America`s Cup – der lange Weg - marina.ch

Transcription

America`s Cup – der lange Weg - marina.ch
Beaufort _America’s Cup
America’s Cup – der lange Weg
_1987
Der America’s Cup… Die prestigeträchtigste Regatta der Welt war immer schon Schauplatz für
_1987
ganz besondere Geschichten. Nicht immer stand und steht dabei der Segelsport im Vordergrund.
Seit 36 Jahren und 11 Cups mittendrin ist der Schweizer Fotograf Daniel Forster. Für «marina.ch»
hat er in seinem Archiv gekramt und von jedem Cup seit 1977 mindestens ein Bild ausgewählt.
_1977
_1983
_1980
_Dennis Connor
_1987
_1983
_1988
_Alan Bond
1977
Daniel Forster
Als ich 1977 zum ersten Mal für den America’s Cup
nach Newport, Rhode Island (USA) reiste, hatte ich
einen Aufenthalt für zwei Wochen gebucht. Die
­Australier mit Alan Bond segelten gegen die von
Olin Stephens gezeichnete US 26 Courageous und
verloren klar 0:4. Es war ein grosser Sieg für den
Medienmogul Ted Turner und zugleich die zweite
erfolglose Challenge von Alan Bond. Da ich mir ­keinen
Helikopterflug leisten konnte, ging ich zum lokalen
Flugplatz und fragte den Zeppelinpiloten, ob es noch
Platz hätte. «Komm in zwei Tagen vorbei», sagte er
mir. Ich hatte da schon das Gefühl, dass der America’s
Cup eine wichtige Bedeutung in meinem Berufs­leben einnehmen würde.
The rest is history!
Auch die Begegnung mit Ted Turner sollte nicht die
Letzte sein. Vor dem America’s Cup von 1980 segelte
ich bei einer Ausscheidungsregatta der Verteidiger
mit Ted Turner an Bord der Courageous. Dennis Conner auf Freedom gewann aber die Ausscheidung und
liess auch dem Australier Jim Hardy beim 4:1-Sieg
keine Chance. Es war wohl der ereignisloseste
America’s Cup seit langem. Ausser, dass der Franzose
Marcel Bich – Erfinder der BIC-Kugelschreiber – beim
New York Yacht Club zum ersten Mal ChallengerRegatten erzwungen hatte.
1983 kam die grosse Wende: Alan Bond, der schon
drei erfolglose Herausforderungen finanziert hatte,
präsentierte eine Yacht mit einem Flügelkiel. Bis heute
ist nicht ganz klar, ob das Design vom Australier
1980
1987
1983
Ben Lexcen stammte, oder doch vom Holländer ­Peter
van Oossanen – was gegen das Cup-Reglement verstossen hätte. Jedenfalls unterlag Dennis Conner auf
Liberty knapp mit 3:4 – nach über 130 Jahren ver­
loren die Amerikaner zum ersten Mal den America’s
Cup! In der Geschichte der ältesten Sporttrophäe der
Welt begann eine neue Ära.
Der America’s Cup 1987 in Perth war eine ganz ­grosse
Sache. 13 Challengers aus 6 Ländern segelten Duelle
bei besten Bedingungen: 25 bis 35 ­Knoten Wind,
praktisch täglich von 11 Uhr bis 16 Uhr. Ich war für
fünf Monate vom TIME Magazine in New York angestellt. Dennis Conner auf Stars & Stripes rehabilitierte sich, schlug Iain Murray’s Kookaburra mit 4:0
und brachte den Cup zurück nach Amerika – auf
Grund von Meinungsverschiedenheiten allerdings in
den San Diego Yacht Club und nicht mehr nach New
York. Und mein Bild landete auf dem Titel des TIME
Magazine! Als offizieller Fotograf von Stars & Stripes
flog ich mit dem Team nach Washington, wo wir von
Ronald Reagan empfangen wurden.
1988 kam das nächste Highlight: Michael Fay lancierte
eine unerwartete Challenge von Down Under. Der
Neuseeländer fand ein «Schlupfloch» in der 137 Jahre
alten Deed of Gift und erschien mit einer 27 m langen
Einrumpfyacht (Wasserlinie), auf der 35 Mann Crew
für beweglichen Ballast sorgten. Dennis Conner ging
auf Extremkurs und baute einen 18 m langen Kata­
maran mit einem Flügelsegel. Die Regatta ging als
«Mismatch» in die Geschichte ein und war mehr ein
Schau­laufen als ein Wettkampf. Der Kat gewann die
­beiden Regatten mit rund 20 Minuten Vorsprung…
1988
Beaufort _America’s Cup
_1992
_2000
_Bill Koch
_1995
_2000
_2003
_1995
_2000
_2003
_1992
_Russell Coutts
1992
International America’s Cup Class
Die ungleiche Regatta führte immerhin dazu, dass
sich die Beteiligten – nach einem längeren Rechtsstreit vor Gericht – an einen Tisch setzten und ein
neues Regattaformat diskutierten. Auf Grund der zu
erwartenden leichten Winden vor San Diego wurde
für 1992 eine neue Klasse geschaffen: die «International America’s Cup Class». Damit war das Ende der
12er Ära besiegelt. Zur neuen Klasse kam auch ein
neuer Player hinzu: Der amerikanische ­Multimilliardär
Bill Koch. Der Öl- und Kohlehändler hisste den Cup
in eine neue Dimension.
Es wurde der faszinierendste America’s Cup, den ich
als Fotograf je dokumentiert hatte. Während zweier
Jahre flog ich jeweils für eine Woche pro Monat
nach San Diego und wohnte schliesslich während
den letzten 5 Monaten dort. Kosten wurden nie in
Frage gestellt. Bill Koch baute vier Yachten für die
Cupverteidigung und schlug mit America 3 ­(America
Cube) den italienischen Herausforderer Il Moro di
Venezia des Industriellen Raul Gardini mit 4:1. Im
Anschluss an den Sieg mietete Bill Koch ein Flugzeug und flog mit dem ganzen Team zum Feiern
nach Hawaii.
1995 wollte Koch den America’s Cup nicht traditionell verteidigen, sondern lancierte auf Mighty Mary
eine reine Frauen-Crew. Taktiker Dave Dellenbaugh
– sein ursprünglicher Name «Dällenbach» zeigt seine
Schweizer Wurzeln – war der einzige Mann an Bord.
Und ausgerechnet er beging in der entscheidenden
Regatta der Defender-Series einen kapitalen Fehler,
so dass Dennis Conner auf Stars & Stripes trotz rund
1995
2000
5 Minuten Rückstand an der letzten Tonne doch noch
gewinnen konnte.
Herausforderer war erstmals Team New Zealand
auf Black Magic mit Peter Blake als Leader und
­Russell Coutts am Ruder. Ebenfalls Mitglieder der
Crew waren unter anderen Brad Butterworth, Tom
Schnackenberg und Murray Jones. Beim Louis
Vuitton Cup gewannen die Kiwis 37 von 41 Regatten. Und den eigentlichen America’s Cup gewannen
sie diskussionslos mit 5:0. Die Auld Mug reiste wieder nach Down Under.
Der Hauraki Golf vor Auckland bot perfekte Rahmen­
bedingungen für das Segel-Spektakel beim 2000
Millennium America’s Cup: Beste Windbedingungen
und ein viel bejubelter Sieg von Team New Zealand
gegen Prada. Ich wohnte 5 Monate in Auckland, da
ich für das Team des New York Yacht Clubs, Young
America, fotografierte.
Bühne frei für Alinghi
Auch 2003 war ich wieder für 5 Monate in Auckland,
diesmal wieder als Fotograf für Dennis Conner und
seine letzte Stars-&-Stripes-Kampagne. Geschichte
schrieb jedoch der Schweizer Ernesto Bertarelli…
Nachdem Alinghi einige Segler von Team New ­Zealand
angeheuert hatte, allen voran Russell Coutts und Brad
Butterworth, gewannen die «Schweizer» diskussions­
los zuerst den Louis Vuitton Cup und dann auch den
America’s Cup. 0:5 lautete das klare Verdikt – es war
eine katastrophale Niederlage für die ungenügend
vorbereiteten Neuseeländer. Zwei Rennen mussten
sie sogar aufgeben. Alinghi hinterliess einen
2003
Beaufort _America’s Cup
_2010
16:26 Uhr
_Larry Ellison
_Ernesto Bertarelli
_2013
Seite 1
Die Trophäe bleibt in der
Schweiz: Danke, Alinghi!
Gilles Martin-Raget / www.americascup.com
5.7.2007
_2010
PUBLICIS
Sieg_215x280_Marina_d.qxp
2010: Daniel Forster / go4image.com
_2007
_2010
Herzlichen Glückwunsch! Alinghi hat den America’s Cup zum zweiten Mal gewonnen: eine
sensationelle Leistung, denn Alinghi ist seit 1851 erst das dritte nichtamerikanische Siegerteam und bleibt vor allem auch der erste europäische Gewinner der Trophäe. Wir sind stolz
auf unsere Champions und natürlich auch auf Sie, die Fans. Denn Ihre Begeisterung und
Unterstützung war stets mit an Bord: ein perfektes Zusammenspiel und ein Erfolg für die
ganze Schweiz.
www.ubs.com/sailing
Foto: Daniel Forster/Key Partners. © UBS 2007. Alle Rechte vorbehalten.
_2007
_2010
_2010
_Russell Coutts
2007
grossartigen Eindruck, nicht nur in der Seglerwelt.
Und die Schweiz wurde zur Segelnation.
Nach langem Ringen um die besten Konditionen für
die Austragung des 32. America’s Cup zog der ACTross nach Valencia um. Insgesamt zwei Milliarden
Euro wurden von Stadt und Region in den massiven
Ausbau der Infrastruktur investiert. Der alte Hafen
wich den grossen, teilweise öffentlichen Team-­
Basen. Kommerz im grossen Stil: Ein America’s Cup
für die Massen.
2007 erschienen auch «massenhaft» Challengers:
11 Teams aus 9 Ländern waren beim Louis Vuitton
Cup dabei – Segeln stand im Fokus wie noch nie.
Alinghi – inzwischen ohne Russell Coutts – gewann
den 32. America’s Cup mit 5:2 gegen Team New
­Zealand. Und zwar entgegen der «Tradition», dass der
Sieger von Race 3 auch den Cup gewinnt. Der Ausgang war knapper, als das Resultat vermuten liesse:
Der letzte Lauf wurde mit einem Delta von einer
­Sekunde entschieden! Eine Anzeige von Alinghi-­
Sponsor UBS war am nächsten Tag in allen grossen
Schweizer Zeitungen – mit einem Bild von mir.
Zum America’s Cup 2010 könnte man ein Buch schrei­
ben. Segeln trat in den Hintergrund, die Budgets
­gingen zuerst einmal an die Anwälte. Der Golden Gate
Yacht Club und die Société Nautique de Genève
­konnten sich in mehreren Punkten vor den Gerichten
in New York nicht einigen – Alinghi musste schmerzlich erfahren, dass das amerikanische Rechtssystem
eine gewisse Unberechenbarkeit beinhaltet. Nach
langem Hin-und-Her kam es schliesslich zu einem
sogenannten Deed-of-Gift-Match, bei dem einzig
[email protected] • www.marina-online.ch
Tel. 031 301 00 31 • Tel. Abodienst: 031 300 62 56
2010
2013
_Brad Butterworth
die maximale Länge von 90 Fuss Wasserlinie fixiert
war. Die beiden Gegner bauten je einen Katamaran
und einen Trimaran, ohne genaue Informationen voneinander zu haben. BMW Oracle Racing, das Team
von Larry Ellison unter der Führung von Russell
Coutts, trat mit einem Flügelmast an und war damit
Alinghi deutlich überlegen. Die zwei Regatten endeten mit einem Vorsprung der Amerikaner von 15:28,
respektive 5:26 Minuten.
Ellison und Coutts versprachen für 2013 einen spannenden 34. America’s Cup in San Francisco – ­machten
aber die Rechnung ohne den Wirt. Die SponsorenBudgets für einen Cup auf millionenteuren 72-FussKatamaranen waren kaum aufzutreiben – zwei franzö­
sische Teams, die Koreaner, zwei italienische Teams
(inklusive dem ursprünglichen Challenger of Record
Mascalzone Latino) blieben alle auf der Strecke. Für
den Louis Vuitton Cup meldeten sich nur noch Artemis (SWE), Team New Zealand und Luna Rossa (ITA)
an. Nach dem tragischen Todesfall von ­Artemis-Segler
Andrew Simpson wird jetzt nicht nur über Sinn oder
Unsinn der AC72-Klasse diskutiert, sondern auch über
die Sicherheit. Regattadirektor Iain Murray will kurzfristig einige Änderungen bei den Klassenvorschriften
durchboxen – was wiederum insbesondere bei Team
New Zealand und Luna Rossa schlecht ankommt. Vor
allem, weil die beiden Teams den Verdacht haben, dass
Oracle seit einiger Zeit bereits an diesen Änderungen
herumstudiert hat und damit jetzt versucht, einen Vorteil zu erlangen. Es würde nicht überraschen, wenn die
Anwälte in New York noch den einen oder anderen
Auftrag erhielten… Only time will tell.
[email protected] • www.marina-online.ch
Tel. 031 301 00 31 • Tel. Abodienst: 031 300 62 56