag die Debatte um die „inklusive“ Sprache besonders plakativ beleuchten:
In den biblischen Texte sind Frauen oft „mitgemeint“ (=inkludiert/eingeschlossen), wenn
von Hirten, Propheten, Aposteln (s. Junia) und
anderen „Würdenträgern“ die Rede ist. Auch im
Deutschen galt lange Zeit: Wenn von Bürgern
die Rede ist, sind Bürgerinnen mitgemeint. Aber
inzwischen haben wir in dieser Hinsicht einen
Sprachwandel durchgemacht. So sind wir zumindest verunsichert, wenn ausschließlich die
männliche Form erscheint. Automatisch stellen
wir dann die Frage: Waren keine Frauen dabei?
– Sind Frauen mitgemeint?
Hinsichtlich der biblischen Texte ergibt sich das
gleiche Problem: Wenn von Hirten, Zöllnern,
Propheten, Aposteln die Rede ist, sind dann
Frauen eingeschlossen oder nicht?
Die sozialgeschichtliche Forschung der letzten
dreißig Jahre hat für viele Bereiche nachweisen
können: Es gab in vielen dieser angeblichen
„Männerberufe“ auch Frauen.
Es hat in biblischen Zeiten Prophetinnen, Apostellinnen, Zöllnerinnen, Pharisäerinnen usw.
tatsächlich gegeben.13
Die antiken Hörer und Hörerinnen der biblischen
Texte wussten das und hatten selbstverständlich beide Geschlechter vor Augen, wenn von
Hirten oder Pharisäern etc. die Rede war.
Wir heute14 aber benötigen dort, wo Frauen
in männlichen Sprachformen eingeschlossen
sind, ihre ausdrückliche Benennung, um nicht
unsere modernen Vorurteile über die sozialen
Verhältnisse früherer Zeiten in die biblischen
Texte hineinzuprojizieren. Die BigS setzt darum
in allen Zusammenhängen, in denen die Beteiligung von Frauen historisch belegbar bzw. nicht
auszuschließen ist, zu den männlichen Formen
des Urtextes die weiblichen dazu.
4.1.3. Geschlechtergerechtigkeit:
Androzentrische Sprache
Ein weiteres Problem für eine dem Urtext entsprechende „geschlechtergerechte“ Übersetzung ist die so genannte androzentrische Form
der alten Sprachen. Hier geht es darum, dass
bestimmte Allgemeinbegriffe ausschließlich in
männlicher Form vorliegen.
So ist z. B. in der hebräischen und auch griechischen Bibel regelmäßig von „Söhnen“ Israels
13 Aber: Es hat z. B. keine Priesterinnen am Jerusalemer
Tempel gegeben. Darum wird das hebräische Wort für
Priester auch nie inklusiv übersetzt, wenn es um den
Tempelkult geht.
14 In früheren Zeiten wurden auch bei uns die entsprechenden Texte trotz der nur männlichen Form inklusiv
verstanden. In vielen Krippendarstellungen findet man
Hirtinnen und noch der Text des Weihnachtsliedes:
„Kommet ihr Hirten, ihr Männer und Frau’n“ bezeugt ein
solches Verständnis.
11
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die Rede, wenn das gesamte Volk gemeint ist.
Manchmal wird das am Text selbst deutlich,
wenn es z. B. in Num 3,40 wörtlich übersetzt
heißt: „Alles Männliche unter den Söhnen
Israels“.
Auch die Lutherübersetzung wählt darum an
Stellen wie dieser eine inklusive Sprache, indem
sie „Söhne“ mit „Kinder“ wiedergibt.
Die BigS wählt „Nachkommen“. Beide Übersetzungen bringen das Gemeinte angemessen
zum Ausdruck, sind aber keine im engeren
Sinne „wörtlichen“ Übersetzungen.
Dennoch ist zwischen den KritikerInnen und
den BefürworterInnen der BigS strittig, wann
androzentrische Begriffe inkusive der weiblichen Formen und wann sie exklusiv männlich
zu übersetzen sind.
Ein Beispiel aus dem „Neuen“ Testament:
Offenbarung 12,5:
Und sie gebar einen Sohn, einen Knaben …
(L)
Sie gebar ein männliches Kind … (BigS)
Wörtlich übersetzt müsste es heißen: Sie gebar einen „männlichen Sohn“. Hier erhellt der
Sprachgebrauch der Bibel selbst, dass Sohn/
hyios offenbar nicht ausschließlich für Söhne
gebraucht wird, sondern neben dieser Hauptbedeutung auch weibliche „Nachkommen“
einschließen kann, denn sonst wäre der Ausdruck „ein männlicher Sohn“ unsinnig.15
Was aber heißt das generell für die Übersetzung
des Wortes „Sohn“? Wann bezieht sich Sohn
exklusiv auf einen männlichen Nachkommen
und wann ist die „Männlichkeit“ prinzipiell auch
als „Weiblichkeit“ zu lesen? Heftig wird die
Debatte in diesem Zusammenhang, wenn es
um das Gottesverhältnis Jesu geht: Ist er der
„einzig geborene Sohn“ Gottes oder das „einzig
geborene Kind“? M.a.W. ist Jesu Gottesverhältnis exklusiv männlich zu denken?
Und was heißt das für die, die ihm nachfolgen?
Paulus schreibt: „Welche der Geist Gottes treibt,
die sind Gottes Kinder.“ (RömerInnen 8,14)
Können auch Frauen die Gottessohnschaft
erlangen oder nur Männer? Und wie ist exklusiv männliche Gottessohnschaft in Einklang
zu bringen mit der oben zitierten Aussage des
Paulus?
Sie mögen ahnen, welch weit reichende Konsequenzen die Antworten auf diese Fragen
haben.
und Jüdinnen bzw. die jüdische Religion theologisch abgewertet und verurteilt werden.
Ursprünglich spiegeln viele dieser Texte heftige
innerjüdische Auseinandersetzungen wider
in einer Zeit, als die „Jesusbewegung“ weder
von innen noch von außen als nicht-jüdisch
wahrgenommen wurde. Konkret: Wenn der
Jude Paulus über „die Juden“ schimpft, ist das
etwas anderes, als wenn Jahrhunderte später
ChristInnen, die den jüdischen Wurzeln ihres
Glaubens völlig entfremdet sind, seine Tiraden
wiederholen und als historische Feststellungen
tradieren…
M.a.W.: Hier bedingt der historische Abstand
und der damit verbundene „Kontextwechsel“ ein
fundamentales Verstehensproblem. Eine rein
wörtliche Übersetzung führt zu Missverständnissen. Wie verheerend diese sein können,
hat die Geschichte christlicher JüdInnenfeindschaft gezeigt. Wie aber vermeiden wir diese
Missverständnisse?
Beispiel: Johannes 7,11-13
Da suchten ihn die Juden am Fest und sprachen:
Wo ist er? Und es war ein großes Gemurmel
über ihn unter dem Volk. Etliche sprachen: Er
ist gut; andere aber sprachen: Nein, er verführt
das Volk. Niemand aber redete offen über ihn
aus Furcht vor den Juden. (L)
Andere jüdische Menschen nun suchten ihn auf
dem Fest und sagten: „Wo ist jener?“ Und es
gab viel Gerede über ihn bei den Leuten. Die
einen sagten: „Er ist gut!“ Andere aber sagten:
„Nein, er täuscht und verführt die Leute.“ Niemand allerdings sprach öffentlich über ihn - aus
Furcht vor der jüdischen Obrigkeit. (BigS)
Die Übersetzung der BigS versucht, durch eine
Differenzierung zwischen Juden und Juden den
ursprünglichen Horizont zurückzugewinnen, in
dem der Text gehört und verstanden wurde.
Aber sie muss dafür die Orientierung an der reinen Buchstäblichkeit des Textes aufgeben. Sie
übersetzt das Wort „Judaioi“ im Urtext einmal
mit „andere jüdische Menschen“ und einmal mit
„jüdische Obrigkeit“.
Die KritikerInnen sagen: das ist nicht legitim.
Sie reklamieren die Wörtlichkeit der Übersetzung und möchten die Differenzierung in den
Kommentar verbannen.
Die Befürworterinnen können dagegenhalten,
dass eine Übersetzung dem Sinn des Gemeinten verpflichtet ist, der durch reine Wörtlichkeit
oft verzerrt wird.
4.2. Gerecht im Blick auf das jüdischchristliche Verhältnis
Ein weiteres Problemfeld ist die Übersetzung
der so genannten Antijudaismen im neuen Testament; also der Bibelstellen, in denen Juden
15 Vgl. BigS Glossar unter Hyios, S. 2361
12
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4.3. Soziale Gerechtigkeit
Ich komme zum letzten großen Themenkomplex, auf den die ÜbersetzerInnen der BigS
besonderen Wert legen: der angemessenen
Spiegelung der sozialen Verhältnisse, die den
biblischen Texten zugrunde liegen.
Sozialgeschichtliche Bibelwissenschaft hat
herausgestellt, dass ältere Bibelübersetzungen
manche soziale Härten des griechischen bzw.
hebräischen Textes glätten und spiritualisieren
oder privatisieren. Wenn z.B. von Knechten
und Mägden die Rede ist, erzeugt das eher den
Eindruck bäuerlicher Idylle vergangener Zeiten,
als dass es den Blick öffnet für die harte soziale
Wirklichkeit des ersten Jahrhunderts n. Chr., in
der jede größere Provinzstadt einen SklavInnenmarkt besaß und eine Hegemonialmacht
wie das Imperium Romanum ganze Völker
unterjochte und in Schuldknechtschaft trieb.
Ein anderes, weniger drastisches Beispiel für
eine Verschleierung der sozialen Verhältnisse
ist die Übersetzung von Matthäus 20, 3:
Und er ging aus um die dritte Stunde und sah
andere müßig auf dem Markt stehen. (L)
Und als er um die dritte Stunde hinging, sah
er andere arbeitslos auf dem Markt stehen.
(BigS)
Müßig assoziieren wir heute mit „faul“, vielleicht
sogar mit „arbeitsscheu“, nicht aber mit der
harten sozialen Wirklichkeit antiker Arbeitsverhältnisse, in denen TagelöhnerInnen jeden
Tag neu um ihre Existenz und das tägliche Brot
bangen mussten.16
Und jetzt sind Sie dran!
16 Das gängige Wörterbuch verzeichnet drei Grundbedeutungen des Adjektivs „argos“:
1. arbeitslos, 2. lässig, faul, 3.ertraglos, nutzlos, unbrauchbar. Vgl. Walter Bauer, Wörterbuch zum Neuen
Testament, Berlin/New York 1988, S. 210
13
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ÜBERSETZEN –
BAUSTEINE
FÜR EINEN
KEIN
STUDIENTAG
PROBLEM?
ZUR
„BIBEL
IN GERECHTER
SPRACHE“
Titel
Übersetzen – kein Problem?
Bausteine für einen Studientag zur „Bibel in gerechter Sprache“
Ziel
TeilnehmerInnen (TN) einführen in die Anliegen der „Bibel in gerechter Sprache“ und sie
vertraut machen mit der Problematik des Übersetzens
Personenkreis
Gemeindegruppen, Bibelkreise u. a., MindestteilnehmerInnenzahl: 10 Personen
Zeitrahmen
5,5 bis 6 Stunden
Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
15 Min
Begrüßung/Vorstellungsrunde und Einführung ins
Thema (Zeitbedarf nach
TeilnehmerInnenzahl kalkulieren!)
Leiterin (LN) gibt mündlich Impulse im Plenum
Siehe Einleitung,
Vortrag
30 Min
Erarbeitung I
Vortrag: Bibel in
gerechter Sprache, Teil 1
LN trägt die Punkte 1-2.5. im Plenum vor,
evtl. unterstützt durch Powerpoint oder Folien/
Overheadprojektor.
Je nach Entscheidung der Vortragenden
sollten Verständnisfragen während oder nach
dem Vortrag gestellt werden können
Vortragstext
Beamer und Laptop,
CD mit Powerpointpräsentation
oder
Overheadprojektor
Folien
20 Min
Aneignung I
Übersetzen heißt
verhandeln
Einzelarbeit/Kleingruppenarbeit:
Auf zwei Tischen im Raum finden sich auf farbigem Papier kurze Texte, Worte, Redewendungen, die übersetzt werden sollen.
Der eine Tisch beinhaltet englische, der zweite – so erforderlich – plattdeutsche Texte.
Dabei sollten jeweils identische Texte auf
gleichfarbiges Papier kopiert werden und in einer Anzahl zur Verfügung gestellt werden, die
eine Gruppenbildung mit je 5-7 TN ermöglicht.
Jede TN sucht sich einen Satz aus und
erstellt dafür eine eigene Übersetzung. Anschließend finden sich diejenigen zusammen,
die die gleichen Texte übersetzt haben und
vergleichen die Ergebnisse, diskutieren
die Vor- und Nachteile der Übersetzungen und
einigen sich auf die „beste“ Version.
Anschließend werden die Ergebnisse der
Gruppenarbeit kurz im Plenum vorgestellt.
Übersetzungstexte
als Kopien auf verschiedenfarbigem
Papier
LN trägt die Punkte 3.-3.4. im Plenum vor,
evtl. unterstützt durch Powerpoint oder Folien/
Overheadprojektor.
Vortragstext
Technik siehe
Erarbeitung I
15 Min
Erarbeitung II
Vortrag: Bibel in
gerechter Sprache Teil 2
siehe Vorschläge
M1
Wörterbücher:
Englisch-Deutsch in
ausreichender Zahl
14
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Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
25 Min
Aneignung II
Bibeltexte über - setzen
Kleingruppenarbeit:
Die TN finden sich zu dritt oder zu viert zusammen und erhalten in Gruppenstärke einen Bibeltext in der Lutherübersetzung.
Dazu eine Kopie der Glossarartikel zu den im
Text vorkommenden theologischen Begriffen
aus der BigS.
Nach dem Lesen der Texte erprobt die Kleingruppe Übersetzungsvarianten und entscheidet:
Welche Variation „setzt“ das Gemeinte am Vollständigsten „über“?
Geeignete biblische
Textabschnitte in der
Lutherübersetzung
Siehe M2
Kopien der zugehörigen Glossarartikel
15 Min
Reflexion der Gesamteinheit
Gespräch im Plenum zum „Erkenntnisgewinn“
der Einheit: Evtl. unter der Impulsfrage:
Was habe ich Neues gelernt?
60 Min
PAUSE
15 Min
Erarbeitung III
Vortrag: Bibel in
gerechter Sprache, Teil 3
LN trägt die Punkte 4. – 4.1.1.3.2. „Ersatznamen“ für Gottes Eigennamen
im Plenum vor, evtl. unterstützt durch Powerpoint oder Folien/Overheadprojektor.
Vortragstext
Technik siehe
Erarbeitung I
45 Min
Aneignung III
Gottesbilder-Gottesnamen
Kleingruppenarbeit:
JedeR TN sucht sich einen Gottesersatznamen
aus, der sie anspricht, ärgert, verwirrt oder freut.
Nach einer kurzen Phase der Stille, in der jede
und jeder über ihre/seine Wahl nachdenken und
den Meditationstext auf der Rückseite wahrnehmen kann, Austausch in der Kleingruppe: Was
hat die Wahl meines Namens mit mir und meiner Gottesvorstellung zu tun?
Gottesnamenkarten
in entsprechender
Anzahl, siehe Kopiervorlage im Anhang
dieser Arbeitshilfe
Anschließend erhalten alle TN einen der biblischen „Lückentexte“ und werden gebeten, ihren Ersatznamen einzusetzen und den Gesamttext anzugleichen (also die entsprechenden
Personalpronomina zu setzen)
Abschließende Runde: Verändert ein anderer
Gottesname die Wahrnehmung des Textes?
Wenn ja, inwiefern, wenn nein, warum nicht?
„Lückentexte“,
siehe Kopiervorlage
M3
LN trägt die Punkte 4.1.2. – 4.3.
im Plenum vor, evtl. unterstützt durch Powerpoint oder Folien/Overheadprojektor
Vortragstext
Technik siehe
Erarbeitung I
Imbiss?
15 Min
Erarbeitung IV
Vortrag: Bibel in gerechter Sprache, Teil 4
30 Min
Pause
45 Min
Aneignung IV
„Synoptische“ Arbeit in Kleingruppen an Texten
zu den Themen:
Inklusive Sprache
Jüdisch-christliches Verhältnis
Soziale Gerechtigkeit
15 Min
Abschlussrunde
LN leitet den Rückblick auf den Tag ein:
Was nehme ich mit?
alternativ: Baustein
„die Ewige“,
s. S. 32 dieser
Arbeitshilfe
Kaffee?
Siehe Textvorschläge
M4
oder alternativ:
Ruminatio zum
aaronitischen Segen
M5
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M1
Baustein: „Übersetzung“
Sie denken: So schwer kann es doch nicht sein! Da soll ein Text von einer Sprache in eine andere übersetzt werden. Es gibt Wörterbücher, um unbekannte Vokabeln nachzuschlagen, so
können wir Wort für Wort übertragen. Aber: Manchmal bleibt der wörtlich übersetzte Text unverständlich, wir sehen das besonders eindrücklich bei Redewendungen und Sprichwörtern.
Wir wollen ein wenig in die Problematik des Übersetzens einsteigen und uns der Tücken bewusst werden – in Sprachen, die uns geläufig sind, nämlich Englisch und Plattdeutsch.
Englisch
1. Don’t cross a bridge till you come to it. (Alles zu seiner Zeit.)
2. To carry coals to Newcastle. (Eulen nach Athen tragen.)
3. One man’s meat is other man’s poison. (Des einen Freud’, des andern Leid.)
4. Don’t count your chicken before they are hatched. (Lobe den Tag nicht vor dem Abend.)
5. Out of the heat, into the frying pan. (Vom Regen in die Traufe.)
6. You can’t make an omelette without braking eggs. (Wo gehobelt wird, fallen Späne.)
7. If you put yourself in my shoes … (Wenn du an meiner Stelle wärest …)
8. To give someone a hand. (Jemandem helfen.)
Gut geeignete Texte sind auch die englischen Titel der Weltgebetstage, z. B.
Let our light shine (Lasst uns Licht sein)
God’s tender touch (Gottes zärtliche Berührung)
Plattdeutsch
1. Wenn use Katten ‘ne Kau was, måsten we up’n Balken taun melken.
(Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär’ . . .)
2. Bäckerskinner Stuten geven. (Eulen nach Athen tragen.)
3. Kegen ’n Backohmd kamme nich jåånen. (Gegen eine große Klappe kommt man nicht an!)
4. Wat de een sein Uul, is den anner sien Nachtigall. (Des einen Freud’, des andern Leid.)
5. Schmiet dien ole Schoh nich wech, bevör du nüe hest. (Nichts übereilen!)
6. He steiht up, ehr de Düwel Schoh anhett. (Er ist schnell.)
7. He will sik een Brill opsetten un hett keen Nees dorto. (Er ist ein Angeber.)
8. Beter een lütten Fisch, as gor keen op’n Disch! (Weniger ist manchmal mehr!)
So können Sie arbeiten:
1. Wählen Sie aus den angegebenen Redewendungen und Sprichwörtern aus oder suchen Sie
eigene Beispiele.
2. Schreiben Sie jeweils einen Satz auf farbiges Papier, dabei sollte jedes ausgewählte Beispiel
mehrmals vorkommen (gleiche Texte, gleiche Farbe), für jede TN ein Textblatt.
3. Richten Sie zwei Tische mit Textblättern, einen plattdeutschen und einen englischen.
4. Die TN ordnen sich den Tischen zu. Jede TN sucht sich einen Satz aus und erstellt eine eigene Übersetzung (dazu können Wörterbücher benutzt werden).
5. In einem nächsten Schritt finden sich diejenigen zusammen, die die gleichen Texte übersetzt
haben, vergleichen die Ergebnisse, diskutieren die Vor- und Nachteile der Übersetzungen
und einigen sich am Schluss auf die treffendste Version.
6. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden im Plenum vorgestellt – besonders interessant ist
es jetzt, Sprichwörter und Redensarten zu vergleichen, die im Englischen, im Plattdeutschen
und im Deutschen vorkommen, aber jeweils völlig anders ausgedrückt werden.
M2
Baustein: „Übersetzen mit dem Glossar“
Zum Begriff „Ehre/Herrlichkeit“ – kavod
Ps 30,13a
„… auf dass dir lobsinge meine Ehre und nicht stille werde.“ (L)
„… auf dass meine Seele dir lobsinge und nicht schweige.“ (Zürcher)
„Damit Schönheit dich besinge und nicht schweige.“ (BigS)
Ehre, Seele, Schönheit – im hebräischen Text steht an dieser Stelle der Begriff „kavod“. Laut
Glossar (BigS, S.2365) kann er mit Schwere, Gewicht, Gewichtigkeit, Glanz, Herrlichkeit und
Ehre übersetzt werden. „kavod“ kann sich beziehen „auf Zustände und Personen von Rang und
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Bedeutung“, ist aber auch „die erfahrbare Erscheinungsweise Gottes vor Israel“. Im vorliegenden
Psalmvers ist offenbar Ersteres gemeint, also die Gewichtigkeit, die Bedeutung eines Menschen
vor Gott. Sie kann nicht erworben werden, ist vielmehr Geschenk, wir können auch sagen Gnade.
Als Kind Gottes sein Ebenbild zu sein, das ist ein solches Gewicht. Vielleicht könnte ich den Vers
dann so übersetzen:
„Damit ich dich als dein Ebenbild besinge und nicht schweige“.
Zum Begriff „Gott fürchten“ – jare
Ex 1,17
„Aber die Hebammen fürchteten Gott und taten nicht, wie der König von Ägypten ihnen gesagt
hatte.“ (L)
„Aber die Hebammen verehrten Gott und taten nicht das, was der ägyptische König ihnen gesagt
hatte.“ (BigS)
Nur allzu leicht sind wir geneigt, „fürchten“ gleichzusetzen mit „Angst haben“. Aber das war es
sicherlich nicht, was die hebräischen Hebammen trieb, als sie sich dem Befehl des Pharao widersetzten und die neugeborenen Knaben der Hebräerinnen am Leben ließen. Vielmehr war es die
Verehrung Gottes als lebensspendende Kraft, die sie zum Widerstand befähigte. Das macht die
Übersetzung der BigS deutlich. Das hebräische Wort „jare“ (BigS, S.2362) hat viele Bedeutungen:
Ehrfurcht erweisen, in Ehrfurcht begegnen, würdigen, respektieren, ergeben sein, ehrfürchtig sein,
(ver-)ehren und achten.
Zum Begriff: „dienen“ – diakonein
Mt 8,15:
Und Jesus kam in das Haus des Petrus und sah, dass dessen Schwiegermutter zu Bett lag und
hatte das Fieber. Da ergriff er ihre Hand, und das Fieber verließ sie . Und sie stand auf und diente
ihm. (L)
Als Jesus in das Haus des Petrus kam, sah er dessen Schwiegermutter fiebernd darniederliegen.
Sofort ergriff er ihre Hand, das Fieber ließ sie los, und sie stand auf.
Sie folgte Jesus nach. (BigS)
Frauen dienen und Männer herrschen – so war es schon in der Bibel?
„Die Behauptung, die Grundbedeutung des griechischen Wortstamms diakon- sei ‚Tischdienst’ …
lässt sich nicht halten“, schreibt Martin Leutzsch im Glossarartikel (BigS, S. 2345) zum Stichwort
diakoneo. Neben der Bedeutung dienen kann es auch vermitteln, arbeiten, nachfolgen, ja sogar
verkündigen (Diakonia des Wortes) bedeuten.
Diakon und Diakonin waren in der alten Kirche Bezeichnungen für bestimmte Leitungsämter in
den Gemeinden. Die sozialgeschichtliche Forschung hat die wichtige Rolle, die Frauen in der
Jesusbewegung und auch noch in den frühen christlichen Gemeinden gespielt haben, herausgearbeitet. Sie „dienten“ der Jesusbewegung mit ihren finanziellen Ressourcen, aber auch mit allen
kognitiven, emotionalen und technischen Fähigkeiten, die ihnen zu eigen waren. Als Apostelinnen,
als Diakoninnen, als Prophetinnen arbeiteten sie mit an der Ausbreitung des Evangeliums.
zum Begriff „Sünde“ – hamartia
Mt 9,11b
Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern? (L)
Warum isst euer Lehrer mit Leuten, die betrügen und Unrecht tun? (BigS)
Mt 9,13c
Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten. (L)
Denn ich kam nicht, um die zu berufen, die gerecht handeln, sondern die,
die Unrecht tun. (BigS)
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„Ich habe wieder gesündigt“, sagen wir, wenn wir zu viel Schokolade gegessen haben oder
an dem einen oder anderen guten Vorsatz gescheitert sind.
Viele Jahrhunderte lang wurde der Begriff Sünde vor allem mit Sexualität in Verbindung gebracht.
Bis heute hören Menschen die Vokabel im Horizont bürgerlicher Moral. Die Bibel aber meint, wenn
sie von Sünde spricht, in erster Linie ein massives Unrecht, das Menschen einander antun. Mord
und Diebstahl, Ausbeutung und Betrug, Unterdrückung, Rechtsbruch, Missbrauch und Vergewaltigung gehören dazu.
Sünde meint in dieser Perspektive eine Übertretung der göttlichen Weisungen, die dem Leben
dienen. So gesehen bedeutet Sünde immer auch eine Verfehlung des Weges zum Heil und zum
Glück.
M3
Experimente mit den Ersatznamen des Tetragramms „Lückentexte“
aus Psalm 121
................ ist es, die/der dich behütet.
................ ist dein Schatten, ist dir zur rechten Hand.
Am Tag wird dir die Sonne nicht schaden, noch der Mond in der Nacht.
................ behüte dich vor allem Bösen, sie/er behüte dein Leben.
................ behüte dein Gehen und dein Kommen –
von nun an für immer.
aus Psalm 126
Als ................ Zions Geschick wendete, war es, als träumten wir:
Da füllte Lachen unseren Mund
und Jubel unsere Zunge. Da sagten sie unter den Nationen:
Großes hat ................ an ihnen getan.
Großes hat ................ an uns getan,
wir sind es, die sich freuen!
Wende, ................, unser Geschick,
wie du Flüsse im Negev wiederbringst.
Die mit Tränen säen – mit Jubel werden sie ernten.
aus Psalm 103
Mitfühlend, voll Zuneigung ist ................
langsam zum Zorn und reich an Freundlichkeit.
Nicht für immer bleibt er/sie im Streit,
nicht auf Dauer ist er/sie zornig.
Nicht nach unseren Sünden hat er/sie uns bewertet,
nicht nach unserer Schuld an uns gehandelt.
M4
„Synoptischer“ Vergleich unterschiedlicher Übersetzungen
Synopse heißt Zusammenschau. In dieser Arbeitseinheit geht es darum, unterschiedliche Übersetzungen eines Bibeltextes zu vergleichen. Dazu ist es hilfreich, sich die Texte Vers für Vers
nebeneinander zu setzen. Bewährt hat sich in unserer Arbeit der Vergleich zwischen Lutherübersetzung, Einheitsübersetzung, „Gute Nachricht“ und „Bibel in gerechter Sprache“.
Die im Folgenden angegebenen Texte sind geeignet, die drei besonderen Schwerpunkte der BigS
noch einmal vertiefend in den Blick zu nehmen:
1. Geschlechtergerechtigkeit: 1. Kor 7, 20-4, Psalm 90,2
2. Jüdisch-Christliches Verhältnis: Mt 9,20; Mt 5, 21f, Joh 12,40
3. Soziale Gerechtigkeit: Mt 5,3, Psalm 68,11; Jes 61,1, Zephanja 2,3
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Einführung in die Ruminatio:
„Ruminatio“ ist eine Methode zur Meditation von Texten, die aus dem Mönchtum stammt. „Ruminare“
heißt wiederkäuen. Im ständigen, wiederholenden Vor-sich-hin-sprechen wird ein Text körperlich/
stimmlich abgetastet und angeeignet.
M5
So können Sie arbeiten:
Kopieren Sie den gewünschten Bibeltext aus der BigS für jede TN auf kleine Karten/Zettel.
Leiten Sie die Ruminatio mit ein paar Worten ein, geben Sie dann folgende Anweisung:
Gehen Sie den Text leise murmelnd auf und ab.
Woran bleiben Sie hängen? Welche Worte fallen Ihnen besonders auf (positiv oder negativ)?
Wiederholen Sie sie im Auf- und Abschreiten und spüren Sie der Resonanz nach, die sie in Ihrem
Inneren finden.
(10-15 Min)
Anschließend: Austausch in der Kleingruppe
VERFÜHRUNG
ZUR
ERKENNTNIS
Titel
Verführung zur Erkenntnis. Genesis 3, 1-15
Ziel
Einen neuen Blick auf die Verführungsgeschichte gewinnen durch die Übersetzung in der
„Bibel in gerechter Sprache“
Personenkreis
Frauen ab 16 Jahre(auch in gemischten Gruppen einsetzbar), 10 – 15 Personen
Zeitrahmen
90 Minuten
Zeit
7 Min
Arbeitsschritt
Vorbereitung
Methode
Mitte gestalten
Stuhlkreis stellen
Material
Tuch, eine Schlange aus Holzgelenken, Bilder mit Schlange und
Vertreibung aus dem Paradies
aus Kunstbüchern u.ä.
8 Min
Text kennen lernen
Plenum. Text zweimal von verschiedenen Text Genesis 3, 1-15 Version „Bibel
Personen (ggf. Frau/Mann) vorlesen in gerechter Sprache“ für alle TN
lassen
Siehe Kopiervorlage M1
10 Min
Erarbeitung I
Rundgespräch, Plenum,
Sammeln der verschiedenen
„AkteurInnen“ in der Geschichte
und kurzes Nachdenken über deren
Verhaltensweisen
15 Min
Erarbeitung II
Einzelvortrag, Plenum, Einzelarbeit.
Das Rollenspiel anmoderieren
Rollen verteilen, Vorbereitung der Rolle
10 Min
Erarbeitung III
Freies, spontanes Rollenspiel
20 Min
Vertiefung:
Diskussion
Geführtes Rundgespräch:
M 3: Kurzinfo „Schlange“ für die
1. Wie habe ich mich in meiner Rolle Leiterin
gefühlt?
2. Was ist den Zuschauerinnen aufgefallen?
Dabei die Rolle der Schlange besonders
betrachten.
20 Min
Vertiefung II:
Austausch und
Abschluss
Rundgespräch:
Habe ich neue Sichtweisen hinzu
gewonnen?
Mögliche Rollen: Schlange, Adam,
Eva, Gott, der Baum der Erkenntnis,
die Frucht am Baum
M 2: Info „Rollenspiel“ für die
Leiterin
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M1
1. Mose 3, 1-15
(1)
Die Schlange hatte weniger an, aber mehr drauf als alle anderen Tiere des Feldes,
die Adonaj, also Gott, gemacht hatte.
Sie sagte zu der Frau: „Also wirklich – hat Gott etwa gesagt: „Ihr dürft von allen
Bäumen des Gartens nichts essen?“
(2)
Da sagte die Frau zur Schlange: „Von den Früchten der Bäume im Garten können
wir essen.
(3)
Nur von der Frucht des Baumes in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt:
‚Esst nicht von ihr und rührt sie nicht an, damit ihr nicht sterbt’ “
(4)
Die Schlange sagte zu der Frau: “Ganz bestimmt werdet ihr nicht sterben.
(5)
Vielmehr weiß Gott genau, dass an dem Tag, an dem ihr davon esst,
eure Augen geöffnet und ihr so wie Gott sein werdet, wissend um gut und böse.“
(6)
Da sah die Frau, dass es gut wäre, von dem Baum zu essen, dass er eine Lust
war für die Augen, begehrenswert war der Baum, weil er klug und erfolgreich machte.
Sie nahm von seiner Frucht und aß. Und sie gab auch ihrem Mann neben ihr. Und er aß.
(7)
Da wurden beide die Augen geöffnet und sie erkannten, dass sie nichts anhatten.
Sie hefteten Feigenblätter aneinander und machten sich Schurze.
(8)
Dann hörten sie ein Geräusch. Adonaj, Gott, ging im Garten umher in der täglichen Brise.
Adam, der Mensch als Mann, und seine Frau versteckten sich vor dem Antlitz Adonajs,
also Gottes, in der Mitte der Bäume des Gartens.
(9)
Da rief Adonaj, also Gott, den männlichen Menschen herbei und sagte zu ihm:
„Wo warst du?“
(10) Der sagte: „Ein Geräusch von dir habe ich im Garten gehört und mich gefürchtet,
denn ich habe nichts an und da hab ich mich versteckt“.
(11) Darauf: „Wer hat dir denn gesagt, dass du nichts anhast? Hast du etwa von dem Baum
gegessen, von dem ich dir geboten habe, nicht zu essen?“
(12) Da sagte der Mann-Mensch: „Die Frau, die du mir selbst an die Seite gegeben hast,
die hat mir von dem Baum gegeben. Und da habe ich gegessen.“
(13) Da sagte Adonaj, also Gott, zur Frau: „Was hast du da getan?“ Und die Frau sagte:
„Die Schlange hat mich reingelegt, so dass ich gegessen habe.“
(14) Da sprach Adoaj, also Gott, zur Schlange: „Weil du das getan hast, bist du verflucht –
als Einziges von allem Vieh und von allen Tieren des Feldes. Auf deinem Bauch
sollst du kriechen und Erde essen alle Tage deines Lebens.
(15) Feindschaft stifte ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachwuchs und ihrem
Nachwuchs. Der wird deinen Kopf angreifen, du wirst seine Ferse angreifen.“
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Das Rollenspiel
M2
Durch das Spielen können Kommunikations- und Verhaltensmuster erfahren werden,
Rollenerwartungen und Rolleninterpretationen bewusst gemacht, überprüft und reflektiert werden.
Es bietet die Möglichkeit, einmal zu erleben, welche „Rolle die Rolle spielt“, die Rolle zu gestalten
und dem über das Erleben im Spiel nahe zu kommen.
In dieser Übung soll spontan gespielt werden, das heißt mit kurzer Vorbereitungszeit.
Die kurze Vorbereitungszeit soll einen unmittelbaren Zugang schaffen.
Sie bietet Raum für die eigene Kreativität.
Die SpielerInnen wählen eine Rolle. Sie denken sich einen Moment in die Rolle hinein.
Dann wird die Geschichte gespielt.
Die ZuschauerInnen beobachten das Spiel und achten auf ihre Eindrücke.
Nach dem Spiel gibt es die Möglichkeit der Reaktion. Dabei wird eine bestimmte Reihenfolge
eingehalten. Zuerst können sich die SpielerInnen äußern, dann die BeobachterInnen.
Zum Schluss: Es geht hierbei nicht darum, ein Theaterstück aufzuführen, sondern darum, eine
Erfahrung für alle Beteiligten zu ermöglichen. (Gegebenenfalls Verständnisfragen klären)
Kurzinfo Schlange
M3
Die Schlange gehört zu den Tieren, deren Symbolik die grellsten Kontraste aufweist. Ihre Schnelligkeit, glitzernde Schönheit, ihre Unheimlichkeit und Gefährlichkeit rufen Verehrung und Abscheu
hervor.
Im alten China galt die Schlange als Sinnbild der Erde und ihrer steten Erneuerung – die Schlange häutet sich mehrmals im Jahr. Viele Naturvölker verehren die Schlange als Gottheit. Im alten
Ägypten war sie die heilige Begleiterin der Götter: Die Uräusschlange ist im Kopfschmuck der
Pharaonen dargestellt. Auch in der minoischen Kunst auf Kreta werden Schlangen verehrt. Es
werden Göttinnen dargestellt, die ihre Arme mit Schlangen in den Händen vorstrecken. Bei anderen
weiblichen Figuren winden sich die Schlangen am Körper lang bis zur hohen Tiara hinauf.
Wir alle kennen den Äskulapstab, noch heute Zeichen der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker. Die
Schlange, das heilige Tier des griechischen Heilgottes Äskulap, umwindet den Stab.
In der Bibel kommt die Schlange häufig vor, sowohl im Alten wie im Neuen Testament. Meistens
ist sie auf schillernde Art das Sinnbild des Bösen. Sie kann aber auch Symbol der Klugheit und
der Heilkraft sein.
Hier nur drei Beispiele:
• die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist (Offbg. 20,2)
• aber auch: „Seid klug wie die Schlangen …“ (Mt. 10,16)
• oder „So wie Mose in der Wüste die Schlange emporgehoben hat“, (damit die Menschen
bei ihrem Anblick von Schlangenbissen geheilt werden) „so muss auch der erwählte Mensch
emporgehoben werden, damit alle, die an ihn glauben, ewiges Leben haben.“ (Joh. 3,14)
Die Schlange in der Schöpfungsgeschichte ist klug und verführerisch. Sie macht anschaulich
sichtbar, was sich eigentlich unsichtbar im Innern des Menschen abspielt.
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ADAM AUS DER ERDE GESCHAFFEN –
EVA AUS SEINER RIPPE?
Titel
Adam aus der Erde geschaffen – Eva aus seiner Rippe?
Ziel
Einen neuen Blick auf die Menschenschöpfung gewinnen durch die Übersetzung von
1. Mose 2,4b-8,15-24 in der „Bibel in gerechter Sprache“
Personenkreis
Frauen ab 16 Jahre (aber auch für gemischte Gruppen), 15 Teilnehmende
Zeitrahmen
90 Minuten
Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
7 Min
Mitte gestalten
10 Min
Ankommen, Einstimmung
Geleitete Körper- und
Atemübung
M2
12 Min
Vorstellungsrunde zur Annäherung
an das Thema. Name und Identität.
Teilnehmende aus Russisch
Brot die Buchstaben (oder den
ersten Buchstaben) des Namens ziehen lassen: Was bedeutet (mir) mein Name?
Russisch Brot von
Bahlsen
10 Min
Bildmeditation: Eva kommt aus
Adams Seite
Projektion des Bildes
Was sehe ich auf dem Bild?
Wie deute ich was?
Folie Chagallbild
(siehe Vorlage M1)
Overheadprojektor
5 Min
Bibeltext kennen lernen
Zweimal vorlesen lassen: einmal in der Lutherübersetzung;
einmal
in der Übersetzung der„Bibel in
gerechter Sprache“
Kopiervorlage s.S. 27
+ 28
15 Min
Luthertext und Text der „Bibel in gerechter Sprache“ vergleichen.
Erkennen, dass die Übersetzungen
unterschiedliche „Bilder“ in mir hervorrufen.
Rundgespräch; Plenum
Welche Version liegt mir näher?
Warum?
Synopse Genesis 2,
4b – 8 und 15 – 24,
siehe M3
20 Min
Zur Bedeutung und Deutung der
Menschenschöpfungsgeschichte.
Den Beitrag der BigS dazu kennen
lernen
Leiterin gibt in einem Kurzvortrag eine kleine Einführung,
anschließend tauschen sich die
TN zum Thema aus
Kurzvortrag siehe M4
Chagallbild
als Folie reproduzieren
10 Min
Abschluss
Alle Frauen stellen sich im Kreis
um die Mitte, jede legt die rechte Hand auf den Rücken der
Frau rechts neben ihr zwischen
die Schulterblätter. Welche mag,
kann einen Satz sagen, der ihr
jetzt nach den
1 1/2 Stunden einfällt. Etwas,
was sie mitnimmt. Etwas, was
sie neu erfahren hat,…
danach gemeinsam Psalm 8
sprechen.
Psalm 8 aus der „Bibel
in gerechter Sprache“
M5
Grünes und braunes
Tuch, Fotos von der
Erschaffung Evas (M
1), eine Kerze, BigS
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Marc Chagall, ADAM UND EVA, Lithografie, © VG Bild-Kunst, Bonn 2007
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M1
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M3
Körperübung
Machen Sie es sich auf Ihrem Stuhl bequem.
Richten Sie Ihren Körper gerade auf – aber nicht steif, sondern locker.
Beide Füße stehen mit der ganzen Sohle auf dem Boden – hüftbreit.
Spüren Sie, wie Sie sitzen………
Lassen Sie Ihre Aufmerksamkeit durch den Körper wandern….
Welche Körperteile sind angespannt?
Tut es irgendwo weh?
Lassen Sie den Atem kommen und gehen…
Ganz ruhig….
Legen Sie eine Hand flach auf den oberen Bauch.
Atmen Sie tief ein… in den Bauch…. Und tief aus….ein….aus …finden Sie Ihren Atemrhythmus
(Zeit lassen) …………………………………………………….
Mit welcher Stimmung sind Sie jetzt hier?
Wo ist Energie, wo ist Müdigkeit?
Finden Sie ein Wort für Ihre Stimmung.
Nehmen Sie das Wort mit in Ihren Atemrhythmus und sprechen es innerlich bei jedem Ausatmen
aus ………………………………………………………………..
Und nun kommen Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit wieder zurück in den Raum, atmen Sie noch mal
tief ein und aus, strecken sich vielleicht einmal, schauen Sie sich um.
M4
Kurzvortrag
• Die Religionsgeschichte unterscheidet zwei Arten von Schöpfungsaussagen: Menschenschöpfung und Weltschöpfung. Die Erzählung von der Erschaffung des Menschen im Zentrum des
göttlichen Schöpfungswerkes beschäftigt uns heute.
• Zunächst ist im biblischen Text die Rede von der Erschaffung „Adams“. Dieser „Adam“ ist in
der Auslegungsgeschichte häufig als Eigenname oder zumindest als Kollektivbegriff für den
männlichen Menschen verstanden worden. Theologisch ist dann aus der vermeintlichen „Ersterschaffung“ dieses „Mannes“ und der angeblichen „Zweiterschaffung“ der Frau eine schöpfungsgemäße hierarchische Ordnung der Geschlechter abgeleitet worden, die in manchen
theologischen Argumentationsmustern bis heute durchscheint.
• Abgesehen davon, dass es problematisch erscheint, aus einer mythischen Erzählung ungebrochen Wertmaßstäbe für die Gegenwart abzuleiten, ist es sehr die Frage, ob dieses Verständnis
dem biblischen Text gerecht wird, Denn das hebräische Wort „Adam“ hängt zusammen mit
dem Wort „Adamah“- Erde. Adam heißt demzufolge „Erdwesen“ und ist ein Gattungsbegriff für
Mensch bzw. Menschheit, nicht aber ein Eigenname für einen Mann und schon gar nicht ein
Kollektivbegriff für den Mann an sich.
• In der Schöpfungserzählung heißt es in Genesis 2,7: „Da formte Gott den Menschen (Adam) aus
Erde (Adama) vom Ackerboden und blies in seine Nase Lebensatem.“ In diesen wenigen Worten
deutet die Bibel an, was den Menschen ausmacht: Einerseits aus vergänglicher Erde, aus vergänglichem Stoff gemacht und andererseits zugleich von Gottes Lebenskraft erfüllt zu sein. Und
noch eine zweite anthropologische Grundkonstante wird genannt: Der Transzendenzbezug, der
in der intensiven Zuwendung gründet, die Gott dem Menschen im Schöpfungsakt entgegenbringt.
Das Bild, dass Gott dem Menschwesen Atem, Lebensatem einbläst, befördert die Vorstellung:
Erst durch Gottes Atem – durch die Beziehung zu ihm/ihr – wird der „aus Ackerboden gebildete
Mensch“ zu einem lebendigem Wesen.
• Aber – und davon handelt schließlich die „Erschaffung Evas“ – die Bezogenheit auf Gott allein
reicht nicht aus, um gelungenes Menschsein zu beschreiben: Der Mensch braucht neben dem
göttlichen auch ein menschliches Gegenüber, um zu sich selbst, zu seinem/ihrem Eigentlichen
zu kommen. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will für ihn eine Hilfe machen,
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so etwas wie ein Gegenüber“ heißt es in der „Bibel in gerechter Sprache“. Und erst nachdem
die Suche nach so einem Gegenüber in der Tierwelt scheitert, beschließt Gott, das bis dahin
geschlechtlich unbestimmte Menschenwesen in eine männlich/weibliche Dualität auszudifferenzieren. Die Menschwerdung vollzieht sich also nicht in der Verdopplung und auch nicht in
der Ableitung1, sondern in der Teilung. Das „aus einem Ursprung geschaffen sein“ schafft die
grundlegende Zusammengehörigkeit und das „Aneinander-Verwiesen-Sein“.
So lässt sich bei aufmerksamer Lektüre von Genesis 2 festhalten: Erst durch die Frau wird der
Mensch zum Mann. Durch die Redewendung „isch“ und „ischa“2 wird nicht die Abhängigkeit,
sondern die Wesensverwandtschaft betont.
• Dieses Verständnis wird durch die Aussagen des 1. Schöpfungsberichtes gestützt. Dort ist klar
die Rede von der Erschaffung der Menschheit (Adam), die männlich und weiblich bestimmt
und darin „Bild Gottes“ ist. Von hier aus scheint es darum problematisch zu sein für Gott, in
dessen Bild Menschen männlich/weiblich geschaffen sind, ausschließlich männliche Bilder
und männliche Personalpronomina zu verwenden. Solche Redeweise beschneidet nicht nur
unsere Vorstellung von Gott um die weiblichen Gefühls-, Erfahrungs- und Gedankenräume,
sondern sie fixiert diese Vorstellung auf ein einseitig männliches Bild. Gottes Vollkommenheit
aber können wir in unserer Sprache nur dadurch ausdrücken, dass wir die Polaritäten in ihm/
ihr zusammenfallen lassen.
•
Das Bild Chagalls folgt der jüdischen Auslegungstradition3
des 1. Schöfungsberichtes. Es stellt das männlich/weibliche,
zwittrige Menschenwesen dar, das zuerst erschaffen wurde.
In den zwei Gesichtern, die sich nicht ansehen können, zeigt
sich das fehlende Gegenüber des uranfänglichen „Adam“. Erst
nachdem Gott dieses zwittrige Wesen des Anfangs in einen
Tiefschlaf versetzt und geteilt hat, stehen sich Mann und Frau
als gleichwertige „Teile“ eines Ganzen gegenüber. Daraus
folgt: Nicht der Mann für sich und auch nicht die Frau für sich
bilden den vollkommenen Menschen, sondern: Erst das zweieinige Menschenpaar, in dessen Aufeinander-Bezogensein
die Verschiedenheit enthalten und zugleich aufgehoben ist,
ist Bild Gottes.
• In der Übersetzung der „Bibel in gerechter Sprache“ wird versucht, diesen impliziten „theologischen“ Gedanken Rechnung zu tragen, indem jedes Mal nach dem inneren Zusammenhang
genau unterschieden wird, ob eher das androgyne4 Menschwesen gemeint ist, oder der männliche bzw. weibliche Mensch.
1 Wo u.a. in der Lutherbibel von der „Rippe“ des „Adam“ die Rede ist, aus der die Frau gebildet wurde, steht auf hebräisch
ein Wort, das im Wortsinn eher „Seite“ heißt. Eine der zwei Seiten oder Flanken des menschlichen Körpers. Die kleine
Rippe erscheint zum ersten Mal in der lateinischen Vulgata – einer Übersetzung, die der als Frauenverächter bekannte
Kirchenvater Hieronymus im 4. Jahrhundert erstellt hat und die Jahrhunderte lang quasi „kanonischen“ Rang hatte. – Die
Auswirkungen, die sich aus dieser Übersetzung ergaben – das Selbstverständnis des männlichen Menschen als des eigentlichen und erstrangigen menschlichen Wesens und des weiblichen Menschen als des vom männlichen „abgeleiteten“
und daher zweitrangigen menschlichen Wesens - waren für die Frauen verheerend.
Verstärkend in dieser Richtung haben auch Texte des NT gewirkt, insbesondere aus den Briefen des Apostels Paulus,
der in 1. KorintherInnen 11 aus der vermeintlichen schöpfungsmäßigen Abhängigkeit der Frau vom Mann eine Hierarchie
entwirft. Danach ist Gott das Haupt Christi, Christus ist das Haupt des Mannes und der Mann das Haupt der Frau. Nur der
Mann, so Paulus, sei Ebenbild und Abglanz Gottes, während die Frau Abglanz des Mannes sei. Im Folgenden relativiert
Paulus diese Sicht zwar mit Blick auf die Gemeinschaft in Christus, in der Frau und Mann wechselseitig voneinander
abhängen, aber in der Wirkungsgeschichte ist diese Relativierung weitgehend ungehört geblieben...
2 Wie auch „Fleisch von meinem Fleisch“; Gebein von meinem Gebein“
3 Vgl. Christoph Goldmann, Bild-Zeichen bei Marc Chagall, Band 1, Alphabetische Enzyklopädie der Bildzeichen, Göttingen 1995, S.35
4 männliche und weibliche Merkmale vereinend
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Psalm 8
1Für die musikalische Aufführung. Auf der Gittit. Ein Psalm.
Von David.
2 Adonaj, du herrschst über uns alle.
Wie machtvoll ist dein Name auf der ganzen Erde.
So breite doch deine Majestät aus über den Himmel.
3Aus dem Mund von Kindern und Säuglingen
hast du eine Macht geschaffen gegen alle, die dich bedrängen,
auf dass Feindschaft und Rache verstummen.
4Ja, ich betrachte deinen Himmel,
die Werke deiner Finger: Mond und Sterne, die du befestigt hast –
5Was sind die Menschen, dass du an sie denkst,
ein Menschenkind, dass du nach ihm siehst?
6Wenig geringer als Gott lässt du sie sein,
mit Würde und Glanz krönst du sie.
7Du lässt sie walten über die Werke deiner Hände.
Alles hast du unter ihre Füße gelegt:
8Schafe, Rinder, sie alle, auch die wilden Tiere,
9Vögel des Himmels und Fische des Meeres,
alles, was die Pfade der Meere durchzieht.
10Adonaj, du herrschst über uns alle.
Wie machtvoll ist dein Name auf der ganzen Erde.
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Bibel in gerechter Sprache
Luther- Übersetzung
Einheitsübersetzung
aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde
und tränkte die ganze Fläche des
Ackerbodens.
Da formte Gott der Herr den Menschen
aus Erde vom Ackerboden und blies in
seine Nase den Lebensatem. So wurde
der Mensch zu einem lebendigen Wesen.
Dann legte Gott, der Herr, in Eden,
im Osten, einen Garten an und setzte
dorthin den Menschen, den er geformt
hatte..
aber ein Nebel stieg auf von der Erde (6)
und feuchtete alles Land.
Da machte Gott der HERR den Men- (7)
schen aus Erde vom Acker und blies
ihm den Odem des Lebens in seine
Nase. Und so ward der Mensch ein
lebendiges Wesen.
Und Gott der HERR pflanzte einen (8)
Garten in Eden gegen Osten hin und
setzte den Menschen hinein, den er
gemacht hatte.
nur ein Quell stieg aus der Erde auf und (6)
tränkte die ganze Fläche des Ackers,
da bildete Adonaj, also Gott, Adam, das (7)
Menschenwesen, aus Erde vom Acker
und blies in seine Nase Lebensatem.
Da wurde der Mensch atmendes Leben.
Nun legte Adonaj, also Gott, einen (8)
Garten in Eden an, das ist im Osten,
und setzte das gerade geformte Menschenwesen dort hinein.
(6)
(7)
(8)
Das Paradies
Das Paradies
1 . Mo se
2, 4b - 9
(4b) Am Tage, als Adonaj, das ist der (4b) Es war zu der Zeit, da Gott der HERR (4b) Zur Zeit, als Gott der Herr, Erde und
Himmel machte,
Erde und Himmel machte.
Name Gottes, der Erde und Himmel
machte, –
(5) noch gab es die Sträucher des Feldes (5) Und alle die Sträucher auf dem Felde (5) gab es auf Erden noch keine Feldsträucher und wuchsen noch keine
waren noch nicht auf Erden, und all
nicht auf der Erde und das Grün der
Feldpflanzen; denn Gott, der Herr,
das Kraut auf dem Felde war noch
Felder war noch nicht aufgesprossen,
hatte es auf die Erde noch nicht regnen
nicht gewachsen; denn Gott der
denn Adonaj, also Gott, hatte es noch
lassen, und es gab noch keinen MenHERR hatte noch nicht regnen lassen
nicht regnen lassen auf die Erde, und
schen, der den Ackerboden bestellte;
auf Erden, und kein Mensch war da,
es gab auch noch keine Menschen,
der das Land bebaute;
um den Acker zu bearbeiten,
Textstelle
Verschiedene Bibelübersetzungen
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(15) Adonaj, also Gott, nahm das Menschenwesen und brachte es in den
Garten Eden, ihn zu bearbeiten und zu
beaufsichtigen.
(16) Dann sprach Adonaj, Gott, ein Gebot
für das Menschenwesen aus: „Von allen
Bäumen des Gartens kannst du ruhig
essen.
(17) Nur vom Baum der Erkenntnis von Gut
und Böse - von dem darfst du nicht essen.
An dem Tag, an dem du von ihm isst, bist
du zum Tode verurteilt.“
(18) Dann sagte Adonaj, also Gott: „Es ist
nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich
will für ihn eine Hilfe machen, so etwas
wie ein Gegenüber.
(19) Da bildete Adonaj, also Gott, aus
Ackererde alle Tiere des Feldes und
alle Vögel des Himmels und brachte
sie zum Menschen, um zu beobachten,
wie er sie nennen würde. Ganz so wie
der Mensch – das atmende Leben – sie
nennen würde, so sollte ihr Name sein.
(20) Da gab der Mensch allem Vieh, den
Vögeln des Himmels und allen Tieren
des Feldes Namen. Aber für das
Menschenwesen fand sich keine Hilfe,
die so etwas wie ein Gegenüber wäre.
(21) Da ließ Adonaj, also Gott, einen Tiefschlaf
auf das Menschenwesen fallen, dass es
einschlief, nahm eine von seinen Seiten
und verschloss die Stelle mit Fleisch.
1. Mose
2, 15 - 24
Einheitsübersetzung
(24) Darum verlässt der Mann Vater und
Mutter und bindet sich an seine Frau,
und sie werden ein Fleisch.
(23) Und der Mensch sprach: Das endlich ist
Bein von meinem Bein und Fleisch von
meinem Fleisch. Frau soll sie heißen;
denn vom Mann ist sie genommen.
(22) Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die
er vom Menschen genommen hatte, eine
Frau und führte sie dem Menschen zu.
(21) Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf
auf den Menschen fallen, so dass er
einschlief, nahm eine seiner Rippen und
verschloss ihre Stelle mit Fleisch.
(18) Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht
gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich
will ihm eine Hilfe machen, die ihm
entspricht.
(19) Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden
alle Tiere des Feldes und alle Vögel des
Himmels und führte sie dem Menschen
zu, um zu sehen, wie er sie benennen
würde. Und wie der Mensch jedes
lebendige Wesen benannte, so sollte es
heißen.
(20) Der Mensch gab Namen allem Vieh, den
Vögeln des Himmels und allen Tieren
des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem
Menschen entsprach, fand er nicht.
(17) doch vom Baum der Erkenntnis von Gut
und Böse darfst du nicht essen; denn
sobald du davon isst, wirst du sterben.
(15) Und Gott der HERR nahm den (15) Gott, der Herr, nahm also den Menschen
Menschen und setzte ihn in den
und setzte ihn in den Garten von Eden,
Garten Eden, dass er ihn bebaute und
damit er ihn bebaue und hüte.
bewahrte.
(16) Und Gott der HERR gebot dem (16) Dann gebot Gott, der Herr, dem
Menschen und sprach: Du darfst essen
Menschen: Von allen Bäumen des
von allen Bäumen im Garten,
Gartens darfst du essen,
Luther- Übersetzung
(17) aber von dem Baum der Erkenntnis des
Guten und Bösen sollst du nicht essen;
denn an dem Tage, da du von ihm
issest, musst du des Todes sterben.
(18) Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht
gut, dass der Mensch allein sei; ich will
ihm eine Gehilfin machen, die um ihm
sei.
(19) Und Gott der HERR machte aus Erde
alle die Tiere auf dem Felde und alle die
Vögel unter dem Himmel und brachte
sie zu dem Menschen, dass er sähe,
wie er sie nennte; denn wie der Mensch
jedes Tier nennen würde, so sollte es
heißen.
(20) Und der Mensch gab einem jeden Vieh
und Vogel unter dem Himmel und Tier
auf dem Felde seinen Namen; aber
für den Menschen ward keine Gehilfin
gefunden, die um ihm wäre
(21) Da ließ Gott der HERR einen tiefen
Schlaf fallen auf den Menschen, und
er schlief ein. Und er nahm eine seiner
Rippen und schloss die Stelle mit
Fleisch.
(22) Dann formte Adonaj, also Gott, die (22) Und Gott der HERR baute ein Weib aus
Seite, die sie dem Menschenwesen
der Rippe, die er von dem Menschen
entnommen hatte, zu einer Frau um
nahm, und brachte sie zu ihm.
und brachte sie zu Adam, dem Rest des
Menschenwesens.
(23) Da sagte der Mensch als Mann: „Dieses (23) Da sprach der Mensch: Das ist doch
Mal ist es Knochen von meinen Knochen,
Bein von meinem Bein und Fleisch
und Fleisch von meinem Fleisch! Die
von meinem Fleisch; man wird sie
soll Ischscha, Frau, genannt werden,
Männin nennen, weil sie vom Manne
denn vom Isch, vom Mann, wurde die
genommen ist.
genommen!“
(24) Deshalb wird ein Mann seinen Vater (24) Darum wird ein Mann seinen Vater und
und seine Mutter verlassen und sich mit
seine Mutter verlassen und seinem
seiner Frau verbinden. Sie werden ein
Weibe anhangen, und sie werden sein
Fleisch sein.
ein Fleisch.
Bibel in gerechter Sprache
Textstelle
„VON FREIHEIT
UND
VERTRAUEN“ –
EIN FRAUENABEND
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts
mangeln . . .“
Ich bin überzeugt, Sie brauchen keinen Bibeltext
zu verteilen im Frauenkreis, die Anwesenden
werden den Psalm auswendig mitsprechen.
„By heart“, so heißt das im Englischen und
genau das ist es: die Worte Martin Luthers
haben sich in die Herzen vieler Menschen
eingesenkt. Dabei sind es nicht nur Ältere,
denen dieser Text ein liebgewordener Begleiter
geworden ist, auch als Konfirmationsspruch
ist er immer noch ein Renner. Was auf den
ersten Blick wie ein romantisch verklärtes Bild
daherkommt, bedient die menschliche Sehnsucht nach Liebe, Schutz und Geborgenheit,
lässt etwas spüren vom Ur-Vertrauen zwischen
Gott und seinen Menschenkindern. Gerade in
schwierigen Lebenslagen, in Gefahren- oder in
Angstsituationen, in Krankheit oder an einem
Sterbebett habe ihnen dieser Psalm geholfen,
so berichten viele. Genau diesen Hintergrund
kennt auch der Psalmbeter/die Beterin: Sie/er
hat Feinde, sie/er wird verfolgt, ihr/sein Leben
ist bedroht. Aber sie/er hat am eigenen Leibe
erfahren, dass JHWH sie/ihn mit der Fülle des
Heils im Angesicht der Gefahren überschüttet
hat. Mit dieser Erfahrung weiß sie/er ihr/sein
Leben allezeit bei Gott geborgen.
Glaubensschätze in anderem Licht
Wenn diese Worte eine solche Kraftquelle für
Menschen bedeuten, warum dann eine neue,
eine andere Übersetzung? Martin Luther hat
mit der Übersetzung dieses Psalms unbestritten
ein gutes Stück Lyrik geschaffen, wie es besser
kaum gelingen kann. Darum geht es aber auch
gar nicht, die „Bibel in gerechter Sprache“ will
es nicht besser machen oder gar den Luthertext
ersetzen, aber sie kann – und das gerade ist
bei vertrauten Texten reizvoll – andere Sichtweisen eröffnen. Sie kann anregen, noch einmal
genauer und vertiefend hinzuschauen, wo die
Gedanken bei den vielleicht allzu vertrauten
Worten nur an der Oberfläche geblieben sind.
„Adonaj weidet mich, mir fehlt es an nichts.“ –
Drei Beispiele für eine andere Sicht
Da ist zunächst die für uns fremde Anrede
„Adonaj“. Bei Luther lesen wir dafür „HERR“.
Im hebräischen Text steht an dieser Stelle der
Eigenname Gottes. Er besteht nur aus vier
Konsonanten: JHWH. Jüdische Menschen
ZUM
23. PSALM
sprechen ihn aus Ehrfurcht nicht aus und
setzen dafür als Ersatzwort „Adonaj“. Das ist
in biblischer Zeit eine ehrfurchtsvolle Anrede
Gottes, um die Unantastbarkeit und Heiligkeit
Gottes zu schützen. Gleichzeitig setzt diese
Anrede Gottes Allmacht ab von jeder menschlichen Macht oder Autorität. Durch die Auflösung
des Partizips in einen Verbalsatz
(JHWH weidet mich statt: JHWH ist mein Hirte)
wird die Hörgewohnheit irritiert, Gott wird nicht
statisch als Hirte beschrieben, sondern sein
Verhalten wird mit der Tätigkeit des Hirten analogisiert. Nicht was Gott ist, sondern was Gott
tut, ist für den Beter, die Beterin wichtig.
„Auf rechter Straße“ – „auf gerechten Spuren“:
das Führen Gottes auf rechter Straße wird
gemeinhin so verstanden, dass seine Führung
für mich gut und richtig ist. Was aber ist gut
und richtig? Die BigS bringt hier den Aspekt der
Gerechtigkeit mit ins Spiel. Gut und richtig ist
eben nicht nur, was mir hilft und nützt, sondern
was ein Leben aller in Gerechtigkeit ermöglicht.
Hier ist solidarisches Handeln gefordert, das
nur gelingen kann, wenn wir Gottes Spuren auf
unseren Menschenstraßen folgen.
Gutes und Freundlichkeit folgen dem Psalmbeter/der Beterin von nun an, nicht die „Verfolger“
laufen ihm/ihr nach, sondern Gott selbst. In
diesem Zusammenhang bekommt das Bild vom
Hirten (das Wort „Hirte“ kommt im Text der BigS
übrigens gar nicht vor) noch einen besonderen
Nachhalt: Gott als der Hirte kümmert sich auch
um das Verlorene. Der Mensch seinerseits kann
immer wieder umkehren zu Gott, auch wenn er
den falschen Weg eingeschlagen hat. Jetzt wird
für mich ganz deutlich: es ist nicht unbekümmerte Sorglosigkeit, nicht Vertrauensseligkeit,
die den Reiz dieses Psalms ausmacht, es ist
in bitteren Erfahrungen und Kämpfen gereiftes
Gottvertrauen. „Zurückkehren“ in das Haus
Adonajs (nicht nur dort bleiben), macht für
mich noch einmal deutlich, welche Freiheit die
Beziehung zwischen Gott und Mensch prägt.
Zurückkehren kann ich nur, wenn ich mich vorher entfernt habe. Ich habe die Freiheit, das zu
tun, aber auch die Möglichkeit, zurückzukehren
und durch die Gnade Gottes wieder aufgenommen zu werden. Eine solche Erfahrung lässt
Vertrauen wachsen und trägt im Leben und
auch dann, wenn es zu Ende geht.
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„VON FREIHEIT
UND
VERTRAUEN“
Titel
„Von Freiheit und Vertrauen“ – Ein Frauenabend zum 23. Psalm
Ziel
Den TN sollen durch das intensive Hören auf die Übersetzung des 23. Psalms in der „Bibel
in gerechter Sprache“ (BigS) neue Zugänge zu einem bekannten Text eröffnet werden
Personenkreis
Frauen eines Frauenkreises ab der Lebensmitte,
lässt sich auch in geschlechtergemischten Erwachsenengruppen durchführen
Zeitrahmen
120 Minuten
Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
10 Min
Begrüßung und Lied:
EG 274,1-5
„Der Herr ist mein getreuer Hirt“
Die Gruppe sitzt im Stuhlkreis um eine gestaltete Mitte:
Blaues Tuch, darauf Schale mit Wasser, einige
Efeuranken und ein getöpferter Hirte mit Schaf
Gesangbuch
Material zur Gestaltung der Mitte
5 Min
Begegnung mit
Psalm 23
Impuls: Die Mitte deutet es schon an und auch das
Lied, das wir gesungen haben: Es geht heute um den
23. Psalm. Die meisten werden ihn auswendig können… Sprechen des Textes (auswendig)
20 Min
Persönliche Erfahrungen mit Psalm 23
Erzählrunde
40 Min
Eine neue Begegnung
mit Psalm 23
Bibelteilen
• Leitung liest den Psalm vor, die TeilnehmerInnen
(TN) hören im Gehen.
• 2. Textlesung, dabei sucht jede einen Platz im
Raum, sitzend oder stehend, wie sie möchte.
Jede sucht ein Wort, das sie neu gehört hat.
• Wieder auf dem Platz, schreibt jede „ihr“ Wort auf.
• 3. Textlesung: Jede legt ihr Wort um die Mitte herum ab, immer dann, wenn es im Text vorkommt.
Gleiche Worte untereinander legen.
Text aus BigS für
die Leitung
siehe M1
Stifte und kleine
Zettel oder Karten
für alle TN
• Leitung liest die abgelegten Worte.
• Nun werden Gruppen gebildet zu den Worten, die
am häufigsten vorkommen, TN tauschen sich in
den Gruppen aus.
• Wieder in der großen Runde: Text noch einmal
vorlesen, jede nimmt ihr Wort wieder an sich.
30 Min
Was nehme ich aus
der neuen Begegnung
mit?
10 Min
Abschluss mit Lied: EG
171,1-4
„Bewahre uns Gott“
Segen
Gesprächsrunde
Anregungen für das Gespräch können aus dem einführenden Text bezogen werden
Text von
Psalm 23 aus BigS
für alle TN
Gesangbuch
Segenstext
siehe M2
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(1) Ein Psalm. Von David.
Adonaj weidet mich, mir fehlt es an nichts.
(2) Auf grüner Wiese lässt Gott mich lagern,
zu Wassern der Ruhe leitet Gott mich sanft.
(3) Meine Lebendigkeit kehrt zurück.
Gott führt mich auf gerechten Spuren –
so liegt es im Namen Gottes.
(4) Wenn Finsternis tief meinen Weg umgibt, Böses fürchte ich nicht.
Ja, du bist bei mir, dein Stab und deine Stütze – sie lassen mich aufatmen.
(5) Du bereitest einen Tisch vor mir,
direkt vor denen, die mich bedrängen.
Mit Öl salbst du mein Haupt.
Mein Becher fließt über.
(6) Nur Gutes und Freundlichkeit werden mir alle Tage meines Lebens folgen,
und zurückkehren werde ich in das Haus Adonajs für die Dauer meines Lebens.
Vorschlag für Text und Segen zum Abschluss:
M1
M2
Wandernde sind wir von Ort zu Ort,
Wandernde sind wir von Ort zu Ort,
da, wo wir sind ist unser Ort.
Suchende sind wir von Wort zu Wort,
Suchende sind wir von Wort zu Wort,
da, wo Du bist ist unser Hort.
Wandernde sind wir wie Sonne und Mond,
Wandernde sind wir wie Sonne und Mond,
wandelnd Dein Bild in unserem wohnt.
Gott sei vor dir,
um dir den rechten Weg zu weisen.
Gott sei hinter dir, um dich zu bewahren,
wenn andere über dich herfallen.
Gott sei neben dir, um dir die Hand zu reichen,
wenn du stolperst.
Gott sei unter dir, um dich aufzufangen,
wenn du fällst.
Gott sei über dir, um dich zu behüten
vor allen Gefahren.
Gott sei in dir, um dich zu trösten,
wenn du traurig bist.
Gott ist gegenwärtig, unseren Weg zu erleuchten,
an jedem Ort zu jeder Zeit. Amen.
Aus: „ . . . denn die Stille hat eine Stimme“
Einübung und Praxis von Meditation in der Kirchengemeinde
Margarita Medina und Ursula Baatz (Herausgeberinnen)
im Auftrag des Gemeindekollegs der VELKD
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„DIE EWIGE“ – EIN NEUER GOTTESNAME,
EIN NEUES SPRACHBILD
Einführung
Der Gottesname im Psalm 121 wurde bisher
immer mit „Herr“ übersetzt, in der „Bibel in
gerechter Sprache“ entschied sich die Übersetzerin für die Übersetzung „die Ewige“.
Dieses Sprachbild ist ungewöhnlich und neu,
führt uns aber vor Augen, dass Gott jedes Bild
übersteigt. Der folgende Arbeitsvorschlag (ca.
90 Min.) lädt dazu ein, wahrzunehmen, welche
Eindrücke und Assoziationen das Gottesbild
„die Ewige“ auslöst. Ist das neue Sprachbild
eine Bereicherung, engt die Anrede die eigene
Gottesvorstellung ein, fehlen die vertrauten
Gottesanreden und Namen?
Als kreative Methode im Umgang mit der Psalmübersetzung und der bisher ungewöhnlichen
Gottesanrede „die Ewige“ bietet sich das Malen
an. Das Malen mit Wasserfarben lässt Formen
zu, die nicht unbedingt mit dem Willen und
Wollen in Verbindung stehen.
Es entstehen eher zufällige Farbspiele und die
Ausrede „ich kann aber nicht malen“ ist ohne
Bestand. Ich habe festgestellt, dass TN gerne
diese Methode probieren, weil sie sich nicht
auf konkrete Formen festlegen müssen, sie
schöpfen sozusagen ihr Bild und haben in der
anschließenden Besprechung die Möglichkeit,
es zu beschreiben und den Kontext zu erläutern. Für TN, die lieber mit manifesten Farben
umgehen, schlage ich weiche Pastellkreidestifte vor.
Die Arbeitseinheit hat meditative Elemente und
bietet genügend Raum und Zeit, die eigenen
Eindrücke innerhalb der Gruppe zu sortieren.
Voraussetzung ist, dass die TN sich auf die
Vielfalt der individuellen Bilder und Aussagen
einlassen und ich verspreche Ihnen, dann
wächst eine lebendige, schöpferische Gruppenarbeit. Gutes Gelingen!
Titel
„Die Ewige“ - Eine neue Gottesanrede, ein neues Sprachbild
Ziel
Der Arbeitsvorschlag lädt dazu ein, sich mit dem Gottesnamen „die Ewige“
am Beispiel von Psalm 121 auseinanderzusetzen
Personenkreis
Frauen und Männer
Zeitrahmen
90 Min
Zeit
10 Min
Arbeitsschritt
Einführung:
Vertraut werden
mit dem Psalmtext
Methode
Material
Den Psalm zweimal laut vorlesen, möglichst mit unterschiedlichen Stimmen
Psalm 121 aus der „Bibel in gerechter Sprache“ (BigS)
Siehe M 1
2 Min
Vertiefung I
Nachsinnen in der Stille.
Evtl. die Stille mit einem Gebetsglöckchen unterbrechen
Gebetsglöckchen
10 Min
Vertiefung II
Sprechen im
Gehen
TeilnehmerInnen (TN) bitten,
den Psalmtext im Umhergehen laut lesend zu meditieren.
Es eignen sich dafür ruhige
Räume, Flure und die freie
Natur.
Kopien des Psalms für alle TN
s. Kopiervorlage M 1
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30 Min
Erarbeitung:
Malen / Gestalten
Die TN malen „die Ewige“.
20-30 Min
Auswertung:
Gespräch
Die Bilder in die Mitte legen
und Eindrücke auf Moderationskärtchen sammeln lassen.
LN liest die Kärtchen vor und
in Zusammenarbeit mit den TN
werden die Begriffe und Eindrücke zugeordnet:
-Wahrnehmung
-Gefühle
-Schlussfolgerung zum
Gottesnamen „die Ewige“
10 Min
Abschlussrunde: Wie empfinde ich nach dem
Mein Wort
intensiven Arbeiten die Gottesanrede „die Ewige“?
Gibt es Widerstände?
Fehlt mir die Anrede „Herr“
oder „Gott“?
Vermisse ich etwas?
Hat sich ein Gefühl/Bild/Erfahrung erweitert?
Leiterin (LN) stellt wahlweise
Aquarellfarben oder weiche
Pastellkreiden zur Verfügung
Aquarell: Abdeckfolien für die Tische, Pinsel
und Wasserbecher, Wasserfarben und Aquarellpapier
Putztücher und Handtücher bereitstellen
Evtl. leise Meditationsmusik spielen.
Pastell: Pastellkreide, Papierbögen, die für
Pastellkreide geeignet sind
Moderationskarten und dicke Filzstifte
Anregung: Abschließend könnte der Meditationstext zur Gottesnamenkarte
„die Ewige“ vorgelesen werden
Siehe Materialanhang dieser Arbeitshilfe
Psalm 121 in der Übersetzung der BigS
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
M1
Ein Wallfahrtslied.
Ich hebe meine Augen zu den Bergen.
Woher kommt meine Hilfe?
Meine Hilfe kommt von der Ewigen,
die Himmel und Erde gemacht hat.
Sie lasse nicht zu, dass dein Fuß wanke.
Sie schlummere nicht, die dich behütet.
Schau, sie schlummert nicht, sie schläft nicht, die Hüterin Israels.
Die Ewige ist es, die dich behütet.
Die Ewige ist dein Schatten, ist dir zur rechten Hand.
Am Tag wird dir die Sonne nicht schaden,
noch der Mond in der Nacht.
Die Ewige behüte dich vor allem Bösen,
sie behüte dein Leben.
Die Ewige behüte dein Gehen und dein Kommen –
von nun an für immer.
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Einführung
Gesehen und nicht übersehen
Angeredet und nicht übergangen
Gehört und nicht überhört
Thema:
Gerechtigkeit mit der „Bibel in gerechter Sprache“
Vier Bausteine
•
•
•
•
Gerechtigkeit und Sprache
Gerechtigkeit in der Bibel
Gerechtigkeit im Bild
Gottesdienst zum Thema Gerechtigkeit
Vier Bausteine
Einheiten für Jugendliche ab 16 Jahren in Kirchengemeinde und Schule,
für
• einen Mädchentreff,
• eine Jugendgruppe,
• eine Schulklasse ab der 10.-11. Jahrgangsstufe
• eine Frauengruppe
Die erste und zweite Einheit können auch für sich stehen. Die dritte Einheit schließt sich an diese
beiden an und kann ohne sie nicht durchgeführt werden.
Die vierte Einheit – ein Gottesdienst – ist eine Option für Kirchengemeindegruppen, die so die
Chance haben, ihre Erkenntnisse in das Gemeindeleben zurückzugeben und mit Männern und
Frauen „Gottes Welt“( Matthäus 21,31) zu feiern. Eine Frauengruppe wird vielleicht an der Gestaltung eines Gottesdienstes besonderes Interesse haben und hier einen Schwerpunkt setzen
wollen, dann sind dafür weitere kreative Möglichkeiten, wie ein Anspiel, Stimmen aus der Gemeinde,
meditative Zugänge mit den in dieser Arbeitshilfe vorgestellten Karten zu den Gottesnamen zu
überlegen und es ist dazu mehr Zeit einzuräumen.
Je nach Gruppengröße kann der Zeitbedarf der einzelnen Einheiten variieren. Bei einer kleinen
Mädchen- oder Jugendgruppe wird weniger Zeit benötigt als in einer Schulklasse. Der theoretische
Teil (Einheit eins und zwei) kann an einem Nachmittag durchgeführt werden, für die kreative Gestaltung des gemeinsamen Bildes wird ein weiterer Nachmittag benötigt.
Für eine Schulklasse müssen mindestens 3 mal 90 Minuten eingeplant werden. Es ist zu überlegen, die Klasse nach Jungen und Mädchen zu teilen, und einen zweiten Raum zu nutzen für die
Erarbeitung der Bibeltexte und des Gerechtigkeitsbildes. Möglich ist auch mit dem Deutsch- und
dem Kunstunterricht Verbindungen zu suchen, um den Fragen der Sprache einerseits und den
Fragen von Bildkonzeptionen andererseits vertiefend nachgehen zu können.
Sollte eine Schulklasse / Religionskurs einen Gottesdienst feiern wollen (vierte Einheit), dann kann
Kontakt zu einer Kirchegemeinde aufgenommen werden und gemeinsam die Umsetzung in einen
gottesdienstlichen Rahmen erarbeitet und organisiert werden.
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GERECHTIGKEIT
UND
SPRACHE
Titel
Gerechtigkeit und Sprache
Ziel
Kennzeichen von Gerechtigkeit sammeln und den Zusammenhang von Sprache und
Gerechtigkeit erschließen
Personenkreis
Jugendliche ab 16 Jahren in Kirchengemeinde oder Schule, eine Frauengruppe
Zeitrahmen
90 Minuten
Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
30 Min
Einstieg und Motivation:
Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in
meinem Leben
Vorstellungsrunde mit Bildern
zum Thema: Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit.
Jede/jeder wählt ein Bild, das sie/
ihn anspricht und stellt sich und
ihre/seine Gedanken/Erfahrungen
zum Thema Gerechtigkeit vor
Bilder aus den Bereichen: soziale
Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Gerechtigkeit zwischen den
Religionen
M1
15 Min
Erarbeitung I: Was ist Gerechtigkeit?
Kennzeichen von Gerechtigkeit
sammeln
Liste anlegen von Punkten, die
Kriterien für Gerechtigkeit sind,
mit GG Artikel 3 abgleichen
Tafel oder
Flipchart
Textblatt GG
Artikel 3, M2
30 Min
Erarbeitung II: Wer ist gemeint?
Sprache transportiert Ungerechtigkeit und Gerechtigkeit
Beispielsätze für inklusive und
exklusive Sprache besprechen
Arbeitsblatt mit Beispielsätzen M3
Erklärungen für die
Leiterin M3a,
M3b Reisepass
15 Min
Abschlussgespräch: Sprache und
Bewusstsein, Sprache und Gerechtigkeit, (k)ein Zusammenhang?
Diskussion: Was spricht dafür,
beide Geschlechter ausdrücklich
zu nennen bzw. in der männlichen Form die Frauen einzuschließen?
Erläuterungen:
Auf einem Tisch liegen Bilder zum Thema Gerechtigkeit / Ungerechtigkeit.
Die Bilder sind aus den Bereichen: soziale Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Gerechtigkeit
zwischen verschiedenen Religionen.
Auf diese drei Bereiche von Gerechtigkeit haben die Übersetzerinnen und Übersetzer besonders
viel Wert gelegt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer suchen sich das Bild aus, welches sie am meisten zum
Thema Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit anspricht und stellen dann mit dem Bild ihre Gedanken und
Erfahrungen zum Thema Gerechtigkeit vor.
Mit der These, dass durch eine inklusive Sprache Gerechtigkeit erreicht wird und das Bewusstsein für Ungerechtigkeit geschärft wird, wird die Diskussion über gerechte Sprache provokant
eingeleitet.
Die deutsche Sprache transportiert Ungerechtigkeit, da sie nicht eindeutig sagt, wer gemeint ist.
Bei männlichen Bezeichnungen sind die Frauen automatisch mitgemeint ohne genannt zu werden,
umgekehrt sind bei weiblichen Bezeichnungen die Männer nicht mitgemeint. Eine dritte Form,
die Männer und Frauen meint, gibt es nicht und es ist nicht üblich, immer beide Geschlechter zu
nennen.
Dazu werden einige Beispielsätze, auf Folie (M3), bearbeitet.
Zum Abschluss wird diskutiert: Ist gerechte/inklusive Sprache notwendig?
Hängen Bewusstseinsbildung und Sprache zusammen?
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GERECHTIGKEIT
IN DER
BIBEL
Titel
Gerechtigkeit in der Bibel
Ziel
Kennen lernen des Gerechtigkeitsverständnisses Jesu, der Frage nach dem dahinter stehenden Gottesbild nachgehen und den Bezug zur eigenen Wirklichkeit herstellen
Personenkreis
Jugendliche ab 16 Jahren in Kirchengemeinde oder Schule, eine Frauengruppe
Zeitrahmen
90 Minuten
Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
20 Min
Einstieg und Motivation: Was versteht Jesus unter Gerechtigkeit?
Das Gleichnis von den Arbeitern
im Weinberg erzählen und im Gespräch herausarbeiten, dass Gerechtigkeit im Verständnis Jesu
meint, das jede/jeder genug zum
Leben hat – unabhängig von der
eigenen Leistung –
im Plenum
Matthäus 20, 1-15
40 Min
Erarbeitung:
den Willen des Vaters tun…
und Vertiefung: bedeutet für mich:…
„Bibel teilen“ in Kleingruppen
„Bibel teilen“ M4
Matthäus 21, 28-32
aus der BigS M5
30 Min
Auswertung: Welches Gottesbild
lässt der Text für mich durchscheinen und welche Auswirkungen
haben dieses Gottesbild und der
Text für meine Gegenwart/meine
Situation und für eine gerechte Gesellschaft?
Berichte aus den Kleingruppen
im Plenum und Gespräch zur Bedeutung des Textes für Heute
Ergebnisse werden auf einem
Flipchartblock festgehalten
Flipchartblock,
Moderationsstifte
Erläuterungen
Gerechtigkeit ist ein zentrales Anliegen des Evangeliums, des Reiches Gottes, viele Texte der
Bibel zeigen das. Die „Bibel in gerechter Sprache“ versucht eine Sprache zu finden, die dieses
Anliegen umsetzt.
Abgesehen von Matthäus 21,28-32 kann auch mit einem bekannten Bibeltext gearbeitet werden,
der in das Kirchenjahr passt: Lukas 2,1ff zu Weihnachten, Johannes 20,1-18 zu Ostern, Apostelgeschichte 2,1-11 zu Pfingsten oder zu jeder Zeit: die 10 Gebote aus dem 5. Buch Mose 5, 6-22a,
besonders die Verse 16-21.
Folgende Fragen eignen sich für die Gespräche in den Kleingruppen (bei der Übung Bibelteilen
im letzten Abschnitt siehe M4, 5) und im Plenum als Auswertung:
- Bin ich gemeint?
- Bin ich angesprochen?
- Komme ich vor als Mädchen, als Frau, oder als Junge, als Mann?
- Wo bin ich ausdrücklich gemeint?
- Was sagt der Text zu Gerechtigkeit?
- Welche Bereiche von Gerechtigkeit kommen vor?
- Wird Ungerechtigkeit benannt?
- Was wird über Gott gesagt?
- Ist er/sie ein Gott, der/die dich sieht?
- Ist er/sie ein Gott, der/die Armen sieht?
- Ist er/sie ein Gott, der/die die anderen sieht?
So kann ein Dialog entstehen, der die Zeit zwischen der Entstehung des Textes und der Gegenwart überbrückt.
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GERECHTIGKEIT
IM
BILD
Titel
Gerechtigkeit im Bild
Ziel
Ein gemeinsames Bild gestalten, das die verschiedenen Aspekte von Gerechtigkeit zeigt:
soziale Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Gerechtigkeit zwischen den Religionen
und das biblische Texte genauso so wie gegenwärtige Situationen aufnimmt
Personenkreis
Jugendliche ab 16 Jahren in Kirchengemeinde und Schule, eine Frauengruppe
Zeitrahmen
90 Minuten
Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
15 Min
Einführung in die Hungertücher und
ihre Bildgestaltung,
vergegenwärtigen des bisher Erarbeiteten
Vorstellung von zwei unterschiedlichen Hungertüchern mit verschiedenen bildgestalterischen
Konzeptionen; die bisherigen
Ergebnisse, die in den vorherigen
Einheiten auch schriftlich fixiert
wurden, visualisieren
zwei Hunger-tücher
M6, Flipchartblöcke
aus den vorherigen
Einheiten
60 Min
Erarbeitung eines gemeinsamen Bildes zum Thema Gerechtigkeit
In Gruppenarbeit (ca. 8 Personen) wird ein Bild entworfen und
gemalt
Weiße DIN A1 Bögen, Malerfarbentuben, Plastikschalen
für Farbe, Pinsel,
Bleistifte, Lineale,
Radiergummi,
Lappen
15 Min
Vertiefung
Vorstellen der Bilder im Plenum
Gemaltes Bild
Erläuterungen
Als Ergebnis und Bündelung wird gemeinsam ein Bild gestaltet, das die bisher erarbeiteten Ergebnisse aufnimmt. Dieses Bild kann einen gemeinsamen Schwerpunkt, der aus der Gruppe kommt,
zeigen oder mit ganz vielen Facetten zum Thema Gerechtigkeit ausgestaltet sein. Als Vorlage
werden der Gruppe zwei verschiedene Hungertücher vorgestellt. Sie sind oft in mehrere Felder
unterteilt, die sich zu einem Leitsatz anbieten, oder sie sind ein gemeinsames Bild mit einem Mittelpunkt, von dem die verschiedenen Aspekte des Themas ausgehen und sie sind immer bezogen
auf die gegenwärtige Situation der Malenden. Hungertücher finden sich in den meisten Kirchengemeinden, im KU – Material oder sind über Misereor zu bestellen. Zwei besonders geeignete
Hungertücher finden Sie unter M6 dieses Entwurfes.
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GOTTESDIENST
ZUM
THEMA GERECHTIGKEIT
Titel
Gottesdienst zum Thema Gerechtigkeit mit der BigS
Ziel
Die erarbeiteten Ergebnisse, das in den Stunden Gelernte in einem gottesdienstlichen
Rahmen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen
Personenkreis
Frauengruppe, Jugendliche ab 16 Jahren einer Kirchengemeinde
Zeitrahmen
90 Minuten inhaltliche Vorbereitung, je 45 Minuten Technik und Gottesdienst
Zeit
Arbeitsschritt
Methode
Material
20 Min
1. Gruppe:
Lesungen aussuchen
Arbeitsteilige Gruppenarbeit
Lektionar/BigS, die
bearbeiteten und
weitere Texte aus
Matthäus 20-22+25,
M5
2. Gruppe:
Lieder aussuchen zum Thema Gerechtigkeit und überlegen, wer die
musikalische Gestaltung übernehmen kann, ggf. OrganistIn oder andere MusikerIn ansprechen
Arbeitsteilige Gruppenarbeit
EG 263, 420, 580, 18
und „Lass uns den
Weg der Gerechtigkeit gehen“1,
„Wenn das Brot, das
wir teilen als Rose
blüht“ 2
30 Min
Text zur Vorstellung des gemalten
Bildes erarbeiten
Jede Gruppe schreibt einen Text
zu ihrem Bild
Gemalte Bilder
20 Min
Fürbittengebet schreiben, das die
verschiedenen Aspekte von Gerechtigkeit mit je einer Bitte aufnimmt
Im Plenum schreibt jeder/jede
eine Fürbitte
Einstiegsbilder
M1 als Hilfestellung dazu
20 Min
1. Gruppe:
Begrüßung schreiben, die erzählt,
wer was gemacht hat und was das
Projekt bedeutet hat für die Gruppe
Arbeitsteilige Gruppenarbeit:
eine Begrüßung gemeinsam formulieren und aufschreiben
2. Gruppe:
Voten, Kyrie und Segen aussuchen
und ihren Einsatz überlegen
Arbeitsteilige Gruppenarbeit:
Texte aussuchen
Die
gesamte
Zeit
Koordinierung und individuelle Hilfestellung durch die Leitung
Gottesdienstablauf erstellen,
Kontakt mit OrtspastorIn, ggf.
OrganistIn, KüsterIn aufnehmen
45 Min
Gottesdienstraum vorbereiten,
Bilder aufhängen,
Leseproben
Alle: Technik bedienen, Stimme
einsetzen
Kirche/Gottesdienstraum
45 Min
Gottesdienst feiern
Alle: singen, beten, lesen, hören,
sehen, tun
Kirche/Gottesdienstraum
z.B. Texte aus dieser
Arbeitshilfe oder aus:
„Du Gott,
Freundin der
Menschen“3
_____________________
1
2
3
In: E. Domay u.a. (Hg) Singen von deiner Gerechtigkeit, Gütersloh 2005, S. 125
In: Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe Hessen- Nassau, Nr. 632
Heide Rosenstock, Hanne Köhler, Du Gott, Freundin der Menschen, Stuttgart 1991
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Bildmaterial findet sich in:
M1
IMPULSE 4
Photos zur Motivation und Differenzierung 15x22 cm
Michael Künne, Manfred Kwiran
60 Photos, 12,50 €
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Religionspädagogisches Institut Loccum
Uhlhornweg 10-12
31547 Rehburg-Loccum
Fon: 05766/81-143 und -139
Fax: 05766/81-184
Online zu bestellen unter: www.rpi-loccum.de
Es können außerdem Bilder/Werbung aus aktuellen Zeitungen und Magazinen verwendet werden.
Des Weiteren lässt sich über das Internet vielfältiges Bildmaterial erschließen:
z. B. über die Suchfunktion „Bilder“ in Google
und über www.youngspirix.de/zoom
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Die Grundrechte
Artikel 3
(1)
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2)
Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
(3)
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner
Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens,
seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Welche Sätze sind richtig?
M2
M3
- Alle Menschen werden Schwestern.
- Alle Menschen werden Brüder.
- Die Deutschen sind tüchtige Hausfrauen.
- Die Deutschen sind tüchtige Soldaten.
- Mit der Geschlechtsreife wird der Mensch gebärfähig.
- Ein Mensch ohne Frau ist überhaupt kein Mensch.
- 800 Schüler suchen einen Job.
- Der Inhaber dieses Passes ist Deutscher.
- Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib und alles, was sein ist.
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M3A
- 800 Schüler suchen einen Job.
So titelte es ein Wochenblatt am 28.4.07. Es kann ja sein, dass in der Region, in der das Wochenblatt erscheint, die Schülerinnen bereits einen Ausbildungsplatz gefunden haben und daher
nicht ohne Job dastehen.
Frage: Sind mit diesem Titel nur die Jungen gemeint oder sind die Mädchen mit gemeint, ohne
genannt worden zu sein und ist letzteres ungerecht?
Vergleichen der Argumente mit der Liste von Kriterien für Gerechtigkeit aus Erarbeitung I.
- Der Inhaber dieses Passes ist Deutscher.
So stand es auf allen alten grünen Reisepässen. „Unterschrift des Passinhabers“ stand unter
jedem Passbild, auch dem von Frauen. Die Frau, die da unterschrieben hat, ist also Deutscher.
Auf dem neuen Reisepass ist das geändert.
Folie von einem alten Pass auflegen und Sachverhalt daran erarbeiten, danach zur Ergänzung
Folie von einem neuen Pass zeigen.
Die deutsche Sprache hat mit der Geschlechterdifferenzierung ihre Schwierigkeiten. Sie kann
ohne Kontext nicht eindeutig verstanden werden.
Diese Schwierigkeit findet sich bei aktuellen wie bei alten Texten wieder.
- Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib und alles, was sein ist.
Das „du sollst“ der 10 Gebote wendet sich an Frauen und Männer, das: „du sollst“ des 10. Gebotes
wendet sich an Männer, was mit den Frauen ist, wird nicht gesagt. Hier gilt es den historischen
Kontext zu erhellen und den Graben der Geschichte zu überbrücken und danach zu fragen, was
mit diesem Gebot gemeint ist.
Ohne den Kontext zu kennen ist es also in der deutschen Sprache nicht möglich, eindeutig zu
sagen, wer gemeint ist, wer im Blick ist, wer Adressat oder Adressantin von Geboten, Regeln und
Botschaften ist.
M3B
M 3b siehe Papiervorlage, muss noch gescannt werden
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Die Bibel teilen
Eine meditative Gruppenarbeit in 5 Schritten:
M4
1. Lesen
Der vorgegebene Bibelabschnitt wird reihum laut vorgelesen: jede/jeder liest einen Bibelvers.
2. Vertiefen
Worte, Wendungen und Sätze des Bibelabschnittes, die uns auffallen, lesen wir - ohne bestimmte Reihenfolge und durchaus auch mehrmals - noch einmal laut und besinnlich vor. Dabei darf
nichts anderes gesagt oder gefragt werden. Zwischen den einzelnen Wiederholungen legen wir
kurze Pausen der Stille ein, um die Worte in uns wirken zu lassen. So entsteht ein Klang- und
Wortraum, in dem die Facetten des Textes in ihrer Vielseitigkeit zu glitzern beginnen - wie beim
Betrachten eines Edelsteins.
3. Schweigen
Eine Teilnehmerin, ein Teilnehmer liest den Bibelabschnitt noch einmal ganz vor. Dann folgt eine
Zeit des Schweigens (ca. 5 Minuten), in der wir den Text zu uns sprechen lassen. Wir denken über
seine Bedeutung für unser Leben nach.
4. Mitteilen
Nun teilen wir einander mit, was uns besonders berührt hat. Wir sprechen möglichst persönlich
und konkret, reagieren dabei aber nicht auf die Beiträge der anderen. Die TeilnehmerInnen legen
ihre Beiträge wie Früchte in einen Korb („Korbgespräch“), ohne dass darüber diskutiert wird.
5. Austauschen
Jetzt erst folgt eine Unterhaltung über das Thema des Bibeltextes. Wir fragen gemeinsam nach
der Bedeutung des Textes für unser persönliches, gemeinschaftliches und gemeindliches Leben.
Anschließend überlegen wir, ob sich daraus Impulse für unser Handeln ergeben.
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M5
Matthäusevangelium Kapitel 21, Verse 28-32
Wie denkt ihr über folgenden Fall? Ein Mann hatte zwei Kinder. Er kam zum ersten und sagte:
„Mein Kind, geh’ heute und arbeite im Weinberg.“
Der Junge antwortete: „Ich will nicht.“ Später tat es ihm leid und er ging.
Der Vater kam zum zweiten und sprach genauso.
Dieser Junge antwortete: „Ja, Herr“, aber er ging nicht.
Wer von beiden hat den Willen des Vaters getan?
Sie antworteten:
„Das erste Kind.“
Jesus sagt zu ihnen: „Wahrhaftig ich sage euch mit allem Ernst: Die Zöllner und die Prostituierten
werden vor euch in Gottes Welt gelangen.
Johannes kam zu euch mit der Praxis der Gerechtigkeit, und ihr habt ihm nicht geglaubt. Die
Zöllner und die Prostituierten haben ihm geglaubt. Und ihr – obwohl ihr das gesehen habt – seid
doch nicht umgekehrt, um ihm endlich doch zu glauben.
M6
Hungertuchvorlagen zu bestellen bei:
MVG
Postfach 101545
52015 Aachen,
Fon: 0180 5200210
E-Mail: [email protected]
z. B. Brot und Rosen, Hungertuch 2004
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Das Misereor-Hungertuch 2004; „Brot und Rosen“ - Unser täglich Brot gib uns. Heute.“;
von Monika Wieczorek und Tania Lescano; © MVG Medienproduktion, Aachen 2004
Misereor-Hungertuch aus Haiti von Jacques Chéry, © MVG Medienproduktion, Aachen 1982
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Anleitung zum Einsatz der Karten mit den Gottesnamen
Die Karten mit den Gottesnamen können auf vielfältige Art verwendet und eingesetzt werden. Sie
können allein oder zu zweit meditiert werden oder erst allein und dann im Austausch, im Zweiergespräch mit einer Partnerin, einem Partner der eigenen Wahl.
Was spricht mich an?
Was ist mir fremd?
Fragen nach der eigenen religiösen Biographie, nach der eigenen Geschichte und den jeweils
dazu gehörenden Gottesvorstellungen kann nachgegangen werden.
Zu den Gedanken und Assoziationen, Eindrücken und Gefühlen, die zu einem Gottesnamen
entstehen, können die Teilnehmerinnen ein Symbol suchen und damit gemeinsam eine Mitte
gestalten.
Auch kreative Schreibformen eignen sich, um die Gedanken zu einem Gottesnamen zu sammeln.
Das Elfchen sammelt 11 Worte ein, die in einer speziellen pyramidenförmigen Anordnung geschrieben sind. Die Karte mit dem Gottesnamen: „Der Lebendige“ ist in dieser Form gestaltet.
Das Akrostichon und das Kryptichon
sind zwei lyrische Kleinformen, die ersten Buchstaben der Zeilen oder der einzelnen
Worte ergeben von oben nach unten gelesen ein Wort. Die Karte mit dem
Gottesnamen: „Der Heilige“ ist in einer solchen Mischform aus Akrostichon und
Kryptichon gestaltet.
Beispiel für ein Akrostichon:
Augen schwer wie
Blei, und Hände hab’ ich vier.
Es kommt mir vor als sei
Nur eine Hälfte hier.
Die andre schwankt fern neben mir.1
Beispiel für ein Kryptichon:
Am
Besten
Eine
Nacht
Durchschlafen
Das Malen eines Mandalas mit einem Gottesnamen ist eine weitere kreative Form, die ebenso
wie die oben genannten Schreibformen die Möglichkeit gibt, den eigenen Gottesvorstellungen
nachzugehen und eventuell vorgegebene einengende Normen wie Gott zu sein hat zu verlassen.
Die Karte mit dem Gottesnamen: „Die Lebendige“ ist mandalaähnlich als Blume gestaltet.
Sie finden eine ausgefüllte Form in der Kopiervorlage, sowie einige „Leerformen“, die von den TN
selbst ausgefüllt werden können.
Die Karten mit den Gottesnamen sollen verdeckt gehalten und gezogen werden, es werden so
viel Karten wie Teilnehmende benötigt, manche Karten werden daher doppelt vorhanden sein
müssen.
1 Aus: Katrin Girensohn, Ramona Jakob: 66 Schreibnächte. Anstiftung zur literarischen Geselligkeit. Ein
Praxisbuch zum kreativen Schreiben. Edition Isele, Eggingen 2001.
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Der Heilige
ICH-BIN-DA
Ha Makom
Der Name
Schechina
Die Heilige
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Einwohnung Gottes.
Im
Himmel? Gottes.
Einwohnung
Nein
auf Erden.
Im Himmel?
In
dir,auf
in mir,
Nein
Erden.
mütterlich,
zärtlich,
In dir, in mir,
innig
und nah.
mütterlich,
zärtlich,
innig und nah.
Heilung
Heilung
Heiligung
Heiligung
Heil
Heil
In
mir
In dir
mir
In
In dir
der Ort, an dem Gott wohnt …
manchmal fern wie die Sterne
der dann
Ort, an
dem Gott
…
und
plötzlich
zumwohnt
Greifen
manchmal fern wie die Sterne
nah:
und dann
zum Greifen
Wenn
das plötzlich
Wunder der
nah:
Begegnung
geschieht,
Wenn
das
Wunder
derkommt,
wenn Licht ins Dunkel
Begegnung
geschieht,
wenn
Gebeugte
aufgerichtet
wenn
Licht
ins
Dunkel
kommt,
werden,
wennTrauernde
Gebeugte Trost
aufgerichtet
wenn
finden,
werden,
wenn Verzweifelte neue Hoffnung
wenn Trauernde Trost finden,
schöpfen,
wennGerechtigkeit
Verzweifelte neue
Hoffnung
wenn
und Frieden
schöpfen,
sich
durchsetzen und Unrecht und
wenn
Gerechtigkeit und Frieden
Not
vertreiben.
sich
durchsetzen
und Unrecht
und
Ha
Makom,
wann werden
wir dort
Not vertreiben.
sein?
Ha Makom, wann werden wir dort
sein?
du bist mein.
DEIN Name
Mein
DEINName
Name
Namensgeberin
Mein Name
Namenlos
Namensgeberin
Ich
habe dich bei deinem
Namenlos
Namen
gerufen,
Ich habe
dich bei deinem
du
bist mein.
Namen
gerufen,
Hoch
Erhaben
Hoch
Im
Feuer
Erhaben
Licht
Im Feuer
Im
Wort
Licht
Gerechtigkeit
Im Wort
Ewig
Gerechtigkeit
Richter
Ewig
Richter
Hoffnung blüht auf
Ich bin da
Angst
Ich binverfliegt
da
Sorge
Angst verschwindet
verfliegt
Kummer
vergeht
Sorge verschwindet
Ich
bin davergeht
Kummer
Vertrauen
Ich bin da fasst Wurzeln
Zuversicht
wächst
Vertrauen fasst
Wurzeln
Hoffnung
blüht
auf
Zuversicht wächst
Der Eine
Der Lebendige
Die Eine
Die Lebendige
Die Ewige
sein?
Der Ewige
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I
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LIEBE
LIEBE
EXISTENZ
EXISTENZ
BIBEL
BIBEL
ERBARMEN
ERBARMEN
NOT
NOT
DU
DU
B
INNEHALTEN
INNEHALTEN
E
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X
B
GEHEIMNIS
GEHEIMNIS
I
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EWIGKEIT
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EWIGKEIT
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Ewige,
Ewige,wer
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bistdu?
du?
Bist
Bistdudunah
nahoder
oderfern
fern
oder
oderbeides
beideszugleich?
zugleich?
Du
Dubist
bistunermesslich.
unermesslich.
Ich
Ichkann
kanndich
dichnicht
nicht
fassen
fassenund
unddoch,
doch,
Ewige:
Ewige:dir
dirvertraue
vertraue
ich
ichmich
michan.
an.
S
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R
B
A
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Lebendiger
Lebendiger
lebendiger
lebendigerGott
Gott
lässt
lässtmich
michatmen
atmen
schenkt
schenktmir
mirdas
dasLeben.
Leben.
Amen.
Amen.
Die
Eine,
alles
geht
aus
von
ihr,
Die
Eine,
alles
geht
aus
von
ihr,
alles
kommt
zurück
zu
ihr.
alles kommt zurück zu ihr.
SoSo
istist
alles
eins
alles
eins
und
und
diedie
Vielheit
istist
in in
der
Einheit,
Vielheit
der
Einheit,
wie
die
Einheit
in
der
Vielheit.
wie die Einheit in der Vielheit.
DaDa
istist
eine
Hand,
diedie
dich
hält.
eine
Hand,
dich
hält.
DaDa
istist
einein
Auge,
das
dich
sieht.
Auge, das dich sieht.
DaDa
istist
einein
Ohr,
das
dich
hört.
Ohr,
das
dich
hört.
EsEs
istist
Eine,
diedie
alles
kennt.
Eine,
alles
kennt.
SieSie
weiß,
was
du
brauchst.
weiß, was du brauchst.
EsEs
istist
eine
Wahrheit
in in
der
Vielheit.
eine
Wahrheit
der
Vielheit.
Gott
ist
Eine.
Gott ist Eine.
E-wige
E-wige
W-ahrheit
W-ahrheit
I-mmer
I-mmer
G-nade
G-nade
E-rbarmen
E-rbarmen
R-etter
R-etter
Einer
nur
und
nicht
jeder
Einer
nur
und
nicht
jeder
Einer
und
nicht
viele
Einer und nicht viele
EsEs
istist
einer,
einer,
dem
Ehre,
Macht
und
dem
Ehre,
Macht
und
Herrschaft
gebührt.
Herrschaft
gebührt.
EsEs
istist
einer,
einer,
der
allwissend,
allmächtig
der allwissend,
allmächtig
und
allumfassend
ist.ist.
und allumfassend
EsEs
istist
einer,
der
alle
Rätsel
einer,
der
alle
Rätsel
löst.
löst.
ErEr
istist
diedie
Antwort
Antwort
und
die
Wahrheit.
und die Wahrheit.
Gott
istist
Einer.
Gott
Einer.
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B
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Gott
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Adonaj
L
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Z
D
G
L
L
E
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Du bist
Du mein.
bist mein.
Ich und
Ich Du.
und Du.
Du und
Du Ich.
und Ich.
Ein „Du“,
kein kein
Ein „Du“,
„Sie“„Sie“
MeinMein
Gegenüber.
Gegenüber.
Vertrautheit.
Vertrautheit.
G
GGG
GG
OÜO
Ü
OÜ
GG G
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GG G
Ü TT
ETEE
Ü
Ü
A nfang
und Ende
A nfang
und Ende
D uD u
O dem
O und
dem und
N aturgesetze
sind sind
N aturgesetze
DeineDeine
Werke
Werke
A lles
A bist
llesDu,
bistdie
Du, die
eine Kraft,
die die
eine Kraft,
eine Herrschaft
eine Herrschaft
J H JW H
HWH
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Bibel in gerechter
Sprache
Reformatorisches
Projekt?
Bibel in gerechter Sprache
¾„Political correctness“ oder
¾reformatorisches Projekt?
Eine Einführung in die Bibel in
gerechter Sprache (BigS) von
Anne Rieck,
Pastorin im Frauenwerk,
Haus kirchlicher Dienste,
Hannover
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
Ein reformatorisches Projekt!
„Neu übersetzen heißt, keine neue
Bibel schreiben, nur den alten
Glauben ins Heute übersetzen. Und
dabei fällt auf: Die Gott ist ewig
schon weiblicher als Mann glaubt.“
(Mechthild Werner)
1
Ein reformatorisches Projekt
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
2
Ein reformatorisches Projekt
31.10.2001 - 31.10.2006
Im Blick auf die ÜbersetzerInnen
¾Im Blick auf die ÜbersetzerInnen
¾Im Blick auf die LeserInnen
¾Im Blick auf den Text
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
•
•
•
•
Bibel „von unten“
Offener Diskussionsprozess
(Konfessionsübergreifend)
Offenlegung der Voraussetzungen
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
3
4
Wortfelder
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
Wortfelder
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
6
Sprachwandel
Textbeispiele
5. Mose 6,5:
Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb
haben von ganzem Herzen (leb), von
ganzer Seele (nefesch) und mit all
deiner Kraft. (L)
5
Textbeispiele
1. Mose 42, 21b
Das haben wir an unserem Bruder
verschuldet! Denn wir sahen die Angst
seiner Seele, als er uns anflehte und wir
wollten ihn nicht erhören. (Luther = L)
• Nefesch: Atem, Hauch, Duft, Kehle,
Seele, Gemüt, Leben,
Person
Leb:
Herz, Verstand, Wille,
Gewissen, Mut
Im Blick auf den Text
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
Wortfelder
Ein reformatorisches Projekt
„gerechte“ Über - setzung?
• Dem Urtext gemäß
• Der Zielsprache gemäß
• den Kontexten gemäß
Im Blick auf die LeserInnen
• „Demokratisiert“ Urtextkenntnisse
• Vielfalt von
Übersetzungsmöglichkeiten
• „Ermächtigung“ von „LaiInnen“
• Sensibilisierung der „Profis“
Ach, wir sind schuldig geworden an unserem
Bruder, wo wir doch die Angst seiner Kehle
gesehen haben, als er uns anflehte und wir
nicht gehört haben. (Bibel in gerechter Sprache = BigS)
7
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
Kontextwandel
Textbeispiel
8
Textbeispiel
Das Hohelied 1,5
Lukas 1,48 a
Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd
gesehen… (L)
Ich bin braun, aber gar lieblich.
(L)
So liebe denn Adonaj, Gott für dich, mit
Herz und Verstand, mit jedem Atemzug,
mit aller Kraft. (BigS)
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
Interesse
Sie hat auf die Erniedrigung ihrer
Sklavin gesehen… (BigS)
(BigS)
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
9
Interesse
Textbeispiele
Und dein Verlangen soll nach deinem Manne
sein, aber er soll dein Herr sein. (L)
Schwarz bin ich und schön.
10
Interesse
Textbeispiele
Auf deinen Mann richtet sich dein Verlangen.
Doch der wird dich beherrschen. (BigS)
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
12
11
Textbeispiele
RömerInnen 16, 7:
Römer 16, 7:
Grüßt Andronikus und Junias, meine
Stammverwandten und Mitgefangenen,
die berühmt sind unter den Aposteln. (L)
Unter der Macht des Mannes wirst du sein
und er wird dich beherrschen. (Hieronymus)
Anne Rieck, Frauenwerk
Haus kirchlicher Dienste, Hannover
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Grüßt Andronikus und Junia, meine
Verwandten, die mit mir zusammen in
Gefangenschaft waren. Unter den
Apostelinnen und Aposteln haben sie
eine herausragende Rolle. (BigS)
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„Gerechte“ Sprache?
¾Geschlechtergerechtigkeit
¾Gerecht im Blick auf das
jüdisch-christliche Verhältnis
¾Soziale Gerechtigkeit
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Gottesbilder
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Gottesbilder
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Gottesbilder
2. Mose 20,2:
Fülle weiblicher Gottesbilder
z.B. gebärende Frau, stillende
Frau, Mutter, Hebamme,
Bäckerin, Bären-/Adlermutter,
Henne, Haushälterin, Quelle
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¾„Gott bin ich und kein Mann“
¾Die Bibel enthält eine Fülle
weiblicher Bilder von Gott
¾Gott hat einen Eigennamen
¾Gottesbilder
¾Inklusive Sprache
¾Androzentrische Sprache
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Gottesbilder
Geschlechtergerechtigkeit
Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus
Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt
habe. (L)
JHWH – Gottes Eigenname
Ich, ICH-BIN-DA, bin deine Gottheit, weil ich
dich aus der Versklavung in Ägypten befreit
habe. (BigS)
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Inklusive Sprache
Gottesbilder
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Androzentrische Sprache
Textbeispiel
Textbeispiel
“Ersatznamen“ für JHWH
Adonaj, der Ewige, die Ewige, Schechina,
ha-Schem, der Name, Gott, die Lebendige,
der Leben-dige, ICH-BIN-DA, ha-Makom,
Du, ER SIE, SIE ER, die Eine, der Eine, die
Heilige, der Heilige
Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem
Felde, die hüteten des Nachts ihre Herde … (L)
In jener Gegend gab es auch Hirten und Hirtinnen,
die draußen lebten und über ihre Herde in der
Nacht wachten… (BigS)
Offenbarung 12, 5
Und sie gebar einen Sohn, einen Knaben...
(L)
Sie gebar ein männliches Kind… (BigS)
(wörtlich: einen männlichen Sohn/hyios)
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Gerecht im Blick auf den
jüdisch-christlichen Dialog
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Gerecht im Blick auf den
jüdisch-christlichen Dialog
Textbeispiel
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Soziale Gerechtigkeit
Textbeispiel
Textbeispiel
Matthäus 20, 3
Johannes 7, 11-13:
Da suchten ihn die Juden am Fest und
sprachen: Wo ist er? Und es war ein
großes Gemurmel über ihn unter dem Volk.
Etliche sprachen: Er ist gut; andere aber
sprachen: Nein, sondern er verführt das
Volk. Niemand aber redete offen über ihn
aus Furcht vor den Juden. (L)
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Andere jüdische Menschen nun suchten
ihn auf dem Fest und sagten: „Wo ist
jener?“ Und es gab viel Gerede über ihn bei
den Leuten. Die einen sagten: „Er ist gut!“
Andere aber sagten: „Nein, er täuscht und
verführt die Leute.“ Niemand allerdings
sprach öffentlich über ihn - aus Furcht vor
der jüdischen Obrigkeit. (BigS)
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Und er ging aus um die dritte Stunde
und sah andere müßig auf dem Markt
stehen. (L)
Und als er um die dritte Stunde
hinging, sah er andere arbeitslos auf
dem Markt stehen. (BigS)
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INHALTSVERZEICHNIS
O-Töne mit Bildern ........................................................................................................... 1
Vorwort .............................................................................................................................. 3
Einführungsvortrag zur „Bibel in gerechter Sprache“ ................................................. 4
Anne Rieck
Übersetzen – kein Problem?
Bausteine für einen Studientag zur „Bibel in gerechter Sprache“ .................................... 14
Ursel Duensing/ Hanne Finke/Anne Rieck
„Verführung zur Erkenntnis“
Bibelarbeit zu Genesis 3,1-15 .......................................................................................... 19
Helena Kritzokat/Marga Renz/Perdita Wünsch
„Adam, aus Erde geschaffen – Eva aus seiner Rippe“?
Bibelarbeit zu Genesis 2, 4b – 8.15-24 ............................................................................ 22
Helena Kritzokat/Marga Renz/Perdita Wünsch
„Von Freiheit und Vertrauen“ – Ein Frauenabend zum 23. Psalm ................................ 29
Ursel Duensing
„Die Ewige“ – eine neue Gottesanrede, ein neues Sprachbild
Gemeindeabend für Frauen und Männer ......................................................................... 32
Gisela Mustermann-Fiedler
Gesehen und nicht übersehen
Vier Einheiten zum Thema Gerechtigkeit für einen Mädchentreff,
eine Jugendgruppe, eine Schulklasse der Jahrgangsstufe 10 -11
oder eine Frauengruppe ................................................................................................... 34
Gudrun Junge
Materialanhang:
Anleitung zum Einsatz der Karten mit den Gottesnamen ................................................. 43
Kopiervorlage Gottesnamen ............................................................................................. 45
Ansichtsvorlage Vortragsfolien ......................................................................................... 51
PRAXISNAH
Arbeitshilfe aus dem Frauenwerk, Heft 4
Herausgeber: Haus kirchlicher Dienste der
Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Verantwortlich: Frauenwerk, Franziska Müller-Rosenau (v.i.S.d.P.)
Hausanschrift: Archivstraße 3, 30169 Hannover
Postanschrift: Postfach 2 65, 30002 Hannover
Fon: 0511 1241-424 Fax: 0511 1241-186
E-Mail: [email protected]
Internet: www.frauenwerk-hannover.de
Satz und Layout: Volker Tellermann
Druck: Haus kirchlicher Dienste; gedruckt auf Recycling-Papier aus 100% Altpapier
2. Auflage: 250
Ausgabe: November 2007 Artikelnummer: 545573
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ARBEITSHILFEN AUS DEM FRAUENWERK
-
BIBEL
IN GERECHTER SPRACHE
Bausteine für die Arbeit in der Gemeinde
Frauenwerk
PRAXISNAH
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• Übersetzung – kein Problem?
• Verführung zur Erkenntnis
• Die Ewige –
eine neue Gottesbeziehung
• Freiheit – Vertrauen
• Gerechtigkeit
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