Schattenblick Druckausgabe

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Schattenblick Druckausgabe
Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ...
MA-Verlag
BÜRGER / REPORT
Planspiel Stadtbereinigung Okkupation auf leisen Sohlen Gespräch mit Flo vom AKU
Interview mit Flo vom Arbeitskreis
Umstrukturierung Wilhelmsburg
Elektronische Zeitung Schattenblick
Donnerstag, 20. Juni 2013
Getretene Würde - Teil des Problems
Verantwortung wegen des Libyenkrieges verweigert ­
Kundgebung vor dem französischen Generalkonsulat
Proteste libyscher Kriegsflüchtlinge in Hamburg ­ 19. Juni 2013
Im Arbeitskreis Umstrukturierung
Wilhelmsburg (AKU) werden "kritische Töne zu Stadtentwicklungsprozessen in Hamburg-Wilhelmsburg"
[1] laut. Dies betrifft insbesondere
die Internationale Bauaustellung
(IBA), mit deren Auftakt 2007 das
Hamburger Stadtentwicklungs- und
Gentrifizierungsprojekt "Sprung
über die Elbe" angeschoben werden
sollte ... (Seite 4)
POLITIK / REPORT
Quo vadis NATO? Wandel der Feindschaften?
Wölfe fressen Kreide ­ zum Versöh­
nungskurs US­amerikanischer
Stichwortgeber
Demonstrationsmarsch obdachloser
Überlebender des Libyen­Krieges
am 18. Juni 2013 in Hamburg
Foto: © 2013 by
http://lampedusa­in­hamburg.tk/
Themenblock "Neue Geostrategische Konzepte der USA und der NATO" auf dem Kongreß "Quo vadis
NATO?" am 27. April 2013 in Bremen ... (Seite 10)
Nach wie vor verweigert der Hamburger Senat den rund 300 Kriegsüberlebenden aus Libyen, die seit
Mitte April auf Straßen, in UnterfühNATUR / CHEMIE
rungen oder unter Brücken zu nächtigen sich gezwungen sehen, da es für
Unbarmherzig, unbedacht die meisten von ihnen kein Obdach
Werbe- und PR-Chemie
gibt, ein humanitäres EntgegenkomDie brennendsten Fragen zur
men. Ungeachtet zahlreicher Proteste
Fracking Chemie bleiben offen
und konkreter Solidarität nicht zuBad Busiasch, Westrumänien. Im letzt auch aus Kirchenkreisen hält der
Vergleich zu deutschen Kurbädern Senat, der sich in diesem Punkt mit
findet der Besucher eine eher be- dem Bundesinnenministerium einig
scheidene ... (Seite 18)
weiß, an dem Bestreben fest, die un-
willkommenen Zeugen eines Krieges, den inzwischen namhafte Völkerrechtler für völkerrechtswidrig
halten, so schnell wie möglich abzuschieben. Der angebotene Aufenthalt
in einer leerstehenden Schule war
seitens des Senats an die Bedingung
geknüpft worden, daß sich alle
Flüchtlinge registrieren lassen müßten - was von der Nordkirche umgehend als Versuch, die eigentlich anvisierten baldmöglichsten Abschiebungen zu ermöglichen, erkannt und
zurückgewiesen worden war.
Die Kriegsüberlebenden verstehen
sich keineswegs als Opfer einer rigiden Flüchtlings- und Abschiebepolitik, mit der sie keineswegs nur in
Hamburg, sondern in der gesamten
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EU konfrontiert sind. Sie treten aktiv ist ein brennendes Land voller Waf­
für ihre Interessen ein und scheuen fen geworden. Wir sind jetzt in Euro­
keineswegs davor zurück, die ohne- pa und wir werden hier bleiben. In
hin offen zu Tage tretenden Zusam- Italien lebten wir zwei Jahre unter
menhänge zwischen der jetzigen ab- schweren Bedingungen unter Ver­
wehrenden Haltung der EU-Staaten waltung des italienischen Staates.
und ihrer Beteiligung an einem Nach der Anerkennung unseres hu­
Krieg, der dieses Flüchtlingselend manitären Flüchtlingsstatus wurden
erst verursacht hat, auch zu benen- wir nachdrücklich aufgefordert,
nen. So wurde in einem auf der Web- nach Nordeuropa zu gehen. Keiner
seite der Gruppe "Lampedusa in der Staaten der Europäischen Union
Hamburg", wie sich die in der Han- will die Verantwortung übernehmen
sestadt gestrandeten libyschen und Schritte zur Unterstützung der
Kriegsüberlebenden inzwischen nen- Kriegsflüchtlinge aus Libyen ma­
nen, veröffentlichten Aufruf zu einer chen ­ die Zivilisten, die angeblich
Kundgebung vor dem französischen geschützt werden sollten.
Generalkonsulat, die am Dienstag
stattfand, an die voranpreschende Einem Bericht von "Lampedusa in
Rolle Frankreichs beim Weg der NA- Hamburg" [2] zufolge setzten sich am
TO in den Libyen-Krieg erinnert [1]: Dienstag nach einer Kundgebung an
der Hamburger Moorweide rund 120
Mit der "Opération Harmattan" be­ Menschen in Richtung des französigann am 19. März 2011 Frankreich schen Generalkonsulats in Bewegung.
im militärischen Verband mit Groß­ Sie taten ihr Möglichstes, um den
britannien, den USA und Kanada die Hamburger Bürgerinnen und Bürgern
Bombardierung Libyens. Drei Tage zu vermitteln, wieso es sie hierher später folgten die Luftangriffe unter wie auch in andere Staaten der EU dem Kommando der NATO.
verschlagen hat und warum sie die
Auffassung vertreten, daß die Staaten,
Die massiven Luftangriffe wurden als die damals Krieg gegen Libyen geführt
"Schutz der Zivilbevölkerung" der Öf­ haben, auch für dessen humanitäre
fentlichkeit verkauft, tatsächlich war es Folgen die Verantwortung übernehmen
eine Einmischung in die inneren Ange­ müßten. So hieß es in dem Bericht [2]:
legenheiten eines souveränen Staates
mit dem Ziel eines "Regime Change".
Wir selbst waren Teil der Zivilbevölke­
rung in Libyen. Wir gehörten keiner
politischen Partei oder Fraktion an,
weder auf Seiten des Regimes noch auf
Seiten der Opposition. Wir haben ge­
arbeitet und unsere Familien versorgt.
Wir wurden Opfer der Bombenangrif­
fe ebenso wie der Angriffe durch die
verschiedenen Kriegsparteien ange­
heizt durch die Intervention. (...)
In Ergänzung zu dem Banner, welcher
die Aufschrift trug "Wir haben nicht
den NATO­Krieg in Libyen überlebt,
um auf Hamburgs Straßen zu sterben",
wurden einige eindrucksvolle Aufnah­
men von den Flüchtlingen hochgehal­
ten. Auf diesen Aufnahmen waren Mo­
mente aus dem Krieg in Libyen zu se­
hen, um die brutale und gefährliche
Situation vor Ort deutlich zu machen.
Während der Demonstration wurden
zusätzlich verschiedene Parolen an­
gestimmt; wie zum Beispiel "Kein
Mensch ist illegal" oder "We are here,
TO STAY" (deutsch: "Wir sind hier, um
zu bleiben"). Am Rande der Demon­
stration wurden Solidaritätserklärun­
gen des Hamburger Flüchtlingsrates
an Passanten_innen verteilt.
Direkt vor dem Konsulat wurde eine
Kundgebung abgehalten mit mehreren Reden und Wortbeiträgen Betroffener, in denen die Rolle Frankreichs im Libyen-Krieg, aber auch in
Staaten wie Mali und der Elfenbeinküste thematisiert wurde. Dem Vernehmen nach waren die Konsulatsmitarbeiter zu keiner Stellungnahme
bereit, sie verwiesen auf ein späteres,
vereinbartes Gespräch, in dem verschiedene Aspekte und Fragen geklärt werden würden. Ob diese Unterredung inzwischen stattgefunden
und zu welchen Ergebnissen sie geführt hat, ist zur Stunde noch unklar.
Kundgebung vor dem Generalkon­
sulat des Staates, der 2011 als erstes
Libyen bombardierte
Foto: © 2013 by
http://lampedusa­in­hamburg.tk/
Die Länder, die im Namen von Demo­
kratie und Menschenrechte Krieg füh­
ren, verweigern uns heute jeden Schutz.
Sie gehen sogar noch weiter und be­
drohen uns mit der Abschiebung in
Länder, die wir vor langer Zeit verlas­
sen hatten, um in unserer neuen Heimat
Libyen unsere Leben zu sichern.
Wir haben alles verloren und Libyen
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Do, 20. Juni 2013
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In der Hamburger Presse spiegelt
sich die speziell gegenüber diesen
Kriegsflüchtlingen ambivalente Haltung wider. Einerseits stellen sich
namhafte Konzernmedien wie das
Hamburger Abendblatt hinter die Position des SPD-Senats, an den beabsichtigten Abschiebungen festzuhalten und die Forderungen, den Obdachlosen ein Bleiberecht zu gewähren, zu ignorieren. Andererseits
möchten auch als konservativ geltende Medien sich wohl nicht nachsagen lassen, elementarste humanitäre
Forderungen, wie sie vehement auch
aus Kirchenkreisen erhoben werden,
abzulehnen. Die Proteste der Kriegsflüchtlinge und die Kundgebung der
rund 80 Teilnehmenden vor dem
französischen Konsulat in der Heimhuder Straße fanden Erwähnung im
Hamburger Abendblatt [3]:
So sehen das keineswegs alle Menschen in Hamburg. In einem Fernsehbeitrag des Norddeutschen Rundfunks wurde gestern darüber berichtet, daß die Kriegsflüchtlinge, die
seit drei Wochen in der St.-Pauli-Kirche übernachten, verstärkt Drohanrufen und rassistischen Beschimpfungen ausgesetzt seien. [4] Auf der
anderen Seite gibt es immer wieder
Menschen in der Nachbarschaft und
zahlreiche Organisationen, die praktische Solidarität üben und ein Bleiberecht für die obdachlosen Kriegsüberlebenden fordern. Sieghard
Wilm, Pastor der St.-Pauli-Kirchengemeinde, in deren Kirchenschiff
seit Wochen bis zu 80 Menschen
übernachten, schilderte gegenüber
Deutschlandradio Kultur am Dienstag, wie die praktische Solidarität
aussieht [5]:
Die Demonstranten forderten Unter­
stützung und den Verzicht auf Ab­
schiebung. Rund 80 Menschen betei­
ligten sich an dem Protest. "Wir ha­
ben alles verloren und Libyen ist ein
brennendes Land voller Waffen ge­
worden", heißt es auf einem Flug­
blatt der Flüchtlinge. Und weiter:
"Wir sind jetzt in Europa, und wir
werden hier bleiben." Dass das fran­
zösische Generalkonsulat Ziel der
Demonstranten war, ist kein Zufall.
Frankreich hatte im März 2011 ge­
meinsam mit Großbritannien, den
USA und Kanada mit der Bombar­
dierung der Truppen des Gaddafi­
Regimes in Libyen begonnen. Drei
Tage später folgten Luftangriffe un­
ter dem Kommando der Nato. (...)
Gleich neben dem Altar steht das
Frühstücksbuffet: zusammengescho­
bene Tische, eine Kiste mit Brötchen,
gefüllte Kaffekannen, Marmeladen,
Plastikgeschirr, Plastikbecher, Back­
bleche. "Das sind alles Spenden.
Dieser Kuchen, der hier heute aus­
gegeben wird, der ist von einer
Nachbarin. Das ist alles zu Hause
gebacken, da kommen Leute mit so
einem ganzen Backblech vorbei. Das
ist natürlich total rührend. Das Brot
ist von einer Bäckerei gespendet.
Das sind alles so Sachen, die vorbei
gebracht werden. Das heißt aber:
wir wissen nicht sicher, was wir am
nächsten Tag haben werden. Das ist
ein bisschen immer auch eine
Wackelpartie."
Kirche und Diakonie verstehen ihr
Engagement für die Libyen­ Flücht­
linge als "humanitäre Nothilfe". Am
vergangenen Wochenende rief Ham­
burgs Bischöfin Kirsten Fehrs die 171
evangelischen Kirchengemeinden der
Stadt zu weiterer Unterstützung auf
und bat um Spenden auf. "Jeder
Mensch hat ein Grundrecht auf Ge­
sundheits­ und Basisversorgung sowie
Unterbringung", steht auf einem Info­
Flyer der Nordkirche. Und: "Auch Je­
sus war ein Flüchtlingskind."
Do. 20. Juni 2013
Der Geistliche machte jedoch auch
deutlich, wie unsicher die Situation
der in seiner Kirche nächtigenden
Menschen nach wie vor ist. So fragte er [5]:
Nur was ist jetzt die Konsequenz? Da
möchte ich doch einmal wissen, was
die Innenbehörde jetzt tun möchte!
Also ganz konkret tun möchte. Da
wir hier 80 dieser Gäste hier haben
bei uns, haben wir natürlich ein
ganz, ganz lebhaftes Interesse zu
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wissen: Wie geht es weiter? Wird die
Polizei hier bald vor der Tür stehen
und die Menschen abgreifen?"
Aus der Hamburger Innenbehörde
sei zu vernehmen gewesen, es bestünde kein Grund zur Eile, die Kirche sei ein geschützter Raum, den
die Polizei nicht verletzen werde.
Doch was geschieht mit den Menschen, sobald sie allmorgendlich die
Kirche verlassen? Und was ist mit all
den übrigen Betroffenen, die sich
nach wie vor Nacht für Nacht auf
Hamburgs Straßen durchschlagen
müssen, ohne ein Dach über dem
Kopf zu haben und sich irgendwie
ernähren zu können? Die humanitäre
Situation all dieser Menschen ist
nach wie vor eine so große Katastrophe, daß althergebrachte politische
Kategorien von "rechts" und "links"
ihre Gültigkeit verlieren. So setzt
sich mittlerweile auch der Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bezirksversammlung Altona, Uwe Szczesny, für einen sechsmonatigen
Abschiebestop ein. In einem Interview mit der taz erläuterte er seine
Beweggründe [6]:
Wenn wir uns um die Menschen küm­
mern, wollen wir nicht von vornher­
ein sagen: Ihr werdet abgeschoben.
Es könnte auch eine Duldung oder
ein Bleiberecht dabei herauskom­
men, etwa über die Härtefallkom­
mission. Deshalb wollen wir die
Frage nach der Perspektive offen
lassen, wenn wir in einen Altonaer
Dialog eintreten.
Auf die Bemerkung, er ziehe mit seiner Haltung - für die ihm, wie er freimütig einräumte, auch innerhalb der
CDU von manchen ein Vogel gezeigt
werde - links an der SPD vorbei,
sagte der Altonaer Kommunalpolitiker [6]:
Bei dieser Frage geht es nicht dar­
um, eine Partei politisch zu überho­
len, auf welcher Seite auch immer. Es
geht ausschließlich darum, sich um
die Flüchtlinge zu kümmern. Für uns
ist das eher konservativ: Sich für
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Menschen, die in Not sind, einzuset­
zen, ist weder links noch rechts, son­
dern urchristlich.
Allem Anschein nach ist ein solches
"urchristliches" Verständnis in Hamburg wie anderswo eher Ausnahme
denn Regelfall. Wäre dem nicht so,
müßten Kriegsüberlebende nicht mit
Transparenten durch die Straßen einer Weltstadt ziehen, auf denen geschrieben steht: "Wir haben nicht
den NATO-Krieg in Libyen überlebt,
um auf Hamburgs Straßen zu sterben."
BÜRGER / REPORT / INTERVIEW
Planspiel Stadtbereinigung Okkupation auf leisen Sohlen Gespräch mit Flo vom AKU
Interview mit Flo vom Arbeitskreis
Umstrukturierung Wilhelmsburg am 29. Mai 2013
Fußnoten:
[1] Demonstration zum französischen Generalkonsulat,
veröffentlicht am 17.06.2013
http://www.lampedusa-inhamburg.org/
[2] Demonstration zum französischen Generalkonsulat - Bericht,
veröffentlicht am 19.06.2013
http://www.lampedusa-inhamburg.org/
[3] http://www.abendblatt.de/
hamburg/article117235355/
Fluechtlings-Demo-vorfranzoesischemGeneralkonsulat.html
[4] Hamburg Journal - 18.06.2013,
19:30 Uhr
[5] http://www.dradio.de/
dkultur/sendungen/reportage/
2147031/
[6] http://www.taz.de/InterviewFluechtlinge/!118308/
http://www.schattenblick.de/
infopool/buerger/ticker/
btif0031.html
Seite 4
Im Arbeitskreis Umstrukturierung
Wilhelmsburg (AKU) werden "kritische Töne zu Stadtentwicklungsprozessen in Hamburg-Wilhelmsburg"
[1] laut. Dies betrifft insbesondere
die Internationale Bauaustellung
(IBA), mit deren Auftakt 2007 das
Hamburger Stadtentwicklungs- und
Gentrifizierungsprojekt "Sprung
über die Elbe" angeschoben werden
sollte und die mit dem Präsentationsjahr 2013 ihren Höhepunkt und Abschluß findet, sowie die Internationale Gartenschau (igs), ein exemplarisches Beispiel für die Zurichtung
natürlichen Wildwuchses auf die
Kontroll- und Verwertungsinteressen
sozialräumlicher Organisation. Flo
gehört dem AKU an und beantwortete dem Schattenblick einige Fragen
zum Stand der Entwicklung in Wilhelmsburg nach der Eröffnung beider Events wie den Aktivitäten des
Arbeitskreises.
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Flo vom Arbeitskreis Umstrukturie­
rung Wilhelmsburg (AKU)
Foto: © 2013 by Schattenblick
SB: Flo, könntest du etwas zum Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg sagen? Seit wann gibt es
euch, und wie habt ihr euch zusammengetan?
Flo: Den Arbeitskreis Umstrukturierung gibt es in dieser Form seit fünf
Jahren. Es hat damit angefangen, daß
eine Gruppe Leute sich überlegt hat,
was eigentlich in diesem Stadtteil
geschieht und wie dies zu verstehen
ist. Unser Anspruch bestand darin,
dies zuerst einmal selbst herauszufinden und einzuschätzen, um die
Entwicklung schnell zu kommentieren und zu kritisieren. Denn uns war
eigentlich sofort klar, daß wir mit
unserer Kritik alleine dastehen und
auch von anderer Seite her wenig zu
Do, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
erwarten war. Daher war es wichtig,
die Verhältnisse erst einmal zu analysieren. Zudem haben wir versucht,
dieser Entwicklung in Zusammenarbeit mit Betroffenen - es handelt sich
vorwiegend um MieterInnen - etwas
entgegenzusetzen. Erste Kontakte
wurden geknüpft, als die erste Sanierungseinheit im Weltquartier losging
und es zu Auseinandersetzungen um
mietrechtlich aus zweifelhaften
Gründen gekündigte Mietverträge
kam. Jetzt in der zweiten Phase haben wir es vor allem mit der Wohnungsbaugesellschaft GAGFAH zu
tun.
SB: War die Internationale Bauausstellung (IBA) eine Art Initialmoment für euch, weil die Umstrukturierung der Stadt damit richtig losging?
F: Genau. Damals haben die Medien
auch das Thema IBA stark aufgegriffen, so daß sehr präsent war, daß jetzt
hier in Wilhelmsburg etwas anderes
geschehen soll.
SB: Ist die GAGFAH auch die Trägerin der Wohnungen, die im Reiherstiegviertel saniert werden?
F: Nein, die GAGFAH ist vor allem
im Bahnhofs- und Korallus-Viertel
aktiv. Die Wohnungen im Reiherstiegviertel sind das zentrale IBAProjekt. Das Weltquartier war die erste sichtbare Baumaßnahme der
IBA, die nicht zufällig in Form der
stadteigenen SAGA durchgeführt
wurde. Die ersten Investoren der IBA
waren lange Zeit städtische Unternehmen, so daß es Jahre gedauert
hat, bis tatsächlich private Akteure
aufgetreten sind. Deswegen war die
SAGA damals so prominent. Das sogenannte Weltquartier besteht vor allem aus SAGA-Wohnungen. Ein
großer Teil der Wohnungen im Reiherstiegviertel wie überhaupt in Wilhelmsburg wie eigentlich in ganz
Hamburg gehört der SAGA. Und ein
ganz kleiner Teil davon wurde mit
großer öffentlicher Beachtung saniert und umgestaltet.
Do. 20. Juni 2013
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IBA­Impressionen ­
Postmoderne Planungszentrale,
unwirtliche Peripherie
Fotos: © 2013 by Schattenblick
SB: Bei unserem Besuch im Weltquartier heute machte das Viertel den
Eindruck einer riesigen Baustelle.
Die Luft war voller Staub, die Baumaschinen machten sehr viel Lärm.
Sollte der Umbau des Weltquartiers
zur IBA nicht abgeschlossen sein?
F: Die Umbauten sind bisher nur zu
einem geringen Teil fertiggestellt
worden. Es gibt verschiedene Sanierungsstufen, von denen die erste bereits seit zwei Jahren fertig ist. Da
wurde saniert, während die Leute in
den Objekten wohnen bleiben konnten, unter reger Anteilnahme der Medien, die eine regelrechte Weltquartier-Show daraus machten. Die Bewohner der betroffenen Häuser hatten
ganz andere Probleme, Stichwort:
Mietrechtsverletzungen. Bereits während der Sanierung wurde deutlich,
daß die SAGA sich nicht an ihre Zusagen hielt. Zudem wurde versucht,
die Mietverträge derjenigen, die Umsetzwohnungen bekommen hatten
und anschließend in ihre alten Wohnungen zurückziehen wollten, zu kündigen - mit dem Ziel, neue Verträge zu
anderen Bedingungen abzuschließen.
Ein Unding, weshalb sich viele mitSeite 6
rechtlich beraten ließen. Allerdings
haben wir bis aufeinige Fälle nur zu
wenigen dieser betroffenen Mieter
Kontakt. Es handelt sich vor allem um
diejenigen, die nicht zurückziehen
können, weil ihre Wohnungen vergrößert wurden und dadurch wesentlich
teurer geworden sind. Zum Teil sind
es auch Hartz-4-Empfänger, deren alte Wohnungen nun nicht mehr in die
für sie gültigen Bemessungsgrenzen
fallen. Diese Betroffenen wollen wir
ausfindig machen, weil ihre Fälle für
ein modellhaftes Projekt besonders
interessant sind. Die Medienberichterstattung hierüber ist spärlich, als ob
dieses Thema nicht an die große
Glocke gehängt werden soll.
SB: Ist der Arbeitskreis Umstrukturierung mit der Kampagne IBA?
Nigs DA! assoziiert?
erreichen können und die Probleme
beim Namen genannt. Immerhin
schreiben die Medien seitdem, daß
die Bauausstellung "umkämpft" und
"umstritten" ist, daß es Gegenstimmen und große Demonstrationen
gibt. Bei der Gartenschau gelang uns
das weniger öffentlichkeitswirksam,
aber bei der IBA ganz gut. Auch
überregionale Medien berichten von
den Problemen der betroffenen Mieter und auch von den Demonstrationen. In Hamburger Medien wurde
die Kritik meinem Eindruck nach zu
einem großen Teil durchaus freudig
aufgegriffen. In der Bevölkerung
sind die Reaktionen unterschiedlich,
aber ich habe eigentlich immer das
Gefühl, daß es viel Zuspruch zu unseren Aktionen gibt.
SB: Wie ich in einschlägigen Blogs
gelesen habe, erheben manche alteingesessenen Wilhelmsburger den
Vorwurf, daß da Leute kommen, die
gar nicht im Stadtteil aufgewachsen
sind und jetzt ihre politischen Ziele
auf ihrem Rücken austragen. Habt
ihr auch solche Kritik an eurer Kampagne vernommen?
F: Natürlich gibt es Reibungspunkte.
Gerade in Wilhelmsburg erscheint es
den Alteingessenen wichtig, daß man
nur dann als Wilhelmsburger gilt,
wenn man dort schon sehr lange
wohnt. Diesen Vorwurf gab es. In der
IBA? Nigs Da!-Kampagne allerdings
arbeiten wir mit Initiativen wie den
Engagierten Wilhelmsburgern, mit
denen wir eine ganz enge Zusammenarbeit während der Kampagne hatten,
und anderen zusammen, die dafür stehen, schon immer in Wilhelmsburg
gewohnt zu haben. Das denke ich, hat
derartigen Vorwürfen ein wenig den
Wind aus den Segeln genommen.
F: Wir sind ein Teil von IBA? Nigs
DA!. Die Kampagne wurde während
eines größeren Treffens, bei dem sich
verschiedene Leute aus Wilhelmsburg zusammensetzten und diskuSB: Die Engagierten Wilhelmsburtierten, ins Leben gerufen.
ger haben hauptsächlich, wie ich es
SB: Wie ist es um die Resonanz in verstanden habe, ein Interesse an der
der Bevölkerung auf die IBA? Nigs Verkehrsinfrastruktur. Weißt du, wie
diese Initiative zu IBA und igs steht?
Da!-Kampagne bestellt?
F: Mit unserer Kampagne haben wir, F: Die alteingesessenen Wilhelmsdenke ich, nicht wenige Menschen burger sind sich eher bei der Frage
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KünstlerInnen von ihrem Engagement für die IBA zu distanzieren. Ich
denke, daß dies auch ein Erfolg unserer Kampagnen ist. Doch sind derartige Kulturoffensiven immer noch
ein Teil dieser Events und werden es
wohl auch bleiben.
SB: IBA und igs sind nun vollständig im Gange. Hast Du den Eindruck, daß sich der Anspruch der
Macher dieser Shows, die Massen
anzuziehen, erfüllt hat?
F: Das ist unterschiedlich. Zur igs
gab es vor kurzem den taz-Artikel
"80 Gärten ohne Gäste" [5]. Ich denke, die sind nahe dran am NegativBesucherrekord für Gartenschauen.
Das mag am Wetter, aber auch an den
krassen Eintrittspreisen liegen. Das
mag auch daran liegen, daß eine
Gartenschau immer, um sie durchzusetzen, unglaubliche Besucherzahlen
vorgibt und dann nur die Hälfte erreicht. Das müßte man einmal mit
anderen Gartenschauen vergleichen.
Es ist schon absehbar, daß da nicht
so viele Leute hingehen werden. Die
IBA gibt an, daß sie mehr Besucher
als erwartet hat, allerdings ist fraglich, ob dort überhaupt mit einem
solchen Massenansturm gerechnet
wurde. Die IBA ist auch nicht so sehr
auf diese Ausstellung angewiesen,
weil es eigentlich darum gar nicht
geht.
burg zur Demo gefahren. So etwas
gab es alles, es hätte natürlich mehr
sein können, das mag aber auch an
der Verkehrsinfrastruktur einig, in unserem Wilhelmsburg-zentrierten
anderen Fragen kann das ganz unter- Blick liegen. Wir erhoffen uns eben
schiedlich sein. Sicherlich gab es bei immer mehr, als letztendlich eintritt.
der Zusammenarbeit inhaltliche Differenzen, und die engagierten Wil- SB: Auf der Demo zur Eröffnung der
helmsburger sind auch nicht Teil von IBA konnte man Transparente [3] seIBA? Nigs Da!. Doch die Zusam- hen, auf denen kritisiert wurde, daß
menarbeit kann ja auch funktionie- KünstlerInnen, die sich für die IBA
ren, wenn man sich nicht in allen haben einkaufen lassen, jetzt wieder
auf Gentrifizierungskritik umPunkten einig ist.
schwenken. Setzt sich das StadtSB: In Hamburg gibt es eine relativ Marketing nicht mehr so gut durch,
starke Recht-auf-Stadt-Bewegung. oder was könnten die Gründe dafür
Wie verläuft die Zusammenarbeit sein, daß sich auch im Kulturbereich
zwischen ihr und den AktivistInnen Widerstand gegen diese Entwicklung
SB: Was meinst du, was der hauptregt?
in Wilhelmsburg?
sächliche Zweck der IBA ist?
F: Aus unserer Sicht haben die Ham- F: Ich weiß nicht, ob ich das so gut
burger Recht-auf-Stadt-Bewegten beantworten kann. Mein Eindruck F: Ich denke, es geht erst einmal um
die Chance, sich mehr auf die Kam- wäre, daß die von Kunst und Kultur eine Neubeschreibung des Stadtteils.
pagne gegen IBA und igs zu bezie- getragene starke Werbung für die An diesem Wandel haben sie jahrehen, ein wenig verpaßt. Es ist IBA in der Anfangszeit wirklich Auf- lang gearbeitet, bevor sie sich entschließlich ein großes Event, das in- merksamkeit erregte, insbesondere schieden, was sie am besten ausstelhaltlich Möglichkeiten der Ausein- die Kunst- und Kultursommer. Doch len, um über den Stadtteil eine neue
andersetzung bietet, gerade etwa bei es gab auch KünstlerInnen, die da Geschichte zu erzählen, die das bisden Stadt-Utopien, die von Seiten nicht mitgemacht haben. So gibt es herige Image vergessen läßt. Das ist
der IBA entwickelt wurden. Zum einen offenen Brief der italienischen ihnen über die Zeit erstaunlich gut
Teil gab es natürlich Berührungs- Gruppe Museo Aero Solar [4], die gelungen. Viele Interessenten bepunkte mit einigen Gruppen, die sich sich dieser Vereinnahmung verwei- sichtigen tatsächlich diese Häuser,
auch an IBA? Nigs Da! beteiligt ha- gerte. Doch diese KünstlerInnen wa- die fast schon absurd isoliert in der
ben. Sie haben auch zur Demonstra- ren eher in der Minderzahl. Seit die Mitte dieser Insel herumstehen. Nation aufgerufen und sind gemeinsam kritischen Stimmen lauter werden, türlich müssen sich die Leute auf eivon der Innenstadt nach Wilhelms- versuchen sich allerdings einige ner Bauausstellung auch etwas anArbeiten und Leben in Wilhelmsburg
Foto: © 2013 by Schattenblick
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gucken können. Aber ich denke, daß
diese Bauten nicht wirklich mit dem
in Verbindung stehen, was die IBA
da tut. Sonst wäre es wahrscheinlich
gar nicht so schlimm, wenn irgendwo ein paar neue Gebäude stehen.
SB: Das ganze ist ja eingebettet in
das große Konzept des "Sprungs
über die Elbe". Habt ihr euch gefragt,
was dieses Konzept im größeren
Rahmen stadtpolitisch bedeutet,
auch über die naheliegende Option
hinaus, daß die Stadt natürlich ihre
Grundstücke aufwerten will?
F: Hierzu haben wir mehrere Ideen.
Am meisten befürchte ich, daß damit
auch ein neuer Umgang mit den sogenannten Problemvierteln einer
Stadt erprobt wird. Die Vorstellung,
aus dem alten Wilhelmsburg einen
völlig neuen Vorzeige-Stadtteil zu
machen, wo neue Leute hinziehen,
schien vor Jahren noch absurd zu
sein. Das ist schon ein sehr ehrgeiziger Plan gewesen. Inzwischen kann
man sich kaum mehr vorstellen, daß
daraus ein ganz normales Quartier
entsteht. Es geht um Normalisierung,
es geht darum, ein Problemviertel
anders zu beschreiben, und zwar auf
eine bevölkerungspolitische Art und
Weise. Als Problem wird die Konzentration von Menschen mit weniger Ressourcen ausgemacht, und es
wird davon ausgegangen, daß mit einer Veränderung dieser Konzentration auch die Verhältnisse anders werden. So wird nicht mehr beansprucht,
die Menschen zu unterstützen und
ihnen zu einer besseren Lebenssituation zu verhelfen, sondern man will
lediglich die Zusammensetzung der
Bevölkerung verändern. Dies wird,
obwohl kein Konzept vorhanden ist,
wie das eigentlich funktionieren soll,
mit der Behauptung getan, daß dies
keine Verdrängungseffekte zur Folge hätte.
Letztlich wird eine offene Verdrängungspolitik gefahren, die auch als
solche zu erkennen ist. Wir hatten
letztens einen Stadt-Geographen bei
einer Veranstaltung zu Gast, der das
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so offen gesagt hat, wie wir es in der
Diskussion kaum tun: Na klar ist das
ein Verdrängungsprogramm, es geht
darum, diese Bevölkerungsmischung
strukturell zu verändern.
SB: Gibt es in Wilhelmsburg Ansätze einer selbstorganisierten Gegenbewegung, die versucht, ihre Straße,
ihr Viertel selbstbestimmt zu gestalten?
SB: Wenn man den kilometerlangen
Zaun sieht, der das Gelände der igs
umgibt, dann wird greifbar, daß hier
ein großes Gebiet dem öffentlichen
Zugang entzogen wird. Wer nicht das
Geld für den Eintritt hinlegen will,
kann das Gelände nicht begehen.
Einen so langen Zaun mitten in der
Stadt aufzustellen ist eigentlich ein
Eklat für sich.
F: Das ganze Gelände ist bereits seit
anderthalb Jahren gesperrt, und das
wird auch im nächsten Jahr so bleiben. Das ist wirklich eine lange Zeit.
Ein riesiges Gelände, das öffentlich
zugänglich und auch bereits ein Park
war, bleibt entgegen der Propaganda
der igs einfach abgesperrt. Das geht
eigentlich nur in Wilhelmsburg.
Wenn man das in Altona probieren
Es gibt noch andere Formen der würde, wäre was los (lacht).
Selbstorganisation, die aber weniger
wahrgenommen werden. Als wir an- SB: Ist es nicht schwierig, eine Gargefangen haben, uns mit dem GAG- tenbauausstellung zu kritisieren,
FAH-Konflikt zu beschäftigen, sind wenn dort alles so schön grün ist?
wir dauernd aufVersuche getroffen, Wie sieht eure Kritik an dieser Form
sich selbst zu organisieren. Es gibt der Nutzung städtischen Raums aus?
diese Netzwerke durchaus, doch sie
treten nicht so sehr in Erscheinung. F: Es geht darum, wie mit öffentlichem Raum umgegangen wird, speSB: Habt ihr auch zur Eröffnung der igs ziell mit öffentlichem Grün. Als wir
zu einer Demonstration aufgerufen?
anfingen, uns mit dem Thema zu beschäftigen, wurden auf dem für die
F: Ja, es waren aber nur kleine Kund- igs vorgesehenen Gelände 5000
gebungen. Es war relativ schnell Bäume gefällt - und dies, weil dort
klar, daß dieses Thema nicht so groß eine Gartenschau gebaut wird. Aus
werden würde. Während die IBA biologischer Sicht ist das katastrosich ganz gut als Fokus der Anti- phal. Große Flächen wurden planiert
Gentrifizierungsbewegung geeignet und anschließend verbaut. Zuvor
hat, funktionierte dies bei der igs wurde sehr viel öffentliche Fläche
nicht, obwohl es gute Gründe dafür einfach privatisiert. Auf großen Teigibt, sie in diesen Kontext zu stellen. len des Gartenschaugeländes sind
Anders als bei der IBA hat die an der Hallen errichtet worden. Von den
igs geübte Kritik so nicht funktio- Flächen, auf denen sich vorher ein
niert. Die Kritik an der Gartenschau Park befand, sind viele verkauft und
geht eher in Richtung Naturzerstö- auch noch eingezäunt worden.
rung. Gartenschauen als Stadtentwicklungsinstrumente mobilisieren Die Fläche, auf der nun Gebäude steirgendwie nicht, dementsprechend hen, die ganze Wilhelmsburger Neue
waren die Proteste kleiner. Zudem Mitte, war ursprünglich einmal Park.
hat es in Strömen geregnet, vom Diese vormals allgemein zugängliWetter her war es eine Katastrophe chen Flächen sind nun größtenteils
und die Medien waren in weit gerin- umzäunt. Da stellt sich die Frage,
gerem Maße präsent als bei der IBA- wie lange das Gelände abgezäunt
Eröffnung.
bleibt und was damit gemacht wird.
F: Es gibt eine traditionelle Bürgerbewegunge. Die gehört eher einem
Bürgertum an, das über mehr Ressourcen verfügt, das weiß und
deutsch und damit auf eine bestimmte Weise positioniert ist. Auf eine bestimmte Art gehören wir als AKU ja
auch dazu.
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Do, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
Auch Planten und Blomen wird
nachts geschlossen. Mit dieser Vorgehensweise hat man kontrollierte
oder kontrollierbare Räume geschaffen, die auf eine bestimmte Art nutzbar sein sollen oder bestimmte Nutzungen nahelegen. Dieser Ausnahmezustand auf Zeit ist ja ohnehin
Konzept in Wilhelmsburg. Hier wird
auf breiter Fläche geprobt, soviel
Ausnahmezustand wie möglich zu
erzeugen, um dann das durchzusetzen, was schon immer angedacht und
für notwendig befunden worden ist.
Dadurch werden viele Hürden außer
Kraft gesetzt, die normalerweise bei
Bauanträgen eingehalten werden
müssen.
SB: Ihr habt gemeinsam das Buch
"Unternehmen Wilhelmsburg" [6]
herausgegeben und macht auch Ver- auch, wie größere Teile der Bevölkeanstaltungen. Wie verläuft dieser Teil rung zu erreichen sind, oder verlegt
ihr euch mehr auf die Diskursebene?
eurer Öffentlichkeitsarbeit?
F: Gerade die Veranstaltungen laufen
erstaunlich gut. Wir hatten im April
und Mai mehrere Veranstaltungen,
im Schnitt waren immer etwa 80 sehr
unterschiedliche Leute da, es war
immer ziemlich voll. Wir hatten ein
paar Koryphäen wie Andrej Holm
eingeladen. Bei den meisten Veranstaltungen entstanden kontroverse
Diskussionen, was Teil des Konzepts
ist. So haben wir ReferentInnen aus
einem breiten Spektrum eingeladen,
auch wenn wir mit ihnen nicht einer
Meinung sind. Als es letzte Woche
um Verdrängung ging, war uns im
Vorfeld klar, daß es unterschiedliche
Ansichten geben würde. Genauso ist
es auch gekommen. Auch mit Thomas Pohl, den wir eingeladen hatten,
stimmen wir nicht zu hundert Prozent überein, sonst hätten wir es auch
selber machen können. Unser Ziel,
eine Diskussion ins Leben zu rufen,
hat meinem Eindruck nach bisher
ganz gut funktioniert.
SB: Euer Buch "Unternehmen Wilhelmsburg" ist relativ anspruchsvoll
geschrieben, so daß es vom theoretischen Niveau her nicht für jeden sofort verständlich ist. Fragt ihr euch
Do. 20. Juni 2013
F: Mit dem Buch haben wir natürlich
auf die Diskursebene gezielt. Wir
wollten damit diesen ganzen Veröffentlichungen, diesem Pressewahnsinn, der rund um diese Eröffnung
passiert, etwas entgegensetzen. Es
ging darum, eine kritische Veröffentlichung, von der wir bisher nicht gesehen haben, daß es sie gibt, genau
dann zu bringen, wenn sie auch interessant ist, und zwar auf einer Ebene, auf der bislang kein Widerspruch
artikuliert wurde. Wir sind in die
Themen so eingearbeitet, daß es nahe lag, ein Buch zu machen, um eine Diskussion anzustoßen.
Elbphilharmonie bis in den
letzten Winkel Hamburgs
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sieht dann vielleicht anders aus. Die
Auseinandersetzungen um die
GAGFAH werden wahrscheinlich
nicht vorbei sein, und auch andere
Themen werden immer wieder aufkommen. Zudem wird seitens der
Stadt versucht, die Zukunftskonferenz zu wiederholen, und dann gibt
es noch einen selbstorganisierten
Prozeß zur Zukunft Elbinsel. Wer da
wie mitmacht, wird sich noch zeigen.
SB: Flo, vielen Dank dafür, daß du
die Entwicklung in Wilhelmsburg
noch einmal zusammengefaßt hast.
SB: Was habt ihr für die Zukunft vor, Fußnoten:
wenn dieses Präsentationsjahr vorbei
ist? Wollt ihr über diese städtische [1] http://akuwilhelmsburg.blogsEvent-Offensive hinaus beim Thema port.eu/
bleiben?
[2] http://www.schattenblick.de/infopool/buerger/report/brrb0012.html
F: Ich denke, wenn wir ehrlich sind, [3] http://www.schattenblick.de/infwerden wir uns auf jeden Fall neu opool/buerger/report/brrb0013.html
aufstellen müssen und neue Vorge- [4] http://www.rechtaufstadt.net/
hensweisen entwickeln, weil wir uns 5584/museo-aero-solar-sagt-notschon stark an der Stadtentwicklung, our-name-iba
wie sie gerade jetzt passiert, abgear- [5] http://www.taz.de/!116779/
beitet haben. Es gibt sicherlich eini- [6] http://www.schattenblick.de/infges, was weiterlaufen wird, aber das opool/buch/sachbuch/busar608.html
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Elektronische Zeitung Schattenblick
Künftige Veranstaltungen des AKU:
BOULEVARD / TEST & SPASS / TAGESSPALT
Die Bildungsoffensive der IBA - Bildung als Event? Anforderungen an
eine gelingende Bildungspolitik
Kurzweiliges für Donnerstag, den 20. Juni 2013
http://akuwilhelmsburg.blogsport.eu/
Bürger_innenbeteiligung als "marktkonforme Demokratie"
Alternativen zur Abholzpolitik von
igs und Senat
Stadtentwicklung durch Sport: das
Modell igs 2013
http://www.schattenblick.de/infopool/
buerger/report/brri0027.html
Musik
Die Musik ist der vollkommenste Typus der Kunst:
Sie verrät nie ihr letztes Geheimnis,
(Oscar Wilde)
weil sie, in den Ohren des Hörers geboren,
von Geheimnissen nichts weiß.
HB
http://www.schattenblick.de/infopool/boule/test/tt130620.html
POLITIK / REPORT / BERICHT
Quo vadis NATO? - Wandel der Feindschaften?
Wölfe fressen Kreide ­ zum Versöhnungskurs US­amerikanischer Stichwortgeber
Impulsreferat von Hauke Ritz "Ende der US­Dominanz? ­ Neueste Debatten in den außenpolitischen Eliten
der USA am Beispiel Zbigniews Brzezinskis" im Themenblock "Neue Geostrategische Konzepte der USA
und der NATO" auf dem Kongreß "Quo vadis NATO?" am 27. April 2013 in Bremen
Was wäre ein Kongreß über die Zukunft der NATO, problematisiert aus
überwiegend rechtlicher Sicht, wie
ihn die IALANA (Juristinnen und
Juristen gegen atomare, biologische
und chemische Waffen und für gewaltfreie Friedensgestaltung) vom
26. bis 28. April 2013 unter dem Titel "Quo vadis NATO? - Herausforderungen für Demokratie und Recht"
in Bremen veranstaltete, ohne Rückgriff auf einen Menschen, der sich
den Ruf einer "grauen Eminenz" der
Geopolitik und US-amerikanischer
Politikberater-Szene erworben hat?
Ende der US­Dominanz? Impulsre­
ferat von Hauke Ritz auf dem Bremer
Kongreß 'Quo vadis NATO?'
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Do, 20. Juni 2013
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Die Rede ist von dem 1928 in Polen
geborenen Zbigniew Brzezinski, von
1977 bis 1981 Sicherheitsberater des
damaligen US-Präsidenten James
Carter, der als ausgesprochener
"Kalter Krieger" galt und dem bis
heute ein wenn auch schwer auszulotender Einfluß auf die Obama-Regierung nachgesagt wird.
sehr zu destabilisieren, daß sich die
Sowjetunion zu einer militärischen
Intervention veranlaßt sah, was dann
auch 1979/80 geschah und bekanntlich in einem fast zehnjährigen Desaster eines für die Rote Armee nicht gewinnbaren Krieges mündete, aus dem
sich die Sowjetunion 1988 in einer
deutlich geschwächten und ihren endgültigen Fall einleitenden bzw. begleiDie Rede ist von dem 1928 in Polen tenden Lage zurückziehen mußte.
geborenen Zbigniew Brzezinski,
von 1977 bis 1981 Sicherheitsbera- Brzezinski scheint dies alles zuvor
ter des damaligen US-Präsidenten gewußt, beabsichtigt und geplant zu
James Carter, der als ausgesproche- haben, rühmt er sich doch in besagner "Kalter Krieger" galt und dem tem Interview seiner Idee, die islamibis heute ein wenn auch schwer aus- stischen Mudschaheddin gegen die
zulotender Einfluß auf die Obama- von Moskau unterstützte damalige
Regierung nachgesagt wird.
afghanische Regierung zu einem
Aufstand anzustacheln, um im weiIn vielen seiner Bücher hat Brzezin- teren Verlauf der Ereignisse der Soski seine geopolitische Sicht der wjetunion ihren "Vietnam-Krieg" zu
Dinge dargelegt. Sie wird vielfach bescheren. Aus rückwärtiger Sicht,
für bare Münze genommen, so als namentlich nach dem endgültigen
könnten die Analysen, Empfehlun- Ende ihrer staatlichen Existenz um
gen und strategischen Planungen ei- 1991, läßt sich eine solche Behaupnes in größter Nähe zu US-amerika- tung leicht aufstellen und schwer winischen Polit-Eliten manövrierenden derlegen, da die historischen EreigFunktionsträgers losgelöst von den nisse dem ehemaligen SicherheitsbeHegemonialabsichten Washingtons rater Carters recht zu geben scheiüberhaupt bewertet werden. Brzezin- nen.
ski selbst hat nicht unerheblich zur
Legendenbildung um seine Person Selbstverständlich könnte es sich so
beigetragen, wobei an erster Stelle oder ähnlich zugetragen haben, was,
ein Interview zu nennen wäre, das er nüchtern betrachtet, keineswegs als
1998 der französischen Zeitung "Le historische Sensation zu bewerten
Nouvel Observateur" [1] gegeben wäre, da es in den vielen Jahren und
hat und das seitdem in der interes- Jahrzehnten der als "Kalter Krieg"
sierten Presse wie eine Enthüllung allein schon wegen der opferreichen
gehandelt und als ein Beleg angese- Kriege in Korea und Vietnam fehlhen wird, dessen historische Authen- bezeichneten Auseinandersetzung
tizität außer Frage stünde.
zwischen den beiden ideologischantagonistischen Machtblöcken
Darin hat sich, auf einen kurzen Nen- nichts Ungewöhnliches war, sich paner gebracht, der ehemalige Berater ramilitärischer Verbände oder/und
Carters als ein überaus pfiffiger Geo- kleinerer Satellitenstaaten zu bediestratege präsentiert, der quasi im Al- nen, um den eigentlichen Gegner
leingang die Sowjetunion zu Fall ge- durch Stellvertreterkriege militäbracht habe. Die damit verknüpfte As- risch, aber auch politisch und wirtsoziationskette lautet in etwa wie schaftlich zu schwächen und wenn
folgt: Die USA haben Ende der möglich zu Fall zu bringen, ohne ei1970er Jahre zur Finanzierung und ne direkte militärische Konfrontatidem Aufbau islamistischer Mudscha- on zu riskieren. Welchen Anteil ein
heddin in Afghanistan beigetragen, einzelner Stratege wie Brzezinski
um das an geostrategisch höchst dabei gehabt haben mag, ist eine
wichtiger Position gelegene Land so eher marginale Frage.
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Ein Leben dem Antikommunismus
gewidmet ­ Zbigniew Brzezinski am
14. März 1977
Foto: freigegeben via Wikimedia
Commons ­ public domain, work of
the U.S. federal government
Wenn die Legende um den Schachzug, der Sowjetunion in Afghanistan
mit "ihrem Vietnamkrieg" auch ihr
Waterloo zu bescheren, bis heute als
Beleg seines scharfen analytischen
Verstandes gilt und angenommen
wird, daß sich die Regierung Obama
von Experten seines Schlages beraten läßt, muß die Frage erlaubt sein,
wer denn wohl die USA bzw. die
NATO in ihre Afghanistan-Falle tappen ließ? Wenn es eine strategische
Meisterleistung war, über die Finanzierung islamistischer Kämpfer die
Sowjetunion in Afghanistan in ihr
Verderben rennen zu lassen, wie ist
dann zu erklären, daß die USA mit
ihren Verbündeten ihrerseits nun
schon seit über zehn Jahren in dem
Land am Hindukusch in einem offenbar für sie ebenfalls nicht gewinnbaren Krieg stehen, der zu verheerenden Verhältnissen geführt hat,
über die in den westlichen Staaten
aus guten Gründen nur wenig bekannt geworden ist? [2]
Bereits im Jahre 2007 hatte die militärische Lage für die westlichen BeSeite 11
Elektronische Zeitung Schattenblick
satzungsstreitkräfte in Afghanistan
so schlecht ausgesehen, daß der frühere Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Walther Stützle, den möglichen Erfolg der NATO
grundsätzlich in Frage stellte und von
einer militärisch nicht zu gewinnenden Schlacht sprach, an deren Ende
die NATO wahrscheinlich "das gleiche Schicksal erleidet wie alle, die
versucht haben, Afghanistan unter ihre Kontrolle zu bekommen." Die Sowjetunion hätte es versucht, die Engländer auch, doch sie wären gescheitert, und es gäbe, so Stützle, keine
Anzeichen dafür, daß es der Atlantischen Allianz besser ergehen könnte.
[3] Dieser Einschätzung läßt sich bis
heute wenig entgegenhalten, weshalb, um auf den zur lebenden Legende der Geopolitik erklärten
Zbigniew Brzezinski und der ihm
auch auf dem Kongreß "Quo vadis
NATO?" zugeordneten Bedeutung
zurückzukommen, die Frage nach der
tatsächlichen Relevanz seiner Analysen und Thesen zu stellen wäre.
eine stärkere, auch finanzielle Beteiligung einfordern werde. Das Thema
"partnership in leadership" stünde
deshalb auch auf der "politischen
Agenda der NATO", was in den "politischen Eliten in Deutschland" viele sehr gern hörten. Was da unmißverständlich anklingt, ließe sich unter das Stichwort "innerimperialistische Konkurrenz" subsumieren. So
gut begründet kritische Positionen
gegenüber der US-Hegemonialpolitik hierzulande - so auch auf dem
Bremer Kongreß - oft formuliert
werden, so unscharf bleiben dieselben Fragestellungen und Argumentationsansätze im bundesdeutschen
bzw. europäischen Kontext. Der angeblich neue, gegenüber Rußland
versöhnliche Trend Washingtons, auf
den der vermeintliche Sinneswandel
Brzezinskis nach Ansicht einiger Experten hinzudeuten scheint, würde
die globalhegemonialen Ambitionen
Deutschlands bzw. einer EU, in der
Berlin den Ton angibt, sicherlich begünstigen.
In einem vor dem Kongreß geführten Interview [4] stimmte Dieter
Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht und Mitglied der
Wissenschaftlichen Beiräte von
IALANA, der These zu, daß die in
jüngster Zeit innerhalb der außenpolitischen "Eliten" in den USA geführten interessanten, neuen Debatten
auf mögliche Veränderungen der Hegemonialstellung Washingtons hindeuteten. Deiseroth kündigte an, daß
dies auf dem Kongreß u.a. in einer
Arbeitsgruppe am Beispiel Brzezinskis diskutiert werden sollte, habe
dieser doch jüngst "sehr interessante
neue Töne angeschlagen" und die Hauke Ritz
Strategie der Neokonservativen, die Foto: © 2013 by Schattenblick
in den außenpolitischen Debatten der
letzten Jahrzehnte in den USA den Der Publizist und GeschichtsphiloTon angegeben hätten, scharf kriti- soph Hauke Ritz, der sich intensiv
mit den Werken Brzezinskis befaßt
siert. [4]
und durch seine Veröffentlichungen
Deiseroth prophezeite, daß die west- dazu beigetragen hat, daß Fragestelliche Hegemonialmacht "seit Jahren lungen dieser Art in der kritischen
unübersehbare Schwächen" vor al- Öffentlichkeit angekommen sind, hat
lem in ihrer Ökonomie zeige, wes- auf dem Bremer Kongreß in einem
halb sie von ihren Bündnispartnern dem Thema "Neue Geostrategische
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Konzepte der USA und der NATO"
gewidmeten Block ein Referat zu der
Frage "Ende der US-Dominanz? Neueste Debatten in den außenpolitischen Eliten der USA am Beispiel
Zbigniew Brzezinskis" gehalten. Um
die von ihm als brisant eingeschätzten und zumindest von einem kleinen
Teil der US-amerikanischen Eliten
geführten neuen Diskussionen verständlich zu machen, ging er in seinem Vortrag zunächst auf die jüngere Vergangenheit nach 1989 ein, in
der mit dem Fall der Berliner Mauer
die vorherige bipolare Welt zu existieren aufgehört hatte.
In dieser Zeit hatte der US-amerikanische
Politikwissenschaftler
Charles Krauthammer den Hegemonialanspruch der USA als der angeblich einzig verbliebenen Macht damit begründet, daß nur sie in der Lage wäre, im globalen Maßstab Politik zu gestalten, was die westeuropäischen Staaten und Japan sowie alle übrigen Regionen der Welt anzuerkennen hätten. Der US-Philosoph
Francis Fukuyama prägte das
Schlagwort vom "Ende der Geschichte", weil die liberal-kapitalistische Demokratie US-amerikanischer Prägung das einzig verbliebene Zivilisationsmodell wäre, das sich
zwangsläufig über den gesamten
Planeten ausbreiten würde, weshalb
geschichtliche Kämpfe angesichts
der Alternativlosigkeit des westlichen Konzepts ihr Ende fänden.
Eine solche Vision aus den wissenschaftlichen Eliten der aus dem sogenannten Kalten Krieg als alleinige
Siegerin übriggebliebenen westlichen Führungsmacht USA hat offenbar eine große Attraktivität auf weitere Zuträger und Nutznießer entfaltet. Wie der Referent ausführte, befaßten sich alsbald Wirtschaftswissenschaftler, Völkerrechtler und Militärexperten mit den ihre jeweiligen
Fachgebiete in Hinsicht auf eine unipolare Weltordnung berührenden
Fragen. Doch auch unter Geographen wurde diskutiert, ob es eine
geographische Logik der unipolaren
Do, 20. Juni 2013
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Welt gäbe und wie diese beschaffen
sei, ausgehend von der Überlegung,
daß, wenn das westliche Zivilisationsmodell über die ganze Erde ausgebreitet werde, mit denjenigen Ländern und Regionen begonnen werden
müsse, denen eine besondere strategische Bedeutung zukäme.
Einer dieser Vordenker, der bereits
erwähnte ehemalige Sicherheitsberater von US-Präsident Carter,
Zbigniew Brzezinski, entfaltete, wie
der Referent darlegte, eine Geographie der unipolaren Welt ausgehend
von der Annahme, daß bereits der
bloßen Anordnung der irdischen
Landmasse eine politische Logik
eingeschrieben sei. Eurasien ist der
mit Abstand größte Kontinent, auf
dem 65 Prozent der Weltbevölkerung
leben und sich die größten Energierohstoffvorräte befinden. Was
liegt aus Sicht eines US-Strategen
näher, zumal alle Großmächte, die in
der Geschichte das Weltgeschehen
beeinflußt haben, von diesem Kontinent stammten, als anzunehmen, daß
es den USA, um ihre Weltmachtposition zu verteidigen, gelingen müßte, diesen Kontinent zu beherrschen?
Brzezinski vertrat 1997 in seinem
Grundlagenwerk "The Grand
Chessboard" die Auffassung, daß
dies sehr wohl möglich sei mit Hilfe
eines "transatlantischen Sicherheitssystems", das die USA mit ihrem
Brückenkopf Westeuropa zu installieren in der Lage seien.
Wichtige Etappenziele waren in der
Folgezeit die NATO-Mitgliedschaft
der Ukraine sowie Georgiens - der
Ukraine, um Rußland aus Europa
herauszuhalten, während Georgien
der Schlüssel werden sollte, durch
den die USA ihren Einfluß auf die
zentralasiatischen Länder ausdehnen
wollten. Hätten Brzezinskis Pläne
tatsächlich umgesetzt werden können, wären die USA in der Lage gewesen, Rußland und China einzukreisen, wobei dem ehemaligen Sicherheitsberater vorgeschwebt hatte,
daß der 1989 erworbene Machtvorsprung Washingtons zum Aufbau eiDo. 20. Juni 2013
ner Weltordnung US-amerikanischer
Prägung genutzt werde, die dann
auch den im Grunde absehbaren
Machtverlust der USA überstünde
mit der Folge, daß die US-Leitkultur
quasi in ihr fortleben würde.
Die tatsächliche Entwicklung habe
dann jedoch einen anderen, nahezu
entgegengesetzten Verlauf genommen. Das Scheitern dieser Pläne wurde immer deutlicher. Anstelle des
noch 1997 vorherrschenden Trends
einer "Verwestlichung der Welt" sei
das westliche Modell immer mehr unter Druck geraten und habe seine universale Rolle eingebüßt, was Brzezinski 2008 sehr wohl konstatierte und
dazu veranlaßte, in seinem Werk "The
Second Chance" die US-amerikanischen Neokonservativen für diese
Fehlentwicklung verantwortlich zu
machen, weil sie durch ihr "offen imperiales Auftreten zu viele Widerstände geweckt" hätten, weshalb es nun
umso dringender sei, daß die USA ihre "zweite Chance" auch nutzten.
Diese Entwicklung, die unheilvolle
Inanspruchnahme der Geopolitik sowie die Rolle Brzezinskis waren
schon vor Jahren Thema und Gegenstand kritischer Analysen und Publikationen des Referenten. Wie Hauke
Ritz gegenüber dem Schattenblick
[5] deutlich machte, steht er seinen
früheren Texten bzw. der Art und
Weise, wie sie von interessierten
Kreisen rezipiert wurden, inzwischen kritisch gegenüber. Seiner
Einschätzung zufolge hat insbesondere sein 2008 veröffentlichter Text
"Die Welt als Schachbrett - Der neue
Kalte Krieg des Obama-Beraters
Zbigniew Brzezinski" [6] dazu geführt, daß in der deutschen Friedensbewegung die Rolle Brzezinskis
heute etwas überschätzt werde. Für
den Referenten stellt Brzezinski lediglich eine Figur dar, die eine bestimmte Denkweise des US-amerikanischen Sicherheitsapparats repräsentiert; seine Bücher enthielten die
Geographie einer unipolaren Welt,
wie sie die USA nach 1991 angestrebt hätten.
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Auf dem Kongreß wurde diese Thematik eher in dem inhaltlichen Rahmen abgehandelt, in den Ritz sie im
Sommer vergangenen Jahres anläßlich
des Erscheinens des jüngsten Brzezinski-Buches gestellt hatte. Dessen vermeintlicher Sinneswandel könnte die
Organisatoren des IALANA-Kongresses veranlaßt haben, der Causa
Brzezinski einen recht großen Stellenwert einzuräumen. Den Strategiewandel Brzezinskis hatte Ritz in einem im
Juli 2012 veröffentlichten Beitrag folgendermaßen beschrieben [7]:
Ging es in seinem letzten großen
Buch "The Grand Chessboard" noch
darum, die politische Kontrolle über
Zentralasien zu gewinnen und
sprach er 2008 immerhin noch von
einer "Second Chance" zur Errich­
tung einer unipolaren Welt, so ge­
steht er jetzt ein, dass der Machtver­
lust der USA und die multipolare
Welt Realität geworden sind. Damit
kommt es zu einer ganzen Reihe von
Neubewertungen. Am erstaunlich­
sten ist, dass er seine radikale Geg­
nerschaft gegenüber Russland, die in
all seinen früheren Büchern direkt
oder unterschwellig präsent ist, auf­
gegeben hat. Mehr noch: Für das
Überleben des Westens sei es zentral,
Russland zu integrieren.
Eine genauere Analyse, so Ritz 2012,
des grundlegenden Brzezinski-Buches ("The Grand Chessboard", zu
deutsch: Das große Schachbrett) habe ergeben, daß sich dieser 1997 für
eine versteckte Fortsetzung des Kalten Krieges ausgesprochen und Rußland als einen gescheiterten Staat angesehen hatte, der durch den Kommunismus viel zu sehr heruntergewirtschaftet worden sei, um ein
brauchbarer, demokratischer Partner
der USA sein zu können. Schon damals habe es Differenzen zwischen
Brzezinski und den Neokonservativen, die Präventivkriege der USA offen befürworteten, gegeben, aber
auch Gemeinsamkeiten, die darin
gipfelten, daß beide die USA "als den
legitimen Architekten einer zukünftigen Weltordnung" ansahen. [7]
Seite 13
Elektronische Zeitung Schattenblick
In seinem Vortrag führte Ritz dazu
aus, daß die angestrebte Vorherrschaft der USA über Zentralasien zu
einer Schimäre geworden und eine
Vereinheitlichung der industriellen
Zentren USA, Europa und Ostasien
in einer einzigen, großen Sicherheitsstruktur nicht mehr möglich sei.
Stützten sich China oder auch Rußland auf eine vom Westen unabhängige Sicherheitsstruktur, entstünde
eine multipolare Welt, für die Brzezinski wohl keinen Plan habe. Die
von ihm nun vorgelegten Konzepte,
ausgerechnet Rußland und damit den
Staat, den der "Kalte Krieger" Brzezinski zeitlebens schwächen wollte,
zum strategischen Verbündeten aufzuwerten, erinnere, so Ritz, an eine
Ausweichstrategie. Seiner Einschätzung nach würde Brzezinski mit der
von ihm propagierten Integration
Rußlands in den Westen eine tatsächliche Versöhnung und ebenbürtige
Verhandlungen meinen. Vorstellbar
wäre allerdings auch, daß es sich bei
Brzezinskis strategischer Kehrtwende um einen weiteren Schachzug
handeln könnte, um Rußland innerhalb der transatlantischen Sicherheitsstruktur kaltzustellen und die
europäischen Verbündeten nicht
noch mehr, als es ohnehin schon geschehen ist, durch ein allzu barsches
Auftreten zu brüskieren.
Einbeziehung Rußlands, aber auch
der Türkei in das Bündnissystem eines vergrößerten Westens, der von
Vancouver bis Wladiwostock reicht
und auf einer auf universale Werte
ausgerichteten politischen Kultur basiert. Darf da angenommen werden,
daß Brzezinski den USA eine natürliche Deutungshoheit zuerkennt bei
der Definition dieser Werte? In geographischer Hinsicht wäre ein solcher "erweiterter Westen" - die Formulierung "von Vancouver bis Wladiwostock" stammt im übrigen von
der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE),
in der auch außereuropäische Staaten wie die USA und Kanada vertreten sind - größer als die eurasische
Kernregion, die von früheren Geostrategen wie Halford Mackinder in
der sogenannten Herzland-Theorie
als die Zone definiert wurde, deren
Kontrolle den Schlüssel zur Weltherrschaft in sich berge.
Um ihre verlorene Glaubwürdigkeit
zurückzuerlangen, müsse die westliche Staatengemeinschaft Rußland in
die eigenen Reihen aufnehmen und
integrieren. Ritz verglich diesen Vorschlag Brzezinskis mit einem ähnlich
gelagerten Richard Nixons, der vor
40 Jahren, um einem drohenden
Bündnis zwischen China und Rußland entgegenzuarbeiten, frei nach
dem Prinzip "teile und herrsche" eine Bündnispolitik gegenüber China
als dem seinerzeit schwächeren Partner der Achse Moskau-Peking propagiert hätte. Der einzige Unterschied sei nun, daß nicht China als
inzwischen aufstrebende Weltmacht,
sondern das ihm gegenüber schwächere Rußland mit ins Boot geholt
werden solle.
Zu den Gründen, die zum Scheitern
der mit dem Namen und der Person
Brzezinskis häufig gleichgesetzten
Weltherrschaftspläne Washingtons
bzw. des Westens beigetragen haben,
gehört dessen Ausführungen in seinem jüngsten Buch zufolge auch eine "systemische Lähmung", die die
USA wie in den 1980er Jahren die
damalige Sowjetunion erfaßt hätte.
Die Auslandsberichterstattung westlicher Medien sei zudem so einseitig
geworden, daß dies den internationalen Ansehensverlust der westlichen
Demokratien, in denen sich in Ermangelung einer falsche Entscheidungen kritisch diskutierenden Öffentlichkeit immer wieder die
Kriegstreiber durchsetzten, weiter
befördert habe. Während sich also
die südliche und östliche Hemisphäre in einem wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Aufbruch befänden, werde die Erstarrung der
westlichen Kultur noch durch ihren
auch wirtschaftlichen Niedergang
verstärkt. Dies seien zwei von Brzezinski erkannte Trends, die sich
wechselseitig verstärkten und, so
Ritz, zu einer "Dramatik des historischen Augenblicks" geführt hätten,
die Brzezinski sehr wohl bewußt sei.
Interessant waren in dem Vortrag auf
dem Bremer Kongreß jedoch auch die
Ausführungen des Referenten zu den
Gründen, die zu Brzezinskis tatsächlicher oder auch nur taktischer Kehrtwende geführt haben könnten. So habe Brzezinski in seinem 2012 erschienenen Buch "Strategic Vision" [8] ausgeführt, daß immer mehr Staaten und
Regionen der Welt ein eigenes kulturelles Bewußtsein entwickelten, was
mit einer zunehmenden Bewußtwerdung der vorherigen kolonialen Unterdrückung durch den Westen einhergehe. Die Doppelstandards der heutigen
Außenpolitik westlicher Staaten würden in vielen Teilen der Welt als Verletzung der eigenen Würde empfunden
werden, weshalb die Zeiten, in denen
Bei der polnischen Regierung ein in der südlichen und östlichen Hemigerngesehener Gast ­ Zbigniew Br­ sphäre den USA und Europa nachgezezinski am 9. Dezember 2010
eifert worden sei, vorbei seien. BrzeFoto: www.prezydent.pl. ­ freigege­ zinski habe eingestanden, daß die USA
ben via Wikimedia Commons unter diese eigenständige Identitätsbildung
GNU Free Documentation License ­ nicht hätten aufhalten können. Um
Archive of the Chancellery of the diese nicht noch weiter anzuheizen,
President of the Republic of Poland dürfe der Westen keine weiteren Angriffsflächen bieten und weder im NaIn Brzezinskis jüngster Strategie-Vi- hen Osten noch gegen den Iran einen Zum Abschluß seines Bremer Vorsion ist nicht nur die Rede von der weiteren Krieg führen.
trags ging der Referent noch einmal
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grundsätzlicher auf Brzezinski ein, als eine Ideologie mit fatalen Folgen
dem er zugute hielt, im hohen Alter [9] und fragte:
seine Ansichten neu bewertet zu haben. Wenn allerdings "einer der be- Doch wie real sind die vermeintli­
kanntesten Geostrategen unserer chen Realitäten der Geopolitik wirk­
Zeit" sich so irren könne, zeige dies lich? Gab es nach dem Ende des
auch, "wie unzuverlässig die Geopo- Kalten Krieges wirklich eine unab­
litik als Wissenschaft insgesamt ist", änderliche Realität, die uns zwang,
wie Ritz in einem jüngst erschiene- einen Raketenschild zu errichten?
nen Beitrag ausführte. [9] Als ein Die uns zwang, die Nato nach Osten
weiteres dramatisches Beispiel für auszudehnen und die dazu nötigte,
die Unzulänglichkeit dieser Diszi- Russland militärisch einzukreisen?
plin, deren Prognosen sich in der Re- Letztlich hat diese Politik in erster
gel nicht bewahrheiteten, benannte Linie dazu geführt, dass Russland
der Referent das Werk des deutschen sich vom Westen wieder distanzierte.
Geographen Karl Ernst Haushofer, Heute bildet das Land zusammen mit
der den vom NS-Staat aufgegriffe- China und Iran eine zwar lockere,
nen Begriff des "Lebensraums" ge- aber doch wirksame Allianz gegen
prägt und damit die Politik des Drit- den Westen. Die Politik des Westens
ten Reiches hinsichtlich ihrer Ziel- war somit kontraproduktiv. Welche
setzungen maßgeblich beeinflußt Seite war hier also in einer Fiktion
hatte.
gefangen, die Anhänger der Geopo­
Tatsächlich sei es doch wohl so, daß
die politische Ausdeutung von Landkarten in den meisten Fällen ein Einfallstor für Ideologien darstelle und
die Interpretation geographischer
Verhältnisse von dementsprechenden Zielsetzungen bestimmt werde,
so der Autor am Ende seines Vortrags. Er bezeichnete es als tragisch,
daß viele Sicherheitsexperten, die
die westliche Außenpolitik maßgeblich beeinflußten, noch immer an die
Gültigkeit geopolitischer Analysen
glaubten. Nur selten seien sie in der
Lage, die Prämissen dieser Wissenschaft zu hinterfragen, da dies die
Grundlagen ihrer Ausbildung und
damit auch ihrer Karrieren berühre.
In ihren Think Tanks, in denen um
Einfluß und Forschungsgelder konkurriert werde, sei für solche Fragen
ebenfalls kein Platz.
litik oder ihre Kritiker?
Das ist die beherrschende Überle­
gung, die der neuen Verteidigungs­
strategie für die Region zugrunde­
liegt. Wir müssen versuchen zu ver­
hüten, daß irgendeine feindliche
Macht eine Region dominiert, deren
Ressourcen ­ unter gefestigter Kon­
trolle ­ ausreichen würden, eine
Weltmachtposition zu schaffen. Sol­
che Regionen sind Westeuropa, Ost­
asien, das Gebiet der früheren So­
wjetunion und Südwestasien.
Hauke Ritz erläuterte dazu, daß dieser aus der Feder namhafter und aus
der späteren Amtszeit von Präsident
Bush Junior bestens bekannter Neokonservativer stammende Plan 1992
nicht umgesetzt worden sei. Daß er
an die Presse durchgereicht worden
war, sei ein Versuch gewesen, ihn zu
sabotieren. Tatsächlich hätten die
USA in den frühen 1990er Jahren die
weitere, vor allen Dingen auch wirtschaftliche Entwicklung bzw.
Schwächung Rußlands abgewartet.
Erst als sich die Wirtschaftskrise in
Rußland 1997/98 noch verschärfte,
seien in Washington Konzepte wie
der No-Rivals-Plan mit dem Ziel,
den USA einen uneinholbaren Rüstungsvorsprung zu verschaffen, in
konkrete Planungen umgesetzt worden. Dies sei bereits in der zweiten
Amtszeit Clintons wie auch ab 2001
in der Regierungszeit der Neokonservativen geschehen, doch auch in
der ersten Amtszeit Obamas sei nach
diesem Plan verfahren worden. Bis
zum heutigen Tag seien in der USAußen- und Militärpolitik viele
Trends festzustellen, die auf die Errichtung einer unipolaren Weltordnung abzielten, so bestimmte Veränderungen im Völkerrecht wie auch
das fortgesetzte Raketenschild-Projekt.
In der den Themenblock "Neue Geostrategische Konzepte der USA und
der NATO" abschließenden Diskussion ging der Referent auf Nachfrage aus dem Publikum auf den sogenannten No-Rivals-Plan ein, einem
geheimen Leitlinien-Entwurf des
Pentagon, aus dem die New York Times am 8. März 1992 Auszüge für
die "Defense Planning Guidance"
(zu deutsch in etwa: Leitlinien zur
Verteidigungsplanung) veröffentlicht hatte. Mit diesem Konzept solle der Aufstieg konkurrierender Staaten in Europa und Asien verhindert
werden. Dieses Dokument spiegelt
die in Washington seinerzeit und womöglich bis heute dominierenden
Positionen wider, weshalb eine kritische Beschäftigung mit ihm zur Analyse auch der aktuellen Lage und der
sie bestimmenden Interessen beitraAus diesen Gründen sprach sich Ritz gen könnte. Darin sollen folgende
für eine öffentliche und kritische "Militärstrategische Ziele" formuDiskussion geopolitischer Konzepte liert worden sein [10]:
Gäbe es tatsächlich einen Übergang
aus. In seinen Texten stellt er die Präin eine Welt, in der die Multipolarimissen dieser Wissenschaft, derer Unser erstes Ziel ist, den (Wieder­) tät anerkannt werden würde, so das
sich außen- wie militärpolitische Aufstieg eines neuen Rivalen zu ver­ Fazit des Referenten, gelte dies naStrategen offenbar nach wie vor be- hüten, sei es auf dem Gebiet der frü­ türlich nur unter der Einschränkung,
dienen, ohnehin in Frage. In einem heren Sowjetunion oder sonstwo, der daß die Überlegenheit eines einzelim März dieses Jahres erschienenen eine Bedrohung der Größenordnung nen "Pols" unter mehreren aufrechtBeitrag benannte er die Geopolitik darstellt, wie früher die Sowjetunion. erhalten bliebe. Hauke Ritz ist in seiDo. 20. Juni 2013
www.schattenblick.de
Seite 15
Elektronische Zeitung Schattenblick
ner Einschätzung, Brzezinski werde
in NATO- und US-kritischen Kreisen
überbewertet, nur beizupflichten,
ebenso in seinem Standpunkt, daß
die Friedensbewegung vor einer genauen Analyse der Machtverhältnisse und -techniken nicht zurückschrecken sollte. Ihm ging es in seinem Vortrag darum, zur Aufklärung
und Diskussion über die Geopolitik
beizutragen am Beispiel einer kritischen Analyse der geographischen
Dimension des unipolaren Weltkonzeptes, so wie Brzezinski es entwickelt hatte.
POLITIK / REDAKTION / ASIEN
USA und Taliban nehmen Friedensverhandlungen auf
Kabul und Washington bereiten faulen Kompromiß
am Hindukusch vor
Als bedeutendes Datum für Afghanistan dürfte der 18. Juni 2013 in die
Geschichtsbücher eingehen. An diesem Tag haben die 350.000 Mann
starke afghanische Armee und Polizei von der NATO-angeführten
ISAF-Truppe die Verantwortung für
die Sicherheit in allen Provinzen Afghanistans übernommen. An der feierlichen Zeremonie nahmen in Kabul Afghanistans Präsident Hamid
Karsai und der NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen teil. Am
selben Tag gaben die USA und die
Taliban die Aufnahme direkter Friedensverhandlungen bekannt. Eine
entsprechende Erklärung wurde bei
der offiziellen Eröffnung eines Verbindungsbüros der Taliban in Katar
veröffentlicht. Über den Durchbruch
bei den Annäherungsgesprächen mit
den Männern um Mullah Mohammed Omar hat US-Präsident Barack
Obama die anderen Regierungschefs
beim G8-Gipfel im nordwestirischen
Enniskillen praktisch zeitgleich in
Kenntnis gesetzt.
Sich wie Ritz kritisch mit der grauen
Eminenz der Geopolitik auseinanderzusetzen, kann nur zweckdienlich
sein, um der etwaigen Faszination
einer solchen Position entgegentreten zu können. Sich Brzezinskis Ansatz zu eigen zu machen, hieße, sich
auf seine Denk- bzw. Analysevorausetzungen einzulassen, also die Position eines Schachspielers einzunehmen, der aus vermeintlich sicherer
Distanz einen Überblick beansprucht, der ihn befähigt, Menschenmassen wie Schachfiguren zu bewegen und für bestimmte Interessen
nutzbringend einzusetzen. Wer sich
auf die Metapher eines großen
Schachbretts einläßt, wenn von der
eurasischen Landmasse und ihren
Abermillionen Menschen die Rede
ist [11], geht der Beanspruchung einer streitbaren Position verlustig, die
nicht auf eine Teilhaberschaft am Vor dem Hintergrund des geplanten
Abzugs aller westlichen Kampftrupgroßen Geschehen abzielt.
pen aus Afghanistan bis Ende 2014
führen die USA und die Taliban seit
zwei Jahren sporadisch indirekte
Vorverhandlungen. Zu diesem
Zweck hatten sich mehrere TalibanVertreter mit Einverständnis des
Emirs von Katar in Doha niedergelassen. Der Durchbruch gelang jedoch erst, als beide Seiten ihre Vorbedingungen aufgeweicht hatten.
Dies berichtete am 19. Juni der LonErläuterungen anhand einer Welt­ doner Guardian. Demnach rücken
karte zur 'Bedeutung der Kontinente' die Taliban von ihrer Kernforderung
Foto: © 2013 by Schattenblick
nach Abzug aller Streitkräfte aus Afghanistan zwar nicht ab, sind jedoch
Fußnoten siehe Seite 31
offenbar bereit, darüber zu verhanSeite 16
www.schattenblick.de
deln. Das kommt den USA mehr als
gelegen, hoffen diese doch, mit Karsai über die Stationierung von rund
10.000 Soldaten - hauptsächlich
Spezialstreitkräfte für den "Antiterrorkampf" sowie Militärberater und
Techniker, welche ihre afghanischen
Kameraden ausbilden bzw. ihnen
den Umgang mit den neuen amerikanischen Waffensystemen beibringen
sollen - auf insgesamt neun Stützpunkten für die Zeit ab Januar 2015
einig zu werden.
Im Gegenzug soll sich die ObamaRegierung vorerst damit abgefunden
haben, daß die Taliban in ihrer jüngsten Erklärung den "internationalen
Terrorismus" lediglich verurteilt haben. Die formelle Aufkündigung jeder Zusammenarbeit mit Al Kaida
soll laut Guardian später erfolgen.
Die Nachsicht Washingtons gerade
in diesem Punkt stimmt mehr als bedenklich, denn angeblich bestand das
Ziel darin, Al Kaida zu vernichten
und der Hintermänner der Flugzeuganschläge vom 11. September 2001
habhaft zu werden, als die Streitkräfte der USA und ihrer NATO-Verbündeten im Oktober desselben Jahres
überhaupt in Afghanistan einmarschiert sind. Hängt das Herunterspielen des Themas Al Kaida in Afghanistan eventuell damit zusammen, daß die USA, Frankreich und
Großbritannien seit zwei Jahren mit
Hilfe der sunnitisch-salafistischen
"Terroristen" versuchen, die Regierung Baschar Al Assads in Syrien zu
stürzen?
Eine wichtige Vorbedingung der
USA für die Teilnahme der Taliban
am politischen Leben in Afghanistan
war deren Anerkennung der neuen
Do, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
Verfassung des Landes. Mit dieser
Forderung sollten unter anderem die
Rechte der Frauen, welche die NATO von Anfang an in den Vordergrund ihres zivil-militärischen Engagements gestellt haben, geschützt
werden. Doch auch hier hat die
"Wertegemeinschaft" NATO aus
opportunistischen Gründen der Verständigung mit den patriarchal denkenden Stammesführern von
Nordallianz und Taliban den Vorrang vor der Gleichberechtigung
von Frauen und Mädchen eingeräumt. Wie die in Abu Dhabi erscheinende Zeitung The National
am 18. Juni unter Verweis auf die
Nachrichtenagentur Reuters berichtete, wird dieser Tage im Parlament
in Kabul auf Drängen der konservativen männlichen Mehrheit still und
heimlich jenes Gesetz, das erst seit
einigen Jahren eine Frauenquote in
der politischen Vertretung auf nationaler und provinzieller Ebene von
25 Prozent vorschreibt, abgeschafft.
Im National-Bericht wird die Parlamentsabgeordnete Farkhunda Naderi mit den Worten zitiert: "Es handelt sich um eine politische Strategie; um [den Taliban] bei den Friedensverhandlungen entgegenzukommen, sind sie bereit, die Frauenrechte zu opfern."
Der Weg hin zu einem dauerhaften
Frieden in Afghanistan ist jedoch
mit Hindernissen gepflastert. Dies
zeigt ein sonderbarer Vorfall, der
sich am 17. Juni im Norden Afghanistans ereignete. Bei einem Besuch
von General Abdul Raschid Dostum, dem usbekischen Kriegsherrn
der früheren Nordallianz, der formell das Amt des Oberbefehlshabers der afghanischen Streitkräfte
bekleidet, bei Mohammad Aleem
Sayee, dem Gouverneur der Provinz
Jowzjan, soll es zu einem Streit gekommen sein, der in eine Schießerei ausartete. Der Schußwechsel endete erst mit dem Abzug von Dostum und seiner Leibgarde von rund
50 Mann. Laut Sayee, der zu dem
Zwischenfall am 18. Juni in der
New York Times zitiert wurde,
Do. 20. Juni 2013
wollte Dostum ihn, den StellvertreSCHACH - SPHINX
tenden Vorsitzenden seiner eigenen
Junbish-i-Milli-Partei, töten, weil er
sich geweigert hatte, bei einer NeuSpott statt
auflage der Nordallianz für den Fall
Tage des Ruhms
des erneuten Ausbruchs eines Bürgerkrieges gegen die paschtunisch- Der positionell geschulte Verstand
dominierten Taliban mitzumachen. rät zur Vorsicht, zum Gang der vielen kleinen Schritte, allein, der ÜberZum Glück ist bei der etwas lebhaft mut wünscht sich einen Sieg wie
gewordenen Diskussion (Dostum) weiland die Meister der romantibzw. dem versuchten Überfall schen Ära. Alle Einwände des guten
(Sayee) niemand ums Leben ge- Schachgewissens beiseite schiebend,
kommen. Tragischerweise ging we- begibt sich der Recke aufs Glatteis
nige Stunden nach der Eröffnung seiner Träume. Sein Blick hängt gedes Verbindungsbüros der Taliban in bannt an der Kombinationen, die ihm
Doha dagegen ein Mörserangriff der sirenenhaft zu sich lockt. Immer
Aufständischen auf den Militärflug- wieder rechnet er die Möglichkeiten
hafen Bagram bei Kabul zu Ende. im Kopf durch, bis der Schatten des
Dort kamen vier US-Soldaten ums Zweifels verblaßt. Allzu schön wäre
Leben, zwei weitere wurden ver- der Triumph. Also setzt er alles auf
letzt. Zu dem Angriffbekannten sich die eine Karte. Die Kombination
die Taliban. Währenddessen hat scheint zu gelingen, doch dann stolPräsident Karsai, der sich durch die pert der Triumphator über seine eiAnnäherung zwischen Obama-Re- gene List wie im heutigen Rätsel der
gierung und Taliban düpiert fühlt, Sphinx, wo Meister Levy statt der
die laufenden Verhandlungen Ka- gewissenhaften
Fortsetzung
buls mit Washington über ein Si- 1.Ld2xf4 Sd5xf4 2.De2-g4! - nun
cherheitsabkommen zwischen Af- verböte sich 2...Sf4xg2+? wegen
ghanistan und den USA, das dem 3.Ke1-f1 und der schwarze Springer
Pentagon langfristige Nutzungs- hätte kein Entkommen mehr -, das
und Zugangsrechte auf besagten silberhell glänzende Opfer
neun größeren Stützpunkten am 1.Sg5xe6? Lf4xd2+! 2.Ke1xd2
Hindukusch gewährleisten soll, f7xe6 3.De2xe6+ Kg8-h8 4.De6xc6
noch am selben Abend bis auf wei- wählte und dank des Doppelangriffs
teres ausgesetzt. Karsai beharrt dar- auf Turm und Springer zu siegen
auf, daß die Taliban mit der gewähl- hoffte. Den spekulativen Hinterten Regierung in Kabul verhandeln, grund seiner Überlegungen erkannte
und lehnt Sondervereinbarungen er leider viel zu spät. Also, Wandezwischen den Vertretern des "Isla- rer, was hatte Meister Levy übersemischen Emirats Afghanistan" und hen, das ihm statt des Lorbeers die
den Amerikanern ab. Die kommen- Dornenkrone bescherte?
den Wochen werden zeigen, ob sich
Karsai mit seinem Standpunkt
durchsetzen kann, oder ob die beiden wichtigsten Kriegsparteien in
seinem Land ihn einfach vor vollendete Tatsachen stellen werden.
http://www.schattenblick.de/
infopool/politik/redakt/
asie­801.html
Levy - Hope
Salisbury 1967
www.schattenblick.de
Seite 17
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NATUR / CHEMIE / UMWELTLABOR
Unbarmherzig, unbedacht - Werbe- und PR-Chemie
Die brennendsten Fragen zur Fracking Chemie bleiben offen
Von Verharmlosungs­ bis Transparenz­Strategie
Bad Busiasch, Westrumänien. Im
Vergleich zu deutschen Kurbädern
findet der Besucher eine eher bescheidene, ein wenig verschlafen
wirkende Ortschaft vor, die ihre
Glanzzeit als Kurort [1], zu dem Busiasch im Jahr 1839 amtlich erklärt
wurde, längst hinter sich zu haben
scheint. Die letzte Volkszählung im
Jahr 2007 kam gerade mal auf 7712
Köpfe. Die Kurbrunnen und Wandelhallen im großen Park sind von Kurgästen und Urlaubern verwaist.
Auflösung Sphinx­Rätsel/4779:
Polugajewsky nutzte den Umstand,
daß die weiße Dame ungedeckt
stand, um den weißen Angriff zu
neutralisieren und seinen eigenen
voranzutreiben: 1...f7-f6! 2.Dg5-h4
- 2.Dg5-f4 f6-f5! - 2...f6-f5 3.Le4-c2.
Die beiden weißen Angriffsfiguren
waren aus ihren guten Positionen gedrängt worden. Nun konnte Polugajewsky die Schwächen im weißen
Lager - die Bauern e5 und b2 - aufs
Korn nehmen: 3...Sb3-d2+ 4.Kb1-c1
Sd2-c4 5.Dh4-d4 Da5-c7 6.Dd4-d7
Sc4-e3 7.Dd7xc7 Tc8xc7 8.Td1- d2
Tc7-c5 9.Kc1-b1 Se3xc2 10.Td2xc2
Tc5xe5 11.Tc2-c4 Te5-e2 12.Tc4xa4
Te2xg2 13.Ta4-c4 e6-e5 14.Tc4-c5
Tg2-e2 und Weiß gab das hoffnungslose Endspiel auf.
Das Wappen von Busiasch zeigt die
drei Dinge, die für die Ortschaft
kennzeichnend und wichtig sind: die
Silascher Weinhügel, die römische
Festung Ahihis und das Busiascher
Mineralwasser, das bis heute eines
der gefragtesten Heil­ und
Tafelwasser des Banats ist.
Foto: 2006 by Radufan, freigegeben
via Wikimedia Commons als Public
Domain
Der Schein trügt: Noch werden die
Brunnen immer wieder von Menschen frequentiert, die sich das köstliche Quellwasser kostenlos in Plastikflaschen abfüllen. Das Busiascher Mineralwasser ist eines der gefragtesten Heil- und Tafelwasser des
Banats [2]. Bereits die Römer sollen
seine belebende Wirkung genutzt
haben. Die Heilkraft des Mineralwassers wurde Anfang des 19. Jahrhunderts offiziell erkannt. Seit kurzem fragen sich die Einwohner des
Ortes allerdings, wie lange ihre
großen Mineralwasservorräte noch
Die Zukunft wirft ihre Schatten vor­
aus ­ der herbstlich verwaiste Kur­
park von Busiasch ­ im Hintergrund
der noch aus Glanzzeiten des Kur­
orts stammende Pavillion der be­
rühmten Josef­Quelle
Foto: by Orvo, freigegeben via Pan­
oramio als CC­BY­NC­ND­3.0 Un­
ported
SCHACH UND SPIELE / SCHACH
SCHACH­SPHINX/04780:
http://www.schattenblick.de/infopool/
schach/schach/sph04780.html
Seite 18
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Do, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
für den menschlichen Verzehr geeignet sein werden. Denn wenn es nach
Wunsch der rumänischen Regierung
geht, die im vergangenen Jahr grünes
Licht für mehrere Schiefergas-Vorerkundungen im Land gegeben hat,
sollen auch die Schiefergasvorkommen in den Gesteinsschichten des
Gemeindegebiets exploriert (erkundet) und anschließend mit großen
Mengen an Wasser und Chemikalien
aus dem Gestein gepreßt, kurzum:
"gefrackt" werden. Bei dem auch als
Hydraulic Fracturing bezeichnetem
Verfahren, das im Mittelpunkt der
Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten steht, wird
das Speichergestein aufgebrochen
und Millionen Liter von mit Chemikalien versetztem Wasser hineingepreßt, damit das darin gefangene
Erdgas entweichen kann. Was dabei
mit den Mineralwasserreservoires
geschehen wird, ist völlig ungeklärt.
Manche Fracking-Kritiker fürchten
allgemein, daß die beim Fracken
künstlich erzeugten Risse auf bereits
bestehende Risse und Klüfte im natürlichen Gestein treffen könnten, so
daß Wegbarkeiten für die beim
Fracking erzeugten toxischen Begleitstoffe in unterirdische Wasseradern (sogenannte Aquifer) erzeugt
würden. Die Förderindustrie sieht
hier keine Gefahr, wenn bestimmte
Bedingungen eingehalten werden.
Die praktischen Erfahrungen mit
ähnlichen Projekten in Amerika, das
derzeit einen beispiellosen Wirtschaftsaufschwung aus der unkonventionellen Schiefergasförderung
erfährt, oder bei der Geothermie [3]
lehren jedoch, daß gerade die technische Umsetzung dieser vermeintlichen Schutzvorkehrungen riskant
und keine Garantie für den Wasserschutz sind. Vor allem das Abdichten
der Bohrlöcher gelingt nicht immer.
Natürlich verspricht man sich vom
Schwarzen Meer bis zur Grenze zu
Ungarn wie auch anderswo im Fahrwasser des aktuellen, amerikanischen Fracking-Booms ein vergleichbar einträgliches Geschäft
durch die Schiefergasförderung. Im
Do. 20. Juni 2013
Kreis Temesch soll laut Radio Temeswar am 4. April 2013 [4] Schiefergas in den Ortschaften Busiasch,
Perjamosch, Billed, Partza und Crai
Nou gefördert werden. Auch weiter
nördlich im rumänischen Verwaltungskreis Bihor, und zwar in den
Gemeinden Tria, Tulca, Popesti und
Sanmartin, will man nach unkonventionellen Gasvorkommen suchen.
Bürgermeister Viorel Alger Ilas erklärte gegenüber dem Deutschlandfunk [4], man habe von den Plänen
der Regierung erst in letzter Minute
erfahren. Die Genehmigungen seien
erteilt worden, ohne die beteiligten
Gemeindevertreter, geschweige denn
die Bürger anzuhören und zu informieren. Der Gemeinderat habe inzwischen klar Stellung bezogen - mit
einem Beschluß gegen die Erforschung der Schiefergas-Vorkommen:
Wir haben keine Ahnung, wie diese
Erkundungsbohrungen ablaufen sol­
len. Und wir haben da gleich in zwei­
facher Hinsicht große Sorgen: ein­
mal um unser normales Trinkwasser
an sich, vor allem aber um unsere
Mineralwasservorkommen. Und das
ist die Basis unserer wirtschaftlichen
Entwicklung. [5]
Die Erkundungsvorhaben in den
nächsten fünf Jahren sollen zwar
auch in Rumänien nur unter strengen
Umweltauflagen möglich sein, das
hätten der Umweltminister und der
Ministerpräsident im Fernsehen versprochen. Fraglich ist nur, was man
darunter versteht und ob nicht schon
das erste Anstechen des Bodens bzw.
die erste Probebohrung oder Aufsuchung von unkonventionellem Erdgas mit einem unkontrollierbaren
Fracking-Versuch in großer Tiefe
gleichzusetzen ist, bei dem bereits
die Umwelt der Kontamination mit
belastetem Förderwasser und
Fracking-Chemie ausgesetzt wird.
Vor dieser Frage steht man auch bei
anderen potentiellen Förderstellen
für nicht-konventionelles Erdgas.
len Erdgasvorkommen solche Vorkommen, bei denen das Gas nicht
ohne weitere technische Maßnahmen
(d.h. Fracking) in ausreichender
Menge frei einer Förderbohrung zuströmt. [6] Dies ist darauf zurückzuführen, daß das Speichergestein nicht
ausreichend durchlässig ist oder das
Erdgas nicht in freier Gasphase (genauer: einer Blase) im Gestein vorliegt.
Bei unkonventionellen Erdgasvorkommen unterscheidet man in
Schiefergas (shale gas), Gas in dichtem Sand- oder Kalkstein (tight gas)
und Kohleflözgas (coalbed methane). Dabei handelt es sich immer um
das gleiche Gas, nämlich Methan
(CH4), das allerdings in verschiedenen Gesteinsschichten und somit
auch unterschiedlichen Tiefenbereichen in der Erdkruste vorkommt.
Methan ist im übrigen ein 25 mal
stärkeres Treibhausgas als Kohlenstoffdioxid (CO2).
Schiefergas wie das in Rumänien gehört zu den am tiefsten gelegenen
Erdgasvorkommen. Hier muß man
oft doppelt so tief bohren wie bei
konventionellen Gasblasen, um
überhaupt mit dem Aufbrechen des
Gesteins zu beginnen. Daher sind die
brachialen, technischen Maßnahmen
für ihre Erschließung auch am aufwendigsten und naheliegenderweise
mit der größten Zerstörung verbunden. In diesem Zusammenhang von
"Umweltverträglichkeit" zu sprechen, scheint von vornherein ein unauflöslicher Widerspruch zu sein.
Tatsächlich stößt man bei dem Versuch, die "Umweltverträglichkeit"
für Fracking-Projekte genauer zu
fassen, von der ersten Bohrung und
Perforationssprengung über die
meist nicht erwähnten verwendeten,
möglicherweise hochbrisanten
Sprengstoffe bis zu den üblichen toxischen Chemikalien auf unzählige
offene Fragen, was, wann, wo, wie
verbleiben oder hingeraten bzw. mit
Der gängigen Definition zufolge ver- welchen Risiken der energetische
steht man unter nicht-konventionel- Ertragsgewinn durch die Nutzung
www.schattenblick.de
Seite 19
Elektronische Zeitung Schattenblick
mischen Hilfsstoffen des Frackings
lassen sich daraus zusammenfassen?
Sicher ist, daß beim Fracking entgegen anderslautender Behauptung der
Förderindustrie nie auf chemische
Hilfen (Additive) in den sogenannten Frack-Fluiden verzichtet werden
kann.
Bei der Bohrung können Teile des
Schiefergases entweichen, während
des sogenannten "Flarings" (dt. Ab­
fackeln) wird ein Teil davon ver­
brannt.
Foto: 2012 by WCN 247, via Flickr
freigegeben als CC­BY­NC­2.0
Lizens
solcher Rohstoffreserven verbunden
sein könnte. Auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung in
Umweltfragen (SRU) bestätigt "noch
bestehende, gravierende Wissenslücken über die Umweltauswirkungen" und spricht sich deshalb dafür
aus, die Technik in Deutschland vorerst nicht kommerziell zu nutzen [7].
Er impliziert allerdings, daß diese
Lücken durch entsprechende Forschung zu schließen wären und nur
ein akutes Wissensdefizit zwischen
den offenen Fragen und einer späteren Nutzung der Gasressourcen
steht. Und das scheint doch angesichts der unüberschaubaren Ausgangsbedingungen in jedem Fall
sehr fraglich, selbst wenn man sich
nur auf ein Detail konzentriert.
Toxische Stimulation und
ausweichende Darstellungen
Neben den ganz offensichtlichen
Umweltauswirkungen durch Luftemissionen, Lärm, Veränderungen des
Landschaftsbilds durch technische
Seite 20
Bauten, der Besetzung großer Flächen und dem enormen Wasserverbrauch sowie den weniger offensichtlichen, aber bekannten Einschnitten in der Biodiversität und der
Entsorgung des Brauchwassers oder
Flowbacks, sind es immer zuallererst
die offenen Fragen zu den toxischen
Fracking-Substanzen, die in großer
Tiefe unkontrolliert in das Gestein
verpreßt und wieder herausgespült
werden, welche die Menschen so wie
jetzt in Busiasch nervös werden lassen. In der öffentlichen Diskussion
in den Medien immer wieder an erste Stelle gestellt, können sie weder
von der Förderindustrie, die es ganz
genau wissen müßte, noch von ihren
Kritikern zufriedenstellend beantwortet werden und bilden somit ein
Detail der gravierenden Wissenslücken ab:
1. Was enthalten Fracking Fluide und
sind diese Stoffe gesundheitsgefährlich?
2. Welche Umweltgefährdung geht
davon aus und können damit Trinkwasser oder Fließgewässer kontaminiert werden?
Obgleich man irreführenderweise
von einer "hydraulischen Stimulation" (hydraulic fracturing) spricht,
was ein Verfahren nahelegt, in dem
die zur Fraktionierung nötige Kraft
durch eine Flüssigkeit übertragen
wird, werden jeweils verschiedene
Chemikalien, zum Beispiel Tonstabilisatoren maßgeblich benötigt, um
den Untergrund vorzubereiten (zu
härten), damit andere Chemikalien,
d.h. Säuren, gemeinsam mit dem
Wasserdruck das vorbereitete Gestein "fraktionieren", zerlegen können. Damit Gase fließen können,
braucht es weitere Chemie, sogenannte Stützmittel (Proppants, meist
Sand), um die entstehenden Risse offen und andere, Biozide oder Desinfektionsmittel, um sie frei von mikrobiellem Bewuchs zu halten. Für
einen leichteren Stützmitteltransport,
bei dem die einzelnen Sandkörner
nicht verklumpen, sondern eine flutschig-cremige Suspension bilden
sollen, werden Gelbildner (Andickungsmittel) und Schaumbildner
verwendet, die wiederum zur weiteren Verbesserung Quervernetzer (um
die Viskosität bzw. Ziehigkeit zu erhöhen), Reibungsminderer, aber
auch wieder Kettenbrecher oder
Breaker (damit die Viskosität nicht
zu hoch bzw. kein fester Pudding
daraus wird) und Hochtemperaturstabilisatoren (damit das Gel am
Zielort durch die vorherrschende
Hitze nicht vorzeitig zersetzt wird)
in der Anwendung nach sich ziehen,
die aus Mitteln bestehen, die wiederum die Anwesenheit weiterer Chemie erfordern, um letztere Mittel stabil, löslich und verfügbar halten usw.
Selbst in umfangreichen Studien der
Landes- und Bundesumweltämter
finden sich letztlich nur ausweichende, wenig zufriedenstellende Antworten, die weitere Fragen nach sich zie- Bei diesen letzten Mitteln handelt es
hen. Welche Erkenntnisse zu den che- sich um Ablagerungshemmer, die
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Do, 20. Juni 2013
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das Ausfällen schwerlöslicher Verbindungen verhindern, aber auch andere Ausfällungsverhinderer zum
Beispiel für Eisenoxid, Schwefelwasserstoff-Fänger, schließlich Korrosionsschutzmittel zum Schutz der
Rohre und Anlagen vor der ganzen
aggressiven Chemie und wiederum
Tenside und Lösungsmittel, die die
ganzen Chemikalien in dem Wassermedium beweglich halten ...
All das wird aber nur nötig, weil der
unnatürliche Chemieeintrag neben
seiner Funktion auch Nebenwirkungen und -reaktionen mit der Umgebung und den Begleitstoffen zeigt!
Ist in diesem Zusammenhang auch
noch irreführenderweise von einer
"chemischen Stimulation" die Rede,
handelt es sich nicht etwa um eine
plastischere Beschreibung dieses
Cocktails, sondern um einen Sonderfall. Das Auflösen von CarbonatGestein mittels starker mineralischer Säuren - ätzende Salzsäure
(HCl) zum Beispiel, um die gewünschten Wegsamkeiten für das
Gas gewissermaßen herauszulösen
- wird so bezeichnet. Das funktioniert nur in Schiefergas-Lagerstätten, in denen auch Carbonat-Gestein
vorhanden ist. Ideal sind Adern aus
Carbonat-Gestein, die auf diese
Weise einfach aufgelöst werden und
das weitere Aufbrechen erleichtern,
so daß möglicherweise bei einer
chemischen Stimulation am Ende
weniger Frack-Flüssigkeit und somit auch weniger Chemie gebraucht
wird, als beim hydraulischen
Fracking. Das alles ist für Laien
kaum zu überschauen.
Eins aber ist völlig klar: Für das immer wieder von Förderunternehmen
in Aussicht gestellte "gute" oder
auch gerne als "Clean-Frac" bezeichnete, umweltfreundliche Fracking
ohne Chemie gibt es bislang kein
Beispiel [3]. Und die benötigte Zusammensetzung hängt von den geologischen Gegebenheiten und den
Anforderungen der verwendeten
technischen Bauten ab.
Do. 20. Juni 2013
erst vor Ort fertiggestellt werden und
sich gewissermaßen als "Learning by
doing" bei den Probebohrungen auf
diese Weise ganz willkürliche Mischungen ergeben, deren endgültige
Zusammensetzung auch nicht unbedingt erprobt sein muß. Solche Gedanken scheinen nicht abwegig zu
sein, wenn man einmal die Mengen
der bereits in Frackingprojekte "inNicht sicher ist hingegen fast alles vestierte" Chemie betrachtet.
andere, zum Beispiel auch, aus welchen Chemikalien sich die Rezeptur Abgesehen von Salzsäure, die häufig
der Frack-Lösung im Einzelfall bei auch in anderen Lagerstätten zum
einem geplanten Projekt zusammen- Einsatz kommt, enthält die jeweilige
setzen wird.
Chemikalienmischung bis über fünfzehn verschiedene KomponentenOhne Probebohrung sind die Erforder- gruppen, die jeweils unterschiedliche
nisse an die Chemie noch nicht abseh- technische Aufgaben erfüllen. Bei
bar, behaupten zumindest die Vertre- 600 oder 750 möglichen Chemikaliter der Fracking-Technologie. Andere en, die diesen Gruppen zugeordnet
sagen, daß die Stoffe zwar im Einzel- werden, sind allerlei Kombinationsnen bekannt wären, verweisen dann möglichkeiten gegeben.
aber aufdie große und somit komplexe, für Laien nicht zu durchschauende Zu geplanten Unternehmungen lasVariationsvielfalt und darauf, daß die sen sich gewöhnlich keine Angaben
Zusammensetzung der Rezepturen ge- finden. Das ist nicht ungewöhnlich,
wissermaßen als jeweils passende mi- gilt so etwas doch gemeinhin als Firnimale chemische Antwort auftechni- mengeheimnis, über das es keine
sche oder geologische Anforderungen Auskunftspflicht gibt. Letztere ist
zusammengesetzt werden müßten, wie außerdem in der in Deutschland noch
man das früher bei ökologischen geltenden "Verordnung über die
Waschmitteln im Baukastensystem Umweltverträglichkeitsprüfung
praktiziert hat. Das klingt logisch und bergbaulicher Vorhaben (UVP-V
technisch durchdacht.
Bergbau)" von 1990 begründet, wonach UmweltverträglichkeitsprüfunMan fragt sich aber doch, ob die gen, die auch die Bekanntgabe der
"Einsatzmischungen" in der Praxis potentiellen Chemikalien und ihre
Fayeteville Shale Arkansas, USA ­
Wie wenig ist wenig Chemie? Der
Frackingprozeß erfordert einen gan­
zen Cocktail von Chemikalien neben
Sand und Wasser. Darüber hinaus ei­
ne weitere Batterie von Chemikalien,
um die Nebenwirkungen und Wech­
selwirkungen in Grenzen zu halten.
Foto: Bill Cunningham, USGS
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Seite 21
Elektronische Zeitung Schattenblick
Verträglichkeit einschließen würden,
erst ab Gewinnungsvorhaben mit einem Fördervolumen von täglich
mehr als 500.000 Kubikmeter (500
Millionen Liter) notwendig sind. [8]
Paradoxerweise werden diese Mengen gewöhnlich nur bei der konventionellen Gasförderung erreicht, welche die fragliche Chemie gar nicht
braucht, nicht aber beim Fracking.
So können einem die von der USamerikanischen Umweltbehörde
EPA im Anhang einer Studie aufgeführten 600 unterschiedlichen Additive (eine Veröffentlichung des Energie- und Wirtschaftsausschusses des
US-Repräsentantenhauses geht sogar von 750 Fracking-Additiven
aus), die bereits in Frack-Fluids gefunden worden sind bzw. in amerikanischen Schiefergas-Förderstellen
versenkt wurden, um das Gestein erfolgreich zu fracken, bestenfalls Anhaltspunkte geben, wenn sich ein
Laie ohne Führer oder chemische
Dechiffrierhilfe überhaupt in dem
Dschungel aus Formeln, chemischen
Latein und Begrifflichkeiten zurechtfindet. [9] Da ist man um jede
Deutung dankbar.
gebaut wird und dessen Einnahme zu
Erblindung und Atemlähmung führen kann, war in den USA Bestandteil von 342 Frack-Fluids [[9] b)]. Es
wird in der vergleichbar kritischen
Studie allerdings nur als gefährlicher
Luftschadstoff geführt. Eine neue
umfangreiche Studie der amerikanischen Umweltbehörde EPA mit genaueren Angaben bezüglich der Toxizität dieser Stoffe soll sich immer
noch in Vorbereitung befinden, während wiederum nicht auszuschließen
ist, daß an vielen Förderstellen in den
USA nach wie vor mit diesen Stoffen gefrackt wird.
Ebenso ungeklärt bleibt die Frage,
inwieweit man auf die gängige Chemie verzichten bzw. auf andere, weniger toxische Substanzen umrüsten
kann.
potentielle Gefährdung, indem sie
betonen, es würde a) im Verhältnis
zum Wasserverbrauch nur sehr wenig (je nach Quelle etwa 1 bis 3 Prozent, 0,5 bis 5 Prozent, zusammengefaßt letztlich irgendetwas zwischen 0,2 bis 10 Prozent) von den
chemischen Substanzen (reine Additive ohne sogenannte Stützmittel
oder Proppants [10]) eingesetzt und
diese wären b) mit gewöhnlichen
und harmlosen Haushaltschemikalien vergleichbar.
Greifen wir aus dem verwirrenden
Angebot eines der kleinsten heraus:
0,5 Prozent klingt nach sehr wenig
Chemie, heißt aber übersetzt ein halbes Teil "Chemie" auf 100 Teile
Wasser. Das wäre bei einem gewöhnlichen Einsatz von Haushaltschemikalien schon sehr viel.
Einige Vorgaben gibt es schon
Laut dem von der nordrhein-westfälischen Regierung in Auftrag gegebenen Gutachten über "Fracking in
unkonventionellen Lagerstätten in
Nordrhein-Westfalen" ergab die
Auswertung einer Auswahl dieser
Additive bereits, daß einige dieser
unverzichtbaren Verbindungen bedenkliche Eigenschaften (u.a. sehr
giftig, canzerogen, mutagen, reproduktionstoxisch) aufweisen. In den
amerikanischen Listen [z.B. [9] b)]
werden allein 29 gefährliche Luftbzw. Wasserschadstoffe aufgelistet,
die bereits Bestandteile von 652 verschiedenen, bereits verwendeten
Frack-Fluiden sind. Das humantoxische Methanol (Methylalkohol), das
im Körper in die nervenschädigenden, toxischen Abbauprodukte
Ameisensäure und Formaldehyd abSeite 22
Auch die Instanthaltung des
gesamten Systems, sein Schutz vor
der aggressiven Chemie, erfordert
weitere Chemie.
Foto: Bill Cunningham, USGS
Chemie ja, aber nur ganz wenig!
Die Befürworter des Frackings weichen dieser mit einer Gegenfrage
aus, ob die verwendeten Konzentrationen für die Gesundheit von
Mensch, Tier und Umwelt überhaupt
relevant sind. Sie verharmlosen die
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Ein Beispiel: Bei einem vergleichsweise harmlosen "Meister-SauberPutzmichnichttot"-Haushaltsreiniger
werden gemeinhin eine Verschlußkappe Mittel auf einen 10 Liter Eimer Wasser empfohlen, um "mit einem Wisch alles sauber und glänzend" zu bekommen. Eine Verschlußkappe kann etwa 5 ml fassen.
In 10 Liter Wasser kommt man dann
bestenfalls auf 0,05 Prozent und
dennoch würde ein Gartenbesitzer
weder dieses noch das vom Putzen
mit gewöhnlichem Hausschmutz
verdreckte "Brauchwasser" bzw. den
Do, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
Reinigungs-"Flowback" auf dem
Erdbeerbeet "verklappen". Bei einem entsprechend höheren Anteil
von 0,5 oder sogar 10 Prozent würden der Boden des besagten Erdbeerbeets noch monatelang bei jedem
Regenguß aufschäumen.
Dazu kommt, daß in Fracking-Termini nicht von einem 10 Liter Wassereimer die Rede ist, sondern pro
Fracking-Einsatz werden je nach
Bohrstelle für das Zubereiten der
Fracking-Flüssigkeit im Durchschnitt 20 Millionen Liter, also
20.000 Kubikmeter bzw. 20.000
Tonnen oder 666 gewöhnliche
Tanklastwagen Wasser benötigt,
was summa summarum einen Chemikalieneinsatz (bei einer Konzentration von 0,5 Prozent reine Additive ohne Proppants) von 100 Tonnen ergäbe. Bei den höheren Prozenten 1 bis 3 Prozent, die beispielsweise ExxonMobil von bereits abgeschlossenen Fracking-Projekten
angibt, kommt man auf 200 bis 600
Tonnen.
Allerdings sind die Angaben des
Wasserverbrauchs und der darin gelösten Chemikalien, die dazu bisher
veröffentlicht wurden, sehr widersprüchlich [9, 11], was von den Förderfirmen und Befürwortern situationsbedingt begründet wird. Das
trägt nicht gerade zur Verständlichkeit bei, läßt sich aber dadurch erklären, daß manche schwerer aufzubrechenden oder tiefer liegenden
Gesteinsformationen einen wesentlich stärkeren Wassereinsatz erfordern und dieser wiederum größere
Mengen an Chemikalien. So sind
die teilweise wesentlich geringeren
Angaben der Hersteller für den
Wasserbedarf als Mittelwerte zu
verstehen, die bestenfalls einen Anhaltspunkt liefern, aber keine Wahrheiten. Da man aber davon ausgehen kann, daß in Zukunft in immer
schwerer zugänglichen Bereichen
gefrackt werden muß, ist aber eher
mit einer Zunahme, denn mit einer
Abnahme des Wasser- und Chemikalieneinsatzes zu rechnen.
Do. 20. Juni 2013
Falsche Angaben?
Dazu kommt, daß Wunschdenken und
werbewirksame Pseudo-Transparenz
der Förderfirmen bei der Herausgabe
solcher Daten offenbar Hand in Hand
gehen. So machte bereits vor zwei Jahren die Fracking-kritische Internet-Seite: "Unkonventionelle Gasförderung Berichte, Informationen und Nachrichten zur unkonventionellen Gasförderung und Erdgassuche in Deutschland,
Europa und der restlichen Welt" [12]
auf eine im Landtag von Niedersachsen veröffentlichte Drucksache aufmerksam, in der in einem Fallbeispiel
verschiedener von ExxonMobil durchgeführter Bohrungen in Söhlingen
deutlich wird, wie sehr die real verwendeten Chemikalienmengen von den
oben behaupteten idealen Mittelwerten
abweichen können.
Im Diagramm aufbereitet, lässt
sich gut erkennen, daß bei 12 von
21 Bohrlöchern der Anteil der
Chemikalien bei über 5 Prozent
an der Gesamtmenge liegt. Bei 7
von 21 Bohrlöchern liegt der An­
teil sogar bei über 10 Prozent.
Spitzenreiter ist die Bohrung
Söhlingen Ost Z1 mit 20,06 Pro­
zent Anteil Chemikalien. [...] Die
Angaben für die Bohrung Söhlin­
gen Z15 zeigen darüber hinaus,
daß mehr als 5 Tonnen Diesel
beim Fracking eingesetzt wurden.
[12]
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Nun könnte man besagter Förderfirma vielleicht in diesem Beispiel zugute halten, daß sie mit ihrem Wasserverbrauch bei allen 21 Förderstellen in einer Zehnerpotenz unter den
oben angegebenen Werten bleibt, da
der höchste Wasserverbrauch der
Söhlingen Z14 nicht einmal
3.679.000 Liter übersteigt. 1 bis 4
Millionen Liter mit 20 Prozent Chemikalienanteil verseuchtes Wasser
pro Bohrloch lassen sich allerdings
nicht so einfach relativieren. In den
USA kommen einige Förderstellen
sogar auf 35 Millionen Liter pro
Bohrloch, zumal dort die Hälfte aller
Bohrlöcher in Gebieten liegen, in
denen Wassermangel vorherrscht
[13]. Mit der Veränderung klimatischer Verhältnisse könnte aber selbst
ein geringerer Wasserbedarf zum
Problem werden.
Harmlose Chemie ist ein
Widerspruch in sich,
wie sollte sie sonst ihre Funktion
erfüllen ­ ein willkürlich
zusammengemischter
Cocktail kann verheerend wirken.
Foto: © 2013 by Schattenblick
Nur Chemikalien, wie man sie aus
dem Haushalt kennt
Im Gegensatz zu 0,05 Prozent Fußbodenreiniger im Wischwasser sind
die in Fracking-Zubereitungen verSeite 23
Elektronische Zeitung Schattenblick
wendeten, sogenannten Haushaltschemikalien keineswegs harmlos.
Frei nach dem für Heilmittel geltenden Grundsatz "keine Wirkung ohne
Nebenwirkung" gibt es auch keine
wirksame und gleichzeitig harmlose
umweltneutrale Alltags-Chemie. Eine willkürliche Mischung von manchen Haushaltschemikalien mit Wasser kann von exotermen Reaktionen
(Hitzebildung) bis zur Explosion
manche toxischen Produkte erst hervorbringen [14]. In dem Fall spricht
man von falscher Handhabung.
Hatten wir bereits die Entsorgung
von Putzmitteln im Erdbeerbeet in
Frage gestellt, so würde man dies sicher bei den möglicherweise noch
geringeren Konzentrationen an vermeintlich gängiger Alltags-Chemie
wie Schwimmbadreinigern (= Salzsäure), Sterilisationsmitteln für medizinische Instrumente (= Glutaraldehyd), Tafelsalz (NaCl, Natriumchlorid, stabilisiert das Gel), Lösungsmitteln für viele Kunststoffe,
hier: Korrosionsschutz (= N,N-Dimethylformamid), Hilfsmitteln in
Handseifen, Kosmetika und Waschmitteln (= Borate, sorgen für gleichbleibende Viskosität auch bei ansteigenden Temperaturen) tun, um bei
den ersten Beispielen einer Liste zu
bleiben, welche die Fracking-Chemie entteufeln will.
Das Gegenteil ist wohl eher der Fall:
- Glutaraldehyd ist für Landbewohner und Wasserorganismen stark giftig, verursacht schwerwiegende Augen-, Nasen-, Hals- und Lungenreizungen, die mit Kopfschmerzen, Benommenheit und Schwindel einhergehen und gilt als ökotoxisch.
- N,N-Dimethylformamid ist giftig,
lebertoxisch und fortpflanzungsgefährdend
- Borate sind Salze der Borsäure, die
seit 2010 durch die ECHA auf die
Kandidatenliste für SVHC (substance
ofvery high concern) aufgenommen
wurden und keineswegs harmlos, sondern u.a. reproduktionstoxisch sind.
Seite 24
Bei genauerer Betrachtung dieser Liste erweist sich nur, daß die Stoffe,
die sowohl in Frack-Fluids als auch
in Bodenstrukturverbesserern (= Polyacrylamid), Make-Up-Entfernern
und Abführmitteln (Petroleumderivate, letztlich Dieselöl), Kosmetika,
Gummibärchen und Eiscreme (Andickungsmittel, Strukturbildner =
Guargummi), Lebensmittelnzusatzstoffen (= Zitronensäure), natriumarmem Kochsalz (Kaliumchlorid), Cola und Getränkefärbung (= Ammoniumsulfit-Zuckercoleur), in Wasserenthärtern, bei der Glas und Keramikherstellung (Natriumcarbonat
und Kaliumcarbonat), Enteisern,
Frostschutzmitteln und Haushaltsreinigern (= Ethylenglycol) und Fensterreinigern (= Isopropanol) enthalten sind, eben gerade nicht besonders
harmlos sind und einige davon wurden sogar in den letzten Jahren aus
dem Verkehr gezogen.
ren, sondern auch Milz, Leber und
Knochenmark schädigen.
Beinahe jede der hier in vermeintlich
harmlosen, alltagschemischen Anwendungen vorkommenden Substanzen ist auf irgendeine Weise umwelttoxisch und gesundheitsschädlich. Selbst Kochsalz (NaCl) oder
das ebenfalls salzig schmeckende
Kaliumchlorid (KCl), das hier als
Zusatzstoff für natriumarmes Salz
erwähnt wurde, kann sich ab einer
bestimmten Dosierung negativ auf
die Gesundheit auswirken. Kochsalz
erhöht den Blutdruck. Kaliumchlorid kann bei einer intravenösen Applikation zum Herzstillstand durch
Hyperkaliämie führen. Dies wird
beim Einschläfern von Tieren, bei
der Hinrichtung durch die Giftspritze und zur Verhinderung von Lebendgeburten bei späten Schwangerschaftsabbrüchen ausgenutzt. Die
tödliche Dosis bei normaler, oraler
So sind Petroleumderivate als Ab- Einnahme liegt bei Ratten bei 2,6
führmittel wegen ihres Gehalts an g/kg (LD 50).
giftigen und teils krebserregenden
Bestandteilen wie Benzol, Toluol, In der bereits erwähnten Fallstudie
Ethylbenzol und Xylol (kurz BTEX) Söhlingen [12] wurden außer den
längst obsolet. Formaldehyd, früher hier erwähnten Substanzen wie Kaebenfalls in vielen Kosmetika ent- liumchlorid (in Söhlingen Z-15: 46,6
halten und ein gängiges Biozid in Tonnen, in Söhlingen Z-14: 211 TonFracking-Rezepturen, gilt als cance- nen), Diesel (in Söhlingen Z-15: 5,3
rogen (krebserregend) und wurde Tonnen) und Methanol (in Söhlingen
deshalb durch das Bedarfsgegen- Z-15: 29.5 Tonnen, in Söhlingen Zständegesetz von Produkten, die auf 14: 1 Tonne) auch weitere brisante
der Haut oder im Körper Anwendung Stoffe wie das stark toxische 2-Bufinden, gestrichen.
toxylethanol (0,8 Tonnen) oder
Nonylphenolethoxylat (1,6 Tonnen)
Eine Vergiftung mit Ethylenglycol verwendet.
kommt zwar selten vor, ist aber potentiell (mit 1,4 g/kg) möglich. Ethy- Letzteres war 1984 als Nonylphenolenglycol kann bereits durch die le in Verruf geraten, weil bedeutenHaut aufgenommen werden, wirkt de Mengen davon aus Reinigungsreizend und in höheren Dosierungen mitteln in die Fließgewässer gelangnerventoxisch. Eine Einnahme hat ten, wo sie nicht nur toxisch, sondern
Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel- auch eine östrogene hormonaktive
störungen und lebensbedrohliche Wirkung auf Wasserorganismen
Nierenschädigungen zur Folge. zeigten. Dies hatte zunehmend zu eiEthylenglycolmonobutylether, ein ner unnatürlichen GeschlechtspräfeDerivat davon und ein vielbenutztes renz bei Amphibien geführt.
Gleitmittel in Frack-Fluids (damit
die darin enthaltenen Sandkörner an Man könnte die Liste endlos fortsetihren Bestimmungsort rutschen), soll zen, denn unter den 150 bis 750 vernicht nur rote Blutkörperchen zerstö- schiedenen Stoffen (auch hier variiewww.schattenblick.de
Do, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
ren die Angaben je nach Quelle) gibt
es kaum einen Stoff, der in den eingesetzten gewaltigen Mengen tatsächlich für Mensch und Umwelt
verträglich wäre.
Selbst der hier bisher nicht erwähnte Sand, der momentan das beliebteste Stützmittel (Proppant) darstellt,
weil er noch kostengünstig zu haben
ist, stellt bei einer fortgesetzten
Handhabung in diesem Stil ein Problem dar, denn die beim Verschütten
erzeugten Quarzhaltigen-Feinstäube
sind ähnlich wie Asbest lungengängig und können dort zu Verletzungen
und Entzündungen führen. Allein in
den USA wurden nur 2011 28,7 Millionen Tonnen Sand beim Fracking
in den Boden verpreßt, um die erzeugten Risse begehbar zu halten.
Auch diese quantitative Beschaffung
wird zunehmend kompliziert. Wo
soll das alles herkommen, fragen
sich die Kritiker. Welche gewaltigen
Bodenbewegungen ein Abbau von
einer Stelle und Verpressen an anderer mit sich bringt, fragen sich allerdings die wenigsten.
Eines läßt sich allerdings angesichts
dieser losen Reihe der in FrackingZubereitungen zu findenden, "ganz
gebräuchlichen, herkömmlichen und
deshalb harmlosen" Alltags-Chemie
klar erkennen. Für den Laien klingen
schon die Einzelstoffe wie Siliciumoxid (Quarzsand) oder auch
"Dihydrogenmonoxid" (H2O, Wasser) furchterregend. Was sollte ein
Nichtchemiker also mit den dezidierten Listen anfangen, in denen Betreiber und Förderer die von ihnen verwendeten Chemikalien genauestens
auflisten, ohne Angaben darüber,
was daraus entstehen kann und wo
diese Stoffe verbleiben, geben Aufzählungen, die mit 1-(1-Naphthylmethyl)quinolinium chlorid und 1(Phenylmethyl)-ethyl pyridinium,
methyl-Derivat anfangen und mit
Zirconium,tetrakis[2-[bis(2-hydroxyethyl)amino-kN]ethanolato-kO]und α-[3.5-Dimethyl-1-(2-methylpropyl)hexyl]-w-hydroxy-poly(oxy1,2-ethandiyl) aufhören, wenig her.
Do. 20. Juni 2013
[9] Die immer wieder geforderte
Transparenz kann also gleichermaßen dazu genutzt werden, überhaupt
keine Antwort auf die brennenden
Fragen zu geben, wie die vermeintlich gut gemeinte, verharmlosende
Übersetzung dieser Hieroglyphen in
die aus dem Alltag bekannte Chemie,
vor deren Anwendungen wie Mineralwasser, Sanduhren oder Nagellackentfernern, Shampoos, Putzmitteln, Fleckensalz, Abflußreinigern,
Desinfektionsmitteln u.ä. man sich
nur nicht graust, weil man sie darin
für beherrschbar hält. Und weil niemand auf die Idee kommen würde,
alles zusammen in einen Bottich zu
kippen und miteinander reagieren zu
lassen.
und Natur auf seiner Oberfläche
nicht kratzen. Vergessen wird, daß in
solchen Tiefen wesentlich höhere
Temperaturen vorherrschen, die (siehe [3]) u.a. zur Gewinnung von Erdwärme kommerziell genutzt werden
und die zum Teil aus der Entstehungsgeschichte der Erde und zum
anderen aus dem radioaktiven Zerfall der dort lagernden uran- und radonhaltigen Erze stammt. Je höher
die Temperatur, sagt eine alte Chemikerweisheit, um so schneller laufen die Reaktionsprozesse ab (deshalb gärt der Fruchtsaft in der Sonne
und bleibt im Kühlschrank länger
frisch). Die hier herrschenden Reaktionsbedingungen (Druck und Temperatur) könnten alle erdenklichen
Reaktionen zulassen, die im ReaVermeintlich vorbildliche Transpa- genzglas so nicht vorstellbar sind.
renzlisten, in denen man Angaben
zur humantoxischen oder ökotoxi- Vergessen ist auch, daß diese Bereischen Wirkung der verwendeten che der Erdkruste noch zu den unerChemie nachschlagen könnte [15], forschtesten Gebieten überhaupt
geben nur die mittels Gefahrensym- zählen. Wie künstlich induzierte
bol und entsprechend chiffrierten Prozesse hier an der Oberfläche
Codes für reizende, ätzende, gesund- spürbar werden können, gehört
heitsschädliche und sonstwie toxi- ebenfalls zu den "Unbekannten" in
sche Substanzen an. Wird ein Stoff der Rechnung bzw. den Wissensdenormalerweise als Einzelsubstanz fiziten in einer Umweltverträglich"harmlos eingeschätzt" (was in keitsabschätzung. Untersuchungen
Kombination mit anderen bekannt- zur Flüssigmüllverklappung oder der
lich nichts zu bedeuten hat) steht statt Verpressung von flüssigem Kohlendes chemischen Namens nur "Das stoffdioxid in der Erde (CCS) [16]
Produkt ist nach der Richtlinie zeigen bereits, daß chemische Flüs1999/45/BG als nicht gefährlich ein- sigkeiten nicht nur geplante Minigestuft" und sonst nichts.
Erdbeben (Fracking) auslösen können, sondern unter bestimmten BeFür Laien wie Chemiker sind Wir- dingungen die seismischen Risiken
kungen und Nebenwirkungen der erhöht. Auch kleine Lebewesen (MiFracking- Chemie kaum absehbar, kroorganismen) können in dieser
zumal nicht nur die Einzelstoffe der Tiefe nicht ausgeschlossen werden,
nicht geklärten Mischungen unter- was der Einsatz von Bioziden in aleinander reagieren können, wie sich len Frack-Flüssigkeiten beweist. Mit
bereits aus den bekannten oder er- welchen natürlichen Mineralien die
wünschten Reaktionen (s.o.) ablesen Chemikalien der Frack-Zubereitung
läßt, sondern auch die daraus entste- reagieren, ob und in welchen Menhenden, nicht weiter definierten und gen sich radioaktive Elemente darin
unbekannten Produkte. Dazu lösen, all das läßt sich in Laborexpekommt, daß Fracking-Chemie ge- rimenten nicht abschätzen, auch
wöhnlich in 2.000 bis 5.000 Meter nicht, was mit dem sogenannten
Tiefe zur Anwendung kommt. Auch Flowback ans Tageslicht gefördert
damit will man gemeinhin Gemüter wird, der - wenn alles nach Plan läuft
beruhigen: Was so tief unter der Erd- - als Sondermüll entsorgt werden
kruste geschieht, kann doch Mensch muß.
www.schattenblick.de
Seite 25
Elektronische Zeitung Schattenblick
So wie in Rumänien befürchtet wird,
daß nur ein Fingerzeig der Regierung
das Anrücken der Bohrtürme ermöglichen könnte - die Firmen, die hier
unlängst die Schürfungsrechte erwerben konnten [17], haben vor, mit
allen verfügbaren Mitteln den größtmöglichen Profit aus dem Gestein zu
holen -, scheinen nun nach dem gescheiterten Versuch in Deutschland,
eine Rechtsgrundlage für solche Anliegen zu schaffen, die Wege dafür
auch hierzulande vorerst wieder offen zu sein. Zwar gingen die darin
enthaltenen Einschränkungen den
Kritikern des Verfahrens noch lange
nicht weit genug. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung in
Umweltfragen (SRU) hält eine praktische oder kommerzielle Annäherung an das Thema wegen der noch
bestehenden Wissenslücken für unvernünftig [7]. Doch ohne gültiges
Moratorium bleibt alles beim Alten
und damit auch das Risiko für deutsche Lagerstätten, aufgrund des geltenden Bergrechts mit entsprechender Genehmigung vom Landesamt
für Bergbau, Energie und Geologie
(LBEG) in Clausthal-Zellerfeld - und
damit von der Wirtschaftsbehörde
als vorgesetzte Fachbehörde - von
Förderfirmen erkundet und gefrackt
zu werden. Zwischen der Erlaubnis
und der Durchführung solcher Vorhaben stehen derzeit nur die Aufmerksamkeit und der Widerstand der
besorgten Bevölkerung. Proteste
wenden sich derzeit gegen ExxonMobil, die bereits offiziell in Hamburg und Umgebung prüfen dürfen,
ob in den Bezirken Bergedorf und
Harburg eine Förderung möglich und
sinnvoll ist.
Die gewaltsamen Anstrengungen,
die unternommen werden, um in einem relativ schiefergasarmen Land
wie Deutschland gegen alle Proteste
und gegen die gegebene Vernunft
Frackingvorhaben durchzusetzen,
deuten allerdings weitere Wissensdefizite bezüglich der Energiesituation an, die möglicherweise bewußt
nicht an die Öffentlichkeit geraten
sollen. Sie werfen die Frage auf, welSeite 26
che weiteren Risiken noch mit den hundert Metern Länge Gas freigeschwindenden fossilen Ressourcen setzt werden kann. Entsprechend
hoch müssen auch die Risiken und
gerechtfertigt werden?
Gefährdungen eingeschätzt werden,
die sich daraus für Umwelt und Was(Fortsetzung folgt)
ser ergeben.
Fußnoten:
[1] Einige historische Bilder aus der
Glanzzeit von Bad Busiasch findet
man hier:
http://www.dampflokomotiven.net/Galerie1/Galerie1.html
[2] Banat (Banschaft, ungarisch
Bánság, auch Banat von Temesvar)
ist eine historische Region in Mitteleuropa, die heute in den Staaten Rumänien, Serbien und Ungarn liegt.
Der Begriff Banat leitet sich vom
Herrschaftsbereich eines Ban (eine
Art Markgrafen) ab.
[3] Mehr dazu siehe:
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula275.html
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula276.html
[4] http://www.funkforum.net/
print.php?page=ARTICLE&particleid=1852
http://www.adz.ro/artikel/artikel/
banater-protestierten-gegenschiefergasgewinnung/
[5] http://www.dradio.de/dlf/
sendungen/umwelt/2121218/
[6] Technische Maßnahmen Fracking: Gemeint ist das durch den
weiterentwickelten, direkt angetriebenen Bohrkopf neu konzipierte Verfahren, erst vertikal und dann horizontal in vielen Strängen gleichzeitig und parallel zu bohren, und dadurch mit einer um ein Vielfaches
höheren Menge an Wasser und Chemikalien und 100fach stärkerem
Druck in 1000 bis 5000 Metern Tiefe eine Kettenreaktion auszulösen eine Art unterirdisches Mini-Erdbeben -, welche das gashaltige Gestein
aufbricht, so daß aus den erzeugten
Rissen und Wegbarkeiten von bis zu
www.schattenblick.de
[7] "Fracking sei energiepolitisch
nicht notwendig, leiste keinen maßgeblichen Beitrag zur Energiewende
und sei wegen gravierender Wissenslücken riskant." So argumentiert
der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) gegen kommerzielles Fracking, aber für Pilotprojekte zur Schiefergasgewinnung. Der
SRU sieht seine Empfehlungen auch
als Beitrag zur europäischen
Fracking-Debatte. Unter "Gutem
Fracking" versteht der SRU ausschließlich Pilotprojekte, die an eine
verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung gebunden sind und
wissenschaftlich begleitet werden
sollen, wobei nur wenige harmlose
bzw. keine Chemikalien zum Einsatz
kommen sollen. Solche Demonstrationsvorhaben sollten transparent
unter Beteiligung der Öffentlichkeit
geplant und umgesetzt werden. Alle
Kosten sollten dabei "im Sinne des
Verursacherprinzips" von fördernden
Unternehmen getragen werden.
Würden diese Forderungen hinsichtlich der bestehenden Unsicherheiten
wirklich ernst genommen, käme das
einem Moratorium gleich.
http://www.euractiv.de/energie-undklimaschutz/artikel/sru-expertenzum-fracking-enbehrlich-und-riskant-007595
[8] http://www.gesetze-im-internet.
de/bundesrecht/uvpbergbv/
gesamt.pdf
[9] Eine Liste davon findet sich im
Anhang E1, einer 190 Seiten lange
Studie der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA, Seite 119
a) http://water.epa.gov/type/groundwater/uic/class2/hydraulicfracturing/upload/hf_study_plan_110211_final_508.pdf
weitere Informationen:
b) http://democrats.energycommerDo, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
ce.house.gov/sites/default/files/documents/Hydraulic-Fracturing-Chemicals-2011-4-18.pdf
c) http://www.epa.gov/safewater/
uic/pdfs/cbmstudy_attach_
uic_ch04_hyd_frac_fluids.pdf
[11] wie diese scheinbar kritische
Veröffentlichung, die rechnerisch
bestenfalls von einer Chemikalienkonzentration von etwa 0,15 Prozent
ausgeht:
http://www.kiefermedia.de/news/article/oelkonzerne-erkunden-europasschiefergas-reserven-bis-20-mio-literwasser-und-35-t-chemikalien-pr.html
[16] http://www.schattenblick.
de/infopool/natur/chemie/
chula272.html
[17] Laut ADZ vom 15. März 2013
handelt es sich um die Firma "Prospectiuni SA" des bekannten TemesDie nach Verwendungszweck
warer Magnaten und Multimillionärs
sortierte Liste des NordrheinOvidiu Tender, die derzeit SchürfunWestfälischen Gutachtens liefert
gen und Ausbeutung von Erdöl, Erdweitere Anhaltspunkte:
[12] http://www.unkonventionelle- gas, Schiefergas und anderen wertd) http://www.umwelt.nrw.de/
gasfoerderung.de/2011/05/29/bis- vollen Mineralen im Land, aber auch
umwelt/pdf/gutachten_fracking_
zu-20-prozent-chemikalien-imin Afrika durchführt. Diese habe es
nrw_2012_lang_04.pdf
frackwasser-bei-soehlingen/
Ende Februar geschafft, die Schürund dazu:
fungsrechte für Schiefergasvorkom[10] Die Prozentangaben der einge- http://www.landtag-niedersachmen in der Zone dieser Ortschaft zu
setzten Chemikalien variieren in den sen.de/Drucksachen/Drucksaerlangen.
einzelnen Studien. 0,5 Prozent ist da- chen_16_5000/3501-4000/16http://www.adz.ro/artikel/artikel/
bei eine der geringsten. In dem Gut- 3591.pdf
das-dorf-gegen-die-millionaersfirma
achten von ExxonMobil geht man [13] Siehe auch:
von generell 1 bis 3 Prozent Additi- http://www.schattenblick.de/info- Laut einem kürzlich erschienenen
ven aus, die hier ebenfalls als "gerin- pool/umwelt/redakt/umre-143.html ADZ-Bericht vom 2. Juni 2013, mußge Menge" eingestuft werden. Im
ten Lokalbehörden der Gemeinde
Gutachten von NRW wird die [14] So wird aufVerpackungen von Sanmihaiu Roman im Kreis Temesch
Spannbreite auf von 0,2 bis 10 Pro- (natriumhypochloridhaltigen) Ab- die bereits an ein Unternehmen erteilzent eingeschätzt. Bei dieser Rech- flußreinigern gewöhnlich davor ge- ten Schürfrechte auf Druck der Benung werden die sogenannten Stütz- warnt, das Mittel mit säurehaltigen völkerung wieder zurückziehen.
mittel oder Proppants (weitere 20 Reinigungsmitteln in Berührung zu http://www.adz.ro/artikel/artikel/Prozent), bei denen feiner Sand, aber bringen. Die Säure setzt aus dem Hy- schiefergas-fracking-in-europaauch synthetisch erzeugte Keramik- pochlorit extrem toxisches und ät- traum-oder-albtraum/
kügelchen oder Kunststoffe in Frage zendes Chlorgas frei.
kommen, ausgeschlossen.
http://www.schattenblick.de/
Siehe auch
[15] http://www.erdgassucheinfopool/natur/chemie/
http://frackingfrei.wordpress.com/ in-deutschland.de/files/
chula277.html
studien-und-gutachten/
damme_3_materialverbrauch.pdf
BUCH / ROMANE / REZENSION
Elsie Chapman
Du oder Ich
(Thriller, Science Fiction)
Angesichts der Tatsache, daß am
1.5.2013 in Cumberland/Kentucky
ein Fünfjähriger seine zweijährige
Schwester mit einer Waffe erschoß,
die er gerade zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, und man
weiß, daß jedes Jahr in Amerika
Do. 20. Juni 2013
30.000 Menschen durch den Gebrauch von Schußwaffen sterben,
denkt man im ersten Moment "typisch Amerika", wenn man dem Gespräch zwischen der 15-jährigen
West Grayer und ihrem ein Jahr älteren Bruder Luc zuhört, mit dem das
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Elsie Chapman
Du oder Ich
Deutsche Erstausgabe
Titel der Originalausgabe: Dualed
Aus dem Amerikanischen von
Alexandra Baisch
Knaur Verlag, München 2013
329 Seiten, € 16,99
ISBN: 978­3­426­65329­6
Buch "Du oder Ich" von der in Kanada lebenden Autorin Elsie Chapman beginnt. Die zwei Jugendlichen
unterhalten sich über ihre Kampfausbildung als "Substitute" und es
entblättert sich ein Gesellschaftssystem, in dem jeder Mensch einen
Seite 27
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Doppelgänger hat, den er von Geburt
an zu hassen hat und den innerhalb
eines Monats zu töten er irgendwann
im Alter zwischen 10 und 20 den
Auftrag vom "Board" bekommt. Das
nächste, was man sich fragt ist: Beruht dieser Roman auf einem Computerspiel? Denn assoziativ verbindet man den Begriff "Board" gleich
mit Tastatur. Aber wenn man im
Wörterbuch nachschlägt, findet man
auch die Bedeutung "Behörde", die
hier wohl zutreffender ist. Wieso die
Doppelgänger allerdings "Substitute" heißen, bleibt bis zum Ende unerklärlich, denn "Substitute" bedeutet eigentlich "Ersatz", "Vertretung"
oder "Austausch". Die Menschen,
die ihre Doppelgänger ermorden, ersetzen sie jedoch nicht. Sie reißen eine Lücke in Familien, Freundeskreise, Liebesbeziehungen. Denn diese
Doppelgänger sind einfach andere
Mitmenschen, die in anderen Familien aufgewachsen sind und nur
durch genetische Manipulationen
dasselbe Aussehen haben.
Kersh, die letzte kriegsfreie Zone der
Welt.
gewinnen, ist die größte Herausfor­
derung für jeden Kämpfer.
(Seite 50­51)
Aber der Preis um hier leben zu kön­
nen, ist hoch. Um innerhalb der
Grenzen einigermaßen sicher zu
sein, müssen wir uns im Gegenzug
auf die Gefahr im Außen vorbereiten.
Der Krieg im Surround dringt als
konstante Bedrohung zu uns vor, bro­
delt immerzu direkt unter der Ober­
fläche. Deshalb zieht man uns zu
Soldaten heran. Denn eine Stadt vol­
ler Killer zu überwältigen, wäre kein
leichtes Unterfangen.
Einmal davon abgesehen, daß Genkarten zu erstellen und neu zu gestalten noch keine veränderten Menschen erzeugt, fragt man sich doch,
wozu ein solcher Umstand betrieben
werden soll. Gegen wen, bitte schön,
soll denn hier gekämpft werden? Davon, daß die Stadt tatsächlich gegen
ein feindliches Umfeld verteidigt
wird, ist nämlich nirgendwo die Rede. Die Erwachsenen müssen sich
weder fit halten noch zu irgendwelchen Reserveübungen antreten oder
sich gar als Soldaten bewähren. Genausowenig bekommt man irgendetwas vom Krieg im Surround, der auf
Kersh überschwappen könnte, mit.
Und selbst wenn eine Bedrohung
existent wäre, müßte man sich doch
fragen, welchen Sinn es haben soll,
die Hälfte der Gesellschaft zu eliminieren, bevor sie überhaupt die Stadt
verteidigen kann.
Da die Stadt vom Rest der Welt ab­
geriegelt ist, Raum und Mittel also
begrenzt sind, sind hier nur die Be­
sten von uns erwünscht. In seiner
Genialität hat das Board Substitute
kreiert, indem es die Gene so mani­
pulierte, dass zwei identische Kinder
von zwei unterschiedlichen Eltern­
paaren gezeugt werden. Jedem Paar
kommt dabei die Aufgabe zu, den be­
sten Killer heranzuziehen, den, der
am härtesten im Nehmen ist.
'Was soll das Ganze?', fragt man sich.
West Grayer, aus deren alleiniger 23 Seiten weiter wird erklärt, wie
Sicht dieser dystopische Roman ge- diese Genmanipulation funktionieschrieben wurde, gibt dem Leser auf ren soll:
Seite 27 eine eher dürftige - und auch
nur auf diese eine Textstelle be- Wenn Eltern ein Kind wollen, ruft
schränkte - Erklärung, die auch wie- das Board ihre individuelle Genkar­
der eher wie die Einleitung in die te ab und erstellt eine neue, daraus
Hintergrundwelt eines Computer- kombinierte. Das nächste Elternpaar
spiels klingt:
durchläuft dieselbe Prozedur. Dann
Damals, als der universelle Gripp­
eimpfstoff die unschöne Nebenwir­
kung irreversibler Unfruchtbarkeit
mit sich brachte, gelang es dem
Board, die menschliche Rasse durch
ein System von konstanten und sorg­
fältig überwachten biologischen
Eingriffen am Leben zu erhalten.
Doch die menschliche Natur ist dar­
auf ausgerichtet, sich zu zerstören,
egal wie viele Chancen sie erhält,
und Krieg überzog die Welt. Eine
Untergruppe des Boards spaltete
sich ab, beanspruchte die obere
Westküste Amerikas für sich und
kehrte allen anderen den Rücken.
Die stark bewachte Stadt nannten sie
Seite 28
nimmt das Board die Genkarten bei­
der Babys und generiert das, was
man einen Substitute­Code nennt.
Dieses künstliche Genmaterial wird
codiert, damit es die Gene so steuert,
daß die äußeren Merkmale überein­
stimmen. So gesehen sind Substitute
wie Zwillinge. Das macht es ihnen
leichter, sich gegenseitig zu finden ­
sie müssen einfach nur nach ihrem
eigenen Gesicht Ausschau halten.
Manchmal überschreitet die Substi­
tuten­Codierung ihre Parameter und
greift auf andere Gene zu, so daß die
beiden Substitute über ähnliche Re­
flexe, Hirnmuster und Sprachfähig­
keiten verfügen. Sich selbst zu besie­
gen und einen Weg zu finden, um zu
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Die Kinder durchlaufen in der Schule zwar eine Ausbildung, die sie dazu befähigen soll, ihre Doppelgänger
zu ermorden, hat ein Kind jedoch das
Pech, schon mit 10 Jahren den Auftrag zu bekommen, muß es eben versuchen, ohne Vorbereitung seinen
Zwilling zu meucheln. Wenn es
Glück hat, hat es noch Geschwister,
die dafür sorgen, daß es sich frühzeitig im Gebrauch von Waffen übt.
Doch nicht selten sind alle Geschwister schon zuvor diesem abartigem
System zum Opfer gefallen und es
muß sich allein durchs Leben schlagen, in dem die Substitute nicht nur
der ständigen Angst ausgesetzt sind,
umgebracht zu werden, sondern auch
ein Leben zweiter Klasse führen
müssen, denn Substitute dürfen nur
minderwertige Nahrung kaufen und
bekommen nur die niedrigsten Jobs.
Erst als Vollendeter, also als Mörder
seines Doppelgängers, darf ein
Kersh-Bewohner sein Leben so gestalten, wie er es möchte. Und das
drückt sich darin aus, einen bequeDo, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
men Job zu ergattern, heiraten zu rem Antrittsgespräch den Auftrag,
dürfen und Kinder zu bekommen.
ein 13-jähriges Mädchen zu killen,
was ihr mehr schlecht als recht geFür West Grayer liegt dieses Ziel lingt. Das kaltblütige Abschlachten
noch in verhältnismäßig weiter Fer- Minderjähriger, deren Überlene, als Lucs Freund Chord mit der benschancen sie gerade durch den
Hiobsbotschaft zu ihnen stößt, gera- Umstand minimiert, daß diese nicht
de aktiviert worden zu sein, also den mit einem Gegner rechnen, der nicht
Auftrag bekommen zu haben, inner- so aussieht wie sie, scheint ihr morahalb der nächsten 31 Tage sein Eben- lisch keine Probleme zu bereiten.
bild zu ermorden. Sollte das weder
ihm noch seinem Widersacher gelin- Die einzigen Emotionen, wenn man
gen, werden beide eliminiert, denn es überhaupt so nennen will, äußern
alle Substitute haben eine Zeitschalt- sich in der stereotyp wiederkehrenuhr im Kopf, die nach Ablauf der 31- den Trauer über den Verlust ihrer GeTage-Frist das Gehirn zerstört.
schwister und in der Angst um das
Leben ihres Freundes, der ihr beisteHat man die Abscheu, sich in eine hen will und den sie ständig zurücksolche Gesellschaft hineinversetzen weist, was sich auf so nervtötende
zu müssen, erst einmal überwunden, Weise wiederholt und mit oberflächkann man sich zumindest mit der lichen Dialogen und aneinandergeHoffnung ans Lesewerk machen, daß reihten Belanglosigkeiten durchsetzt
es der Protagonistin vielleicht gelin- ist, daß gelegentlich auftretende
gen kann, dieses menschenverach- Spannungsmomente im Nu verpuftende System irgendwie zu Fall zu fen.
bringen.
Die Diskrepanz zwischen ihrer TrauDiese Annahme, sollte man meinen, er und der Kaltblütigkeit, mit der
ist bei einem solch abartigen Kon- West andere Teenager ermordet, ohstrukt menschlicher Barbarei selbst- ne das geringste dabei zu empfinden,
verständlich. Jedoch gibt es nieman- läßt kein stimmiges Charakterbild
den in diesem Plot, der das System aufkommen und schon gar keine
wirklich in Zweifel zieht. Es geht Sympathie. Zeitweise könnte man den Protagonisten gar nicht darum, obwohl man auch über sie nichts eretwas gegen das Regime zu unter- fährt - eher mit ihrer Widersacherin
nehmen, sondern zu lernen, wie man sympathisieren, da die sich wenigsich am besten in das System einfügt stens mit ihrem Freund zusammenund das Überleben sichert. Auch die tut. Und es stellt sich die berechtigte
Striker, jene Auftragskiller, die vor- Frage, weshalb es die Andere wenigeben, sich dem System zu widerset- ger verdient hat weiterzuleben?
zen, indem sie gegen Bezahlung den
Auftrag eines Substituten überneh- Sollte sich West solche Fragen auch
men, stützen es, da sie den Wohlha- gestellt haben, hat sie das dem Lebenden ermöglichen, ihr Leben frei- ser nicht mitgeteilt, obwohl ihr Verzukaufen.
halten einen solchen Schluß zulassen könnte. Als sie nämlich selbst
Schwer nachzuvollziehen bleibt bis ihren Auftrag bekommt, ist sie zwar,
zum Schluß, warum West beschließt, was das Ermorden von Menschen
sich dieser Killerorganisation anzu- betrifft, schon recht geübt und es
dienen. Da sie zu jung für die schu- wäre für sie ein leichtes gewesen,
lische Waffenausbildung ist, vermu- ihre Doppelgängerin auf dieselbe
tet man zunächst, daß ihr dort eine Art und Weise ins Jenseits zu beförentsprechende Ausbildung im Mord- dern wie die Opfer ihrer anderen
handwerk zukommt. Doch weit ge- Aufträge. Dennoch geht sie ihr alfehlt. Nach dem Motto 'learning by lem Anschein nach wochenlang aus
doing' bekommt sie gleich nach ih- dem Weg, wobei dem Leser erst
Do. 20. Juni 2013
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nach einem Zeitsprung von drei
Wochen erlaubt wird, daran teil zu
nehmen. Die letzten der ihr verbliebenen 10 Tage flieht sie von einem
Stadtteil zum nächsten. Dies irrationale Verhalten klärt sich auch nicht
durch das beharrliche Drängen ihres
Freundes, es zu erklären. Es dient
lediglich dazu, das Buch mit statischen Umgebungsbeschreibungen
zu füllen. Denn im Laufe des Romans durchstreift man als Leser drei
der vier Bezirke Kershs: Jethro, das
Industrieviertel, in dem West heimisch ist und sich gut auskennt,
Gaslight, das ähnlich wie Jethro
aufgebaut ist, allerdings statt mit
Fabrikgebäuden mit Wasseraufbereitungsanlagen ausgestattet ist, und
Leyton, den Sitz des Boards, Geschäftsviertel und damit reichster
Distrikt. Calden, in dem wohl
hauptsächlich landwirtschaftliche
Erzeugnisse produziert werden,
wird nur am Rande erwähnt. Bei
dieser Einteilung und auch dadurch,
daß Kersh rundum durch eine riesige, unter Strom stehende eiserne
Barriere vom Surround abgetrennt
wird, hat man unwillkürlich ein
Brettspiel vor Augen, das dem Spieler nur so viel Informationen liefert,
wie ein Spielfeld aufzuzeigen vermag. Natürlich schmückt die Autorin diese Informationen noch mit einigen Details aus, dennoch erlebt
man diese Umgebung nicht, sondern
betrachtet sie lediglich.
Die seelenlose Handlungsweise der
Protagonistin nebst den farblosen
Darstellungen der Nebenpersonen
machen das Lesen zu einem nur
schwer erträglichen Unterfangen.
Hinzu kommt, daß man das ganze
Geschehen immer nur aus Sicht West
Grayers geschildert bekommt. Ein
Perspektivwechsel hätte diesem Roman wenigstens ein wenig Farbe
verleihen können. Was denkt der
Freund beispielsweise, und vor allem, was geht in der Doppelgängerin
vor? Eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Doppelgängerin wäre
sicher interessant gewesen. Daraus
hätten sich nicht nur viele interesSeite 29
Elektronische Zeitung Schattenblick
sante Konflikte ergeben, sondern
dies hätte eventuell auch zu weiterführenden Fragen führen können, ob das mörderische System
nicht vielleicht im Zusammenschluß angreifbar wäre. Doch
solche Fragen sind in diesem Roman nicht vorgesehen. Jeder nicht
einmal vorhandene Widerstandsgedanke gegen das System versickert zum Schluß dann auch -
Hollywood läßt grüßen - in erfüll- daß ihre Regierung mit ihren
Drohnen in Pakistan und wo imter Zweisamkeit.
mer es ihr beliebt reihenweise
Dieser Roman paßt in eine Welt, Menschen abknallt.
in der ein Menschenleben nicht
mehr wert ist als der Bildschirm- Nur, muß man sich eine Lektüre auf
pixel, den es mit einem Tasten- dieser Grundlage wirklich antun?
druck zu eliminieren gilt. Und er
http://www.schattenblick.de/
paßt zur Mentalität einer amerikainfopool/buch/romane/
nischen Mehrheit, die offensichtburor140.html
lich nichts daran auszusetzen hat,
SPORT / BOXEN / MELDUNG
Wachsender Widerstand gegen Profiauftritte bei Olympia
Profiverbände befürchten Abwanderung namhafter Akteure
Nachdem die Pläne des Weltverbands der Amateurboxer (AIBA), bei
den Olympischen Spielen 2016 in
Rio de Janeiro auch Profis zuzulassen, fast schon die Konsistenz einer
unumstößlichen Faktenlage angenommen hatten, formiert sich nun
immer massiverer Widerstand gegen
dieses Vorhaben. So haben sich der
Nordamerikanische Boxverband
NABF, der Profiverband World Boxing Council (WBC) und die Europäische Boxunion (EBU) entschieden gegen diese Option ausgesprochen und wollen gemeinsam einen
Protest formulieren.
Wie es in einer Stellungnahme der
NABF heißt, sei Amateurboxen auf
den Rückhalt aller Länder angewiesen und sollte nicht an den Rand gedrängt werden, wie dies die AIBA
offenbar bei den Olympischen Spielen beabsichtigt. Profiboxen würde
ohne den Amateursport gar nicht existieren. Man sei "entschieden dagegen, Profiboxen bei den Olympischen Spielen einzuführen, weil weniger entwickelte Länder einen deutlichen Nachteil hätten".
die eine Disziplin wie Boxen mit sich
bringe. Da sich die Athleten gegenseitig schlagen, bestehe erhöhte Gefahr, daß ein unerfahrener Amateur
im Kampf gegen einen Profi Verletzungen davontragen könnte. Auch
die EBU weist daraufhin, daß Boxen
ein gefährlicher Sport sei, in dem
professionelle Sportler Gegner aus
weniger entwickelten Ländern verletzen könnten. Man habe sich einstimmig dafür ausgesprochen, den
Standpunkt des World Boxing Councils zu unterstützen und eine Protestnote gegen eine solche Entwicklung
an die AIBA und das Olympische
Komitee zu senden. [1]
José Sulaimán, seit 1975 Präsident
des im Jahr 1963 gegründeten WBC,
das neben der WBA, IBF und WBO
zu den vier maßgeblichen Weltverbänden des Profiboxens gehört,
kämpft mit harten Bandagen in eigener Sache. Er droht dem Amateurbox-Weltverband AIBA sowie dem
Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und dessen Präsidenten
Jacques Rogge mit Klagen. Wie der
inzwischen 81jährige Verbandsveteran erklärt hat, erwarte er eine AntAls zweites Argument führen die wort auf seine Einwände. Sollte diedrei Verbände Sicherheitsaspekte an, se weiterhin ausbleiben, müßten sich
Seite 30
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"Herr Rogge, das IOC und die AIBA" auf Klagen einstellen. Er vertrete nicht nur die Interessen des
WBC, sondern spreche im Namen
aller, die sich gegen die Errichtung
von Monopolen wehren.
Vor einigen Wochen hatte sich der
WBC-Präsident in schriftlicher Form
bei IOC-Präsident Rogge über die
jüngsten Pläne der AIBA beschwert.
Dabei monierte Sulaimán insbesondere, daß der Amateurverband immer mehr Profis anlocke und diese
im Alleingang nach Olympia bringen
wolle. Diese Vorgehensweise generiere plötzlich einen riesigen Zuspruch des Amateurlagers, während
den Profiverbänden das Wasser abgegraben werde. Offenbar fürchtet
Sulaimán, daß das WBC seine Weltmeister und damit seine wichtigste
Einnahmequelle an die AIBA verliert, mithin sein Lebenswerk in Gefahr ist.
Seinen Aussagen zufolge soll Rogge
der AIBA schriftlich zugesichert haben, daß das IOC voll und ganz hinter der Professionalisierung der AIBA steht. Der scheidende IOC-Chef
sieht darin offenbar eine Chance, die
angestaubten olympischen WettDo, 20. Juni 2013
Elektronische Zeitung Schattenblick
kämpfe aufzupolieren. Allerdings ist
Rogge demnach auch bekannt, daß
die AIBA für ihr neues Profiprogramm noch 130 Millionen Euro benötigt. Da AIBA-Präsident Wu
Ching-Kuo eine Kandidatur als Rogge-Nachfolger erwogen hat, wäre im
Falle seines Erfolgs das Programm
der AIBA nicht mehr aufzuhalten. Es
gilt jedoch als unwahrscheinlich, daß
Wu Ching-Kuo tatsächlich das Rennen machen könnte. [2]
Startplätzen sowie ein Qualifikationsmodus, so daß er Jahre vor den
Spielen nicht mehr für seine eigene
KMG-Promotion boxen dürfte.
Dessen ungeachtet zeichnet sich die
Bereitschaft der Funktionäre ab, das
Unmögliche möglich zu machen.
Nach den Ringern fürchten auch die
Boxer den olympischen Tod, weshalb unter den bedrohten Sportarten
der Druck wächst, sich spektakulär
und fernsehtauglich zu präsentieren.
Die bloße Diskussion über einen
möglichen Auftritt Klitschkos in Rio
bescherte dem olympischen Boxen
größere Aufmerksamkeit, als diese
Disziplin während der gesamten
letzten Spiele in London verbuchen
Wie diese Kontroverse zeigt, sind die
angeführten Sachargumente gegen
die Professionalisierung des olympischen Boxturniers zwar durchaus bedenkenswert, jedoch im Grunde nur
der Schaum auf dem Gebräu konkurrierender Profitinteressen. Die seit
Jahrzehnten von schweren Korruptionsfällen, Manipulationsvorwürfen Fortsetzung von Seite 16
und katastrophalen Fehlentscheidungen geprägte AIBA steht nach wie vor Fußnoten:
"How Jimmy Carter and I Started the Mujahimit dem Rücken an der Wand und [1]
deen." Interview mit Zbigniew Brzezinski, in: Le
träumt vom großen Befreiungsschlag. Nouvel Observateur, 15.1.1998. Zitatangabe aus:
der Westen Russland braucht. Die erstaunIhr derzeit wichtigster Bündnispart- Warum
Wandlung des Zbigniew Brzezinski. Von
ner ist Wladimir Klitschko, der sich liche
Hauke Ritz, in "Blätter für deutsche und internain den Kopf gesetzt hat, an den Olym- tionale Politik" 7/2012, S. 89-98,
pischen Spielen 2016 in Rio de Janei- http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/juro teilzunehmen und dort seine zwei- li/warum-derwesten-russland-braucht
te Goldmedaille nach 1996 in Atlan- [2] Zur aktuellen Lage in Afghanistan zu empfehSkype-Interview mit Reiner Braun vom 27.
ta zu gewinnen. Wenn der Weltmei- len:
Mai 2013 im Schattenblick unter INFOPOOL →
ster erklärt, es gehe ihm dabei nicht POLITIK → REPORT: INTERVIEW/173: In Kanichts Neues - Afghanistan getreten, geschunum Geld, sondern um Ruhm, zeugt bul
den
und verlassen (SB), http://schattenblick.de/dies von einem ausgeprägten Instinkt infopool/
für eine erfolgreiche Selbstinszenie- politik/report/prin0173.html
[3] Interviewäußerung von Walther Stützle, NDR
rung und -vermarktung.
Info, Streitkräfte und Strategien, 10.03.2007, zit. n.:
Nach dem geltenden Reglement der
AIBA ist seine Olympiateilnahme
schlechterdings unmöglich. Demnach dürfen nur Profis an den Spielen teilnehmen, die das 40. Lebensjahr nicht vollendet und maximal 15
Profikämpfe bestritten haben. Beides
trifft für den Ukrainer nicht zu, der
bereits 62 Profikämpfe absolviert hat
und gut vier Monate vor der Olympiade in Rio de Janeiro 40 Jahre alt
wird. Überdies müßte er sich der
Profisparte der AIBA anschließen,
was für ihn angesichts der Regularien mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden wäre. Hinzu
kommt eine begrenzte Anzahl von
Do. 20. Juni 2013
Ende im Grab, 16.03.2007, www.german-foreignpolicy.com
[4] Interview von Reiner Braun mit Dieter Deiseroth aus der Zeitschrift "W & F 1/2013". Aus: Konferenzinformationen
"Quo vadis NATO? - Herausforderungen für Demokratie und Recht. IALANA - Juristinnen und
Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen. Für gewaltfreie Friedensgestaltung,
S. 4
[5] Siehe auch das Interview mit Hauke Ritz am
Rande des Bremer Kongresses "Quo vadis NATO?
- Herausforderungen für Demokratie und Recht" am
28. April 2013
im Schattenblick unter INFOPOOL → POLITIK →
REPORT: INTERVIEW/174:
Quo vadis NATO? - Hegemonialmißbrauch, Hauke
Ritz im Gespräch (SB), http://schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0174.html
[6] Die Welt als Schachbrett - Der neue Kalte Krieg
des Obama-Beraters Zbigniew Brzezinski. Von
Hauke Ritz, in gekürzter
Fassung erschienen in "Blätter für deutsche und internationale Politik", 7/2008,
www.schattenblick.de
konnte. Wladimir sei ein besonderer
Botschafter seines Sports. Das wisse
auch die AIBA, ist sich Klitschkos
Manager Bernd Bönte der Zugkraft
des Champions bewußt.
Fußnoten:
[1] http://www.boxen.de/news/immer-mehr-verbaende-gegen-profisbei-olympia-27132
[2] http://www.handelsblatt.com/boxen-olympia-profiboxer-wollenrogge-verklagen/8221890.html
http://www.schattenblick.de/
infopool/sport/boxen/
sbxm1123.html
In ungekürzter Fassung veröffentlicht vom Nachrichtenmagazin "Hintergrund",
http://www.hintergrund.de/20080826235/
politik/welt/die-welt-als-schachbrett-der-neue-kalte-krieg-desobama-beraters-zbigniew-brzezinski.html
[7] Die Rückkehr der Geopolitik - Eine Ideologie
und ihre fatalen Folgen. Von Hauke Ritz, in "Blätter für deutsche und internationale Politik" 3/2013,
S. 71-80
http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2013/maerz/die-rueckkehr-der-geopolitik
[8] Warum der Westen Russland braucht. Die erstaunliche Wandlung des Zbigniew Brzezinski.
Von Hauke Ritz, in "Blätter für deutsche und internationale Politik" 7/2012,
S. 89-98, http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/juli/warum-der-westen-russland-braucht
[9] Zbigniew Brzezinskis geostrategisches Grundlagenwerk "The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives" von 1997
erschien auf deutsch unter dem Titel "Die einzige
Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft". 2007 erschien "Second Chance - Three
Presidents and the Crisis of American Superpower" und 2012 "Strategic Vision - America and
the crisis of global power".
[10] "No Rivals"-Plan:
Den Aufstieg konkurrierender Mächte in Europa
und Asien verhindern. Auszüge aus dem neuen
Leitlinien-Entwurf des Pentagon. GLASNOST archiv, Dokumentationssystem für Gesellschaftstheorie, Geschichte und Politik, http://www.glasnost.de/militaer/92
norivals.html
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/1992, übersetzt von der Redaktion
[11] Siehe auch das Interview mit Nikolay V.
Korchunov, dem Stellvertretenden Ständigen Repräsentanten Rußlands bei der NATO in Brüssel,
am Rande des Bremer Kongresses "Quo vadis NATO? - Herausforderungen für Demokratie und
Recht" am 28. April 2013 im Schattenblick unter
INFOPOOL → POLITIK → REPORT: INTERVIEW/171: Quo vadis NATO? - Hegemonialschaft
USA - Nikolay V. Korchunov im Gespräch (SB)
http://schattenblick.de/infopool/politik/
report/prin0171.html
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Elektronische Zeitung Schattenblick
______I n h a l t_____________________________________Ausgabe 769 / Donnerstag, den 20. Juni 2013______
Getretene Würde - Teil des Problems
Planspiel Stadtbereinigung - Okkupation auf leisen Sohlen - Gespräch mit Flo vom AKU
Kurzweiliges für den 20.06.2013 - Musik
Quo vadis NATO? - Wandel der Feindschaften?
USA und Taliban nehmen Friedensverhandlungen auf
Spott statt Tage des Ruhms
Unbarmherzig, unbedacht - Werbe- und PR-Chemie
Elsie Chapman - Du oder Ich (Thriller, Science Fiction)
Wachsender Widerstand gegen Profiauftritte bei Olympia
Und morgen, den 20. Juni 2013
BÜRGER - TICKER
BÜRGER - REPORT
TAGESSPALT
POLITIK - REPORT
POLITIK - REDAKTION
SCHACH-SPHINX
NATUR - CHEMIE
BUCH - ROMANE
SPORT - BOXEN
DIENSTE - WETTER
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DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN
Und morgen, den 20. Juni 2013
+++ Vorhersage für den 20.06.2013 bis zum 21.06.2013 +++
Auslaufender Regen,
gewittrig und schwül,
mit Grollen erregen
Jean-Lucs Hochgefühl.
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Do, 20. Juni 2013