Artenschutz RLP Mustertext - SGD Nord - in Rheinland

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Artenschutz RLP Mustertext - SGD Nord - in Rheinland
Ferienpark 'Residenz Marina Weingarten Zell-Briedel'
Ergänzung zum "Fachbeitrag Artenschutz – Reptilien":
Schlingnatter und Smaragdeidechse
http://artengalerie.makro-forum.de/albums/userpics/10021/westliche_smaragdeidechse_lacerta_bilineata01_161.jpg
http://eichenwald.bskw.de/bilder/schlingnatter/schlingnatter-schuetz-b-3.jpg
Im Auftrag von högner landschaftsarchitektur, weinbergstr. 14, 54518 minheim
Auftragnehmer: ÖSTLAP, Martin Schorr, Schulstr. 7B, 54314 Zerf
Stand: 22.11.2013
ÖSTLAP, Martin Schorr, Schulstr. 7B, 54314 Zerf
Inhaltsverzeichnis
Seite
Ferienpark ............................................................................................................................................. 1
Residenz Marina Weingarten Zell-Briedel .............................................................................................. 1
Ergänzung zum "Fachbeitrag Artenschutz – Reptilien": Schlingnatter und Smaragdeidechse ................ 1
1
Einführung ............................................................................................................................... 1
1.1
Anlass und Aufgabenstellung......................................................................................................... 1
2
Baubeschreibung und Wirkfaktoren des Vorhabens ................................................................ 2
3. Erfassung der Eidechsen im Verfahrensgebiet im Jahr 2011 ............................................................... 4
4. Ergebnisse .......................................................................................................................................... 5
4.1 Artenspektrum im Jahre 2011 ................................................................................................................ 5
4.2 Artenspektrum im Jahre 2013 ................................................................................................................ 5
4.3
Beurteilungsrelevante Faktoren zum Raum- und Dispersionsverhallten von
Schlingnattern und Smaragdeidechsen .................................................................................... 7
4.3.1 Schlingnatter ....................................................................................................................................... 7
4.3.2 Smaragdeidechse ................................................................................................................................ 9
4.4
Anlagebedingte Wirkfaktoren ..................................................................................................... 12
4.5
Baubedingte Wirkfaktoren .......................................................................................................... 13
4.6
Betriebsbedingte Wirkfaktoren ................................................................................................... 16
4.7
Zusammenfassende Darstellung der Anlage-, Bau- und Betriebsbedingten Wirkfaktoren ......... 18
5
Maßnahmen zur Vermeidung (V) und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (A) .................... 19
5.1
Maßnahmen zur Vermeidung und vorsorglichem Ausgleich ....................................................... 20
6
Bestandsdarstellung sowie Darlegung der Betroffenheit der Eidechsen ............................................ 21
7
Zusammenfassende Darlegung der naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine
Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG .................................................................................... 27
7.1
Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie ............................................................................... 27
7.1.1
Tierarten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie ............................................................................... 27
7.3
Keine zumutbare Alternative ................................................................................................. 29
8
Fazit ....................................................................................................................................... 29
9
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 30
Anhang 1 ............................................................................................................................................. 34
Anhang 2 ............................................................................................................................................. 36
Tabellenverzeichnis
4.2.1 Schlingnatter ....................................................................................................................................... 5
4.2.2 Smaragdeidechse ................................................................................................................................ 6
Tab. 2: Erheblichkeit nach § 44(2) BNatschG der vom Vorhaben ausgehenden wesentlichen
Wirkungen auf die streng geschützten Arten Schlingnatter und Smaragdeidechse. ................ 18
Tab. 3:
Schutzstatus und Gefährdung der im Untersuchungsgebiet relevanten vorsorglich
geprüften Reptilienarten ........................................................................................................... 21
Tab. 4:
Verbotstatbestände und Erhaltungszustand für die Tierarten des Anhangs IV der FFHRichtlinie .................................................................................................................................... 28
Tab. 5:
Verbotstatbestände und Erhaltungszustand von Schlingnatter und Smaragdeidechse ........... 28
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
1
Einführung
1.1
Anlass und Aufgabenstellung
In den Gemarkungen Zell und Briedel (VG Zell, Kreis Cochem-Zell) möchte die Investorengruppe Marina &
Weingarten Zell Projekt GmbH südwestlich von Zell am nördlichen Gleithang der Mosel einen Bootshafen
mit ca. 130 Liegeplätzen und eine Ferienhausanlage mit ca. 180 Wohneinheiten (Residenz Marina Weingarten) errichten.
Im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung der Reptilien im Plangebiet wurden die Eingriffstatbestände für Mauer- und Zauneidechse (Podacris muralis, Lacerta agilis) umfassend dargelegt und Kompensationsmaßnahmen vorgeschlagen, um die geplanten Eingriffe unterhalb die Schwelle der Erheblichkeit
zu drücken.
Umfangreiche Kartierungen und Habitatpotenzialabschätzungen ergaben, dass das Eingriffsgebiet keine
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2
Eignung als Lebensraum für Smaragdeidechse (Lacerta bilineata) und Schlingnatter (Coronella austriaca)
hat. Die notwendigen Strukturen zum Aufbau reproduktionsfähiger Lokalpopulationen fehlen aufgrund
der großflächig intensiven weinbaulichen Nutzung des Bereiches.
Im Verlauf des Bauleitverfahrens zum Ferienpark wurde die Öffentlichkeit beteiligt. Es wurde eingewendet, dass Smaragdeidechse und Schlingnatter im Verfahrensgebiet vorkommen. Es wurde ein Filmdokument vorgelegt, das eine Schlingnatter dokumentiert, die im Gebiet vorkommen soll. Belege für die Smaragdeidechse wurden nicht vorgelegt, jedoch soll es angeblich eine Studie der Universität Trier geben, die
Smaragdeidechsen im Gebiet belegt.
Faktisch ist eine erneute artenschutzrechtliche Bewertung nicht notwendig, da für alle vom Eingriff betroffenen Flächen auszuschließen ist, dass Smaragdeidechse oder Schlingnatter vorkommen. Aufgrund
der großflächig weinbaulichen oder städtebaulichen Nutzung des Bereiches sind alle Flächen im Falle,
dass dispergierende Tiere auftreten sollten, als Fallenbiotope im Sinne der Source-sink-Population Theorie aufzufassen (vgl. Pulliam 1988, Dias 1996, Kristan 2003, Battin 2004, Runge et al. 2006, Meek et al.
2009). Der Aufbau von reproduktionsfähigen Lokalpopulationen ist aufgrund des Fehlens der Schlüsselelemente innerhalb der Habitate auszuschließen. Folglich kann sich auch der "Erhaltungszustand der
lokalen Population einer Art [nicht] verschlechtern" (BNatschG 44 (1, Satz 2)).
Nicht gänzlich ist auszuschließen, dass Individuen der Schlingnatter (und möglicherweise der Smaragdeidechse, falls sie vorkommen sollte) aus Flächen außerhalb des Verfahrensgebietes emigrieren und in das
Gebiet gelangen. Dies würde ggf. im Zusammenhang mit Bauarbeiten einen Verbotstatbestand nach §44
(1, Satz 1) auslösen. Auch wenn dies sehr unwahrscheinlich ist und im Zusammenhang mit einem auch
natürlicherweise wahrscheinlich tödlich verlaufenden Prozess eintreffen würde (die Individuen gelangen
in Fallenbiotope und kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Verhungern oder Beutegreifer zu Tode), kann nicht gänzlich ausgeschlossenen werden, dass baubedingt ein dispergierendes Individuum gestört oder getötet werden kann.
Im Sinne von vorsorglichen Maßnahmen werden nachfolgend artenschutzrechtlich relevante Faktoren
diskutiert, um das (unwahrscheinliche) Eintreten von Verbotstatbeständen weiter reduzieren. Im Fokus
1
Diese Art ist nach § 7(2) Satz 14 BNatschG streng geschützt.
2
Diese Art ist nach § 7(2) Satz 14 BNatschG ebenfalls streng geschützt.
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
der nachfolgenden Ausführungen für Schlingnatter und Smaragdeidechse stehen Vermeidungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Förderung von Lokalpopulationen außerhalb des Verfahrensgebietes. Dies
greift die Regelungsmöglichkeiten des Art. 12(4) FFH-RL hinsichtlich des unbeabsichtigten Tötens von
Individuen einer Art, die in Anhang IV gelistet ist, auf. Da die FFH-RL höheres Recht als das Bundesnaturschutzgesetz ist, sollte die Divergenz zwischen dem absoluten Tötungsverbot des BNatschG (§44(1, Satz 1)
und dem "unbeabsichtigte Fang oder unbeabsichtigten Tötens" so gelöst werden können, dass "keine
signifikanten negativen Auswirkungen auf die betreffenden Arten" eintreten, wenn die Mitgliedsstaaten
die erforderlichen "Erhaltungsmaßnahmen" ergreifen.
Nach § 38 BNatschG treffen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden des Bundes
und der Länder „die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der unbeabsichtigte Fang oder
das unbeabsichtigte Töten keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die streng geschützten Arten
haben.“
Nach § 44(1) Satz 2 BNatschG ist es verboten „wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der
europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der
Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert“.
Diese rechtlichen Vorschriften werden nun vorsorglich auf Arten angewendet, die im Verfahrensgebiet im
Rahmen der speziellen Kartierungen nicht nachgewiesen werden konnten.
2
Baubeschreibung und Wirkfaktoren des Vorhabens
"Das Ferienhausgebiet … soll nach Vorgabe des Investors in 3 Bauabschnitten realisiert werden. Der 1.
Abschnitt soll 70 Baustellen, die beiden weiteren jeweils 57 bzw. 53 Baustellen umfassen.
Den 1. Realisierungsabschnitt bilden die äußere Erschließung (durch Zuwegungen), der westliche Bauabschnitt (Ferienhäuser) und der Hafen, für den eine Bauzeit von max. 18 Monaten kalkuliert wird. Die beiden anderen Bauabschnitte sollen nachfolgend jeweils innerhalb von 12 - 18 Monaten umgesetzt werden.
Zur Durch- und Eingrünung des Baugebietes werden als örtliche Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt:

die Neuanpflanzung von Laubbäumen auf den privaten Baugrundstücken (Anzahl bezogen auf
versiegelte Fläche bzw. standortgebunden) bzw. auf öffentlichen Grünflächen (standort- bzw.
nutzungsgebunden) bzw. im Straßenraum (standortgebunden)

naturnahe, unterschiedliche Biotop- und Nutzungsstrukturen am äußeren Rand des Baugebietes.
Da im Plangebiet keine weiteren großflächigen Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden können, werden die noch fehlenden Kompensationsmaßnahmen auf verschiedenen, externen Flächen auf den Gemarkungen Kaimt, Merl und Zell nachgewiesen. Hier sollen auf bisher noch genutzten oder brachgefallenen landwirtschaftlichen Nutzflächen zukünftig abwechslungsreiche, naturnahe und standortgerechte
Biotopstrukturen entstehen, die die Funktionsverluste des Bodens ausgleichen sollen. Die Maßnahmen
wurden im Rahmen eines Pflege- und Entwicklungskonzeptes konkretisiert und mit der Landwirtschafts-
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
kammer und der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Cochem-Zell abgestimmt." (Högner Landschaftsarchitektur 2013)
"Das größere Hafenbecken 1 (84 Liegeplätze) weist in der Wasserfläche eine Länge von ca. 265 m und
eine Breite von ca. 65 m auf, das kleinere Hafenbecken 2 (46 Liegeplätze) bemisst sich auf ca. 27 m Breite
und 75 m Länge. Die unbefestigte Hafensohle wird im Hafenbecken 1 ca. 2,5 m bzw. im Hafenbecken 2 ca.
1,5 m unter der hydrostatischen Stauhöhe der Mosel liegen.
Bis auf den nördlichen Uferbereich des Hafenbeckens 1 bleiben die umlaufenden Uferböschungen der
Hafenbecken unbefestigt. Sie werden im Rahmen des naturschutzfachlichen Konzeptes mit Gehölzen in
unterschiedlicher Ausgestaltung bepflanzt (siehe Kap. 7.5).
Östlich des großen Hafenbeckens grenzt ein PKW-Parkplatz mit 104 Stellplätzen an. Sie dienen sowohl
den Besuchern/Nutzern des Hafens als auch des Ferienparks. Die Stellflächen werden wasserdurchlässig
befestigt, die Fahrwege asphaltiert. Die Entwässerung erfolgt im östlichen Teil breitflächig in die Moselaue (Flächen für Ausgleichsmaßnahmen) und im westlichen Bereich leitungsgebunden mit Ablauf in
das Hafenbecken. Gemäß den naturschutzfachlichen Anforderungen werden die Stellflächen mit Bäumen
überstellt und die Böschungen mit Hecken bepflanzt oder eingesät." (Högner Landschaftsarchitektur
2013a)
Zwischen Hafenanlage und Mosel sollen primär Ausgleichsflächen (u.a. Obstwiesen, Hartholz-Flussauenwald) liegen, somit nur in geringem Maße eine touristische Nutzung erfolgen.
Abb. 1: Geplanter Standort - Übersichtslageplan mit Gemarkungsgrenze (unmaßstäblich) (aus Högner
Landschaftsarchitektur 2013)
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
Die Baumaßnahmen sind umfassend im LBP mit integrierter UVS, der vom Büro Högner, Minheim erarbeitet wurde, dargestellt.
3. Erfassung der Eidechsen im Verfahrensgebiet im
Jahr 2011
An fünf Terminen (3.4., 9.4., 22.4., 10.5. und 13.5.2011) wurden Transsekte entlang der vorhandenen
Wege sowie innerhalb von Brach- oder Rebflächen abgegangen. Die 42 Probefläche sind in Abb. 2 dargestellt. Es wurden alle Flächen als Probeflächen untersucht, die eine potenzielle Eignung als Eidechsenlebenraum haben könnten.
Abb. 2: Untersuchungsfächen (n = 42) (M 1:8.500)
Die angetroffenen Individuen wurden punktgenau in ein Luftbild eingetragen. Mehrfach festgestellte Individuen, die bei verschiedenen Erfassungsdurchgängen am selben Fundort bzw. sehr nahe eines bekannten Fundortes angetroffenen wurden, werden als ein Individuum angesehen.
Aufgrund des Fehlens von Habitatstrukturen für Schlingnatter und Smaragdeidechse im engeren Verfahrensgebiet wurden außerhalb des Verfahrensgebietes keine aufwändigen Untersuchungsmethoden angewendet, um Schlingnattern feststellen zu können. Ein Vorkommen der Schlingnatter im den Weinbergsbrachen im Nordwesten des Gebietes wurde als sicher angenommen. Smaragdeidechsen hätten mit
dem angewendeten Erfassungsinstrumentarium (Transsektbegehungen geeigneter Lebensräume) erfasst
werden müssen, wenn sie vorgekommen wären.
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
4. Ergebnisse
4.1 Artenspektrum im Jahre 2011
Nachgewiesen wurden Mauereidechse (Podacris muralis) und Zauneidechse (Lacerta agilis). Die Smaragdeidechse (Lacerta bilineata) konnte nicht im Gebiet festgestellt werden. Ebenso wurde die Schlingnatter
(Coronella austriaca) nicht angetroffen.
4.2 Artenspektrum im Jahre 2013
4.2.1 Schlingnatter
Ein vom BUND in Rahmen der Offenlegung eingebrachter Videobeweis des Nachweises einer Schlingnatter in der Gemarkung Briedel konnte anhand der Angaben und Flurstückbezeichnungen von der VG Zell
lokalisiert werden (e-mail vom 04. November 2013). Das Vorkommen wurde in nachfolgender Abbildung
ergänzt.
Abb. 3: Vorkommen von Mauereidechse (blaue Punkte) und Zauneidechse (rote Punkte) im Verfahrensgebiet im Jahre
2011. Die Probeflächen aus 2011 sind grün, das ursprüngliche Plangebiet für den Ferienpark (Stand 2010) rotviolett umrandet und der geplante Hafen ist hellblau dargestellt. Die im Jahr 2013 gefilmte Schlingnatter ist als gelber Punkt dargestellt.
Anhand des Luftbildes (Abb. 3) lässt sich erkennen, dass die lokale Population im Nordwesten des Gebietes
angesiedelt sein muss, weil nur dort für die Schlingnatter geeignete Habitatstrukturen ausgebildet sind. Als
Jäger von Reptilien, lokal besonders von Mauereidechsen (vgl. Völkl & Käsewieter 2003: 74 ff) ist zu vermuten,
dass sich das nachgewiesene Individuum in Bereichen aufhielt in denen Blindschleichen oder - wie in 2011
nachgewiesen - Mauereidechsen vorkommen. Die Lage der Mauereidechsennachweise aus 2011 lässt es als
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
wahrscheinlich erscheinen, dass die Schlingnatter den in der intensiv genutzten Weinbaulandschaft verbliebenen Saumstrukturen (Mauern, Gräben) gefolgt ist und bis zum Fundort gelangte.
4.2.2 Smaragdeidechse
Bisher wurden keine nachprüfbaren Belege eines Vorkommens der Smaragdeidechse in das Verfahren eingebracht. Es wird lediglich von Winzern oder anderen Verfahrensbeteiligten behauptet, diese würden im Gebiet
vorkommen.
Um die Wahrscheinlichkeit dieser Behauptungen zu verifizieren wurden die vom Land Rheinland-Pfalz vorgehaltenen Daten zur Smaragdeidechse abgefragt (Artenschutzprojekt Smaragdeidechse, Monitoring der Smaragdeidechse entsprechend Art. 17 FFH RL).
(1) Frau Dr. Sigrid Lenz, die vom BUND als Expertin in das Verfahren eingebracht wurde, bestätigte am 24.
Oktober 2013 anlässlich eines Erörterungstermins mit den Genehmigungsbehörden in den Räumlichkeiten der VG Zell, dass sie während ihres Monitorings der Smaragdeidechse im Raum Zell im Gebiet
keine Smaragdeidechsenangetroffen hatte. Jedoch war der Raum aber auch kein zur Untersuchung
bzw. Monitoring vorgesehenes Gebiet.
(2) Die nächstgelegenen Vorkommen aus dem FFH-Arten-Monitoring befinden sind auf der rechten Moselseite im Gebiet Collis, östlich von Zell. Frau Lenz hatte dort am 24.08.2010, 27.03., 16.04., 17.05.,
30.08.2011 Smaragdeidechsen untersucht. Am 16.4.2011 wurde ein (adultes?) Individuum festgestellt. Am 17.5.2011 wurde ein subadultes Individuum feststellt. Somit kommen bei Collis mindestens
zwei Individuen der Smaragdeidechse vor. Die nächstgelegenen Vorkommen werden von Frau Dr.
Lenz wie folgt angegeben: "ca. 10 km (Senheim) oder über den Fluß ca. 5 km nach Hänge N Pünderrich". Beide Vorkommen liegen auf der rechten Moselseite. Das Verfahrensgebiet liegt auf der linken
Moselseite.
(3) Das alte Artenschutzprojekt Smaragdeidechse gibt diese nur für den Raum Klotten, COC an (Cornelia
Koch, LUWG, 29.10.2013: Daten der Smaragdeidechse; Bearbeitungsnummer: 1310em08).
(4) In der aktuellsten Gesamtdarstellung der rheinland-pfälzischen Vorkommen der Smaragdeidechse
wird diese nicht für das Verfahrensgebiet angegeben (Achenbach et al. 2010).
(5) Im rheinland-pfälzischen Artenfinderprojekt (http://www.artenfinder.rlp.de/?x=KisHtv7D3pcHJ*Ldp0aDg) werden nur für östlich von Hatzenport, MYK (13. Mai 2013) Smaragdeidechsenfunde
für die Mosel angegeben.
Das angebliche Vorkommen der Smaragdeidechse im Verfahrensgebiet wird weder durch das Habitatangebot,
eigene Kartierungen im Jahre 2011, Kartierungen/Beobachtungen im Zusammenhang mit dem Monitoring der
Smaragdeidechse in Rheinland-Pfalz noch durch Fremddaten bestätigt.
Vorsorglich wird anschließend davon ausgegangen, dass einzelne Individuen von Schlingnatter und Smaragdeidechsen im Verfahrensgebiet vorkommen. Da mit Sicherheit aber keine reproduzierenden Lokalpopulationen
3
ausgebildet sind, können nur Tatbestände des § 44(1) Satz 1 besonders bzw. streng geschützte Arten "zu ver-
3
Beide Arten sind sowohl besonders als auch streng geschützt.
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
letzen oder zu töten" theoretisch einschlägig sein. § 44(1) Satz 2 bezüglich der erheblichen Störung in Wanderungszeiten (Dispersal, Dismigration) kann nur dann einschlägig sein, wenn von außerhalb Individuen immigrieren. Verletzungen des Schädigungs- oder Zerstörungsverbotes der Fortpflanzungs- und Ruhestätten, auch der
Mauser- (Häutungs-) oder Überwinterungsstätten können nicht einschlägig sein, da der Erhaltungszustand der
lokalen Population einer Art sich nicht verschlechtern kann, wenn keine Lokalpopulationen im Verfahrensgebiet existiert.
Um jedes Störungsrisiko nach § 44(1) Satz 2 auszuschalten wird auf jeden Fall vorgeschlagen, Maßnahmen
zur Verbesserung der lokalen Population von Schlingnatter außerhalb des Verfahrensgebietes und auch für
die Smaragdeidechse vorsorglich zu realisieren. In Art. 12 FFH-RL wird das Tötungsverbot in Absatz 4 dahingehend bestimmt, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die betreffenden Arten hat: "(4) Die Mitgliedstaaten führen ein System zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe
a) genannten Tierarten ein. Anhand der gesammelten Informationen leiten die Mitgliedstaaten diejenigen
weiteren Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen ein, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass
der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf
die betreffenden Arten haben."
4
Dieser Artikel 12(4) wurde hinsichtlich des hier definierten Tötungstatbestands nicht in das deutsche Naturschutzrecht übernommen. Jedoch gilt er als höheres Recht unmittelbar.
4.3
Beurteilungsrelevante Faktoren zum Raum- und Dispersionsverhallten von Schlingnattern und Smaragdeidechsen
4.3.1 Schlingnatter
Raumnutzung und Nahrungsverfügbarkeit
Völk & Käsewieter (2003: 63ff) stellen die Raumnutzung von Schlingnattern umfassend dar. Wesentliche
neue Erkenntnisse zu diesem Sachstand gegenüber dem Sachstand von 2003 konnten 2013 nicht recherchiert werden. Home-ranges der Männchen liegen bei etwa ca. 2,5 ha Größe, die der nichtträchtigen
Weibchen bei ca. 1,5 ha und die der trächtigen Weibchen bei 100-200m² (Details vgl. Völk & Käsewieter
2003: 72f). Innerhalb dieser Areale erfolgen die Bewegungen der Individuen.
Innerhalb des Habitats bzw. Aktionsraums werden in einigen Populationen Winter- und Sommerquartiere
besetzt. In anderen Populationen erfolgt dieses Raumtrennung nicht. Vor allem vom Nahrungsangebot
hängt ab, wie sich Individuen bewegen. In gut mit Beutetieren versorgten Habitaten sind die zurückgelegten Distanzen eher geringer als in schlechten Nahrungsbiotopen. "Falls sich geeignete Winterquartiere in
unmittelbarer Nähe guter Jagdreviere mit hoher Beutetierdichte und entsprechenden Kleinstrukturen
befinden, besteht für die Schlingnatter keine Notwendigkeit zu saisonbedingten Wanderungen." (Völk &
Käsewieter (2003: 65).
4
Zum Umgang mit den begriffen "absichtlich" bzw. "unabsichtlich" vgl. EU-Commission (2007): Guidance document on the strict
protection of animal species of Community interest under the Habitats Directive 92/43/EEC. http://circa.europa.eu/Public/irc/env/species_protection/library?l=/commission_guidance/final-completepdf/_EN_1.0_&a=d. 88pp. und bsonders S. 35,
auf der das "britische Konzept der Einbeziehung des Artenschutzes in laufende Tätigkeiten" referiert wird.
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
Als Vermeidungsmaßnahme für Dispersal und Abwanderung in sink-Habitats (Fallenbiotope) empfiehlt
sich deshalb die Optimierung vorhandener Biotope.
Dispersal / Wanderdistanzen
Beurteilungsrelevant, um potenzielle Schädigungstatbestände des §44 BNatschG vorsorglich zu beurteilen, ist v.a., wie Dispersionsprozesse vor dem Hintergrund der Lokalpopulationen (in Nordwesten an das
Verfahrensgebiet angrenzend) zu beurteilen sind. Im Besonderen muss geklärt werden, welches Ausmaß
eine natürliche Mortalität bei Juvenilen auftritt und welche Anteile einer Lokalpopulation davon betroffen
sein können.
Dispersal, d.h. die Abwanderung aus einer Population bzw. vom Geburtsort ist ein komplexer Vorgang,
der von räumlichen (Habitatqualität) und sozialen Faktoren (Populationsstruktur, Verwandtschaftsverhältnissen, Konkurrenzverhältnissen), der Kondition der Mutter (Ernährungszustand während der
Schwangerschaft) und der individuellen Disposition bestimmt wird. Im Regelfall verlassen männliche Tiere
ihren Geburtsort häufiger als weibliche (Clobert 2012, Plough et al. 2003: 446ff; Vignoli et al. (2012). Für
Waldeidechsen stellten Hoffmann et al. (2005) fest, dass neben dem geschlechtsspezifischen, ein altersabhängig verschiedenes Dispersal festzustellen ist: in der Altersklasse der Adulti zeigte sich, dass die
Männchen stärker zur Dispersion neigten als die Weibchen (male biased dispersal), was auch für die Subadulti zutraf. "Juvenile Männchen migrierten zudem am weitesten (bis 236 m). Die geringsten mittleren
Entfernungen legten adulte Tiere zurück (7-20 m). Es wird vermutet, dass ein geschlechtsspezifisches
Dispersionsverhalten bei Jungtieren weniger der Inzuchtvermeidung zwischen Brüdern und Schwestern
dient, sondern durch lokale Ressourcenkonkurrenz (zwischen Verwandten) bedingt ist."
Die Reichweite der Emigration wird vom Raumwiederstand bestimmt. Schwierig zu durchdringende Habitate sollten weniger weit als leicht zu überwindende, gut miteinander vernetzte Habitate zu überwinden
sein. Delgado Garcia et al. (2007) wiesen nach, dass Straßen das Dispersal von Eidechsen stark positiv
beeinflussten, indem v.a. die straßenrandnächsten Säume (asphaltierte Straßen bevorzugt vor wassergebundenen) dazu genutzt wurden, ungeeignete Habitate zu durchwandern, bis günstige Lebensräume
erreicht wurden.
Somit ist klar, dass lineare Strukturen wie Straßen. Feldwirtschaftswege oder Säume in landwirtschaftlichen Nutzflächen die Dispersion erleichtern können. Jedoch bestehen generelle (Prädation, etc.) und spezifische Risiken (Überfahren) während des Dispersionsprozesses zu Tode zu kommen.
Die vorliegenden und durch Völk & Käsewieter (2003: 67) ausgewerteten Studien zeigen, dass Schlingnattern sich maximal zwischen 170-483 m vom Ursprungsort entfernt in einem Sommer bewegt haben. Dabei
liegen die an einem Tag zurückgelegten Entfernungen meist unter 20 m.
In Abhängigkeit vom Individuum können an einem Tag auch größere Distanzen zurückgelegt werden: "Die
höchsten mittleren Tagesdistanzen wurden von Männchen erzielt (194 und 98,7 m), der Durchschnitts-1
wert für alle Tiere betrug 9,8 md . … Man erkennt, dass sich Tage hoher Mobilität mit längeren Phasen
von Immobilität abwechseln. Die maximalen Entfernungen zweier Punkte (Luftlinie), die ein Individuum
erreicht hat … unterscheiden sich ebenso beträchtlich wie die Gesamtdistanzen." (Käsewieter 2002).
In einem Sommer summieren sich die in einem home-range zurückgelegten Distanzen aber auf mehrere
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
Kilometer (ca. 2.5-4km).
Zwischen Männchen und nicht-reproduktiven Weibchen bestehen hinsichtlich der Mobilität keine Unterschiede. Trächtige Weibchen sind aber nahezu immobil, da sie in dieser Lebensphase kaum Nahrung zu
sich nehmen. Ortsbewegungen werden generell mit der Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme begründet (Völk & Käsewieter (2003: 68/69).
Pernetta et al. (2011) fanden, dass männliche Schlingnattern ein höheres Dispersal als Weibchen haben.
Völkl & Käsewieter (2003: 102ff) betonen die besondere Bedeutung einer ausreichenden Ernährung (v.a.
mit anderen Reptilien wie Mauereidechse und Blindschleiche) für das Überleben von Individuen der
Schlingnatter. Bei Jungtieren der Schlingnatter beträgt die Mortalität bis 80% im ersten Lebensjahr. Generell betonen die Autoren jedoch, dass hierzu nur sehr wenige Untersuchungsergebnisse vorliegen.
Bei einer solch hohen natürlichen Mortalität, die die Lebensräumen mit günstiger Habtiatstruktur ermittelt worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass diese in Fallenbiotopen mit intensivem Weinanbau und anschließenden Verkehrs- und Siedlungsflächen mit hoher Wahrscheinlichkeit 100% beträgt.
Die durch die Errichtung des Ferienparks in Anspruch genommene Fläche ist etwa ca. 18 ha groß (vgl.
Högner landschaftsarchitektur 2013, 7.2 Flächenbilanz). Wäre der gesamte Bereich als Lebensraum für
Schlingnattern geeignet, so könnten hier theoretisch durchschnittlich 12 Weibchen und 7-8 Männchen
leben.
Als Vermeidungsmaßnahme für Dispersal und Abwanderung in sink-Habitats (Fallenbiotope) empfiehlt
sich deshalb die Optimierung vorhandener Biotope.
4.3.2 Smaragdeidechse
Wie oben ausgeführt, ist es nahezu auszuschließen, dass im großflächig weinbaulich genutzten Verfahrensgebiet Lokalpopulationen der Smaragdeidechse vorkommen. Dies geben z.B. auch Bergmann & Fritz
(2002) für den bedeutendensten baden-württembergischen Fundort im Kaiserstuhl an: "Am Tuniberg
fehlt die Smaragdeidechse jedoch in großflächig flurbereinigtem Rebgelände." Sound (2001) führt die
regionalen Rückgänge in Rheinland-Pfalz auf die großflächigen Weinbergsflurbereinigungen zurück mit
der flächenhaften Zerstörung der im Lebensraum der Smaragdeidechsen notwendigen Mikrostrukturen
wie Felsköpfen, Wasseradern, unversiegelten bzw. nicht massiv ausgebauten Feldwirtschaftswegen.
Im Verfahrensgebiet fehlt es an allen Strukturen, die im Habitat einer Smaragdeidechse notwendig sind.
Dispergierende Tiere können – so sie denn im weiteren Raum links der Mosel vorkommen - nicht ausgeschlossenen werden.
Raumnutzung und Nahrungsverfügbarkeit
"Zu den minimalen Ansprüchen eines Aktivitätsraumes gehören verschiedene Beutetiere in möglichst
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
hohen Abundanzen, Eiablageplätze, Tages- und Nachtverstecke sowie die Möglichkeit zur Thermoregulation. Jeder der genannten Faktoren kann zu einem kritischen Faktor werden und sich auf die Größe des
Aktionsraums auswirken." (Elbing 2001: 67). Nach Sound et al. (2001) legten im Sommer 1996 telemetrierte Individuen im Mittelrheintal bei Boppard Tageslaufstrecken von durchschnittlich 10,4 m zurück. Die
Witterung beeinflusste die Laufleistung. "Während sich die meisten Tageslaufstrecken des Weibchens
innerhalb eines Radius von 33m bewegten, können bei dem männlichen Tier zwei Fallhäufungen unterschieden werden: Tageslaufstrecken bis 10m und zum anderen Strecken zwischen 20 und 50m. Darüber
hinausgehende Strecken bildeten bei beiden die Ausnahme. Die Aktivitäten beider Tiere spielte sich demnach eng um das Nachtversteck herum ab, oder es wurden alternativ größere Streifzüge bis 50 m am Tag
durchgeführt, vorwiegend von Männchen." (Sound et al. 2001). Nachtverstecke (meist Mäuselöcher und
Trockenmauern) werden regelmäßig gewechselt und bedingen einen Teil der Bewegungen innerhalb eines
home-ranges: "Das Männchen blieb in der Regel ein bis zwei Wochen an einem Nachtversteck, bewegte
sich dann spontan eine größere Strecke und baute dann eine neue home range auf. Das Weibchen wechselte alle zwei bis fünf Tage die Nachtverstecke, die jedoch näher am Ausgangsversteck lagen." Aktionsräume bei Weibchen waren im Durchschnitt 1737 m² und bei Männchen 2243 m² groß. (Sound et al. 2001;
vgl. auch Elbing 2001: 67)
Die durch die Errichtung des Ferienparks in Anspruch genommene Fläche ist etwa ca. 18 ha groß (vgl.
Högner landschaftsarchitektur 2013, 7.2 Flächenbilanz). Wäre der gesamte Bereich als Lebensraum für
Smaragdeidechsen geeignet, so könnten hier theoretisch durchschnittlich 104 Weibchen und 81 Männ5
chen leben .
Als Vermeidungsmaßnahme für Dispersal und Abwanderung in sink-Habitats (Fallenbiotope) empfiehlt
sich deshalb die Optimierung vorhandener Biotope.
Dispersal / Wanderdistanzen
Beurteilungsrelevant, um potenzielle Schädigungstatbestände des §44 BNatschG vorsorglich zu beurteilen, ist v.a., wie potenzielle Dispersionsprozesse vor dem Hintergrund der Lokalpopulationen (in Nordwesten an das Verfahrensgebiet angrenzend) zu beurteilen sind. Im Besonderen muss geklärt werden,
welches Ausmaß eine natürliche Mortalität bei Juvenilen auftritt und welche Anteile einer Lokalpopulation davon betroffen sein können.
Die Reichweite der Emigration wird vom Raumwiederstand bestimmt. Schwierig zu durchdringende Habitate sollten weniger weit als leicht zu überwindende, gut miteinander vernetzte Habitate zu überwinden
sein. Delgado Garcia et al. (2007) wiesen nach, dass Straßen das Dispersal von Eidechsen stark positiv
beeinflussten, indem v.a. die straßenrandnächsten Säume (asphaltierte Straßen bevorzugt vor wassergebundenen) dazu genutzt wurden, ungeeignete Habitate zu durchwandern, bis günstige Lebensräume
erreicht wurden.
Somit ist klar, dass lineare Strukturen wie Straßen. Feldwirtschaftswege oder Säume in landwirtschaftlichen Nutzflächen die Dispersion erleichtern können. Jedoch bestehen generelle (Prädation, etc.) und spezifische Risiken (Überfahren) während des Dispersionsprozesses zu Tode zu kommen.
5
Solche rechnerischen Lebensraumkapazitäten werden in natürlichen Systemen jedoch nie erreicht, weil die notwendigen Habitatelemente nie gleichverteilt und optimal gruppiert sind.
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Im Zusammenhang mit dem Raumwiederstand für Smaragdeidechsen ist jedoch zu berücksichtigen, dass
sie v.a. an Lebensräume mit niedrigen Gehölzen gebunden sind. Damit ist nicht ausgeschlossenen, dass
sie entlang von Wegen oder Säumen dispergieren, jedoch kann eine Dispersion auch quasi kletternd entlang und über niedrige Gehölze erfolgen. Smaragdeidechsen sind hinsichtlich ihrer Laufleistung als Sprinter (Entkommen/Flucht vor Feinden) einzuschätzen und keine Dauerläufer (vgl. Vanhooydonck & Van
Damme 2003). Dies bedingt wahrscheinlich auch die vergleichsweise kurzen Dispersionsdistanzen (s.u.).
Zum Dispersal der Smaragdeidechsen ist wenig bekannt (Elbing 2001: 72); jedoch kann pauschal davon
ausgegangen werden, dass sie eher ortstreu sind. Dieses Bild differenziert sich etwas, wenn man unterschiedliche Altersstadien berücksichtigt. Peters (1970) fand, dass es die 1,75-2 Jahre alten Individuuen
sind, die im Falle von Lacerta viridis (Östliche Smaragdeidechse) die größten Verlagerungen ihrer Aktionsräume machen. Dispersal von älteren Tieren ist nicht ausgeschlossen. Da die Westliche Smaragdeidechse
zumindest in Rheinland-Pfalz stabile, sich wenig verändernde Felslandschaften besiedelt, muss hier davon
ausgegangen werden, dass die Lokalpopulationen eher sehr ortstreu sind. Ein Dispersal würde aber beispielsweise dann erfolgen, wenn die Lebensräume, z.B. durch eine lang anhaltende extreme Trockenheit
ihre Lebensraumfunktion verlieren würden. Dann ist auch mit einer starken Emigration aller ansonsten
ortstreuen Individuen zu rechnen.
Zweifelsohne liefert aber auch die Dichteregulierung innerhalb einer Lokalpopulation Anlässe und Voraussetzungen zur Emigration von Individuen. Diese wirken v.a. auf junge Tiere. Für die Östliche Smaragdeidechse ermittelte Elbing (1999), dass etwa die Hälfte der Schlüpflinge innerhalb des ersten Lebensjahres
die Umgebung des Schlupfortes verließ. Die Verlagerung des Aktionsraumes betrug dann mehr als 100 m.
"Das Maximum an Ortsveränderungen erfolgt zeitlich parallel zum Eintreten der Geschlechtsreife. Insbesondere bei jungen männlichen Smaragdeidechsen führt das Ausweichen gegenüber älteren, dominanten
Tieren zu sehr großen Ortsveränderungen (Elbing 2001: 73).
Elbing (2001: 104) zeigt, dass bei einer Lebenserwartungszeit von bis zu 8 Jahren (bei einer größeren
Schwankungsbreite) vor Erreichen des ersten Lebensjahres die Sterblichkeit bei 85-90% liegt.
Auch hier gilt, dass die Wahrscheinlichkeit der Mortalität 100% beträgt, wenn sich Individuen in großflächig intensiv weinbaulich genutzte Flächen bewegen. Anbetreffs geringer Laufleistungen und –distanzen
halten sie sich lange in nahrungsarmen und prädationsgefährdeten Bereichen auf, ohne jede Chance,
einem Beutegreifer entkommen zu können. Da jeder Fluchtversucht zwar anfangs sehr schnell ist, aber
nicht wie in günstigen Habitaten im Schutze einer Mauer, eines Gehölzes etc., sondern in der Freifläche
endet, ist ein Beutegreifer spätestens beim zweiten Zugriffsversuch erfolgreich.
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, zu verhindern, dass Individuen bestehende Smaragdeidechsenlebensräume verlassen, zumal in Regionen, die definitiv als nicht geeignet für das Überleben der Smaragdeidechsen einzustufen sind. Dazu zählen mit absoluter Sicherheit aufgrund des Fehlens der notwendigen
Habitatstrukturen die Rebflächen im Verfahrensgebiet.
Als Vermeidungsmaßnahme für Dispersal und Abwanderung in sink-Habitats (Fallenbiotope) empfiehlt
sich deshalb die Optimierung vorhandener Biotope.
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4.4
Anlagebedingte Wirkfaktoren
Sämtliche nachfolgenden Ausführungen stehen im Zusammenhang mit dem Verletzungs- und Tötungsverbot nach § 44(1) Satz 1. § 44(1) Satz 2 ist nicht einschlägig, da im Verfahrensgebiet keine lokale Populationen von Schlingnatter und Smaragdeidechse ausgebildet sind. Durch unbeabsichtigte Tötungen können nur Individuen betroffen sein, die von außerhalb des Verfahrensgebietes bestehenden Populationen
stammen.
Flächeninanspruchnahme
Die durch die Errichtung des Ferienparks in Anspruch genommene Fläche ist etwa ca. 18 ha groß (vgl.
Högner Landschaftsarchitektur 2013, 7.2 Flächenbilanz).
Folgt man den Darstellungen des Planes für die Ferienparkanlage dürfte es sich nach Realisierung bei den
Grünflächen primär um Gehölzpflanzungen ohne Lebensraumbedeutung für Eidechsen handeln. Ebenso
wie den Gebäuden selbst wird dem Hafenbecken mit seiner Wasserfläche keine Bedeutung als Lebensraum für Eidechsen zukommen.
Den vorgesehenen Ausgleichsflächen kommt zumindest im Falle der Obstwiesen in der Moselaue auch
zukünftig eine Habitatqualität für Eidechsen (auch Schlingnatter und Smaragdeidechse) zu, wenn entsprechende Lebensraumoptimierungen realisiert werden.
Durch das Vorhaben Ferienpark werden dauerhaft nutzbare Habitatbestandteile von Schlingnatter und
Smaragdeidechse nicht erheblich in ihrer Habitatfunktion, v.a. während der Fortpflanzungs-, Aufzuchtund Überwinterungszeiten sowie als Ruhe- und Sonnplatz beeinträchtigt werden. Das gesamte Gebiet mit
Ausnahme des Moselufers und einiger ruderalisierter Flächen ist intensiv weinbaulich genutzt. Alle typischen Lebensraumstrukturen für Schlingnatter und Smaragdeidechse fehlen.
Barrierewirkungen / Zerschneidung
Der geplante Ferienpark liegt am Rande des als Lebensraum für Schlingnattern (und ggf. Smaragdeidechsen) geeigneten Bereiches (vgl. Abb. 4). Bereiche mit der Möglichkeit zur Ausbildung einer Lokalpopulation liegen in einem Abstand von ca. 200 m zur nordwestlichen Grenze des Vorhabensgebiets. Zu einer
Biotopstruktur (mit dem Nachweis der Schlingnatter im Jahr 2013) beträgt die Distanz etwa 100 m.
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Abb. 4: Funktionsraum-Potenzial für die Metapopulation der Schlingnatter (im Falle des Vorkommens der Smaragdeidechse auch für diese) im Bereich des geplanten Bauvorhabens.
Die Räume zwischen diesen Habitaten und dem geplanten Baugebiet sind sämtlich von intensiv genutzten
Weinbaukulturen genutzt; dies gilt auch für die Bereiche mit biologischem Weinbau. Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-(Häutungs-), Überwinterungs- und Wanderungsbiotope (analog zu §44(1) Satz 2) sind hier
nicht zu erwarten bzw. existieren definitiv nicht.
Sämtliche Dispersionsbewegungen nach Westen bzw. Südwesten (so sie überhaupt stattfinden) enden
auch nach weiteren vielen hundert Metern nicht in geeigneten Habitaten sondern in Weinbauflächen
oder städtebaulich genutzten Flächen. Jede Raumverlagerung von Schlingnattern und Smaragdeidechsen
endet in sink-Habitaten.
Vor diesem Hintergrund wirken die geplanten Baumaßnahmen nicht als Barriere und zerschneiden auch
keine Lebensräume. Die Weinbauflächen haben für beide Reptilienarten keine Lebensraumfunktion.
Bezogen auf die Barriere- und Zerschneidungswirkung sind Ferienpark und Hafen anbetreffs der Vorbelastung (Fläche mit nahezu absoluter Barrierefunktion wegen Habiatuneignung) als Eingriff nicht erheblich.
4.5
Baubedingte Wirkfaktoren
Flächeninanspruchnahme
Die vorgesehenen Maßnahmen werden im Bereich des geplanten Ferienparks zu einer völligen Umgestal-
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tung des Terrains führen. Da ihm jedoch keine Funktion als Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-(Häutungs-),
Überwinterungs- und Wanderungsbiotope (analog zu §44(1) Satz 2) zukommt, können baubedingte Wirkungen nicht zu relevanten Rechtstatbeständen führen.
Jedoch ist nicht auszuschließen, dass während der Bauphase Individuen von Schlingnatter (und ggf. Smaragdeidechse) emigrieren und durch den Baubetrieb einem Risiko ausgesetzt werden, sie zu verletzen
oder zu töten (§44(1) Satz 1).
Um dieses sehr geringe Risiko weiter zu minimieren, sind Vermeidungsmaßnahmen erforderlich. Während
der Phase des Baubetriebes ist an der nordwestlichen Grenze eine Barriere zu errichten, die wirksam unterbindet, dass Schlingnatter und Smaragdeidechse auf das Baugelände gelangen können (vgl. Anlage).
Barrierewirkungen / Zerschneidung
Der geplante Ferienpark liegt am Rande des als Lebensraum für Schlingnattern (und ggf. Smaragdeidechsen) geeigneten Bereiches (vgl. Abb. 4). Bereiche mit der Möglichkeit zur Ausbildung einer Lokalpopulation liegen in einem Abstand von ca. 200 m zur nordwestlichen Grenze des Vorhabensgebiets. Zu einer
Biotopstruktur (mit dem Nachweis der Schlingnatter im Jahr 2013) beträgt die Distanz etwa 100 m.
Die Räume zwischen diesen Habitaten und dem geplanten Baugebiet sind sämtlich von intensiv genutzten
Weinbaukulturen genutzt; dies gilt auch für die Bereiche mit biologischem Weinbau. Fortpflanzungs-,
Aufzucht-, Mauser-(Häutungs-), Überwinterungs- und Wanderungsbiotope (analog zu §44(1) Satz 2) sind
hier nicht zu erwarten bzw. existieren definitiv nicht.
Sämtliche Dispersionsbewegungen nach Westen bzw. Südwesten (so sie überhaupt stattfinden) enden
auch nach weiteren vielen hundert Metern nicht in geeigneten Habitaten sondern in Weinbauflächen
oder städtebaulich genutzten Flächen. Jede Raumverlagerung von Schlingnattern und Smaragdeidechsen
endet in sink-Habitaten.
Vor diesem Hintergrund wirken die geplanten Baumaßnahmen nicht als Barriere und zerschneiden auch
keine Lebensräume. Die Weinbauflächen habe für beide Reptilienarten keine Lebensraumfunktion.
Bezogen auf die Barriere- und Zerschneidungswirkung ist der Ferienpark anbetreffs der Vorbelastung
(Fläche mit nahezu absoluter Barrierefunktion wegen Habiatuneignung) als Eingriff nicht erheblich.
Lärmimmissionen
Da Eidechsen hören können (Peterson 1966; Wever 1978; Manley 2002; Schorr 2007), ist davon auszugehen, dass es zu Beeinträchtigungen der im Gebiet verbliebenen Tiere durch Lärmemissionen kommen
kann. Über die konkrete Empfindlichkeit gegenüber Lärmemissionen bei Schlingnatter und Smaragdeidechse konnten jedoch trotz umfangreicher Recherchen aufgrund des Forschungsdefizits keine Informationen gefunden werden. Induktiv ist jedoch von Bedeutung, dass Schlingnatter auch Gleiskörper von
Bahnanlagen als Lebensraum nutzen, teilweise in hohen Dichten (Kühnis 1996) und deshalb mit hoher
Wahrscheinlich wenig empfindlich gegenüber Lärm sind. Ähnliches scheint auch für die Smaragdeidechse
in Tschechien zu gelten, die ebenfalls an/auf Gleiskörpern vorkommt (Mikatova 2001) bzw. im Donautal
(Bayern) (Assmann 2001).
Zur Errichtung des Hafenbeckens sind Baggerarbeiten erforderlich. Diese Arbeiten sind mit erheblichen
Lärmemissionen und Vibrationen verbunden. Hartline (1971) führt aber aus, dass von Schlangen Schal-
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6
limmissionen ("air-borne sound") deutlich weniger wahrgenommen werden, als vom menschlichen Gehör .
Im Falle von Eidechsen liegt eine Studie vor, die negative Effekte von länger (500 sec) anhaltenden Lärm7
pegel von 95dB(A) (Lärmemissionen von LKW und Motorrädern) feststellte . Schwere Erdbaumaschinen
8
verursachen Schalleistungspegel zwischen 80 und 90dB(A) . Eine fachliche Beurteilung basierend auf
empirischen Daten oder zumindest Beobachtungen ist zurzeit kaum möglich, da es an grundlegenden
Studien fehlt und diese zudem vor dem Hintergrund der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten gewertet
werden müssen. Entscheidend ist welche Schalldruckpegel bei den potenziell betroffenen Individuen
ankommen. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn die von den Baumaschinen ausgehenden Schallleistungspegel
modelliert werden können.
Vor diesem Hintergrund und nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist deshalb nicht auszuschließen, dass
Lärmemissionen während der Bauphase erheblich sein können.
Zur Reduzierung von möglichen Beeinträchtigungen ist zu vermeiden, dass Schlingnattern und Smaragdeidechsen auf das Baugelände gelangen können.
Stoffeinträge
Während des Baubetriebes sind fahrzeugbedingte Emissionen nicht auszuschließen. Solche Emissionen
können beispielsweise auslaufende Motorenöle oder beimNachtanken verschüttete Kraftstoffe sein. Im
Zusammenhang mit dem hier betrachteten Schutzgut Schlingnatter und Smaragdeidechse wird dieses
Risiko für gering eingeschätzt, da sich innerhalb des engeren Baubereichs nur theoretisch Individuen aufhalten und generell davon auszugehen ist, dass die Abwicklung des Baubetriebs unter Einhaltung der
einschlägigen technischen Vorschriften und dem Vorhalten von Entsorgungseinrichtungen und Bindemitteln erfolgt. Zudem ist davon auszugehen, dass sich im Bauflächenbereich aufgrund der erheblichen Geländebewegungen und –umgestaltungen und damit permanenten Störungen keine Eidechsen aufhalten
werden.
Vor diesem Hintergrund und nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist deshalb davon auszugehen, dass
Stoffeinträge während der Bauphase nicht erheblich sein werden.
Erschütterungen
Die Verdichtung des Untergrundes im Rahmen der Bauarbeiten können temporär zu Erschütterungen
führen. Reptilien reagieren generell auf Erschütterungen; dies ist v.a. bei Schlangen bekannt, wo Erschüt-
6
7
"The auditory system is not remarkably sensitive to sound. It is about 20 dB less sensitive than the human auditory system for airborne sound between 200 and 400 Hz. It is remarkably sensitive to head vibration: at the best frequency, 1 A peak-topeak amplitude is suprathreshold."
Bondello, M. C. & B. H Brattstrom. 1979. The Experimental effects of off-road vehicle sounds on three species of desert vertebrates. Fullerton, CA, Department of Biological Sciences, California State University. 131 pp.
Bondello, M. C., A. C. Huntley, H. B. Cohen & B. H. Brattstrom. 1979. The effects of dune buggy sounds on the telencephalic auditory
evoked response in the Mojave Fringe-Toed Lizard, Uma scoparia . Riverside, California, U.S. Bureau of Land Management, California Desert Program. Contract CA-060-CT7-2737.
Brattstrom, B.H. & M.C. Bondello. 1983. Effects of off-road vehicle noise on desert vertebrates. In R.H. Webb and H.G Wilshire,
editors. Environmental effects of Off- Road Vehicles: Impacts and Management in Arid Regions. Springer-Verlag. New York, New
York, USA.
8
http://www.bgbau.de/presse/pressemeldungen/pressemeldungen-2012/bg-bau-aktiv-gegen-laerm
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terungen unmittelbar zu einem Hörorgan geleitet werden (Schorr 2007; Friedel et al. 2008).
Im Falle einer Schlingnatterpopulation auf Bahngleiskörpern scheinen Erschütterungen toleriert zu werden (vgl. Völkl & Käsewieter 2003: 34). Es wäre zu untersuchen, ob impulsartige Erschütterungen von
Eidechsen anders wahrgenommen werden als sich gleichmäßig auf- und abbauende wie im Falle von
Schienenfahrzeugen. Jedoch wären Erschütterungen im Zusammenhang mit Baumaßnahmen eher dem
Spektrum der impulsartigen Erschütterungen zuzuordnen.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass es während der Bauphase bei dismigrierenden Schlingnattern und
Smaragdeidechsen zu Beeinträchtigungen durch Erschütterungen kommen wird. Dies wird dazu führen,
dass die im Gebiet bautableaunah vorkommenden Individuen voraussichtlich abwandern werden. Aber
auch diese Annahme ist unter den Vorbehalt zu stellen, dass es nicht möglich war, irgendwelche empirisch
basierten Hinweise auf eine Erschütterungsempfindlichkeit bei beiden Arten zu finden. Das Vorkommen
von Schlingnattern auf Bahngleiskörpern legt nahe, dass Erschütterungen in einem gewissen Ausmaß
toleriert werden.
Auch wenn Unsicherheiten bleiben, wird nach gegenwärtigem Kenntnisstand davon ausgegangen, dass
Erschütterungen negativ wirken können und deshalb eine Erheblichkeit zu befürchten ist.
Zur Reduzierung von möglichen Beeinträchtigungen ist zu vermeiden, dass Schlingnattern und Smaragdeidechsen auf das Baugelände gelangen können.
Optische Störungen/Bewegungsimmissionen
Eidechsen können gut sehen (Schorr 2007). Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass während der Bauphase optische Reize auftreten, die von Relevanz für Eidechsen sein könnten. Solche relevanten Reize
wären entweder Beutetiere oder Eidechsen-Prädatoren, v.a. Vögel oder Katzen, nicht aber sich gelegentlich bewegende Maschinen oder Menschen. Zumindest im Falle der Prädatoren ist sogar davon auszugehen, dass während der Bauarbeiten störungsbedingt, die Anzahl von Prädationsversuchen auf Eidechsen
reduziert ist, da evtl. die Prädatoren durch die Bauaktivitäten gestört sind.
Optische Störungen sind deshalb nicht erheblich, zumal sie von Objekten ausgehen, die natürlicherweise
von Eidechsen nicht als Feind erkannt werden können.
4.6
Betriebsbedingte Wirkfaktoren
Nach ggf. Bau der Anlagen ist nicht auszuschließen, dass vereinzelt Schlingnattern und ggf. Smaragdeidechsen) in den Bereich des Ferienparks einwandern.
Lärmimmissionen
Nach dem Bau des Hafens ist nicht mit Lärmimmissionen zur rechnen, die eine Signifikanz für Reptilien
erreichen könnten. Auch Motorboote, die im Hafen ankern, müssen die Passage von der Mosel zum Hafenbecken mit geringer Geschwindigkeit nehmen, so dass keine großen Lärmemissionen zu befürchten
sind. Dies gilt insbesondere für im Hafenbecken ankernde Segelboote.
Innerhalb des Ferienparks ist aufgrund der Wohnanlagen und des Ruhebedürfnis der dort lebenden Men-
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schen ebenfalls nicht mit Lärmimmissionen zu rechnen, die für Reptilien von Signifikanz sein könnten (zur
Lärmempfindlichkeit der Eidechsen, s.o.).
Vor diesem Hintergrund und nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist deshalb davon auszugehen, dass
betriebsbedingte Lärmemissionen nicht erheblich sein werden.
Stoffeinträge/Pestizideinsatz
Nach dem Bau von Hafenbecken und Ferienpark ist nicht mit Stoffeinträgen (u.a. Schmierstoffe oder Öle)
zu rechnen, die von Relevanz für Reptilien sein könnten.
Der Einsatz von Herbiziden im Ferienpark sollte jedoch generell untersagt sein, da zumindest bei Amphibien zum Teil erhebliche Wirkungen auf das Immunsystem festgestellt werden könnten (vgl. Khan & Law
2005; Jones et al. 2009; Releya & Jones 2009) bzw. bei Larven oder jungen Imagines Herbizide unmittelbar tödlich wirken (Relyea 2005). Auch für Reptilien sind negative Wirkungen auf die Fortpflanzungsrate
oder Embryonalentwicklung bekannt (vgl. Poletta et al. 2009; Sparling et al. 2010). Jedoch liegen keine
9
empirischen Studien vor, die die Wirkung von Herbiziden auf Eidechsen untersucht haben .
Vor diesem Hintergrund und nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist deshalb davon auszugehen, dass
betriebsbedingte Stoffeinträge (Herbizideinsatz) im Ferienpark erheblich wirken kann.
Optische Störungen/Bewegungsimmissionen
Schlingnattern leben oft in Nähe zu menschlichen Siedlungen (z.B. Bitz et al. 1996: 409; Laufer et al. 2007:
639; eig. Beobachtungen). Man sollte annehmen, dass sie wenig empfindlich gegenüber Störungen reagieren. Jedoch sind keine Studien bekannt, wo ein solch konstant hoher Störungslevel herrscht, wie er für
Ferienhausgebiete anzunehmen ist.
Aufgrund der Habitatstruktur im Ferienpark ist ein Vorkommen der Schlingnatter unwahrscheinlich, für
die Randbereiche jedoch nicht gänzlich auszuschließen. Im Bereich des Hafenbeckens werden sich potenziell geeignete Lebensräume nur im Bereich der Ausgleichsflächen befinden.
In der Summe und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Schlingnattern und ggf. Smaragdeidechsen
allenfalls sporadisch im Rahmen eines Dismigrationsprozesses (Durchwandern eines Raumes im Rahmen
eines Emigrationsprozesses) auftreten werden, wird davon ausgegangen, dass optische Störungen durch
Aktivitäten im Ferienpark unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegen.
Erschütterungen
Nach dem Bau des Hafens ist im Bereich des Hafenbeckens nicht mit Erschütterungen zur rechnen, die
eine Signifikanz für Reptilien erreichen könnten.
Innerhalb des Ferienparks ist ebenfalls nicht mit Erschütterungen zu rechnen, die für Reptilien von Signifi-
9
Weiterhin ist in einem großflächig intensiv weinbaulich genutzten Gebiet mit einem sehr hohen Herbizideinsatz zu rechen. Hierdurch liegt eine sehr hohe Vorbelastung für Organismen vor.
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kanz sein könnten (zur Erschütterungsempfindlichkeit der Eidechsen, s.o.).
Vor diesem Hintergrund und nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist deshalb davon auszugehen, dass
betriebsbedingte Erschütterungen auszuschließen sind. Eine Erheblichkeit liegt somit nicht vor.
Kollisionsrisiko
Generell sind Reptilien, v.a. Schildkröten und Schlangen oft Opfer von Kollisionen mit Kraftfahrzeugen
(vgl. Spellerberg 1998; Schorr 2007). Eigene Beobachtungen an der Zufahrt zum Campingplatz Altschmiede bei Bollendorf/Sauer, LK BIT zeigen, dass sich sonnende Schlingnattern innerhalb kurzer Zeit von Fahrzeugen überrollt werden. Es ist anzunehmen, dass solche Unfälle v.a. früh am Morgen passieren, wenn
die wechselwarmen Tiere noch wenig mobil sind und sich auf befestigten Wegen aufwärmen (vgl. auch
Meek 2009).
Generell liegen nur wenige Untersuchungen zur verkehrsbedingten Mortalität von Eidechsen in Europa
vor (vgl. Schorr 2007), wobei aber Smaragdeidechsen regelmäßig als Verkehrsopfer gemeldet werden
(Lebboroni & Corti 2006; Meek 2009, Tok et al. 2011, Kambourova-Ivanova et al. 2012).
Bei gegenwärtigem Kenntnisstand bleibt festzuhalten, dass wenige Untersuchungen zum betriebsbedingten Mortalitätsrisiko von Eidechsen vorliegen. Da aber Fahrzeuge im Ferienpark langsam fahren und nur
gelegentlich (wenn überhaupt) mit dimigrierenden Schlingnattern oder Smaragdeidechsen zu rechnen
ist, ist ein über das bisherige Kollisionsrisiko hinausgehendes Risiko (Spaziergänger, weinbaubedingte
Fahraktivitäten) nicht anzunehmen.
Eine Erheblichkeit eines erhöhten Kollisionsrisikos auf den Zuwegungen zum Hafen bzw. Ferienpark liegt
deshalb nicht vor.
4.7
Zusammenfassende Darstellung der Anlage-, Bau- und Betriebsbedingten Wirkfaktoren
Aufbauend auf voranstehender Diskussion und Bewertung der Erheblichkeit der für Reptilien relevanten
Wirkfaktoren, die im Zusammenhang mit dem Bau und dem Betrieb bzw. der Anlage selbst entstehen
können, wird die Erheblichkeit nach § 44(2) BNatschG in Tab. 2 zusammengefasst.
Tab. 2: Erheblichkeit nach § 44(2) BNatschG der vom Vorhaben ausgehenden wesentlichen Wirkungen
auf die streng geschützten Arten Schlingnatter und Smaragdeidechse.
Wirkfaktor
Erheblichkeit für
Schlingnatter
Smaragdeidechse
Flächeninanspruchnahme
-
-
Barrierewirkung / Zerschneidung
-
-
x
x
Anlagebedingte Wirkungen
Baubedingte Wirkungen
Flächeninanspruchnahme
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Barrierewirkung / Zerschneidung
-
-
Lärmimmissionen
x
x
Stoffeinträge
-
-
Erschütterungen
x
x
Optische Störungen / Bewegungsimmissionen
-
-
Lärmimmissionen
-
-
Stoffeinträge / Pestizide
x
x
Erschütterungen
-
-
Optische Störungen / Bewegungsimmissionen
-
-
Betriebsbedingte Wirkungen
Kollision mit Fahrzeugen
5
Maßnahmen zur Vermeidung (V) und vorgezogene
Ausgleichsmaßnahmen (A)
Um verbleibende Beurteilungsrisiken weiter zu reduzieren werden nachfolgend Vermeidungs- und vorsorgliche Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen.
Abb. 5: Vermeidungsmaßnahme V1xy und vorsorgliche Ausgleichsmaßnahme A3xy
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5.1
Maßnahmen zur Vermeidung und vorsorglichem Ausgleich
Folgende Maßnahmen zur Vermeidung (V1, V2, V3) werden durchgeführt, um Gefährdungen von Arten
des Anhangs IV der FFH-Richtlinie zu vermeiden oder zu mindern. Die Ermittlung der Verbotstatbestände
in Kap. 6 erfolgt unter Berücksichtigung dieser Maßnahmen.
5.1.1 Anlage- und baubedingte Wirkungen
Störung emigrierender/wandernder Individuen
V1xy Errichtung einer temporär über den gesamten Bauzeitraum undurchlässigen Absperrung (Reptilienschutzzaun) an der nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebietes (Details vgl. Anlage 1).
Schlingnattern kommen mit Sicherheit, Smaragdeidechsen gegebenenfalls in den im Nordwesten
angrenzenden nicht bzw. ehemals weinbaulich genutzten Bereichen vor. Wie für den Nachweis
in 2013 zu vermuten, dispergieren von dort Individuen entlang von Saumstrukturen bzw. Bereichen mit geringem Raumwiederstand, auch nach Osten in Richtung des geplanten Ferienparks.
Um zu verhindern, dass Tiere getötet oder gestört werden, muss verhindert werden, dass die Individuen in den Bereich gelangen, in dem Bauaktivitäten erfolgen. Durch Errichtung eines undurchdringbaren bzw. nicht zu überkletternden Zaunes kann wirksam verhindert werden, dass
Individuen der Schlingnatter oder ggf. Smaragdeidechse gestört oder getötet werden.
Störung eingewanderter Individuen im Ferienpark
V2xy Entwicklung einer Handreichung/Faltblattes das an alle Nutzer der Anlage abgegeben wird, in
dem ein konfliktfreier Umgang zwischen Nutzern und ggf. einwandernden Schlingnattern und Smaragdeidechsen erklärt wird.
Nach dem Bau des Ferienparkes kann nicht verhindert werden, dass Schlingnattern und ggf.
Smaragdeidechsen in die Fläche eindringen. Zumindest Schlingnattern können regelmäßig nahe
von Siedlungen oder in Gärten angetroffen werden. Für Smaragdeidechsen ist dies weniger
wahrscheinlich (Bitz et al. 1996: 370 nennen Gärten nicht als Lebensraum der Smaragdeidechse).
Da in der Bevölkerung bzw. einzelnen Menschen tradierte Ängste gegenüber Schlangen bestehen, die dazu führen können, dass Schlingnattern erschlagen werden, sollten die Besitzer bzw.
Mieter der Häuser im Ferienpark umfassend durch eine Broschüre bzw. Faltblatt darüber informiert werden, dass im gesamten Gebiet (Rheinland-Pfalz) keine giftigen Schlangen vorkommen
und Furcht unangebracht ist. Alle rheinland-pfälzischen Schlangen (und Reptilien im allgemeinen)
sind harmlos und ungiftig.
V3xy: Vermeidungsmaßnahme: Verzicht auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark
Aufgrund der jüngeren Erkenntnisse zur Toxikologie von Glyphosate-basierten Herbiziden (z.B.
Roundup®) bei Amphibien mit einer erhöhten Mortalität, reduzierter Überlebensfähigkeit und
erheblichen Gesundheitsschäden, dem Nachweis dieser Schäden auch bei Schildkröten oder
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
Kaimanen (vgl., SAP zum Gebiet von 2011) muss befürchtet werden, dass auch bei Eidechsen
solche Schäden auftreten können. Im Sinne einer Vermeidungs- und Schadenbegrenzungsmaßnahme ist per Satzung festzulegen, dass im Verfahrensgebiet keine Herbizide eingesetzt werden,
um Schäden bei dispergierenden Individuen zu vermeiden.
Vorsorgliche Ausgleichsmaßnahme
A3xy Verbesserung der Habitatsituation durch Entwicklung von zusätzlichen als Lebensraum nutzbaren
Strukturen nordwestlich des Verfahrensgebietes (vgl. Abb. 4). Negative Entwicklungstendenzen durch
Gehölzsukzession werden aufgehalten und Strukturen geschaffen, die langanhaltend von Schlingnattern und ggf. Smaragdeidechsen als Lebensraum genutzt werden können (Details vgl. Anlage 2).
Die vorgesehene vorsorgliche Ausgleichsmaßnahme dient dazu verbleibende Beurteilungsrisiken
insbesondere hinsichtlich des linksseitigen Vorkommens der Smaragdeidechse so zu gestalten,
10
dass die Anforderungen des Art. 12(4) FFH-RL erfüllt werden. Konkret bedeutet dies, dass die
nahegelegenen Lokalpopulationen von Schlingnatter und ggf. Smaragdeidechse durch habitatverbessernde bzw. habitatoptimierende Maßnahmen und Neuanlage von Habitatstrukturen so
aufgewertet werden, dass eine höhere Reproduktion im Gebiet wahrscheinlich ist. Dies bedeutet
dann, dass unbeabsichtigt getötete oder gestörte Individuen (im Prozess der verbleibenden Beurteilungsrisiken) durch einen Populationsüberschuss wieder kompensiert werden.
6
Bestandsdarstellung sowie Darlegung der Betroffenheit der Eidechsen
Eine eingehende Untersuchung der Reptilienfauna im Verfahrensgebiet erbrachte Nachweise von Zaunund Mauereidechse. Aufgrund der Gesamtverbreitung in Rheinland-Pfalz ebenfalls mögliche Vorkommen
von Smaragdeidechse und Schlingnatter konnte nicht bestätigt werden. Beide Arten waren im Frühjahr
2011 nicht im Verfahrensgebiet nachzuweisen (vgl. SAP von 2011).
2013 wurde ein Videobeweis eines Vorkommens der Schlingnatter in das Verfahren eingebracht. Smaragdeidechsen wurden nicht belegt.
In nachfolgender Tabelle werden die Reptilienarten aufgeführt, die im Untersuchungsgebiet vorsorglich
relevant sind.
Tab. 3:
Schutzstatus und Gefährdung der im Untersuchungsgebiet relevanten vorsorglich geprüften
Reptilienarten
Deutscher Name
Wissenschaftlicher Name
Formblatt
RL RLP11
RL D12
Smaragdeidechse
Lacerta bilineata
R1
W
2
Schlingnatter
Coronella austriaca
R2
3
3
10
"… die Mitgliedstaaten (leiten) diejenigen weiteren Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen ein, die erforderlich sind, um
sicherzustellen, dass der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die
betreffenden Arten haben."
11
2: Zurückgehend, Art der Vorwarnlist; 3: gefährdet
12
2: stark gefährdet; 3: gefährdet
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
Einzelartbezogene Beurteilung:
Im Folgenden werden in Formblättern artbezogen Bestand sowie Betroffenheit der im Untersuchungsraum relevanten Reptilienarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie beschrieben, die einzelnen Verbote des
§ 44 Abs. 1 i. V. m. 5 BNatSchG sowie ggf. die naturschutzfachlichen Ausnahmevoraussetzungen gem. §
45 Abs. 7 BNatSchG vorsorglich abgeprüft.
R1
Smaragdeidechse (Lacerta bilineata)
Bestandsdarstellung
Kurzbeschreibung Autökologie/Verbreitung in Rheinland-Pfalz
Die Vorkommen der Smaragdeidechse in Rheinland-Pfalz sind auf die wärmebegünstigten Täler von Mosel, Mittelrhein und Nahe
begrenzt. Aktuelle Einzelfunde liegen auch aus dem (hessischen) Lahntal vor. Die pfälzischen Vorkommen sind erloschen (vgl. Bitz et
al 1996, Sound 2001, Achenbach et al. 2010, Henf & Alfermann 2004).
Bitz et al. (1996) fassen aus Rheinland-Pfalz vorliegende Studien (v.a. die von Thomas Böker) zusammen. Danach "bewohnen die
Smaragdeidechsen Gelände, das reich an verschiedenartigen Kleinlebensräumen ist. Essentielle Elemente sind mittel- bis tiefgründige
Böden (meist steinig-sandiger Lehm), in denen die Art die Eier vergraben kann, und Gebüsche, z.B. niedriges Brombeergestrüpp.
Dieses bietet Deckungs- und Jagdmöglichkeiten, am Boden finden sich an lichten Stellen Schlupflöcher, Sonn- und Eiablageplätze. An
heißen Tagen sorgt das dichte Blätterdach für ein ausgeglichenes Klima, zudem bieten die Stacheln Schutz gegen größere Feinde.
Fast stets ist im Gebiet dichte und z.T. hohe krautige Vegetation vorhanden (Deckung, Ausgleichsfunktion für das Mikroklima, Jagdbereich). Wichtig, obwohl nicht unentbehrlich, sind Trocken- mauem: Sie bieten Unterschlupf bei Gefahr und ungünstiger Witterung
(Hitze, Regen, Kälte) bzw. stellen sich rasch erwärmende Sonnplätze dar. Schlupflöcher befanden sich oft an lichten Orten, die sich
auch für das abendliche Sonnenbad eigneten. Ihre Standorte waren Brombeergestrüpp, der untere Rand von Böschungen, der Übergangsbereich zwischen dichter Vegetation und unbewachsenem Boden, Trockenmauern, schwach bewachsene Stellen unmittelbar
über Mauern, gelegentlich befanden sie sich zwischen den Wurzeln von Schlehen (Prunus spinosa) oder Ginster (Sarothamnus scoparius). … Erforderlich ist ein breites Spektrum an Substraten mit unterschiedlichem Wärmeaufnahme- und Speichervermögen. Nach
Böker (1992) wählen die Tiere morgens gerne Haufen aus Abfallgras, wie sie beim Mähen von Wegrändern entstehen, oder Laubstreu und Moos, abends bevorzugt wärmespeichernde Materialien wie Schiefergestein oder Lehmboden. SCHAUSTEN et al. (1993)
fanden die Art häufig an Wegen, die an aufgelassene Weinberge grenzten. Diese bieten die von Böker postulierten Habitatelemente
und stellen zuweilen Strukturen dar, an denen Populationen sich konzentrieren. Außerdem bieten auch Bahndämme diese strukturelle Heterogenität, die von der Art bevorzugt angenommen wird."
Vorkommen im Untersuchungsgebiet
nachgewiesen
potenziell möglich
Eine gezielte Erfassung der Smaragdeidechse erfolgte im Rahmen der 2011 durchgeführten Speziellen Artenschutzrechtlichen Prüfung. Im Untersuchungsgebiet wurde die Art nicht nachgewiesen. Wie oben dargelegt ist ein Vorkommen im Gebiet nach bisherigem Kenntnisstand auszuschließen; allenfalls nordwestlich des Verfahrensgebietes existieren Bereiche, die potenzieller Lebensraum
der Smaragdeidechse sein könnten. Jedoch wurden hier nie Individuen im Rahmen von Kartierungen bzw. des rheinland-pfälzischen
Artenschutzprojektes Smaragdeidechse nachgewiesen.
Gleichwohl wird immer wieder in das Verfahren eingebracht, dass im Gebiet Smaragdeidechsen vorkommen würden; Belege werden
nicht erbracht. Bitz et al. (1996: 362 für Worms) verweisen auf die Verwechslungsmöglichkeiten mit der Zauneidechse.
Erhaltungszustand der regionalen Population: Der Erhaltungszustand der regionalen Population wird mit unzureichend (individuenarmer Bestand bei Collis linksseitig der Mosel, suboptimale Habitatstruktur, hoher Störungsdruck) bewertet.
Darlegung der Betroffenheit der Arten
Artspezifische Vermeidungsmaßnahmen sowie vorsorglich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen
Vermeidungsmaßnahmen
V1xy: Errichtung einer temporär über den gesamten Bauzeitraum undurchlässigen Absperrung (Reptilienschutzzaun) an der
nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebietes.
V2xy Entwicklung einer Handreichung/Faltblattes das an alle Nutzer der Anlage abgegeben wird, in dem ein konfliktfreier Umgang
zwischen Nutzern und ggf. einwandernden Schlingnattern und Smaragdeidechsen erklärt wird.
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
R1
Smaragdeidechse (Lacerta bilineata)
V3xy: Vermeidungsmaßnahme: Verzicht auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark
vorsorglich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen)
A3xy: Verbesserung der Habitatsituation durch Entwicklung von zusätzlichen als Lebensraum nutzbaren Strukturen nordwestlich
des Verfahrensgebietes. Negative Entwicklungstendenzen durch Gehölzsukzession werden aufgehalten und Strukturen geschaffen, die langanhaltend von Smaragdeidechsen als Lebensraum genutzt werden können.
Prognose und Bewertung der Tötungstatbestände gem. § 44 Abs.1, Nr. 1 (i. V. m. Abs. 5) BNatSchG:
Anlage- oder baubedingte Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsformen
(§ 44 Abs.1, Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG)
Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsphase mit signifikant negativer Auswirkung auf die lokale Population
ökologische Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte wird im räumlichen
Zusammenhang gewahrt
Betriebsbedingte Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsformen (§ 44 Abs.1, Nr. 1 BNatSchG)
Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsphase mit signifikant negativer Auswirkung auf die lokale Population
vereinzelte Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsphase führen nicht zu signifikant negativer Auswirkung
auf die lokale Population
Darstellung der Betroffenheit der Arten
Prognose und Bewertung der Schädigungstatbestände gem. § 44 Abs.1, Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG:
Entnahme, Beschädigung, Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten
Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten, ökologische Funktion wird im räumlichen
Zusammenhang nicht gewahrt.
ökologische Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte wird im räumlichen
Zusammenhang gewahrt
Im Bereich des Ferienparks werden keine Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Smaragdeidechse geschädigt.
Prognose und Bewertung der Störungstatbestände gem. § 44 Abs.1, Nr. 2 BNatSchG
Erhebliches Stören von Tieren während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und
Wanderungszeiten
Die Störung führt zur Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population
Die Störung führt zu keiner Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population
Störungen der Lebensstätte können allenfalls während der Wanderungsphase (Emigration v.a. von Jungtieren und subadulten Individuen) erfolgen. Da der gesamte Raum jedoch als sink-Habitat eingeschätzt wird, ist die Störung nicht erheblich. Die Wahrscheinlichkeit, dass Individuen erfolgreich den Raum durchwandern ist sehr gering, da sie im städtebaulichen Bereich mit hoher Wahrscheinlichkeit Opfer von Verkehr, Katzen etc. werden. Baubedingte Erschütterungen sowie baubedingten Lärm und visuelle Effekte können
sogar verhindern, dass Individuen in einen als Habitat ungeeigneten Bereich abwandern. Jedoch liegen bislang keine Studien vor
(Forschungsdefizit), wie Smaragdeidechsen durch genannte Faktoren beeinträchtigt werden könnten.
Zusammenfassende Feststellung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
Die Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG
treffen zu
treffen nicht zu
treffen nicht zu unter Berücksichtigung
folgender Maßnahmen:
V1xy, V2xy, V3xy, A3xy
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
Obwohl keine Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG erfüllt sind, werden im Folgenden vorsorglich die naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme gem. § 45 Abs. 7
BNatSchG geprüft.
R1
Smaragdeidechse (Lacerta bilineata)
Darlegung der naturschutzfachlichen Gründe für eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG
Erhaltungszustand der Art in Rheinland-Pfalz
günstig (lokale Pop.)
unzureichend
schlecht
unbekannt
Wahrung des Erhaltungszustandes
Die Gewährung einer Ausnahme führt zu:
keiner Verschlechterung des derzeit günstigen Erhaltungszustandes der Populationen in RLP
keiner weiteren Verschlechterung des jetzigen unzureichenden bzw. regional unbekannten (bzw. als schlecht einzuschätzenden) Erhaltungszustandes der Populationen in RLP
Kompensatorische Maßnahmen
V1xy, V2xy, A3xy, A3xy: Verhinderung des Eindringens dispergierender Individuen während der Bauphase um Störungen und Tötungen zu vermeiden (V1xy). Aufklärung der Nutzer des Ferienparks zu den regional vorkommenden Reptilienarten mit Fokus auf
Schlingnatter und Smaragdeidechse (V2xy), V3xy: Verzicht auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark. Optimierung und Neuanlage
von Smaragdeidechsenlebensräumen (A3xy) zur ggf. Stabilisierung und Vergrößerung der Lokalpopulation im Nordwesten des
Verfahrensgebietes.
Vergleich zumutbarer Alternativen mit keinen oder geringeren Beeinträchtigungen für die Art
Die geprüften Alternative (abseits der intensiv genutzten Weinbergsflächen) würden potenziell als Lebensraum der Smaragdeidechse
besser geeignete Bereiche betreffen.
Aus Sicht des Vorhabensträgers liegt keine zumutbare Alternative mit keinen oder geringeren Beeinträchtigungen für die Smaragdeidechse vor, da

zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art,
vorliegen,

zumutbare Alternativen, die zu keinen oder geringeren Beeinträchtigungen der relevanten Arten führen, nicht gegeben sind,

keine Verschlechterung des unzureichend bekannten Erhaltungszustandes der Population einer Art zu erwarten ist bzw.
bei derzeitig schlechtem Erhaltungszustand eine Verbesserung nicht behindert wird.
R2
Schlingnatter (Coronella austriaca)
Bestandsdarstellung
Kurzbeschreibung Autökologie/Verbreitung in Rheinland-Pfalz
Die Schlingnatter besiedelt eine Vielzahl offener bis halboffener Lebensräume, insbesondere strukturreiche Übergange zwischen
offener und bewaldeter Landschaft. Typische Lebensräume sind im süddeutschen Verbreitungsgebiet (Halb-) Trockenrasen, felsige
„Ödländereien“ sowie Trockenmauern bewohnt. Diese und weitere Lebensräume weisen folgende Gemeinsamkeiten auf:
•
Wechsel von vegetationslosen Flächen mit unterschiedlich dichter und hoher Vegetation.
•
Neben der Kraut-, Zwergstrauch- oder Grasschicht ist stets die Strauchschicht mehr oder weniger gut entwickelt (Gebüschkomplexe, einzelne Sträucher oder Jungbäume).
•
Strukturelemente wie liegendes Totholz, Baumstubben, Steinhaufen oder –mauern sowie anstehender Boden dienen als
Versteck und/oder Sonnenplatz
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
R2
Schlingnatter (Coronella austriaca)
Schlingnattern benötigen ausgeprägte Hohlraumsysteme im Boden zur Überwinterung.
Mitunter sind Schlingnattern bereits im Februar oder März aktiv. Üblicherweise beginnt das Jahr dieser wärmeliebenden Schlange
aber erst im April. Im Mai finden dann die Häutungen und die meisten Paarungen statt (teilweise tritt eine zweite Paarungsphase im
Hochsommer auf). Die Schlingnatter ist lebendgebärend, die ersten Jungtiere werden im August zur Welt gebracht. Die Zahl der
Jungtiere bzw. Eier schwankt zwischen 2 und 15 pro Weibchen. Die Weibchen pflanzen sich in der Regel nur jedes zweite Jahr fort, die
„Babypause“ benötigen sie zur Erholung und zur Vorbereitung des Körpers auf die nächste Fortpflanzungsperiode. Schlingnattern
suchen ihre Winterquartiere vergleichsweise spät auf: Frühe Tiere ziehen sich schon im September zurück, viele bleiben aber im
Oktober oder noch länger aktiv.
Als Mäusejäger hält sie sich gerne dort auf, wo ihre Beute zu finden ist (z. B. in Mauselöchern und -gängen). Junge Schlingnattern
ernähren sich (fast) ausschließlich von Kriechtieren, die älteren Schlangen sind hingegen weitaus flexibler in ihrem Beutespektrum.
Vorkommen im Untersuchungsgebiet
nachgewiesen
potenziell möglich
Eine gezielte Erfassung der Schlingnatter erfolgte. Jedoch wurden 2011 keine Individuen nachgewiesen. 2013 wurde vom BUND ein
Videobeleg eines adulten Tieres etwas 100 m nordwestlich der nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebietes vorgelegt.
Erhaltungszustand der lokalen Population:
•
Erhaltungszustand der Art auf Ebene der kontinentalen biogeographischen Region: ungünstig – unzureichend, unbekannte Zukunftsaussichten (BfN 2007)
•
Erhaltungszustand der Art auf regional-lokaler Ebene: nicht bekannt, günstig
Diese Einschätzung begründet sich darin, dass die Schlingnatter in Rheinland-Pfalz in den wärmebegünstigten Tälern ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzt (Bitz et al. 1996).
Darlegung der Betroffenheit der Arten
Artspezifische Vermeidungsmaßnahmen sowie vorsorglich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (Nummerierung laut LBP)
Vermeidungsmaßnahmen
V1xy Errichtung einer temporär über den gesamten Bauzeitraum undurchlässigen Absperrung (Reptilienschutzzaun) an der nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebietes.
V2xy Entwicklung einer Handreichung/Faltblattes das an alle Nutzer der Anlage abgegeben wird, in dem ein konfliktfreier Umgang
zwischen Nutzern und ggf. einwandernden Schlingnattern und Smaragdeidechsen erklärt wird.
V3xy: Vermeidungsmaßnahme: Verzicht auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark.
vorsorglich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen)
A3xy: Verbesserung der Habitatsituation durch Entwicklung von zusätzlichen als Lebensraum nutzbaren Strukturen nordwestlich
des Verfahrensgebietes. Negative Entwicklungstendenzen durch Gehölzsukzession werden aufgehalten und Strukturen geschaffen,
die langanhaltend von Schlingnattern als Lebensraum genutzt werden können.
Prognose und Bewertung der Tötungstatbestände gem. § 42 Abs.1, Nr. 1 (i. V. m. Abs. 5) BNatSchG:
Anlage- oder baubedingte Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsformen
(§ 42 Abs.1, Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG)
Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsphase mit signifikant negativer Auswirkung auf die lokale Population
ökologische Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte wird im räumlichen
Zusammenhang gewahrt
Bau- und anlagebedingte Verluste von Individuen sind unwahrscheinlich, da die Errichtung der Anlagen Bereiche ohne Lebensraumbedeutung für Schlingnattern betrifft. Vorsorglich wird verhindert, dass Individuen während der Bauzeit das Gelände besiedeln oder
durchwandern.
V1xy Errichtung einer undurchlässigen Absperrung (Reptilienschutzzaun) an der nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebietes.
Betriebsbedingte Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsformen (§ 42 Abs.1, Nr. 1 BNatSchG)
Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsphase mit signifikant negativer Auswirkung auf die lokale Population
vereinzelte Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsphase führen nicht zu signifikant negativer Auswirkung
auf die lokale Population
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz Schlingnatter und Smaragdeidechse gem. § 44 BNatSchG
R2
Schlingnatter (Coronella austriaca)
Es wird davon ausgegangen, dass sich die Lebensräume der Schlingnatter nordwestlich der Ferienanlage befinden und es nicht zu
Konflikten zwischen Nutzern und ggf. einwandernden Schlingnattern gibt.
V2xy Entwicklung einer Handreichung/Faltblattes das an alle Nutzer der Anlage abgegeben wird, in dem ein konfliktfreier Umgang
zwischen Nutzern und ggf. einwandernden Schlingnattern und Smaragdeidechsen erklärt wird.
V3xy: Vermeidungsmaßnahme: Verzicht auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark.
Darlegung der Betroffenheit der Arten
Prognose und Bewertung der Schädigungstatbestände gem. § 42 Abs.1, Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG:
Entnahme, Beschädigung, Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten
Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten, ökologische Funktion wird im räumlichen
Zusammenhang nicht gewahrt.
ökologische Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte wird im räumlichen
Zusammenhang gewahrt
Es ist davon auszugehen, dass das Verfahrensgebiet keine Lebensraumfunktion für Schlingnattern hat und diese sämtlich in den
Weinbergsbrachen nordwestlich des Verfahrensgebietes existieren. Schädigungen erfolgen deshalb nicht.
Prognose und Bewertung der Störungstatbestände gem. § 42 Abs.1, Nr. 2 BNatSchG
Erhebliches Stören von Tieren während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und
Wanderungszeiten
Die Störung führt zur Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population
Die Störung führt zu keiner Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population
Es ist davon auszugehen, dass das Verfahrensgebiet keine Lebensraumfunktion für Schlingnattern hat und diese sämtlich in den
Weinbergsbrachen nordwestlich des Verfahrensgebietes existieren. Störungen erfolgen deshalb nicht.
Zusammenfassende Feststellung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
Die Verbotstatbestände nach § 42 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG
treffen zu
treffen nicht zu
treffen nicht zu unter Berücksichtigung folgender
Maßnahmen: V1xy Errichtung einer undurchlässigen Absperrung (Ampibienschutzzaun) an der nordwestlichen Grenze des
Verfahrensgebietes.
V2xy Entwicklung einer Handreichung/Faltblattes das an alle Nutzer der Anlage abgegeben wird, in dem ein konfliktfreier
Umgang zwischen Nutzern und ggf. einwandernden Schlingnattern und Smaragdeidechsen erklärt wird.
V3xy: Vermeidungsmaßnahme: Verzicht auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark.
A3xy: Verbesserung der Habitatsituation durch Entwicklung von zusätzlichen als Lebensraum nutzbaren Strukturen nordwestlich
des Verfahrensgebietes. Negative Entwicklungstendenzen durch Gehölzsukzession werden aufgehalten und Strukturen geschaffen,
die langanhaltend von Schlingnattern als Lebensraum genutzt werden können.
Vorsorgliche Ausnahmeprüfung:
Obwohl keine Verbotstatbestände nach § 42 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG (aufgrund der Vermeidungsmaßnahme und vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen) erfüllt sind, werden im Folgenden vorsorglich die naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG geprüft.
Darlegung der naturschutzfachlichen Gründe für eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG
Erhaltungszustand der Art in Rheinland-Pfalz
günstig
unzureichend
Wahrung des Erhaltungszustandes
Die Gewährung einer Ausnahme führt zu:
schlecht
unbekannt
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R2
Schlingnatter (Coronella austriaca)
keiner Verschlechterung des derzeit günstigen Erhaltungszustandes der Populationen in RLP
keiner weiteren Verschlechterung des jetzigen unzureichend bekannten Erhaltungszustandes der Populationen in RLP
Kompensatorische Maßnahmen (Nummerierung laut LBP):
A3xy: Verbesserung der Habitatsituation durch Entwicklung von zusätzlichen als Lebensraum nutzbaren Strukturen nordwestlich
des Verfahrensgebietes. Negative Entwicklungstendenzen durch Gehölzsukzession werden aufgehalten und Strukturen geschaffen,
die langanhaltend von Schlingnattern als Lebensraum genutzt werden können.
Durch den Bau der Ferienanlage kann es zwar zu einer Störung von dispergierenden Schlingnattern kommen, jedoch sind diese Beeinträchtigungen und Störungen wahrscheinlich sehr gering, da durch Vermeidungsmaßnahmen verhindert wird, dass Individuen auf die
Baufläche gelangen und die nordwestlich bekannten/anzunehmenden Lebensraum so aufgewertet werden, dass sich dort die Lokalpopulation vergrößern kann.
Als kompensatorische Maßnahmen werden V1xy, V2xy, V3xy und A3xy vorgeschlagen.
Damit wird gewährleistet, dass sich der Erhaltungszustand der Schlingnatterpopulation im Naturraum und somit auch in RheinlandPfalz nicht verschlechtert. Die Maßnahmen werden zu einer Verbesserung des Erhaltungszustandes der (lokalen) Schlingnatterpopulation führen.
Vergleich zumutbarer Alternativen mit keinen oder geringeren Beeinträchtigungen für die Art
•
Der Eingriff erfolgt auf Flächen ohne Lebensraumeignung für Schlingnattern..
•
Die geprüften Alternative (abseits der intensiv genutzten Weinbergsflächen) würden potenziell als Lebensraum der
Schlingnatter besser geeignete Bereiche betreffen
Aus Sicht des Vorhabensträgers liegt keine zumutbare Alternative mit keinen oder geringeren Beeinträchtigungen für die Schlingnatter vor, da

zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art,
vorliegen,

zumutbare Alternativen, die zu keinen oder geringeren Beeinträchtigungen der relevanten Arten führen, nicht gegeben sind,

keine Verschlechterung des unzureichend bekannten Erhaltungszustandes der Population einer Art zu erwarten ist bzw. bei
derzeitig schlechtem Erhaltungszustand eine Verbesserung nicht behindert wird.
7
Zusammenfassende Darlegung der naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG
Gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG können hinsichtlich der Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie von den
Verboten des § 44 BNatSchG Ausnahmen zugelassen werden.
Nachfolgend wird zusammenfassend dargelegt, ob die naturschutzfachlichen Ausnahmevoraussetzungen erfüllt sind.
7.1
Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie
7.1.1
Tierarten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie
In folgender Tabelle werden die Ergebnisse des Kap. 6 zusammengefasst:

Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG

Auswirkung des Vorhabens auf den Erhaltungszustand der Art
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Tab. 4:
Verbotstatbestände und Erhaltungszustand für die Tierarten des Anhangs IV
der FFH-Richtlinie
Artname
deutsch
Verbotstatbestände
wissenschaftlich
§ 44 Abs. 1
i. V. m. Abs. 5
BNatSchG
aktueller
Erhaltungszustand in
der biogeographischen Region
RLP
Vorhabensbedingte
Auswirkung auf den
Erhaltungszustand der
Populationen der Art in der biogeographischen Region
(Formblatt)
Smaragdeidechse
Lacerta bilineata
Schlingnatter
Coronella austriaca
(R1)
schlecht
xx
keine Verschlechterung; vorsorgliche Förderung der regionalen Population unter Einbeziehung kompensatorischer Maßnahmen
-
unbekannt
xx
keine Verschlechterung; vorsorgliche Förderung der regionalen Population unter Einbeziehung kompensatorischer Maßnahmen
(R2)
X
Verbotstatbestand erfüllt
Nachfolgend (Tab. 5) wird zusammenfassend dargelegt, ob diese Befreiungsvoraussetzungen aus naturschutzfachlicher Sicht erfüllt sind. Dies ist dann der Fall, wenn folgende Sachverhalte vorliegen:


Verweilen der Population der betroffenen Art ohne Beeinträchtigung in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand (gem. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie).
Keine anderweitige zufriedenstellende Lösung (gem. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie).
Tab. 5:
Verbotstatbestände und Erhaltungszustand von Schlingnatter und Smaragdeidechse
Art
Verbotstat-
Verbotstatbe-
bestände
stände des
des § 44
Art. 12 Abs. 1
BNatschG
FFH-RL
Schlingnatter im
Störung
1(b)
Im Bereich des geplanten Ferien-
Vermeidungsmaßnahme 1xy : Verhinde-
Bereich des ge-
dispergie-
parks kommt die Art nicht vor;
rung des Eindringens dispergierender
planten Ferien-
render
nächstgelegenes Vorkommen war
Schlingnattern während der Bauphase.
parks
Individuen
ein dispergierendes Individuen ca.
Örtlichkeit
Erhaltungszustand der Art
Wirksamkeit von Vermeidungsmaßnahmen
100 nordwestlich der nordwestli-
Vermeidungsmaßnahme 2xy: Informa-
chen Grenze des Verfahrensgebie-
tion der Nutzer des Ferienparks über
tes. Eine Lokalpopulation der
Reptilien und Möglichkeiten des kon-
Schlingnatter sollte in den Wein-
fliktfreien Nebeneinanders möglicher-
bergsmauer-
weise dispergierender Schlangen und
Weinbergsbrachegebiet nordwest- Feriengästen.
lich des Verfahrensgebietes ausgebildet sein.
Vermeidungsmaßnahme V3xy: Verzicht
auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark
vorsorgliche Ausgleichssmaßnahme 3xy:
vorgezogen sind Lebensräume nordwestlich des Verfahrensgebietes zu optimieren bzw. neu zu entwickeln, damit sich
die bestehende Lokalpopulation vergrö-
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Reptilien Ferienpark Marina - Fachbeitrag Artenschutz gem. § 44 BNatSchG
Art
Örtlichkeit
Verbotstat-
Verbotstatbe-
bestände
stände des
des § 44
Art. 12 Abs. 1
BNatschG
FFH-RL
Erhaltungszustand der Art
Wirksamkeit von Vermeidungsmaßnahmen
ßern kann
Smaragdeidechse
Störung
Im Bereich des geplanten Ferien-
Vermeidungsmaßnahme 1xy: Verhinde-
im Bereich des
dispergie-
1(b)
parks kommt die Art nicht vor;
rung des Eindringens dispergierender
geplanten Ferien-
render
nächstgelegenes Vorkommen war
Smaragdeidechsen während der Bau-
parks
Individuen
ein dispergierendes Individuen ca.
phase.
100 nordwestlich der nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebie-
Vermeidungsmaßnahme 2xy: Informa-
tes. Eine Lokalpopulation der
tion der Nutzer des Ferienparks über
Schlingnatter sollte in den Wein-
Reptilien und Möglichkeiten des kon-
bergsmauer-
fliktfreien Nebeneinanders möglicher-
Weinbergsbrachegebiet nordwest- weise dispergierender Reptilien (Smaragdeidechsen) und Feriengästen.
lich des Verfahrensgebietes ausgebildet sein.
Vermeidungsmaßnahme V3xy: Verzicht
auf Einsatz von Herbiziden im Ferienpark
vorsorgliche Ausgleichssmaßnahme 3xy:
vorgezogen sind Lebensräume nordwestlich des Verfahrensgebietes zu optimieren bzw. neu zu entwickeln, damit sich
die ggf. bestehende Lokalpopulation
vergrößern kann
Die vorsorglichen Maßnahmen stellen sicher, dass die Population von Schlingnatter und ggf. Smaragdeidechse ohne Beeinträchtigung in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand (gem. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie) verbleiben wird.
7.3
Keine zumutbare Alternative
Die gewählte Alternative ist hinsichtlich der Betroffenheit gemeinschaftsrechtlich geschützter Arten (Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie) als die insgesamt Günstigste einzustufen.
Sowohl Ferienpark als auch Hafenbecken werden in einem Raumausschnitt realisiert, in dem keine Individuen von Schlingnatter und Smaragdeidechse vorkommen.
8
Fazit
a) Für die Schlingnatter ist lediglich im Zusammenhang mit dispergierenden Individuen der Störungstatbestand des §44(1) BNatschG als auch des Art 12(1b) der FFH-Richtlinie einschlägig.
Bei Ergreifen der vorgeschlagenen Vermeidungs- und vorsorglich vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen stehen die artenschutzrechtlichen Vorschriften des BNatschG und der FFH-RL dem Vorhaben nicht entgegen.
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b) Für die Smaragdeidechse ist lediglich im Zusammenhang mit dispergierenden Individuen der Störungstatbestand des §44(1) BNatschG als auch des Art 12(1b) der FFH-Richtlinie einschlägig.
Bei Ergreifen der vorgeschlagenen Vermeidungs- und vorsorglich vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen stehen die artenschutzrechtlichen Vorschriften des BNatschG und der FFH-RL dem Vorhaben nicht entgegen.
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Anhang 1
Vermeidungsmaßnahme V1xy: Errichtung einer temporär über den gesamten Bauzeitraum
undurchlässigen Absperrung (Reptilienschutzzaun) an der nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebietes.
Im Fokus der Betrachtungen dieser SAP stehen die möglichen, aber sehr unwahrscheinlichen
Wirkungen des Vorhabens und Möglichkeiten, vorsorglich verbleibende Beurteilungsrisikien
durch Maßnahmen so zu verringern, dass Schäden an den Lokalpopulationen von Schlingnatter
und ggf. Smaragdeidechse auszuschließen sind. Aufgrund der Habitatausstattung ist davon auszugehen, dass sich nordwestlich an das Verfahrensgebiet eine Lokalpopulation der Schlingnatter
anschließt, die jedoch weitgehend durch intensiv genutzte Weinbergsflächen vom Verfahrensgebiet isoliert ist. Lediglich einige Feldwirtschaftswege und Gräben begünstigen dispergierende
Individuen (Nachweis einer Schlingnatter von 2013). Damit ist aber auch klar, dass ein Einwandern während der Bauzeit nicht gänzlich auszuschließen ist, infolge dessen es zu einer Tötung
oder Störung eines Individuums kommen könnte. Um dies zu vermeiden wird hier vorgeschlagen, einen undurchlässigen und nicht zu überkletternden Reptilienschutzzaun wie in nachfolgender Abb. 6 dargestellt zu bauen und diesen so lange funktionsfähig zu halten, bis alle Bauabschnitte realisiert sind.
Abb. 6: Reptilienschutzzaun (gelb) unmittelbar an der nordwestlichen Grenze des Verfahrensgebietes (grün schraffiert). Aktuell gültige Abgrenzung des Verfahrensgebietes vgl. Abb. 1.
Da die ggf. vorkommenden Smaragdeidechsen sehr gute Kletterer sind, die quasi im Kronendach
der niedrigen Gehölze leben, ist es notwendig, eine aufwändigere Zaunkonstruktion zu realisieren, um ein Überklettern der Absperrungseinrichtung auszuschließen (vgl. Abb. 7). Weiterhin
muss der Zaun so tief und sorgfältig eingebaut werden, dass keine Hohlräume verbleiben, die
ggf. von Schlingnattern zum Durchschlupf genutzt werden können. Der Zaun muss über eine
Länge von ca. 850 m angebracht werden (vgl. Abb. 6). Er muss beständig gegenüber Witte-
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rungseinflüssen und ggf. Vandalismus über den gesamten Bauzeitraum sein und ggf. zeitnah
repariert werden.
Abb. 7: Konstruktionsdetails eines überkletterungssicheren Reptilienzaun aus Kunststoff oder
Blechen.
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Anhang 2
Vorsorgliche Ausgleichsmaßnahme
A3xy Verbesserung der Habitatsituation durch Entwicklung von zusätzlichen als Lebensraum
nutzbaren Strukturen nordwestlich des Verfahrensgebietes.
Abb. 8: Maßnahmen zur Sicherung und Entwicklung von Kleinstrukturen und Strukturvielfalt im Habitat
der Schlingnatter (Lokalpopulation nordwestlich des Verfahrensgebietes) und ggf. Smaragdeidechse.
Im in Abb. 8 dargestellten Bereich sind starke Tendenzen der Aufgabe der weinbaulichen Nutzung erkennbar. Einige der Weinberge sind bereits vor mehr als 10 Jahren brachgefallen und inzwischen von Pioniergehölzen wie Birken besiedelt. Andere befinden sich in einem Brombeeren/Hundsrosenstadium, andere
sind von einer Ruderalvegetation u.a. mit Goldrute bedeckt, weitere befinden sich in einem sehr frühen
Stadium der Nutzungsaufgabe (erste Verbrachungstendenzen, ausbleibende Pflege der Weinstöcke). Absehbar ist die Entwicklung einer höheren Gehölzvegetation, die weder im Interesse der Winzer ist, die
noch Weinbau betreiben, noch im "Interesse" der Reptilien.
Vor diesem Landschaftsentwicklungshorizont ist es sinnvoll Maßnahmen zu ergreifen, um die existierende
Lokalpopulation der Schlingnatter nachhaltig zu sichern, indem auch vorsorglich notwendige Maßnahmen
(CEF-Maßnahmen) in die Fläche gelegt werden. Wie in Abb. 8 dargestellt, geht es in erster Linie darum,
die Strukturvielfalt der Weinberge und Weinbergsbrachen zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Durch
Strukturvielfalt entstehen die Grenzlinien und Teillebensräume die notwendig sind, die Individuen einer
Lokalpopulation im Raum zu gruppieren und strukturieren.
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In Abb. 9 ist eine Maßnahme dargestellt, mittels der gezielt neue Lebensräume für Schlingnattern und
ggf. Smaragdeidechsen entwickelt werden können, die nachhaltig und dauerhaft zur Verfügung stehen.
Die Ausführung der Maßnahme ist so zu realisieren, dass eine Gefährdung sonstiger Aktivitäten in einem
Weinbau- und Naherholungsgebiet nicht gegeben ist. Die Steinschüttungen sind so auszuführen, dass ggf.
abrutschende Steine keine gesundheitlichen Schäden hervorrufen können, falls sie den Weinbergshang
hinabrollen sollten.
Abb. 9: Konstruktionsprinzip zur Entwicklung von Lebensräumen für Schlingnattern und ggf. Smaragdeidechsen. Sicherung von grabbaren Rohbodenstrukturen und Sonnplätzen.
Die Konstruktion ist kostenminimierend ausgeführt, da Hangmodellierungsmaßnahmen nicht anfallen.
Alternativ können aber auch Hangbereiche terrassiert oder ausgekoffert werden, um die Mauern im Hang
zu verankern.
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